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Full text of "Zeitschrift für deutsche Philologie"

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ZEITSCHRIFT 


FÜ» 


DEUTSCHE  PHILOLOGIE 


BEGRÜNDET  von  JULIUS  ZACHER 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


HUGO   GERING  dnd  OSKAR    ERDMANN 


SECHSUNDZWANZIQSTER  BAND 


HALLE  A.  S. 

TBBI.A0  DER  BUCSEABSIiüira  DES   WAISEirBAUBES. 

1894 


UBrnroFTHe 


<K.3(o'l(p(p 


INHALT. 


Seite 

Worterklärungen.    Von  I.  v.  Zingerle 1 

Zur  mittelisländisclien  volkskande.    Von  0.  L.Jiriczek 2 

Zur  lieder-Edda.    Von  H.  Gering 25 

Lutherana.    Von  prälat  Klaiber     . 30.  281.  430 

Mitteilungen  aus  handschriften  und  älteren  druckwerken.    Von  F.  W.  £.  Roth  58 

läne  protestantische  moralität  von  Alexander  Seitz.    Von  J.  Bolte 71 

Zu  Job.  Chr.  Günthers  gedichten.    Von  M.  Spanier  und  E.  Hof  mann  .    .    .  77 

Goethes  Epilog  zu  Schillere  Glocke.    Von  H.  Düntzer 81 

Bemerkungen  zu  Schillerechen  baUaden.    Von  R.  Bohr  ich  t 105 

Ene  Sachsenspiegelhandschrift.    Von  Steffenhagen 107 

Der  zweite  Merseburger  Spruch.    Von  H.  Gering 145 

Alliterierende  doppelkonsonanz  im  Heliand.    Von  R.M.  Meyer 149 

Textkritisches  zu  mittelniedeMeutschen  gediphten.    Von  R.  Sprenger     .    .    .  167 

Das  nhd.  pronomen  II.    Von  A.  Jeitteles •    .    .    .    .  180 

Tanz  und  lied  bei  Thomas  Murner.    Von  M.  Spanier  .    .    .    .  *.    .    .    .    .  201 

Neues  zum  leben  und  dichten  Günthers.    Von  K.  Hof  mann 225 

Zu  Lessings  Emilia  Galotti.    Von  A.  Schöne 229 

Lexikalisches.    Von  A.  Birlinger 235 

Drauma-Jöns  saga.    Herausgegeben  von  H.  Gering *    .    .  289 

Der  name  Germanen.    Von  H.  Jäkel 309 

Zu  Eonrads  von  Fussesbrunnen  Eindheit  Jesu.     Von  R.  Sprenger     .    .    284.  342 

Ein  brief  Thomas  Mumera.    Von  M.  Spanier 370 

Briefe  von  Goethes  mutter  als  quelle  zu  Goethes  werken.    Von  A.  Schmidt   .  375 

Die  plusstrophen  der  Nibelungenhandschrift  B.    Von  E.  Eettner 435 

Zorn  Grendel.    Von  demselben 449 

Zu  Walther  88,  1  —  8.    Von  H.  Giske 451 

Noch  einmal  der  zweite  Mereeburger  Spruch.    Von  F.  Eauffmann  und  H.  Ge- 
ring      454 

Zur  litteratur  des  15.  und  16.  Jahrhunderts.    Von  F.  W.  B.  Roth 467 

Johann  Rassere  spiel  von  der  kinderzucht    Von  G.  Binz  .    .    .    .    •    .    .    .  480 

Nachträge  zu  den  erklärungen  Bürgerecher  gedichte.    Von  B.  Honig  .    .    .    .  493 

Vnlgämamen  der  eule.    Von  F.  Branky 540 

Miscellen. 

Zu  Hebbels  trauerepiol  Agnes  Bemauer.    Von  R.Sprenger 140 

Zu  Goethes  Faust    Von  R.  Sprenger 141 

Erwiderung  und  antwort  von  £.  Eraus  und  G.  EUinger 141 

Zum  Engelhard;  zu  Walther;  zu  Hebbel;  wurmloch;  zum  Parzival;  der  hunde- 
name  Rin;   zum  Melker  marienliede;   zu  zeitschr.  XXV,  142;  zum  pfaffen 

Amis.    Von  R.  Sprenger 281 


TV  IHHALT 

Seite 

Berichte  über  die  Wiener  phflologenyerBamlang:  L  Germanistisohe  und  englische 

section  von  F.  Detter;  U.  Romanische  section  von  M.  Friedwagner  400.  548 

Notiz  zu  Tatian.    Von  E.  Sievers 431 

Anfrage.    Von  R.  Röhricht 567 

Anzeigen. 

Müllenhoff  and  Scherer,  denkmüler  3.  ausg.  von  Steinmeyer;  von  H. Wan- 
derlich   109 

Kelle,  geschichte  der  deutschen  litteratar;  von  0.  Erdmann 113 

Zangemeister,  wappen  der  grossen  Heidelberger  liederhs.;  vonH.  Wanderlich  119 

Walz,  Garel  von  dem  blüenden  tal;  von  F.  Vogt 122 

Englert,  Heinrichs  buch;  von  G.  Rosenhagen 127 

Heyne,  deutsches  Wörterbuch  E;  von  0.  Erdmann 132 

Smith,  Hegelunds  Sosanna;  von  J.  Holte 134 

Brandstetter,  reception  der  nhd.  Schriftsprache  in  Luzem;  von  L.  Tobler    .  137 

Lienhart,  mundart  des  Zomtales;  von  A.  Socin 138 

Hoffmann,  mundartL  vocalismus  von  Basel;  von  P.  Schild 138 

Goethes  werke,  Weimarer  ausgäbe;  von  H.  Dtlntzer 255.  431 

Herrmanows^i,  deutsche  götterlehre;  von  F.  Kauffmann 264 

Jellinek,  beitrage  zur  erklärung  der  germ.  flexion;  von  F.  Kauffmann     .    .  265 

Vahlen,  lAchmanns  briefe  an  Haupt;  von  0.  Erdmann 267 

Sievers,  Tatian,  2.  ausg.;  von  H.  Wunderlich 269 

Drescher,  Studien  zu  Hans  Sachs;  von  M.  Rachel 272 

Wunderlich,  der  deutsche  satzbau;  von  0.  Erdmann 275 

Blume,  Goethes  gedichte  (auswahl);  von  0.  Erdmann 277 

Zingerle,  sagen  aus  Tirol,  2.  aufläge;  von  J.  Seeber 280 

Heinzel,  über  das  gedieht  vom  könig  Grendel;  von  F.  Vogt 406 

Zeidler,  der  Sünden  widerstreit;  von  H.  Wunderlich 415 

Singer,  Willehalm;  von  G.  Rosenhagen 417 

Herrmann  und  Szamatolski,   lat  litteraturdenkmäler  4—6;  von  H.  Hol- 
stein   423 

Szamatolski,  Huttens  deutsche  Schriften;  von  E.  Matthias 423 

Herrmann,  Albrecht  von  Eyb  U;  von  demselben 428 

Schröder,  kaiserchronik;  von  F.  Vogt 550 

Schmedes,  stil  der  epen  Rother,  Nibelungenlied,  Gudrun;  von  E.  Kettner   .  562 

Froning,  drama  des  mittelalters;  von  H.  Holstein 563 

Lohmeyer,  Kaspar  von  Nostiz,  haushaltungsbuch;  von  F.  Rachfahl     .    .    .  566 

Neue  erscheinungen 142.  286.  432.  567 

Nachrichten 144.  288.  432.  569 

Berichtigung 569 

Register  von  E.  Matthias 569 


WOETEEKLÄEUNGEN. 

1.  aibr.  Das  gotische  aihr  n.  dioqov  Mai  V,  23  ist  nach  E.  Bern- 
hardt (Vulfila  s.  3)  noch  unerklärt  Nach  meinem  vermuten  steckt  in 
diesem  werte  das  ahd.  ebur,  epar,  ebir^  angels.  eafor.  Schweineopfer 
waren  die  gebräuchlichsten,  und  J.  Grimm  Myth.  sagt  s.  45,  dass  fris^ 
cing  geradezu  bei  einigen  Schriftstellern  das  lat.  hostia^  viciima,  höh- 
causttmi  übersezt.  Wenn  dies  noch  in  späterer  zeit  geschah,  war  der 
Güte  ganz  berechtigt  aibr  für  diogov  zu  setzen,  über  schweineopfer 
(Grimm  Myth.  44.  45)  s.  XJ.  Jahn,  Die  deutschen  opfergebräuche  bei 
ackerbau  und  Viehzucht  Breslau  1884;  besonders  s.  103  fg.  139  %. 
und  224—230. 

Ettmüller  und  J.  Grimm  haben  für  aibr  vorgeschlagen  tibr  = 
ags.  tifeTy  ahd.  xepar,  Grimm,  Mythol.  36  bemerkt:  ^xiefer,  gexiefer 
heisst  in  Franken  und  Thüringen  noch  jezt  nicht  nur  das  hausfeder- 
vieh,  sondern  begreift  auch  zuweilen  ziegen  und  schweine**.  xie- 
fer,  xifer  für  kleinvieh  kam  auch  in  Tirol  vor.  In  der  dorfordnung 
von  Flirsch  vom  jähre  1816  (Tirol,  weistümer  IL  teil.  Wien  18V7), 
„von  denen  hirten  des  ziefers"  s.  245,  „vieh  oder  ziefer''  s.  245.  246, 
„ein  stück  ziefer"  s.  246.  „Vom  pfandmäfsigen  ziefer**  handelt  ein 
eigner  §.  s.  247.  Da  lesen  wir,  „dass  alles  ziefer  ausser  den  prest- 
haften  schaaf  und  geis,  es  seie  jung  oder  alt,  zur  alpenzeit  obiger  pfan- 
dung  unterlieget".  Ziefer  ist  immer  im  gegensatze  zu  vieh  gebraucht 
als  bezeichnung  der  schafe  und  ziegen. 

2.  asneis.  Das  griechische  ^lad-cordg  wird  in  der  gotischen 
Bibelübersetzung  durch  asneis  (=  asaneis)  gegeben:  Joh.  10,  12.  13. 
Luc.  15,  17.  19.  Es  bedeutet  den  nur  für  die  emtezeit,  den  sommer 
{asans)  aufgenommenen  arbeiter  und  steht  im  gegensatze  zu  skalks, 
womit  das  griechische  oi'Ktrijg,  doCXog  gegeben  wird,  das  den  stän- 
digen diener,  knecht  bezeichnet  In  Tirol  unterscheidet  man  noch  zwi- 
schen knecht  und  summerer,  sümmerer^  Jener  dient  das  ganze  jähr 
und  gehört  zum  gesinde,  dieser  ist  nur  für  die  sommerarbeiten  gemie- 
tet    Asneis  würde  durch  „sommerer"  am  genauesten  übersezt  werden. 

1)  Schopfs  Tirol.  idiotikOD  s.  729.  Er  verweist  nur  auf  Zillerthal  und  Piuzgau; 
aber  der  ausdrack  ist  auch  in  dem  Etschthale  algemein  gebraucht. 

ZSITSCHRIFT  7.   DKUT9CHE  PHILOLOGIE.     BD.   XXVI.  1 


"N, 


3.  stlrp.  In  meiner  schrift:  ^Das  ürbarbach  des  klosters  za 
Sonnenburg**  (Wien  1868)  erklärte  ich  stirp  für  totes  lamm  und  bei 
den  stellen:  xwai  lember  stirp  1'  und  ain  lamp  stirp  1'  als  adj.  tot^ 
M.  Lexer  sagt  in  seinem  Mhd.  wb.  dazu:  „eine  erklärung,  an  die  ich 
nicht  glauben  kann.  Wahrscheinlich  ist  stirp,  wie  das  daneben  vor- 
kommende current  ein  lat  oder  rom.  wort  (stirps)  und  lemperstirp, 
lampstirp  vielleicht  gleichbedeutend  mit  dem  in  analogen  fallen  vor- 
kommenden lember- y  lambesbüe.  Oder  bedeutet  stirp  verschnitten, 
von  stirpare,  exstirpare?^  Mit  der  lezten  Vermutung  hat  Lexer  das 
richtige  getroffen.  Denn  in  der  Ehehaft  von  Fassa  (1451)  heisst  es: 
„Item  das  vich,  das  die  Schwaigen  am  herbst  Zinsen,  daz  sollen  alles 
stirp  sein,  das  ist,  das  si  weder  tragend  noch  melchig,  sonder  galt 
und  vaist  sein  sollen''.  Tirol,  weist  IV,  739,  31.  —  stirp  bedeutet 
somit  „unfruchtbar''. 

Herrn  landesschulinspektor  Chr.  Schneller  verdanke  ich  folgende 
belege  hiefür:  Sterp  «  soda,  sterile,  infeconda.  Azzolini,  vocab. 
vemacolo-italiano  pei  distretti  Roveretano  e  Trentino  (Venedig  1856) 
s.  367. 

Agnela  sterpa  dicono  i  nostri  beccai  (mezger)  c  vale  pecora 
vergine  =  pecora  che  non  ha  fruttato  Boerio,  Dizionario  del  dialetto 
veneziano  (Venedig  2856)  s.  70  fg. 

Sterpe  (aggettivo  femminino)  =  sterile,  infeconda  dicesi  propria- 
monte  delle  bestie  che  non  figliano,  ma  da  alcuni  con  modo  basso 
estendesi  anche  alle  donno.  Pirona,  vocabolario  friulano  (Venedig  1871) 
8.  410. 

GÜFIDAUX.  lOXAZ    V.    ZDIGEBLE. 


ZUK  MITTELISLANDISCIIEN  VOLKSKUNDE. 

Mitteilungen   aus   ungedruekten   AruamagnSaniselien 

handsehrlften. 

Zu  den  am  wenigsten  bekanten  perioden  der  isländischen  littora- 
tur  gehört  da«  15.  und  16.  Jahrhundert,   die  zeit  der  lygisögur-   und 

1)  Fm  lat.  Sonnenburger  Urbar.  Pergamenthandschrift.  Fol.  29  bl.  vom  jähre 
1296  (im  k.  k.  statthaltenjiarchiv  in  Inn.sbruck),  der  vorläge  des  doutsche«  Urbar- 
buchs,  heibst  es:  bl.  1*  ^duos  agnos  qiii  dicuntiu'  stirp ""^  im  deutschen  (meine  aus- 
gäbe 8.  7,  21}  „und  zwei  h»mbi?r  stirp";  et  unum  stirp*"  =  „und  ain  stirp**; 
„et  agnum  stirp''  =r  ^und  ain  lamp  stirp**.  Bl.  P:  unum  agnum  stirp*",  ^unuin 
Btirp*.     Bl.  2*»:  ,,agnuni  (rurrent  et  unum  stirp**.    Bl.  3':  ^unum  stirp"  und  sooft. 

2)  Selbstverständlich  gibt  es  schon  früher  lygi.sögur  (und  rimur),  doch  dürfton 
diewenigston  über  13r>()— 14(X)  zurückroioheu ;  l)ei  dem  mangel  jeglicher  Untersuchung 


JIBICZKK,    ZUB  MITTELtSLAND.   Y0LE8KTTNDB  3 

rfmur.  Zu  hunderten  liegen  die  handschriften,  welche  uns  die  werke 
jener  periode  aufbewahren,  in  der  grossen  Arnaraagnäanischen  samlung 
zu  Kopenhagen,  ungedruckt,  ja  imbekant.  Wenn  der  katalog  der  AM. 
samlung  vollendet  sein  wird,  wird  dem  aussenstehenden  erst  die  fülle  des 
materiales  klar  werden,  das  bisher  volständig  unbenuzt  liegt  Für  die 
riraur  besitzen  wir  wenigstens  eine  ausreichende  Orientierung  in  dem 
verdienstvollen  werke  Jon  porkelssons:  Om  digtningen  pä  Island  i  det 
15.  og  16.  arhundrede;  für  die  sögur  jener  periode  fehlt  uns  sogar  ein 
ausreichendes  Verzeichnis,  denn  das  von  P.  E.  Müller  im  dritten  bände 
der  Sagabibliothek  gegebene  ist  unzureichend;  erst  das  register  zu  dem 
kataloge  der  AM.  samlung  wird  im  vereine  mit  den  katalogen  des 
fslenzk  bökmentafölag  und  sonstigen  bibliotheksverzeichnissen  eine  Über- 
sicht ermöglichen. 

Kann  man  auch  im  algemeinen  sagen,  dass  die  Vergessenheit,  die 
auf  den  lygisögur  lastet,  nicht  unberechtigt  ist  —  es  sind  fast  durch- 
aus traurige  produkte  eines  verwilderten  geschmackes  — ,  so  ist  doch 
zu  beklagen,  dass  bisher  nur  so  wenig  durch  den  druck  der  forsch ung 
zugänglich  gemacht  worden  ist,  für  die  sie  in  kulturhistorischer  bezie- 
hung  manches  interessante  bieten;  wenigstens  für  die  älteren  lygisögur 
wäre  eine  ausgäbe  sehr  zu  wünschen,  es  befinden  sich  darunter  meh- 
rere, die  an  alter  und  wert  den  in  FAS  aufgenommenen  lygisögur 
ganz  gleich  stehen,  wie  z.  b.  die  Älaflekkssaga,  die  Valdimarssaga,  die 
saga  af  Sigurgardi  frsekna. 

Das  gröste  interesse  bieten  die  lygisögur  entschieden  für  die 
Volkskunde;  haben  wir  doch  in  ihnen  die  ältesten  märchenüberliefe- 
ruugen  des  skandinavischen  (isländischen)  Volkes  zu  sehen.  Das  ist 
allerdings  mit  einer  starken  einschränkung  zu  verstehen:  reinen  mär- 
chenton treffen  wir  nur  höchst  selten,  meist  sind  bloss  motive  aus 
Volksmärchen  zu  phantastischen  erzählungen  mehr  oder  minder  frei 
verwendet  und  umgeformt  worden.  Trotzdem  man  also  die  gestalten 
des  Volksglaubens  hier  nur  durch  ein  trübes  medium  erblickt  und  die 
grenze  zwischen  echtem  Volksglauben  und  individuellem  phantasie- 
gespinst  des  erzählers  sich  oft  nicht  erkennen  lässt,  dürften  doch  viel- 
leicht die  folgenden  mitteilungen  des  Interesses  für  den  erforscher  der 
Volkskunde  nicht  ermangeln;  sie  bieten  ihm  ein  bisher  unbekantes  und 
schwer  zugängliches  material;  mehr  als  material  konte  ich,  von  ande- 
ren arbeiten  in  anspruch  genommen,   nicht  geben,   da  zu  einer  syste- 

bmn  sich  votläofig  dio  datierung   nur   auf  die  handschrijften  stützen,    die  fast  aus- 
nabroslos  aas  dem  15.  und  den  folgenden  Jahrhunderten  herrühren. 

1* 


4  JIBICZKK 

malischen  Untersuchung  alle  vorarbeiten,  vor  allem  ausgaben,  gänzlich 
fehlen. 

Die  folgenden  mitteilungen,  die  das  wertvolste  dessen  enthalten, 
was  mir  bei  der  lectüre  zahlreicher  lygisögur  aufgestossen  ist,  beschrän- 
ken sich  nicht  auf  die  reinen  lygisögur,  sondern  bringen  auch  volks- 
kundliches aus  romantischen  sögur  bei;  denn  war  man  sich  auch  im 
mittelalter  des  Unterschiedes  beider  litterarischen  richtungen  bewusst^, 
so  giengen  doch  beide  bald  in  einander  über,  und  so  entstanden  misch- 
produkte  wie  die  Vilhj&lms  saga  sjöös  u.  ä.,  die  einheimischen  mär- 
chenglauben und  fremdes  rittertum  in  wunderlichster  verquickung  zei- 
gen; dass  selbst  in  den  reineren  riddarasögur  nordische  (einheimische) 
elemente  nie  fehlen,  zeigt  Cederschiöld  FSS  s.  III  fg.  Apokrypha  hin- 
gegen sind  volständig  ausgeschlossen ,  wie  überhaupt  am  liebsten  sögur, 
die  in  handschriften  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  erhalten  sind,  her- 
angezogen worden  sind.  Streng  genommen  hätte  immer  nach  der  älte- 
sten handschrift  citiert  werden  sollen;  da  indes  bei  so  kleinen  bruch- 
stücken,  die  des  Inhalts  halber  mitgeteilt  sind,  die  philologische  form 
des  textes  keine  rolle  spielt,  wolle  man  abweichungen  von  dieser  regel 
entschuldigen,  die  in  verschiedenen  zufallen  ihren  grund  haben.  Auch 
für  die  inconsequenzen  der  Schreibung  muss  ich  um  nachsieht  bitten; 
im  algemeinen  ist  bei  handschriften  aus  dem  15.  jahrhundeii;  die  nor- 
malisierung  nach  dem  mittolisländischen ,  bei  späteren  nach  dem  neu- 
isländischen erfolgt;  volle  consequenz  ist  bei  einer  so  oft  unterbrochenen 
und  langwierigen  arbeit  nicht  zu  erreichen. 

Wenn  in  der  übei-schrift  „Mitteilungen  aus  ungedruckten  hand- 
schriften" steht,   so  bedarf  das  der  ergänzung,   dass  sich  mitunter  von 

1)  Kin  interessantes  zougDis  hiofür  bietet  der  prolog  der  Saga  af  Flores 
kouungi  ok  sonum  hans  (älteste  handschrift  aus  dem  15.  Jh.):  Kf  menn  girna.st 
HÜ  heyra  fornar  frdsogur,  |){'i  er  {md  fyi-st  til  ad  hlyda  |)vi,  ad  llestar  sögur  oru  af 
nokkru  ofni.  Sumar  eru  af  gudi  og  hans  helgum  mönnum,  ok  ma  J)ar  nema  mikinn 
visdom;  eni  [»eir  og  flestir  menn,  er  litil  skemtun  [)ikir  ad  heilagra  manna  söguni. 
Adrar  sögur  eni  af  rikum  konunguni,  ma  |)ar  nema  i  hioverska  hirdsidu,  cdur  hversu 
()j6na  skal  rikum  höfdingjum.  Hinn  \ni(li  hlutnr  sagnanna  er  fra  {)eim  konungum, 
sem  komid  liafa  i  miklar  mannraunir  og  hafa  misjafnt  ür  rjott,  moga  |)eir  J)ai'  eptir 
breyta,  sem  vaskir  eru,  en  j)6  er  J)ad  hattur  margra  manna,  ad  {>oir  kalla  J)a?r 
sögur  lognar,  sem  fjarri  ganga  |)eirra  nattüru,  og  er  [)adaf[)vi,  ad  ostyrkur  madur 
kann  j)ad  ekki  ad  skilja,  hversu  miklu  [»eir  mega  orka,  er  ba?di  eru  sterkir  og  höfdu 
agsett  vopn,  er  [hs.  ok]  allt  bitu.  Mogum  vjer  og  sja  mörg  sonn  daemi,  hverju  sterk- 
ir menn  hafa  orkad,  og  |)a  storu  steina,  er  \mT  hafa  borid,  ma  \an\  og  engi  fortaka, 
hvad  hamingjan  veitir  J)eim,  sem  liuu  vill  upp  hefja.  (Mitgeteilt  nach  cod.  AM.  527 
4»  s.  1.) 


ZÜB  IOTTSLISLXkD.   VOLKSKUNDE  5 

den  hier  citierten  sagen  allerdings  drucke  finden,  jedoch  isländische 
Dach  ganz  jungen  handschriften ,  also  meist  wertlose,  und  auf  dem 
continente  übrigens  kaum  erreichbare  ^  Ich  lasse  hier  ein  Verzeichnis 
alles  dessen  folgen,  was  seit  1880  auf  Island  erschienen  ist,  apokrypha 
nicht  ausgeschlossen  (zusammengestelt  aus  den  bibliographischen  Ver- 
zeichnissen in  Skfrslur  og  reikningar  hins  Islenzka  bökmentafölags,  bis 
1889  reichend;  die  vor  1880  erschienenen  ausgaben  s.  bei  Möbius): 

Sagan  af  Ambales  konungi.  Reykjavik  1886. 

Sagan  af  Atla  ötryggssyni.     Seiöisfirdi  1886. 

Sagan  af  Hälfdani  Barkarsyni.  R.  1889. 

Saga  Hellismanna,     tsafir^i  1889. 

Sagan  af  Kära  Kärasyni.     B.  1886. 

Sagan  af  Elärusi  Keisarasyni.     R.  1884. 

Sagan  af  Marsilius  og  Rösamundu.    R.  1885. 

Sagan  af  Marteini  mälara.     R.  1880. 

Sagan  af  Mlrmann.    R.  1884. 

Sagan  af  Parmes  Loöinbirni.     R.  1884. 

Sagan  af  Siguröi  J>ögla.    R  1883. 

Sagan  af  SigurgarÖi  fraekna.    R.  1884. 

Sagan  af  Vigkseni  küahiröi.     R,  1886. 

Sagan  af  Villifer  frsekna.    R.  1885. 

L  Troll. 

Männliche  wie  weibliche  tröU  (jötnar,  risar,  skessur,  flagdkonur 
usw.)  gehören  zu  den  beliebtesten  figuren  der  lygi-  und  der  damit  ver- 
wanten  sögur.  Ihr  verkehr  mit  den  menschen  ist  teils  feindlich,  teils 
freundlich;  oft  wird  von  liebesverhältnissen  zwischen  tröllkonur  und 
menschen  berichtet,  s.  c.  4  der  unter  V  mitgeteilten  Älaflekkssaga,  Val- 
dimarssaga  (unten  mitgeteilt),  sagan  af  Ülfi  Uggasyni  cod.  AM  395  fol. 
s.  778,  vgl.  Hermanns  saga  ok  Jarlmanns  cod.  AM.  fol.  167  s.  112  fgg. 
u.  ö.;  seltener  wird  dasselbe  von  männlichen  troll  berichtet;  doch  wird 
Ambalessaga  cod.  AM.  521  a  4®  bl.  46  ein  kind  aus  der  Verbindung 
eines  riesen  mit  einem  menschenweib  erwähnt  —  Sehr  oft  begegnet 
der  zug,  dass  die  nennung  des  namens  den  trollen  den  tod  bringt 
Vgl.  z.  b.  Vilhj&lms  saga  sjöds  cod.  AM.  527  4®  s.  109:  engl  veit  nöfn 
{>eirra  [sc.  tröUa]  ok  far  er  fallt  1  Qör  |)eirra,  ef  nokkurr  madr  kann  at 
nefna  pau  öll;  Ulfs  saga  üggasonar  cod.  AM.  395  fol.  s.  786:  k  sumar 
[skessumar]  blti  (indirekte  rede)  engin  jäm,  nema  madr  vissi  öll  nöfn 
{»eirra  u.  ö. 

1)  Selbst  die  kgl.  bibliothck  zu  Kopenhagen  besizt  nicht  sämtliche  drucke. 


6  JIIUCZEK 

Ein  anderes  beliebtes  motiv,  das  zu  den  ältesten  motiven  der 
mythologie  gehört  (vgl.  Beowulf  vers  1558  fgg.)  und  auch  heute  noch 
fortlebt  (vgl.  Asbjömson  og  Moe,  Norske  Folkeeventyr*,  s.  9.  25.  122 
u.  ö.)  ist,  dass  der  unhold  durch  ein  schwort  getötet  wird,  das  über 
seinem  bette  oder  in  seiner  wohnung  hängt:  s.  Ambalessaga  cod. 
AM.  521a  4^  bL  46,  Hermanns  saga  ok  Jarlmanns  cod.  AM.  167  fol. 
s.  112  u.  ö. 

Aus  der  grossen  menge  der  vorkommenden  scenen  will  ich  nur 
einiges  hervorheben. 

1)  Eine  aufzählung  von  tröllnamen  in  poetischer  form:  allra 
flagda  J)ula  findet  sich  in  der  Vilhjälms  saga  sjöös,  einer  jener  sögur, 
in  denen  romantische  und  einheimische  elemente  mit  einander  ver- 
knüpft sind^.  Die  ältesten  pergamenthandschriften  AM.  577  4^,  343  a 
4®  und  einige  andere  fragmente  stammen  aus  dem  15.  Jahrhundert 
Vilhjälmur  sucht  seinen  während  eines  Unwetters  von  trollen  entrückten 
vater  auf  abenteuerlichen  zügen;  zugleich  hat  er  sein  eigenes  haupt 
zu  lösen,  das  er  im  Schachspiel  an  einen  riesen  verloren;  kann  er  nicht 
binnen  drei  wintern  zu  dessen  höhle  kommen  und  ihm  die  namen  aller 
tröU  nennen,  die  dort  hausen,  so  verliert  er  das  leben.  Endlich  trift 
er  in  fernen  landen  eine  Ermlaug,  die  ihm  den  weg  in  das  land 
Eirs  sagt,  wo  sein  vater  sich  in  der  gewalt  ebendesselben  riesen 
befindet,  an  den  Vilhj&lmur  sein  haupt  verloren  hat: 

hedan  frä  bygdum  mlnum  muntu  riöa  III  vikur,  pä  verdr  fyrir 
{)6r  moöa  mikil,  svo  öfa^rt  er  yfir  bseM  skipum  ok  hestum,  en  fyrir 
utan  mööuna  liggr  land  mikit,  pat  heitir  Eirs;  pat  er  svo  na3rri  sölar- 
setri,  at  J)ar  verör  aldri  bjartara  en  par  s6r  stjömur  um  mi^ijan  dag; 
en  pd  I)ü  kemr  ä  I)at  land  utanvert,  s6r  pü  blömalegt  land,  {)ar  sklnn 
söl  um  miömutti,  pÄ  annarstaöar  i  veröldinni  er  dagr  sem  styttstr,  pvi 
at  pÄ  er  pessi  hlutr  heims  1  skugga  jaröar,  ok  pikir  J)ii  sem  til  sölarinn- 
ar  s6  at  sjÄ  nidr  fyrir  sik.  (cod.  577  4®  bl.  18.) 

Sie  gibt  ihm  auch  eine  anweisung,  wie  er  zur  kentnis  der  tröll- 
namen gelangen  soll.  In  dem  lande  ist  ein  brunnen,  dorthin  komt  am 
siebenten  jultag  eine  riesin,  um  zu  waschen.     Wenn  sie  nun  ihr  kind, 

1)  Die  fremden  dürfton  wol  aus  Deutschland  oder  durch  deutsche  vermitlung 
nach  dem  norden  gekommen  sein :  vgl.  cod.  AM.  343  a  4^  bl.  33  v :  i  skog  {>ann  er 
Lütuvald  heitir  ebd.  bl.  34:  {)eir  kvodu  hann  heita  Koginbald,  |)ann  kalla  nordmenn 
Röginvald  und  ebd.  bl.  45  das  rätselhafte:  fwim  risum,  sem  slangar  eru  kalladir.  — 
Damit  will  ich  übrigens  nicht  den  phantastischen  theorien  Oisli  Brynjulfssous  (s.  diese 
Zeitschrift  IQ,  313  fgg.)  beistimmen. 


ZUB  MITTELISLAND.   VOLKSKUNDE  7 

das  sie  bei  sich  hat,  mit  der  wiege  bei  seite  sezt,  solle  er  demselben 
ein  stück  gold  in  den  mund  legen  und  dazu  wünschen,  das  kind  möge 
nicht  eher  aufhören  zu  schreien,  bis  ihm  die  mutter  die  namen  aller 
90  riesen  genant  hat,  die  in  der  höhle  wohnen.  Er  solle  sich  in  einer 
grabe  verbergen,  und  sich  die  namen  einprägen.  Es  glückt  Vilhjälm 
alles  zu  volbringen.  Die  riesin  fasst  jedoch  verdacht  und  sagt,  als  das 
kind  die  namen  zu  wissen  verlangt: 

ei  er  J)6r  nü  själMtt  I,  veslingr,  sagöi  kelling,  en  ei  m&  ek  sjä 
ä  harmkvsoli  pfn  e^r  heyra  {)essi  hin  illu  leeti,  en  {)ä  Isot  ek  {)at  um 
mselt,  ef  sä  er  nokkur  fyrir  ofan  jörö,  at  til  vildi  heyra,  at  dra&ii  af 
honum  hold  ok  skinn  ok  brddni  svo  1  sundr  sem  tjara  i  eldi  og  missi 
beet3i  vit  ok  sinnu,  mal  ok  minni.  En  pat  kom  henni  ekki  til  hugar, 
atJ  sä  mundi  nidr  1  jördunni,  sem  heyra  vildi;  J)vl  tök  hün  til  og 
ne&di  tröU  öU  ok  varö  tysvar  &6t  {)rysvar  at  nefna,  &6t  |)at  |)6ttist 
sküja,  en  VUhjilmr  reist  eptir  &  kefli.     (577  4^  bl.  21.) 

Yilhjälmr  komt  nun  gerade  an  dem  lezten  tage  seines  termins  zu 
der  höhle  und  spricht  folgende  |)ula,  wodurch  alle  riesen  und  riesinnen 
ihr  leben  verlieren  (mitgeteilt  nach  343  a  4®  bl.  38  v,  mit  den  lesarten  von 
577  4^  bl.  22;  bei  den  namen  auch  geringere  Varianten  aufgenommen; 
bemerkungen  zu  der  handschrift  (343  a  4®)  stehen  unter  den  lesarten; 
die  handschriftliche  Interpunktion  ist  beibehalten): 

I.   Lijttu  upp  leikbrodir  ok  lattu  folk  ]^eigja 
medan  \  at  eg  nefhi  niutigi  traulla. 
aull  fkulu  ^ier  ftanda  sem  ftiaki  bundin^^ 
unzf  at  eg  |  hefi  vt  kuedit  allra  flagda  {)ulu. 

IL   Fyrft  fitwr  yfia.    ok  arinefia. 
flegda.  I  flauma.   ok  äatfocka. 
fkrucka.   fkinwbrok.   ok  fkitinkiapta. 
buppa.   bls8tan7^a.   ok  beige  |  ygla. 

in.   Hi^  er  furtur  ok  haki.   hrymwr.   ok  fkotti. 
^rjmiir,  ok  fauckuer.  hrotti.  ok  modi. 
glaa  I  mur.  ok  geiter.  ok  gortanni. 
grimner.  bruli.  drauttwr.  ok  haulucr. 

L  1  ok  fehlt.  I.  2  niutigi]  LXXXX  I.  4  vt]  af  II.  1  arinefiaj  ariwnefja 
U.  2  flegda]  ok  add.  U.  2  flatfocka]  flotfocka  11.  4  blaetanna]  blatan/za  III.  2 
ttaskner]  förknir    III.  3  geiter]  geitvr    IH.  4  hauluer]  höfuer 

I.  3  ftiaki]  das  i  ist  infolge  eines  durch  dns  blatt  gehenden  Schnittes  ver- 
niehUt,  doch  der  accent  über  i  erJialten,    11.  1  yfia]  vorher  ylTa  ausradiert. 


9  JDUCZIK 

IV.   t^a  er  glofla.  ok  gulkiapta.  | 

gialp.  gripandi.  ok  greppa.  hin  fimta 
driimba.  ok  klumba.  ok  dettiklella. 
lyrpa  |  ok  faartbran.  ok  Inarinefia. 

Y.   Slauttt/r  er  hmn.  fystL  flaDgi  annar. 
hunduif.  grubbi  |  ok  hracktanni. 
riinni.  ok  flangi.  fhodujs.  krabbi. 
jdi.  audner.  ok  angurpraO.  [ora  pro  nobts]  | 

VI.   Fenia.  ok  menia.  frufk.  o^^tufka. 
hnydia.  ok  brydia.  ok  holofkroppa. 
flafka.  flim  |  bra.  ok  flaafkiappa. 
elldrjdr  opingeil.  yfporta.  ok  finortur. 

VII.   Sulki.    flammi.  Ijd  |  hauttwr.  hnikar 
bialki.   beinfkafi.  baraxli  ok  liott/r. 
hrungner.  haltangi.  brau  |  dner.  uagnhofdi. 
ftoru^rkur.  ok  Itaalhaur.  ftritramur  ok  uaulfi. 

VIII.   Grani.  fkolli.  |  ok  gridr.  gerdr.  ok  fifkreki. 
kampa.  ok  kolfrofti.  kiaptlangwr.  ok  flangi. 
dumbwr  |  i  dag  fpringi.  ok  drepi  huert  annat 
Illr  fie  endfT  adr  ^ier  deyit 

IX.   {)ungar  hefeV  pu  mier  |  I)rauter  fengit. 
leidwr  loddari  lymfkur  i  ordum. 
pu  munt  fialfr  fuclner  heita.  | 
hefwr  modtr  pin  mic  um  J)«/  fr^ddanw. 

X.   Hraerizt  heimar.  hrifldzt  fteinar. 
iiautn  u?^  leysizt  |  uillizt  dis^r. 
auU  odaemi  8eri  pufla. 
helueg  txodi.  heimfkar  traullkonwr. 

IV.  2  ok]  fehlt  IV.  4  ok"^]  fehlt.  IV.  4  (hariiiefja]  fnariiinefia  V.  2  hrack- 
tanni] hraktanm  V.  4  jdi]  ok  add.  V.  4]  das  eingeklammerte  fehlt  VI.  2 
holofkroppa]  holufkropa       VI.  4  yfporta]  yfporti        VI.  4  finortur]  fmortur      VII.  1 

Sulki]  ok  add.       VII.  2]  bialfi  beiwfkafin  bardaxü (rest  =)       VIII.  1  Grani. 

fkolli.]  Grawfkolli     VIU.  2  oifc»  fehlt     VIII.  2  flangi]  flangi  {laus  {gebessert). 

Die  |)ula  erinnert  an  die  nafna{)ulur  der  jüngeren  Edda  (Kop. 
ausg.  I,  546  fgg.  551  fgg.),  ist  jedoch  von  diesen  unabhängig. 

2)  Als  beleg  für  die  oben  hervorgehobenen  freundliehen  bezie- 
hungen  von  trf)!len  zu  menschen  möge  hier  eine  opisode  aus  der  Val- 
dimarssaga  nach  cod.  AM.  557  4^  perg.  (aus  dem  15.  Jahrhundert)  fol- 
gen (bl.  1.). 


ZUR   MITTELISLÄND.   VOLKSKUNDE  9 

Valdimar,  ein  königssohn,  sucht  seine  von  einem  greifen  geraubte 
Schwester.  Auf  seinen  zügen  komt  er  zu  einem  riesen,  dessen  tochter 
mit  ihm  ein  liebesverhältnis  anknüpft.  Endlich  will  er  sich  aufmachen; 
—  Risinn  stendr  nü  upp  ok  gengr  at  bjarginu,  er  stöö  hjä  honum  ok 
kn^r  fast.  1  pessu  brestr  bergit  upp  ok  gengr  ^bx  üt  ein  kelling  svo 
Ijöt  ok  leibileg,  fül  ok  fjandleg,  at  einskis  manns  auga  sä  skrimlegri^ 
skepnu.  Hün  var  I  skörpum  skinnstakki,  höf(5i  öUu  hserri  en  risinn. 
Hann  gengr  at  henni  ok  heilsar  möt^ur  sinni.  Nü  setjast  ^au  nidr, 
hefr  risinn  sitt  mal:  Svo  er  hättat,  möt3ir  minn,  at  h6r  er  kominn  son 
Saxaköngs  ok  ssekir  traust  at  m6r  um  vandrsedi  sin;  er  J)ar  allr  vor 
styrkr,  sem  J)ü  ert.  Kellingin  svarar:  mikit  er  ^ö  nü  um,  at  könga- 
böm  seekja  traust  til  pln,  en  hvat  raun  hana  borgnara  j)ött  haena  beri 
skjöld?  ßisadöttir  leggr  pä  hendr  upp  um  hals  kellingu  ok  sagöi:  Minn- 
stu  nü,  föstrmöMr,  at  mööir  min  fekk  mik  |)6r  i  hönd  ädr  hün  dö  ok 
bad  at  pü  skvldir  minn  vilja  gjöra.  Legg  nü  hug  4  at  hjälpa  pessum 
manni,  so  at  hann  näi  sinum  heiör;  |)iki-m6r  h6r  allt  4  liggja.  Kell- 
ingin skellir  upp  ok  hleer  ok  mselti:  Satt  er  |)at,  frsendkona,  at  pü 
hefir  götJkvennzku  af  mööur  |)inni  og  una  mundir  pü,  ef  pü  heföir 
röskvan  mann  at  J)6r  lagit.  Kellingin  stendr  pÄ  upp  ok  gengr  inn  I 
bjargit  ok  üt  kemur  hafandi  eitt  stört  hom  berandi  at  köngssyni,  ok 
bad  hann  at  drekka.  Hann  tekr  hornit  ok  drekkr  af  mikinn  drikk  ok 
finnr,  at  afl  ok  orka  hleypr  I  allan  hans  buk.  Risadöttir  |)rl£r  til  hans 
ok  gllma  pau  sterkliga,  l^kr  svo,  at  Valdimar  fellr  ä  kn6.  Kellingin 
hl«r  enn  at  ok  mselti:  Of  snemma  förtu  meö  konur,  Ijüfi  minn,  ok 
drekktu  (hs.  drekkr)  betr.  Hann  drekkr  I  annat  sinn;  pau  sviptast 
Sterkliga,  fä  felf  risadöttir.  Kellingin  tekr  |)ä  homit  ok  sag(5i,  at  hann 
mundi  J)ä  svo  bünu  hllta.  —  Der  riesentrank  lebt  bekantlich  noch 
heute  in  skandinavischen  märchen  fort,  vgl.  z.  b.  Asbj.-Moe,  Norske 
F.  E.*  s.  52  u.  ö. 

3)  Nicht  selten  begegnet  in  diesen  jüngeren  sögur  eine  pomolo- 
gische  aufTassung  der  skessur,  die  auch  in  den  namen  ihren  ausdruck 
findet;  vgl.  einzelne  namen  in  der  oben  angeführten  allra  flagöa  pula 
und  folgende  namenaufzählung  in  der  Vilhj&lms  saga  sjöds  (cod.  AM 
343  a  4«  bl.  46): 

ein  peira  h6t  Finnhildr  flotskuö  [skud  volva;  flot  s.  Fritzners 
ordb.],  önnur  Meinhildr  mannseta,  hin  ni.  Gj^riÖr  gambarageil,  hin 
nn.  h6t  Gunnhildr  gäsastykki,  hin  fimta  ßannveig  redrahlt  [reör  penis; 
hit  bulga.],  hin  VI.  kjötrassa  k<'lavömb,  hin  VII  Goörün  dis,  hin  ätta 
Flaumhildr  flenniskud. 

1)  d.  b.  skiimsl-legri. 


iTi 


IL  ZwvgiL 

y<?i>ea  tpj&aeen  bilden  zverrai^sesciDchcea  eisen  haapcbestaiid- 
teil  in  den  hier  in  rede  stebenden  ^o^psrz  me  and  ora  so  intereaHuiler« 
ais  bekantücfa  der  moderne  T«>Ik3dsnbe  aof  I^and  zvoce  nkfct  kent: 
sie  snd  mit  dem  holdiif«^  zosammenseCilleiL  Ich  wül  daher  ein^ 
Ton  den  zverzen^esdEichien.  die  mir  I«  der  leetüie  ii]%estQ8sen  sind« 
mitGeilen. 

1»  Die  folgende  rwerzenepi$ixie  bildet  dis  TL  kaphel  dfsr  Sicrm^- 
ar  saea  [)oeia.  einer  jener  saeen.  in  denen  romantischer  ffiremderi  and 
nonüsofaer  sayS  in  bonter  weise  Terscfam«3{zen  snd.  Die  iheslen  hand- 
schrifcen  der  Si^orlar  ?an  t^>^^  stammen  ans  dem  15.  jafarhondeit 

Der  text  des  miteeteilten  bmofarstoekeB  ist  d»  Bey^Tfker  ans^abe 
entnommen^. 

Xd  berr  st4  til  einn  da^.  at  Hjfctfian  faaf^i  a  land  sensit  einn 
samt  ok  rart  reikat  rf^a.  Hann  k*:»m  |>ar.  sem  eion  bekkr  rann  ür 
IJallina  o£mi  epdr  ?r'.f  einnL  ^ar  rar  raiit  alls  konar  groeum  ilmandi. 
^ar  skammt  f  bort  tri  ser  hüon  standa  einn  st>ran  stein.  Taxinn 
ndpr  ^em  hds.  Par  |y*''Cti  kulnam  fVsilist  at  d^eljast«  ok  sezt  ni?r  Ti9 
Lpkinn.  Hann  s«rr  {4  o&n  fra  s^  eitthrert  krikrendi.  er  hinnm  {NStti 
andarlist:  4  ^t{  var  maniLanrnd:  {«t  Tar  ütiimastt5rt  ok  hen*ir  f«5lsi9tf; 
en  f*>des;zimir  stattir.  sra  at  eisi  Tira  ^Terrar  handir.  Tid  ^t 
eiotti  Halfdan.  ok  rar  sem  ntan  Ti>  Legi  ao^nn.  Halffian  ti>k  opp 
einn  stein  ok  sendi  til  (MPssa  krikrendis  ok  kom  ä  kjtikann,  sri 
at  hann  zekk  f  sandr.  En  d^eresbam  {^etta  bra  ti^  me?  sri 
illri  raost.  at  slikt  ^'»ttist  hann  eisi  s^  haJSi  n^  hem.  «jk  {>ti  nseet 
Tar  pmt  horlic.  ok  ^issi  hann  aldri.  hrat  af  {^Tf  rarl  Sf^an  gekk 
H4if«ian  til  skipa  ok  segir  Vilhjalmi  br>?hir  sfnom.  hrat  i  faaf^i 
gorzt.  En  hann  lec  illa  r&r  (^?Sl^Q  rerki  ok  kra^^et  (Mt  hrsv^ü»  ^  bin- 
am  man*!!  {iecta  til  ilhamingja  sndast.  ^{>Tf  at  n^^r  öU  troll  c^  iUkr 
ern  hefiiisom*  sesir  hann.  «ef  feim  er  miseört  e?r  misbo«Mt.  ok  rigi 
s(?r  legvja  ^a  kapp  a  at  lanna  rel.  ef  ^eim  er  vel  til  sört^.  HÜfifaui 
Sadist  {^ar  en^tm  tnina'l  4  I'^egja.  ok  eptir  |Mt  saD»  (eir  tu  skipa, 
ok  sem  (.eLr  hafa  sni^tt  am  kreldit.  gensu  menn  at  so&.  Ok  sem 
Hairdan  Tar  1  sTefn  kominn.  ^  dreTm«ü  hann.  ac  hänam  ^>tti  at  9^ 
koma  sra  Tändr  drersr.  \*y  at  meiri  Ta?ri  Texti.  en  bat.  er  hann  si 
am  «ia^nn.  ok  Tar  sti-mm  tifrvniü^Ti-  «STd  skal  b^r  Ten  sem  |k1 
Takir*  seeir  hann.  .bTi  at  bat  skal  ber  allr  at  s»"^nnum  Ter>a.  sem 


mjch.  -öörr-fQ.    hier    lü-i  \*:i    iec    ritateri  >.  1^.  ü.  "iö-    •?!::•: c   imok  n  heaütxea^ 


ZUR  MITTELISLiLND.   VOLKSKUNDE  11 

|>ik  berr.  En  |)at,  sem  |)ü  görSir  i  dag,  var  me6  sannindum  allmikit 
nft^ingsverk,  er  |)ü  slöst  meb  steini  sundr  kjälkann  i  barni  nilnu.  Nu 
Vit  I>at  firir  vist,  at  ek  legg  |)at  &  |)ik,  at  öngr  konungsson  skal  bafa 
fiuit  meiri  svlviröingarferd  ä  Norörlöndum  en  |)ü,  ok  aldri  hö^an  af 
akaltu  I)ykk]a  utan  lltUmenni  hj4  ö(5rum  böfbingjasonum,  ok  eigi  miinu 
{>ln  afdrif  mikil  ver^a,  |)ö  at  nü  |)ykki  nökkur  llkindi  ä,  medan  |)ü  n;^tr 
at  hamingju  Vilhjälms  brööur  |)ins''.  Dvergrinn  laust  meö  sprota  III 
högg  i  höfuö  hänum,  ok  fylgdi  fvl  verkr  mikill,  en  slöan  hvarf  fessi 
dyargr  I  burt  En  er  Hälfdan  vaknat^i,  hafti  bann  fengit  böfuöverk 
ST&  strangan,  at  btoum  |)ötti  beilinn  nser  mundi  üt  springa,  ok  mÄtti 
hann  eigi  ür  rekkju  risa  fann  dag;  en  um  daginn  eptir  gekk  Vühjälmr 
4  land  ok  kom  1  t)ann  sta^,  er  Hälfdan  bafdi  ä^r  komit  hinn  fyrra 
dag,  ok  settist  |)ar  niör  ok  beid  |)ar,  ef  nökkurr  atburör  kynni  til  at 
falla,  ok  sem  bann  bafdi  |)ar  lengi  setit,  |)4  sä  hann  |)ä  sömu  sfn, 
sem  Hälfdan  bröbir  bans  baf<$i  ä^r  söt,  at  dvergsbarnit  sat  vid  laokinu. 
Vilbjälmr  tök  gullbring  af  bendi  sör  ok  sendi  at  barninu,  en  fat 
skelldi  upp  ok  blö,  greip  fegar  upp  bringinn  ok  bafdi  brott  ok  bvarf 
|)vi  nsest;  en  Vilbjälmr  gekk  til  skipa  ok  föru  menn  til  svefns  eptir 
venju;  en  ])ä  er  Vilbjälmr  var  sofnaör,  |)ä  s^ndist  bänum  sem  dvergr- 
inn ka3mi  at  bänum  med  bllöligu  yfirbragdi  ok  m&Aü  til  bans:  „Vel 
göröir  I)ti  I  dag,  Vilbjälmr,  er  |)ü  gafet  svä  mikit  gull  barni  mlnu. 
£n  t>at,  sem  ek  befi  ä  lagit  Hälfdan  bröSur  |)inn,  mä  ek  nii  eigi  aptr 
taka;  en  |)ä  eina  übamingju  muntu  fä,  er  |)ü  bWtr  af  bänum  til;  en 
fyrir  |)lna  skuld  skal  bänum  batna  böfuöverkjarins,  er  bann  befir  feng- 
it af  mlnu  tilstilli;  en  bör  er  eitt  sver^,  er  ek  vi!  gefa  |)ör,  ok  er 
{>at  svä  beitt,  at  ekki  muntu  annat  slfkt  fä,  ok  |)at  fylgir,  at  |)ü  munt 
I)ar  bvergi  koma  1  einvfgi  eör  orrustu,  at  l)ü  munir  üsigr  fä".  Hann 
lagbi  sverdit  ä  böfi5alag  bans  ok  bvarf  sföan  1  brutt.  En  er  Vilbjälmr 
vaknadi,  var  bänum  annast  til  f)ess  at  vita,  bvern  stat5  |)at  eetti,  er 
fyrir  bann  bafdi  borit,  ok  |)reif  til  böföalagsins  og  kenndi  I)egar,  at 
|)ar  lä  sveröit,  ok  var  svä  gull  i  bjöltunum,  at  birti  af  um  alla  lypt- 
inguna,  ok  näliga  |)ötti  bänum  loga  eggjar  bans,  er  bann  brä  bänum. 
Hann  gaf  nafh  brandinum  ok  skyldi  bann  Gunnlogi  beita.  I'ann  bar 
hann  sldan. 

2)  Häufig  erscheinen  zw^erge  als  belfer  von  beiden,  und  nehmen  am 
kämpfe  anteil,  meist  als  bogenschützen,  so  in  der  jüngeren  Bösasaga^, 
in  der  Ambalessaga  (wo  sich  Ambales  die  freundschaft  des  zwerges 
durch  die  errettung  eines  zwergenkindes  aus  den  bänden  einer  flagö- 
kona  erwirbt)  u.  a.  m.     Besonders  charakteristisch  ist  die  unten  aus- 

1)  DieBelbe  wird  als  anhang  meiner  ausgäbe  der  Bosasaga  erscheinen. 


12  JIBICZEK 

zup^woiso  mitgotoilto  zwergengeschichte  aus  der  Saga  af  Victor  og 
ßl&vus,  einer  riddarasaga,  wie  das  proömium  ausdrücklich  besagt 
Dass  diese  saga  noch  nicht  herausgegeben  ist,  ist  sehr  zu  bedauern; 
sie  ist  eine  der  älteren  und  wertvolleren  dieser  litteraturrichtung  (älteste 
niembranhandschriften  bzw.  fragmente:  cod.  AM.  471  4^  567  4^,  593  b 
4^,  alle  aus  dem  15.  Jahrhundert).  Die  mitgeteilten  textstücke  sind 
der  hdschr.  471  4^  entnommen. 

Die  beiden  waflFenbrüder  Victor  und  Bl&vus  wollen  zwei  gewal- 
tige vikinge,  die  brüder  önundur  und  Randver  bekämpfen.  Ihr  rat- 
gebor Kador  warnt  sie  davor,  sie  seien  unüberwindlich |)&  er  J)at, 

at  meira  er  enn  annat,  at  einn  dvergr  klökr  ok  kyndugr  hefir  smfdat 
]>oim  I)au  II  vopn,  at  l)eir  mega  kjösa  hvern  dag  einn  mann  til  dauda 
fyrir  hvert,  [>ann  er  {)eir  vilja  (s.  197). 

Als  sie  indes  nicht  davon  abstehen  wollen,  führt  er  sie  zu  einem 
freunde,  Skeggkarl  (atid.  hss.  Skeggi  karl),  und  dieser  w^ider  zu  dem 
zwergo  Dfmus.  Ganga  J)eir  |)ar  til  er  |)eir  koma  at  störum  steini; 
heyr^u  |HMr  1  steininn,  at  hÄtt  var  blAsiÖ  öp  ok  kvein;  Jieyröu  ^eii  1 
stoiuinn  til  barna  dvergsins  ok  at  |>au  mtoltu,  at  {)eim  felli  allr  ketill 
1  eld,  of  dvergnum  fö^ur  {)eirra  vrM  nökkut.  Skeggkall  gekk  at  stein- 
inum  ok  klappar  i\  lofa  sinum  ok  kkst  I)egar  upp  steinninn:  gengr 
juir  üt  digr  dvergr;  hann  var  fötlAgr  ok  skammhr}'ggjai$r,  mi^digr  ok 
mji'>g  ba^axla^r^  handsf^r  ok  höfui^mikill.  Hann  vfkr  at  Skeggkalli 
heldr  kunnliga  ok  kysti  hann,  öngvan  anz  gefr  hann  f)eim  Bl&vus; 
hann  nuvlti  l>a:  lUa  hafi  {>6r  at  sott,  {)vf  at  ek  hefi  a?pt  upp  af  ofverk- 
jum  t  alla  nott,  en  nü  er  sem  hell  hött  af  höfdi  mjer  (s.  199). 

Der  zwerg  verspricht  nun  auf  bitten  und  Versprechungen  hin,  zwei 
waifen  zu  schmieilon,  die  jenen  zauberwaffen,  die  er  den  brüdeni  Rand- 
ver und  Önundur  geschmiedet  hat,  gleichen,  aber  nichts  taugen,  und 
sie  mit  den  echten  zu  vertauschen,  die  er  Victor  und  Blävu^  verschaf- 
fen will. 

SnVr  hann  \^&  inn  i  steininn  ok  heyra  f>eir  f>egar  hamragang. 
Dimus  dvergr  hetir  nü  kesjuna  og  bryn{>varann  svo  Ifk  [)eim  vopnum 
er  |HHr  bn^^r  hafa,  a^  hvörgi  ma  kenna  fni  ö^rum.  Sidan  bfst  hann 
til  ferdar  og  heür  büit  um  vopnin  i  bagga  sin  um.  en  tekr  sjer  sjäifam 
stafkalls  ^örvi  ^^  la^tr  allhrumliga;  hafdi  hann  og  list  til  |>ess  at  m^a 
synast  l^ein)  likr  sem  hann  vildi.  Kemr  hann  til  matsveina  fteirra 
bmxlra  v^c  synist  hann  |^ini  gamall  kall  og  spyrja  J»eir  hvat  honum 
sjo  Nvt  gotir,  en  hann  st^ist  kunna  at  skeuita  ba•^i  sogum  og  kv»^- 
um,   en  er  J>eir  b^v^ttr   spyrja   {«t,   senda  |>eir  eptir  kalli,    lata  {>eir 

li  So  nüt  Ö93b  4'';  in  der  benüxteu  handschrift  ist  das  wort  vezilerbc 


ZUR  MITTKUSLÄND.   VOLKSKUNDE  13 

hann  skemta  og  kve^r  hann  |)ar  til,  at  |)eir  eru  bä^ir  sofnadir.  Pä 
tetr  Dlmus  bryn|)varann  Bandvers  og  kesjuna  önundar,  en  tetr  eptir 
J)au  vopn  er  hann  hafdi  nü  smiöat,  lileypr  sldan  burt  I  myrkrit  og 
SYO  heim  til  steins  sfns  (s.  201). 

Es  komt  nun  zum  kämpfe,  und  beide  brüder  fallen.  Obwol  diese 
scene  nicht  mehr  in  unmittelbarem  Zusammenhang  mit  dem  hier  mit- 
geteilten steht,  will  ich  sie  doch  auszugsweise  mitteilen,  da  sie  in 
mehrfacher  beziehung  interessant  ist  Die  Saga  af  Victor  og  Blävus 
scheint  aus  mehreren  geschichten  lose  zusammengefügt  zu  sein;  die 
unten  mitgeteilte  scene  dürfte  eine  nachahmung  älterer  sagapoesie  sein ; 
sie  hebt  sich  durch  die  grössere  reinheit  der  empfindung  und  bessere 
Charakteristik  unverkenbar  von  der  grossen  masse  der  lygisögur  ab; 
wer  die  ungeheuerlichen  Übertreibungen,  den  mangel  an  Charakteristik, 
die  oft  burlesk  wirkenden  zaubergeschichten  der  lygisögur  bei  solchen 
anlassen  kent,  wird  sich  durch  die  einfache  menschiichkeit  dieser  scene 
unwilkürlich  an  ältere,  reinere  perioden  erinnert  fühlen.  Damit  soll 
natürlich  nicht  die  stelle  der  saga  selbst  als  alt  reklamiert  werden. 
Interessant  ist  auch  das  motiv  der  namengebung. 

Als  Randver  nach  kurzem  kämpfe  seine  todeswunde  empfangen 
bat,  heisst  es:  (s.  203  ff.)  settizt  I)ä  ni(5r  brosandi  ok  ma3lti:  s6t  er  |)at, 
at  Dimus  dvergr  hefir  svikit  mik  ok  stolit  f  burtu  bryn{)vara  mlnum 
])eim  sem  hann  sj&lfr  gjörSi,  en  lätit  i  staMnn  annan  deigan  ok 
svo  Ifkan,  at  eigi  mä  kenna;  er  I)at  ok  satt,  at  eigi  mä  treysta 
slnu  megni  e^r  riddaraskap,  ef  banadaegrit  er  komit,  er  ok  vant  viö 
v61um  at  sjä,  en  flestir  älmar  vilja  {)ik  nü  heQa;  {)ü  munt  taka 
eptir  mik  f6,  en  fö  meira  metna?^  ok  orölof.  En  |)at  vilda  ek  |>ig- 
ga,  at  |)ü  16tir  verpa  hang  eptir  mik  og  bera  f6  1,  J)vlat  nü  hefur 
t)ü  |)ess  nög  til,  og  16tir  |)ar  1  koma  bryn|)vara  f)ann,  er  Dimus 
stal  fr&  m6r.  Pat  vilda  ek  ok,  at  |)ü  16tir  heita  eptir  m6r,  ok  va?nti 
ek,  at  sä  ver^i  eigi  ekki  manna,  er  hefur  nafn  mitt,  enda  mun  ekki 
verQa  af  talinu  langt  Do  hann  |)ä,  svo  hann  halla<üizt  ei  til  jar<3ar 
fyrr  en  örendur.  Auch  der  andere  bruder  önundr  erhält  seine  todes- 
wunde: —  önundr  settizt  nidr  ok  bl6s  ekki  vid  ok  taladi  oskelfri  röd- 
du:  Eigi  skuldi  taka  sik  fram  ür  mäta  n6  treysta  s6r  lengr  en  heim- 
rinn  ok   hamingjan   vill    duga,   |)viat  svo  |>öttumzt  vit  bm><5r  bera  af 

hverjum  manni  sem  gull  af  bKi  e^r  apaldr  af  greni  ^ en  nü  höfu- 

vit  fundit  I)Ä  11,   er  baeöi  eru  meiri  ok  mätkari biö  ek  I)ik,   at 

I)ü  lätir  kesjuna  koma  i  hang  hjä  ni6r,  ok  svo,  at  {)ü  latir  heita  eptir 

1)  Der  zweite  vergleich  steht  in  593  4"  uud  pap.  -  hdschr.  125  8®,  fehlt  in  471  4^ 


14  jnacxEK 

m(^x\  ok  niun  hei^r  fylgja  nafninu.  —  Man  nü  skjött  skilja  m^ 
iikkur,  |>ikki  m6r  ok  betra  at  deyja  og  ver^a  fieerSr  I  eion  bang  ok 
bl^'>^ir  nünn,  holdr  en  Ufa  eptir  hann  daui^n,  I)6tt  ek  bef<^a  sigr  fengtt. 
latlu  si^ar  do  Onundr.  L^tu  [)eir  f>ä  taka  til  haugsmidar;  gekk  {)at 
skjiUt,  t^viat  niargr  var  madrinn.  En  er  f>at  yar  gjort,  vom  ^m  b45ir 
bm'^r  i  haug  lag5ir;  sat  k  sinum  st6li  bverr  {>eirra,  ok  höf^o  tafl  ä 
inilU  ^^r;  (uir  var  kesjan  ok  bryn^Tarinn  sett  hj^  {>eim,   mikit  gnll  ok 

silfr  var  lagt  i  hauginn  hja  )>eim,  sf^an  var  bann  luktr  ok  Isestr. 

Vioti^r  und  Bl;^vu:ii  $ind  betrübt  über  den  tod  der  beiden  beiden,  die 
iue  so  si'hmählich  betn^gen  haben;  sie  halten  ihr  gelübde  and  nennen 
um'  si>hne  Onundr  und  Randrer;  diese  holen,  als  sie  erwachsen  sind^ 
dio  waHen  aus  dem  lolenhögel.   — 

3)  Vermischtes.  Als  meisterdieb  wird  der  zwerg  Alfrig  erwähnt 
in  dt>r  Villgalms  saga  ^>$s  cod.  343  a  1^  bl.  32  t.  Ein  riese  nimt  einem 
awerg^^  Andvari  eine  brünne  ab.  bl  32.  Die  zwerge  sind  die  besten 
schmi^Hle«  und  köon^»  wafien  schmieden^  die  nur  durch  andere  ron 
ihiitMi  s%.'lbst  giK^^hmiedete  waSen  vernichtet  werben  können.  TgL  S^ra 
af  Fcrtram  ok  Flato  cod.  AM.  395  fol.  s.  730:  |>ess  biJ>  eg  |)ig,  a«5  {)ä 
[  •  der  Äwerg  Litur|  smiMr  |»essum  ki^ngssyni  herkläe^i  metJ  sTed>i,  so 
cttgiu  sj^'  tHj»im  betri.  t^g  btti  engin  Jam  nema  sver>L'^.  sen  |>eim 
(v  Igir 

UL  HomaL  (YSfaa). 

IHe  folgende  gesciiichce  entstamt  der  Ambalessaga«  exBem  jnn- 
gt»a  priHiakte.  tu  weichem  die  Amietsage  in  wunderlicher  ▼erzemmg, 
xeniULckt  mit  abeuteucrüchen  ersahluagen  von  kämpfen  vor  Koostan- 
uii[s;{K^t.  m  ^(Milieu,  der  Tartaiei-  usw..  ecsefaeinL  Die  hanifecfariften 
cvhL  am.  3:ft  V  a— vi  pap.  >iad  uu  17.  Jahrhundert  ^:eschrieben.  Ich 
t^»ige  o-'d.  o:il  i>  \' 

V;>iva  ein  var  :  nk.i  ^aImaas  kougs.  p«»  eigi  af  cr'>Uufli  kt^mnoL 
SU  ^ar  &.»ru  i  ruOrjiru  »g  tjöikunnug.  ruii  vuända«  og  crvxgYt-')  |>ä.  seoi 
tnicgr'it  lcicu>u.  -.»u  >rv.r  vuu.isk'.i  vi>  ba.  >em  ili  ri^  icra.  Hiin  var 
^'r-^uii^vijcnK  b^'  iiun  vtir  vt^a  j«^  vjr>iiii:tmi  meän.  s^?  diftcamt  ^«joi 
bccra  ^'Ct  efr  :  it  v;>  .i;>  ^npi,  tt^eunar  .ea  g  upormi  "nir  :  «^arfhinkL 
H'.'i^u  JL.iiT  'i»r^irii;*akv*un.Lr  j^r  i  airuirjcraiutrir.  >t^m  "li  '^niiaa  a9 
*Ki,  ;u:''^  ^it^:»  laria.  vsrar  ^^it-r  j»»r^a  bOni  ji:"*.  vnri  iienni  scocar 
*'c<;arr*   ^'Ciar    <   .c».u>ir    i-  r<:r    j:;;iT^ir    t^tt    iiur*    >irr:    ienni   GiU^ist 

H"  .,••.«  ■.;•■•■     «\n's      >i?'U     l:v>v*»!      i  •. ;:      iv  '^'.v:»-     :i>njn>^  ü-     *i>*upussiK    la 
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ZT7R  MITTELISLXND.   VOLKSKUNDE  15 

maigt  satt  um  forlög  bama  feirra,  sein  hün  tök  frä  mötJurlifi.  Og  sem 
hün  spurSi  ])aÖ,  Amba  drottning  haföi  barn  aliö,  og  ei  til  köllub  verib, 
fylltist  hün  ^andskapar  og  blandaöi^  kyngi^  vi^  ^rapt  sinnar  reiöi,  tök 
sjer  ferö  fjrrir  til  köngsins  borgar  og  hitti  ömbu  drottningu;  var  h(in 
J)&  öljett  atS  barni  sinu.  — 

Die  Völva  wünscht  der  königin  und  ihrem  ganzen  hause  verder- 
ben. Der  könig  will  sie  töten  lassen,  die  königin  aber  sucht  sie  zu 
versöhnen. 

Oekk  nü  drottning  völvuna  aö  finna,  var  hün  I)ä  til  feröar  büin; 
bauff  drottning  henni  allar  sa^mdir  meö  langvarandi  vistum  og  vinättu, 
og  baö  hana  sjer  |)jönustu  ab  veita,  nser  sitt  föstur  faiddi.  En  völvan 
vildi  |)aö  ekki  og  kvabst  ekki  hennar  kostu  figgja,  en  vitja  mun  eg 
]>In,  naer  bamib  fgeWr.  Slöan  Ijettu  fser  skrafinu,  veik  nornin  so  i 
burtu.  En  er  sü  W5  kom,  aö  drottning  kendi  sjer  söttar,  kom  nomin 
meö  h^ru  bragöi  og  fjönaöi  drottningu  me6  bestri  alüö,  lagöi  hana  i 
vel  büna  sseng.  Drottning  haft5i  striöa  sott,  ^6  lukkaöist  henni  allt  vel, 
f^eddi  hün  sveinbarn  stört  älitum  og  Äsjälegt^  til  aö  Uta,  so  fkjur  fötti 
ä  f>e8sum  burö.  Nornin  I>jenti  sem  best  hün  kunni  drottningu  og 
baminu  um  ssengurferöina  og  leiddi  drottning  ür  hvilu  i  haefan  tlma. 
(bl.  1  V  fgg.)  - 

Die  Norne  kann  ihre  Verwünschung  nicht  mehr  zurücknehmen, 
doch  dem  neugebomen  (Ambales)  verheisst  sie  eine  ruhnareiche  zukunft. 

IV.  S^üpusOgor. 

Eine  besondere  gruppe  von  märchen,  die  wir  nach  den  Zeugnis- 
sen FAS  I,  31.  EMS  VIU,  18.  Ö.  T.  pra)f.  (s.  Vigf.  Dict  s.  v.  stjüp-) 
wol  als  einen  der  ältesten  märchentypen  ansehen  dürfen,  bilden  die 
stjüpmsöbrasögur  oder  stjüpusögur  (Isl.  fjs.  II,  304).  Von  solchen 
finden  sich  noch  einige  unedierte  in  der  arnamagnäanischen  bibliothek, 
die  zum  teil  ziemlich  alt  sind. 

1)  Eine  solche  ist  z.  b.  die  saga  af  Sigurgart3i  frsekna,  von 
der  wir  membranfragmente  aus  dem  15.  Jahrhundert  (cod.  AM.  556  a  4®) 
besitzen. 

H16ger5r,  die  zweite  gemahlin  eines  königs,  beseitigt  diesen  und 
verwünscht  ihre  drei  Stieftöchter: 

Nü  legg  eg  fab  ä  systur  flnar,  aö  Hildr  skal  veröa  aö  gyltu, 
og  skulu  grisir   mfnir  sjüga  hana,   en  Sign^  aö  fl6katr\T)pi  og  skulu 

1)  Hs.  blöndaä        2)  IIs.  kyngu 

3)  So  mit  521  a  4^;  die  hs.  hat  6dsjale(jt. 


16  JIRICZKK 

gra^hcstar   mlnir  elta  hana samt  legg  eg  ä  |)ig,   a$  {)ü  skalt 

engum  trd  vera  og  hvern  biöil  svlkja  eöur  ta3la skulu  öU  |)essi 

älög  haldast  met^an  {)d  lifir,  nema  einhvorr  bi^la  {)in]3a  spreng!  egg  {)ai5 
k  nösum  |)jer,  er  Qör  mitt  er  1  fölgiö  og  eg  sj&lf  geymi,  og  mun  |)at3 
seiiit  veröa,  sem  eg  og  vildi.  Nög  er  msBlt  um  sinn,  segir  konungs- 
döttir,  og  skal  nü  t)etta  {)itt  seinasta  ord,  hversu  lengi  sem  pü  lifir 
h6^an  af.  Hl^ai^r  setlabi  |)ä  at  taia  meira,  en  geispa^i  og  gat  ekki 
ma?lt  (c.  3  der  Reykjavfker  ausgäbe). 

Mit  hilfe  zweier  zauberkundigen  brüder  gelingt  es  indes  Sigur- 
garö  die  schwierigen  aufgaben,  an  welche  die  entzauberung  gebunden 
ist,  zu  lösen.  So  komt  er  (unter  dem  namen  Enütr)  einmal  zu  einem 
einsamen  iiause  in  der  wildnis  und  übernachtet  dort  mit  seinen  zwei 
begl eitern:  Er  I)eir  vom  nd  sofnaöir,  {)ä  16t  Knütr  illa  1  svefni,  fa}r5i 
hann  faeturna  viö  |)ilinu;  var  |)&  ylgr  komin  1  fang  honum  ok  vildi 
blta  hann,  en  hann  tok  sterkliga  f  möt;  hön  fsprbi  kryppuna  viö  ])ilinu, 
en  setti  kloömar  I  bringu  honum.  HarÖr  hrökk  undan  sviptingum  l)eir- 
ra,  setti  hann  kryppuna  vib  timburveggnum,  svo  at  hann  brotnaiSi  ok 
komust  |)eir  |)ar  üt  Stigandi  krtekti  1  huppinn  ä  ylginni  ok  reif  üt 
ür  heuni  gamimar,  en  HörSr  hljop  ä  bak  henni  ok  brotna^i  ])&,  1  henni 
hryggrinn.  En  svo  haföi  hön  sett  klsemar  I  bringu  Knüti,  at  berir 
skinu  viö  bringuteinaniir;  |)ä  var  H16gerÖr  far  komin.  Knütr  hjö  til 
)iennar,  en  hön  varb  at  kräku  ok  flö  upp.  Höggit  kom  k  va'nginn  ok 
tök  af  henni  va^nginn;  flö  hön  pa  til  norbnrttar  ok  hvarf  |)eim  skjött; 
I)eir  föru  nü  jeptir  blöÖdreQunum  (cod.  AM.  556  a  4^  perg.  15.  Jahr- 
hundert bl.  1). 

Knütr  geht  den  blutspuren  nach,  bis  er  endlich  die  krähe  findet 
und  ihr  den  lials  umdreht;  ihr  lebensei  nimt  er  zu  sich;  bei  ilirem 
tode  entsteht  ein  erdbeben.  Auch  die  brüder  der  H16gerÖr  werden 
erschlagen.     Nun  folgt  die  entzauberung  der  drei  Schwestern. 

Das  ist  der  leitende  faden  in  dem  bunten  gemische  von  aben- 
teuern, w^elcho  die  saga  bilden. 

2)  In  die  Jons  saga  leikara  (hdschr.  erst  aus  dem  17.  Jahrhundert) 
ist  folgende  Stiefmutter-  (Wer wolf-) sage  verwebt. 

Vargur  sä,  er  herra  Jon  haföi  Iff  geiiö,  var  köngsson  af  Fleemin- 
galandi  og  oröinn  fyrir  höröum  alöguni  af  simü  stjüpmööur,  hafbi 
hün  losti«5  hann  ülfshandska  og  s^ndist  hann  af  I)vf  vargur  vera,  eu 
hann  var  {)ö  rauuar  ägaotur  ma^ur  og  hjet  SigurJüur.  HafÖi  hün  so 
fyrir  ma>lt,  aö  hann  skyldi  I  I)eirri  änau<:s  vera,  {)ar  til  er  nokkur  maö- 
ur  yrbi  sfi,  a<s  heldur  kjöri  Iff  hans  vargsins  hins  versta  og  mesta 
spillvirkja  en  all«  kontir  voraldar  sa>indir,    hug^i   hün  ])ti!S  mundi  aldri 


ZUR  MITTELISLÄND.   VOLKSKUNDE  17 

veröa.     En  |)essi  sami  SigurÖur  för  ä  fand  herra  Jons,    J)Ä  hami  haßi 

köngdöm  tekiö  og  sagbi  honum  |)enua  atburö, För  herra  Jon 

köngur  meö  Sigurbi  til  Fleomingalands  og  töku  vonda  vsett,  stjüpmöö- 
ur  hans,  drögu  belg  6  höfuö  henni  og  böröu  grjöti  til  bana,  brenn- 
andi  [hs.  add.  hana]  sliSan  ä  björtu  bäli  hennar  herfilega  hrae,  en 
sökktu  (hs.  sockte)  öskunni  i  saltan  sjö  (cod.  AM.  174  fol.  bl.  10). 

V. 

Eine  alte  Werwolfesage  ist  uns  in  der  Älaflekkssaga  erhal- 
ten, die  in  zahlreichen  handschriften  vorliegt;  membranfragmente  rei- 
chen in  das  15.  (cod.  AM.  589  e  4®)  und  16.  Jahrhundert  (cod.  AM.  571 
4^)  zurück.  Die  folgenden  mitteilungen  sind  aus  der  papierhandschrift 
cod.  AM.  182  fol.  (17.  Jahrhundert,  von  der  band  des  Jon  Erlends- 
son)  entnommen.  Sie  umfassen  den  ganzen  ersten  teil  der  saga  in 
unverkürzter  form  (nur  cap.  V  ist  zum  teil  blos  in  Inhaltsangabe  mit- 
geteilt). 

I.  RlgarÖur  hjet  köngur,  hann  var  sonur  Hälfdanar  Brönuföstra, 
hann  rjeöi  fyrir  Englandi;  hann  var  allra  könga  vitrastur,  svo  hann 
vissi  fyrir  öoröna  hluti.  Hann  ätti  sjer  drottningu  er  Sölbjört  hjet, 
hün  var  hvörri  konu  vsenni  og  vitrari.  f  au  köngur  og  drottning  ättu 
ekki  barn  og  |)ötti  |)a<5  mikiö  mein.  Garöshorn  eitt  var  skamt  frä  borg- 
inni,  {)ar  ätti  fyrir  a$  rä^a  kall  sä  er  Gunni  hjet;  hann  ätti  kellingu 
I>ä  er  Hildur  lyet  Kall  ätti  skög  einn  og  f()r  |)angaÖ  hvöm  dag  ai6 
vei^a  d^r  sjer  til  matar.  Eitt  sinn  segir  köngur,  aö  hann  vill  büa  skip 
sfn  ür  landi  og  setlar  aö  halda  I  leitJangur  og  vera  I  burt  lU  vetur. 
Drottning  mselti  til  köngs:  eg  er  ekki  kona  ein  sömun,  |)vi  eg  er  meö 
bami.  Köngur  meelti:  ef  fü  fseöir  sveinbarn,  fä  skal  faö  üt  bera,  fvl 
aö  ef  |)aö  heldur  llfi,  mun  l)aÖ  |)rautamaÖur  veröa;  en  |)eir  faö  vilja 
ei  gjöra,  skulu  Ufi  fyrir  t;^na;  en  ef  I)ü  ätt  döttur,  skal  hana  uppfeeöa. 
Drottning  varö  öglöö  vi(3  sUka  hluti;  skilja  |)au  nü  so  slna  rseöu.  Gekk 
köngur  nü  ä  skip  og  kvaddi  drottningu  slna  og  fä,  eptir  vorn,  og  hel- 
dur burt  af  Englandi  og  fekk  freegt^  mikla  hvar  sem  hann  för;  en  drott- 
ning var  nü  eptir  mjög  öglöö,  og  kom  naerri  feirri  stund  er  hün  skyldi 
ijettari  veröa.  Hün  feeddi  sveinbarn  og  var  {)aÖ  bseöi  mikib  og  vsent; 
hann  haßi  flekk  ä  haögri  kinn.  Drottning  skipar  tveimur  l)r8elum  aö 
bera  üt  sveininn;  |)eir  gjöra  svo  og  bera  sveininn  ä  skög  Gunna, 
bjuggu  um  hann  undir  einu  trje,  föru  heim  siöan  og  sögöu  drottningu 
aö  |)eir  hefbu  tort^nt  sveininum,  en  hün  trüöi.  Einhvörn  dag  gekk 
Gunni  til  skögar  sfns  og  seüaöi  aö  skjöta  dyr;  hann  heyröi  |)ä  öp  mikiö, 
skundar  |>angat$  og  sjer  bamiö  og  sj^nist  sveinninn  fagur,   tekur  upp 

ZEITSCUBIFT   F.    DEUTSCHE   PHD-OLOQUE.     BD.  XXVI.  ^ 


18  JIBICZK 

og  fsBr  kellingu  sinni  og  biCur  hana  leggjast  ä  gölf;  hün  gjörir  svo, 
laetur  sem  hün  feetJi  sveinbarn  |)etta.  Kall  og  kelliDg  unnu  mikitS  svein- 
Inum;  öx  hann  |)ar  upp,  en  hvört  {)at$  nafa  er,  |)au  gäfü  honum  at$ 
kvöldi,  mundii  |)au  ekki  aö  morgni. 

IL  Nu  er  ^ar  til  aö  taka,  er  köngur  kemur  heim  ür  leiöangri,  og 
finnur  drottning  hann  og  segir  honum  hvörsu  hün  hefur  gjört;  hann 
spyrr,  hvar  |)eir  sjeu,  sem  sveininn  höf(^u  üt  boriö;  feir  vorn  kallaöir 
og  sögöust  hafa  deytt  sveininn,  en  köngur  kvaöst  ei  trüa.  Einhvörn 
raorgun  stöö  Gunni  upp  stillilega  og  gekk  aö  rümi  I)vl  er  sonur  hans 
lä  i  og  maelti:  Sefur  {)ii,  Ali  flekkur?  en  hann  sagöist  vaka.  t^etta 
nafh  bar  hann  sl^^an;  1)6  var  hann  VIII  vetra  og  boßöi  var  hann  vsenn 
og  mikill.  Köngur  Isetur  stofna  veizlu  og  bjööa  öUu  störmenni  er  i 
landinu  vorn,  og  |)eim  far  komnum  veröur  pris  og  gleöi  1  höllinni. 
Gunni  og  kelling  föru  til  J)eirrar  veizlu  og  vorn  utarlega  1  höllinni  og 
Ali  flekkur  var  far  m&6  feim.  Hann  gekk  innar  fyrir  köngsborö:  drott- 
ning sat  ä  einum  stöli  og  er  hün  sjer  Äla  flekk,  roSna^i  hün  mjög  og 
horföi  ä  hann;  |)etta  gjörir  köngur  ab  Uta  og  mselti  til  hennar:  I>vf 
horfir  |)ü  ä  |)ennan  mann  eöa  fikist  fü  kenna  hann?  Drottning  svar- 
ar:  Ei  kenni  eg  |)ennan  mann  til  fulls,  en  |)ö  hef  eg  sjeb  hann  fyrr. 
Köngur  Ijet  |)ä  kalla  k  Gunna  og  kellingu  hans,  |)au  koma  fyrir  köng 
og  kvebja  hann;  köngur  mselti:  Eigi  {)iÖ  |>ennan  unga  svein?  Gunni 
sagt5i:  vlst  ei  er  hann  okkar  sveinn,  og  segir  hann  nü  hvörsu  hann 
fann  sveininn,  og  er  nü  gjört  bert  fyrir  alf^Vtiimni,  ab  Ali  er  köngsson. 
Er  hann  nü  meb  fööur  sinum  vel  haldinn.  Köngur  gaf  Gunna  göbar 
gjafir  og  föru  |)au  kelling  heim  til  sf n ,  en  Ali  var  meb  köngi  og  hafiSi 
jafhan  XV  leiksveina. 

III.  BlÄtönn  hjet  ambätt  ein  er  var  i  köngsgarbinum,  hün  var 
öllu  illa  fallin.  Eitt  kvöld  var  I)ab,  ab  Ali  köngsson  var  einn  üti  stadd- 
ur,  |)Ä  kom  BlÄtönn  |>ar;  hün  grenjabi  illilega  og  maolti  so:  Ali,  sagbi 
hün,  |>ü  hefiir  mig  aldrei  göbum  orbum  kvatt,  skal  og  launa  |)jer  |)ab, 
|)vi  |)ü  skalt  nü  pegar  i  stab  verba  fara  ä  skög  og  ei  Ijetta  fyrr  en  |)ü 
kemur  til  Nöttar  systur  minnar,  henni  sendi  eg  |)ig  til  bönda.  Ali 
msplti  {)fi:  ])ab  meeli  eg  um,  ab  |>ü  farir  til  eldhüss,  og  verbir  ab  einni 
hellu  og  skulu  |>rpelar  kynda  eld  ä  |)jer,  en  ef  eg  kemst  firä  Nött 
tröllkonu,  |)ä  skaltu  klofha  1  sundur  og  lata  svo  Hfib.  BlÄtönn  meelti: 
})ab  vil  eg,  ab  |)etta  haldist  hvorki.  Ali  kvab  I)etta  verba  statt  ab 
standa  og  I)egar  för  Ali  ä  skög,  en  hün  1  eldahüs  og  varb  ab  hellu  og 
kyntu  I)rflelar  eld  ä  henni  og  stob  hennar  eefi  |)ann  veg.  Leiksveinar 
Äla  leita  hans  nü  naerri  og  fjfiorri  og  finna  hann  hvörgi.  teir  sögbu 
{>etta  köngi  og  drottningu.     Köngur  mselti:   nü  er  {)ab  fram  komiö,   er 


ZUR   MITTRI.ISLXnD.    VOLKSKUNDE  19 

eg  vissi  fyrir,  aö  |)essi  sveinn  mundi  fyrir  miklum  ösköpum  veröa, 
veit  eg,  bann  er  nü  i  tröUa  hendur  kominn,  og  mun  eg  |)vl  ekkriäta 
hans  leita,     Graetur  drottning  nü  og  allir  at^rir. 

IV.    Nü  skal  frä  Äla  flekk  segja,   aö  hann  liggur  üti  ä  mörkiim 
XVllI  daga.    üra  siöir  kemur  hann  1  dal  einn.    Ali  var  |)ä  illa  klsedd- 
ur.     Hann  sjer  |)&  hüs  mikib;   |)angab  gengur  hann  og  sjer  J)ar  konu 
eina  frf(Sa.     Hün  heilsar  Äla  flekk  meö  nafni,   en  hann  undrast  ^etta, 
mjög  og  mseiti:    hvört  er  nafn  I)itt,   I)ü  heilsar  mjer  svo  kunnugliga? 
Hün  meolti:   gjörla  kenni  eg  I)ig,  Ali  flekkiir,  og  svo  veit  eg  hvört  I)ü 
ert  sendur.     Fyrir  dal   J)essum  rsebur  mööir  min,    er  Nött  heitir,   til 
hennar  varstu  sendur.     Fa^ir  minn  var  raennskur  mal5ur  og  til  hans 
bregöur  mjer,  atJ  betur  er,  og  heiti  eg  Hla%erÖur.    En  ef  |)ü  ferr  hje^- 
an,    muntu  finna  hellir  störan,    honum  styrir  möt5ir  min.     En  nser  |)ü 
kemur  J)ar,  müntii  öngvan  mann  sjä,  ])Yi  aö  ei  er  Nött  heima  og  aldrei 
kemur  hün  heim  fyrr  en  langt  er  af  nött     En  sera  hün  kemur  heim, 
mun  hün  feeöslu  neyta;   hün  mun  bjöt5a  aö  |)ü  skulir  jeta  meb  henni, 
en  {)ü  munt  ei  vilja.     Hün  mun  |)ä  so  segja:   |)ü  skalt  ekki  mat  fä 
fyrr  en  |)ü  veröur  feginn.     Hün  mun  |)&  til  ssengur  fara  og  bjööa  I)jer 
a$  liggja  hjä  sjer,  en  |>ü  skalt  |)at3  ekki  vilja;  |)at3  mun  henni  illa  llka. 
Hün  mun  sofha  snart,   {)ü  munt  og  sofna  og  ei  fyrr  vakna  en  byrgö- 
ar  eru  allar  dyr  ä  hellirinum;   i  burt  mun  ])ä  Nött;  ])ä  skal  eg  senda 
tu  |)(n  skikkjurakka  minn  meö  ])k  hluti,   er  {)jer   {)arfna8t.     Me^  J)vl 
muntu  lauss  verÖa,   aö  hann  leysi  |)ig  üt;    en  ef  hann  ferr  meß  flesk 
nokkurt,   |)ä  tak,   og  er  |)ü  kemur  ä  I)aÖ  tjall,    er  fyrir  ofan   er  hellir 
Nöttar,  legg  |)aÖ  |)ar  niöur  1  götuna  og  mun  hün  ])k  ekki  lengur  fara; 
^enda  far  |)ü  I  burt  hjeöan  nü,   ^vi  ab  mötiir  min  veit  ei,    aö  {)ü  ert 
hjer.     Ferr  hann  nü  f  |)ann  hluta  dalsins  er  myrkt  var.     Hann  kemur 
aö  einu  stigi  störu,   far  var  klappat)  i  spor.     Ali  haföi  öxi  1  hendi,  er 
BüatJgerÖur  gaf  honum,  hann  krsekti  henni  1  sporin  og  las  sig  svo  upp 
k  bergiö.   Hann  sjer  ^k  hellir  störan,  snj^^r  hann  |)Ä  aö  hellirinum  og  gekk 
inn,  og  var  ^ar  beeöi  fült  og  kalt  og  ekki  n^lega  kynt.   Hann  settist  ni^ur 
viö  hellisdyr  og  beiö  |)ar  til  dagseturs  og  kom  flagöiö  ekki  heim.     En 
f)&  |)ribjungur  var  af  nött,  heyrCi  hann  dunur  störar,  sä  hann,  flagbil5 
skauzt  1  skälann;    hün  var  1  skorpnum  skinnstakki,   og  öngva  skepnu 
{)ötti8t  hann  ferlegri  8J6Ö  hafa.     Hün  tök  til  ortJa:    vel  veröi  Blätönn 
systur  minni,  er  hün  sendi  |)ig,  Ali,  mjer  til  bönda,  en  illa  gjöröir  fü 
{)at5,  er  I)ü  lagöir  ä  hana.    Ali  svarar  öngvu.     Nött  bjö  til  feeöu  hrossa 
kjöt  og  manna  og  bauö  Äla,  en  hann  neita^i.     Hün  sagöi,  hann  skyldi 
ei  mat  fk  nema  ef  hann  yr^ii  feginn.     Hün  bjö  |)&  sa3ng,   lagM  nitJur 
einn  beö  af  geitskinnum;    hün   baub  Äla  aö  liggja  hjä  sjer,   en  hann 

2* 


20  JIBIOZEK 

vildi  ei;  henni  llkar  I)aÖ  illa  og  kvaö  hann  raundi  feginn  verba,  og 
sofhar  skjött,  ^\i  hün  var  möö.  Ali  sofhar  og  vaknar  ei  fyrr  en  all- 
Ijüst  var  1  hellirinum  og  Nött  var  1  burt  og  byrgöar  allar  dyr.  Ali 
stendur  upp  og  gengur  til  dyranna  og  sjer,  aö  bora  ein  er  ä  hellirin- 
um og  sjer  I)ar  üt,  aö  sMkkjurakki  HlaÖgerÖar  er  kominn  og  hefur 
grafib  rauf  ä  berginu  meö  tr^ninu.  Ali  ferr  |)Ä  ür  klseSunum  og  getur 
smogi^  üt  {)essa  boru,  og  sjer,  a)5  hundurinn  berr  ä  baki  sjer  flesk  af 
svlni,  og  klajöi  haföi  hundurinn  raeöferöis  og  göt5a  fsQ^n.  Tekur  hann 
nü  alla  l)essa  faiöu  af  rakkanum^.  Neytir  hann  nü  sem  hann  lystir. 
El8e<3in  vora  Äla  mätuliga  snit3in.  En  sem  hann  haföi  eti(3  og  drukk- 
iö,  byst  hann  til  feröar  og  gengur  uppä  iQalliö;  og  er  hann  kemur 
I)ar,  skerr  hann  niöur  fleski?5  1  slööina  og  gengur  so  burt  üt  um  mörk- 
ina  og  mikla  sköga  marga  daga  og  ei  kann  hann  veg  til  foSur  slns, 
og  aldrei  veit  hann,  hvört  hann  ferr. 

V.  Einn  dag  kom  Ali  fram  i  eitt  rlki  rajög  stört;  hann  sjer 
b(Bäi  smä  bcei  og  störa  og  eina  furdu  störa  borg^;  pangaö  gengur  Ali, 
og  er  hann  kom  a^  hallardyrum  biöur  hann  dyravöröinn  inngöngu, 
eptir  spyijandi  hvörr  setti  fyrir  aö  räöa  ^eivn  borg,  teir  segja,  mey- 
köngur  einn  räöi  |)ar  fyrir,  og  hün  heitir  torbjörg,  og  hefur  hün  n^ftek- 
ift  viö  fotJurleifÖ  sinni.  Ali  gengur  nü  fyrir  meykönginn  og  kvaddi 
hana.  Hün  tök  honum  vel  og  spyrr  hann  aö  nafni;  hann  kveöst  Stutt- 
hjeöinn  heita.  Eg  vildi  fä  vetrarvist  hjä  yöur,  segir  hann.  Meykön- 
gurinn  jätar  |)vl  og  skipar  honum  hjä  gestum  ä  enn  öse^ra  bekk.  I'essi 
meyköngur  var  bseM  vitur  og  vepnn.  Stutthjeöinn  kom  sjer  vel  i  vin- 
kttxx  vi^  meykönginn  og  raat  hün  hana  mikils,  og  unnu  honum  allir 
hugästum.  Stutthjebinn  var  mjög  fälätur  um  veturinn.  Meyköngur 
spyrr  slna  raenn,  hvaöa  mann  ^eiv  setla  Stutthjeöinn  vera;  feir  segjast 
|)aÖ  ei  vita.  teir  spuröu  hana  hvaö  hün  setlaöi.  taö  setla  eg,  segir 
hün,  aö  hann  sjo  köngsson,   og  setla  eg  hann  oröiö  hafa  fyrir  älögum. 

Feinde  machen  einen  einfall  in  das  land  der  königin,  die  ihre 
band  dem  verspricht,  der  sie  aus  dieser  not  errettet;  es  gelingt  Stutt- 
hjeöin,  die  eindringlinge  zu  besiegen. 

VI.  Nü  gjörir  Ali  bert  fyrir  all);^bunni,  aÖ  hann  sje  son  Rlgarös 
köngs  af  Englandi,  og  heimti  fram  I)au  heit,  er  meyköngurinn  hjet  hon- 
um, og  mselti  hün  ekki  a  möti  og  var  ])k  büiö  til  brullups  (sie).  Gekk 
Ali  a?)  eiga  forbjörgu  drottningu  og  var  veizla  hin  df rlegasta.     Og  um 

1)  rakkanuni]  vorhat'  hundinum  utUerpungtert, 

2)  Die  cursiv  gedruckten  werte  aus  AM.  181  m  fol. ;  mit  geringen  abweichun- 
geii  in  allen  handschriften  ausser  AM.  182  fol.,  588 o  4»,  592a  4*»  (in  589 e  4«  ist 
diese  partie  nicht  erhalten).  4 


ZUR   MITTELI8LÄND.    VOLKSKUNDE  21 

kvöldiö  er  I)au  Ali  og  torbjörg  vom  leidd  til  einnar  ssengiir,  ß&  kom 
Glööarauga,  einn  I)^fbormn  |)r8ell,  er  var  1  borginni,  brobir  Nöttar  tröll- 
konu.  Hann  gekk  at5  Äla  og  mselti  ögurlegri  raust:  Gott  hyggur  |)ü  til,  iü, 
segir  bann,  at5  sofa  hjä  meykönginum,  en  nü  skal  eg  laiina  |)jer,  ad 
|)ti  lagbir  ä  Blätönn,  systur  mlna,  og  legg  eg  {)a<5  ä  |)ig,  aö  |)ü  vei^ir 
aö  vargi,  farir  ä  skög  og  drepir  böeöi  menn  og  fje,  og  4  |)al5  skaltu 
mest  girnast,  er  meyköngurinn  ä.  En  Ali  raselti  |)ä:  Mel5  |)vl,  Glööar- 
auga, segir  hann,  aö  |)ü  hefur  mei!)  fullum  fjandskap  ä  inig  lagt,  maeli 
eg  |)aÖ  um,  aö  |)ti  sitir  4  I)eirri  kistu,  er  I)ü  situr  ni\  ä,  og  sepir  upp 
bsebi  nött  og  dag  4  meöan  eg  er  I  Älögum,  en  ef  eg  kernst  ür  |)essum 
41ögum  og  |)ungam  |)rautum,  ^ä  skulu  II  l)r8elar  leiöa  |)ig  til  skögar 
og  hengja  ä  gälga.  Glööarauga  grenjaöi  |)ä  og  mselti:  I)aÖ  legg  eg  til 
viö  |)ig,  Ali,  {)&  t)ü  hefur  eytt  öUu  fje  i  rlki  drottningar,  |)ä  far  |)ü  f 
rfki  foöur^  ^ins  og  eir  ^slt  hvorki  ije  nje  mönnum,  og  skal  |)jer  ekki 
til  undanlausnar,  nema  nokkur  biöi  griöa  fyrir  I)ig,  |)ä  |)ü  veröur 
tekinn;  en  |)aÖ  mun  aldrei  veröa.  l^egar  1  staö  hljöp  Ali  ä  skög  og 
varb  vargur,  reif  bseöi  menn  og  Qe.  En  Glööarauga  aeröist  bseöi  naetur 
og  daga  og  fengu  menn  drottningar  af  |)vl  miklar  önäöir,  j)vl  öfagurt 
var  til  hans  a»  heyra. 

Vn.  f  aö  er  af  Äla  aö  segja,  aö  hann  eybir  öUu  Qe  f  orbjargar 
drottningar.  Eptir  j)etta  för  hann  burt  ä  merkur  og  sköga  og  kemur  i 
rlki  fööur  slns  og  reif  I)ar  baeöi  menn  og  fje  til  dauös.  f  etta  er  sagt 
köngi  og  Isetur  hann  hina  bestu  menn  saman  kalla  og  frjettir  ])ä  räöa, 
en  allir  skutu  til  hans  um  I)etta  vankvaeöi  (sio),  Pa^  er  mitt  räö,  segir 
köngur,  aö  leggja  HI  merkur  silfiirs  viö  varginum  og  skal  sä  I)aö  eiga, 
sem  varginum  veröur  aö  bana.  I^etta  Ifkar  ölhim  vel;  slltur  nd  t>ing- 
inu.  En  vargurinn  rlfur  hjörö  köngsins  enn  meir,  og  nü  b^r  köngur- 
inn  sfna  ferö  og  «etlar  aÖ  veiöa  varginn;  ffeta  petr  pä  slegiä  kring 
um  hann.  Köng^ir  eggiar  aä  drepa  [hann]  en^  f  J)vl  bili  hleypur 
vargur  üt  yfir  mannhringinn,  {)ar  sem  köngur  er  fyrir,  og  höföu  ^6 
hans  ei  meira  og  fara  heim  viÖ  so  büiö.  Paö  kvöld  kemur  vargurinn 
f  garöshom  til  Gunna  og  Hildar.  Par  Isetur  hann  alt  1  friöi  og  settist 
f  garö  üti.  Kelling  mselti  viö  kall  sinn :  Engin  augu  hef  eg  likari  sjeö 
en  i  vargi  J)essum  og  voru^  1  Äla  flekk.  Ekki  s^nist  mjer  |)aÖ,  segir 
kalUnn.  Kelling  gekk  i  bür  sitt  og  kom  üt  aptur  meö  trog  füllt  meö 
pörur  og  margt  hask*  og  setur  niöur  fyrir  varginn;    hann  var  {)4  all- 

1)  ife.  födurz.  2)  Aus  AM.  181  m  fol.  3)  Hs.  var 

4)  para  f  =  seginentum  cutis  vel  caniis  (Bj.  Haldarsons  lex.);  hask  =?  die 
haudschriften  haben  folgende  Varianten:  hask  182  fol.,  1811  fol.,  588b  4°,  588p  4**; 


22  JIRIOZEK 

svangur  og  tekur  til  aft  jeta  tU*  troginu  og  l^kur  bann  I)vl  öUu  og 
hleypur  burt  slban  og  rifur  niöur  birö  köngs  og  &  J)es8ari  nöttu  drep- 
ur  bann  III  birösveina  köngs.  Um  morguninn  saekir  köngurinn  og 
allir  |)eir  nälsegir  vorn  aö  varginum  og  so  veräur  ad  peir  sld  hring  i 
kringum  kann;  bann  setiar  |)ä  ab  stökkva  üt  yfir  bringinn,  1  I)vi  kem- 
ur  köngur  själfür  og  gat  bandtekiö  bann.  Hann  frjetti,  hvöm  daaö- 
daga  vargurinn  skyldi  fä.  1  |)yl  bili  kom  ELildur  ab  svo  maelandi:  gef 
varginum  griö,  berra,  segir  bün,  en  eg  vil  borga,  ab  bann  skal  öngvum 
manni  mein  gjöra.  teir,  er  bjä  stööu,  b&bu  könginn  svo  gjöra.  Köng- 
ur maelti:  veita  mundi  Ali  |)jer  |)ina  bön,  ef  bann  vseri  bjer,  og  fyrir 
bann  vil  eg  veita  I)jer  |)aÖ,  |)ü  bibur.  Hün  {)akkar  köngi  og  för  beim 
meb  varginn.  Köngur  för  heim  og  bans  menn.  AUa  |)ä  nött  vakti 
Hildur  yfir  varginum  1  bvilugölfi  bjä  sjer;  og  er  kemur  ab  mibri  nött, 
so&ar  Hildur,  og  er  bün  vaknar,  sjer  bün  mann  liggja  1  bvllunni; 
pekkir  bün  |)ar  Äla  flokk,  en  vargshamurinn  \k  nibri  bjä  HildL  Hün 
stendur  upp  og  vekur  Giuina,  bün  bibur  bann  upp  standa  og  brenna 
sem  skjötast  vargsbam  |)ennan;  bann  gjörir  svo.  Hildur  tekur  vfn  og 
dreypir  ä  varir  bonum,  tekur  bann  |)ä  ab  na^rast,  og  er  bann  matti 
msela,  spurbi  hann,  bvörr  bonum  befbi  ür  k  naubum  komib.  Hildur 
segir  til  sfn;  hann  varb  \ik  feginn  föstru  sinni  og  varb  {)ar  fagnabar- 
fundur;  sofa  I)au  til  morguns  1  göbum  fögnubi.  Ab  morgni  föru  j)au 
til  köngshallar,  segir  Hildur  köngi  alla  sögn  hvörsu  farib  hafbi.  Köng- 
ur verbur  nü  feginn  syni  sfnum  og  allur  Kbur,  einkanlega  drottning 
möbir  bans.  Ali  tekur  ona  sömu  leiksveina,  er  fyrr  hafbi  bann,  og 
skilja  J)eir  hvorki  nött  nje  dag.  Nü  er  ab  segja  frä  Glöbarauga,  ab 
I)ann  dag,  sem  Ali  körnst  ür  älögum,  leiddu  II  j)röelar  hann  til  skög- 
ar  og  hengdu  hann  ä  g&lga  og  urbu  j)ab  bans  tefilok.  Ali  er  nü 
boima  meb  slnuni  föbur  og  er  nü  vinsa>ll  af  öUum.  — 

Den  rest  der  saga  (c.  VIII  —  XII)  bildet  eine  bunte  reihe  von 
abenteuern.  Ali  wird  durch  einen  rutenschlag  des  trölhveibes  Nött 
aussätzig,  und  irt  in  allen  ländern  heilung  suchend  herum.  Ein  bru- 
der  der  Nött  heilt  ihn  endlich,  ohne  ihn  zu  kennen.  Durch  list  gelingt 
es  Ali,  Nött  und  ihre  drei  brüder  zu  töten,  und  endlich  kebii;  er  wider 
in  sein  Vaterland  zurück. 

VI.  Vermischtes. 

Kaum  übersehbar  ist  die  menge  von  abergläubischen  Vorstellun- 
gen, die  sich  an  waften,  gewänder,  ringe  und  dergl.  knüpfen.     Bei  der 

hark  181k  foL;  hiiask  181  in  foL;  ausgelassen  in  592a  4°,  .588c  4<»,  395  fol.;  unle- 
serlich in  589  e  4°;  (571  4®  ist  die  stelle  nicht  erhalten). 


ZUR  BaiTBUSLÄND.    VOLKSKUNDE  23 

ins  Unkraut  geschossenen  phantastik  jener  sögur  gibt  es  kaum  eine 
handlung,  die  der  held  der  erzählung  aus  eigener  kraft  vollbringt, 
überall  wird  er  von  zauber  unterstüzt:  er  bekonit  eine  sldkkja  oder 
einen  kufl^  dem  weder  gift  noch  waffen  etwas  anhaben  können,  steine, 
die  ihn  vor  hunger,  durst,  ermudung  schützen,  unsichtbar  machen  usw. 
Es  wäre  eine  ziemlich  überflüssige  arbeit,  hier  auch  nur  einen  kleinen 
teil  der  zahllosen  stellen  anzuführen;  sie  würden  dem  sagenforscher  kaum 
etwas  neues  bieten.  Nur  auf  einige  minder  bekante  typen  möge  hier 
verwiesen  werden. 

QSregg.  In  der  jüngeren  Bösasaga  (hdschr.  des  17.  Jahrhunderts) 
spielt  bei  dem  kämpfe  Bösis  und  Herrauds  mit  der  hofgyäja  (entspre- 
chend der  partie  c.  YIII  der  alten  Bösasaga)  das  lebensei  der  hofgydja 
eine  bedeutende  rolle.  Bösi  erhält  darüber  folgende  auskunft  (cap.  X 
meiner  ausgäbe):  Qör  hennar  (sc.  gydju)  er  1  einu  eggi  og  liggur  k  |)vf 
gammur  edur  dreki  1  einum  hellir  og  er  hann  övinnandi;  og  aldrei 
sefur  hann  nema  um  solar  uppruna,  en  ]}6  ei  lengiir  en  rodmi  solar 
kemur  k  ski^in;  eru  tvö  eggin  1  hreidri  gammsins,  annad  er  fjöregg 
gydjunnar,  na}r  |)ad  er  brotid,  bllfur  hün  daud,  en  annad  eggid  er 
köngsgersemi  mikid  og  er  fegra  gulli;  Qöreggid  er  rautt  sem  blöd.  — 
Vgl.  hiezu  die  oben  s.  16  angeführte  stelle  aus  der  saga  af  Sigurgardi 
frsßkna.  Rot  ist  auch  die  färbe  des  Ufsteinn  in  Sigurdarsaga  I)ögla 
s.  37  der  Keykj.  ausgäbe:  En  ^6  var  einn  Iftill  pungr  festr  vid  medal- 
kaflann  [sc.  sverdsins]  ok  |)ar  1  lifsteinn  raudr  at  lit;  ok  ef  hann  var 
ändinn  vid  vfn  ok  borinn  svä  ä  eitrat  sär,  I)ä  drö  |)at  üt  allt  eitr.  Vgl. 
auch  unten  das  Ufguli 

Widerbeleben  toter.  En  sem  leid  ad  midjum  degi,  kom  flölm- 
gridr  1  sfnum  gamla  drekaham,  so  alla  felmtradi;  flaug  hün  |)angad 
sem  hinir  daudu  jötnar  lau  og  hristi  einn  belg,  vid  |)ad  stödu  I)eir  ä 
faetur  og  bördust  höfudlausir  med  a3di  og  sköku  sfnar  jämkylfur  (Saga 
af  Fertram  og  Plato  AM.  395  fol.  s.  739).  — 

Yaka  mun  og  1  nött  og  vita,  hvad  til  berr,  ad  troll  og  blämenn 
{)e88ir  li&a  upp  aptur  og  berjast  vid  okkur.  Oengur  hann  f)ä  ilt  1 
ölpu  sinni  og  hefur  öxi  slna  f  hendi  og  leggst  nidur  ä  valinn  ä  medal 
hinna  daudu  og  verdur  hann  einkis  var  fyrr  en  ä  möti  degi :  sjer  hann 
ad  kella  ein  kolsvört  nema  hvlt  ä  einni  löppinni  gengur  ad  valnum  og 
rjettir  |)ad  hvfta  f  munn  eins  hins  dauda  og  fer  hann  {)egar  ä  foBtur  og 
hristai*  sig.  So  gjörir  hün  ödrum  og  fer  4  sömu  leid.  Oengur  hün  nü 
ad  Tryggva,  |)vi  hann  var  {)eim  naerstur,  og  rekur  |)ad  hvfta  ä  löppinni 
uppi  hann,  en  ^bjH  var  raunar  Ufguli.  Tryggvi  erschlägt  sie,  sie  war 
die  mutter  des  Galdraköngur.     (Sagan  af  köngabörnum  Sigurdi  og  Sig- 


24  JIBICZEK,    ZUR  MITTELISLÄND.   VOLKSKUNDE 

nfixi  einninn  Tryggva  kallssyni.  Kopenh.  kgl.  bibl.  Ny  kgl.  saml. 
1802.  40.  paphs.  d.  17.  jhd.  s.  14  fg.). 

Waffen.  Eine  eigentümliche  beschreibung  eines  Schwertes,  welche 
geeignet  ist,  licht  auf  die  schwertschilderung  in  Helgatvi|)a  Hj(}rvarj)s- 
sonar  str.  9  zu  werfen ,  findet  sich  in  Vilhjälmssaga  sjöds  343  a  4^ 
bl.  32:  sverd  I)at  var  VI  spanna  hätt  1  milli  hjalta  ok  höggstadar;  svo 
syndist,  sem  einn  vargr  hlypi  undan  hjöltum  J)ess  ok  fram  k  oddinn, 
ef  nidr  vissu  hjöltin,  en  ^k  undir  hjöltum,  ef  upp  vissi  oddrinn,  ok 
var  sem  hann  elti  einn  ikoma.  —  Söti  er  biksvartur  og  hann  er  verst- 
ur, hann  hefur  amgeir  störan  og  engin  jtoi  blta  hann;  hann  ma 
kjösa  mann  fyrir  amgeirinn  hvöm  dag  sinn,  I)egar  hann  veit  |)eirra 
heiti.     (Ulfs  saga  Uggasonar  cod.  AM.  395  fol.,  s.  784.) 

Ein  riese  besizt  eine  wafife:  hann  hafdi  järnstaf  i  hendi  ok  var 
geirr  Odins ^  markadr  d  framanverdum  ok  s^^ndist  honum  (seinem 
gegner)  sem  eitr  sindradi  iir  oddinum.  (Sagan  af  Sigurgardi  fröekna 
cod.  AM.  556  a  4»  bl.  2  v.) 

Fliegender  Mantel.  (Der  zauberer  Jönar)  ätti  klspdi  I)at,  at 
leid  1  lopt  af  nättürusteinum  sem  t)ar  vorn  i  fölgnir,  og  rlnstöfum, 
sem  I)ar  vorn  1  saumadir,  ef  |)eir  vorn  röttilega  lesnir.  (ebd.  AM.  167 
fol.  s.  80.)  Ebenso  wird  in  Saga  af  Victor  og  Blaus  (bl.  32,  36  in 
cod.  AM.  125  4^)  ein  kUeäi  mit  runen  erwähnt;  liest  man  die  runen 
zur  rechten,  so  erhebt  es  sich  in  die  luft,  liest  man  sie  zur  linken,  so 
senkt  es  sich. 

Der  typus  des  „Tischlein  deck  dich^  findet  sich  in  der  Saga 
af  Victor  ok  Blaus  (AM.  471  4^  s.  194):  tekr  BlÄvus  einn  borddük 
saumadan  af  {)rädum  ens  besta  gulls  ok  i  sundr  rekr  (hs.  rekjandi); 
vom  I>ar  i  innan  konungligar  kräsir.  Par  var  ok  i  ein  kanna  stör,  füll 
med  plment  ok  clÄri,  |)vlat  hün  var  med  gölfum  gjör.  Eta  nü  ok 
drekka.  Bl.  talar  |>ä  til  köngsins:  varastu,  sagdi  hann,  og  kasta  öngu 
i  burt  af  I)essari  fsedu,  |)vfat  dükrinn  berr  |)ä  nätturu,  at  fsedan  öU  er 
en  sama,  |)egar  hann  er  saman  vafdr;  sömu  leid  er  kannan  füll  med 
&dr  nefhdum  drekk,  I)egar  lokit  kemr  yfir  hana,  ef  eigi  er  aUt  af 
hennar  botni. 

Schliesslich  folge  hier  noch  eine  stelle  aus  der  Sigurdar  saga  l)ögla, 
(R  ausg.  s.  41),  die  uns  ein  sonst  nicht  erhaltenes  bruchstück  des 
isländischen    physiologus   überliefert.      (Der  Verfasser  der   S.   s.  J).  hat 

1)  Zu  der  auffassung  Odins  als  unhold,  die  hier  durchleuchtet,  vgl.  auch  c.lX 
(meiner  ausgäbe)  der  jüngeren  Bosasaga,  wo  es  (in  einer  jüngeren  form  der  Buslu- 
been)  heisst:  [bui  (>er  sneypu]  dimmar  drottir  og  dofrar  leidir,  allir  arar  ok  Odinn 
^älfur. 


CnERING,    ZUR  LIRDER-EDDA  25 

nachweisbar  schriftliche  litteratur  pseudogelehrter  natiir  benüzt:  er  nent 
Ovid  cod.  AM.  189  fol.  s.  109,  und  sagt  cap.  VIU  (ebd.  s.  18  fgg.):  ^ess 
hättar  tröllakyn  er  kallat  i  bökum  cyclopes). 

Margar  nättürugjafir  hefir  hann  [der  löwej  ok  merkilegar.  Hann 
sefr  opnum  augum  ok  sör  allt  |)at,  at  hänum  ferr,  sem  hänum  mä 
geigr  edr  grand  at  verda.  Kvennd^Tit  feedir  dauda  slna  hvälpa  ok  svä 
liggja  |)eir  Uflausir  HI  daga  ok  III  nsetr,  ok  sldan  kerar  til  karldVrit 
og  blsess  at  hvälpunum,  {)ar  til  er  ^eir  lifna,  ok  merkir  hann  i  pessu 
gad  själfan ,  er  sinn  son  reisti  af  dauda  ä  |)ridja  degi  eptir  plning  slna. 
Hann  slsedir  jördina  med  sfnum  hala,  svd  at  eigi  megi  kenna  fötspor 
hans.  Meistari  Lucretius  kaUar  helgan  leöninn  f  sinni  nättüru,  |)vl  at 
hann  grandar  eigi  manninura  utan  af  särum  sulti,  ef  madrinn  görir 
hänum  eigi  &  möti,  ok  hann  gefr  ok  manninn  lidugan,  ef  hann  gefst 
fyrir  hänum. 

KOPENHAGEN,   DEN   4.  MÄRZ    1892.  OTTO   LUITPOLT  JIMCZEK. 


ZUE  LIEDEE-EDDA. 


Die  kürzlich  von  mir  vollendete  metrische  Übersetzung  der  eddi- 
schen lieder  (die  soeben  im  verlage  des  bibliographischen  instituts 
zu  Leipzig  erschienen  ist)  veranlasste  mich,  die  handschriftliche  Über- 
lieferung wider  einmal  kritisch  zu  durchmustern.  Dabei  ergaben  sich 
eine  kleine  zahl  von  textbesserungen  und  exegesen,  die  ich  den  fach- 
genossen hiermit  zur  prüfung  vorlege.  Ich  eitlere  nach  Hildebrand, 
da  diese  ausgäbe  in  Deutschland  doch  wol  noch  die  verbreitetste  sein 
dürfte. 

1.  VqI.  68^  schreibt  B.  Sijmons  nach  einem  vorschlage  von 
Sievers  (Paul -Braune  VI,  333)  berr  ser  i  fjqprum.  Ich  wüste  nicht, 
was  uns  abhalten  könte,  auch  hier  das  suffigierte  pronomen  einzu- 
setzen, das  z.  b.  Hym.  34^  (höfsk  d  hqfup  ujyp^  statt  des  handschrift- 
lichen höf  s&r  ä  hqfup  upp)  und  Hym.  36  ^  {höfsk  af  herpum  statt  höf 
hann  s&r  af  herpum)  aus  metrischen  gründen  von  dem  neusten  heraus- 
geber  hergestelt  ist. 

2.  Hym.  4^.  Hlörri|)i.  Der  zweite  teil  des  compositums  bedeu- 
tet schwerlich  „eques^,  da  Thor  nie  reitet,  sondern  entweder  fahrt  oder 
zu  fuss  geht     Hl&nripi  dürfte  aus  ^Ulö-hripi  entstanden  sein;    *hripi^ 

1)  ürsprÜDglich  hat  die  zeile  wol  gelautet:  höfsk  d  hctufuß. 


26  GERDCG 

stelle  ich  zu  hrip,  f.  ^iinwetter**,  ^ stürm  *".  Die  erste  silbe  wird  ron 
Noreen  (Altisl.  und  altnor^'eg.  gramm. '  §  221,  3)  wol  richtig  mit  ags. 
hlöiixin  in  Verbindung  gebracht.  Hlörripi  wäre  denmach  ^der  brüllende 
wetterer  •". 

3.  Vaf{»r.  12  \  Der  name  Hreit)gotar  ist,  soviel  ich  weiss,  noch 
nicht  befriedigend  eridärt  Solte  nicht  neben  dem  eben  erwähnten  hr^ 
ehemals  auch  eine  form  *kreip  bestanden  haben  (vgL  skirr  and  dutrr 
<-  *sMrix)?  Der  name  würde  dann  ,, Sturm-  oder  Kamp^oten* 
bedeuten.  Ebenso  wäre  dem  entsprechend  der  eigenname  Hreipmarr 
als  der  ^kampfberühmte*"  zu  erklären. 

4.  Helgakv.  Hund.  L  17*  fg.  Sievers  (Paul-Braune  VI,  340) 
l>eanstandet  mit  recht  den  vers  disir  supnmar  und  meint,  dass  für 
disir  ein  wort  mit  kurzer  Wurzelsilbe  eingesezt  werden  müsse.  Ich 
glaube,  dass  dem  verse  am  einfuchsten  dadurch  au&uhelfen  ist,  dass 
num  den  plur.  in  den  sing,  verwandelt,  also  dis  s^pna-fM.  Natürlich 
ist  dann  auch  in  z.  5  pa^  zu  streichen  und  in  z.  6  hildinffi  statt  hild- 
iiiyff/M  zu  lesen.  Heigi  reiiet  nicht  die  ganze  schar  der  walküren, 
sondern  nur  ihre  führerin,  die  Sigrun.  an. 

5.  HeUakv.  Hund.  I.  42^  weiss  Sievers  «Paul-Braune  VI,  340) 
nicht  zu  bessern.     Ich  möchte  vorschlagen  zu  lesen: 

stjü^ur  Idtt  Sipfffin<     unti  stopum  heima. 

t>.  Grip.  9^  *  ist  von  allen  herausgebem  misversiandea  und 
daher  auch  £adsch  interpuugiert  worden:  auch  ich  habe  die  stelle  in 
meinem  ciossar  iSw  1S9^  sl  v.  imkat  infolge  der  verkehrten  interpimk- 
tion  unrichtig  erklärt.  Es  ist  zweifellos  das  komma  nach  hefma  zu 
tiL^^  und  hinter  Kt^UffM  zu  setzen:  die  Übersetzung  hat  demnacfa  zu 
lauten:  «du  wirst  zuerst«  o  fürst,  deinen  vater  und  den  ETÜmi 
rächen  und  für  alloii  kummer  mämlicfa  für  deinen  eigenen  kummer) 
mche  nehmen*. 

7.  Fäfn.  ö".  Richerts  versuch,  die  handschzittUcfae  überii^mmg 
ru  verteidigen  lUt^a  univ.  äiskr.  1S77.  Sw  40  fa?.*  hat  sicher&cii  nur 
wenige  leser  überzeug:  vielmehr  sieht  man  aLremein  mit  den  haraus- 
;:ebem  die  stelle  als  verderbt  an,  und  mit  revht  Die  bisher  vorseschla- 
srenen  besserutL£en  befri»Hiijn?n  ebensowenig.  Vielleicht  hat  die  iieae 
ooc"»fvrir,  irr  ich  bereits  in  meiner  übersecnic^  ;^efi>iÄ  bin,  mehr  ans- 
sich:  dkuf  luscinimonj:.  LHi  Si^urd  in  scr.  o  Faäiirs  iusseruncen  in 
s:r.  5  pviiLi-:  fir  punk^  ra  beAnrw.rteG  schein:  iwir  er  auch  in  str.  8 
gtcaii  und  la^rihrLicii  Aui  scr.  7  seic-e  erwiderusÄ  Ausspricht?,  so  muss 
Fafr.ir  ir.  drer  iweitec  häJS*  vvn  str.  t>  dtc:  Sir-iri  vonceworfim  haben. 
Jjss  <fr  ;.uecdlicfa  keck  and  onbesoimen  gehandei:  habe.     Tqrgleklit 


ZUR   L1ED1R-EDDA  27 

man  femer  str.  5*  mit  6®,  so  falt  es  auf,  dass  in  den  beiden  unerklär- 
ten Wörtern  abvrno  skün^  fast  genau  dieselben  bucbstaben  entbalten  sind 
wie  in  dem  sieber  richtigen  banicesku,  und  der  scbluss  liegt  nabe,  dass 
dieses  wort  aueb  in  der  verderbten  zeile  ursprünglicb  gestanden  babe. 
Dies  zugegeben,  würde  weiter  folgen,  dass  böcbst  wabrscbeinlicb  in 
z.  5^  bamcßska  reimwort  war,  mitbin  ein  zweites  wort  ebenfals  mit  b 
anlautete.  Da  dieses  wort  vermutlicb  ein  adjectiv  war  und  das  gegen- 
teil  von  blaupi'  bedeutete,  so  dürfte  kein  anderes  besser  passen  als 
bräpr,  das  in  isländischen  spricbwörtem  gern  auf  kinder  und  kindisches 
w^en  bezogen  wird:  brätt  er  batma  skap  (Gudm.  Jönsson,  Safn  af 
islenzkum  ordskvidum,  Eaupm.  1830,  s.  57),  brdäir  eru  bams  hugir 
(Bevers  saga  c.  34  in  Fornsögur  Sudrlanda  262  ^^),  Ich  vermute  daher, 
dass  die  verdorbene  zeile  gelautet  hat: 

pvi  'st  i  bamcesku  bräpr, 
„drum  bist  du  als  knabe  schon  keck". 

Man  könte  gegen  diesen  Vorschlag  einwenden,  dass  der  in  str.  7  von 
Faftiir  dem  Sigurd  zugeschleuderte  Vorwurf  der  feigheit  schlecht  dazu 
passe,  dass  er  ihn  in  str.  5  einen  kecken  knaben  solle  genant  haben, 
aber  dieser  Widerspruch  ist  bei  dem  sterbenden  Fafnir,  der  in  seiner 
ohnmächtigen  wut  sinem  mörder  jegliches  schlimme  anzuhängen  beflis- 
sen ist,  psychologisch  sehr  wol  erklärlich. 

8.  Sigrdr.  25^  ist  der  dat  pl.  Ij^pum  auffallend,  da  in  der  vor- 
hergehenden zeile  nur  von  einem  gegner  gesprochen  ist  (Mfis  qjidu); 
auch  erscheint  mir  der  ausdruck  gar  zu  farblos.  Ich  vermute  daher, 
dass  leipum  zu  lesen  ist:  „am  nächsten  tage  vernichte  sein  leben  und 
lohne  so  dem  verhassten  die  lüge". 

9.  Atlakv.  22^.  In  der  mälahättrstrophe  22  ist  z.  6  zu  kurz. 
Ich  vermute  daher,  dass  statt  syni  pjöpans  zu  lesen  sei  syiii  pjöpkon- 
ungs.  In  dem  mälahdttrtypus  D  kann  die  erste  hebung  auf  kurzer 
Silbe  stehen  (Sievers,  Proben  einer  metrischen  herstellung  der  Eddalie- 
der, Tübingen  1885,  s.  47);  beispiele  aus  der  Atlakvil)a  sind  str.  4^ 
dafar  darrapar,  14  *  sal  of  suprpjöpum,  35^  gutnar  gransipir, 

10.  Atlakv.  28*.  Diese  zeile  erregt  ein  doppeltes  bedenken: 
einmal  ist  sie  als  mälabdttrvers  um  eine  silbe  zu  kurz,  und  dann  ver- 
stösst  es  gegen  die  reimgesetze,  dass  das  zweite  nomen  des  verses  statt 
des  ersten  alliteriert.  Beide  fehler  werden  beseitigt,  wenn  vor  svin7i 
das  fem.  q  „fluss"  eingesezt  wird.  Auch  z.  1  muss  durch  einftigung 
von  nü  auf  das  ihr  gebührende  mass  gebracht  werden.  Die  ganze  halb- 
strophe  würde  demnach  lauten: 


28  GERIICG 

Bin  skal  nü  rdpa    rögmcUnii  skatna, 
q  svinn,  dskunna,    arfi  Niflunga. 

11.  Atlakv.  30*.  Die  ersten  vier  zeilen  von  str.  30  sind  im  fom- 
yrdislag  abge&sst,  z.  2  ist  jedoch  um  eine  silbe  zu  kurz.  Es  wird 
daher  zu  lesen  sein: 

AtU  (Rcesir?)  enn  riki    reip  ä  GUxumi, 
vgl.  Helgakv.  Hjijrv.  35^:  reip  ä  vargi  .  .  fljöp.     Mit  z.  5  begint  wider 
mälahättr,  man  wird  also  vor  siffungr  ein  en  einfugen  müssen. 

12.  Atlakv.  33.  Die  erste  zeile  dieser  fomyrdislagstrophe  (AtU 
Ut)  ist  um  eine  silbe  zu  kurz,  auch  ist  es  gegen  die  reimgesetze,  dass 
das  dem  nomen  nachfolgende  verbum  alliteriert,  während  jenes  an  der 
alliteration  nicht  teil  nimt     Es  wird  daher  zu  lesen  sein: 

Ut  pd  AtU    lands  sins  ä  vit. 

Z.  8  derselben  strophe  (vorn  af  heipi  komnir)  fügt  sich  in  kein  metri- 
sches Schema,  auch  ist  es  höchst  bedenklich,  dass  n^rti  reimstab  ist. 
Die  von  Sievers  vorgeschlagene  änderung  (Paul -Braune  VI,  352)  könm 
af  heipi  ist  unbrauchbar,  da  sie  die  alliteration  zerstört^;  ich  glaube, 
dass  hier  eine  kühnere  änderung  von  nöten  ist  und  schlage  vor  zu 
lesen:  es  af  vipi  kömu  (typus  C). 

13.  Atlakv.  34*.  Die  zeile  gibt,  so  wie  sie  überliefert  ist  (ai 
reifa  gjqld  rqgriis)^  keinen  sinn,  und  Bugges  frage  (Fomkv.  432**):  Kan 
at  reifa  gjqld  rqgnis  betyde  ^for  at  fremkalde  erstatning  for  kongen 
(ha>vn  for  Gunnars  drab)^  muss  verneint  werden.  Schon  die  Kopen- 
hagener quartausgabe  schlug  vor,  reifa  in  reipa  zu  ändern,  was  ich  für 
richtig  halte;  es  muss  aber  ausserdem  noch  statt  des  genet  rqgnis 
der  dativ  gesezt  werden,  also  at  reipa  gjqld  rqgni  „um  dem  konige 
das,  was  er  zu  erwarten  oder  fordern  hatte  (den  wilkonmien trank) 
darzureichen''. 

14.  Atlakv.  35^  Die  mdlahattrzeile  Hünar  tqtp^isk  ist  um  eine 
silbe  zu  kurz;  es  wird  statt  Ilunar  zu  schreiben  sein  Hiina  böm^  vgl. 
39*  gr^tu  bqrn  Hüna, 

15.  Atlamc^l  2^  Zu  cpxtu  fehlt  das  subjekt,  das  schwerlich  aus 
der  vorhergehenden  strophe  zu  ergänzen  ist  Ich  glaube,  dass  der  gen. 
skjqldunga  in  den  nom.  zu  ändern  ist  und  lese  demzufolge 

Skqp  skjqldungar  textu 

1)  Aus  demselben  gründe  sind  aucli  noch  zwei  andere  conjecturen  von  Sievers 
abzolehnen:  Grip.  28*  hrat  entmk  pvi  |  pöH  victr  see  (Paul -Braune  VI,  333)  — 
lies:  hrat' 8  mik  at  ßri;  Helgakv.  Hund.  I,  52'  Idtip  maugi  (statt  engt  mamn)  \ 
eptir  sitja  (Paul -Braune  VI,  341). 


ZUR  ludeb-edda  29 

(die  amstellung  mit  Sievers,  Paul -Braune  VI,  347):    „die  beiden  ver- 
schlimmerten ihr  geschick". 

16.  Atlamijl  21^,  23 ^  und  25 ^  sind  metrisch  verderbt;  es  ist 
vermutlich  in  allen  drei  versen  das  hugpak  in  säk  zu  ändern  und  21  ^ 
pA-y  25^  hSr  zu  streichen.    Ich  lese  demnach: 

Oqrvan  säk  galga; 
Blöpgan  säk  mceki; 

0   säk  inn  renna. 

* .. 

17.  Atlamcjl  32 ^  Überliefert  ist:  Sör  pä  Vingi,  die  mälabättr- 
zeile  ist  mithin  um  eine  silbe  zu  kurz.  Sievers  (Proben  s.  52)  meint, 
dass  nach  Sör  ein  wort  ausgefallen  sei;  meiner  ansieht  nach  ist  dagegen 
statt  des  st  praeteritums  einfach  das  schwache  svarpi  einzusetzen,  das 
auch  Gul)r.  I,  21 1®  (svarpir  dpa)  belegt  und  dort  durch  das  metrum 
gesichert  ist. 

18.  Atlam^l  98.  Der  Inhalt  dieser  strophe  wird  bekantiich  in 
der  Y<}lsunga  saga  (181^^  Bugge)  folgendermassen  paraphrasiert:  aldri 
komtu  svä  6r  orrostu,  at  eigi  bcerir  pü  enn  minna  hlut  Dem  haupt- 
satze  entspricht  die  erste  verszeile:  komta  (pu)  af  pt>i  pingi,  Beipingt 
für  sich  allein  nicht  „Schlacht^  oder  „kämpft  bedeuten  kann  S  so  muss 
in  diesem  werte  ein  fehler  stecken,  was  schon  Lüning  gesehen  hat, 
der  der  meinimg  war,  dass  statt  pvi  pingi  im  original  ein  compositum 
von  ping,  das  ausdrücken  wie  hjqrping,  bryvping,  malmping  synonym 
war,  gestanden  habe.  Aber  die  einsetzung  eines  solchen  compositums 
lasst  das  metrum  nicht  zu.  Ich  glaube,  dass  statt  pingi  einfach  vigi 
zu  schreiben  ist  Vielleicht  hat  ein  abschreiber  unbefugt  geändert, 
weil  er  bei  dem  ausdrucke  sqk  an  die  gewöhnlichste  bedeutung  dieses 
wertes  („Streitsache*',  „process")  dachte,  oder  er  hat  seine  vorläge  falsch 
gelesen  —  p*mgi  kann  in  der  handschrift  dem  werte  ptngi,  wenn  das 
dem  p  übergeschriebene  i  undeutlich  geworden  war,  zum  verwechseln 
ähnlich  sehen.  Ich  würde  demnach  —  mit  Streichung  des  überflüs- 
sigen pvi  —   vorschlagen  zu  lesen: 

Komtat  af  yigi  \  es  y&r  pat  frcegim. 
Die  erste  halbzeile  fasse  ich  als  typus  El:    es  ist  zwar  nicht  häufig, 
dass   in   den  E-versen  nur  die   zweite   hebung   alliteriert,    doch   sind 
gerade  in  den  Atlamcjl  mehrere  falle  nachweisbar: 

1)  Sv.  Egilsson  führt  zwar  im  Lex.  poet  909''  zwei  stellen  als  belege  für  diese 
bedeutung  auf,  aber  in  der  strophe  des  Sighvatr  (Hkr.  ü.  228^)  geht  aus  den  ein- 
gangsworten  hervor,  was  für  ein  convcntus  gemeint  ist,  und  in  der  visa  des  Kveld- 
dll^  (Egils  saga  ed.  Finnur  .Tonsson  73^)  steht  das  wort  in  der  Verbindung  malm' 
gndar  ping» 


30  KLAIBCB 

föru  pä  sipan  \  sendimetin  Atta  (4  ^  ^ 
tökii  peil'  fomir  \  es  peim  fripr  sendi  (5  **  ^) 
mcelti  vip   Vinga  \  sem  kennt  vert  pötti  (31  ^  *) 
takip  4r  Hqgna  \  ok  hyldip  tnep  knifi  (56  ^'  *) 
tqku  v&  HjaUa  \  en  Hqgna  forpum  (58  **  *). 

19.  Gufrünarhv.  22^  Um  den  vers  (at  peiia  tregröf)  auf  das 
normale  mass  zu  bringen,  schlug  Sievers  (Paul -Braune  VI,  343)  vor, 
petta  in  pat  zu  ändern.  Das  ist  unzweifelhaft  richtig,  nur  glaube  ich, 
dass  man,  um  dem  verse  seine  ursprüngliche  gestalt  zurückzugeben, 
noch  eine  Umstellung  vorzunehmen,  nämlich  pat  hinter  tregröf  zu  setzen 
hat  —  sonst  müste  nämlich  nicht  das  subst,  sondern  das  pronomen 
alliterieren.     Vgl.  zur  Stellung  Hyndl.  10^: 

nü's  grjöt  pat  \  at  giert  orpit. 

20.  Ham|).  21  ^  Der  handschriftlich  überlieferte  text  beiddix  at 
hrqngu  ist  bisher  noch  nicht  befriedigend  erklärt  und  ein  fem.  branga 
überhaupt  nirgends  nachgewiesen.  Ich  halte  die  zeile  für  verderbt  und 
schrecke,  um  sie  zu  heilen,  vor  einer  kühneren  conjectur  nicht  zurück. 
Da  in  z.  2  vom  ordnen  des  Schnurrbarts  die  rede  ist,  so  wäre  es  nicht 
unmöglich,  dass  auch  in  dem  folgenden  verse  noch  etwas  ähnliches 
gestanden  hat  (vgl.  die  schon  von  Bugge  in  den  Tilleeg  s.  440  bei- 
gebrachte stelle  aus  der  Earlamagnüssaga:  strauk  pä  skegg  en  beifuU 
Icampä),  Das  verbum  beina  hat  ebenfals  schon  Bugge  in  dem  hand- 
schriftlichen beiddix  gesucht  Ich  glaube,  dass  diese  Vermutung  rich- 
tig ist,  möchte  aber  femer  als  möglich  hinstellen,  dass  ein  abschreiber 
falschlich  ein  sk^  das  zu  dem  anlaute  des  folgenden  wertes  gehört  hat, 
als  suffigiertes  reflexiv  mit  der  verbalform  vereinigte.  Das  fragliche 
wort  war  vermutlich  skög^  dem  nur  noch  ein  genetiv  hinzuzufügen 
wäre,  um  eine  kenning  für  backenbart  zu  erhalten,  z.  b.  vmiga.  Somit 
würde  die  zeile  folgende  gestalt  gewinnen: 

beindi  skög  vanga; 
skögr   vanga   ist   ein    seitenstück    zu    dem    kinnskögr  in    der  Hymis- 
kvijDa  10». 

KIEL,    NOV.    1892.  HUGO    QKRINQ. 


LUTHEKANA. 


Im  folgenden  wird  ein  versuch  gemacht  zur  erklärung  und  erläu- 
terung  einer  anzahl  von  stellen,  ausdrücken  und  redensarten  von  Luther, 
welche  der  aufhellung  bedürfen. 


LUTRERANA  31 

Wo  nichts  besonderes  bemerkt  ist,  sind  die  citate  nach  der  söge- 
nanten  Erlanger  ausgäbe  gemacht  (erschienen  in  erster  aufläge  1826  fg.; 
die  in  zweiter  aufläge  1862  fg.  erschienenen  bände  1  —  20.  24  —  26 
sind  nach  dieser  citiert).  „Weimar"  bezeichnet  die  neue  kritische 
ausgäbe,  „Jena"  die  alte  in  Jena  erschienene  samlung  Lutherscher 
Schriften  ^. 

1)  Ein  originaler  druckfehler.  In  der  Weimarer  ausgäbe  von 
Luthers  werken  VIII,  278,  26  (bearbeitet  von  Kawerau  und  N.  Müller) 
wird  im  „Urteil  der  Pariser  theologen  1521"  als  irlehre  Luthers  über 
die  beichte  aufgeführt  der  satz:  „Der  geystlich  gespreche  ist  gott  alleyn 
zu  offnen".  N.  Müller,  der  herausgeber  dieser  schrifk,  gibt  keine  Variante. 
Der  von  ihm  befolgte  originaldruck  liegt  mir  nicht  vor,  wol  aber  die 
in  Erlangen  (27,  379  fg.)  genanten  nr.  1  —  4.  Alle  diese  haben  „Ge- 
spreche"; ebenso  die  Wittenberger  und  Jenaer  Sammelausgabe;  Alten- 
burg, Walch  und  Erlangen  haben  Gespräche,  was  ganz  unverständ- 
lich. Es  ist  druckfehler,  sich  ofTenbar  herschreibend  von  der 
Originalausgabe.  Es  ist  zu  lesen:  gepreche,  gebrechen  ==«  defecttts^ 
wie  im  lateinischen  original  des  Pariser  urteils  (Corpus  Reform.  I,  377) 
spiritualis  defectus  steht.  Die  Sorbonne  bezieht  sich  auf  die  werte 
Luthers  in  Decem  praecepta  Wittenbergensi  praedicata  populo.  1518.  — 
Weimar  I,  521,  3L  Sed  nescio  an  sit  confitendum.  Credo,  quod  non; 
quia  est  spiritualis  defectus  deo  soli,  qui  et  solus  ibi  mederi  potest, 
aperiendus  (aufgeführt  auch  in  den  Condemnatio  Facultatis  theol.  Lova- 
niensis.     Weim.  ausg.  VI,  177,  11). 

2)  spielen  tragen.  Diese  Wortverbindung  ist  von  Köstlin  in  die- 
ser Zeitschrift  bd.  24,  39  behandelt  worden;  vgl.  dazu  noch  s.  286.  287. 
Sie  findet  sich  ausser  in  der  von  Köstlin  angezogenen  stelle  noch  ein- 
mal in  der  gleichen  schrift  Luthers  „Das  diese  wort  Christi  noch  fest- 
stehen" (Jenenser  ausg.  III,  371a;  vgl.  Erl.  ausg.  30,  115):  „Was  sind 
mir  nu  das  für  Geister  und  Leute,  die  also  den  guten  alten  Lerer  in 
der  Welt  spieltragen,  mit  Lügen  und  teuscherey  zu  verfüren  und  ver- 
wirren die  einfeltigen  Gewissen".  Die  lateinische  Übersetzung  (Viteb. 
Vil)  gibt  die  stelle  so:  Quales  ergo  Spiritus  aut  homines  illi  habeantur, 
qui  bonum  istum  antiquum  Doctorem  in  mundo  circumferunt  suis 
mendaciis  et  praestigiis.  Hier  ist  das  specifische  das  spiel  in  spiel- 
tragen nur  schwach  in  circumferunt  angedeutet  Der  sinn  ist: 
triumphierend  gegen  Luther  geltend  machen,  hervorheben.  Es  handelt 
sich  um  Tertullian,  dessen  äusseruDgen  über  das  abendmahl  die  refor- 

l)  Zur  erkläruDg  mehrerer  stellen  hat  prof.  dr.  Kawerau  in  Kiel  auf  unsere 
bitte  freundlich  mitgewirkt.  Red. 


32  KLAIBKB 

mierten  für  ihre  lehre  gegenüber  Lutlier  glaubten  geltend  machen  zu 
können.  Dabei  ist  aber  Tertullian  nicht  als  gegenständ  des  spottes, 
vielmehr  des  beifalls  —  und  die  sache  als  ein  gegenständ  des  triumphs 
gegenüber  von  Luther  gedacht. 

Im  sinne  eines  schadenfrohen^,  spöttischen  herumtragens 
zum  vergnügen  findet  sich  die  Verbindung  15*,  472  (Kirchen -postille). 
Liither  redet  hier  davon,  dass  man  heimliche  Sünden  nicht  offenbaren 
soll.  „Was  geschieht,  das  nicht  öffentlich  ist,  das  decke:  und  nicht, 
als  etlich  thun,  die  da  wollen  erzeigen,  wie  fromm  sie  sind,  wenn  sie 
nur  wohl  stinken  künnen  über  die  Sunder,  und  derselbigen  Sunde 
umbher  spielen  tragen  von  einem  Haus  zu  dem  andern,  wie  die  Kin- 
der mit  den  Tocken  umbher  spielen  gehen".  Der  ursprüngliche  sinn 
der  Verbindung  ist  aber:  als  ein  Schauspiel  herumtragen  —  zuerst 
als  ein  spectaculum  pietatis.  So  bei  Luther  öfters  von  der  fronleich- 
nams-procession,  z.  b.  23,  178  (Vermanung  zum  Sacrament  des  leibs 
vnd  bluts  vnseres  HERRN.  1530)  „daß  —  die  Papisten  ein  Opfer  und 
Kaufehandel  draus  [aus  dem  sacrament]  machen,  die  Sunden  zu  ver- 
geben und  aus  aller  Noth  zu  helfen,  demach  in  die  Monstranz  und 
Ciboria  setzen,  Prozession  machen  und  Spiel  tragen  und  eitel  Gaukel- 
werk damit  treiben". 

Man  vergleiche  dazu  aus  „Vermahnung  an  die  geistlichen  ver- 
sammelt auf  dem  reichstag  zu  Augsburg  1530"  242.  401.  402.  404. 
„Stucke,  so  in  der  gleißenden  Kirchen  in  Übung  und  Brauch  sind 
gewest  . . .  Sonntags -Procession ,  ein  Schauspiel  . . .  Kreuz  aus  dem 
(xrabe  heben,  und  spielen  tragen". 

Sprachlich  wurde  dann  das  herumtragen  zum  Schaustück  leicht 
zu  einem  herumtragen  in  der  rede,  und  das  herumtragen  zur  ehre  zu 
einem  solchen  zum  vergnügen  und  gespötte. 

3)  Mit  langen  auswerfen.  Zu  dieser  von  Köstlin  in  dieser  Zeit- 
schrift 24,  37  fg.  behandelten  Verbindung  (s.  auch  s.  285)  vergleiche 
man  das  öfter  bei  Luther  vorkommende:  „mit  dreck  auswerfen" 
z.  b.  30,  205  (Bekentnis  vom  abendmahl  1528):  „0  schöne  Kunst,  die 
auch  die  Kinder  mit  Drecke  auswerfen  sollten".  27,  208  (Auf  des  Bocks 
zu  Leipzig  antwort  1521).  „Wenns  ihn  [den  lugenhaftigen  Antastern] 
ist  misslungen,  haben  sie  den  Gast  mit  Dreck  wollen  auswerfen". 

Dagegen  in  „Elf  ungednickto  predigten,  herausgegeben  von 
Buchwald.  Werdau  1888"  s.  60  liest  man:  „Es  sind  mehr  denn  drei- 
hundert Krankheiten ,  die  des  Menschen  Leib  plagen.  Da  hat  der  Arzt 
genug  mit  zu  thun;  aber  kommt  er  uns  drüber  in  die  Kirche,  so  wol- 
len wir  ihn  mit  LumpcMi   hinauswerfen".     So  ist  gedruckt;    aber  die 


LUtfiKRANA  33 

frage  liegt  nahe,  ob  das  manuscript  deutlich  geschrieben  und  die  ab- 
schrift  richtig  ist  Vielleicht  ist  auch  hier  zu  lesen:  Lungen.  Oder 
hätten  wir  hier  „lumpen''  in  dem  sinne  von  klumpen,  grobes  stück  — 
im  englischen  lump  —  und  im  deutschen  lumpenzucker  noch  erhal- 
ten — ,  worauf  auch  Köstlin  hindeutet? 

4)  sehaalen  in  der  Zusammenstellung  von  „schaulen  und  lau- 
ren*^  39,  295  (Ausl.  des  51.  ps.  1534):  Wo  sie  [die  HoQunker  und 
Amptleute]  es  ja  thun  müssen,  das  sie  nicht  gerne  thun,  da  können 
sie  gleichwohl  schaulen  und  lauren,  bis  sie  ihre  Zeit  ersehen,  können 
dazu  ihre  Scheelaugen  und  Schalksgesicht  fein  eine  Zeitlang  bergen". 
Schaulen  ist  wol  ==  dem  niederdeutschen  schulen;  vgl.  Lübben- 
Walther,  Mittelniederd.  handwörterbuch  1888  s.  338  schulen  —  verbor- 
gen sein;  sich  versteckt  halten,  lauern.  —  Schuler:  der  sich  verborgen 
hält,  flüchtling,  laurer. 

5)  beulen  (peulen)  20,  2  s.  46.  (Wolfenbüttl.  manuscript.)  „Der 
Turk  ist  ein  Meister  drauf,  Knecht  zu  regieren,  legt  ihnen  an  die 
Schenkel  Band,  gibt  dir  Aerbeit  gnung,  schlägt  dich  und  wirft  dir 
für  wie  eim  Hund  ein  Stuck  Brod,  daran  mußtu  dich  genügen  las- 
sen und  dameben  gebeult  werden''.  Grimm  im  DWB.  bemerkt,  das 
Zeitwort  beulen  komme  nur  im  part.  praes.  vor,  und  scheine  aus  beule 
gebildet;  beulend  =  beule  bekommend,  mit  zwei  ci taten  aus  Seb. 
Frank:  („obwohl  der  mensch  ein  gut  gemächt  gottes  ist,  so  ist  er  doch 
also  verderbt,  beulend  und  ungestalt  worden"). 

In  der  stelle  bei  Luther,  welche  nur  aus  einem  manuscript  genom- 
men ist,  also  Glimm  unbekant  war,  kann  es  aber  nicht  wol  etwas 
anders  bedeuten,   als   „bis   zur  beule,   wunde  schlagen". 

peulen  —  nicht  in  Grimms  wb. 

46,  251  (Fred,  über  1.  und  2.  kap.  Joh.)  „Knecht  und  Mägde, 
die  immer  peulen,  arbeiten  und  sich  fühlen  müssen".  Ich  habe  das 
wort  sonst  nicht  gefunden.  Nach  dem  Zusammenhang  kann  es  nur  = 
sich  abmühen  sein. 

6)  kaum  steht  bei  Luther  (ausser  in  der  jezt  gewöhnlichen  bedeu- 
tung)  öfters  in  der  Zusammenstellung  „es  geschieht  ihnen  kaum 
recht"  zur  bezeichnung  einer  Steigerung  =  gar  sehr,  ein  Sprach- 
gebrauch, der  von  Hildebrand  im  DWB.  nicht  berücksichtigt  ist. 

1,  256.  Wie  er  [der  Teufel]  oft  aus  Verhängniss  Gottes  thut, 
und  geschieht  ihnen  kaum  recht,  denn  sie  sollten  nit  neue  noch 
andere  Wege  machen. 

4,  372.  „Obschon  dieselben  [die  faulen  und  untreuen]  Hungei-s 
sterben,  geschieht  ihnen  kaum  recht". 

ZKTTSCBRIFT   P.    DEUTSCHE   PHILOLOOIK.       BD.    XXVI.  3 


34  KLÄIEIR 

30,  143.  ^Wo  das  wahr  wäre,  so  geschähe  ihnen  kaum  recht, 
auf  dass  Gotts  ürtheil  wahrhaftig  bleibe,  da  St  Paulus  2.  Thess.  2,  11 
von  sagt^.     Ebenso  2,  468.     3,  86.     6,  321.     31,  70.     52,  15. 

17,  383.  (Dass  man  Kinder  zur  Schule  halten  soll  1530.)  ^Und 
geschähe  ihn'  auch  kaum  recht,  [wenn  es  an  Gelehrten  fehlen  wurde] 
weil  sie  itzt  nicht  wollen  nähren  noch  halten  frurame,  ehrliche,  züch- 
tige Schulmeister  und  Lehrer^. 

20,  1.  S.  294.  (Erkl.  des  72.  psalm  —  Wolfenb.  manuseripL) 
^Ei,  ihm  geschieht  kompt  [=  kaum]  Recht^.  Ebd.  s.  295.  .„Also 
muss  Christus  nit  damieden  auf  Enien  sterben,  sondern  auch  kompts 
[kaum]  werth  sein,  dass  er  am  Kreuz  hänget,  und  mit  Essig,  so  mit 
Galleu  vennischet,  getränkt  werden*^.  Hier  ist  „kompt^  blos  landschaft- 
lich verdunkelte  ausspräche  für  ,«kaum.  kaumet*. 

Vergleiche  dazu  Weinhold,  Beiträge  zu  einem  schlesischen  wor- 
terbucho  s.  42:  kaum  in  der  bedeutung  von  eben,  gebraucht:  gut 
da  brauch  ichs  kaum  nicht  zu  sagen.  —  Wenn  dus  nicht  magst, 
behalt  ichs  kaum.  [Vielleicht  hat  die  in  entgegengesezter  riehtung 
verlaufende  bedeutungsentwicklung  von  fast  hier  einfluss  geübt] 

7)  nufen  in  der  Verbindung:  rauf  mich  in  der  Hand  zur 
bozeichnung  eines  fnuhtlostni  bomühons:  23,  314  (an  die  pfarrhenm, 
vom  wuchor  zu  prwiigen  1540)  „Da  der  Herr  Chri>tu>  gebeut  zu  geben, 
so  p^beui  ers  freilich  *ionon,  >•>  da  hab«?n  und  zu  geben  des  Vennü- 
o^ns  sind.     S*m>t  hoissts:  rauf  mich  in  d-r  Hand". 

41,  i»2  iD;is  M'höno  C^ntiiemini.  Ps.  HS  ad  v.  l.\  16.)  Lieber, 
ruuf  mich  in  der  Hand  «xlor  zählo  GoM  aus  kiiigv-m  Beutel.  Wand  er 
im  Sprichwörtorloxik-'U  führt  auf:  .Man  muss  da  raufen,  wo  Haar 
ist*  —  als»  vorru^wtis^^  am  Kopf.  Am  dor  band  aber  wachsen  keine 
h,ian^:  da  s.w  raurVn  also  wir\i  fruchr':»-s  s^i!l.  IVr  sinn  der  redensart 
wiD.l  s»; iv.it  s^:n:  Es  isr  nichts  7U  hol-n.  Hivne  in  Grimms  WB.  s.  v. 
rai::Vn,  tiii'.rt  mir  iu'vri>.hunir  vi-:T  Lu:ar:rH.*hr :i  stellen  nur  an  —  sprich- 
\^ '  rt . :  0 II :  %^  -.  r  :u  ♦:-:  r  Har.. :  r.::-;  :i  ni i irr, 

l\is  »iurr  mir  «l'-vr.  r.ir  wr..     Al<wan  170,  %. 
A:;   li-:  b* kaii>-  >:•  1'.-    ::u  Pjr.LVA.  K  2»»  :,:.  ^:!:!i^  ►:«  zu  erinnern.] 

<  Robanlen.  :::>-•     WA  VUl.i::.   V:.B,:G:,>bd.  Papst  Macht 

ra' .\    v.-.Sf!-;.:    :■.:  ^.V:-t~!:  I*»:21  :    ,  A">.    s'ji-.U^  d*:"r  Par«?t  mit  unsem 

■     .  :  ::  ♦.'•'v.vv  r.  u"  l  crAv/ :::>•:  V  ri-r^rr,   als  'v.;r:  -rs  -lin  Kinder^iel, 

;.     :■  .i:-.  *.  :  i^  :/  r.    v  rh-r    F.:^*  '-  -**:  Ka-:'-  -.ini  K: bunten  schach- 

:  7'*      V'.L- :  :v    '  .  ":'    ?W->      Mrv.-'-V'-;    i:*:,  "Arr^  cspi.-ssen,  mit  eitat 

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LT7THERÄNA  35 

aus  Lübben -Walther,  ra.  n.  d.  Hand  WB.  308^:  rubunten  gan,  lopen, 
lideD,  narreiipossen  treibend  durch  die  Strassen  ziehen  (zu  fassnacht). 
Darnach  wären  auch  bei  Luther  mummereien  gemeint  Ich  möchte 
aber  aus  dem  Schiller-Lübbenschen  grösseren  Wörterbuch  noch  hieher- 
ziehen: 3,  92  Robbinesspiel  —  aus  Lübecker  Chroniken:  „Dar  brochte 
de  duvel  en  robbynesspil  to  werke,  so  dat  it  quam  to  slande  [verlän- 
gerte form  von  slan,  schlagen].  Da  wurde  en  del  gewundet  unde  de 
gardian  blef  [blieb]  dod  unde  twe  ander  broder  mit  em"  —  mit  der 
beraerkuug:  Ist  hieher  zu  ziehen  die  glosse:  pergula,  socius  institorum, 
robyn.  Brevilogus  [Collectio  vocabulorum  MCDIII  auf  der  Lübecker  stadt- 
bibl.]?  Kiliani  [Etymologicum  1623]  glossiert  robynsack  mit  aeruscatio, 
mala  ars,  qua  pecuniae  corraduntur,  prestigiae;  —  ist  demnach  robyn 
bezeichnung  eines  gauklers,  betrügers?  —  So  Schiller-Lübben.  Ich 
möchte  die  frage  bejahend  beantworten.  Wenn  das  „Robbinesspiel"  ein 
betrügliches  spiel  von  landstreicherischen  gauklem  war,  so  ist  es  leicht 
erklärlich,  wie  daraus  eine  Schlägerei  entstand.  Jedesfals  möchte  ich 
aber  das  robyn  mit  dem  Lutherischen  robunten  in  Verbindung  bringen. 
Zwar  findet  sich  in  dem  Suppl.-band  VI,  246  noch:  robbin  zank, 
streit,  Schlägerei  —  mit  einem  ?  —  „se  weren  insampt  wol  gemeyt  — 
Aver  uf  den  avent  quam  do  eyn  robbyn  tomalen  unfro.  Lübecker 
chron.  —  Da  weiterer  Zusammenhang  fehlt,  ist  das  fragezeichen  voll 
berechtigt 

Lübben -Walthor,  Haudwb.  304  führt  zwar  auf  robbin  streit,  kämpf, 
lämi  (plötzlicher?  gewaltiger?),  wol  --^  mhd.  rabbin,  m.  frz.  ravine, 
anrennen  des  kampfrosses.  —  robbinesvspil,  Schlägerei  —  wol  vom  vor- 
hergehenden Worte  robbin.  —  Doch  ist  dabei  nur  dem  grösseren  werke 
gefolgt,  ohne  weiteren  beleg,  daher  das  fragezeichen  wird  bleiben  müssen. 

9)  Pips  =  Schwächling.     20,  1  s.  38  (Wolfenb.  manuscr.): 

„Wenn  das  Kind  versäumet  ist  an  der  Milch  [der  muttermilch],  so 
wirds  ein  Pips". 

Pips  findet  sich  sonst  nur  als  hühnerkrankheit,  „wann  sie  in  der 
Nase  verstopft  sind".  Frisch.  Dagegen  citiert  Lexer  in  Grimm,  WB. 
HansSchmidt,  westerwäldisches  idiotikon  piepser,  pipser  =  eine  stets 
kränkelnde,  schwächlicheperson.  Femer  Bremisch -nieders.  WB.  3,  321: 
Piepsk  und  Piephaftig,  adj.  und  adv.  klagend,  kränklich.  Een  piepsk 
Minsk:  ein  Zärtling,  der  leicht  stöhnet  —  Ohne  zweifei  sich  herleitend 
von  pipen,  pfeifen  wie  die  kleinen  vögel  (wie  das  lat  pipire),  dann 
klagen,  winseln,  stöhnen,  von  einem  kränklichen  menschen. 

Weinhold,  schles.  WB.:  pipicht,  weichlich.  Grimm,  WB.  1,  1808: 
bibet,  tremens,  bebend,  zitternd.     Vielleicht  gehört  hierher  pipicht  für 

3* 


36  KLAIBKR 

scheu,  zitternd  nhd.  pipentiu  treraebunda,  ein  pipicbtes  weih.  —  Dazu 
sagt  aber  Grimm:  pipicht  liesse  sich  ebensowol  von  pipen,  pipire,  klein- 
laut reden,  ableiten. 

10)  Ketsehbei^.  Weimar  6,  138,  20.  (Antwort  auf  d.  zettel 
des  officialen  zu  Stolpen  1520.) 

,aufF  das  mir  nit  not  sey  zu  ai^wenen,  er  hab  sein  gebim  ym 
ketzschpei^  vorloren,  und  selbst  nit  wisse  was  er  sage**.  —  Dazu  ebd. 
anmerkung:  die  Jenaer  ausgäbe,  welche  ^im  Kötzschberg"  hat,  merkt 
am  rande  an:  ^Kötzschberger  wein''.  —  Was  ist  das  aber  für  ein 
wein?  Ich  kann  nur  folgendes  mitteilen  aus  Böcking,  Hutteni  Opera 
Suppl.  1,  3.  (Literae  vironim  obseur.)  Hier  beschreibt  der  Baccalau- 
reus  Langschneyder  ein  ^prandium  Aristotelis*'  [welches  die  promovier- 
ten magister  zu  geben  hatten]:  Beim  fortschreiten  von  einer  traeht  zur 
andern  bibimus  vinum  Kotzborgense,  Rhenense,  et  cerevisiam  Einbec- 
censem  nee  non  Thurgensem  [von  Torgau]  et  Xeuburgensem  [von  Naum- 
burg]. Dazu  die  anmerkung  von  Böcking  II,  520.  ^Cave,  ne  Eme- 
politanum  sive  Emesiense  interpi-oteris,  quod  in  monte  vomifico  nascitur. 
Kotzborgense  vinum  apud  vicum  Koetschenhroda  nascitur,  sed 
generaÜter  Misuense  significare  videtur.  —  Auch  bei  Fischart,  Gargantua 
(herausg.  von  Alsleben  1S91  s.  85)  findet  sich  in  Fischartischer  Weise 
«Kotz  oder  Kotzberger"  neben  Cursswein,  Coi-so  —  Corsicum  usw. 

11)  Korb,  körbe.  Die  Verbindung:  ^bis  das  Avasser  über  die 
körbe  gehet",  findet  sich,  wie  sonst,  so  auch  öfters  bei  Luther;  aber 
über  die  erklärung  sind  die  meinungen  sehr  geteilt.  Frisch  I,  510: 
«Kerbe,  das  Maul,  vor  alters  schrieb  man  Körbe,  als  Kaysersberg,  Po- 
stille f«.»L  52 ^  —  Wann  ein  Rad  über  ein  Bein  gat,  oder  das  Wasser 
über  die  Korb,  so  wird  man  witzig".  Schade,  Satiren  imd  pasquillc 
aus  d»T  rrfMrmatiouszoit  (Hannover  1^63»  III,  110:  ^sie  wissen  auch 
nit.  wenn  in  [ihnen]  das  Wasser  über  die  kürb  steigt*.  Dazu  Schade, 
s.  2.-»4:  -Dil.-  Kürb.  jetzt  Kürben.  korbartiges  geflecht,  das  auf  dem 
rü'ken  i:<.tragen  wird.  Vielleicht  ist  hier  noch  ein  anderes  flechtwerk 
g»:*nK-int.  das  die  bildliche  redens;irt  zu  wege  gebracht  hat*'.  Dieses 
«vi.-iViiht"  möchte  ich  in  •  sicherlirh *•  verwandeln,  da  der  tragkorb, 
rü/kvnkurb  zu  wonig  signifikant  für  das  wasser  ist 

Hildebrand  im  DWb.  s.  v.  korb:  «die  wenigen  züge,  die  die 
redvnsart  )«ivtvt.  führen  am  ersten  das  bild  einer  eintretenden  über- 
s^bweramun.:  v^r.  Wären  die  körbe  oiArentlich  flechtwerk  an  einem 
iliissdeiehe?"  —  Da  Hü'iebrand  keinen  beleg  für  diese  bedeatung  hat, 
so  müsst-n  wir  uns  nach  einer  anderen  erklärung  umsehen.  Eine  solche 
bietet  folgende  stelle  bei  Luther  dar:  12,  335  „Wenn  Christus  garver- 


LUTHEBANA  37 

loron  gefühlet  wird,  dass  man  doch  das  Wort  Christi  halte,  als  an 
einem  Stecken  oder  Brett,  dass  man  nicht  versinke  in  den  Nöthen,  so 
die  Fluth  über  Korbe,  Pferd  und  Wagen  gehen  will,  bis  wir  wie- 
der eraus  kommen**.  Ich  denke  dabei  an  einen  korbwagen,  einen 
wagen,  dessen  aiifgesezte  wände  aus  korbwerk,  flechtwerk  bestehen, 
und  mit  dem  man  durch  eine  furth  bei  angeschwollenem  flusse  zu 
setzen  hat 

Sonst  auch  bei  Luther  z.  b.  27,  212  (gegen  Emser):  „Dieweil  das 
Wasser  will  über  die  Körbe  gehen  und  Untugend  mit  Untüchtigen 
untergehen,  gibst  du  für  den  Stand  [den  geistlichen  stand]  zu  retten". 

50,  289  (Ausl.  des  18.  19.  20.  kap.  Joh.):  „Auf  der  andern  Sei- 
ten, so  wider  uns  ist,  sind  so  viel  Bischofle,  Fürsten  und  der  Teufel 
selbs,  dass  sichs  nicht  anders  ansehen  lasset,  denn  das  Wasser  werde 
über  die  Körbe  gehen". 

Vgl.  auch  Ungedr.  predigten  (Poach)  ed.  Buchwald  1884.  1,  1 
s.  173:  Wenn  der  wagen  schon  in  aqua  schwimmet,  tum  egredietur. 

12)  Beim  kaiser  Friedrichs.  32,  17.  (Wider  den  bischof  zu 
Magdeburg  1539):  „Was  kann  der  Kaiser,  König  und  alle  Welt  dazu, 
dass  zuweilen  aus  einem  löblichen  Geschlechte  ein  ungerathen  Kind  und 
ein  verlorner  Sohn  kompt.  Es  bleibt  das  Sprüchwort  wahr,  lösche 
den  Reim  Kaiser  Friedrichs  aus;  und,  wie  itzt  gesagt,  ist  das  gemeine 
Wort  nicht  von  Gänsen  oder  vergebens  erdacht:  Verlorn  Sohn  unge- 
rathen Kind;  es  ist  der  Unfall  einer,  dass  aus  frommen  Aeltern  Hurn 
und  Buben  kommen''.  —  Dazu  der  abgekürzte  ausdruck:  den  Beim 
auslöschen.  Jena  4,  199*"  (Ausl.  des  1.  b.  Mosis  ad.  cp.  38):  „Darumb 
wollen  wir  auch  redlich  bekennen,  das  sie  beide  [Juda  und  Thamar] 
grob  genarret  haben,  wiewol  es  jnen  Gott  geschenckt  hat,  dazu  das  man 
sehe,  wie  Christus  kommen  sey,  umb  der  Sünder  willen,  jnen  zu  helflen, 
und  sich  gar  nichts  schomet,  das  er  Huren  und  Buben  in  seinem  Ge- 
schlecht hat,  und  den  Reim  nicht  ausleschen  wil.  So  müssen  wir  jn 
auch  wol  stehen  lassen.  Aber  damit  ist  nicht  räum  gegeben,  den  mut- 
willigen''. Die  erklärung  gibt  Heyne  im  DWb.  (unter  Reim):  In  Nürn- 
berg stand  ein  reim,  der  den  leser  aufforderte,  ihn  auszuwischen,  wenn 
er  unter  seinem  Geschlecht  keine  huren  oder  buben  habe.  Dieser  reim 
von  Nürnberg  war  in  sprichwörtlichen  Wendungen  weit  bekant:  „also 
sagt  man,  wie  uf  ain  zeit  Kaiser  Maximilianus  gen  Nürnberg  kommen, 
do  hab  er  dem  reimen,  darvon  er  darvor  gehört,  nachgefragt,  und  als 
er  darzu  gefurt  und  den  gelesen,  hab  er  gelechelt  und  gesprochen: 
nun,  nun,  der  reim  soll  von  mir  nit  uszthion  werden".  Zimmersche 
Chronik  3,  484,  14. 


38  KLAIllKR 

13)  bläuel,  blcuel,  waschblcuel  ist  ein  länglich  viereckiges, 
flaches  holz  mit  stiel,  zum  schlagen,  insbesondere  die  wasche  zu  schla- 
gen und  zu  reinigen,  das  wort  nach  Vilmar  noch  jezt  in  Hessen  ge- 
bräuchlich. 39,  312  (ad  Ps.  101,  3):  „die  Übertreter  oder  falschen  Hei- 
ligen können  sich  meisterlich  zu  den  HeiTn  oder  Fürsten  eindringen, 
dass  sie  auch  wohl  einen  ausorwählten  David  verfuhren  möchten;  wis- 
sen den  Bläuel  gar  fein  zu  wenden  und  zu  schleifen".  Was  ist  hier 
schleifen?  nur  synonym  mit  wenden?  Der  sinn  im  algemeinen  wird 
wohl  sein  [vgl.  nachher:  waschbleuel]  =  eine  wasche  anzurichten,  d.  h. 
die  dinge  so  durcheinander  zu  rüliren,  dass  sie  selber  im  trüben  fischen 
können.  Denn  an  die  roinigung  der  wüsche  durch  den  bleuel  kann 
nach  dem  Zusammenhang  nicht  gedacht  werden.  —  Dietz  WB.  gibt 
keine  erklärung,  verweist  nur  auf  Vilmar  s.  v.  waschbleuel.  Grimm, 
WB.  führt  die  stelle  an,  aber  ohne  erklärung  des  „schleifens".  Seine 
bemerkung  „was  hier  wol  den  paukenschlogel,  trommelschlegel,  aber 
jeden  prügel  oder  bengel  bedeuten  kann''  passt  zwar  zu  der  zuvor  von 
ihm  angefülirten  stelle  aus  Uhlands  Volksliedern  [ein  bleul  man  für  eine 
fidel  nimmt],  aber  nicht  zur  Lutherischen  stelle. 

Weimar  VI,  140  (Wider  den  Oßizialen  zu  Stolpen  1520):  „Also 
tut  mein  tzeddeler  [eben  der  Offizial  zu  Stolpen,  welcher  einen  „Zed- 
del"  gegen  Luther  hatte  ausgehen  lassen],  der  von  mir  mit  vilen  seiner 
gleichenn  begeret,  ich  solle  klar,  richtige,  deutliche  wort  schreiben,  des 
ich  mich  auch  geflissen,  und  inn  vill  tzu  klar  gewesen,  aber  sie 
haben  die  freiheit,  wasch  blcwel  tzu  schleiffen  und  mit  meuclilen  die 
vorgilft  honigk  tzu  nuichen''. 

Vilmar,  Hessisches  Idiotikon  s.  42  gibt  folgendes:  SchleifenblaueL 
„Die  Heiden  haben  auch  des  müssiggangs  (und)  imnutzen  Jjebens  der 
nachgepawern  grosse  versorge  getragen,  nit  allein  das  es  an  sich  ein 
schentlich  leben  — ,  sondern  auch  um  der  edlen  zeit  willen,  die  ein 
solch  schleittenblawel  sein  leben  lang  unnutz  zubrengt**.  Ferrarias 
(Eisermann)  von  dem  gemeinen  Nutze  1538.  [Dazu  noch  eine  weitere 
stelle  aus  Ferrarius|:  Frisch  hat  dieses  wort  in  der  form  „Schleifeh- 
blawer'',  aus  Ciobler,  Kcchtsspiegel,  wo  zur  erklärung  beigesezt  wird: 
galgenschwengel.  Er  [Frisch  |  bezeichnet  dasselbe  als  ein  veraltetes 
Schimpfwort  und  erklärt  es  durch  blauel,  Schwengel,  Avelcher  in  der 
schleife  (galgenstrick)  hängt,  wie  der  kJöppel  in  der  glocke,  für  suspen- 
sus,  pistillum  in  patibulo.  —  Es  sieht  das  wort  weit  mehr  aus,  wie 
ein  imperativ:  schleif  den  blauel,  einer  der  den  blauel  hinter  sich 
schlept  —  aber  wozu?  zur  stntfe,  wie  die  kugelschleifer  ehedem  in  den 
festungen?  etwa,  der  den  prtkgel  schleppen  muste,  mit  dem  er  geprä- 


—  JedestalH  bedeutet  das  wort  bei  Eisermann 
Hier  (bei  Luther  l  c.J  ist  bleuelschleifen  utfen- 
,  aus  dem  klaren  ein  unklares,  aus  dem  rich- 
«.■beu  — ,  etwa  mich  verderben  überhaupt".  — 


tit  vmrdeV  oder  wie? 
I  müssig^ünger.  — 
r  soviel  wie  betrüget 
I  uiiriehtiges  ii 

I  Vilmar.  Die  Verbindung  von  Beuel  und  schleife  ist  aber  damit 
EDmor  noch  nicht,  weder  an  sich,  nocli  im  Zusammenhang  der  Luthe- 
!heo  steUen  erkliirt.  Vilmm-  hat  sicherlich  recht,  wenn  er  das  wort; 
ibleifenblauel  als  eine  iniporativform  nimt  =  schleife  den  bleuet, 
inlich  so  manchen  Wortbildungen,  von  welchen  Vilmar  selber  in 
nnem  blichlein:  Die  deutschen  t'amiliennamen,  reichliche  exeinpel 
irbietet,  z.  b.  Stfihrdanz  (=  etöhre  den  tanz,  vurtänzer),  Schlagin- 
liauf  (=  Bdilag  in  den  hauten,  drescher),  Rehentiseh  (=  reib  den 
lisch,  —  ein  wirt,  der  eifrig  den  tisch  vor  den  gast  hinschiebt) 
usw.  Diese  Wortbildungen  haben  aber,  als  imperative,  ursprünglich 
eine  ermahnende  bwieutung,  die  dann  als  solche  in  eine  negative 
übergehen  kann,  k.  b,  ein  drescher,  der  ermahnt  wird  in  den  hänfen  zu 
äoblagen,  kann  damit  als  ein  der  ermahnuug  bedürftiger  erscheinen  und 
90  der  flSclUaginhauf''  suwol  als  einer,  der  lleissig,  wie  als  einer,  der 
anfleissig  dreinschlägt,  erscheinen.  Es  fragt  sich,  ob  nach  dieser  ana- 
logie  (laü  wort  „Schleifenblauel"  sowie  die  redensait  „den  bleuel  schlei- 
fen'* 2U  erklären  möglich  ist.  ftv\  nächsten  läge  das  „schleifen"  =- 
echleppon  zu  nehmen,  =  trage  fhhren  =  einer  der  stjitt  mit  dem  bleuel 
tüchtig  drein  zu  sclilagen  ihn  nur  so  hinschleifen  lässt.  Also  =  müs- 
siggüuger,  wie  bei  Ferrarius.  Nur  würde  dieses  der  imperativbildung 
des  Wortes  nicht  recht  entsprechen,  welche  eigentlich  den  entgegen- 
tcu  sinn  erfordert  —  „schleifen"  =  tüchtig  brauchen.  Ich  weiss 
picht,  ob  sich  in  der  älteren  spräche  belöge  für  solchen  gebrauch  des 
shlcifen"  finden  lassen.  Jedenfals  kann  in  den  lutiierischen  stellen 
r  sinn  nicht  =  trägo  sein.  Hier  liegt  vielmehr  das  rührige  sowie 
i  schlaue  im  durcheinanderrühren  der  wasche  zu  tage. 

Ich  möchte  in  beiden  stellen  das  „schleifen"  =  hin-  und  her- 
Bflben  in  der  wasche,  ganz  synonym  mit  „führen"  in  der  ersten 
IntfieriBchen  »teile  nehmen.  Luther  hat  offenbar  nicht  das  schlagen 
der  wäöche  zur  reinigung,  Bondern  nur  ein  durcheinanderrühren  im 
,  wie  auch  Vilmar  andeutet. 

14)  Ocldbntzen.  Weimar  VI,  448,  25  (An  den  christlichen  adel) :  „die 
>en  heyligen  zu  gelt  kutzon  auli'  setzeun".  Walch  hat  „Geldgötzen", 
I  auch  Benrath  (Ausg.  der  scbrift  Luthers  1884)  aufgenommen  hat, 
■  nur  interpretament  des  unverstjunleneu  Vfortes  ist.  Lemme  (die 
[  grossen  reformationächriften  Luthers)  anm.:  „wahrscheinlich  beden- 


40  KLAIBKB 

tet  der  ausdnick  dasselbe  wie  das  noch  gegenwärtig  mundartlich  ge- 
brauchte wort  ^geldkatze**  (geldsack,  der  um  den  leib  gescbnalt  getra- 
gen wird).  Ich  weiss  nicht,  ob  ein  so  hohes  alter  dieses  ausdrucks 
nachgewiesen  werden  kann;  auch  erinnere  ich  mich  nicht  bei  Luther 
kutze  für  katze  gelesen  zu  haben.  —  Eine  ähnliche  stelle  hat  Schade, 
Satiren  und  pasquillen  aus  der  reformationszeit:  III.  24,  22  „Wenn 
sie  von  grossen  wunderzeichen  sagen,  so  ire  Heilgen  thon  haben  — 
so  sie  ein  tischlein  mit  einem  Kützlin  darsetzen  mit  viel  ablossbriefen, 
kreftig  Bruderschaften  **.  —  Dazu  bemerkt  Schade  s.  235:  „Eützlein, 
mhd.  koezelin  von  kotze,  grobes  wollenzeug  zur  bekleidung  und 
bedeckung.  Hier  ist  eine  tischdecke  gemeint".  Über  diese  bedeutung 
von  kotze  gibt  Schmeller  I,  1317  und  Hildebrand  im  DWb.  s.  v.  A'iel 
material.  Es  scheint  mir  aber  die  „tischdecke"  zu  bedeutungslos  zu 
sein.  Eher  könte  man  noch  an  kötze,  kätze  ==  korb,  tragkorb,  rücken- 
korb denken  und  es  etwa  ==  geldkorb,  geldkasten  nehmen;  ich  bezweifle 
aber,  dass  irgendwo  sich  ein  weiterer  beleg  finden  liesse.  —  Da  nach 
Schade  s.  238  die  betreffende  schritt  in  die  zweite  hälfte  des  Jahres  1520 
falt,  und  darin  Luther  erwähnt  wird,  so  liegt  die  Vermutung  nahe, 
der  Verfasser  habe  den  ausdruck  selber  von  Luther  entlehnt  Bei  Lu- 
ther aber  fält  die  bedeutung  „tischdocke"  von  selber  weg.  Mir  scheint 
das  richtige  Dietz  (WB.  zu  L)  zu  haben  unter  geldkauz  wie  auch 
Weimarer  ausg.  eine  Variante,  freilich  nur  nachdruck,  mit  kautz  auf- 
führt. —  Kutz  =  kanz,  eule,  als  lockvogel.  —  Bei  Luther  sind  die 
heiligen  selber  die  lockvogel,  in  der  stelle  bei  Schade  sind  es  ablass- 
briefe. 

So  ist  wol  auch  folgende  stelle  bei  Schade  UI,  185,  34  fgg.  zu 
verstehen:  „unser  liebe  Frau  und  die  Heiligen  haben  bißher  müssen 
in  [ihnen]  auf  den  Hohenstiften  und  allenthalb  im  bistumb  gelt  kutzen 
und  in  die  büchse  gelt  samniler  sein.     Dazu  bem.  von  Schade  s.  269. 

„Kutzen  scheint  in  der  von  Schmeller  2,  347,  [2.  aufl.  1,  1318] 
angegebeneu  bedeutung  „husten"  zu  stehen  — ;  geldhuster  wie  gold- 
schwitzer  m,  172,  25.  182,  7  [bei  Schade]".  —  Ich  wUl  die  möglich- 
keit  dieser  erklärung  nicht  bestreiten,  da  ja  „kotzen"  noch  jezt  ober- 
deutsch in  gemeiner  rede  =  speien  vorkomt  Aber  viel  näher  liegt 
das  „gelt  kutzen*"  als  zusammengeseztes  hauptwort  =  geldkauz,  lock- 
voicel,  synonym  mit  dem  unmittelbar  folgenden  „geltsamler"  zu  neh- 
men. —  Die  eule  dient  bekantlieh  als  lockvogel  für  die  vogelfanger, 
welche  sie  bei  dem  vogelheerd  oder  bei  der  leimrute  aufstellen  nach 
der  erfahrung,  dass  dieselben  vögel,  welche  bei  nacht  vor  der  eule, 
als  ilirem  nächtlichen  feinde  fliehen,  bei  tage,  wo  die  eule  nicht  fliegt, 


LUTUERANA  41 

sich  um  sie  saninieln.  —  Aach  bei  Luther  erwähnt  25,  396:  „das 
Kützlin  oder  eine  Eule  auf  den  Kloben  oder  Leimruthen  setzen''.  Zu  der 
stelle  „An  den  christlichen  adeP  aber  vergleiche  man  noch  20,  2 
s.  541:  „Da  sitzt  der  Kauz  zu  Rom  mit  seinem  Gäukelsack,  und  locket 
alle  Welt  zu  sich  mit  ihrem  Geld  und  Gut**. 

15)  Brautmutter  —  Mattheshochzeit.  Luther  gibt  zweimal 
an,  zur  hochzeit  zu  Kana,  —  die  Maria  sei  der  braut  mutter  gewie- 
sen. Das  ist  nun  selbstverständlich  nicht  im  leiblichen  sinne  zu  neh- 
men, aber  in  welchem? 

1,  165  (Hauspostille):  „Der  Evangelist  meldet  insonderheit,  wie 
die  Mutter  Jesu  auch  sei  da  gewest  Die  wird  vielleicht  der  Braut 
Mutter  gewest  sein.  Denn  sie  nimbt  sich  des  Thuns  an,  als  sei  ihr 
sonderlich  daran  gelegen,  da  sie  Mangel  siebet.  Denn  es  scheinet,  als 
sei  es  eine  Mattheshochzeit  gewest,  auf  welcher  nichts  denn  Wein 
und  Brod  gemangelt  haf. 

4,  247.  „Der  Evangelist  meldet  insonderheit,  wie  die  Mutter 
Jhesu  auch  sei  da  gewest.  Die  wird  vielleicht  der  Braut  Mutter  auf 
der  Hochzeit  gewest  sein.  Es  war  ein  Matthes- Hochzeit,  da  nichts  man- 
gelt, denn  Brod  und  Wein.  Sie  aber  ist  Muttor,  sorget  und  nimpt 
sich  des  Thuns  an,  als  sei  ihr  sonderlich  daran  gelegen,  da  sie  Man- 
gel siebet". 

In  den  von  Poach  gesammelten  predigten  ed.  Buchwald  1884, 
1,  1  s.  27  steht  zum  gleichen  text:  „mater  wirt  platzmeistorin  gewest 
sein,  ist  in  die  kuchen  gangen,  videns  wie  man  usw." 

Was  ist  „der  braut  mutter" ?  Grimm,  WB.:  „Brautmutter,  mater 
sponsae,  an  einigen  orten  auch  die  bereiterin  des  brautbettes,  wenn 
dies  die  mutter  nicht  selbst  ist".  —  Dagegen  Schmeller  I,  371: 
„Brautmutter,  taufpathin  der  braut  Brautvater,  taufpathe  des  bräuti- 
gams". 

Kaltschmid,  WB.  v.  1865:  „Brautmutter,  niederdeutsch  =  die 
trauführerin  der  braut,  wie  brautvater  =  der  trauf (ihrer  der  braut".  — 
Berg  ha  US,  Sprachschatz  der  Sachsen:  Brud  Moder,  in  einigen  gegen- 
den,  u.  a.  im  Magdeburgischen,  diejenige  verheiratete  frauensperson, 
welche  am  tage  der  hochzeit  das  brautbett  bereitet.  (Dazu:  Brud  bette 
=  brautbett,  ein  stück  von  der  aiissteuer  der  braut) 

Dr.  Freybe,  gymnas.- Oberlehrer  in  Parchim,  teilt  mir  mit:  „Die 
brautmutter  ist  die  nächste  blutsverwante  oder  auch  die  geistlich  ver- 
wante  =  pathe  der  braut,  welche  „sich  des  tuns  annimt",  wie  die 
leibliche  mutter,  wenn  diese  fehlt,  und  als  solche  besonders  das  bett 
zurichtet".     So  soll  (nach  mündlicher  mitteilung)  das  wort  noch  jezt 


IL  TLlziz^-tzi  -rr'i-räüjhli-L  -^ir:*.  —  I»i>s  i.:in  Lutlier  unter  ^der 
Srju:  ü-rr-er*  Licht  dir  paric  driLvii  kaüc.  bnucht  kaum  der 
Sk:.zLrZ£iLi^,  -ii  -i^  s-lcLr  cimsls  ricti  j»b.  Er  träst  nur  einen  zu 
i^iiL'.z  Zfrt'  uT-d  ioch  jvzt  i:>:h  r^briaoiLlii-hrn  irnr/nns  in  etwas  ver- 
kLi-z^.riiL    ^iniLr   »lif  die   li^-ert   z-ri:  üt»=r   "ind  meint  wöI    nur  eine 

Tj--  o2,  S35  «V.  >:-ham  Han:?Ji:-ra5  :  .uiid  ist  w.Ai  zu  denken, 
i±>^  Erk-j^:  :itd  Bräut^:är^  ii:üss*rn  der  Miin«  Mam  nahe  Freundlin 
re-sr^t  j-rin.  wril  -ir  s^l':«i   ii  i<:.  und  Liln  r^cieni". 

Wij  i>*  ac-rr  Mi::hes  hochzeiir  Hrrr  er.  Frevbe  teilt  mir  mit: 
irr  A^j'inc-k  .armer  MiTThrS-  er5.?hrin:  i:>Ä  Ten  in  Thüringen 
s:r..-LT:rL:.h-  I^  err/r-:  den  sinn:  Hx-LzfeiT  ei:ie5  armen  scfaluckers. 
WiLirr.  Sjn -h-s^-.-lri.  fuhr:  dir  Lüih-irriscii-r  stirlle  an,  nur  mit  der 
^\LZiir:rl:-:.rz.  'OrEi-rrun^:  -w^anm  ai^r  Ma::hej'  ]i:<iizieii,  da  die  hoch- 
ivi:  z.:  Kiz-ä  r:::::  tu  llärrhjus  rn^kil:  'wiri.  >:nirm  im  erangelium 
J  riAr.T i-i^  >t--i:.  ä'iSl  ri:r:  nioh:  r^-nirrk:  :>:.  dass  -e«  an  t^c»i  gefehlt  hat?  — 
Mi:  i-ir-i  är^.stvl  ilarhäus  >.:rr  d-esj-rü  eTini?rl:u:n  ha:  die  3fatthes- 
L  •:iir::  .rsu  r.ichrs  zw  r.:n.  I^ir  wj.rre  ä'r«rr:  .Tr.Kei  nidits  denn  brot 
jji :  -^r^:iz_  p^-rrh":  i.a:-.  >ir..i  iv.r-erTrrtanr-:  L.;±vr>.  in  dem  sinne:  wo- 
'"•e:  >:  :.:rn:li:h  alles  ire-trh'-:  ha^  —  Marhtrsh-.vhreii  nndet  sich  auch 
r-.i  ^.h^ti'-i.ir::.  Drii^lirdi^kTirr!:  äv.>  itr  z-Ä^rirec  halfte  des  16. 
\iLrn.ir.i-:r:s  -f*.:.  «Ä^rfrlrv  >.  4'>ö.  Sri  t-esrnrriruri:  einer  hoohzeit:  -da 
•:ir.-:-  jr:>sc^  nitnre  v.lk?  zusan:rj.-L  k.mme-z..  uni  alles  sTv>5se  bansen. 
ä.i<i>  :/,;:  il.-r.  r:-,n  \vv^:n  riuni>  :u:i  rr.vlinis  man^el  vorgefallen, 
und  .i.>;  AUS  i'.r  ^r. Sv<v::  yravh:  eine  rivhte  Hsrrnesbjvhzeit  geworden". 
>cn>:  ::s^-e  :;h  i^:nvn  bt.i-^. 

Ir:«  Braut.  Syr.::.w.rT:  w.jrs  j.v.:k  h*:,  iuhn  die  braut  heim. 
;^v*,  Sr--;-  Hinr  n;;r  :n  de:::  .ilo:n:^'in-. •.  sinne:  .wie  gar  seltsam  ein 
:v..i:.n  v  r   i-ni  äv.  :•. r::  ^\u."i  h.^:-  :n  >;:n-n  ui.remvhmungen.» 

!*.*.>  >rrl:hT»  r:  "in-:  t^trs  K:  l..:±er  v.r.  Die  eigentliche  erkla- 
r.in^  .V:\r  f.n:-:  si.h  .:>.  l'V»  \.n  -jr.vsÄvV.en  :?:^>>-  Ijuther  redet  hier 
V  n  i*,n  v-rwirru:  ,?;n.  »•.■/?.:  t  "pt-  ;•:>  k,in  ni^cien  ehereohts,  nament- 
lich ;;h;r  li:-:  •>:::v-l::h:n  \- rl:bn:>5s:.  .^Ann.  .AV«er  nu  ist  in  den  Ehe- 
sci.h;:*:  ..  i:r.  s-  .:"::  a^ eiTlAUT^i«:  v-r^virr::  >r:el  n:::  den  Fallen,  so  sich 
w..i.r  >/.::.•.  c•:^^•.^^•  Kxr.Tv  un,:  Ar::k:.  rtc^S.n.  dai  ein  srross  semein 
Sy:.:  ,.A.r:  is:.  \^ r  r^  li /.uk  V.i*-.  .1  er  fuhr- :  .::-:  Fr*u:  heim.  Als  sollt  er 
NiiT-:.:  i>  <:i":\-::  v.::':.:  S:  /..-.v.  Ktvh:.  sni^rn  K:  den:  Glück«  wer  die 
^rAv.t  :.,;:\v.  s  ...  ur.i;  :;:.:•::  r:vr.:>  ,:ÄT;;n:^  :anreiL  Denn  es  ist 
.^Ui'!;  w.-iV.r.  »i:i^  li*.-.-  F.V.'.o  >,^  :v.Är./:v:r".-::  ;:n.i  .l:-:-  Keohre  bisher  mit  dem 
ho::uI:or.c.;  Vov.oKn,  >i>  iK^r.:l.:';*rl:oh  siu^i  cfwe?<-n.  dad  mancher  hat 


LUTURItANA  43 

seine  Braut  aus  seinen  Armen  müssen  lassen  wegführen,  und  wider 
Verlöbniß,  noch  Zeugen,  noch  Aufbieten  [d.  h.  vorangegangenes  auf- 
gebet] geholfen  hat".  D.  h.  es  war  schon  zum  hochzeitstanz  gekom- 
men und  nun  trat  noch  eine  die  volziehung  der  ehe  hindernde  ein- 
spräche auf  grund  eines  früheren  heimlichen  eheverlöbnisses  oder  eines 
sonstigen  kanonischen  hindemisses  ein.  So  dient  das:  „es  hilft  nichts 
darum  tanzen"  zur  erklärung  des  Sprichworts:  Wers  glück  hat,  führet 
die  braut  heim,  d.  h.  es  ist  eine  reine  glückssache,  welche  noch  im 
lezten  augenblick  zu  nicht  gemacht  werden  kann,  ob  die  braut  wirk- 
lich heimgeführt  wird. 

17)  Entrficht.  40,  274.  (Ausl.  des  112.  ps.  1526.  V.  7):  „Er  wird 
auch  nicht  entrücht,  so  er  in  der  Schand  ist;  denn  er  hofft  in  den,  der 
ihm  ein  Regel  gibt,  dass  er  hinan  darf  gehen"  [wol  =  hinan  zu  Gott].  — 
Dietz:  entrüchten,  aus  dem  gerücht  kommen,  gegensatz  zu  berüchten.  — 
Das  will  aber  keinen  rechten  sinn  geben.  Man  solte  erwarten:  er  wird 
entrücht,  d.  h.  aus  dem  bösen  gerücht  genommen,  aber  es  heisst  eben, 
„er  wird  nicht  entrücht". 

Das  Zeitwort  „entrüchten"  fehlt  im  DWb.;  dagegen  gibt  Dieffen- 
bach  und  Wölker,  hoch-  und  niederd.  wb.  der  mittl.  und  neueren  zeit, 
s.  441:  entrüchten,  niederdeutsch  =  in  bösen  ruf  bringen.  Ebenso 
Schüler-Lübben  I,  686. 

Dieses  passt  aber  widerum  nicht  zu  dem  „nicht",  denn  es  ist 
davon  die  rede,  dass  einer  in  der  schände,  also  tatsächlich  „entrüch- 
tet"  ist 

Der  urdruck  steht  mir  nicht  zu  geböte.  Alle  mir  vorliegenden 
ausgaben  (Eisleben,  Wittenberg,  Altenburg,  Walch)  haben  „entrücht" 
oder  „entrüchtet".  Gleichwol  halte  ich  es  füi-  einen  ursprünglichen 
druckfehler  für  entricht,  entrichtet. 

Entrichten  ist  nach  Grimm,  WB.  1)  aus  der  richte,  fuge,  Ordnung 
bringen,  2)  von  personen:  aufregen,  aufbringen,  exagitare,  wozu  mehr- 
fache belege  auch  aus  H.  Sachs.  —  Ebenso  bei  Dieflfenbach  u.  Wülker: 
entricht  werden  „passionari  in  mente,  als  der  von  seiner  bescheiden- 
heit  [besinnung]  kumpt,  passionatur"  —  nach  dem  Vocabularius  Theu- 
ton.  V.  1482.  [Vgl.  dazu  auch  Schade,  Satiren  und  pasquille  UI,  45, 
23:  Entrichten  wii-  den  man  nit!  er  ist  auf  gutem  wege.    Kawerau.] 

18)  HOren  läuten,  aber  nicht  zusammenschlagen.  Diese 
sprichwörtliche  Verbindung  wird  gewöhnlich  erklärt  als:  das  lezto  zei- 
chen zum  gottesdienst  mit  allen  glocken  zugleich  geben,  während  die 
Vorzeichen  nur  mit  einer  glocke  gegeben  wurden,  d.  h.  etwas  wissen, 
aber  nicht  alles  oder  nichts  rechtes.    Mir  scheint  aber  vielmehr  der 


44  KLAIBER 

gi/LTOiiMitz  V'ni  fernen  und  nahen  li«'»ren  zu  gründe  zu  liegen.  Von 
der  ferne  hört  man  nur  einen  unbestimten  schall;  eret  in  der  näho  hört 
man  die  einzelnen  irlockentöne  und  kann  da:>  geläute  im  unterschied 
und  der  einheit  der  töne  auffassen.  Tropisch  also  gegensatz  der  unbe- 
stimten und  der  beslimten  künde  und  ihres  Verständnisses.  —  So  in 
den  nachfolsrenden  stellen  bei  Lutlier. 

4,  222  (Hauspustille):  -Xu  aber  predige  ich  mir  selbs  und  den 
Meinen,  die  es  bedürfen.  Die  andern  kriegen  die  blofzen  Schalen,  aber 
des  Kerns  müssen  sie  gerathen.  Sie  hören  wold  läuten,  aber  nicht 
zusammensehhiüren". 

lo,  337  —  ad  Juh.  ev.  3.  3.  -Du  willt  so  hoch  kommen,  dass  du 
von  Gott  willt  reden,  wie  ich  von  Gon  kommen  bin,  hast  woll  hören 
läuten,  aber  nicht  zusammenschlagen-. 

44.  tJG  (Wolfenb.  manuscr.i  ad  Matth.  IS,  10.  «Ilire  Engel  im  Him- 
mel sehen  allezeit  das  Aniresicht  meines  Vaters  im  Himmel.  —  Also 
si^het  die  Welt  kein  Kind  an;  wiewohl  auch  die  Heiden  imd  Philoso- 
plii  cesa::t  haben,  die  von  den  Encelu  Nichts  in?wußt  haben,  sondern 
als  im  Traum  darvon  gelallet  und  gert-det,  es  werde  ein  jeder  Mensch 
in  Sonderheit  re:rieret  durch  einen  truten  •jder  bös».*n  Genium.  Sie  haben 
violieieht  hören  läuten,  aber  nielit  zusammenschlasren.  Aber  wir  Qiri- 
^t^■n  haben  einen  ^rewissen  Unterricht  darvon  aus  dem  Wort  Gottes". 

4>,  Ki3  lAusl.  des  0.  7.  n  kap.  Joh.i  ad  Joh.  7,  27.  .Es  sind  lose 
Sehüler.  >ie  l:abon  wohl  h^ren  läuten,  aber  nicht  zusammenschlagen. 
Wr-r  nicht  w .h!  li'»ret,  der  wähnet  wohl.  [Sprichwiirt  =  der  liat  nur 
!een:-n  irirehenden  wahn.|  Sie  haben  gehon,  dass  Christus  sollt  also 
kommen.  da>s  man  n:ch:  wüssie  woher:  aber  sie  habens  nicht  recht 
vi-rstandeu.  •:;!><  er  aus  G.ji:  \\*i\  oiner  Jungfrauen  sollt  geboren  we^ 
i-!!.  .1!.  i  a.<     L.'ir.:":.];  in  die  Welt  koamien.  wie  Micheas  saget**. 

V^;.  :...  ,L  iie  -rlvioiibT.  deutende  redensan  Ungciir.  pred.  ^Poach)  ed. 
Ru.hwÄli  ;;.  l  <.  2Jr^:  .Sie  haben  sehen  rauchen,  und  doch  nicht 
^'■j-.vu?>:.  V,..  .>  brtr.i:--    hab-n  kviiu-n  verstand  von  der  taufe). 

:  >.  i!lS  BiivtV  .  «Ich  sehe  wohl,  dass  ein  unbescheidener  Kopf, 
itr  ■.::.•:.  i^r.;::.  j- sehen  hat,  wviss  aber  nicht,  wo  es  brennet,  und 
!:.»:  '::.t:'1'i  l.^;;:^:;,  aber  uicht  .:u>ammen  sohi:u:en-. 

I'*  Fäi-hel  (Ferhel).  PWb.:  r-animeum,  äammeolum,  [brant- 
>  i-.:i-r  :■ -i.  ;n:.  l-i.:;  d.  V._ab.  v.  14>2:  ein  Schleier  der  Jungfrauen 
u:..:  L. !/..-.::.  ve!.;:..  —  :\ci:v!.  '.•.i'-.war.i  die  am  Schleier  gehdtet  her- 
.;' i:,i::-::-  —  ::.::  ier.;t.iL^  :ii;t  H.i;;>leuti:er,  Schwäbisches  arehiv  1793. 
J.  '2.11.  H;ius.v.:::.rr  ^:' t  di:<  als  ann^rkunc  zu  einer  Ulmer  hoch- 
Jv:t^:^.inuLJ.   in   welcLer   fecLol    neben   s^^hieier,   von  diesem  durch 


LÜTHEHAKA  45 

komma  getrent,  steht.  Es  will  sich  nur  nicht  recht  vorstellig  machen 
lassen,  wie  „leinwand"  am  schleier  geheftet  „herabhängt",  es  sei  denn, 
dass  es  etwa  weisse  streifen  gewesen  wären.  Frisch  1,  236:  Pächlein, 
eine  art  Schleyer  der  ülmischen  weiber,  wann  sie  zur  hochzeit  gehen, 
stehet  weit  den  obren  ab".  —  über  diese  ülmer  tracht  kann  ich  keine 
weitere  auskunft  geben. 

Bei  Luther  findet  sich  das  wort  in  folgenden  stellen,  in  welchen 
aber  von  schleier  keine  rede  sein  kann. 

In  den  früheren  Bibelausgaben  1.  Mose  38,  18.  26;  sowie  in  den 
predigten  über  1.  Mose  1527.  (Erl.  34,  258.  259):  „Dein  Siegel,  dein 
Fechel  und  dein  Stab".  Hier  ist  es  Übersetzung  des  hebräischen 
Pethil  b^rs  —  schnür,  woran  der  Siegelring  getragen  wurde.  Später 
sezte  Luther  in  der  Bibel  dafür  denn  auch  „schnür".  Er  hat  wol 
ursprünglich  dabei  an  ein  band  gedacht  LXX  haben  bqixia^og,  dim. 
V.  o^fiog^  schnür,  kette,  besonders  halsband,  halsschnur,  dergleichen 
aus  gold  und  elektron  gearbeitet,  schon  die  weiber  des  heroischen 
Zeitalters  als  schmuck  getragen  haben  (Passow).  Vulg.  hat  armilla, 
armring.     Luther  ist,  wie  es  scheint,  der  LXX  gefolgt. 

25,  210.  (Donatio  Constantini)  „wie  unser  Rath  weisse  Fechel  an 
Stiefeln  trägt".  Hier  wol  =  weisse  streifen,  binden,  wie  es  Diotz 
erklärt  Gemeint  sind  in  der  Urschrift  weisse  sandalen,  welche  bei 
feierlichen  aufzügen  zu  tragen  ein  Vorrecht  der  kaiserlichen  Senato- 
ren war. 

35,  333.  (Ausl.  des  1.  buchs  Mosis):  „gleichwie  in  Morgenländern 
Könige,  Fürsten  und  grosse  Herren  haben  pflegen  weisse  Kleider  anzu- 
ziehen, und  weisse  Fecheln  umb  die  Hüte  zu  tragen". 

44,  291  (aus  Wolfenb.  manuscr.):  „Es  sind  etzliche  Narren  gewe- 
sen, die  haben  gesagt:  Die  zwo  Spitzen  an  den  Bischoffhuten  bedeuten 
das  Alt  und  Neu  Testament,  dass  er  solle  die  h.  Schrift  im  Kopf  haben; 
die  zween  Zipfel  oder  Fächlein  hinten  am  Hut  bedeuten,  dass  sie  die 
Lehr  sollen  hin  und  wieder  unter  das  Volk  fliegen  ...  lassen".  Es  sind 
die  zwei  streifen,  welche  sich  hinten  am  bischofshut  befinden,  wofür 
Luther  in  anderen  stellen,  z.  b.  28,  149  „die  zween  Bändel,  fiei  auf 
dem  Rucken  hangend"  sezt    Ebenso  40,  125. 

20)  Bell  in  der  redensart:  das  heil  zu  weit  werfen  =  zu 
viel  sagen,  aufschneiden.  32,  201  (von  den  Juden  und  ihren  lügen): 
^aber  mich  dünkt,  sie  weifen  das  Beil  viel  zu  weit"  —  nach  dem  Zu- 
sammenhang: sie  geben  eine  nicht  zu  glaubende  gi'osse  anzahl  an.  Die 
Verbindung  erklärt  sich  aus  dem  altdeutschen  recht     Mit  dem  hammer 


46  ELAIBEH 

(uisprünjrlich  wol  stroithamnier),  beil.  axt  werfen,  mit  dem  Speere 
sehiessen  usw.  —  bezeichnet  das  mass  einer  entfemung,  eine  abgren- 
zung  und  befugnis  jregenüber  einer  nachbarscliaft  oder  genossenschaft; 
z.  b.  «so  weit  der  wurf  geht,  hat  m«iu  anteil  am  gemeinen,  grund*. 
Oder  ein  müller  liat  das  fischrecht,  so  weit  auf  und  ab  er  von  seiner 
niühle  aus  mit  dem  beil,   damit  er  die  mühlo  srehauen,   werfen  kann. 


c 


(Trimm,  Recht^aitertümer  s.  54  fgg. 

21)  Muderci—  Mutterei.  21,  846^  WA  VI.  458  (An  den  christl. 
adelk  „Und  ist  ganz  ein  Disputation  und  Muderei  draus  [aus  der  behand- 
lung  der  Schriften  des  Aristotflos]  worden*^.  Tg],  dazu  anni.  93  bei  Ben- 
rath  zu  der  schrift:  «Im  urtext  steht  «mudercv^,  was  zweifellos  «müde- 
rt^i"*  sein  soll,  aber  nicht  iredruckt  werden  konte,  da  das  zeichen  für 
den  Umlaut  «ü**  (auch  für  «ä"  und  «ö-»  in  der  officin  fehlte,  aus  der 
unsn^  schrift  luTToriregangen  ist.  Demnach  würde  es  =  abmüdung. 
abmühung.  quälerei  sein.  (Mitteilunir  von  dr.  Frommann  in  Nürnberg). 
—  Anders  Hevne  im  DWb.  s.  v.  .wol  in  der  bedeutunsr  von  ven^ir- 
rung  und  zu  muttich  gehr»rend".  Muttich.  mutich,  mutch  ist  nach 
H«\vne  |D\\1>.)  häufe,  v.irratshaufo,  versttvk  für  obst,  kehricht,  kot- 
haufe,  «ein  weit  verbreitetes  schwierisres  wort**.  Näheres  s.  darüber 
Heyne.  DWb.  Man  kann  nicht  sngen.  dass  diese  erkläning  dem  Zu- 
sammenhang der  Luth.  stelle  widrisprärhe.  Es  steht  ilir  aber  entgegen 
1)  dit*  zweifelhafte  ;»bloitnni:  von  muttich.  2^  s«^dann  das  im  DWb. 
ni'lit  auf::oführte  wi.rt  inutt^-roi.  in  f^'l^rtn  den  stellen,  welches  mir  nnr 
»•nli« 'graphisch  vi»n  nui*l«'rci  vn-srhivden  zu  sein  Si^heint,  aber  einen 
aiiili  rii  sinn  hat. 

W.imnr  VIII.  210.  f bersdi ritt  der  oOk  [37]  psalm  David  ^e\Tion 
•  in i>i'i'ii»n  M»  ns..htn  zu  leren  und  tn^Mru  wider  die  Mütterev  der 
hvlA»  nn  un-i  ■VtVfln  «üevr/ner"   —  veria>st  auf  der  Wartburg  1521  und 

an  ila^  «liiiiitl.-in  Chiisti  zu  Wittenberg:"'  srrrichtet. 

«- 

Kbd.  21'».  2:  «Warnini»  woltistu  z-^nien,  so  vhr  mütterev  so  ein 
kuiT/  ^^•••*.'n  IM".  Hi'T  Icsin  zwar  Wittenberg,  Jena  und  Erlangen 
.^^•.  12-^  n;  ur«  r -i.  Di»s»'^  den::e  zurück  auf  das  nitHlerdeutsche  mute, 
MVi.'y,  n.  ir-  -  i:iak«r.  unriih- stiftir.  autVührcr.  Lübben-Walthcr,  m. n. 
'].  •  ..•.":- aI».  Ai"  I  ai'-T' <'h'n.  da.<s  die  biileutung  «aufrulir*^  durch- 
a;-  1- :.i  >ii.n  «:•  -  ;.  \ti>  wiiji  istrtibr.  haben  die  eisten  drucke  alle 
-iii :.:•■  r- i**.  >■•  ■ia^>  W.  imar  gar  kvine  Variante  anführt. 

Ma:.  vjl.  r.-iu  «ii«'  !ar.  üi^«  isrtzung  Viteb.  7,  516.  Diese  gibt  die 
"lil- !-<  iiri::  lirs  p^alm  s-»:  «i>n.i  <•  danila  iracundia  in  adversitatibus  ab 
impiis  h.^niinibus  iliatis"   uml  die  zweite  stelle:   cur  irascaris  cum  ilio- 


LUTHERANA  47 

rum  vesanae  temeritati  pusillum  tempusculum  concessum  sit  ^Mut- 
terei"  muss  demnach  ==  ^quälerei,  zornige  feindschaft"  sein,  und  ist 
abzuleiten  von  mudern  —  nach  Heyne  DWb.  s.  v.  1)  «»  maudem  == 
kränklich  sein.  2)  grollen,  brummen:  mit  einem  müdem,  oder  on 
reden  gon,  feindschaft  und  neid  gegen  einen  tragen,  simultates  cum 
abique  habere,  Maaler  (1561).  Müdem,  brumlen,  und  nicht  heiter 
ausbin  sagen,  mussare.  Calepin  (1570).  Das  ist  der  schleim,  den  die 
astronomi  vor  den  äugen  haben  und  so  es  gesagt  wird,  so  mudom  sie. 
Paracelsus.  —  Es  sind  das  zwar  oberdeutsche,  alemannische  quellen, 
aber  darum  doch  nicht  verwerflich,  da  keine  andere  ableitung  sich 
finden  will. 

22)  Hess  —  eine  schneidende  wafFe  von  sonst  unbekanter  art 
Weimar  XIII,  62,  21.  (Praelect  in  proph.  min.)  ad  Hos.  13,  8.  disse- 
cabo  gladio  cor  eorum.  —  „Ein  hess  odder  spitz  vel  gladium  significat 
verbum  hebraeum"  [niao  —  segor  —  welches  nach  einigen  =  speer, 
lanze  sein  soll].  —  Das  wort  ist  sehr  selten.  Schmeller  (2.  aufl.)  1,  1179 
hat  folgendes:  Hess  wird  in  Lang  und  Blondeau's  bist.  ba}T.  nachrich- 
ten  1,  208,  als  eine  der  waffen  angeführt,  die  zur  zeit  der  schlacht 
bei  Mühldorf  noch  gebraucht  worden  seien  —  parazonium,  stossdegen, 
waidner,  ein  hess.  Nomencl.  1629.  —  Kilian:  hesse,  stootdegen.  — 
Zugleich  verweist  er  auf  Bremisch -nieders.  wb.  5,  387.  Hier  lesen  wir: 
„Hessen  war  bei  den  alten  eine  art  gewohr,  wir  wissen  nicht  welche. 
Nordfries,  landrecht  art.  65.  Item,  so  schall  ein  jeder  de  vörligte 
[gefahrliche]  Gewehren  cddcr  Wapcn,  als  kleene  und  grote  Führ  [^ 
röhre,  feuerrohr  —  sonst  mtr-rör  —  Lübben -Walther,  Mnd.  hand-wb. 
s.  548],  lange  spätdegen  [spet,  spit  ==  spiess,  Lübben -Walther],  lange 
hessen  und  lange  brodmesser  —  afflegen  unde  nicht  gebruken,  noch  by 
sik  finden  lathen".  Dazu  fügt  Heyne  im  DWb.  s.  v.  noch  bei  aus 
Fischart,  Garg.  118'  „poniart,  weidner,  hessen,  mortpfriemen".  Wei- 
tere belege  sind  mir  nicht  bekant 

Grimm,  Gesch.  d.  deutschen  spräche  (4.  aufl.  542)  bemerkt:  „aus 
der  alten  spräche  kann  ich  eine  solche  waffö  nicht  aufweisen";  er  ver- 
mutet einen  Ursprung  der  bezeichnung  aus  der  landschaft.  —  Es  fragt 
sich  doch,  ob  nicht  folgendes  eine  spur  zur  erklärung  dos  wortes  bil- 
det Heyne  im  DWb.  4,2  s.  739  führt  auf:  Hechse,  ein  krummes 
messer  der  gärtner.  —  [Nach  Golems,  hausbuch  bei  Frisch  1,  450: 
Hexe  —  „die  wurzeln  des  hopfens  mit  einer  hexe  oder  sonst  scharfen 
messer  abzuschneiden  —  wird  nach  der  ähnlichkeit  mit  hachso  =  knie- 
bug  in  den  hinterfüssen  der  tiore  seinen  namen  haben".]  —  Diese 
hechse,  kniebug,  lautot  aber  landschaftlich  heseue,  heisone,  hese,  hesse. 


48  KLAlBEft 

—  Schiller- Lübben,  Miitelniederd.  wb.  hat  nur  das  zeitwort  hessen 
vom  mhd.  hehsenen  =  die  sehne  durchschneiden  z.  b.  den  pferden, 
was  eben  auf  heclise  zurückgeht.  Er  fragt,  ob  das  schneidende  Werk- 
zeug ^hess**  sich  nicht  eben  davon  herleitet,  und  allerdings  später  in 
weiterem  sinne  gebraucht  wurde.  Doch  soll  das  nur  als  Vermutung 
vorgetragen  sein. 

23)  Xanlporen.  18,  28.  (Predigt  über  Lucä  19,  41—48.  1531.) 
Sie  [die  söldner.  laadskne<:*hte]  «regieren  und  maulperen  den  Hausherrn 
und  bändigen  jedermann  nach  ihrem  Sinn**.  —  Ton  dem  gewalttätigen 
UMiehmen  d».*r  söMner  im  ei^renen  land  —  entweder  =  aufs  maul 
schlagen  oder  =   grobe  Worte  führen  —  vielleicht  beides  zusammen. 

Das  zusanmiengeseztc  verbum  maulpeivn  steht  nicht  im  DWb., 
wol  aber  bereu  --  ferire,  caedere,  teri're  —  mit  citat  aus  Keller,  alte 
^ehwiinke: 

spil,  darob  man  spilt  und  shwert, 

und  auch  dabei  umb  die  nieuler  bert 

In  anderem  sinn  komt  die  a-densart  «das  maul  beren*'  so  vor:  citat 
bei  Orinmi  s.  v.  beron.  Seb.  Fnmk  Trunkenheit  G.  3**:  Kein  voller  hat 
in  Wahrheit  Gott  zu  Herrn,  ob  er  schon  allzeit  von  Gott  das  maul 
bert  (im  munde  fiihrti.  Ähnlich  Sehmid,  Schwäbisches  wb.  1831  s.  379: 
•das  maul  bär»Mi  —  sich  mit  kecken,  beleidigenden  Worten  rechtfertigen 

-  -   baren  prae  se  ferre.  oflfen  zeigen. 

24)  Xatthias<-h  —  ein  Xattliiaske.    39,  297.    (Auslegung  des 

101.  psalms  zu  v.  2i:  «Gutt  gebe  dem  Herrn  einen  gefurchten,  ernsten, 
i:estren;:en  Muth  eines  Helden,  der  schier  halb  müsse  Matthiasch  oder 
tvrariiii>eh  >ein.  und  irar  Niemaufl  niihts  vertraue*.  —  Kurz  darauf 
(v.  lM«^i  »Tzähit  t-r,  dass  die  tursten  über  kaiser  Friedrich  HL  geklagt 
IiiiIm-ii.  „da>s  er  zu  Hi-te  habe  lassen  iviriern  den  Brüheschenken**  und 
tiL't  i'vi,  ili..«*.!»!  kai>er  hab»-  es  «an  Weisheit,  Vernunft  und  Macht  nicht 
L'vfiiliiet:  a'»»er  der  Muih  und  (tedanken,  ilie  es  thun  sollten,  waren 
iliin  vmu  <n..tt  iiirht  ceirel'en.  Wäre  er  ein  Matthiaske  gewesen,  der 
luirte  Brüh»  •*•  lii.'iiki  n  mit  Frühe-  und  Abendschenken  auf  einen  Haufen 
i:.xt..>x,.u,  uji.l  wäre  ihm  dennoi-ii  hinaus  p*;rania'n".  Der  sinn  der  Mat- 
tlii:i>«ii  ..idr.-r  Matthia.'-ke  ist  wul  deutlich  --  kräftig  durchgreifend  han- 
.le!i..l. 

D»r  au<dru«k  tinil*t  sieh  n"ch  einmal  Tischreden  Erl.  61,326. 
F'ivtenKiiin  4.  174:  ,.E>  i>t  wahr,  wenn  ein  rechter  Hauptmann  daist, 
da»  man  r'ui*'U  Matia.<i;hki-n  hat.  fla  tindet  man  wohl  Leute,  die  da  wil- 
liirlieh  Tribut  i:h}.h»ii,  auf  dass  ein  LindtViede  erhalten  werde^.  —  Auf  die 


LÜTHERANA  49 

richtige  erklärung  führen  die  Coli,  lat  ed.  Bindseil  I,  379.  „Ungaria 
regio  fertilissima  et  ditissima  auri,  dedit  regi  Matieesco  quotannis  60 
thonnen  goldes.  Nunc  vero  ita  expilata  ab  Episcopis,  ut  rex  mendicus 
tuerit^.  Ebd.  ü,  137.  „Matiesko  fait  optimus  Imperator,  der  druckt 
hernach  mit  kopfabhauen*',  d.  h.  gibt  seinem  regiment  nachdruck  mit 
strenge.  Luther  hat  im  äuge  den  kräftigen  regenten  Matthias  Cor- 
vinus,  1458  zum  könig  von  Ungarn  gewählt,  wozu  später  auch  Böhmen 
und  ein  teil  von  Ostreich  kam,  so  dass  er  seine  residenz  nach  Wien 
verlegte,  wo  er  1490  starb.  Er  war  Zeitgenosse  von  kaiser  Friedrich  IQ., 
mit  welchem  'er  auch  kriegerische  Verwicklungen  hatte.  So  erklärt 
sich  volständig  Luthers  äusserung  zu  ps.  101.  —  Hier  ist  er  durch  das 
hebräische  Mathai  auf  den  Mathias,  Mathiaschko  geleitet  worden.  Ähn- 
Uch,  wie  Weimar  VIII,  231  ad  psalm  34,  35  „eyn  solchen  bedeut  das 
hebreisch  wortlin  Aritz  [y"^r],  das  ich  hab  vorteutscht  „grewlich".  Das 
bedeut  auch,  das  er  dazu  thut  Er  brüstet  sich  und  war  furbrechtig, 
thuet  sich  erfur,  was  etwas  sonderlich  vor  allen  usw."  Dazu  ebd.  232,  2: 
„Ists  nit  war,  zu  unseni  zeyten  ist  Bapst  Julius  auch  eyn  solch  man 
gewesen?  Wilch  eyn  Aritz  und  grew lieber  hen*  war  das?"  —  Ein 
älmliches  Wortspiel  mit  dem  hebräischen  findet  sich  Erl.  38,  153  zu 
psalm  17,  4:  „Pariz  ["p^o]  heisset  ein  Streifer,  Parisienser,  vom  Aus- 
reissen  oder  Ausbrechen,  dass  einer  zur  Seiten  ausreisset  zur  Schnapf- 
ecken  und  da  lauret  anf  die  Wanderer.  —  Da  stehen  sie,  und  zeuget 
über  sie  Gottes  Urtheil,  dass  Mörder  sind  Zwinglius,  Hess,  Eck.  Ur- 
sach ist,  dass  sie  das  Wort  nicht  achten,  sondern  die  Werk.  Welche 
nu  Solches  thun,  die  sind  Mörder  und  Parizer".  Möglich,  dass  Luther 
bei  dem  „ Parisienses "  auch  an  das  „urteil  der  Pariser  theologen"  ge- 
dacht hat 

251.  Hai|>  Jakob  werden.  47,  224.  (Predigten  über  3.  und 
4.  kap.  Joh.  —  Wolfenb.  manuscr.):  „Dieweil  wir  dem  gottlichen  Wort 
keine  Ehre  anlegen  . . .,  derhalben  so  hören  wir  das  Wort  nicht,  und 
wird  Keiner  gerne  gehört,  er  hab  dann  eine  gute,  helle  Stimme.  Wenn 
du  dahin  kompst,  so  bist  du  allbereit  halb  Jakob  worden,  wenn  du 
mehr  siebest  auf  den  PfaiTherr,  dann  auf  Gott,  und  siebest  die  Person 
Gottes  nicht,  sondern  gaffest  allein  dorauf,  ob  die  Person  [der  prediger] 
gelehrt  und  geschickt  sei  und  gute  Sprach  oder  Ausrede  hab".  —  Ist 
das  etwa  =  ein  halber  Jakobsbruder,   der  da  und  dorthin  läuft,   um 

1)  Im  liaclifolgenden  möchte  ich  eine  leicht  noch  zu  vennehrendo  anzalil  von 
Wörtern  und  redensarton  aufführen,  für  welche  nur  eme  sichere  erklärung  aufzufhi- 
den  bisher  nicht  gelungen  ist  £s  möge  zugleich  aufrage  au  besser  unterrichtete  um 
aoskuiift  sein. 

ZEITSCHRIFT   F.    DEUTSCHE  PHILOLOGIE.      BD.   XXVI.  4 


r>0  ELAIBER 

sein  heil  zu  suchen,  statt  allein  bei  Gott  und  seinem  wort?  Im  vor- 
luM'iroluMulen  ist  von  solchem  laufen  nach  walfalii-tsorten  die  rede,  wenn 
auch  S.  Jakob  selber  nicht  genant  ist. 

2ti)  Flaisi*ho  —  in  tropischem  sinne,  aber  welchem?  6,  416  (Haus- 
jiost.):  AVer  sind  die  grossen  Doctores  der  Rechte,  der  Fürsten  und 
Kr^nigv^  Kanzler,  des  Kaisers  Räthe  usw.?  (jemeiniglich  armer  Leute 
Kinilcr:  dieselben  müssen  die  Aerbeit  thun,  I^and  und  Leut  regieren; 
die  andern  sind  nur  der  Füi-stt'n  Flaschen. 

Pictz  führt  die  stelle  nicht  auf.  Grimm,  DWb.  gibt  keine  aus- 
kunft  Flasche  ---  lagena,  will  keinen  i*echten  sinn  geben;  etwa  =  die 
sich  von  dem  fürstcn  anfüllen  lassen?  —  Berghaus,  Sprachschatz  der 
Süsser,  führt  auf:  tlasch,  Hasche,  tlaske,  ilaatsch,  ein  abgerissenes  stück 
tloiscii,  iiaut,  hol/.  I)iiniscii  tlaske,  schwedisch  flaska,  englisch  flask, 
angcls.  tlaxo  —  woraus  sich  aber  nichts  will  ableiten  lassen.  Oder 
licsse  sich  hierher  ziehen,  was  das  Brem.  nieder?,  wb.  1,  404  bringt? 
«tle^stMl,  tläciisen,  von  tlachs.  UneiiTentlich  braucht  man  es  von  men- 
sciion,  für:  subtil,  iir>tlicii,  schmeichelhaft,  beugsam,  demütig.  ^He 
kan  s»»  flessen  körou**:  er  kann  in  seinen  reden  sitsam  und  höflich 
tun.  schmeicholiiaft  ivdon.  Mit  dieser  re«lensart  komt  überein  das  west- 
phäÜM^he  tlaasker,  einem   nach  dem  maule  reden". 

Konto  man  darnach  in  obisrer  stelle  •tl;v?chen~  =  Schmeichler, 
fuchsschwanzer  nehmen  ? 

27)  Stehen  wie  die  besdioriie  iiiSnnlein.  26,  317  (Y.  d. 
widertaufe  1327k  „Wenn  diese  phichtiire  I-iisterwort  iHundsbad,  Bader- 
kmvht.  Randvoll  Wasser  usw.)  sind  ausirewest,  so  sind  sie  gestanden  als 
die  boclb'n^n  Mannliii.  und  ist  niihts  nu-hr  dahinten  gewest,  damit  sie 
iiiren  Irrriiuir.  bcsi  Inniiru''.  rii^tAlr;iv'k!r-  pivdiinen  iPoach)  ed.  Buch- 
wald "^  l  s.  h>7.  lad  Marth.  2l\  ir>-  22i:  „Die  rottengeister  füren 
Spruche  und  v  i^litu  iu>  talw  u.  liMi-ii:  i««.is  t:*os  vicimus,  quia  est 
v*or.;ra  Pcuv.v  Idc^'  >:chc::  >io  si.ni:  :>r:  riiarisiioi.  Item  tu  es  Petrus; 
;;in;  sTcl\tM\  lia  wit^  iiio  lv>v-ii«  n  ri  ir.vn'*:!;". 

1\  V  s:v.n  :>:  bi>.'i;a:ui  «;.\<:»hin,  ^::wa  wie  in  der  häufigeren 
l^^i^ '..v,!::.  ,i.i>:;i;i  n  w  ^  ,\:r  x^U'.u:  i.i'.t  l•l:^^.:  ^u-itor  k»'ainen).  Aber  wie 
>;   .:;c    :  .icr.^w:   s- .^  v     ;;     :K'.a»Ay;":     S:o  :ohlr  Ivi  Diet2  und  Grimm, 

mvb 

-^     llamor>totiä:,     i'^.  JJi^       IV.^i-.c:   :in^.    dreikönig^fest   1521.) 

„l\i>x  '.  .•>,  :  :.  i  !.  •••.v.ri/'V,  .^  '.,  :.;r.>  r>:v:io.n  Schelmen  [den 
.i  ■        Vi."      :::^-  ^^    •  -:   :,:>*>:•,     :.vs     r  :.::  ru  ü^il  werde,  die 

•    s  . ;         .,:v  K  :..     ;   ,%   ,:; Kx  •;>:  ^--»s  bild  eines  stetigen 

;■.»  .  >^       V:-:     ;.>      >.;'•:  :\,»;   :•:    ,i.i  =  k:.\    r::*;e   ich    in  keinem  wör- 


LÜTHESANA  51 

terbttche.  Zur  erklärung  des  „hammer''  kann  ich  nur  anführen,  was 
Heyne  im  DWb.  unter  hammer  gibt:  „auch  der  durchtriebene,  dreiste 
mensch  wird  landschaftlich  ein  hammer  genant:  dat  is  en  hamer, 
Brem.  wb.  mit  einem  davon  abgeleiteten  adjektiv  hamersk:  en  hamers- 
ker  kerl  —  ein  verzweifelter  kerl,  der  sich  an  nichts  kehrt".  —  So 
auch  Berghaus,  Sprachschatz  der  Sassen. 

29)  KSrestein.  Das  wort  findet  sich  nirgends.  Es  ist  in  fol- 
gender stelle  ohne  zweifei  =  ein  ausgewählter  stein;  ein  von  Christus 
selber  zuerst  erwälter  apostel  —  von  Luther  gebildet  nach  dem  Sprach- 
gebrauch, welchen  Frisch  anführt  1,  169  s.  v.  chur  —  kür  lacken, 
Mathes.  —  ab  opificii  coUegio  probatus  —  kurtuch,  in  Enaut,  Altengel- 
lische  Chronik  —  bei  den  tuchmachem  zu  ßosswein,  das  tuch,  so  die 
vier  meister  für  würdig  und  wol  bereitet,  gefunden.  —  Koren  überhaupt 
=  erwählen,  auslesen;  verkoren:  verwerfen. 

Adelung:  etwas  gut  kören,  sagt  man  noch  jezt  in  Niedersachsen 
für  gut  heissen,  billigen. 

48,  93.  (Ausl.  des  6.-8.  kap.  Joh.)  ad  Joh.  6,  66.  68:  „wie 
denn  Judas  auch  ein  Apostel,  auch  höher  ist  geweihet  gewesen  zu  die- 
sem Ampt,  denn  kein  Papst,  denn  er  war  ein  Körestein  der  Christen- 
heit, wie  Petrus  und  die  andern  Aposteln:  dennoch  fallet  er  dahin". 
[Yulgata  1.  Petr.  2,  6  lapü  electits  Kawerau.] 

30)  Einen  gespalten  ftiss  haben  —  (nicht  bei  Dietz). 

19,  369:  „Soll  man  sehen,  was  gut  oder  böse  ist, ...  so  müssen  wir 
einen  gespalten  Fuss  haben,  und  Gottes  Lehre  scheiden  von  Menschen- 
lehre'*. [Ist  wol  allegorische  anwendung  von  3.  Mos.  11,  3,  wo  die 
tiere  mit  gespaltenen  klauen  als  rein  bezeichnet  werden.    Kawerau.] 

31)  Ausbrftunen.  45,  44.  (Aus  Wolfenb.  manuscr.):  „Ein  fromm 
Weib  spricht:  Ich  meine,  man  hat  die  Huren  wol  ausgebräunet  Wo- 
rumb  zürnet  die  nicht  auch  drumb?  Das  macht:  sie  ist  unschuldig 
[d.  h.  sie  fühlt  sich  nicht  getroffen]". 

Grimm,  D.  Wb.  s.  v.:  fuscare,  die  sonne  hat  ihn  ausgebräunet; 
dazu:  „Was  bedeutet  es  aber  in  folgender  stelle:  Wenn  sie  nicht  münich 
und  pfafien  und  allerlei  andere  schwermer  ausbreunen  und  derzausen 
[d.  h.  zerzausen]".  Mathesius  51'  —  verbrennen?  rösten?  Aber  D.  Wb. 
n,  326  hat  Grimm  s.  v.  bräunen  noch  ausbräunen  =  schelten.  Die- 
ses passt  zu  obiger  stelle  aus  Luther  sowie  aus  Mathesius.  Aber  wo- 
her diese  bedeutung?  Ich  denke  so.  Frisch:  bruniren  bei  den  gold- 
schmiden  so  viel  als  polieren,  glänzend  machen.  Schiller-Lübben: 
bruneren,  glänzend  machen,  putzen  mit  Verweisung  auf  mhd.  wb.  — 
Bei^haus,   Sprachschatz   der  Sassen:   brunen   1)   braun   machen,    von 

4* 


52  rr  ^nmtf 

der  sonne;  2'i  =  beizen,  doreh  brennen  oder  scheidewaser.  —  Dar- 
nach würde  sich  ergeben:  ausbraunen  etwa  =  ausfegen,  putzen,  aus- 
putzen: tropisch  =  schelten,  ausschelten. 

32)  SSeker.  neben  sudeler  und  humpeier  39.  303l  (AnsL  des 
101-  ps.  1534».  -Wenn  Faulwitz  [bei  Luther  Übersetzung  ron  Trokv- 
.focru'.vrrt:  viel  zu  schaffen  haben,  da  nichts  befohlen  ist.  und 
da  lassen,  da  viel  befohlen  ist~  s.  300]  drinnen  [am  hoCe.  bei  den  die- 
nern eines  furstenj  erfunden  wird,  so  hat  sie  der  Mehlthau  c»der  wie 
e^  Isaias  nennt,  der  Faulre^^en  verderbet,  und  werden  eitel  Sudeler, 
Hümpeler.  SC'cker  draus,  die  viel  versäumen,  und  Niemand  Nichts  zu 
Liebe  t«der  Dank  machen  n^x-h  tun  können*. 

Was  ist  söokerr  Yon  sämtlichen  mir  zu  seb^M  stehenden  lexi- 
kaiischen  hilfeniineln  bietet  nur  Schiller -Lübben.  Mittelnd.  wh.  2.  238. 
4.  2>6.  6.  2o6  s-jker  =  sucher:  haussucfeer.  rei^uiäivr.  z.  b.  eines 
gesstrhienen  ffuts:  dann  aber  auoh  =  der  eines  andern  *eld  sucht. 
räutyr.  4,  2>4  s-: k-eJruni :  der  d-ec  tmnt  sucht.  sohman:»tzer  — 
WAS  iiLoht  berprh-"n\  Ater  in  der  La±enschen  stelle  will  .rauber'' 
Eich:  passen.  Xdch  dem  zusacimenhanj  is:  nicht  der  wissentlicfa  imd 
ahäoiitlicfc  uiire*iliche.  diebische,  uuch  nioh:  der  schmanxzer  gnneint 
s.  zidem  der,  welcher  ciir.^  ucpas^ecde  pes»?Lifti^keit  und  dadurv4i  her- 
KiperiiLiine  iiiciL.jSij'ijrkei:  im  «icbefoblecec  •.f^i.r-TÄruiviV^»  »Jie  saefae 
seines  hrrm  verierbt. 

3;v'  \f^m  kaWr»ek  =  stT>»li>ad[!  stesea.  6.  o.  «Hauspost) 
..Wenr.  sir  i:e  M'inohe  -.mi  Pfaffrii^  Mrsse  ^halten  und  g^ssungen 
hatyi..  iec'irn  sir,  >:e  Lirrü  es  all-.s  vvrTi:hrec.  sir^ren  uriserm  Herrn 

•?.  2v'>.  Hiusirs:.  •Büu-.T.  Bür^.r.  Kn^.hte.  llÄrie  hOnrn  wohU 
•Liss  s:e  i-i:  K.ü<*- r  jr-rC^^r.  >.!'.- li.  w^s  >>  Kaisers  5sc:  al-er  sie  sün^n 
iLni  ri  i:  T  LI  HäC^er^a/i   Ijc-i:::    >:r  srb.ec    ieii  K:kis«rr  Ei^^t:  an.  gerad 

!•.-•::  -i-i  v-n-.r:.  DW*:  flii>::  .L.e  r^ieii>art  !ii-.4i:  au£  Der 
>:•-..   i-,r>..  :rr.  >:  :zi  ä^^. :*.:-.::.-:•::        >:.   i-in:r-:er:i  >cvfi  nicii:  im  gering- 

.:  .      :  :    ::-.r.Tr.-.r^;i.     Ijli:-    -'iz:    r: :>r s^ . rru:ss*:k    tiSeriisiupt    der 

*-.:•-.::-.   ".;*.>:•:..   ä1>.     '^r  '-.-.»ir:^:.  '-.::'.    r:-*":ri-x.    ni-js^  in  sprioli- 

w   r:    -i-.:-   >.•"-■_  roj::-:.  -.:=.-    r. ..-   ^.s::-.:  l^r^rc     S;  '.TStfL  wir  in 

-es:  •:--:  ii  --r-.c-  c^r-z^c  :-l  iiaKv..  •.;'-:..:  cjirt  s*::i:er.  s*.- rikc  er  gute 


LTJTHERANA  53 

wort,  schickt  jhm  einen  Hirschen,  klopft  jhn  auf  die  Achsehi,  lechelt 
jhn  an,  ladet  jhn  zu  Gaste,  legt  jhm  das  beste  Theil  für,  bis  er  jhm 
ein  Tausend  Gülden  oder  vier  leihet  und  fürsetzet;  wenn  dann  das 
Geld  hinweg,  zeiget  er  jhnen  nicht  den  Habersack,  spottet  sein  darzu, 
und  muss  hernach  der  arme  Mann  beyde  den  Hirschen  und  die  Mal- 
zeit tewer  gnug  bezahlen^. 

Hier  ist  der  „habersack"  das  geringe,  das  etwa  einem  knechte 
zukomt,  gegenüber  dem  zuvor  als  einem  freunde  gereichten  kostbaren, 
wertvollen.  Sinn:  er  lässt  ihm  nachher  nicht  mehr  das  geringste  zu- 
kommen. 

„Das  singen  vom  habersack "  scheint  aber  zugleich  anzuspielen 
auf  einen  landläufigen  gesang.  Bei  Luther  6,  5  ist  es  wol  noch  ein 
Wortspiel  zwischen  dem  singen  in  der  messe  und  dem  singen  eines 
sonstigen  liedes.  Der  sinn  wäre:  wenn  sie  —  äusserlich  —  unfromm, 
ihren  messegesang  abgemacht  haben,  achten  sie  Gott  nicht  so  hoch, 
dass  sie  ihn  nur  einer  so  geringen  ehre,  als  das  singen  eines  solchen 
geringen  liedes,  würdigten.  Aber  was  für  ein  lied  soll  es  sein?  Ich 
stelle  zur  frage,  ob  irgendwie  hieher  gezogen  werden  könte,  was  Heyne, 
DWb.  s.  V.  am  Schlüsse  bemerkt:  „Der  habersack  war  auch  der  titel 
eines  unzüchtigen  liedes  (Mumer,  Luth.  Narr.  579),  das  noch  jezt  im 
Osterlande  gesungen  wird  und  von  einem  edelmann  handelt,  der  in 
einem  habersack  sich  zu  einer  müUeretochter  bringen  Hess.  Gargant. 
28,  6  steht  der  anfang  dieses  liedes".     Bei  Murner  steht  dieses: 

Ach  Gott,  riefif  ich  es  in  Himel  yn, 

Wil  es  dan  ye  beschworen  syn. 

Und  hilft  auch  weder  guk  noch  gack. 

So  sing  ich  nicht  den  Habersack, 

Ich  sag  bei  gott  als  [alles]  das  ich  weiss. 
Kurz  in  s.  ausg.  von  Murners  Luth.  Narren,  1840,  s.  223  gibt 
keine  erklärung,  sondern  verweist  nur  auf  Fischart.  Der  sinn  kann 
aber  nur  sein:  ich  singe  keine  lose  erdichtung,  d.  h.  nach  dem  Zusam- 
menhang: nichts  unwahres.  Bei  Fischart,  Gai'g.  ed.  Aisleben  1891  s.  34 
lautet  das  lied  also: 

Es  wohnt  ein  Müller  vor  jenem  Holz 

hat  ein  Töchterlein,  das  war  stolz, 

zu  der  Hess  sich  ein  Reuter  strack 

bringen  in  einem  Müllersack, 

zu  Nacht  rührt  sich  der  Haber  in  dem  Sack.  — 
Damit  bricht  Fischart  ab.     Bei  Luther  könte  man  eine  anspielung  auf 
dieses  lied  nur  annehmen  in  dem  sinne,   dass  es  wäre  =  von  dem 


54  KLAIBCK 

allorgcwölinlirhsten ;  dann  müste  dlo  redcnsart  schon  ganz  sprichwörtlich 
gewesen  sein. 

Von  einem  strohsack  singen  findet  sich  38,  30  (Ausl.  der 
25  ei-sten  psalmen  1530)  ad  ps.  4,  8  (ob  jene  gleich  viel  wein  und 
körn  haben):  ,,die  Gottlosen  haben  die  Freude  des  Worts  nicht,  sondern 
sie  freuen  sich  defz,  dass  sie  Korn  und  Wein,  das  ist  Beichthum  und  den 
Mammon  dieser  Welt  haben,  wie  die  Päpste  und  Mönche;  die  singen 
unscrm  H.  Gott  von  einem  Strohsack;  wenn  sie  nur  ihre  Stifte  und 
Klöster  haben,  das  ist  ihr  Fi-eude*'.  Hier  ist  w^ol  strohsack  «  lager, 
gutes  lager,  zugleich  aber  in  der  ncbenbedcutung  des  nichtigen  und 
geringen,  gegenüber  dem  wahrhaft  wertvollen,  dem  geistlichen. 

34)  Bcrösteii.  2S,  231.  (Acht  sermone  gehalten  nach  seiner 
rückkehr  von  der  Wartburg  zu  Wittenberg  1522). 

„Es  ist  gcwislich  der  Teufel  furhandcn,  aber  wir  sehens  nicht.  Ks 
muss  einer  gar  ein  guto  Kohle  haben,  wenn  man  den  Teufel  will 
schwarz  machen  [d.  h.  in  seinen  wahren  Farben  zeigen];  denn  er  will 
auch  gerne  scliöne  sein,  wenn  er  auf  die  Kirclimesse  geladen  wMrd. 
Also  muss  man  ihn  berösten  und  fahen.  Man  spreche  also  und  frage 
einen,  der  viel  Bilder  machen  lässt:  Lieber,  siige  mir,  stellest  du  darumb 
<Ue  Bilder  in  die  Kirchen,  dass  du  vermeinest  Gotte  ein  Dienst  und 
Wohlgefallen  daran  zu  thun?  Spricht  er,  Ja;  wie  er  denn  gewiss  Ja 
sprechen  muss;  so  kannst  du  bald  draus  schliessen  und  sagen,  dass 
er  ein  Abgötterei  habe  draus  gemacht  usw.''  —  Dietz  erklärt  das  wert 
nicht,  sezt  nur  ein  fragezeichen  und  bemerkt:  der  sinn  ist,  verfäng- 
liche fragen  vorlegen.  Das  entspricht  allerdings  dem  folgenden  text 
Luthei*s.  Es  solte  ein  mittel  bezeichnen,  d(Mi  teufel  zu  berücken  und 
zu  fangen;  aber  welches?  Wie  ist  überhaupt  berösten  sprachlich  zu 
erklären?  Grimm,  DWl).  hat  nur:  rubigine  corripi.  Sonst  ist  mir, 
wiis  etwa  hierher  gezogen  werden  könte,  und  was  ich  zur  frage  stelle, 
aufgestossen  Schiller- Lübben,  Mud.  wb.  3,  511:  rosteren,  rustercn,  an- 
halten, in  besclilag  nehmen,  z.  b.:  De  Hertog  van  Holsten  heft  al  de 
scepe  [schiffe],  de  in  den  sunt  quemen,  gerustert  imd  angeholten.  — 
Die  lateinische  Übersetzung  der  Luth.  stelle  Viteb.  7,  278  hat  das  berö- 
sten nicht  besondei*s  ausgedrückt,  sondern  nur:  atquo  sie  oum  capere 
possuni  si  dicam. 

Oder  solte  „berr)sten''  etwa  zu  nehmen  sein  =  den  [sich  weiss 
stellenden]  teufel  schwarz  machen,  d.  h.  seine  wahre  färbe  geben  und 
ihn,  indem  man  sein  wahres  wesen  aufdeckt,  fangen  [=-  überwinden]? 
Dem  Zusammenhang  wäre  es  entsprechend,  aber  ob  sprachlich  gerecht- 


LÜTHEKANA  55 

fertigt?    [Bei  Schade,  Satiren  I,  158  steht  berüssen  =  mit  russ  schwarz 
machen.     Eawerau]. 

35)  Dautaffe.  48,  213.  (Ausl.  der  6  —  8  kap.  Joh.)  „Kein  Narr 
oder  Dautaffe  von  Botten  und  Papisten  ist,  der  es  nicht  will  nachthun 
[d.  h.  Christo  nachtun  im  lehren]". 

Dautaffe  komt  weder  in  Grimm,  noch  in  Dietz  vor;  ich  habe  es 
^uch  sonst  nicht  finden  können.  Ich  möchte  zurückgehen  auf  doten 
(Lübben-Walther,  Hwb.  s.  83)  nänisch  sein,  insipere. 

36)  Malkalb.  20,  2  s.  573.  (Vier  predigten  gehalten  zu  Eis- 
leben 1546.)  „(Die  Juden)  heissen  die  Jungfrau  Maria  eine  Hure, 
Christum  ein  Hurenkind;  uns  heissen  sie  Wechsellbälge  oder  Mahlkälbcr*'. 

Heyne  in  Grimm,  DWb.  s.  v.:  Malkalb  =  „gezeichnetes  kalb,  kalb 
als  misgeburt''.  —  Das  lezte  ist  wol  richtig,  weil  es  synonym  mit  wech- 
selbalg steht  So  findet  sich  auch  49,  119  (Ausl.  des  14.  — 16.  kap. 
Joh.):  „ein  Monkalb  oder  Wechselbalk "  —  wie  Mondkind,  monkind: 
8,  229  „da  ein  unrechte,  unvertragene  Geburt,  oder  Monkind  von  ihm 
selbs  dahin  stirbt  und  verdirbt''.  Aber  die  erklärung  des  „mal''  durch 
„gezeichnet"  will  mir  nicht  genügen.  Es  hat  zwar  seine  analogie  an 
maiswein,  Schiller-Lübben,  Mnd.  wb.  3,  17  „ein  mit  einem  mal  bezeich- 
netes und  als  mastberechtigt,  zum  trieb  in  den  wald  berechtigtes 
Schwein";  afmalen  =  „dem  schweine  das  betreffende  zeichen  auf- 
brennen". Man  könte  dazu  nehmen  bei  Luther  etwa  47,  349  (Ausl. 
des  6. — 8.  kap.  Joh.)  „gleichwie  man  eine  Kuhc  oder  Schaf  mit  Röthei- 
stein malet".  Ich  weiss  nicht,  ob  sich  ein  beleg  für  malkalb  in  diesem 
sinne  findet  Aber  das  „gezeichnet"  scheint  mir  für  die  synonymität 
mit  wechselbalg  und  der  parallele  von  mond  kalb  zu  wenig  significant 

Ich  möchte  vielmehr  auf  den  niederdeutschen  Sprachgebrauch  des 
mal  zurückgehen.  Schiller-Lübben  3,  10:  mal,  verrückt,  seltsam, 
wunderlich  (noch  jezt  im  lebendigen  gebrauch).  Ebd.  s.  14:  malheit, 
Verrücktheit,  torheit. —  Brem.-nieders.  wb.  3,  21:  mall,  unklug,  töricht, 
unbesonnen  in  der  aufführung.  Ein  mallen  geck:  ein  törichter 
mensch,  ein  windiger  narre;  mallen,  töricht  reden  und  handeln.  — 
Berghaus,  Sprachschatz  der  Sassen  2,  475:  mall,  mallerig,  mailig,  adj. 
arg,  fatal,  schlinmi,  unklug,  näiTisch,  nicht  bei  rechtem  verstand, 
wild,  verrückt  —  Dazu  nehme  man  das  holländische  mal:  unklug, 
närrisch,  verrückt  Ferner  alts.  malsk,  got  malsks,  töricht,  unbeson- 
nen, angels.  malskra,  betönmg,  bezauberung. 

Nun  beachte  man  den  Lutherischen  Sprachgebrauch,  welcher  mal- 
kalb,  mondkalb,  wechselbalg  synonym  nimt,  widerum  wechselbalg  und 
Idelkropf  gleichstelt,  von  lezterem  aber  sagt  (Tischreden,  ed.  Förstemann 


56  KLAIBKU 

und  Bindscil  3,  56.  üO),  dass  er  gänzlich  dafür  halte,  dass  solche  wtn^i- 
solk Inder  nur  ein  stück  fleisch,  eine  luassa  carnis  seien,  da  keine  scelc 
innen  ist  [vgl.  32,  226  (von  den  Juden  und  ihren  lügen)  „was  zur  sel- 
bigen Zeit  der  Reinigung  [einer  Wöchnerin]  empfangen  wird,  wird  auch 
ein  untüchtige,  gebrechliche  Frucht,  als  wahnwitzige  Kinder,  natürliche 
Narren,  Kilkroppe,  Wechselbälge  und  dergleichen  Menschen,  die  zurutt 
( ich  im  ihr  Lebenlang  haben"]  — ,  so  wird  die  annähme  nicht  unge» 
gründet  erscheinen,  dass  durch  das  mal  in  malkalb  wie  in  mondkalb. 
monkind,  das  vei*stand-  und  geistlose,  eben  die  „massa  carnis,  da  keine 
seele  innen  ist*'  ausgedrückt  sei.  Wäre  es  gestattet,  auf  das  angel- 
sächsische malskra,  betörung,  bezauberung  zurückzugehen,  so  wäre 
damit  der  teufelischo  ui-sprung  bezeichnet,  wie  ja  ein  wechselkind  eben 
ein  vom  teufel  ausgewechseltes  ist. 

37)  Geekclii.  Erlanger  ausgäbe  56,  192  (Scherzhafter  brief  an 
den  fürsten  Joachim  von  Anhalt  1534):  „Doch  müssen  sich  E.  Füi-stl. 
(inaden  etwas  besorgen  fiu*  N.  Francisco  auf  dem  Schachspiel;  denn  er 
hälts  dafür,  dass  ers  scher  wohl  könne  ...  Den  Ritter  weiss  er  zu  setzen, 
den  Koche  zu  ziehen  und  die  Bauren  zu  gekeln,  aber  die  Franc  [vgl. 
die  kiniigin  im  Schachspiel,  mit  scherzhafter  anspielung  auf  die  haus- 
frauj  ist  sein  Meister  in  dem  Spiel,  vielleicht  in  anderm  mehr*.  — 
Geckein  ist  wol  =  gecken,  d.  h.  stechen,  hier  =-  eine  figur  im  Schach- 
spiel nehmen.  Vgl.  dazu  Brem.-sächs.  wb.  2,  493:  Geck,  das  gelenk 
im  kälber-  oder  schöpsenkopf,  sutura  j)one  aurem.  In  welcher  bedeu- 
tiuig  es  im  Hannoverischen  und  sonst  gebräuchlich  ist  Daher  ist  die 
redensart:  den  gcck  stechen,  welches  im  eigentlichen  sinn  beim  schlach- 
ten der  kälber  und  schafe  gebraucht  wird.  Wers  nicht  versteht,  der 
sticht  sich  leicht  in  die  band.  Alsdann  scherzt  man:  er  habe  den  geck 
(d.  i.  sich  selbst)  gestochen. 

38)  Die  rfoteii  tlieilen.  Erl.  53,  142.  (An  die  gemeinde  zu 
Erfurt  10.  juli  1522):  „Drumb  seid  weise,  theilet  die  Pfoten,  seid 
einfältig  im  (Juten,  klug  im  Bösen''.  Die  lateinische  Übersetzung  von 
Aurifaber,  tom.  11,  1565  s.  83,  gibt  die  stelle  so:  Quamobrem  sapicntia 
opus  est;  qua  malo  sensim  subnascenti  occurramus  in  tempore,  obtinetc 
in  bonis  simplicitatem,  in  malis  vero  prudentiam.  Die  lat  Übersetzung 
von  Obsopoeus  ist  mir  nicht  zur  band.    [vgl.  oben  nr.  30.] 

39)  Ausburt.  Erl.  55,  151  (Brief  1576).  „Dass  man  sich  besor- 
gen möchte,  mit  der  Weise  so  würden  die  Dumstifte  dem  Kaiser  vor- 
behalten werden ,  kann  man  solchem  mittler  Zeit  leichüich  Bath  finden. 
Denn  diess  darf  man  sich  nit  besolden,  dass  die  Fürsten  solche  geäst- 
licbe  Güter  alle  den  Kaiser  werden  lassen  an  sich  ziehen.    Sie  weiden 


LUTHERANA  57 

auch  in  der  Ausburt  sagen  wollen,  und  nit  unbillig,  wenn  es  je  dazu 
kommen  sollt  Dazu  so  werden  auch  die  Städte  einen  Zuspruch  finden 
werden '^.  Dietz,  Wb.  kann  das  wort  nicht  erklären.  Auch  Burkhardt,  Lu- 
thers briefwechsel  gibt  nichts.  Ebenso  wenig  Haltaus,  Glossarium.  Auch 
sonst  habe  ich  nichts  finden  können.  Es  ist  wol  »  austrag,  verglei- 
chung.  Der  satz  ist  übrigens  unvolständig,  Was  die  forsten  sagen 
werden,  ist  ausgelassen.  Der  sinn  im  algemeinen  ist  —  sie  werden 
auch  mitsprechen,  und  ihren  anteil  haben  wollen. 

40)  Lambher  singen  —  ?ein  geduldiges  opfer  verlangen.  Erl. 
55,  219.  (Brief  an  D.  Rühel  1539):  Denn  wir  des  Papsts  Recht  unter 
die  kaiserliche  Rechte  geworfen  haben  [d.  h.  geringer  achten],  als  die 
gar  viel  besser  sind,  weder  des  Papsts  Narrendecret,  der  immerdar: 
Lambher,  singet  [de  Wette,  Luthers  briefwechsel  V,  164:  Lamb  her; 
also  wol:  her  mit  dem  lamm!] 

41)  Dem  Pilatus  opfern.  Erl.  61,  112.  (Tischr.)  „AUe,  so  bis- 
her wider  mich  geschrieben  haben,  die  haben  mir  in  einem  oder  zweien 
Blättern  Argumenta  gnug  geben;  die  andern  hab  ich  Pilato  geopfert 
und,  mit  Züchten  zu  reden,  den  Hintern  dran  gewischt^.  Der  sinn 
ist  ja  deutlich  «=  aufs  geheime  gemach  nehmen.  Aber  woher  die 
redensart?    [pilatus  etwa  gleich  pilosus,  der  behaarte?] 

42)1  Ewerisch.  (Ungedruckte  predigten  3,  1,  165):  „non  asservato 
iram,  ut  Has,  neid  und  ungöttliche  rachgier  draus  werde.  Ideo  vide, 
ne  stellest  dich  sawer  ewerisch,  und  verdammest  dich  hellisch  fewer 
—  Ideo  Christianus  non  sol  hewen,  fluchen,  lestem".  Buchwald  hat 
zu  „ewerisch^  die  note:  „vielleicht:  hewerisch  —  s.  unten  hewen''.  — 
Hewen  ist  hauen,  hauen  =  zuschlagen.  Das  adj.  häuerisch  wäre  wol 
ohne  beispiel.  Ich  vermute  es  sei  eiverisch  =  eiferisch,  von  eifer, 
zelus,  zu  lesen. 

43)  Pemer.  3,  1  s.  89:  „lam  gehen  burger,  bawer,  Nobiles  so 
sicher  ut  JudaeL  Was  frage  ich  nach  demperner?^  Dieses  ist  frage 
der  sicheren.    Aber  was  ist  pemer?    [Vielleicht  pfarrer?   G.  Kawerau.] 

44)  lueleln.  3,  1  s.  77  (ad  Matth.  5,  23):  „0  es  gehet  schend- 
Uch  zu,  quando  ita  orat  et  incipit  pater  noster,  und  gehen  alle  wort 
zurück.  [Sinn  wol:  es  wenden  sich  alle  werte  strafend  auf  den  beten- 
den zurück,  wenn  man  im  zom  und  hader  gegen  den  nächsten  bleibt] 
ut  in  Bon  pfu  dich  luelein?*'  —  Was  ist  luelein? 

1)  loh  sohliesse  im  folgenden  noch  einige  Wörter  an,  welche  mir  in  Luthers 
Qiigedraokteii  predigten,  gesammelt  von  Poach,  herausgegeben  von  Buchwald 
1885  aidIpBloasen  sind  and  eigentlich  als  nichtwörter  erscheinen.    Eine  crklärung 


58  KLAIBEB,    LUTIUERANA 

45)  in  rawen.  3,  1  s.  200  (ad  Luc.  21,  36):  ,, Wacker  sein  est 
habere  verbum,  orare.  Nos  vigiles,  qui  quotidie  hoc  verbum  traetamus, 
man  singts,  druckts  auf  bucher,  und  treibts  auf  alle  weise,  das  heisst 
wacker  sein.  Dicitur  vobis  in  rawen,  qui  non  audit  und  will  blei- 
ben in  fressen,  saufen,  sorgen*'.  Was  soll  „in  rawen*'  heissen?  Ist 
etwa  zu  lesen  „in  dräuen**,  zur  drohung? 

46)  sehwllch.  1,  1  s.  128:  „jani  vidomus,  wie  schwilch  es 
zugehet*'.  Ist  schwilch  ein  wort?  oder  ist  es  Schreibfehler,  wie  die 
noto  bei  Buchwald  andeutet:  „darüber:  schwach"?  [Buchw.  druckt 
schwilches  in  einem  werte.] 

47)  Noch  möchte  ich  das  rätselhafte  enne  in  erinnerung  bringen, 
für  welches  weder  Grimm,  noch  Dietz  eine  erklärung  haben. 

28,  377  (antwort  auf  des  königs  von  Engclland  buch.  1522):  „Ich 
spre(*hc  hie  schier,  dass  König  Heinz  von  Engelland  eine  Enne  wäre, 
hat  ihn  doch  der  Teufel  so  gar  besessen,  dass  er  sich  keins  anders 
fleissigt,  denn  aus  lauteim  Muthwili  der  göttlichen  Majestät  Wort 
öffentlich  zu  lästern  und  schänden''.  [Vielleicht  =  henne,  teuflisches 
oder  unheimliches  wessn.     S.  diese  zeitscr.  XXIV,  148.  151.    Red.] 

STUTTGART.  D.    KIJJBER,  priUat  a.  d. 


MITTEILUNGEN    AUS    HANDSCHEIFTEN  UND  ÄLTEEEN 

DEUCKWEEKEN. 

I.  Geistllehe  diehtungen. 

1.   Teil  eines  passionals  als  gcspräch  zwischen  gott  und  der 

seele. 
Got  spricht  zu  der  mensch,  (rot) 

Hebe  uff  dün  eruczo  vnd  gang  nach  mir. 
Ich  moiss  dich  twingen  unde  wenen, 
Odir  gang  du  voir,  so  volgen  ich  dir. 
Du  bist  noch  wild,  ich  muss  dich  tzemen. 

Der  Mensch  antwort 

Ich  bin  noch  junck,  zart  vnd  kranck, 

So  sweren  bürden  kan  ich  nit  getragen, 

Wie  mochte  ich  geliden  diessen  betwang, 

Schone  myn  noch  mit  solichen  jaghen. 
God. 

Ich  moiss  dich  biegen  dinen  rugken, 

So  icht  gudes  an  dich  bekleben, 


BOTU,  MITTEILUNÜKN   AUS  HANÜSCHRITTKN 

Da  bist  mir  anders  facht  noch  drucken, 
Alsus  mogesta  by  mir  nit  leben. 

Der  mensche. 

Hoir  wie  bista  mir  so  hart 
Unde  da  bist  doch  so  mynnecliche, 
Bitte  und  swere  ist  mir  die  vart, 
Laiss  mich  noch,  des  bidden  ich  dich. 

God. 

Wie  bistu  nu  soe  balde  erlegen, 

Was  hastu  noch  durch  mich  geleden? 

Du  mocst  noch  kunlich  fechten  als  een  degen, 

Gar  krenkelich  hastu  noch  gestreden. 

Der  mensch. 

Sol  ich  beden,  vaston  vnd  wachen, 
Und  dair  zu  swer  bürden  draghen. 
Und  solde  ich  nit  zu  tzyden  raston, 
Also  mochte  ich  gar  balde  vertzagen. 

God. 

Bis  geduldich  imd  weil  gemut 
Und  halt  dich  bas  dan  dir  mach  gesün, 
Ess  war  noch  alles  süss  und  gut, 
By  diner  noit  gedenck  du  myn. 

Der  mensche. 

Ich  en  weiss  nit,  was  ich  solle  gedencken, 
Dan  das  ich  drage  soe  sweron  last, 
Dair  umb  ich  swynden  und  auch  krencken, 
Wan  dass  myn  crucze  drucket  mich  vast 

God. 

Sich  ufif  myn  crucze  und  das  dtin, 

Ufif  sie  boyde  sün  gelich  geladen, 

Du  clages  gair  sere  wie  mach  das  sün, 

Wenestu  hie  in  rosen  baden, 

Du  dunckcst  dich  junger  veel  zu  syn 

Und  moest  diefF  in  dornen  gaen, 

Wiltu  myn  zoen  und  liephaber  sün 

Und  von  mir  nemen  die  hemel  croen. 

Der  abir  daz  crucze  Christi  mit  dragen  wil, 

Der  lese  unde  wederlese  alle  geschryft 

Und  allir  heyligen  vader  stift, 

So  Yindet  er  gruselichens  nit, 


60  ROTH 

Wan  das  eyn  mensche  in  dieser  tzyt 

Sich  in  eynem  state  wil  bewerben, 

In  deme  er  nit  vrolichen  getarren  sterben. 

Wanne  es  umb  enn  umb  geet, 

Soe  ist  nicht  sechers  dan  der  doit, 

Wanne  abir  des  dodis  stonde  sy, 

Des  kan  keyn  mensche  gewissen  hie. 
Discipulus. 

UfF  das  es  Christo  behagen, 

So  thar  ich  nymandes  clagen. 

Doch  solde  ich  die  worheyt  Sachen, 

So  han  ich  nie  soe  swer  getraghen, 

Sunder  allis  lyden  wirt  mir  cleyn. 

So  ich  gedencken  das  alleyn. 

Das  myn  herre  Jesus  Christ, 

Voii*  mich  sunder  gestorben  ist 

Ach  god  künde  ich  voir  mich  gaen, 

Unde  ufF  dem  rechte  wege  bestaen, 

Das  ich  niet  viele  zu  rocke, 

Soe  hatte  ich  genade  und  groiss  gelocke. 
Die  siel  sprecht  zu  Christo. 

Nicht  zome  dich  hertze  lieber  herre. 

Das  ich  myn  äugen  von  dir  keer, 

Wan  ich  mit  allem  nicht  mach  seon, 

Das  dir  so  we  sal  gescheen. 
Christus  antwort. 

Worumb  vorehstu  mynen  tzom, 

Du  dragest  die  rose  und  ich  den  dorn, 

Kero  dich  umb  und  sich  an  mich. 

Was  ich  lyde,  das  ist  umb  dich. 
Ai(^  einer  papierhandschrift  des  15,  Jahrhunderts  in  der  Mainxi 
sladibiblwtfiek  (Carthause  517)  octavo. 

2)  Ein  hübsch  lied  von  unser  lieben  frawen.* 

1.  Jungfrau  wyr  dich  gruessen, 
Kunigin  der  miltigkeit, 
Unnser  leben,  unnser  süssen, 
ünnser  trost,  sey  hülf  beirait 
0  MariahiE 

1)  Übenotxm^  d« 


lOTTKILÜNGEN  AUS  HANDSCHRIVTEN  61 

2.  Zu  dir  schreien  eilende 
Wir  Eva  kinder  allezeit 
Voll  des  lobes  schallende 
Von  nun  an  und  in  ewigkait. 
0  Maria  hilf. 

3.  Zu  dir  seufzen  klagende, 
Eia  zu  jeder  frist, 
Deine  hilf  begerende 
Gotes  Muter  allersüst 

0  Maria  hü£ 

4.  Deine   äugen  zu  uns  wendende, 
Du  aller  weit  Zuflucht, 

Du  Trösterin  im  Ellende, 
Durch  deines  leibes  frucht 
0  Maria  hUf. 

Aus  einer  papi^rhandschrift  des  15.jahrhunde7'ts  in  meinem  besitz. 

3.   0  virgo  generosa, 
Dei  sponsa  speciosa, 
Pre  ceteris  formosa, 
Faradisi  vera  rosa, 
5  Sis  genti  gratiosa. 
Sis  nobis  refugium, 
Vivendo  preesidium, 
OfiFerendo  tenaculum, 
Nostrum  gaudium, 
10  Letans  nobis  convivium. 
Aus  einer  perganienthandschrift  der  tverke  de^  hl.  Bernard  aus 
dem  13,  Jahrhundert  in  meinem  besitx. 

4.   Ein  geschriebenes  „Hessen- Homburgisches  gesang-   tmd  lie- 

derbüchU'in    vom  jähr  1730"^   enthält   als   anhang   folgende  geistliche 

lieder: 

Ein  schön  Osterliedt. 

1.  Heut  triumphiret  Gottes  Sohn, 
Der  vom  todt  ist  erstanden  schon 
Alleluia  AUeluia  usw.     (30  verse.) 

2.  Ich  armer  sünder  komm  allhior. 
In  Demuth  <lanck  zu  sagen, 

Vor  das,  so  du  erwiesen  mir  usu\ 


62  ROTH 

3.  Freut  euch  ihr  lieben  Christen  heut, 
Dass  wieder  euch  gegeben 

Des  Lammes  wertheste  Hochzeit  usw. 

4.  Du  mein  hertz  erfreue  dich, 

Wenn  du  hie  schon  viel  must  leyden, 
Alles  Creutz  wird  enden  sich  U8^it\ 

Verfasser  der  lieder  2 — 4  ist  landffraf  Friedrich  Jakob  von  Hes- 
se7i' Homburg  seWst,  Sie  ersehienen  gedruckt  im  Hessen- Hombur- 
gischcn  gesangbuch.  Homburg  v.  d,  H.  1734,  als  nr.  291,  1561,  1563 
uud  1842;  der  dort  gegebene  text  iveicht  aber  von  dem  dieses  hand- 
schriftlichen gcsangbuchs  xu  Ungunsten  des  druckes  ab, 

II.  Tolkslleder. 

1.   Trinklied. 

Sumus  hie  sedentcs 
Quasi  conferentes 
In  Omnibus  gaudentes 
NuUum  oifendentes 
5  Leti  concinnentes. 
Hospitem  laudemus, 
£i  decantemus, 
Nunc  iterum  potemus, 
Iterum  convivemus, 
10  Honesti  iubileraus, 
Ira  infundatur, 
Si  cor  iucundatur, 
Tristitia  fugatur, 
Plausus  innovatur. 
15  liCti  concinnemur. 
Ans  einer  Biblia  sacra  Uitina,  handschrift  des  14.  jahrhunder^^^ 
auf  deren  Vorsatzblatt. 

2.  Wächterlied. 

Aus  hei-tzen  wee  klagt  sich  ein  held 

In  strenger  hut  verborgen. 

Ich  wünsch  ir  heil,  die  mir  gefeit  usw. 

3.  Volkslieder. 

1.  Begirlich  in  dem  hertzen  myn 
In  rechter  lieb  und 


huteilunoen  aus  handschsxftkn  63 

2.  Ich  stund  in  eilend  nacht  und  tag 
Ob  ich  wol  frölich  sing  und  sag  usw. 

3.  Eberli  du  bist  so  gar  ein  guter  man, 
Wann  du  gedrinckest 

So  leijstu  dyne  buntschu  an  usw. 

4.  Ich  lob  myr  ritter  und  freülin  feyn 
Und  lass  die  steltzen  krtippel  seyn  usw. 

5.  Glück  und  alle  selickait 

Vil  guter  iar  in  wirdickait  usw. 

6.  Mensch  wiltu  leben  cristenlich, 

So  raerck  uf  meyne  worte  suberlich  us^v. 

Aus  handsckHft  des  15.  Jahrhunderts.    Einige  dutxend  verse. 

Volkslied  auf  Philipp  den  Örossmütigen,   landgrafen  von 

Hessen. 

1.  0  hen-e  gott  gib  gnad  und  gunst, 

Des  bitt  wir  dich  auss  hertzen  brunst, 
Das  dein  Nam  geheylget  werde, 

Gedancket  deinen  tatten  gross, 
Die  du  statz  wurckst  auff  erden. 

2.  Kain  menschlich  zung  erzelen  kan 

Die  wunder,  so  du  hast  gethan 
Von  alter  her  den  deinen 

Mit  grosser  störck  stast  du  in  bey, 
Last  in  dein  gieht  erscheinen. 

3.  Des  halb  so  hastu  aufFer^vöckt 

Ain  jungen  herren  hoch  gostörckt. 
So  gar  ain  edlen  fürsten. 

Der  kan  wie  seiner  Manhait  zimpt 
Den  seinen  feinden  bürsten. 

4.  Du  hast  in  gross  und  hörlich  gemacht, 

Inn  im  ist  davids  gaist  erwacht, 
Fraydig,  darbey  senfftmüttig 

Seinen  veinden  zaigt  er  sich 
Ain  Christen  sein  vast  giettig. 

5.  Das  ich  euch  disen  fürsten  nenn, 

Vnd  mänigclich  sein  manheyt  kenn 
Phillip  Landtgraff  in  hessen 


64  ROTH 

Ain  edler  herr  vom  stam  geboren 
Von  eiteren  her  gewessen. 

6.  Sein  lob  das  ist  so  hoch  gezölt, 

Gott  hat  in  selbert  ausserwölt, 
Durch  in  sein  lob  zo  meren. 

Sein  krieg  allain  Nach  rechtem  stat 
Vnd  auch  nach  Gottes  eren. 

7.  Vnd  das  sein  nam  gebrisen  werdt, 

Satzt  er  sein  leib  in  krieges  gferdt 
Wie  woll  im  ist  gelungen, 

Sein  veindt  die  hatt  er  ritterlich 
Woll  auss  dem  veldt  getruDgen. 

8.  0  Wurttenberg  erfrew  dich  desen, 

Das  dir  der  edel  fürst  auss  hessen 
Hat  wider  bracht  mit  freuden 

Hertzog  Virich  den  deinen  herren 
Der  lang  von  dir  was  geschaiden. 

9.  Vnd  lass  dir  gott  will  kumen  sein 

Yetzundt  den  rechten  herren  dein. 
Du  hast  dein  haubet  wider, 

Darumb  so  sötz  dein  trew  zu  im 
Wi  zimet  frumen  glider. 

10.  Des  gleichen  solt  du  fürst  auch  thon, 

Gutt  spech  hin  für  und  alweg  hon. 
Den  nutz  deins  Landes  spechen. 

Lieb  gericht  und  recht,  schaff  gottes  eer 
Mit  tlevss,  so  wölst  auff  sechen. 

11.  Und  das  dein  landt  ergötzet  werd 

Ungemacht  und  erlittanen  beschward^ 
Schaff  du,  0  fürst  vnd  herre. 

Das  hin  für  gütlich  will  vnd  wort 
Nit  vndertruckt  sey  mcre. 

12.  Zu  letst  will  ich  die  fursten  gmaydt 

Vmb  gottes  willen  pitten  baydt, 
Wa  es  kau  gesein  mit  fuge 

Vnd  das  ain  fridt  gemachet  werdt 
Es  ist  gefochten  gnuge. 

1)  So  die  kamiHkrift.  ,  Jh^  '  taclivenl. 


13.  Das  liedlin  sey  zu  preyss  gesungen 
Bayden  t'iirsten  alt  vnd  jungen 
Den  edlan  landtgraffea  des  gleiclien, 
Ir  lob  das  ist  so  weyt  erschollen 
Ja  in  dem  gantzen  reiche. 

In  künig  lasslaw  thon  1532. 
Dieses  aon  begeistei'ung  für  Philipp  von  Hessen  und  die  sacke 
mder  refoniiatioH  sprechende,  auch  sprachlich  inleressanie  Ued  steht  in 
Wtiner  papierfoUohandschrifi  der  Mainx-er  stadtbibUothek.  Diese  /tand- 
Itciirift  stamt  aus  Augsburg  und  ent/iäll  für  Augsburger  geschichie 
t  unmasse  nachrichten  zur  hkalgeschichte  Augsburgs  riebst  einigen 
I  itrkundm  von  tiem  ende  des  13.  jahrhuruterts  Ins  etjva  1340.  Ihr 
I  geaekicktlicker  teil  verdient  cingehentk  berücksichtigung  für  Augsbur- 
ger hkalgeschichte. 

m.   Aberglauben. 
Dit  boich  spricht: 

Alt  vnd  itinck  hoert  mych  aen  allen  spot 

By  der  wäret  ich  uch  säen,  welche  iss  gott. 
Eyn  duscher  kalender  ich  byn  genant, 

Meister  peter  kuytz  dem  barberer  ich  byu  bewaiit. 
Dem  selben  sal  man  mich  weder  geben, 

So  ich  werde  verloren 
Umb  gotz  willen,  der  ucb  gebe  die  ewige  glorie.  1514. 
Blatt  1  riickseite:   Wanne    man    laesen  sal,  R.     Mercke  jonge 
I  lüde,  die  soIcn  loissen,  wan  der  mane  zu  nemet,  Abii*  das  liecht  müsse 
I  funCT  tage  alt  syn   ader  sesse  zu  dem    mynsten.      Aide  lüde  die  solen 
1  tatssen,   wan   da»  licht  abnoniet,     In   dem  sommer  so  sal  man  laissen 
an   dem  rechten  ai'me,  in   deme  herbst,    so   sal   mau   laissen  an   deme 
lenckeüien  arme. 

Wanne  man  nyt  laissen  sal.  Mercke,  du  salt  auch  nit  laiß- 
sen,  wan  das  licht  vol  ist,  ader  wan  kcyn  lieeht  an  dem  hiemel  ist 
Du  salt  auch  nit  helsen  in  der  nacbt,  so  du  des  morgens  laissen  wilt, 
iss  brenget  schaden. 

£1»  folgt  nun  ein  deutscher  kalender  mit  ostertafel  und  imchfol- 
ifcnden  Vorschriften:  Hyr  na  volgen  etzliche  regiUen  we  man  sich  rege- 
ren sal  na  den  XII  zeichen  in  Wanderung,  buwen  usw.  In  diesen 
zeichen  dem  Steren  Crobis,  Junffrauwe  vnd  Schutze  so  ist  iss  gut 
ferren  gang  an  laben  vnd  anheben,  was  man  gern  scliier  vnd  balde 
endet  also  wanderen  ader  ander  grobe   arbeit     In  diesen  zeichen   dem 

.    tlEUnCIIE    CUtLOLOOlE.     BD.    IXTt.  5 


66  ^TB 

darant  vnd  czwillinge.  So  ist  iss  gar  böse  zu  erste  an  fahen  vnd  heben, 
was  man  gern  schier  vnd  balde  endent  als  wanderen  ader  ander  grobe 
aibeit.  In  dem  Darant  ist  is  gut  krig  zu  sunen  vnd  fruntschafi't  zu 
machen  vnder  den  landen.  In  diesen  zeichen  dem  Ossen,  Zwillinge, 
lewen,  Junffrauwe,  Wagen  so  ist  is  gut  elich  leben  an  dragen,  aber 
nit  zu  bestedigen.  Und  ist  gar  gut  huser  bau  wen,  in  huser  ziehen, 
Ecker,  wingarten  buwen,  sebin  profFen,  plantzen  vnd  wircken  was  do 
lange  woren  sail. 

Vnd  in  dem  Steynbock  so  ist  is  auch  gut  ecker,  wingarten  buwen 
vnd  was  mit  erden  zu  gen  sal. 

In  dem  Ossen,  wesserer  vnd  fisch  so  ist  is  gar  gut  hussfrauwen 
nemen,  huser  bau  wen,  in  huser  zehen  vnd  alle  ding  zu  bestedigen, 
was  do  lang  weren  sal. 

In  diesen  zeichen  dem  Steren  Crebis,  Darant,  Steinbock  vnd 
schütze  so  ist  iss  bosse  haussfrauwen  nemen,  huser  buwen,  in  huser 
ziehen  vnd  bestedigen,  was  do  lange  weren  sail  etc. 

Die  duodexpergamenthandschrift y  welche  diese  für  geschickte  des 
deuisclien  aberglaubens  nicht  uninteressantefi  stücke  e?ithült,  befindet 
sich  in  der  Mainzer  stadthibliothek  und  entstamt  detn  tal  Ehren- 
breitstein  bei  Coblenz  a.  Rhein. 

lY.   Erbauungsschriften. 

1.  Ain  tractetlin  von  de  sterbende  |  menschen  vn  von  d'  anfech- 
tüg  im  sterben.  |  Vnd  ettliche  fragstuck  vor  de  end  |  des  sterbende 
menschen.  | 

Am  ende:  Impressü  Mömingen,  1498.  | 
Quarte,  29  n.  gez.  Blätter,  deren  erstes  leer. 
Fehlt  bei  Hain,   repertorium,    ivelelier  11082  eine  andere  aus- 
gäbe dieser  schrift  beschrieb.     Auch  Goedeke,   Grundriss  tmbekant. 

2.  Der  ewige  wisz  |  heit  betbüchlin  |  Holzschnitt  |  Mit  randein- 
fassung  in  holzschnitt  Auf  der  rücicseite  des  titeis:  Zfi  lob  ere,  vnd 
danckberkeyt  usw. 

Blatt  CG  VIII  vor  seile:  G!  Gedruckt  vnd  vollendet  in  der  lob-| 
liehen  stat  Basel,  durch  meyster  |  Jacoben  von  Pfortzheim,  |  in  costen 
Marx  wer-  |  demüller  vö  zürch.  |  Nach  christi  |  geburt  |  als  |  man  zalt  | 
dusent  funffhun-  |  dert  vnd  achtzehen  iar.  In  |  dem  andern  dag  des 
Brachmonetz:  |  rückseite  leer. 

KleinoclavOj  Signaturen  all  :—  b  5  ~\-  f  —  *  f  III  +  blatt  I  — 
CCVIII 

Mainz,  stadibibliothek. 


HITTBILUMGEN  AUS  HANDSCHBiFTEN  67 

Als  handschriften: 

3.  Dis  ist  daz  buch  der  ewigen  wisheit,  in  dem  redet  die  sei 
mit  gode  in  einss  dieners  wise.  Prologus.  Ein  fürrede  dys  Buchelins. 
Es  stunt  ein  prediger  zu  einer  zit  noch  metten  vor  einn  Crucifix  und 
klagte  got  inneclichen,  das  er  nit  enkunde  betrachten  nach  syner  mar- 
teln  und  lyden.  Und  das  im  dass  also  bitter  was,  want  dar  an  hatte 
er  byss  an  die  stunde  gar  grosse  gebrechen  gehabt,  und  da  er  in  der 
klagen  stunt,  da  komen  sin  iure  synne  in  ein  ongewonlich  ufFgezogen- 
heit  und  luchten  ime  gar  swinde,  und  wart  von  got  zugesprochen  also: 
Du  Salt  etc. 

Schliesst:  in  der  die  sele  wirt  ernuweth  in  Onadenn.  Alle 
mein  Hoffenung  zu  Goete.  Der  text  entspj'ichi  defu  zweiten  buch  von 
Setise's  hüchlein  von  der  eivigen  Weisheit  nach  der  ausgäbe  Deniflc's 
s.  305  —  310  und  bildet  das  vorwort  xurn  zweiten  buche  desselben. 
Quartopapierhs,  des  15,  Jahrhunderts  in  der  Mainzer  stadtbibliothek 
(ohne  nummer).     Vier  blätter. 

4.  Saimnelhand  von  erbauungsschriften. 

a)  Hanc  amavi  et  exquisivi  a  iuventute  raea  etc.  Dys  werte  stent 
geschreben  in  dem  buche  der  wysheit  und  synt  gesprochen  von  der 
schöner  lieblichen  ewiger  wysheit  und  ludent  zu  dutzss  also:  Dys  hab 
ich  geliebet  und  usgesucht  von  meinem  jungen  tagen,  und  han  sye 
usserkorn  zu  einer  gemahel  etc.  Bildet  den  text  des  ztveiten  buchs 
Settse's  und  gehört  der  schrift  nach  zu  voriger  handschrift  (3), 
Schliesst:  ein  stedes  bliben  Amen.  Deo  gracias.  Vgl.  die  ausgäbe 
Denifle's  s.  311 — 500,  Der  nachtrag  ?iach  der  ausgäbe  Denifle's 
s.  500-^504  fehlt. 

b)  Uff  eyn  zyt  enscheine  unser  lieber  here  Jhesus  Christus  Eyner 
bedrupten  seien  in  der  formen,  als  er  was  veroetelt  in  dem  dot  und 
sprach  etc.  Schliesst:  geoffenbaret  werten  der  hilligen  jungfr.  Mada- 
lenen  von  sanct  Ciaren  orden.     Drei  seiteti. 

c)  Des  boijch  ist  von  dem  deynner  der  ewiger  wissheyt  Eyn 
preger  wass  in  dütschem  lande  von  gebort  eyn  swabe,  dess  name 
geschreben  sy  in  dass  lebendige  buch,  der  hat  begert,  dass  er  worde 
geheissen  eyn  deyner  der  ewigen  wissheit  etc.  Schliesst:  yn  eynem 
heiligen  leben  Amen.  Deo  gracias  anno  etc.  Entsprieht  dem  anfange 
des  erstell  teils  des  büehleins  Seuse's;  vgl,  Denifle's  ausgäbe  s,  13. 

d)  Druw  ding  weiss  ich  ver  war.  Schliesst:  da  dass  geendt  wass, 
balde  ist  er  gestorben.     Amen. 

Solt  got  in  unssem  Sachen 
Nach  sinem  gefallen  machen. 


68  ROTH 

Wir  wordenn  ee  weynenn  dann  lachen, 

Hymmell  unnd  erde  werde  mit  uns  krachenn. 
0  got  ich  bit,  verlaiss  mich  nit 
Susanna  Hannschuttin. 

Myn  aller  lipste  Schwester  Odilia  wolt  eiss  exempell  han  von 
mir  zu  eym  fruntlichen  gedechtniss,  dan  ich  sie  mit  arbet  han  uss  dem 
latyn  geschrieben  von  rechter  lieben,  die  ich  zu  uch  han  und  ess  mit 
freuden  gern  gedan,  bittent  Jesum  vor  mich.  Den  inhalt  bilden  bei- 
spiele  aus  dem  leben  der  heiligen. 

e)  Is  ist  zu  wissen,  das  die  figure  betzeichent  eyn  iglichen  geist- 
lichen mentschen,  der  da  gantz  und  zu  mael  sich  ergeben  sal  got  und 
uss  yme  selbst  gehn  und  abesünderunge  thun  syn  selbst  von  yme  selbst 
und  uss  yme  gehn  ledig  und  frye  etc.     Zwei  blätter,  hierauf: 
Eyn  Spyegel  dess  waren  lebens  clare 

Ist  unss  gesant  von  hymmels  thron, 
Von  got  dem  vatter  ist  here  kommen 

Jhesus  cristus  die  wäre  sonne 
Erluchtend  die  mentschen  und  zu  wysen  etc. 
Scldiesst:  In  dem  ewigen  leben  beschyn  uns  yn  zu  schauwen.     M.  E.  N. 
Ztvei  blätter, 

Sammelband  j  hs,  Papier ^  octavo  des  15,  Jahrhunderts  in  der 
Mainzer  stadtbibliothek  (ohne  nummer). 

5.  Hie  vohent  sich  an  dis  buches  Cappittel,  das  do  genant  ist 
die  bybel  der  alten  ee,  und  ist  mit  figuren  gemolet.  Dann  register. 
Der  text  begint:  Richter  gott  von  himelriche  und  ertriche  und  ob 
allen  krefften  swebt  din  krafift  und  dar  umb  so  lobet  dich  billichen 
alles,  das  da  ist  und  ein  ertheber  aller  wissheit,  darumb  sagt  man  dir 
billichen  lobe  etc.     Am  ende  defekt. 

Foliopapierhs,  des  15.  Jahrhunderts  in  der  Mainzer  stadtbibUotJieh 

6.  Theologisch' moralische  abhandlung  über  das  leiden  Chfisii, 
gebrecfien  der  zeit,  abnähme  der  gottesfurcht  zur  zeit  des  verfassei's, 
in  dialogform.  Beginiit:  Sentite  de  domino  in  bonitate  et  simplici- 
täte  etc.  Schliesst:  Explicit  horologium  eterne  sapientie.  Deo  gratias. 
Darunter  steht:  Est  bona  vox:  hale  wyn,  est  milior  (!):  schenck  yn, 
est  optima:  drynck  uyss,  est  mala  vox:  rechen,  peior  est:  bezal,  pes- 
sima:  keyn  gelt. 

Ilatulschrift  des  15.  —  IG.  jahrhvnderts  auf  papier,  grossociaiy, 
nr.  44  der  Icönigl.  laudeshibliothek  \u  Wiesbaden  (wol  aus  der  abiei 
Sagu). 


MITTEILUNQEN  AUS  UANDSCHBIFTEN  69 

7.  Erbauungsbuch  und  Ordensregel.  Am  ende:  Anno  domini 
MCCCCXCVin  off  madag  (!)  nach  sant  Johannes  baptista  ist  diss  boch 
volendet  vnd  geschriben.  Elizabeth  von  bechtelssheym  pruorisse  za 
Engelndal  hait  diss  buch  geschriben,  got  wolle  sie  vor  der  hellen  pyn 
behüden. 

Papierhafidschrift  in  octavo,  aus  deni  15.  Jahrhundert  In  der 
Mainzer  siadibibliothek  (VI,  69), 

y.  Übersetzung  der  sehrlft  des  Philippus  Beroaldus  Bononiensis 

de  Septem  sapientium  sententils  etc. 

Philippus  BeroaMus  Bononiensis  verfasste  das  btcch:  de  Septem 
sapientium  sententüs,  welches  unter  dessen  opuscula  varia  xu  Basel 
1515  in  quarto  gedruckt  ward.  Davon  fertigte  doctor  Johann  Walker 
aus  detn  Heidelberger  humanistenkreise  bereits  1502  eine  deutsche, 
bisher  ungedruckt  gebliebefie  Übersetzung  und  iMmete  sie  dem  pfalx- 
grafeyi  Philipp  bei  Rhein.  Die  merkumrdige  vorrede  teile  ich  hier 
ganz  mit:  Dem  durchluchtigsten  hochgebornen  fursten  und  hem  hern 
Philipsen  Pfaltzgraffenn  bey  Ryn,  Hertzogen  in  beyem,  des  heyligen 
Romischen  richs  Ertztruchsess  unnd  Churfurstenn  Mynem  gnedigsten 
hernn  Enbiet  ich  Johann  Wacker  doctor  myn  themutig  gebete  gegen 
gott  und  alle  myn  vermeglich  underthenig  gehorsam,  bereyt  dinstbar- 
keyt  zuvor,  mich  damit  euwern  furstlichenn  gnaden  befehlend.  Dwyl 
euwer  fürstlich  gnad  on  liebkosenn  zu  schriben  vor  andern  fursten  und 
hernn  mit  hoher  scharpfFer  vernunfft,  weissheit  und  balfehigem  verstant 
mit  vil  adelichen  angebomen  tugenden  von  got  und  der  natur  hoch 
begabt,  dabey  auch  mit  sonderlicher  macht  von  oben  herabe  begnadet, 
darinn  sie  der  konigyn  palladi  mit  fürstlichem  gemute  und  Vermischung 
gnadenricher  myltikeyt,  Julio  dem  ersten  Romischen  keyser  mit  starckor 
stanthafFüger  strenckheit  und  holtseligen  fürstlichen  syttigen  geberden 
gezirdt,  Scipioni  dem  edeln  Römer  in  mitteylung  und  hanthabung  aller 
erberkeyt  und  gerechtigkeyt,  dem  konig  Minos  in  götlicher  forcht  unnd 
ereherbiettung  Nume  dem  zweyten  konig  zu  Rome  in  reygiment  und 
beschirmung  der  Pfaltz  und  loblichen  kurfarstenthumbs  mit  langwirigen 
guttem  frieden  Octaviano  Augusto  gar  woU  zu  verglichen  und  by  dem 
allem  eyn  sonder  Liebhaber,  gonner,  merer  und  patron  aller  Philoso- 
phen und  naturlicher  weissheit,  yn  der  ich  gern  der  mynst  schuler 
syn  wolt,  ist,  und  ich  dan  in  kiirtz  verschynen  tagen  eyn  schon  mey- 
sterlich  wolgesatzte  rede  des  Hochwissenn  und  wolgelerten  manns  Phi- 
lippi  Beroaldi  noch  inn  leben  von  der  weit  Seligkeit  etlicher  philosophen 
meynungen   zum   kurtzsten   begriffende,    waruff  weltlich    seligkeyt   zu 


70  ROTH,   MITTKILÜNOEN   AUS  HANDSGHBIFTEN 

setzen  sey,  mit  ettwan  vil  hoffelichen  spinichen,  exempeln  und  gezirten 
werten  verlesen,  han  ich  gedacht,  dwil  diss  matery  sunst  gar  weyt- 
leufGg  durch  dissenn  Philippum  so  lustlich  und  kurtz  zusamenn  bracht 
und  gezwungen,  das  es  euwer  fürstlich  gnad  zu  zeitten  zu  hören  her- 
getzlich  und  gefellig  seyn  solt,  dwil  sie  auch  vil  lustiger  historien  und 
gutter  Spruch  in  ir  beschleusst,  und  dar  umb  so  ich  auch  euwem 
fürstlichen  gnaden  myner  unschicklichen  onentlichkeit  halb  sunst  zu 
nicht  nutz  syn  mag,  das  in  eyn  grob  onbehauwen  Creuch  gemysch 
dutsch  zu  bringen,  mich  damit  undertheniglich  zu  herzeugen  in  aller 
dinstbarkeyt  flehenlich  byttend,  solch  von  mir  in  gnaden  und  gutter 
meynung  anzunemen,  und  ob  es  grob,  unzirlich  gesetzt  ist,  die  glitten 
sententz,  sprüch  und  meynung  des  guttenn  philosophen  mem  dan  das 
unschicklich  deutsch  und  myn  underthenigen  gehorsamenn  dinstlichen 
willen  darin  gefallen  zu  lassen  mir  damit  in  gnaden  allzit  zu  gebiet- 
tenn.  Hie  mit  befelhe  ich  mich  abermals  euwem  furstlichenn  gnaden, 
die  der  almechtig  gott  in  zittlicher  mit  nachfolgender  ewiger  seligkeyt 
langzit  ufifenthaltenn  wolL  Actum  uS  der  heyligen  dry  konig  Abent 
Anno  domini  Tausent  funffhundert  und  zwey. 

Handschrift  des  16,  Jahrhunderts  auf  papier  kleinquarto  in  der 
Mainxer  stadtbibliothek  (VI,  72),  Die  liandschrift  ist  kein  autograph 
Wackers  y  aber  von  ihm  an  manchen  stellen  verbessert,  Sie  soÜe  wol 
als  tüidmungsexemplar  dienen,  da  sich  auf  bl,  1  ein  grösserer  initial 
mit  arabesken  und  einige  kleinere  im  texte  finden.  Die  handschrift 
ist  am  anfang  und  am  ende  defekt 

Tl.  Glossen. 

Eine  defekte  evangelienconcordanx  des  9.  Jahrhunderts  in  mei- 
tiem  besitz  enthält  vomen  eingeschrieben  von  einer  kand  währschein' 
lieh  des  9,  Jahrhunderts  folgende  glossen: 


desideratus  :  geliubit 
benedictus  :  kisegit 
sulphur  :  erdphuir. 
bitumen  :  erdleim, 
deliramenta  :  thobizunga. 
dicit  :  redinot 
exemplar  :  pilidbuoch. 


laudare  :  louan. 
timere  :  fortan, 
adversus  :  anegeginne. 
sustinuit  :  tholundun. 
lumen  :  lichte, 
cognovi  :  bikanda. 
impugnans  :  anafehtonde. 


QEISENHEIM   (BHEINOAü).  F.   W.   B.   ROTH. 


BOLTE,   ALEXANDER  8EITZ  71 

EINE  PEOTESTANTISCHE  MOKALITlT  VON  ALEXANDEK 

SEITZ. 

Alexander  Seitz  oder  Sytz  ist  eine  merkwürdige  erscheinung  in 
der  zeit  der  politischen  und  religiösen  gährung  zu  anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts: ein  in  Italien  gebildeter  gelehrter  und  zugleich  ein  fruchtbarer 
deutscher  Schriftsteller,  ein  tüchtiger  arzt  und  ein  gewanter  volksredner, 
ein  selbständiger  teilnehmer  an  den  religiösen  fragen  der  zeit  und  im 
persönlichen  umgange  ein  unruhiger,  streitsüchtiger  Charakter.  So  ist 
sein  bild  uns  kürzlich  von  G.  Linder  (Zeitschr.  für  algem.  geschichte 
3,  224 — 232.  1886)  gezeichnet  worden.  Wir  wollen  versuchen,  diesem 
bilde  durch  die  betrachtung  einer  Linder  entgangenen  dichtung  des 
mannes  einige  züge  hinzuzufügen^. 

Seitz  ward  um  1470  zu  Marbach  geboren,  studierte  wahrschein- 
lich zu  Tübingen  imd  Como,  sicher  zu  Padua  und  Rom  medicin.  1514 
beteiligte  er  sich  an  dem  aufstände  des  armen  Konrad  gegen  den 
leichtsinnigen  und  gewalttätigen  herzog  Ulrich  von  Würtemberg  und 
flüchtete  nach  dessen  niederwerfung  in  die  Schweiz.  Zu  Baden  im 
Aargau  lebte  er  als  das  haupt  der  verbauten,  die  sich  den  Schweizern 
gegenüber  auf  „der  eidgenossen  eitern  Stapfacher  imd  Wilhelm  Dell" 
beriefen,  „welcher  tapferkeit  und  handhabung  die  ganz  eidgenossen- 
schaffc  noch  heut  zu  tag  sich  billig  trösten  soll".  Auf  des  herzogs 
widerholtes  ansuchen  beschloss  die  eidgenossenschaft  1516  seine  aus- 
weisung,  obwol  die  „schwängern  und  andern  ehrsamen  frauen  zu  Baden" 
für  ihren  arzt  supplicierten.  Er  schweifte  im  reiche  herum,  in  Mün- 
chen, Beutlingen,  Strassburg,  und  wurde  ein  eifriger  anhänger  der  pro- 
testantischen lehre.  Auf  Zwingiis  vermitlung  kam  er  (1525?)  nach 
Zürich,  dann  nach  Basel,  wo  er  1529  — 1535  nachweisbar  ist.  Wir 
werden  sehen,  dass  er  1540  noch  einmal  in  Strassburg  erscheint;  damit 
verlischt  aber  jede  spur  seines  lebens. 

Folgende  Schriften  sind  von  ihm  bekant  geworden: 

1)  Ein  nutzlich  regiment  wider  die  bösen  frantzosen.  Kortzheim 
1509.  4®.  (Panzer,  Annalen  der  älteren  deutschen  litteratur  1,  312. 
1788).  —  Neu  herausgegeben  von  A.  Moll:  Dr.  Alex.  Seitz  aus  Mar- 
bach und  seine  schrift  über  die  lustseuche  vom  jähre  1509.  Stutt- 
gart 1852. 

1)  Sonst  ist  über  das  leben  von  Seitz  zu  vergleichen:  Zwinglii  Opera  ed.  Schü- 
ler et  Schulthes  7,  434.  8,  26;  Heyd,  Uhich  herzog  zu  Württemberg!,  362—304, 
327  (1841);  Algemeine  deutsche  biographie  33,  653—655. 


7*J  BOLTE 


2)  Der  thumier,  oder  adeliche  möstening;  von  ihm  angeführt  in 
nr.  3,  bl.  Ciiija. 

3t  Ein  schöner  tractat  daijnnen  begriffen  ist  Die  art  vnnd  vrsach 
des  Traumes,  .  .  .  Duich  den  hochgelertten  Philosophom  vnd  Doctor 
Allexander  Sytz  von  Maipaeh  Tßgangen.  5  bogen  4^.  Gedmckt  zo 
Landßhut  (In  Berlin.  Panzer,  Zusätze  1802  Sw  135).  —  Widmung 
Dem  ersamen  vnd  gaistlichem  waltbruder  Arbogasto  schmitzer  jm  wei- 
chen tale.  anno  1515,  Die  zweite  häljfte  des  buches  ist  politischer  natur; 
in  kap.  13  und  14  wird  ein  träum  gegen  herzog  Ulrich  gedeutet, 
kap.  15  handelt  über  das  irtzen  der  fursten.  16  über  das  wort  hertzog 
(herz  -f  augeK  IS  ist  ein  gedieht:  «Was  Tenantz  das  wort  bedent**. 

4}  Menschlichs  lebens  art  vnd  visprung,  rnd  wie  man  daß  befri- 
sten soU  durvh  die  wilbader,  bevor  zu  Oberbaden  •..  Durch  den  hoch- 
gelerten  Doctorem  Alexandem  Sytzen  von  Maickpach  nüwlich  beschrib- 
ben.  Basel«  Adam  Petri  1516.  7  bc»gen  4<^.  Vorrede  an  Christoph 
Kreß  von  Nürnberg.  (Panzer,  Annalen  1.  393.)  —  Neue  ausgäbe  von 
Leonhard  Strübin  1576.  —  Auf  dies  buch  bezieht  sich  wol  schon  das 
citat  in  nr.  3.  bl.  Aijb:  «Aber  von  disem  hab  ich  clarrer  geschrieben  in 
meinem  tractat  von  der  menschlicher  art  etc.*" 

5)  Ain  schöner  nützlicher  tractat  von  aderiassen,  dnrdi  den  hoch- 
gelerten  Doctor  Alexander  Sytz  vonn  Marpach  vleyssigclich  beschriben. 
landßhut  1520.  4^\  (In  Berlin.  WtUer,  Kepertorium  typogr.  1864 
nr.  1640.)     Die  widmung  ist  an  den  rat  von  München  gerichtet 

6)  Ein  Tra-  ;  gedi.  Das  ist,  ein  \  Spile,  seines  anfangs  |  voller 
freuden,  aK^r  mit  '  seer  leydijrem  aus-  ;  gang.  Vnd  ist  |  Vom  grossen 
Abont-  mal,  vnd  den  zehen  Junck-  frawen.  Alles  aus  dem  Euan  |  ge- 
lio  gezosren,  mit  <oer  hüpsoh  ,  en  Sprüchen.  Beschriben  durch  den  | 
hoohsrelerten  Di'Ctor  Ale-  xander  Seiiz.  7* ,  bogen  8®.  (München. 
ZotingonK  —  Auf  bl.  Hiiija  steht:  -Zn  Straßbuig,  in  Enoblochs  | 
druokerey.  Durch  Gtx^r-  '  j:^^n  Mossorschmid.  M.  D.  LX*^.  Die  Jahres- 
zahl ist  jedoch  ohne  zwoifcl  durch  Umstellung  der  lezten  Ziffern  in  1540 
zu  ändern:  denn  auch  der  bl.  Cvija  pnxiucierte  einladebrief  trigt  das 
datimi  «Minwochs  nechst  von  Ostern.  Anno  M.  D.  XL*^.  Femer  b€f;eg- 
net  der  vermerk  «Strai^bunr  in  KnobKx^hs  Druckerey  durdi  Greorgen  Mes- 
serschmidt''  auch  lo44  in  einem  drucke  von  Sleidans  Oration  an  kaiserl. 
maiestät  lAlgrem.  dout>ohe  bioirr.  16,  316K  während  über  eine  spätere 
buchdniokertätisrkeit  G.  Mos^sorschmidts,  der  1559  auch  den  roman 
•Vom  Edlen  Ritter  Bhssoneto*'  zu  Strassburg  herausgab,  nichts  fest- 
steht.   Endlich  ist  das  stück  in  dem  alten  Münchener  sammdbande  mit 


ALEXANDRR   SEITZ  73 

vier  andern  dramen  vom  jahro  1539  und  1540  vereinigt.  Das  vorwort 
trägt  leider  kein  datum. 

Seitz  war  zu  der  zeit,  wo  er  sein  drama  veröffentlichte,  etwa 
70  jähre  alt  Ein  beweis  seiner  geistigen  frische  ist  es,  dass  er  für 
die  in  den  lezten  zehn  jähren  emporgekommene  gattung  des  biblischen 
dramas  mit  lebendigkeit  eintritt  Er  eifert  in  der  vorrede  gegen  die 
schamparen  werte  und  den  närrischen  tand  der  fastnachtspiele  nicht 
minder  als  gegen  die  venerischen  komödien  des  beiden  Terentius,  die 
schon  der  gottesfürchtige  Seneca  misbilligt  habe,  und  verweist  auf  Eras- 
mus  und  Reuchlin,  die  auch  zierliches  latein  zu  reden  verstünden, 
und  auf  die  neuen  biblischen  stücke:  „Got  treibt  daher  seinen  geist 
gar  mechtigkleichen  in  eim  anderen  schwungk,  das  jetzund  gemacht  vnd 
vffgericht  werden  an  vilen  orten,  da  das  Euangelium  grünet,  andere 
comedien  vnd  spiele  aus  Euangelischer  arte,  darinn  unsere  kinder  mit 
Christenlicher  tuget  gemilchelet  vnd  vffgepflantzt  werden''.  Offenbar 
dachte  er  an  Sixt  Bircks  stücke  luid  an  Binders  Acolast,  die  er  in 
Basel  wol  selbst  mit  angesehen  hatte.  Ob  er  sein  „spiel  aus  dem 
euangelium",  das  etliche  ehrbare  personen  von  ihm  begehrt  hatten, 
aber  noch  dort  oder,  was  wahrscheinlicher  ist,  in  Strassburg  abfasste, 
bleibt  ungewiss.  Vielleicht  ergeben  sich  in  Strassburg  deutlichere  spu- 
ren seines  aufenthaltes. 

Die  neutestamentlichen  parabeln  vom  grossen  abendmahle  und  den 
klugen  und  törichten  Jungfrauen  hat  Seitz  in  eigenartiger  weise  zu  einer 
etwas  schwerfälligen  allegorie  verbunden,  die  dem  genialen  zuge  in 
Naogeorgs  Pammachius  (1538j  freilich  nicht  entspricht,  aber  doch  man- 
che ähnlichkeit  mit  dieser  grossen  lutherischen  satire  aufweist  Zu  der 
hochzeit  des  Emanuel  von  Nazareth,  die  am  donnerstag  vor  ostem 
statfinden  soll,  ladet  sein  himlischer  vater  Jehu  (Jehova)  durch  seine 
boten,  die  apostel,  ein.  Die  reichen  lehnen  die  aufforderimg  ab,  die 
armen  und  kranken  aber  folgen  willig,  zulezt  auch  die  fünf  klugen 
Jungfrauen.  Zwei  fürsten  aber,  Julianus  und  Trajanus,  haben  die  werte 
der  einladung  „Compelle  intrare"  (Luc.  14,  23),  durch  ihren  pfaffen 
verleitet,  falsch  aufgefasst  und  führen  eine  grosse  schaar  gefangener 
mit  gewalt  zum  himmelstore,  wo  sie  Petrus  zurückweist  Die  sich 
nun  entspinnende  disputation,  in  der  Lucas  und  die  apostel  gegen  die 
pfjEiSen  und  hofleute  Julians  auftreten,  während  Trajan  sich  durch  Phi- 
lippus  bekehren  lässt,  bildet  den  eigentlichen  kern  des  ganzen.  Die- 
selbe tendenz,  gegen  die  Verfolgung  der  evangelischen  mit  Waffengewalt 
zu  protestieren,  verrät  sich  in  dem  Intermezzo  des  unter  den  übrigen 
gasten  hereingeschlichenen  pharisäers,  der  unter  seiner  geistlichen  kleidung 


74  BOLTK 

eine  landsknechtsrüstung,  büchse,  schwort,  hämisch  und  pickelhaube 
verborgen  trägt  und,  als  er  zu  den  teufein  hinausgewiesen  wird,  ver- 
geblich um  sich  haut  und  schiesst  Der  päpstliche  ablasshandel  wird 
in  dem  krämer  ang^riffen,  der  den  törichten  Jungfrauen  zettel  verkauft, 
die  ihnen  den  eintritt  in  das  hochzeitshaus  sichern  sollen. 

Die  selbständige  Stellung  gegenüber  den  religiösen  parteien,  die 
Seitz  1533  in  Basel  durch  seine  freimütige  äusserung  über  die  lehren 
Zwinglis  und  Oekolampadius'  von  der  erbsünde  dartat,  zeigt  er  auch 
hier  im  epiloge  bl.  Hiij  a: 

Den  Sabath  soltu  heilig  hon, 
Beut  dir  Oot,  an  die  predig  gon: 
Wart  nit,  bis  die  Pfaflfen  eins  werden; 
Es  ist  nie  gewesen  vff  erden. 

Obwol  eine  einteilung  in  akte  und  scenen  mangelt,  hat  Seitz 
doch  für  allerlei  schaugepränge  und  komische  Zwischenhandlungen  durch 
die  knechte  Gnatho  und  Davus,  den  narren  u.  a.  gesoi^gt;  als  die  gaste 
nahen,  wird  Petrus  angst,  ob  auch  die  speisen  in  der  küche  ausrei- 
chen werden,  imd  er  läuft  mit  Johannes  zum  bräutigam,  ihm  seine 
sorge  zu  klagen.  Um  die  inscenierung  endlich  ist  der  autor  durch 
eingehende  anweisungen  an  den  regisseur  bemüht  Ich  halte  diese  alge- 
meinen Vorschriften,  auf  die  schon  R  Gen6e,  Lehr-  und  wanderjahre 
des  deutschen  Schauspiels  1882  s.  83  fg.  aufmerksam  machte,  für  inter- 
essant genug,  um  hier  abgedruckt  zu  werden,  und  füge  noch  den 
schluss  der  tragödie,  die  entführung  der  törichten  Jungfrauen  durdi  die 
teufel,  hinzu,  teils  um  die  oft  recht  gewante  diktion  Seitzens  zu  zeigen, 
teils  weil  wir  hier  ein  vereinzeltes  beispiel  dreifüssiger  reimpaare  statt 
der  sonst  als  « teufelsmetrum  ^^  und  zum  ausdrucke  starker  erregung 
gebräuolüichen  zweifüssigen  verse  vor  uns  haben. 

[G  vij  K                Petrus.  Es  hilfPt  keyn  bit 

10  Solt  euch  drosseo, 

Dammb  trollen  euch  nur  bald  hinweg!  Die  thür  ist  bschlossen. 
Dis  sei  mein  antwort: 

Sur  bald  von  der  port!  Jungkfr.w  Schöne. 

O  mort 

^^^öus.  '^i^s  sih  idi  d<»t! 

Ach  ich  bit  dich,  Veons,  wend  dich  mnb 

5  Thd  so  übel  niclit!  15  Vnd  butzumb! 

Petrus.  1  Tenus. 

loh  sig  eücli  glat:  0  mort  vnd  jmmer  moit! 

Macht  euch  roa  stat!  Wohin,  an  irdches  ort 

Höra  jr  Bit?  WoUoQ  wir  lliaiMB  «ml! 


ALEXANDER   SEITZ 


75 


0  des  bösen  strauß, 
20  Don  wir  hie  müssen, 
Die  sünd  zu  büssen! 
0  des  teüffels  gwalt, 
Der  grewliohen  gostalt! 

TeüffeL 

Wie,  jongkfraw  Venus,     [Gviij  a] 
25  So  schön  überanß, 

Warumb  schreistu  niort? 

Du  bist  doch  mein  hört 

Gsin  an  allen  ort, 

Mir  trowlich  ghorcht 
30  Keck  on  alle  forcht, 

Yil  ins  netz  gefeit, 

"Wie  ichs  hab  gewölt: 

Gib  ich  dir  zu  Ion 

Die  heische  cron, 
35  In  meinem  königrcich 

Würt  nit  sein  deins  gleich. 

Tummel  dich  hierumm! 

Wie  stelst  du  dich  so  krumm? 

Das  dich  der  ritt  schit, 
40  Kenst  du  mich  noch  nit? 

Müst  mit  mir  an  tantz 

In  hellischon  glantz. 

Venus. 

0  der  mortlichen  fart, 

Das  ich  yo  geboren  ward! 
45  Verflächt  sey  die  stund, 

Da  Got  hat  vergundt 

Mir  das  leben  mein! 

Solch  marter  ynd  pein 

Bringt  die  mütter  mein, 
50  Hat  die  rüt  gespart, 

Bis  mich  die  hofEart 

Dahin  hat  gebracht,    [Gyi^  b] 

Alle  zucht  veracht. 

Hat  mich  vff  gepflantzt 
55  Tag  ynd  nacht  zto  tantz, 

ließ  mir  allen  geyl. 

Als  ich  were  feyL 

0,  hat  ich  gehört 


Vnd  mich  daran  kert, 
60  Was  mich  bot  golort 
Got  mit  seinem  wort, 
Lid  ich  nit  solch  mort 
0  hilff  mir  auß  not, 
Du  mechtiger  Got! 

Der  erst  Teüffel. 

65  Was  klapperest  von  Got, 

Du  helli[s]che  ki-ot? 

Mein  sponß  möstu  sein, 

Tummel  dich  harein! 

Thüst  mir  gefallen 
70  Ob  andern  allen. 

Jungkfraw  Spritzt 

0  mort,  das  son  vnd  mon 
Verfli^cht  müssent  ston! 

Der  ander  Teüffel. 

Was  plörst,  jungfraw  Spritz? 
Das  der  hellisch  plitz 
75  Dich  ewig  verbren. 
Gar  wol  ich  dich  erken. 

Trumpel'*. 

Das  Got  alle  sehend,  [H  1  a] 
Die  mich  verfürt  hend! 
0  des  grossen  leyds! 
80  Wie  bin  ich  verreytzt! 

Der  drit  Teüffel. 

Har,  bar,  du  Trumpel, 
In  das  hellisch  krumpel! 
Du  bist  gsin  gar  geyl 
Vnd  mir  gwesen  feyl: 
85  Würt  anders  nit  drauß, 
Mftst  mit  mir  an  strauß. 

Pflantzerin*. 

Verflocht  sind,  die  mich  so  lind 
Vfferzogen  zu  einem  kind 
Dem  teüffel  zu  seinem  gsind! 


1)  Vgl.  mhd.  sprenzen  =  patzon,  einhentolzieren. 

2)  Trampell  xinzüchtiges  weib. 

8)  Pflanzerin,  ide  bair.  pflXnzlerm  bei  Schmeller'  1,  450,  eine  yeizHitelte  person.    Vgl.  oben 
^'  ^  pflanzen  =  ziexen,  patzen. 


76 


HOLTE,    ALEXANDER   SRITZ 


Dor  vierd  Teüffol. 

90  Siho,  juogkfraw  Pilantz 

So  stets  mit  deinem  schwantz! 

Hab  keinen  verdroß, 

Gib  mir  einen  kuß, 

Spring  mit  mir  den  ring 
95  Biß  ins  toüffels  kling! 

Schöne. 

llimol  vnd  erd  sind  verfldoht, 
Das  ich  binn  gsin  so  verrächt! 
Verflocht  sind  müter  brüst, 
Das  ich  nit  ward  ain  warer  Christ! 

Der  fünfft  Teüffel. 

100  Wolhar,  jungkfraw  Schone, 
Ich  gib  dir  ein  bone.    [H  1  bj 
Hast  dich  meins  diensts  beflissen, 
Boy  mir  müstu  sitzen 
In  meinem  reich  perfort; 

105  Bist  mir  ein  rechter  hört 


In  der  höllischen  port 

d  Güter  gsel,  hierum, 

Harfür  vnd  kortzum 

Vnd  schlah  vmb  die  tmm! 
110  Hüme,  stich  ins  hom! 

Wir  hond  außerkom 

Ein  wildpret  eijagt, 

Von  hertz  es  vns  schmaokt, 

Eirchwey  zfi  halten, 
115  Teüffel  m&ß  walten 

In  vnser  capel, 

Das  erkling  die  scheL 

Nun  reissent  hin! 

Da  würt  keyn  ander  gwin: 

Nur  in  die  hellische  pin! 
G  Vif  solichs  sollent  die  Teuifel  ynher- 
rauschen  mit  einer  ketten  vnd  sie  da  mit 
vmbgeben  vnd  hinreissen,  vnd  jnen  vor- 
gehen der  mit  dem  hom  vnd  bocken  vnd 
ein  kübel  oder  bocken  haben  für  ein 
bock. 


[Aiijb]  Ein  kurtzer  bcricht,  wie  man  diso  Tragedi,  oder  spiel,  mit 
personen    vnd    anderen    ztigchörungen,    schicken,    anrichten    vnd 

ordnen  solle. 

Die  alten  weisen  habent  nit  vergel)ens  erdacht  die  Commedien ,  zouor  die  Tra- 
gödien, mit  floiß  darob  gehalten,  kein  kosten  darinn  gespart,  vff  das  fracht  daraus 
onvüchse,  nämlich,  das  die  weit,  z&uor  die  jungen,  zti  zierlichem  gesprech  dester 
küiier  vnnd  in  alweg  zu  menschlicher  art  dester  geschickter  würdent.  Vnd  das  solchs 
dester  fruchtbarlicher  gschehe,  sol  man  dis  spiel  mit  formlichem  vnd  lieblichem 
schawfalg  ziiriohton  mit  der  rüstung  vnd  züuor  mit  gschickten  personen,  einer  jeden 
Spruch  ziiueronhien  nach  gelegenheit  des  haudels;  als  hie  in  disem  spiele  sollen  die 
zwon  üeri^lt  zwen  dapffer  mann  sein  auch  in  jrem  gespreche  vnnd  Worten,  wio  die 
zwon  roütersche  houolilor  Dauus  vnd  Gnato  frech  sein  sollen;  aber  der  preutgam 
vnud  sein  vattor  eins  senflton  maulichen  g^preohs,  Petrus  vndPaolus  ernstlicher  rede 
etc.,  vfl'  das  alles  dahin  lauge,  da.s  die  ehr  Gottes  gefürdert  vnd  der  nechst  gebes- 
sert wordi\  Vnd  ziiuor  sol  man  sich  anfänglich  darinn  befleissen,  ainer  lustigen  vnd 
liobliohon  prooession  vnd  aller  rüstung  etc.  Also  sol  sich  das  gautz  spiele  [Aiiga] 
versanilen  in  einem  hause  nicht  zti  nahe  dem  platze  vnd  in  der  prooession  vIT  den 
platz  oder  brück  gehn.  Zum  ersten  die  zwen  Herolt,  in  einer  färb,  in  bekleidong 
wio  sich  gebüit,  vlT  sie  die  spilleut.  Damach  die  fünff  Engel,  dann  die  fünff  dfigcn 
juiiokfrawon«  jodo  mit  Itosoudoivm  ougol  sol  oingofürt  werden.  Damach  die  Sponß 
ohrlioh  viul  divh  orlmrlioh  vnd  nit  phic^htisoh  geziert,  in  plawen  kleidem.  Damach 
dio  zoheii  junokfrawoii,  /.hm  ersten  die  clngen  erbaiüch  becleidt,  in  einer  färb,  mit 
vlTgoliobton  ain|H»ln.  Darnach  dio  Vonus  auch  allein,  nach  jr  die  thorechten,  die  sol- 
len zum  hotloitigston  außgostriohoii  sein,  mit  vmbgestürtzten  ampoln.  Darnach  der 
Tnüitgam  vnd  sein  vattor.    Damach  die  A|>osteleu ,  alle  inn  cleidung  nach  erbariichen 


SPANIER  UND  HOFMANN,  ZU  QÜNTHEBS  GEDICHTEN  77 

VDd  bürgerlichen  sitten,  mit  langen  bäilen  vud  preyten  hüten,  doch  uit  mit  diadema- 
ten.  Damach  die  Reuters  rot,  Julianas  vnd  Traianus,  in  Eoyserlicher  ziemng,  vnd 
sol  jr  jedem  ein  bloß  schwort  vorgefüii;  werden.  Julianus  sol  zä  rols  bey  jhm  haben 
Sergium  den  verleugneten  Münch,  den  Gnatonem,  ein  narren  etc.  Item  Traianus  sol 
bey  jm  haben  sein  Cantzler,  den  Dauum,  vnd  sie  boyd  mehr  reysig  knecht,  vnd 
sollen  beyd  keyser  gefangen  leut  mit  jhn  füren,  vnd  Julianus  vnder  seinen  einen 
Pfaffen,  laut  des  spiels  in  den  Sprüchen.  Nach  dem  reysigen  Zeug  solle  gehn  der 
Pharisoer,  vnd  nebem  [!]  jme  ein  [Aiiijb]  ghamischster  landsknecht  mit  eim  schlacht- 
sc:hweri  Darnach  der  Krämer  mit  seinem  korb  vif  dem  rucken,  sein  fraw  neben  jm. 
Damach  die  armen  leut.  Damach  die  fün£E  Teufel,  dann  ein  jede  thorechte  junck- 
fraw  sol  von  eim  besondern  teuffel  in  die  hell  gerissen  werden.  Ynd  wann  sie  kom- 
men z&  der  brücken ,  so  solle  ein  jode  part  ziehen  an  jr  verordnete  statt  vnd  warten, 
bis  sie  wider  durch  den  trummeter  vff  der  bmck  beroffen  wirt,  vnd  sollen  die  zwen 
Keyser  jeder  zu  eim  bsonderen  thon  sich  zu  wenden.  Item  die  brück  sol  vnder- 
scheiden  sein  mit  einem  thor,  damit  ein  vorbruck,  daruff  otlich  sprach  gesprochen 
-werden'.  Item  vff  der  einen  selten  der  bmcken  sol  vffgericht  sein  ein  kuchin,  vff 
der  anderen  ein  helde,  darunder  die  hochzeit  vnd  mal  gehalten  werde.  Damit  aber 
solle  die  Ordnung  vnd  Verbesserung  des  spiels  inn  aller  rüstung  eim  jeden  versten- 
digen  vorbehalten  sein. 

1)  So  bl.  Biijj  b ,  -vro  die  bühnonanwoisnng  lautet :  „Vnd  sol  Potnis  alleyn  in  dio  kachln  lanf- 
fcn,  dio  andern  Apostel  sein  vff  der  vorbruck  warten.  Vnd  jm  wider  heraus  lauffen  sol  or  zu  jnen 
also  sprechen". 

BERLIN.  JOHANNICS   BOLTE. 


ZU  JOH.  CHE.  GÜNTHEKS  GEDICHTEN. 

1.  Ludwig  Fulda  spricht  in  seiner  ausgäbe  (Kürschners  Deutsche 

nationallitteratur  bd.  38,  s.  138)   die  Vermutung  aus,   dass  das  gedieht 

„Die  Selbstzufriedenheit^  (213^)  entstanden  sei,  nachdem  Günthers  bewer- 

bung  um  die  hofpoetenstelle  gescheitert  war.     Es  lässt  sich  aber  noch 

genauer  datieren  —   nach  dem  bisher  nicht  bemerkten  akrostichon  der 

lezten  Strophe: 

Immerhin,  ihr  wilden  Grillen! 

Nichts  erwirbt  euch  mein  Gehör. 

Ihr  verderbt  Verstand  und  Willen, 

Aber^mir  wohl  nimmermehr. 

Unter  der  Ergetzlichkeit 

Einer  Selbstzufriedenheit 

Bührt  mich  weder  Gram  noch  Leid. 

In  Jauer  war  Günther  in  seinen  lezten  lebensjahren  einige  male. 

Ich   beziehe   das  gedieht  auf  den   aufenthalt  während   der  Wanderung 

1)   Zahlen  ohne  weitei'e  bcmerkung  weisen  anf  die   selten   der   ausgäbe  von 
1746  hin. 


78  SPüniB  UND  ROnCANK 

von  Breslau  nach  Lauban,  die  in  die  monate  december  1719  und  januar 
1720  falt  Günther  selbst  berichtet  in  einem  gedieht  an  herm  M.  y.  R 
j.  u.  a  (Fulda  s.  203)  v.  112: 

In  Jauer  stärkt  mich  Gom,  ein  alt-  und  treuer  Freund, 
Mit  Bette,  Tisch  und  Rat  und  dem,  was  trostreich  scheint, 
Von  Leuten  meiner  Qual  Verzweiflung  abzuwenden. 

Ein  anderes  gedieht  ist  überschrieben  ,yAn  seinen  guten  Freund  und 
Bruder  {Schubart)  auf  der  Reise  nach  Jauer*'  (186). 

2.   In   dem  gedieht  an    herm  von  Beuchel   (474)   sagt  Günther 

^-  85-  —  „Die  Treu  von  Leonoren, 

Die  ihrem  Besser  mehr  gehalten  als  geschworen, 
Die  Treu',  die  Zärtlichkeit,  die  Neigung  und  die  Lust. 
Erhielt  ich  auch  von  Dir!*'    (Ealliope  wird  angeredet) 

litzmann  bemerkt  dazu  s.  161  seiner  ausgäbe:  ,yünaufklärliche  anspie- 
lung*',  und  Fulda  (s.  272):  „Unzweifelhaft  ist  hier  der  dichter  Johann 
von  Besser  gemeint*'.  Er  hat  nun  aber  in  Bessers  leben  und  gedich- 
ten  vergeblich  nach  einer  treuen  Leonore  gesucht  Mir  scheint  die 
stelle  folgenden  sinn  zu  haben.  Günther,  der  überaus  häufig  den 
gedanken  ausspricht,  dass  er,  ein  anderer  Petrarka,  den  rühm  seiner 
geliebten  verewige  und  ihr  „denkmal  ausbreite*',  konte  sehr  wol  sich 
selbst  als  den  „Besser",  den  hofpoeten  seiner  Leonore  bezeich- 
nen —  vielleicht  sogar  mit  einer  gewissen  selbstironie ,  nachdem  ihm  eine 
wirkliche  hofpoetenstelle  nicht  zu  teil  geworden,  vielmehr  statt  seiner 
König  dem  herrn  von  Besser  „adjungiert*'  worden  war.  Dass  man 
Günther  im  märz  1722  (denn  zu  dieser  zeit  ist  das  erwähnte  gedieht 
verfasst)  nach  seinen  mannigfachen  erlebnissen  —  auch  in  der  liebe  — 
schon  wider  die  Objektivität  zu  diesem  der  Wahrheit  entsprechenden 
urteil  über  Leonore  zutrauen  darf,  bestätigen  die  innigen  trostgedichte, 
die  er  drei  monate  später  Leonore  nach  dem  tode  ihres  kindes 
schickte.     Ich  weise  nur  auf  folgende  verse  hin: 

Ist  auf  der  Welt  ein  Weib,  an  dem  mir  unter  allen 
Witz,  Tugend  und  Person  im  Herzen  wohl  gefallen. 

So  ist  es,  lass  mir  hier  ein  frei  Bekenntnis  zu, 
Ein  Bild  von  seltner  Art,  und  welche  sonst  als  du?  (824.) 

3.       Segne  die  gerechten  Wafien 
Deiner  werten  Clmstenheit, 
Uns  den  Frieden  herzuschafien, 
Den  der  Feind  zu  stehlen  dräut! 


zu  OihfTHSRS  GSDIORTJEN  79 

Halt  den  Schatten  rechter  Hand 
Über  unser  Vaterland, 
Dass  die  drei  berühmten  Plagen 
Weder  Vieh  noch  Völker  schlagen! 

Zu  dieser  Strophe  in  dem  gedichte  „Abendlied''  (75)  bemerkt  Tittmann 
(s.  258)  „Hunger,  Seuchen,  Wassersnot"  imd  Fulda  (s.  7)  „Pest,  Hun- 
gersnot, Überschwemmimg",  was  man  wol  Übereinstimmung  heissen 
darf.  Weshalb  nent  aber  der  dichter  diese  plagen  „berühmt"?  Mir 
scheint,  dass  Günther,  in  dessen  gedieh ten  biblische  reminiscenzen  in 
grosser  zahl  zu  finden  sind,  hier  auf  II.  Sam.  24,  12.  13  (L  Chron.  21, 
10.  12)  anspielt;  danach  wären  die  „berühmten"  plagen:  teuerung, 
flucht  vor  dem  feinde  und  pest,  was  hier  —  man  vergleiche  den 
eingang  der  Strophe!  —  viel  besser  passt. 

4.    Ich  habe  schon  genug,  bringt  mich  nur  Gott  zur  Ruh, 
Dass  ich  mit  dir,  mein  Eind,  dies  Elend  bauen  könne; 
Dein  treuester  Besitz  sagt  mir  die  Wollust  zu, 
Die  ich  in  dieser  Welt  des  Himmels  Voi-schmack  nenne! 

Zu  diesen  versen  (s.  64  seiner  ausgäbe)  bemerkt  Fulda:  „dies 
Elend  bauen,  unverständlich,  wahrscheinlich  fehlerhaft".  Diese  note 
aber  ist  mir  imverständlicher  als  der  text;  denn  die  bezeichnung  des 
irdischen  lebens  als  „elend"  im  gegensatze  zur  himlischen  heimat  mit 
ihren  wonnen  ist  auch  bei  Günther  häufig  (z.  b.  74.  579.  784).  Viele 
belege  bietet  Grimms  Wörterbuch  III,  406. 

5.  Goethe  erzählt  im  7.  buch  von  Dichtung  und  Wahrheit,  dass  er 
einst  seinen  und  später  den  namen  seines  mädchens  in  einen  linden- 
baum  eingeschnitten,  und  dass  es  tiefen  eindruck  auf  ihn,  den  launisch 
liebenden,  gemacht  habe,  als  er  im  frühling  aus  dem  namenseinschnitt 
der  geliebten  „pflanzenthränen"  über  seinen  bereits  verhärteten  namens- 
zug  fliessen  sah.  Es  ist  wol  nicht  unangebracht,  hier  an  einige  verse 
aus  Günthers  gedieht  s.  275  zu  erinnern: 

Sieh,  die  Tropfen  an  den  Birken 
Thun  dir  selbst  ihr  Mitleid  kund; 
Weil  verliebte  Thränen  wirken, 
Weinen  sie  um  unsern  Bund. 
Diese  zährenvolle  Rinden 
Ritzt  die  Unschuld  und  mein  Flehn, 
Denn  sie  haben  dem  Verbinden 
Und  der  Trennung  zugesehn. 


80  8PANIXB  UND  HOFIONN 

Dieses  rührt  die  toten  Bäume 
Dich,  mein  Kind,  ach,  rührt  es  nicht! 


6.  Imelmann  hat  in  den  Grenzboten  1879  I  darauf  hingewiesen, 
dass  Bürger  den  namen  und  die  strophenform  seiner  bailade  von  dem 
bekanten  Güntherschen  gedieht  „An  Lenore"  (321,  bei  Fulda  s.  206) 
übernommen  hat  Die  berührung  wird  besonders  deutlich,  wenn  man 
die  erste  fassung  der  eingangsstrophe  von  Bürgers  Lenore  (Briefe  I, 
111)  mit  der  ersten  strophe  des  Güntherschen  gedichts  vergleicht: 


Bürger: 
Lenore  weinte  bitterlich, 


Ihr  Leid  war  unermesslich; 
Denn  Wilhelms  Bildniss  prägte  sich 
Ins  Herz  ihr  unvergesslich. 


Günther: 

Mein  Kummer  weint  allein  um 

dich, 
Mit  mir  ists  so  verloren; 
Die  Umstand  überweisen  mich, 
Ich  sei  zur  Not  geboren. 
Ach,   spare  Seufzer,  Wunsch  und 

Flehn, 
Du  wirst  mich  wohl  nicht  wieder 

sehn, 
Als  etwan  in  den  Auen, 
Die  Glaub'  und  Hoffnung  schauen. 

Obgleich  die  urfassung  schon  an  sich  zu  einer  Verbesserung  auf- 
fordern konte,  so  ist  es  doch  auch  nicht  unmöglich,  dass  die  wol  unwil- 
kürliche  Übereinstimmung  mit  Günther  auch  Bürger  zum  bewustsein 
gekommen  war  und  zu  der  überaus  glücklichen  änderung  der  strophe 
mit  veranlasste. 

Noch  ein  anderes  gedieht  Günthers  scheint  auf  Bürger  eingewirkt 
zu  haben  (diesen  hinweis  verdanke  ich  der  gute  des  herrn  prof.  v.  Wald- 
berg). Es  trägt  die  Überschrift:  „An  Leonore  bei  absterben  ihres  Cari 
Wilhelm";  man  hat  hier  also  beide  namen  neben  einander.  Jede  der 
neun  Strophen  begint  mit  dem  verse:  „Eher  todt  als  ungetreu!*  (vgl. 
Bürgers:  „Bist  untreu,  Wilhelm,  oder  tot?")  Der  gedanke  der  lezten 
Strophe  komt  dem  grundgedanken  des  Bürgerschen  gedichtes  recht  nahe: 

Eher  todt  als  ungetreu! 

Glaube  das,  du  treue  Seele! 

In  der  finstern  Grabeshöhle, 

Schläft  mir  auch  dein  Schatten  bei! 

Dass  die  oben  angeführte  übei-schrift  diesem  Güntherschen  gedichte 
eigentlich  gar  nicht  zukomt   (Litzmann,   s.  88  seiner  ausgäbe),   hat  für 


zu  GÜNTfiRS  OftDICHTEN  81 

uns  keine  bedeutung,  denn  Bürger  hat  das  gedieht  sicher  mit  dieser 
Überschrift  kennen  -  gelernt  und  muste  sich  unter  „  Leonore  und  Carl 
Wilhelm**  ein  liebespaar  vorstellen. 

HETOELBERQ.  M.    SPANIER. 

7.  Günthers  Leonore.  Unter  den  gedichten  Joh.  Christian  Gün- 
thers findet  sich  (s.  90  der  samlung  Breslau  und  Leipzig  bei  M.  Hubert 
1735)  ein  geistliches  lied  „Glaube  und  Hoffnung",  beginnend:  Mein 
Vertrauen  gründet  sich  Auf  zwei  Pfeiler,  die  nicht  wanken.  Die  verse 
dieses  liedes  ergeben  das  akrostichon:  Magdalena  Eleonora  Jach- 
mann in.  In  den  Originalausgaben  ist  dasselbe  in  keiner  weise  kent- 
lich  gemacht  Die  nachricht  von  Günthers  erstem  biographen  Stein- 
bach, dass  Magdalena  Eleonora  Jachmann  Günthers  Schweidnitzer  Leo- 
nore gewesen  sei,  scheint  demnach  doch  nicht  ganz  unberechtigt  Mit 
diesem  namen  ist  uns  auch  der  Schlüssel  gegeben  zu  den  zahlreichen 
gedichten  Günthers  „an  Magdalis",  „an  Lenchen"  (diminutiv  von  Mag- 
dalena) und  den  hierhergehörigen  Leonorenliedern.  Es  dürfte  wol  am 
platze  sein,  Steinbachs  nachrichten  über  Günther  noch  einmal  einer 
genauen  prüfung  zu  unterziehen. 

HEmELBERG,    NOVEMBER    1892.  KARL   HOFMANN. 


GOETHES  EPILOG  ZU  SCHILLERS  GLOCKE. 

Das  lebendige  Verständnis  dieser  verherlichung  unseres  grösten 
dramatikers  durch  seinen  ebenbürtigen  freund  ist  besonders  dadurch 
beeinträchtigt  worden,  dass  sie  seit  mehr  als  zwei  menschenaltern  nicht 
mehr  in  ihrer  ursprünglichen  gestalt  vorliegt,  in  welcher  sie  dreimal 
auf  der  bühne  gesprochen  wurde  und  auch  gedruckt  auf  die  durch  den 
herben  vertust  noch  tief  bewegten  gemüter  wirkte,  sondern  mit  den 
bei  spätem  widerholten  aufführungen  gemachten  Zusätzen  und  Verände- 
rungen, wodurch  die  geschlossene  einheit  gesprengt  wurde,  der  ursprüng- 
liche bedeutsame  schluss  verloren  gieng.  Selbst  der  einsichtsvolle  Ber- 
liner gymnasialdirektor  Franz  Kern,  der  den  epilog  mit  rocht  in  seine 
samlung  „Goethes  lyrik  "  aufgenommen,  gibt  ihn  in  der  spätem  fas- 
sung;  doch  lesen  wir  wenigstens  in  den  anmerkungen  den  altem  schluss, 
den  man  in  den  werken,  mit  ausnähme  der  Hempelschen  ausgäbe 
(bd.  XI),  vergebens  sucht  [Eben  sehe  ich,  dass  er  jezt  in  der  ursprüng- 
lichen gestalt  in  der  auswahl  von  Ludwig  Blume  steht]  Die  schon  von 
Goethe  selbst  beklagte  Unfähigkeit,  dichtungen  als  künstlerische  ganze 

XinSGURIFT   F.    DKUT6CUE  PUILOLOOUC.     BD.  XXVI.  t) 


82  DÜNTZIB 

aufzufassen,  zeigt  sich  auch  bei  unserm  gedichte;  man  hat  meist  die 
innere  Verbindung  der  teile  zu  einem  lebendigen  ganzen  übersehen, 
nur  an  der  packenden  gewalt  einzelner  stellen  sich  erfreut 

Als  Goethe  den  im  ersten  erschütternden  schmerze  feurig  ergrif- 
fenen gedanken,  den  „Demetrius"  des  heimgegangenen  freundes  zu 
vollenden,  hatte  aufgeben  müssen,  entschloss  er  sich,  vorläufig  dessen 
andenken  zu  Lauchstädt,  wo  die  herzoglichen  Schauspieler  im  sommer 
spielten,  auf  entsprechende  weise  dadurch  zu  feiern,  dass  er  den  drei 
ersten  in  höchster  aufregung  schliessenden  aufzügen  der  „Maria  Stuart** 
eine  dramatische  aufführung  des  die  mannigfaltigsten  lyrischen  töne 
anschlagenden  „liedes  von  der  glocke''  folgen  liess,  und  mit  einem 
epilog  schloss.  Dieser  solte  die  dankbare  Verehrung  der  liebevoll  an 
Schiller  hängenden  Schauspieler  aussprechen ,  denen  er  seine  eigene  ver- 
klärende Würdigung  des  erhabenen  und  zugleich  liebenswürdigen  men- 
schen und  des  mächtigen,  schwungvollen  dramatikers  lieh.  Zu  diesem 
zweck  nahm  er  den  von  frau  v.  Stein  geliehenen  ersten  teil  der  Schil- 
lerschen  gedichte,  der  jenes  lied  enthielt,  mit  nach  Lauchstädt  Er 
benuzte  ihn  nicht  bloss,  um  die  einzelnen  teile  des  liedes  für  die 
Schauspieler  ausschreiben  zu  lassen,  sondern  las  auch  mit  wehmut  die 
bedeutendsten  andern  gedichte  dieses  teiles.  Bei  Goethes  erschütterung 
durch  Schillers  jähen  tod  hatte  die  Weimarische  bühne  ihren  drama- 
tiker  und  dramaturgen  nur  durch  den  ausfall  der  Vorstellung  am  begräb- 
nistage  und  eine  schlichte  erinnerung  bei  der  widereröfnung  der  bühne 
feiern  können.  Noch  vor  der  trauerfeier  an  dem  belebten  badeorte,  die 
ein  Vierteljahr  nach  Schillers  tode,  den  10.  august  (der  9.  war  kein 
theatertag),  statfindeu  solte,  am  31.  juli  ging  eine  abschrift  des  epilogs 
an  Cotta  ab,  der  ihn  dem  fast  ausgedruckten  nächsten  „Taschenbuch 
für  danien"  in  der  weise  vorsetzen  solte,  „wie  man  es  bei  Widmun- 
gen zu  tun  pflegt^,  mit  hindeutimg  auf  den  Vortrag  desselben  bei  der 
Lauchstädter  trauerfeier.  Der  talentvollen  Schauspielerin  Amalie  Wolff, 
die,  wie  ihr  gatte,  Schiller  nahe  gestanden,  übte  Goethe  das  gedieht  sorg- 
faltig ein.  Bei  einem  besonders  treffenden  werte  fasste  er,  von  tiefer  rüh- 
rung  ergriffen,  die  Schauspielerin  am  arme  und  bat  sie  inne  zuhalten^ 
indem  er  bewegt  äusserte:  „Ich  kann,  ich  kann  den  menschen  nicht 
vergessen!''  Freund  Zelter  kam  auf  Goethes  einladung  nach  Lauch- 
städt Er  konte  noch  an  der  anordnung  der  dramatischen  aufführung 
der  „Glocke"  teilnehmen,  dagegen  wurde  sein  chorgesang  der  dem  liede 
vorgesezten  lateinischen  glockeninschrift  nicht  so  zeitig  fertig,  dass  er 
schon  am  10.  gesungen  werden  konte.  Das  lied  wurde  in  weit  künst- 
lerischerer weise  dramatisch  dargestelt,  als  es  Kotzebue  vor  drei  jähren 


GOETHES  EPILOO   Zu   SCHILLERS  GLOCKE  83 

bei  der  gegen  Goethe  gerichteten  namenstagsfeier  Schillers  beabsichtigt 
hatte.  Damals  solte  Kotzebue  als  meister  die  form  zerschlagen,  aus 
dieser  Schillers  büste  herauskommen  und  von  den  damen  bekränzt 
werden,  wie  auch  wol  der  dichter  selbst,  der  zur  teilnähme  eingeladen 
werden  solte.  So  würde  es  wie  ein  gewöhnliches  geburtstagsstück 
geendet  haben,  der  bedeutsame  schluss,  auf  den  das  ganze  berechnet 
ist,  weggefallen  sein.  Zu  Lauchstädt  führte  man  das,  was  der  meister 
den  gesellen  befiehlt,  wirklich  aus.  Der  Schauplatz  war  die  ernste  werk- 
Stätte  des  giessers:  der  glühende  ofen,  das  herabrollen  des  feurigen 
baches  durch  die  rinne,  sein  verschwinden  in  der  form,  das  aufschla- 
gen derselben,  das  hervornehmen  der  glocke,  welche  sogleich  mit  krän- 
zen, die  durch  alle  bände  liefen,  geschmückt  wurde,  und  ihr  herauf- 
ziehen zu  solcher  höhe,  dass  die  den  epilog  als  Vertreterin  der  Schau- 
spieler sprechende  muse  (jedesfals  die  des  dramas,  wie  sechszehn  jähre 
später  im  prolog  für  Berlin)  bequem  darunter  hervortreten  konte: 
alles  bot  auch  dem  äuge  eine  angenehme  imterhaltung.  Die  mannig- 
faltigen lyrischen  stellen  waren  mit  rücksicht  auf  alter,  geschlecht,  per- 
sönlichkeit und  fähigkeit  unter  die  Schauspieler  verteilt,  auch  die  mimi- 
sche darstellung  des  meisters,  der  gesellen,  herandrängender  neugierigen 
und  teilnehmenden  sorgfältig  eingeübt.  Dieser  bericht  von  Goethe  selbst 
über  die  widerholung  im  jähre  1815  dürfte  in  den  wesentlichen  zügen 
auch  auf  die  Lauchstädter  Vorstellung  bezogen  werden  dürfen,  obgleich 
in  den  „Tag-  und  Jahresheften**  (unter  1806)  diese  nur  als  didaskalie 
bezeichnet  wird.  Zum  Schlüsse  der  Lauchstädter  Vorstellungen  wurde  am 
19.  die  autführung  der  „Glocke"  nebst  epilog  widerholt,  darauf  Zelters 
lied  vom  chore  gesungen;  vorausgegangen  war  diesmal  Schillers  Über- 
setzung des  „Parasiten".  Goethe  wohnte  dieser  nicht  bei;  schon  vor 
einer  woche  war  er  nach  Halle  zu  freund  Wolf  gegangen,  mit  dem  er 
die  lustige  reise  nacli  Helmstedt  antrat.  Den  27.  kehrte  er  nach  dem 
badeort  zurüch,  wo  er  eine  neue  trauerfeier  auf  der  Weimarischen 
bühne  zu  Schillers  nächstem  geburtstag,  dem  10.  november,  bedachte, 
für  welche  Zelter  eine  musikalische  begleitung  der  ganzen  „Glocke" 
versprochen  hatte.  Aber  weder  der  tonsetzer  noch  der  dichter  kamen 
damit  zu  stände.  Unterdessen  war  der  epilog  im  daraenkalender  erschie- 
nen und  hatte  gezündet.  Jezt  erst  wagte  Goethe  in  Weimar  Schillers 
witwe  zu  besuchen.  Die  naturwissenschaften ,  besonders  die  farbenlehre, 
an  der  Schiller  sehr  regen  anteil  genommen,  beschäftigten  ihn  damals 
lebhaft  Hatte  er  Schillers  geburtstag  nicht  besonders  zu  feiern  ver- 
mocht, so  durfte  die  bühne  um  so  weniger  unterlassen,  an  seinem 
todestag  des  vor  einem  jähre  hingeschiedenen  zu  gedenken,   als  auch 

6* 


34  DÜNTZEB 

das  Berliüer  und  andere  theater  festvorstellungen  vorbereiteten,  deren 
ertrag  den  hinterbliebenen  zu  gute  kommen  solte.  Eine  solche  woi- 
tätigkeitsvorstellung  durfte  Goethe  für  das  herzogliche  theater  nicht  in 
Vorschlag  bringen,  weil  Schiller  herzoglicher  beamter  gewesen.  Am 
10.  mai  (der  9.,  an  dem  Schiller  gestorben,  war  in  diesem  jähre  kein 
theatertag)  wurde  nach  dem  zweiten  bis  vierten  aufzug  von  „Wallen- 
Steins  tod"  die  „Glocke"  mit  dem  epilog  und  Zelters  choi^esang  gege- 
ben. Einer  vom  Gothaischen  hofrat  R  Z.  Becker,  dem  eifrigen  samler 
zu  einem  nationaldank  für  Schiller,  gegebenen  anregung,  das  herzog- 
liche theater  möge  in  Weimar  noch  vor  dem  abgange  nach  Lauchstädt 
eine  Vorstellung  zum  besten  desselben  geben,  konte  Goethe  schon  des- 
halb keine  folge  geben,  weil  sie  zu  spät  kam,  da  die  paar  noch  übrigen 
theaterabende  schon  bestimt  waren.  Vor  Schillers  nächstem  geborts- 
tag  hatte  das  unglück  bei  Jena  höchste  not  über  Weimar  gebracht; 
das  theater  muste  länger  als  zwei  monate  geschlossen  bleiben.  1808 
erschien  der  epilog  mit  wenigen  Veränderungen^  im  achten  bände  der 
ersten  Cottaschen  ausgäbe  der  werke,  zwischen  „Künstlers  apotheose^ 
und  dem  gedieht  „Die  geheimnisse",  welche  stelle  er  auch  später 
behielt. 

Zur  einleitung  dienen  die  beiden  ersten  stanzen,  welche  sich 
unmittelbar  an  die  lezten  werte  des  liedes  anschliessen.  Ja  auch  ihnen 
hat  das  glockengeläute  freude  und  frieden  gebracht  am  tage  des  ein- 
zuges  des  erbprinzen  mit  seiner  in  Petersburg  ihm  angetrauten  gattin, 
der  grossfürstin  Maria  Paulowna  (am  nachmittag  des  9.  november  des 
vorigen  Jahres).  Noch  Kern  bezieht  die  werte:  „Dem  friedenreichen 
klänge  bewegte  sich  das  land",  auf  die  friedliche  zeit  Norddeutschlands 
seit  dem  Basler  frieden,  während  ViehofF  den  dichter  sagen  lässt,  nach 
dem  erscheinen  des  Schillerschen  liedes  (1799)  habe  sich  das  land 
einige  jähre  der  segensreichsten  ruhe  erfreut  Aber  weder  steht  die 
gefahrliche  und  unheilvolle  ruhe  seit  dem  Basler  frieden  mit  dem 
glockengeläute,  noch  die  für  Weimar  freilich  kriegslose  zeit  mit  dem 
„Liede  von  der  glocke^  in  irgend  einer  beziehung.  Es  muss  von 
einem   ereignisse   die   rede    sein,   das   in   Weimar   mit  glockengeläute 

1)  liier  fehlt  der  im  ersten  druck  dem  Wahlspruche  noch  vorangehende  vefs: 
..Concordia  soll  ihr  name  sein!**  In  der  ersten  stanze  steht  nach  2  komma  statt 
punkt,  3  erschien  statt  erscheint,  4  Begrüssten  statt  Begrüssen,  6  Ver- 
mischte statt  Vermischt  sich,  7  ward  statt  wird,  in  der  fünften  1  schmückt 
statt  schmückt'  und  schöne  statt  hehre,  6  Verwechselt  statt  Verwechselt', 
in  der  jetzigen  achten  3  schildert  statt  schildert',  in  der  neunten  5  In  statt  Im. 
Mau  kann  zweifehi,  ob  der  wegfall  der  apostrophe  nicht  blosses  druckversehen  ist 


GOETHES   EPILOG   Zu  SCHILLERS   GLOCKE  85 

gefeiert  wurde  und  dessen  man  sich  noch  lebhaft  erinnerte;  auch  kann 
dies  nur  dasselbe  sein,  was  die  folgenden  verse  genauer  bezeichnen. 
Beim  glockengeläute  zum  einzuge  des  erbprinzlichen  paares  bewegte 
sich  freudig  das  ganze  land.  Dem  klänge  einfacher  dativ,  bei  dichtem 
häufig  statt  des  mit  einer  präposition  (hier  bei,  wie  6  (7),  8  für)  verbun- 
denen. Noch  1808  lautete  2:  „Bewegt  sich  neu  das  land  und  segenbar*^ 
mit  einem  wol  auf  schreib-  oder  druckfehler  beruhenden  punkt,  wofür 
1808  das  richtige  komma  eintrat  Diese  ursprüngliche  fassung  der 
stelle  zeigt,  das  glockengeläute  habe  ein  für  das  land  Weimar  segen- 
reicbes  ereignis  bedeutet,  wodurch  es  sich  erneut  gefühlt,  worauf 
auch  3  ein  frisches  glück  geht.  Daran  änderte  auch  die  spätere 
fassung  (komma  vor  und  mit  weglassimg  desselben  nach  sogen  bar) 
gar  nichts,  nur  schloss  nach  dieser  und  die  folge  an,  wie  so  häufig 
in  der  die  logische  beziehung  nicht  bestimt  bezeichnenden  dichter- 
sprache^.  Die  ursprünglichen  präsentia  2 — 7  vergegenwärtigen  lebhaft 
das  schon  vor  einem  halben  jähre  geschehene.  Ob  die  später  einge- 
führten imperfekta  (vgl.  s.  84*)  vorzuziehen  seien,  kann  man  bezwei- 
feln; sie  waren  aber  durch  die  änderung  von  2  veranlasst,  wo  der  vers 
wegen  der  tilgung  von  neu  (wol  weil  3  frisch  folgt)  bewegte  (statt 
bewegt)  forderte.  Zur  ausführung  der  festeslust  3—6  vergleiche  man 
den  lezten  auftritt  des  Vorspiels  von  1807.  Der  hochgesang,  wo- 
mit sie  das  junge  fürstenpaar  empfiengeu,  ist  der  jubelruf,  worin  sich 
dss  erregte  gefühl  stürmisch  luft  machte.  Die  verse  4  fg. :  „  Im  voU- 
gewühP,  im  lebensregen  dränge^  Vermischte  sich  die  thätge  völker- 
schar"  deuten  darauf,  dass  viele  aus  allen  teilen  des  ge werbtätigen 
Weimarischen  landes  nach  der  hauptstadt  geeilt  waren,  um  das  junge 
paar  einziehen  zu  sehen.  Die  Schauspieler  aber,  deren  Vertreterin  hier 
spricht,  müssen  vor  allem  des  ersten  besuches  der  grossfürstin  im  thea- 
ter  gedenken,  wo  am  abend  des  12.  Schillers  „Huldigung  der  künste" 
diese  zu  trähnen  gerührt  habe.  Das  „vorrufen  der  huldigung  der  künste 
an  die  geschmückten  stufen"    geht  darauf,   dass   in    diesem  lyrischen 

1)  Segenbar,  des  reimes  wegen  statt  der  gangbaren  bildungen  segenreich, 
Segen  voll,   nach  fruchtbar  gebildet 

2)  Vgl.  im  Vorspiel  von  1807:  „Jedes  freut  sich  des  buntgewühls*'.  Goethe 
Uebte  später  mit  voll  zusammengesezte  hauptwöiiier,  wie  er  im  ,, Tankred '^  Voll- 
gewicht,  in  der  „Natürhchen  tochter'^  VoUbestaud,  später  Vollgewand,  VoU- 
gennss,  Vollgewinn  brauchte,  von  einem  Vollgehalt  7  (8),  1  vollgehaltig  bil- 
dete. In  allen  diesen  Zusammensetzungen,  wie  auch  in  ähnhchen  mit  hoch,  frei, 
^ohl,  schön  u.  a.,  begint  der  zweite  teil  meist  mit  ge  oder  be. 

3)  Erst  später  trat,  wol  der  abwechslung  wegen,  in  lebensregem  ein. 


86  DÜNTZER 

festspiel  die  sechs  künste  dem  rufe  des  genius  an  das  proscenium  fol- 
gen, um  sich  der  grossfürstin  ^zu  verkündigen  und  zu  nennen**. 

Aber  gerade  die  erinnerung  an  jenen  glücklichen  abend  führt 
ihnen  in  der  zweiten  stanze  den  schärfsten  gegensatz  zu  jenem  freu- 
digen festgeläute  vor  die  seele,  das  schreckliche  mitternächtliche  gcläute 
zum  begräbnisse  des  einzigen,  so  geistvollen  wie  liebenswürdigen  dich- 
ters.  Den  dumpfen,  schweren  ton  glaubt  sie  noch  zu  hören;  so  schreck- 
lich schwebt  ihr  der  eindruck  vor,  den  dieser  vor  einem  Vierteljahre 
auf  sie  gemacht  Dumpf  und  schwer,  wie  es  im  liede  von  der 
glocke  heisst:  „Schwer  und  bang  tönt  die  glocke  grabgesang".  Das 
damalige  gefühl  sprechen  3  —  8  aus.  Die  frage  „Ists  möglich?**  deutet 
darauf,  dass  der  tod  eines  geliebten,  den  wir  nicht  entbehren  können, 
wenn  auch  lange  gefürchtet,  doch,  wenn  er  eingetreten,  uns  unmöglich 
scheint.  Vgl.  unten  10  (11),  4.  Soll  es  . . .  erbeuten?  (4  fg.)  Alle 
hatten  ihn  am  leben  zu  erhalten  gewünscht,  das  er  so  sehr  verdiente. 
In  der  fortsetzung  des  Vorspiels  Was  wir  bringen  (1814)  will 
Lachesis  ihre  Schwester  Atropos  vom  zerschneiden  des  lebensfadens  des 
vielverdienten  Reil  mit  den  worten  abhalten:  ^Yor  allem  den  lebens- 
würdigsten, 0  lass  ihn  leben  l**  Hier  gedenkt  die  muse  des  ungeheu- 
ren Verlustes,  den  die  weit  und  den  die  freunde  in  Weimar  (die  sei- 
nen) erlitten  haben.  Zu  ihnen  dürfen  sich  die  Schauspieler  zählen, 
gegen  die  er  so  wol wollend,  ja  als  wahrer  freund  sich  erwiesen,  wenn 
er  auch  einmal  in  der  misstinmiung  nichts  mehr  mit  dem  ^schauspie- 
lervolke**  zu  tun  haben  wolte.  Wie  oft  hatte  er  sie  bewirtet,  ihnen 
seine  stücke  vorgelesen  und  eingeübt,  aber  auch  ihnen  rat  und  hüUe 
geboten!  Wenn  die  weit,  die  ihn  nur  aus  seinen  dichtungen  kante, 
um  ihn  weint,  wie  viel  mehr  müssen  sie  es  tun,  die  seines  Umgangs 
sich  erfreuen  durften! 

Mit  dem  tief  empfundenen  sieh  unmittelbar  anschliessenden 
„Denn  er  war  unser!"  macht  die  dritte  stanze  den  Übergang  zu  Schil- 
lers schöner  menschlichkoit  im  umgange.  Kern  gibt  als  inhalt 
den>elbon  an:  «Schillers  edle  geselligkeit,  seine  gewantheit  in  heiterm 
und  ernstem  cespräoh.  seine  teiluahme  an  Goethes  arbeiten*.  Gewanäieit 
im  gt^pnioh,  eine  gäbe  mancher  flachen  naturen,  au  Schiller  zu  preisen 
koi\te  Goethe  nicht  einfallen:  von  sich  selbst  spricht  er  mit  keinem 
Worte.  Freilich  hat  v.  Loejvr  gemeint,  man  könne:  „Das  haben  wir 
erfahnni  und  gtuiosson".  auf  Schillers  teilnähme  an  der  theaterleitung 
beziehen,  obgleich  hier  von  den  schauspielern  die  rede  ist,  denen  er 
sich  stets  trvuudlich  envit^^n  hat.     Wurde  Schiller  in  der  vorigen  stanze 


ME  S7 

HDser  freund  beÄeiuhnet,  su  bier  als  dor  hohe  mann  von  sei- 
ner erhabenen  natnr,  in  deren  absolutem  besitz  er,  wie  Goethe  gegen 
Bckermmui  einmal  ätieserti?,  immer  war,  der  durch  nichts  eingeengt, 
lussen  ged&nbontliig  durch  nichts  lierabgedrüfkt  wurde.  Ein  andermal 
lemerkte  er,  in  Schillers  ersclieinung  eei  alles  stolz  und  grossartig  mit 
Hisnahme  der  so  sanften  äugen  gewesen,  und  sein  talent  habe  dem  kör- 
ler  entsprochen.  Hervorgehoben  wird,  dass  er  in  geaelschatt,  wenn 
ff  sich  wol  fühlte  (an  gutem  tage)  leutselig  (bequem  gesellig) 
sei  und,  obwol  von  natnr  zum  ernste  geneigt,  sich  gern 
^olgefällig,  mit  wolgetatien)  an  heiterm  gespräch  über  die  tages- 
!B%igtlis&e  beteiligt,  aber  auch  rasch  zum  ernste  zuriickgewant  habe, 
■renn  es  galt,  durch  rat  und  tat  dem  zweifelnden  beizustehen;  dann 
leigte  er  sich  geistreich  (weise  die  Verhältnisse  entwickelnd)  und 
aicherstellig  (überzeußend)',  erzeugte  der  lebensplane  tiefen 
■inn.  Das  kann  nur  bezeichnen,  er  habe  durch  hinweisuug  auf  das 
nsherigo  leben  und  die  natürlichen  anlagen  des  fragenden  gezeigt,  wozu 

•  bestirnt  sei,  was  „das  Schicksal  mit  ihm  gewolt"  (wie  es  in  einem 
Tenediger  epigramm  Ooethes  heisst);    er  habe  Ihn  über   den   zu  ias- 

■nden  lebensplan   au%eklärL     Der  lebensplane  tiefen   sinn  steht 

Ir  tiefsinnige  (wol  erwogene)  lebensplane.  Eettner  (Neue  jahr- 
ifioher  für  philol.  und  padag.  1891  U.  620)  erklärt  „tiefes  Verständnis 
Ibr  die  ontwicblnng  des  eignen  lebens",  wozu  erzeugt  nicht  recht  stimt 
Jtoilich  gebort  hierher  ziuu  teil,  was  Kettner  anführt,  dass  Schiller  „den 

kng  des  Goethischen  geistes  beurteüf^  (Schillers  brief  au  Goethe  i), 
^die  summe  seiner  existenz  gezogen"  hat  (Goethes  antwort  5);  aber 
loch  der  dadurch  bewirkte  entschluss,  wie  GoetJie  dort  bekent,  des 
freundes  teilnähme  habe  ihn  zu  einem  lebhaftem  und  emsigem  gebrauub 
toiiier  bräftc  autgefordert  Gar  nicht  hierher  zu  ziehen  ist  die  Goethe 
geläufige   redensart    „einem  seine    träume    auslegen    und   erzählen''  im 

bne  nCinem  das  dunkel  gedachte  klar  entwickeln",  wie  er  auch  ^weis- 
n"  brauchte. 
Mit  dem  stolz  widerholteu  worte:   „Denn  er  war  unser!"  das  dem 
mgebeuem  schmerz  gewissennassen  zum  trost  dient,  knüpft  die  vierte 

1)  Kern  erklärt  sooderbu  „sicher  fitehenil  und  dadurch  aicberheit  bringend*-. 
'i»  probehaltiß,  stichhaltig  von  probo,  stich  halten,  so  ist  sichorstoUig 
in  aiolier  Btelleo  (.wovon  Bioberstellung)  gebUdet.  Werkstellig  (wovon 
iverka  teil  igen)  sod  steifstellig,  die  t.  Ijoeper  anführt,  Bind  von  ins  werk 
IsUea,  steif  Btellen  abgeleitet  Die  ableitimg  -ig  ist  die  ^ersohlreiuhste,  besoa- 
m  bei  rasamiii  BD  Setzungen  nnd  aneinanderscUiebungen  beliebt,  wie  wir  hier  auch 
ollgshaltig,  reichgeataltig  finden. 


88  DÜNT3CKR 

stanze  den  gedanken  an,  dass  er  nach  wildem  stürme  erst  in  Weimar 
den  sichern  hafen  gefunden,  wo  er  zu  seiner  höchsten  entwicklung 
gelangt  sei.  Weimar  und  Jena  werden  im  folgenden  nicht  unterschie- 
den, da  sie  so  innig  zu  einander  gehörten,  dass  Goethe  qpäter  launig 
von  ^Weimar- Jena,  der  grossen  Stadt *^  und  ihren  „beiden  enden'* 
sprach.  Freilich  war  der  erste  ort,  wohin  Schiller  aus  der  not  sich  rettete, 
nicht  Weimar:  und  er,  als  er  von  Dresden  dahin  übersiedelte,  weit 
entfernt,  dort  sogleich  seinen  «sichern  port*^  zu  finden;  ja  während 
seiner  Jenaer  professur  ward  er  von  einem  leiden  befiillen,  das  ihn 
jähre  lang  zurücksezte  und  dauernd  an  seinem  lehen  zehrte.  Aber  eine 
genaue  lebensgeschichte  soll  hier  nicht  gegeben  werden:  im  hochgef&hl, 
dass  Schiller  hier  zu  seiner  wahren  grosse  gelangt  sei,  wobei  die  leise  in 
der  bezeichnung  «das  stolze  wort*^  angedeutete  Vorstellung  mitwirkt, 
dass  dies  anderswo  nicht  in  gleicher  weise  hätte  geschehen  können, 
übergeht  die  muse  das  ihrem  zwecke  nicht  entsprechende,  wählt  nur 
das  zur  Verklarung  des  hingeschiedenen  sich  darbietende  aus.  Erst  hier 
(indessen,  während  er  hier  im  sichern  port  ruhte),  hat  sein  geist  sich 
der  wahren  idealität,  den  ideen  des  wahren,  guten  und  schönen ^  zuge- 
want,  ist  in  das  land  der  ideen  voip^rungen,  hat  die  Wirklichkeit  hin- 
ter sich  gelassen.  Es  schwebt  das  Schiller  so  beliebte  bild  eines  küh- 
nen Wanderers,  eines  pilgers  nach  dem  lande  der  Verklärung  vor,  wie 
dieses  sich  neben  denen  vom  fliegen  und  segeln  schon  in  dem  firühen 
gedichte  «Die  grosse  der  weit*"  findet.  Bekant  ist  Schillers  mahnung 
in  dem  geiiicht  «Das  ideal  und  das  leben "^r  «Fliehet  aus  dem  engen, 
dumpfen  leben  in  des  ideales  reich !•*  In  den  stanzen  ,,An  Goethe** 
heisst  es,  auf  der  bühne  werde  die  ideal  weit  aufgetan.  Er  lebte  ganz 
in  der  idee,  von  der  er,  wie  Goethe  gegen  Eokennann  klagte,  nur  zu 
sehr,  statt  von  der  ansohauunsr.  auscienff.  Kern  versteht  unter  dem 
firemoinen  iSi  das  altäcHche,  wie  in  «Wallensteins  tod~  I,  4,  wo  ihm 
das  ausserordentliche  ent4!ei::en£:esezt  wird:  daeetren  bildet  hier  der 
wesenlose  schein  den  gegvmsatz. 

Die  fünfte  stanze,  die  ursprünglich  aus  den  sechs  ersten  versen 
dit^^r  und  den  zwei  leiten  der  jezt  folgenden  bestand,  gedenkt  des 
nüohtliohon  waohens,  w,^hnnid  des^^en  er  zur  klarheit  über  gott  und 
weit  gx^koumien,  wolvi  auch  diohu>ris<*ho  arbeiten  berührt  werden.  Den 
Ausgangspunkt  bildet  seine  garton.'-inne.     Bekam  ist,   dass  Schiller  sidi 


U  IWn  owijjv»  vi*s  .tlvivluto»   i:v.  oY',-r-.si:i   iu  der  i>^aneiiieii  wiiUicIikeit,  wie 
lhi\v  so  vh'lfnoh  misbmux'hn'Qi  das  ^ntjC  voiMiche  xk  scUosse  <les  ,ftastr. 


111797  ein  gartenhaus  bei  Jona  kaufte,    worin    er  von  anfang  mai  bis 
Bflnde  Oktober  mit  „Waüenstein"  und  balladeiidichtungen  beschäftigt  war. 
l  Der  gröste   teil   des  erstem  war  im  eiitwiirf  vollendet,   als  er  endlich 
I   7,  mai  1798  wider  den  garten  beziehen  kont«.     Hier  Hess   er  sich 
I  tinen  pavillon  bauen  und  auf  das  haus  einen  zweiten  stock  setzen,  der 
[  ihm  eine  weite  aussieht  und  den  freien  anblick  des  hinimels  gewährte; 
I   denn   er  selbst   bewohnte  das  grosse    und    die    beiden    kleinen    ziinmer 
dieses  Stockes,  während  die  gattin  auf  dem  ersten,  kinder  und  gesinde 
in   den  untern   räumen  waren.     Im  juli    kante  er  den  neuen  stock  be- 
gehen.    Hier  verbracht«   er  die  nachte    häutig  schlaflos,    da  er  meist 
tTon  krämpfen  geplagt  war,  versenkte  sich  in  ernste  betrachtungen  und 
in    die  Vollendung  seines   „Wallenstein ",    erfreute   sich   aber  auch   des 
ungeheuren    aublicks    des   funkelnden    Sternenhimmels.      Im    folgenden 
Sommer  arbeitete  er  hier  au   „Maria  Stuart",  die  er  bis  III,  4  brachte, 
und  schuf  für  den  „Almanach"  das  ihm  schon  längst  im  sinne  liegende 
.„Lied  von  der  glocke".    Die  im  garten  abends  mit  rächiller  verlebten 

Idrei  Sommer  blieben  Goethe  unvei^esslich.  Schon  im  deeember  1799 
siedelt«  Schiller  nach  Weimar  über.  Nur  vom  5.  mär^  bis  zum  1.  april 
1801  weilte  er  hier  noch  einmal,  aber  allein  mit  seinem  diener,  um 
„die  Jungfrau  von  Orleans"  zu  vollendeu.  Im  nächsten  friihjahr  wurde 
der  garten  verkauft. 

Wie  herrlich  hat  Goethe  die  von  Schiller  auf  dem  zweiten  stock 
des  gartenbauses  verbrachten  nachte  dichterisch  verklärt,  indem  er  diesen 
hier  im  gespräch  mit  den  stemen  zur  lebendigen  idealitat  heranreifen 
lässt!  In  Wirklichkeit  haben  die  im  garten  verbrachten  abendgespräche 
der  freunde  so  ausserordentlich  erleuchtend  und  erhebend  auf  beide 
gewirkt.  Aber  seltsam  haben  die  erklärer  die  stanze  durch  annähme  einer 
dilogie  ontstelt,  die  so  seltsam  ist  wie  die  schlimste  der  berüchtigten 
Baxtere  im  Horaz.  Da  möchte  v.  Ijoeper  freilieh  „eine  realistische 
am^pielung"  auf  das  gartenhaus  annehmen,  doch  bildlich  sei  „das  obser- 
Tatorinm,  die  himmelswarte  des  sehers"  zu  verstehen.  Und  doch 
erkent  er  selbst  an,  Nun  (1),  wofür  noch  1808  Da  gedruckt  war, 
knüpfe  an  den  sichern  Port  (4,  3),    wonach  denn  nur  von  Schiller 

tio  Weimar  (Jena)  die  rede  sein  kann,  nicht  von  dessen  Verklärung  im 
^Dseits,  deren  erst  weiter  unten'gedacht  ist.  Schröer,  der  v.  Loeper 
beistimt,  sezt  die  Ungeheuerlichkeit  dieser  deutung  recht  ins  licht  durch 
«eine  ausführung:  „Nnn  fUhrt  er  fort  von  (?)  da,  woher  er  auf  erden  der 
tteme  wort  veraahm,  wie  einst  hienieden,  seine  gartenzinne  sich  zu 
schmücken,  einzurichten".  Unmöglich  scheint  mir  auch  Kerns  auffasaung, 
unter  der  gartenzinne  sei  zugleich  der  ideale  Standpunkt  zu  verstehen, 


9<>  dDntzrr 

von  dem  aus  er  das  ^ würdigste^  sich  angeeignet  habe^.  Dass  Schiller 
noch  einen  stock  dem  hause  aufgesezt,  wird  nur  deshalb  erwähnt,  weil 
er  hier  gespräehe  mit  den  stemen  geführt  haben  und  zu  reiner  idealitit 
gt^langt  sein  soll.  Das  schmücken  der  gartenzinne  ist  nicht  als  auf- 
putzen KU  nehmen,  sondern  der  neue  stock  gereichte  dem  hause  zum 
si'hniuck.  Wir  haben  hier  den  dichtem  geläufigen  sogenanten  prägnanten 
pL^brauoh;  schmückte  steht  im  sinne  von  ^  baute  schmückand'^.  Die 
srartenzinne  selbst  hiess  ursprünglich  mit  beziehung  auf  die  höhe  hehr; 
(loothe  änderte  hehre  in  schöne,  mit  bezug  auf  die  schöne  aussieht 
die  man  hier  auf  das  Leutrathai  genoss.  —  Schillers  sinn  war  ^gleich 
ewig,  gleich  lebendige,  wie  die  steme.  Nur  die  höchste  flüchtigkeit 
konte  sich  zu  der  erklärung  verirren:  «nicht  weniger  dem  ewigen  als 
dorn  iniischon  leben  zugewendet **.  Der  steme  geheimnisvolles 
^andern  unterständlichos)  wort  war  ihm  klar  (4).  Mit  dort  (5)  wird 
auf  sein  dichterische«  schaffen  zur  nachtzeit  übergegangen,  das  aber 
absichtlich  nicht  näher  bezeichnet  ist«  da  des  bedeutendsten  teiles  der- 
selben, der  dramen«  erst  weiter  unten  iredacht  werden  solte.  Das  wun- 
derbare  vorwechseln  der  zeiten  bezieht  sich  auf  die  durch  seine 
krämpie  vemnlasste  £»Kohnheit«  in  der  nacht  zu  wachen  und  am  tage 
SM  soh)aifen.  Als  er  im  seprcmber  ITM  vierzehn  tage  bei  Goethe  weilte, 
brach^:^  diOÄ^r  ihn  vv^n  der  verwechslunc  der  taseszeiieo  ab,  und  zeit- 
w^^^  h\>mHi  in  tol^  der  luträ^.icfaem  abendkc^t  auich  die  nacht- 
liehen  krampte  auf;  aber  bald  stciten  sich  diese  wider  ein  und  liessen 
:hn  nicht  nihen.  Wie  giuoklich  hat  Gv>eihe  auch  diesen  xfotg  verwant 
m^iein  er  Kincrkt«  diese  schlat^^vX^^  nach^?  seien  ihm  selbst  und  uns 
5U  köstlichem  i:c>>v:nn  cewoni^n.  da  er  in  ihnen  sc»  schöneB.  seine 
t"«vT.c  d:oh;t'r::5v}>o  fr.tw:ck>aRi:  fördemdeis  cesvhaffen.  woran  sich  die 
wt'l:  0Tfrs:^:iT.  d^nn  hi^r  liurftc  ar.$  nicht  auf  die  sefaausiiieler  allein 
prhYr..  0'>;:äf  r.:r.r.::  ä^"0:hi  EckTTTTcaan*  Soti^Ier  sei  bei  jedem  stocke 
fxrtirtv^^hr,:?:*:*..  :r..r,:er  v ."..orviectr  cewoniec     VcU  unteo  7  f8K  6*. 

Vrr,x;::;lr**r  *u:  .i^e  >or«-vi3Cirj:  der  ledien  festen  ursprüiiglich 
»w  v;'c^*        N,:r.  sir.k  o^r  m.r.i,  «nc  ru  esTfecrtc  '»c«ne 

^  r.r   f-rjsTs'-r.  Jc;K;.-t  r.UÄi  rjtr  5«v:^  :5e*.n*   er.«  aitf  den  wiikKcheo 

>.''>'*»T     rteft^*.J»i,     r^!^*•^ 

.:    oa:    !^^*\\'    .\.*'K>^  :•  •:    ii,\-i.\>r.   !\-yi>eA"  K^i     xir.^rc  2ttc  3fema  $ck Bäckt 
r4  $^aTl 


GOETHES  EPILOG   Zu   SCHILLERS   GLOCKE  91 

Sonnenaufgang  zu  beziehen,  bis  zu  welchem  Schiller  gewacht  habe^. 
Aber  das  stark  eintretende  nun  muss  auf  etwas  neues  deuten,  das  in 
Weimar  ihm  geworden,  wie  auch  das  widerholte  am  anfang  der  fol- 
genden stanze  auf  etwas,  was  er  nicht  auf  seiner  garteuzinne  geschaut 
oder  getan.  Hiemach  kann  es  nur  bildlich  gefasst  werden,  wie  auch 
die  neue  Jugend  der  folgenden  stanze,  in  dem  sinne:  jezt  sei  die  dun- 
kelheit  des  wilden  Sturmes  gewichen,  der  volle  tag  angebrochen;  statt 
der  mondnacht,  an  der  er  sich  vorher  erfreut  habe,  sei  der  alles  im 
klaren  lichte  zeigende  Sonnentag  nun  erschienen. 

Die  ursprüngliche  sechste,  jezt  durch  die  einschiebung  siebente 
stanze  schildert  die  in  Weimar  gewonnene  unvergängliche  geistige  jugend, 
die  seine  wange  gerötet 2,  ihn  mit  siegbewusstem  mute  und  unauslösch- 
lichem glauben,  dass  endlich  das  gute  und  edle  siegen  werde,  beseelt 
habe.  Der  glaube  steigt  immer  höher,  wenn  ihn  auch  bald  die  hof- 
nang  beschwingt,  bald  die  Ungunst  der  zeiten  zu  geduldiger  fassung 
nötigt.  Das  gedeihen  des  guten  wird  durch  wirken,  wachsen,  from- 
men bezeichnet,  von  welchen  das  erste  auf  die  eintretende,  das  lezte 
auf  die  sich  verbreitende  Wirkung  deutet.  Dem  edlen  =  für  das  edle, 
vgl.  zu  1 ,  1  (s.  85).  Schillers  warme  begeisterung  für  die  ästhetische 
erziehung  der  menschheit  spricht  sich  besonders  in  den  dieser  gewid- 
meten briefen  und  in  dem  gedieht  „Die  künstler"  aus. 

Erst  in  der  siebenten    (jezt  achten)   stanze  komt  die  muse  auf 
die  sie  zunächst  berührende  tätigkeit  Schillers  als  dramatiker,  die  wirk- 
liche krönung  seines  dichterischen  Schaffens,  welche  sie  bescheiden  als 
ein    herablassen    seines    mächtigen,    von   den    höchsten,    reinen    ideen 
ergriffenen  geistes  bezeichnet.    Dabei  bleibt  unberücksichtigt,  dass  Schil- 
ler bereits  im  wilden  Jugendsturme  die  bühne  erschüttert  hatte  und  die 
erstlinge  seiner  dramatischen  muse  noch  immer  mächtig  wirken.     Bei 
dem  bretternen  gerüste  (2)  hat  v.  Loeper  auf  Schillers  gedieht  An 
die  freunde  (von  1802)  hingewiesen,   wo  er  bei  begeisterter  hervor- 
hebiing  der  bedeutimg  der  Weimarischen  bühne  von  den  „brettem,  die 
die  weit  bedeuten",  spricht     Dieses  gedieht  stand  nicht  im  ersten  teile 
Ton  Schillers  „Gedichten",    den  Goehe    zu  Lauchstädt  las,   wol   aber 
das,  was  ihm  ohne  zweifei  vorschwebte,  die  stanzen  „An  Goethe"  (von 

1)  Schröer  sieht  merkwürdig  darin  eine  bildliche  ausfühnmg  des  „gedankens, 
daaB  et  nacht  in  tag  verwandele*^. 

2)  Bot  und  röter=  immer  röter,  nach  Goethes  gebrauch,  wie  schon  in  der 
Zueignung,  die  früher  den  eingang  der  „ Geheimnisse '^  (1784)  bildete,  fest 
^od  fester,  schwer  und  schwerer,  und  ähnliches  in  „Iphigenie*^,  , Tasse '^  und 
Bonst 


92  DthfTZBR 

1800),  wo  es  beisst  „auf  dem  bretteraen  geröst  der  scene*  werde  eine 
idealweit  aufgetan.     Doch  hatte  Goethe  hier  urspronglich  geschrieben: 

Und,  so  geübt,  erquickt  und  vollgehaltig. 
Hat  er  doch  dies  gerüste  nicht  verschmäht: 

indessen  stand  die  jetzige  lesart  schon  in  der  abschiift,  die  er  am 
31.  juli  zum  druck  absante.  Die  änderung  war  wol  zunächst  duroh 
den  anstoss  veranlasst,  den  er  an  erquickt  nahm;  bei  diesem  dürfte 
er  an  die  in  der  vorigen  stanze  ausgeführte  geistige  veijüngung  gedacht 
haben.  Geübt  geht  auf  die  stete  beschäftigung  mit  dem  edelsten  und 
tiefsten,  durch  die  er  volgehaltig^  wurde.  Den  inhalt  seiner  tra- 
gödien  bezeichnet  der  kämpf  mit  dem  Schicksal,  ^welches  den  men- 
schen erhebt,  wenn  es  den  menschen  zermalmt**,  wie  die  gleichfieds  im 
ersten  teile  der  gedichte  enthaltene  parodie  «Shakespeares  schatten^ 
sich  ausdrückt  Dort  heisst  auch  das  Schicksal  der  tragödie  ,  gross, 
gigantisch",  wie  es  hier  „gewaltig  von  tag  zu  nacht  die  erdenachse 
dr^ht*'.  Das  darf  man  nicht  mit  >H?hroer  auf  die  Umdrehung  der  erde 
beziehen,  wop^n  Si*hon  der  ausdruck  spricht:  vielmehr  bezeichnet  es 
den  tag  und  nacht  fortgesezten  Übergang  der  weit  von  glück  in  unglück, 
mit  beziehung  auf  die  lehre  des  Aristoteles  (Poetik  13),  die  volkom- 
menste  tragvHlie  sei  die,  welche  den  über^rang  des  glückes  in  onglück 
darstelle.  Die  erdenachse  ist  hier  das  irdische  glück,  das  unbestän- 
dig ist,  wie  ein  nid  sich  umdrvht.  Kugel  und  rad  sind  die  sinbilder 
des  glückes.  Gc^the  selbst  hatte  in  seinem  garten  dem  guten  glück 
einen  weihestein  errichtet,  mit  der  abbildun?  einer  auf  einem  kubus 
ruhenden  kugel.  Die  «manchen*'  worte  des  dichtei^  sind  tief,  insofern 
sie  das  weson  des  monschengeistes  enthüllen,  reichgestaltig,  da  sie  uns 
die  versohie^lenartiiT^ton  mensohencharaktere  schauen  lassen.  Sie  haben 
den  wert  der  kunst  erhöht,  als  inrx>ssartise  kunstwerke,  die  alle  von 
oicvntum:iohom  leK^n  bowoct  erscheinen.  Schiller  schrieb  selbst  im 
;ahre  1S04  an  Kömer.  joiler  stoff  fonier^  seine  eigene  form:  die  kunst 
bes:eho  darin,  die  ihm  [Vfts&>eude  zu  finden:  die  idee  des  tnaerspiels 
!r.üjc?o  >:i  iu  hundert  und  tausend  formen  darstellen.  Goethe  erklärte 
dt"'.';  .Wal^;ri^;oin•  tlir  m-  gn\^,  dass?  nichts  ähnliches  daneben  bestehe, 
und  d:o  :V'.i>:n:don  stüoko  warvn  in  ihrvr  art  eben  so  bedeutend«  kei- 
Vacs  na<h  dem  mustor  der  andoni.  alle  pmz  eigentümlich  gebildet. 
ANt  AUv'h  vion  wer:  dts  kunstlors  haben  sie  erhöht,  dm  diesex* 
nio  s:ii;o  srand,   s\>ndem  immer  wuohs.   immer  vc^n  nenen  seitm  sicln 

:    l>»s  th^w  x\>5:  v,>r:i:e*:»!T    rcl.  s.  ST*    iVof-j«T#«j»  wc«t,  asf  dw  freilich  d 


N 


ligte,  wie  die  romantische  tragödie  der  „Jungfrau"  ilen  Humittelbaren 
intlu»  FOD  himmel  und  hülle  vorauäsezte ,    ^Maria  Stuart"    deu  erbtt- 
irttm  glaubenekampf  zur  anschaming  brachte,  ^die  braut  vou  Messiua" 
antikem  sinne  gedacbt.    „Teil"   ein    volksstückim    besten  sinne  des 
rtirtes  war.     Die  stanze  schljesst  damit,   dass   er  seine  höchste  Ifrnft 
if  die  tragödie  verwant,   dieser   selbst    sein  leben  geopfert  habe.     Zu 
:eriuann   bemerkte  Goethe  später,    die   ideelle  freibeit  habe  Schiller 
tötnt,   da  er  deshalb  aotorderungen  an   seine  physische  natur  gestelt 
faabe,    welchen   diese    nicht   gewachsen  gewesen.     Freilich    äusserte    er 
danials  auch,  ein  llqueur  oder  etwaa  älinllcbes,  das  er  in  angenblicken 
körperlicher  schwäche  genommen,   habe  an  seiner  gesundheit  gezehrt, 
ja    auch    seineu    dichtuugen    geschadet.      Aber    das   scheint    nur   eine 
grille  von  Goethes  alter.     Freilich  trieben  seta  scbaöensdrang  und  das 
^Twlongen,    da   er   auf  ein    langes    leben    nicht    rechnen    durfte,    noch 
lög'liohst.    Tiel    für   seine  kinder  zu  erwerben,    den    dichter   zu    über- 
missiger  anstrengung;   aber  gritf  diese  ihn  auch  augenblicklich  an,  so 
stalte  doch  seine  zäbe   natur  trotz  aller   leiden   sich   immer  wider  not- 
ililrfUg  her.     und  geistige  anspannung  war  ihm   ein   bedürfnis.     Ge- 
gen Qoethe  äusserte   er  einmal:    nie   befinde   er  sich   besser,    als  wenn 
er  recht  lebendigen  anteit   an   einer  seiner  arbeiten  nehme;    tätigkeit 
mache  Um  gesnnd.    An  Körner  schrieb   er,  tieiss  gebe  nicht  nur  die 
mittel  des  lebens,  sondern  gebe  ihm  auch  seinen  alleinigen  wert.   Nicht 
die  geistige  anspannung  hat  au  seiner  gesuiidheit  geuagt,  sondern  die 
davon  unabhängigen  stösse  derselben,  besonders  im  Jahre  1790  und  zulezt 
im  Juli   1804,   haben  sie  hinfällig  gemacht;    dazu  kam  sein  drang  zum 
geselligen  leben,   der  ihm  auch  beim  nnwulsein,  das  ihm  zur  gewohn- 
üeit  geworden  war,  nicht  gestattete,  wenn  seine  teilnähme  irgend  mög- 
lich war,   seiner  zu  schonen    und   sich  sorglich  zu  hause  zu  halten. 
Sicht  dasa  er  so  früh  hingeraft  wurde,    sondern   dass  er  so  lange  sich 
war  zu   rerwundern.     Aber  Goethe   übte   nur  sein   dichterisches 
it,  ja  seine  ptlicbt,  wenn  er  in  dem  sein  bild  verklärenden  nachrufe 
leo  trüben  schatten  walten    Hess.     So    durfte  er  auch  den  freund 
in  leben  durch  nnablaasigen  sehaffungsdrang  zum  besten  des  vater- 
ides,   dem   dieses   zu    dank   verpflichtet  sei,   verkürzen   lassen,    wäh- 
\i  efi  in  Wirklichkeit  nur  ein   rührendes  sciiauspiel  war,    wie  dieser 
l»ta  immer  widerkehrender  körperleiden  und  steigender  schwäche  durch 
•eineii  geist  aufgerichtet  und  zum  dichten  getrieben  wurde. 

Zu  dieser  krSnklicbkeit  macht  die  achte  (jezt  neunte)  stanze  den 
Übergang,  indem  sie  von  seinem  regen  dramatischen  schaffen,  dem 
iin«blSäsigen  geschäfte,  ausgeht,   wie  Schiller  selbst  seine  diditungen 


nanteV  Die  Schauspieler  lemteu  ihn  besonders  seit  dorn  herbst  1798 
kennen.  Erst  im  december  1799  siedelte  er  nach  Weimar  Über, 
er  nicht  bloss  durch  die  proben  und  auffuhrimgen  seiner  eigenen  stücke 
mit  ihnen  in  nächste  Verbindung  bam,  sondern  oft  Goethe  in  der  thea- 
terleitung  vertrat,  auch  gesellig  viel  mit  ihnen  verkehrte.  Die  ganze 
zeit  über  war  er  oft  leidend,  zur  arbeit  unfähig,  besonders  seit  d« 
rückkebr  von  Jena  am  22.  augusl  ISOi;  aber  immer  stelte  er  sich 
wider  her,  nnd  da  war  es  ihm  eine  freude,  sobald  er  wider  frisch  arbei- 
ten und  das  theater  besuchen  koiite.  Wenn  es  am  anfange  heisst,  et 
habe  ^in  rieseoschritten  den  kreis  des  wollens  und  volbringens  gemes- 
sen", so  geht  dies  auf  die  daratcUung  der  dramatischen  beiden.  Der 
riesenschritt  erinnert  an  Goethes  Shabespearerede  von  1771.,  in  wel- 
cher dem  kühnen  britischen  dichter  ein  gigantischer  schritt,  sieben- 
meilenstiefel  zugeschrieben  werden.  Gegen  Eckermann  äusserte  Goethe, 
Schiller  habe  immer  einen  grossen  gegenständ  ktihn  angegriffen.  Schröer 
bezieht  die  worte  auf  Schiliem  „erstaunliches  vermögen,  das  theoretisch 
geforderte  auch  in  der  kunst  zu  verwirklichen",  obgleich  oifenbar  hier 
nicht  im  algemeinen  von  dessen  tatkraft,  sondern  nur  von  der  drama- 
tischen darstellung  die  rede  ist.  Im  prolog  für  Berlin  sagt  die  mnso: 
„vom  tragisch  reinen  stellen  wir  euch  dar  des  düstem  wollens  traurige 
gefahr";  der  kräftige  mann,  voll  trieb  und  willevoll,  wüte  hier.  Bei  der 
folgenden  äusserung,  er  habe  „von  land  zu  land,  der  Völker  sinn  and 
sitte,  das  dunkle  buch  mit  heiterm  blick  gelesen",  ist  nach  dem  zwei- 
ten land  ein  particip  wie  wandernd  zu  denken.  Später  wolte  der 
dichter  neben  den  verschiedeneu  ländem  auch  des  Wechsels  der  zeiteo 
gedenken;  deshalb  schrieb  er  „durch  zeit  und  land",  wozu  gleichfiüs 
ein  „wandernd"  gedacht  isL  Das  zum  leichtern  Verständnis  notwen- 
dige komma  nach  land  haben  die  neuem  ausgaben  mit  unrecht  g^ 
strichen,  nur  die  Cottasche  es  beibehalten.  Sehr  hart  ist  hier  die  vei^ 
hindung  „der  vi^ilker  sinn  und  sitte,  das  dunkle  buch".  Das  bucb 
ist  die  Weltgeschichte,  die  freilich  „der  Völker  sinn  und  sitte"  sieigt: 
aber  bedeutender  sind  in  ihr  «loch  die  taten  und  personen,  die  daoebea 
nicht  unerwähnt  bleiben  durften.  Ohne  zweifei  deutet  das  dunkel 
auf  die  traurigen  wechselfälle  der  begebenheiten  und  der  personen, 
aber  diese  versteckte  hindeutnng  genügt  iiiclit.  Die  unglückUeben 
begebenheiten  las  Schiller  „mit  heiterm  blicke",  weil  er  darin  den  stoff 


1)  Noch  1801  begann 
sohlen  dem  dicbt(?r  anstössig, 
u'ucli  wo!  des  Wgi'iid«!!  wie 
bat  dor  Ixzte  aostosü  ihn  10 


die  Htaoze  mit  So  kennt  ihr  statt  Ihr  kannt«!.  So 
voll  es  etwas  hart  au  die  vorhergelieude  stanze  ansohÜMA 
wegen,  das  kipht  nur  so  l*t(igi'ii  worden  kernte.  Do<^ 
II),  3   XU  keiuot  änderung  vsraiilaüst. 


.  trogischer  daratelliinp  uud  in  den  handelnd  auftretenden  personeu 
iktere  fand,  die  er  mit  seiner  kunst  beleben  bonte.  Bei  dem 
iprüngliclien  „von  land  ?.u  land"  acliwebte  Goethe  unzweifelhaft  vor, 
i  jede  Schillersche  trsgödie  in  einem  andern  lande  spielt;  aber  frei- 
|ch  ancb  in  einem  andern  Jahrhundert,  weshalb  er  denn  später  nnch 
vrechgolndeu  zeit  gedachte.  Zn  diesem  rastlosen  bewältigen  der 
unigfaltigsten  tragischen  Stoffe  bildet  die  zweite  häifte  der  stanze 
der  ewigen  kränklichkeit  des  dichtera,  von  der  die  Schauspieler 
i  jähre  her  Keugen  gewesen,  einen  rührenden  gegensatz^  Sie  sahen 
I  schwer  atmend  (atemlos),  ängstlich  bangend  vor  schmerzen  (in 
liden  bangte),  da  er  zu  ersticken  fürchtete;  freilich  genas  er  immer 
prider,  aber  nur  kümmerlich,  da  eine  gewisse  schwäche  und  neigung 
rückfall  immer  znriickbUeben.  Diene  jähre  waren  für  sie  frau- 
dg,  da  sie  um  den  vei'ehrten  freund  immer  besorgt  waren  und  mit- 
r  aach  schön,  weil  sie  sich  seiner  genesung  herzlich  freuten, 
.  tröstenden  bewusstsein,  dass  sie  ihn  noch  besassen. 

Bio  neunte  (zehnte)  stanze  Rchliesst  sich  nnmittelbar  an,  indem 
|le  schanapieler  der  frende  gedenken,  dass  er,  wenn  er  wider  von  der 
Schmerzhaften  krankheit  sich  befreit  fühlte,  als  leidenfichaftlicher  freund 
i  tfaeaters,  dessen  besuch  für  ilin  zugleich  eine  stete  schule  war,  an 
ihrer  tunst  sich  erfi-eute,  wie  er  Ja  noch  am  Vorabend  seiner  lezten 
krankheit  über  ihre  scherze  gelächelt  hat.  Etwas  störend  ist  die 
uiiknüpfung  mit  dem  nach  zwei  vcrsen  wider  aufgenommenen  ihn.  Die 
in  ihm  wühlenden  schmerzen  zerrütteten  ihn  so,  dass  er  keinen 
blick  auf  die  aussenwelt  richten  konte;  erst,  wenn  diese  wichen,  blickte 
er  wider  auf,  und  sobald  er  es  vermochte,  besuchte  er  wider  das  theater, 
das  er  freilich,  da  ihm  noch  das  volle<  wolgefühl  des  lebens  abgieng 
(es  stockte,  und  er  fühlte  sich  deshalb  gedrückt),  nicht,  wie  wenn  er 
wolauf  war,  geuiessen  knnte;  aber  doch  unterhielt  den  genesenden  (den 
■.aenbelebten  sinn)  ihre  kunst,  du  sie  alles  aufboten,  ihm  zu  gefallen. 
lÄoch  tm  Vorabend  seiner  lezten  krankheit  hat  ihr  spiel  ihm  ein  lächeln 
■^^bgelockt  *.  Den  abend  vor  den  lezten  sonnen  (lezten  lebenstagen)  hat 
»T.  Lneper  aiü'  Schillers  lezte  dramatische  arbeiten,    auf  „Die  huldigung 

1  dmck  gesanteD 


i  war  schon  ii 
verbessert. 


IJ  Obs  lusprüDgliche  Wir  habmi  dm 

n  d(Uj  kriiftigere  Das  haben  \ 
S)  UraprÜDglicli  stand  am  schluRBe  still  ihm  (statt  glücklich)  abgewon- 
Still  aolte  darauf  deuten,  dass  er  tregen  der  vor  kurzem  überstaudenea  krank- 
I  ^  rödrt,  wie  sonst,  mit  voIIpf  Inst  lachen  tonte.  Dareh  die  itoderung  ist  das 
I  Woftakriinbe  iliui  weggerallca.  da.««  im  anfung  des  verseH  an  die  stelle  des  anaötigeij 
I  l^nd  bitte  treteu  sollen. 


96  DÜNTZER 

der  künste*"  (aufgeführt  am  12.  november  1804)  und  ^Phädra*'  (zuerst 
um  30.  Januar,  widerholt  am  18.  februar  1805  g^eben)  beziehen  zu 
dürfen  geglaubt  Schröer  denkt  blos  an  erstere,  deren  aufführung  „noch 
jezt  [vor  einem  halben  jähre  !J  ihn  zufrieden  gestelt**,  obgleich  dieses 
festspiels  bereits  in  der  ersten  stanze  gedacht  war  und  der  ausdruck 
nur  den  abend  vor  der  lezten  krankheit  bezeichnen  kann.  Nun  besuchte 
Schiller  wirklich  am  Vorabend  derselben  das  theater,  wie  wir  jezt  wis- 
sen (Goethe -Jahrbuch  VII,  299),  am  1.  mai,  wo  Schröders  zulezt  am 
17.  märz  1802  gegebenes  lustspiel  „Die  unglückliche  heirat  aus  deli- 
katesse"^  gespielt  wui*de.  Auf  ein  lustspiel  passt  auch  das  beifiUlige 
^lächeln  "^  besser  als  auf  ein  ernstes  stück,  bei  dem  der  beifEÜl  sich 
durch  rührung  und  thranen  ausspricht  Früher  muste  man  nach  dem 
unzweifelhaft  scheinenden  zeugnis  des  jungen  Voss  glauben,  Schiller 
sei  zulezt  montag  den  29.  april  im  theater  gewesen,  wo  das  zulezt  vor 
anderthalb  jähren  g^:ebene  Spiessische  ritterschauspiel  „Klara  von  Ho- 
heneichen**  zur  darstellung  kam.  Die  Verwechslung  könte  darauf  beru- 
hen, dass  Schiller  wirklich  auch  an  diesem  abende  das  theater  besucht 
hatte  und  von  Voss  abgeholt  wurde,  wie  er  schon  am  vorigen  tage 
bei  der  sontägliohen  hofcour  ei^hienen  war.  Aber  nicht  allein  dies; 
wahrscheinlich  hatte  er  das  theater  schon  gleich  nach  ostem  wider 
besucht.  Bei  der  sontäglichen  hofcour  war  er  nach  dem  starken  fieber- 
anfall  vom  9.  februar  zueilt  wider  am  10.  märz  gewesen,  und  er 
iHsuohte  sie  dann  wider  regelmässig  mit  ausnähme  des  7.  april  (palm- 
sinitag)«  wo  er  krank  war.  Da  wird  er  bei  seiner  grossen  fr^ude  am 
theater,  das  ihn  weniger  anstivuirte  als  die  hofcour,  den  am  15.  wider- 
eh^fueien  von>telluui^ni  (in  der  kanvoohe  wurde  nicht  gespielt)  regel- 
mä:>9^ii:  Ivigewi^hnt  halvn.  Die  eintmgungen  der  gegebenen  stücke  in 
Sv*hillers  fcaleudor  beweisen  gar  nichts,  da  dieser  seit  dem  mai  1802 
alle  vorsielhuiÄ^ni  wahrvnd  seiner  auwesenheit  in  Weimar,  auch  die 
nicht  von  ihm  bt^suohteu,  ,^utTührt.  Den  schauspielern  war  es  wol  in 
jjuiem  4:edäohtuis  i-ebaelvn,  dass  Schiller  zulezt  einem  lastspiel  bei- 
):t*\\v>hnt  und  sich  au  den  s^^herzen  erfreut  hatte:  aber  freilich  wurde  er 
damals  vor  dem  s^^hUisst*  von  eiuem  lieber  l>efallen,  wovon  man  im 
theater  nuhts  merkte.  IVr  juiii^*  V.-c?s  enahlt,  Schiller  habe,  als  er 
am  legten  aK^id,  wio  er  i^^ptle^t.  ihn  aus  dem  theater  ab«^holt,  fieber- 
hAtt  mit  den  r,ihuen  ir^^k'.ai^jvrt. 

IVn  ,ibr.iudei\d'.u  >*.'hlu:;s  ^/vitte  die  zehnte  stanze,  deren  fünf 
erste  verse  u:  der  jem^ii  e.rtvr.  beibehjilren  sind.  Der  anfiuig  schil* 
dert  den  svl'.rwkeii  u::d  das  irniuen.  «eU'he  d-T  s^>  viirir  jähre  gef&ich- 
:e te  tv.Hi  *» e r \  V» ixv *. •.: r.  r  .  4 1 vi    :  vi :*.'  ' : v ■:> tt^  d i^:  u !e r  d ■  r  ^e w i;ä;»iieic «  dass  der 


BTHES    EPILCKl   ZU    BCBU.LKitB   BLOCEE 

itngt^iangenf!  jozt  verklärt  sei,  und  (Ue  hofuung,  das  vaterlaad,  dem 
sein  leben  goupfert,  werde  seinen  einzigen  auf  die  erde  bezüglicheu 
msch  erfüllen.  Frühe  hatte  er  erkant,  dass  sein»  gesundfaeit  zerrüt- 
t  aoi  und  er  nicht  lange  leben  könne.  In  ivirklichkeit  hoffe  er  aoch 
L  frühjahr  löOi,  „sein  filufiiigstes  .jahr  mit  ungehinderten  geistfökrüf- 
Q  zn  erreichen"  und  noch  so  viel  durch  den  ertrag  seiner  werke  zu 
werben,  dass  seine  kinder  unabhängig  würden.  Schon  zwei  jähre 
irfaer  hatte  er  in  seinem  kalendei'  seine  einnähme  bis  zur  Vollendung 
ines  fünizigsten  jahres  berechnet,  wobei  er  auf  diese  sieben  jähre 
ihu  neue  theaterstücke  mit  einscliluss  des  schon  begonnenen  „Wai^ 
und  der  umgearbeiteten  annahm.  Aber  seit  der  krankheit  des 
immers  lb04  war  er  so  hinfällig  geworden,  dass  er,  wie  er  klagte, 
den  freien  lebensgenuss  mit  wochenlaugen  leiden  büsste,  und  er 
U£te  das  sdiliraste  fürchten.  Beim  Lesen  des  strengen  wortes 
bwebt  ein  schicksalsspruch  vor,  wie  der  dem  könig  Belsazar  an  der 
and  erscbieueuc,  den  erst  Daniel  lesen  und  erklären  konte.  Goethe 
Ibst  hatte  in  seiner  Jugend  um  drama  „Belsazar"  gedichtet  in  der 
von  Klopstücks  „Siilomo".  In  der  Prosorpiua  (1776)  rufen 
e  ParKen  der  unglücklichen  tochler  des  Zeus  zu:  „Du  bist  unser!" 
D  (3)  steht  abschliessend,  da  sie  sich  in  den  bescbluss  des  scbick- 
Is  fügen  miiesen,  wie  Goethes  lietl  „  An  die  entfernte "  begint: 
äo  hab'  icli  wirklich  dich  verloren",  seine  Übersetzung  des  irischen 
Bgegesangos:  „So  singet  laut  den  Pilalu".  Schillers  gedieht  „Die 
Bale":  „So  willst  du  treulos  von  mir  schoiden".  Viele  ähnliche 
)Uen  aus  dichtern  bat  Lehmann  (UootJies  Sprache  s.  277  —  284)  ge- 
nmoli  Kern  erklärt  so:  „mit  demselben  ruhigen  sinne  dem  tode 
6  der  genesucg  entgegensehend".  Aber  wenn  Schiller  auch  bei 
ibw&ren,  ihn  überwältigenden  schmerzen,  im  gegensatze  zu  Goethe, 
1  rohij^r  ki-anker  war,  so  nnisto  es  ihn  doch  betrüben,  durch  krank- 
it  in  «einem  freudigen  schaffen  gestört  zu  sein,  und  unmöglich  konte 
dem  tode  mit  ruhe  entgegensehen.  Wirklich  ahnte  er  den  tod 
cht,  er  hatte,  wie  die  seinen,  wider  frischen  mut  gefasst.  Auch 
if  das,  was  Kern  <iie  Schauspieler  hier  sagen  lässt,  durchaus  niclit 
I  dei*  stelle.  Das,  was  diesen  nahe  liegen  muss,  ist  der  gedanke, 
tdUcfa  Bei  doch  das  so  oft  befürchtete  ende  eingetreten .  das  sie 
i^lich  jezt  erschreckte  (Nun  schreckt  uns  das),  weil  ein  solches 
iglilck,  obgleich  vorhergesehen,  uns  beim  eintreten  doch  überrascht, 
^fl  oben  zu  2,  3  (s.  86).     Die  zweite  hälfle  der  Strophe  lautete  noch 


98  DÜNTZER 

Doch  jetzt  empfindet  sein  verklärtes  wesen 
Nur  einen  Wunsch,  wenn  es  hemiederschaut^ 
0  möge  doch  den  heiigen  2  letzten  Willen 
Das  Vaterland  vernehmen^  und  erfüllen! 

Dass  Goethe  nicht  an  ein  bewustsein  des  irdischen  lebens  im  jenseits 
glaubte,  ist  bekant  Pran  von  Stein  bedauerte,  als  Goethe  gleich  nach 
Schillers  tod  bei  ihr  trost  suchte,  dass  jener,  der  damals  ausserordent- 
lich schön  und  original  über  den  geistigen  menschen  gesprochen,  so 
wenig  wie  Schiller  ein  widerfinden  nach  dem  tode  zu  denken  vermocht, 
was  doch  jedem,  der  recht  geliebt  habe,  unentbehrlich  sei.  Aber  in 
der  Verklärung  des  heimgegangenen  freundes  muste  dieser  noch  im  jen- 
seits der  zurückgelassenen  gedenken,  die  er  so  sehr  geliebt,  die  er  so 
geni  unabhängig  im  leben  gewusst  hätte.  Über  die  bedeutung  der 
beiden  lezten  verse  ist  mir  nur  eine  äusserung  bekant  Kern  sieht 
darin  „eine  beziehung  auf  den  schluss  der  glocke**.  Ich  kann  keine 
solche  entdecken.  Der  heilige  lezto  wünsch  des  verewigten,  den  das 
Vaterland  erfüllen  möge,  kann  nur  der  sein,  dass  dieses  dankbar  der 
hinterlassonen  gedenke,  deren  wol  ihm  so  sehr  am  herzen  gelegen. 
Freilich  hatte  die  grossfürstin  eine  reiche  Unterstützung  dauernd  den 
beiden  knaben  gesichert,  und  von  anderen  selten  wurde  so  viel  ge- 
spendet, dass  frau  von  Stein  schon  am  1.  juni  schreiben  konte,  die 
witwe  werde  jezt  wol  1500  taler  einkommen  haben.  Aber  das  ganze 
Vaterland  solte  dem  grossen  dramatiker  seinen  dank  durch  freiwillige 
gaben  darbringen,  und  wenn  die  Schauspieler  diesen  wünsch  verhült 
äussern,  so  können  diese  nur  an  Vorstellungen  auf  der  bühne  zum 
besten  der  hinterlassonen  denken.  Vor  siebenundzwanzig  jähren  hatte 
der  Schauspieldirektor  Grossmann  die  deutschen  Schaubühnen  eingela- 
den,   Vorstellungen   eines  Ijossingschen  Stückes  mit  einer  vorhergehen- 

1)  Im  ei'sten  di'uck  steht  gegen  die  bandschrift  herüberschaut  Möglich  ist 
fi*oilich,  dass  (i 00t ho  liier,  wie  soust  in  der  zum  druck  gcsanten  bandschrift,  geäadert 
hat;  doch  könte  dies  auch  ein  übersehener  Schreibfehler  der  abschrift  sein  oder  dem 
setzor  zur  last  fallen. 

2)  Das  volle  heiligen  von  1808  ist  nur  druckfehler,  da  hier  das  unmetrische 
/  ausgestossen .  thätge,  mitternächtges,  Lebenswürdgen,  owgen  gedruckt  ist 
Auch  sonst  wurde  mehrfa<!h  gegen  (»oethes  bandschrift  da.s  t  vom  setzer,  auch  vom 
abschreiber  eingeschoben,  wähnend  anderswo  dasselbe  auf  des  dichters  eigener  nach- 
lilssigkeit  bombt.  Über  die  »jntstellung,  welche  auch  die  "Weimarische  ausgibe 
durch  zalilroiche  unmetrischo  1  erfahren  hat,  habe  ich  in  dieser  Zeitschrift  bd,  XIV, 
:U5  fg.,  XV,  430  fgg.,  XXIII,  306  fgg.  gesprochen. 

3)  Die  bandschrift  hat  vorstehen. 


?on  einem  dor  beliebtesteu  deutschen  dichter  verfertigten,  von 
bnem  geschickten  tonkünstler  ^eseztcn  traiierkantate  die  kosten  zu 
■inem  würdigen  denkmal  des  grossen  niannes  aufzubringen.  Leider 
tilte  die  gewünschte  teilnähme,  so  dass  er  im  bittersten  ärger  eine 
L«vaterläodische  gescbichte  von  Lessings  denkmal'^  herausgab,  die  er 
deni  deutschen  kaiser  Ijeopold  und  dem  deutschen  könige  von  Preussen 
widmete,  deren  hofbühnen  sicli  kalt  zurückgezogen  hatten.  Was  damals 
g,  der  durch  seine  „Fragmente"  den  grimm  der  christgläu- 
^n  sich  zugezogen  hatte,  sieben  jähre  nach  dessen  tode  unmöglich 
acliien  Goethe  zu  gnnaten  des  vor  kurzem  hingeschiedenen  lieb- 
iBgB  des  deutschen  volkes  leicht  erreichbar;  doch  dachte  er  nicht  an 
I  eigentliches  denkmal,  sondern  an  eine  Stiftung  zum  besten  der  so 
gatten  und  vaters  beraubten  faniihe.  Wirklich  nahm  sich 
Svhilleis  freund  Iffland  der  sache  warm  an,  und  der  schon  genante 
B.  Z,  Becker  forderte  in  einer  schrift  zur  feJor  von  Schillers  nächstem 
todestago  auf  und  richtete  an  viele  Schaubühnen  die  aufTorderung, 
Scfaillervorstellungen  zum  besten  eines  monuments  oder  einer  anderen 
stiftang  zu  geben.  Und  es  kam  eine  wenigstens  nennenswerte  summe 
zusammen,  zu  welcher  Berlin  bei  weitem  das  meiste  beigetragen  hatte; 
buhnon  von  Hamburg,  Leipzig  und  anderer  Städte  schlössen  sich 
,  später  auch  Begensburg,  München  und  Wien.  Übrigens  hatte 
Soethe  vorgehabt,  bei  seiner  beabsichtigten  grijssem  trauerfeier  an 
Millers  geburtstag  das  vaterland  selbst  auftreten  und  wo)  zu  warmer 
beteihgung  an  den  schuldigen  nationaldank  mahnen  zu  lassen;  denn 
ich  dem  erhaltenen  schema  selten  auf  die  „Verwandlung  zum  kata- 
fclk"  folgen  „Trauergesang,     Epilog  des  Vaterlandes'. 

Leider  ist  in  folge  zweier  spätem  widerholungen  der  einheitlich 
gedachte  und  ausgeführte  epilog  durch  zusUtze  und  eine  einschiebung 
nrlezt  und  der  frühere  schluss,  als  danaals,  wo  die  samlung  von  bei- 
kftgen  abgeschlossen  war,  nicht  mehr  zeitgemäss,  durch  andere  wenig 
l^ckliche  verse  verdrangt  worden.  Gerade  fünf  jähre  nach  Schillers 
9.  (nicht  10.)  mal  1810,  wurde,  während  Goethe  in  Jena  zu 
■  erholung  weilte,  die  „Glocke"  mit  dem  epilog  auf  der  Weima- 
lüchen  bühne  widerholt,  worauf  einzelne  scenen  aus  Schillerschen  dra- 
.  folgten.  Über  diese  festvorstellung  hatte  Goethe  mit  dem  regis- 
:Benr  Genast  in  Jena  verhandelt.  Riemer  gieng  am  tage  der  aufführuug 
Ton  Jena  nach  Weimar,  um  ihr  beizuwohnen.  Damals  fügte  Goethe 
fiine  neue  schlussstanze  hinzu,  und  zur  ankniipfung  derselben  wurden 
die  drei  lezten  verse  dos  ursprünglichen,  nicht  mehr  Zeitgemälden  schlus- 
1M  hIbo  verändert: 


100 

Sieh  hier  verklärt,  wenn  es  hemiederschant 
Was  Mitwelt  sonst  an  ihm  beklagt,  getadelt, 
Es  hat's  der  Tod,  es  hat's  die  Zeit  geadelte 
Das  geständnis,  dass  manches  an  Schiller  beklagt  und  getadelt  worden, 
wäre   in  dem  verklämngsgedicht   von  1805    unmöglich  gewesen,   und 
auch  fünf  jähre  später  konte  man  darin  nur  einen  anfgesezten  läppen 
sehen,   der  von  der  sonstigen  Stimmung   der  schwungvollen   dichtung 
absticht     Dass   Schiller   gar   sich    selbst    durch    die   nachsieht   seiner 
schwächen   auf  erden  verklärt  fühlen  soll,   mutet   uns  wunderbar  an. 
Sonst  ist  hier  nichts  als  flickwort    Auch  kann  der  tod,   die  zeit  wol 
schwächen  entschuldigen,  aber  nicht  sie  adeln,  wie  etwa  liebhaber  kör- 
perfehler der  geliebten  als  Schönheiten  preisen.     Sdiillers  bekantes  wort 
von  der  reinigenden,   läuternden  kraft  des  todes  (in  der  ^ Braut  von 
Messina*^)  passt  hier  nicht     Sonst  sagt  man  wol,  an  den  lebenden  nage 
der  neid,   der  nach  dem  tode  ruhe.     Bei  dem,   was  die  Zeitgenossen 
beklagt,  schwebten  das  philosophisch  reflektirende  und  die  übermässige 
ausdehnung  der  dramen  vor.     Goethe  selbst  äusserte  später  g^en  Ecker- 
mann,   die  philosophie   habe  Schiller   als  dichter  geschadet,   und  trotz 
alles  strebens  sei  es  ihm  nicht  gelungen  sich  zu  beschränken,   das  für 
die  bühne  gebotene  zeitmass  inne  zu  halten. 

Die  neue  zwölfte  stanze  begint  damit,  dass  auch  manche  geg- 
ner,  die  sein  grosses  taleut  anerkant.  aber  mit  seiner  behandlung  der 
tragödie  nicht  einverstanden  gewesen,  ihm  jezt  den  ehrenplatz  eines 
klassischen  dramatikers  nicht  mehr  versagen.  Nur  dies  können  die 
Worte  besagen,  er  habe  sich  zum  höchsten  empoigesdiwungen  und  sei 
mit  allem,  was  wir  S4:*hätzen  (den  bedeutendsten  algemein  aneibmten 
geistern}  eng  verwant  Der  grundsätzlichste,  schärfste  gegner  Sdiillers 
und  bes*jnders  des  ilramatikers.  Herder,  war  anderthalb  jähre  vor  ihm 
hingeschieden.  Sein  ehrsüchtiger  nebenbuhler  EotEebue  weilte  in  Russ- 
iand.  wo  er  nach  wie  vor  dichtete.  Die  romantiker  fiengen  nachgerade 
an  gegen  Schiller  gerechter  zu  werden,  und  der  mangel  d«  seit  an 
gleichkraftigen.  geistvollen  dramatikem  zeigte  seinen  wert,  den  die 
wenigen  begabten  dramatiker.  Werner.  Kleist  und  Oehlmsdiliger,  aner- 
kanten.  Die  stanze  schlieft  mit  der  aujßorderung  an  die  zoschauec^^ 
dem  verewigten  den  vollen  preis  zu  erteilen,   den  die 


1  i  I^i*?  veränderan£  und  den  znsatz  machte  er  za  Jena  am  22.  and  23. 
An  das  .Mor^nblan^  wurden  beide  stanzen  dl  und  12 1  am  15.  mai  abgesuit 
sie  zehn  tage  »piter  brachte.  Don  stand  stanze  10  ^11»  in  4  Uns  schreckte  ^Mi 
!<txtt  Nun  schreckt  uns  das.  5  erblicket  statt  empfindet  Das  eiste  gieqc  ^ 
die  spätere  an«gabe  der  werke  nicht  ülier. 


*»lb  zu  geben  vermöge;  was  nur  insofern  wahr  ist,  als  den  lebenden 
der  neid  verfolgt,  der  manche  zu  geg-nern  macht.  Aber  wärmer  ist 
Dimer  der  beifell  der  Zeitgenossen,  und  am  wärmeten  und  echtesten 
lat  66  Schiller  ja  bei  lebzeiten  nicht  gefehlt, 

Wider  fünf  jähre  später,  am  10.  mai  1815,  feierte  die  Weima- 
ischo  bfthno  zugleicii  den  im  vorigen  soptomber  gestorbenen  Iffland 
Uli  den  geburtstag  des  vor  zehn  jähren  Weimar  entrissenen  Schiller, 
^n  schluss  bildete  die  dramatische  aiifführung  der  „Glocke"  mit  dem 
pilog.  Dieser  hatte  nicht  bloss  eine  auf  die  widerholce  feier  beziig- 
äche  weitere  schtussstanze  erhalten,  sondern  es  wurden  auch  nach 
r,  6  acht  verae  eingeschoben'.  Leider  war  die  zeit  auch  dieser  nachdich- 
^  nichts  weniger  als  gtlnstig;  denn  gerade  damals  fand  Goethe  sich  gei- 
5  and  leiblich  auaserordentlioh  angegriffen.  Doch  hatte  er  sich  ein  paar 
nonate  vorher  wider  mit  Schiller  beschäftigt  Den  am  10.  und  11.  april 
„  Morgenblatt "  gedrackten  aufsatz  hatte  er  vorher  Schillers  gattin 
nltgeteilt.  die  in  ihrem  daukschreiben  vom  20.  märz  eine  stelle 
[eändert  wünschte.  Seine  einschiebung  in  den  epilog  war  dadurch 
reranlas&t,  dass  er  irrig  meinte,  neben  der  philosophie  müsse  auch  der 
Siebte  geflacht  werden;  denn  er  war  im  jähre  1805  weit  entfernt 
ewesen,  die  verschiedenen  arten  von  Schillers  werken  zu  erwShnen. 
Alt  ja  auch  jede  erwähnuug  der  lyrischen  gaben  der  muse,  von 
inen  gerade  das  vorangegangene  „Lied  von  der  glücke"  ein  so  hei^ 
vrragendes  beispiel  gab.  Stanze  5  soll  keineswegs,  wie  man  gesagt 
■t,  „die  philosophischen  schriften"  bezeichnen,  neben  denen  freilich 
j  historischen  nicht  fehlen  dürften,  sondern  sie  geht  auf  die  in  Wei- 
a  eingeschlagene  ricbtung  zum  idealen.  Dos  verkante  Goethe  selbst 
lehn  jähre  später,  und  da  Schiller,  wie  er  gegen  Eckermann  sich  äusserte, 
i  sich  in  der  unbedeutenden  gegeuwart  aufzuerbauen,  zu  zwei  grossen 
jLageta,  zur  Philosophie  und  geschichte,  gogriffen,  so  glaubte  er  vor  erwäh- 
Rltng  der   dramen   noch  seiner  auffassuug  der  Weltgeschichte  gedenken 

1)  Mit  diesen  znsfitzen  wurde  daa  gaoze  gedieht  im  .Morgenblatt"  vom  23,  mSra 
»dmckt.  Hier  fanden  sicli  auch  folgende  abweichungen  vom  druck  in  den  werkeu: 
i  orsohieii  statt  erscheint,  4  in  lebensregiem  statt  im  lelienRregen,  2,  4 
t  atatt  dem,  T,  2  entfliegt  statt  varriiegt,  9,  1  Ihr  kaootot  statt  So  könnt 
,  10,  2  Schmerzes  sUtt  SchmorzeiiR.  Dagegen  scheint  4,  7  im  wollen- 
en statt  in  wosenlosem  druckfohler.  11,  ö  war,  abweiobend  vom  abdruok  im 
lUotgenblatt"  von  1810,  schon  statt  jetzt  eingetreten,  So  gioog  das  gedieht  in  die 
iden  folgcndpD  ausgaben  der  werke  über,  nur  mit  dem  zusatz  in  der  Überschrift: 
jVidsibolt  nnd  erneut  bei  der  Vorstellung  am  10.  (?)  mai  ISlä*^,  ohne  angäbe  der 
(harn  widerbolongeii  und  ohne  bestimte  beseichnuog  der  beiden  neuen  tiohlussstaii- 
m,  der  eingeschobenen  und  der  veränderten  verse. 


102  uChtzkk 

ZU  müssen,  obgleich  bald  darauf  die  geschichtliche  Überlieferung  als 
quelle  der  dramen  bezeichnend  genug  hervortritt  Dadurch  schädigte 
Goethe  selbst  sein  eigenes  gedieht,  so  dass  man  darauf  fiist  anwenden 
dürfte,  was  er  einmal  gegen  Riemer  bei  gelegenheit  von  ^Dichtung 
und  Wahrheit^  äusserte,  er  pjBege  seine  sachen  zulezt  zu  Terderben, 
wenn  er  nicht  aufhören  könne,  sie  zu  verbessern.  Hier  trat  das  ein, 
was  er  anderswo  gesteht,  dass  er  spater  über  seine  dichtungen  kein 
richtiges  urteil  mehr  habe;  er  verkante  den  bei  genauer  betracbtung 
sich  deutlich  ergebenden  aufbau  des  epilogs. 

Da  er  mit  der  auffassung  der  Weltgeschichte  eine  neue  stanze  be- 
ginnen wolte,  deren  schluss  die  beiden  lezten  verse  von  stanze  5  bilden 
solten,  so  muste  er  zu  dieser  zwei  verse  hinzudichten;    ihren    inhalt 
solte  der  gedanke  bilden,  Schillers  geist  sei  erst  recht  in  der  tageszeit 
erwacht,  wo  die  meisten  menschen  sich  vor  ermüdung  dem  schlaf  hin- 
geben.    Er  schrieb  die  wenig  anschaulichen  verse: 
Begegnet  so.  im  Würdigsten  beschäftigt. 
Der  Dämmerung,  der  Nacht,  die  uns  entkräftigt 
Das  begegnen   der   nacht  ist   so  gezwungen,   wie  im  würdigsten 
beschäftigt  steif,   und  die  erwähnung  der  dänmierung  vor  der  nacht 
{alt  als  wenig  bedeutend  auf^ 

Die  sechs  ersten  verse  der  neuen  stanze  leiden  an  grosser  dun- 
kelheit,  weiche  Eettner  a.  a.  o.  aufzuklären  versucht  hat  Er  fasst  die 
stelle  also:  „Die  unablässig  sich  folgenden  fluten  der  geschichtlichen 
tatsacheu'  verdrängen  eine  die  andere,  nehmen  hinweg,  was  einst  gross 
oder  fuTvhtbar,  mit  leidenschaftlichem  lob  oder  tadel  von  den  zeitgenos* 
sen  angenommen  war.  wie  auch  die  wilden  kriegstaten,  die  längst 
ausgetobt;  alles  ist  nach  seinem  wesen  in  der  furcfateriichen  wie  in  der 
s^rensieidien  bedeutimg  klar  hervorgetreten*.  Hier  sehwebe  Schillers 
einleitung  zur  «Geschichte  des  dreissi^ährigen  krieges*  vor,  wo  dieser 
gewürdigt  wenle  nicht  weniger  nach  seinen  schrecklichen  und  rerderb- 
lichen  wirkunsren  wie  nach  d»^m  von  der  weit  daraus  gezogenen  gewinne. 

1«  W"enE  man  is  üä^x  stani^  ri»?hn£:  sohmüoki*  imi  Verwechselt'  scfaratbt, 
so  t>t  auch  7  Be^-egnet*  <tatt  Be^regnet  m  :(ietzen. 

2»  Stin  Flut  ma5s  es  we^n  der  mehrhett  sohwoUea  offnfear  Fl«t-  fc^^fn^^L 
FmÜoh  <^rt  O'.vthe  oft  in  i^>I*;heii  verbindiiüi^Mi  n^'^  der  embeü  die  mehilieit  wie 
wun<;h  um  wünsche,  liei  um  Üeier.  ranke  nach  ranken,  aber  i 
auoh  leiT  ac  reile,  plan  auf  plan»  well*  auf  welle,  ua«!  so  steht  hier 
mal  üe  rachrfieit.  w>ä  man  sa^t  torht»!teR  a:::  torheiten.  Fluten  steht  von  jeder 
der  i!n  laufe  ier  leit  aiifeiaÄn'>-*r  f^li^^o-ien  ub^r<»:hwenirQan«^c.  wie  in  ^Joliaanm 
Sel»u>*:  ,l^ie  Fluten  si^üka*",  aher  iaraiif  rxi  iesi  et«eo  «la$  bnd  nWnchwem* 
mec-ien  wassser  iie  Flut  skh  cLodet. 


F: 


Aber  Schiller  ^eokt  dort  „des  seltsamen  gangee  der  dinge",  dass  die 
kirehentrennung  den  schrecklichen  und  verderblichen  dreissigjährigen 
krieg,  aber  durch  ihn  auch  die  teiliiehmiing  der  europäischen  Staaten 
8D  einander,  xur  folge  gehabt  habe,  „was  allein  schon  gewinn  genug, 
den  weltbfirger  mit  seinem  achrecken  7.n  versöhnen";  Goethe  spricht 
Igar  nicht  davon,  dass  das  schreckliche  gute  folgen  habe,  auch  nicht 
'davon,    daes  dasselbe  von   den  einen  gelobt,    von   den   andern   getadelt 

■ordern,  sondern  es  ist  von  ganz  en (gegen gesezten  dingen  die  rede, 
prie  das  doppelte  was  zeigt,  da  für  das  zweite  was  sonst  und  stehen 
Auch  ist  Kettners  rückbeziehmig  von  v.  5  („im  niedrig  schreck- 
lichsten, im  höchsten  guten  .  .  .  durchgetobt")  auf  2  („was  getadelt, 
vaa  gelobt"),  unerträglich  hart.  Und  wäre  es  nicht  sehr  auffallend, 
dnss  der  Charaktere  der  hauptpereonen  gar  niclit  gedacht  würde?  Ich 
beziehe  v,  5  fg.  auf  „der  erdbeherscher".  Goethe  sagt:  „In  der  wech- 
selnden flut  der  Weltgeschichte,  die  offen  vor  seinem  blicke  lag,  sah  er 
eine  zeit  von  der  andern  verdrängt  (verspült),  mochte  sie  gut  oder 
schlimm  gewesen  sein,  auch  die  weiteroberer  mit  ihren  endlich  sich 
austobenden  gewaltigen  beeren,  welche  von  ihren  schrecklichen  wie 
von  ihren  guten  selten  einsichtig  geprüft  wurden,  so  dass  ihr  bild  klar 
hervortrat  (deutlich  durchgeprobt)".  Die  boziehung  auf  die  ord- 
beherrscher  ergibt  sich  deutlich  aus  nach  ihrem  {nicht  seinem) 
wesen,  da  sachlich  die  beziehung  auf  heeresgluten  unmöglich  ist. 
Das  harte,  was  auch  nach  dieser  erklärung  bleibt,  ist,  wie  so  oft  bei 
Klopstock,  nicht  die  schuld  der  erklärung,  sondern  des  zu  bedeutsamer 
kürze  Kusammendrängendcn  dichters.    Autfallend  ist  auch  das  niedrig 

■chreoklichste  neben  dem  höchsten  guten,  da  man  entsprechend 
niedrigst  schrecklichem  verlangt.  Anders  erklärt  Kern  die  stelle, 
wobei  er  auch  besonders  an  die  „geschichte  des  dreissigjährigen  krie- 
gfls"  denkt  Die  von  ihm  hineingelegten  gednnken:  „Die  geschicht- 
lichen Überlieferungen,  oft  sich  widersprechend,  machen  das  lobens- 
werte und  tadelnswerte  unkentlich,  vor  dem  geschichtsforscher  aber, 
der  zugleich  dichter  ist,  erscheinen  die  taten  und  die  Charaktere  in 
ihrem  wesen;  or  hat  den  probierstein ,  durch  welchen  er  edles  und 
unedles  von  einander  scheidet",  kann  ich  aus  den  freilich  etwas  wir- 
ren Worten  nicht  herauslesen.  Unverkenbar  scheint  mir  das  verspü- 
Ittn  auf  das  verschlingen  durch  immer  neue  fluten  zu  deuten,  nicht 
auf  widersprechende  auffassungen  derselben  geschichtlichen  pereunen, 
wie  bei  Walienstein  nach  Schillers  bekanten  vorsen;  ebenso  offenbar 
{<eht  was  getadelt,  was  gelobt  auf  einen  gegensatz.  Nicht  die 
ingste  spur  sehe  ich  von  dem  „geschichtsforscber,  der  zugleich  dich- 


104  DÜKTZER 

ter  ist".  Durchprobiert  weist  nicht  auf  einen  probestein,  nur  der 
reim  hat  durchproben  für  durchprüfen  gebracht,  das  in  demsel- 
ben sinne  steht  wie  Schiller  durchprüfen  im  briefe  an  Körner  vom 
28.  märz  1801  von  zwei  dramatischen  Stoffen  braucht,  die  er  „durch- 
dacht und  durchgeprüft"  habe. 

Die  dreizehnte,  im  jähre  1815  zugesezte  stanze  geht  von  dem 
jezt,  zehn  jähre  nach  dem  tode,  noch  gesteigerten  rühme  des  dichters 
aus,  neben  dessen  in  fünf  bänden  erschienenem  „Theater"  die  von 
Körner  besorgte  ausgäbe  der  „sämtlichen  werke"  noch  im  laufe  dieses 
Jahres  mit  dem  zwölften  bände  schloss.  So  stand  er  ebenbürtig  als 
klassiker  neben  Lessing,  Wieland,  Goethe  und  Herder.  Die  Welt 
verdank'  ihm  (4)  kann  nach  dem  Zusammenhang  nur  heissen,  sie 
habe  ihm  zu  danken,  nicht,  wie  Kettner  meint,  sie  sei  ihm  dankbar; 
denn  dies  kann  nicht  die  segensreiche  erfahr ung  sein,  deren  der 
vorige  vers  gedenkt,  sondern  aus  der  erfreulichen  Wirkung,  die  er 
immer  mehr  als  idealer  dichter  übt,  hat  die  weit  erkant,  wie  sehr  sie 
ihm  verpflichtet  sei.  Was  er  sie  gelehrt  ist  der  aus  seinen  schnften 
wehende  geist,  der  (6)  als  „das  eigenste,  das  ihm  gehört",  bezeichnet 
wird.  Goethe  nent  einmal  im  „Divan"  (IV,  18)  als  das  bleibende,  das 
ihm  die  zeit  nicht  rauben  könne,  ideo  und  liebe,  und  in  den  nach 
einem  spruche  von  Beaumarchais  gebildeten  versen  „Eigentum"  heisst 
es,  nichts  gehöre  ihm  an  als  der  ungestört  aus  seiner  seele  fliessende 
gedanke  und  die  gunst  des  augenblicks.  Die  zweite  hälfte  der  stanze 
besagt,  dass  Schillers  geist  längst  weit  verbreitet  sei  in  (über)  ganze 
sc  haaren;  dass  er  ihnen  wie  ein  in  entfernte  weiträume  verschwindender 
komet  vorleuchte,  den  weg  zu  den  ewigen  ideen,  die  ihn  selbst  schon 
hienicden  so  mächtig  angezogen,  seinen  Verehrern  zeige.  Schon  „Die 
mitschuldigen"  gedachten  als  einer  furchtbaren  erscheinung  des  grossen 
kometen  von  1769;  in  „Götz"  wird  ein  komet  als  „grausam  zeichen" 
mit  benutzung  einer  stelle  aus  Sebastian  Franks  „Chronika"  beschrie- 
ben. Den  grossen  kometen  des  Jahres  1811  hatte  Goethe  genau  beob- 
achtet. In  „Epimenides'  erwachen"  erschreckt  dieses  „furchtbare  zei- 
chen^ mit  seinem  „rutenfeuerschein".  Schiller  selbst  hatte  in  der 
kapuzinerpredigt  von  „Wallensteins  lager"  nach  dem  Augustinerpater 
Abraham  a  Sancta  Clara  den  kometen  erwähnt,  den  „der  herrgott  wie 
eine  rute  drohend  am  himmelsfenstor  herausstecke".  Hier  aber  wird  des 
kometen  als  des  herlichston,  mit  kern  und  schweif  weithin  strahlendes 
licht  verbreitenden,  auf  die  fernsten  himmelsräume  hinweisenden  Ster- 
nes geilacht,  dessen  entschwinden  den  vergleich  mit  Schillers  hingang 
nahe  legt,   wenn  auch  nicht   in  Klopstoekscher  weise   (und  ähnlichen 


räomen  gab  ^cb  auch  trau  von  Stein  hin)   atisgefülirt  wird,  äass  er 
in  einer  der  iinsei-n  augeu  entrückten  b  im  mets  weiten  welle. 
Nur  scheinbar  bilden  diu  dreizeba  stanzen  ein  ganzes.    Die  beiden 
stehen    mit   dem   den    frischen    schmerz    über    den    unewetz- 
iclten  Verlust  so  ergreifend    darstellenden  epilog  von  1805  in  unver- 

(ohnlichem  Widerspruch,  der  dureh  die  enge  Verbindung,  in  welche 
tanze  10  (11)  mit  der  folgenden  gesezt  ist,  mir  um  so  greller  wirkt. 
R^Uro  jene  stanze  unvetundert  geblieben,  und  im  nnfang  der  folgenden 
twa  durch  ein  „80  klang  es  damals  b«i  dem  frischen  schmente"  oder 
line  ähnliche,  dichterischere  einführujig  das  folgende  als  späterer  zusatz 
lekenzeichnet  worden,  so  wäre  es  wenigstens  erträglich.  Der  ursprüng- 
jeho  epUog  muss,  obgleieh  vom  dichter  selbst  ausgeschlossen,  seinen 
ifareaplatz  in  Goethes  werken  einnehmen,  mag  man  daneben  auch  der 
peiterführung  von  1815   den  räum   niclit  streitig  machen;    er  ist  und 

bleibt  der  edelste  ei^uss  des  unendlichen  scbmerzes,  das  rührendste 
lenkmat   warmer,    den   ebenbüitigen   dichter  verklärender  freundscUaft, 

Buroh  dessen  stiftimg  Goethes  seele  wirklich  von  dem  lastenden  schmerze 
ich  endlich  befreit  fühlte.     Und  will  maa  das  andenken  des  ewig  mit 

der  deutschen  seele  innigst  verbundenen  Schiller  an  seinem  geburtstage 
inf  Jer  bühne  würdig  feiern,   so   kann   os   nicht  edler  geschehen  als 

durch  jährliche  widerholung  der  Lauclistädtor  Vorstellung  vom  aiigust 

^803,  dos  dramatisch  dargestelten  „Liedes  von  der  glocbe"  und  des 
{lilogs,  wie  ihn  Goetlie  ursprünglich  gedacht,  auf'  die  bühne  gebracht 
\ad  dem  deutschen  vaterland  geweiht  iiat 

Kulm  i.  kh.  u.  Dt}NTZi!:R. 


BEMEKKUNCtEN  zu  SCHILLEESCHEN  BALLADEN. 
Die  frühste  erwälmung  der  tauchersage'  finden  wir  in  dem 
t.  1211  abgofassten  buche  des  Qervasius  von  Tilbury  Otia  imperialia 
^JjeibnitK,  SS.  rorum  Brunsv.  I,  s.  921,  c.  21),  wo  erzählt  wird  „In 
liane  reE^unt  ex  coactione  regis  Siciliae  Rogerii  descendisse  Nicolaam 
^pam  (sie),  homiuem  de  Apulia  oriundum,  cujus  mansio  fere  coutinua 
Itmt  in  profunde  maris.  Uic  a  marinis  hetuis  quasi  notus  ac  familia- 
ris  vitabatur  ad  malum,  niaris  sedulns  e.\pIorator,  currentibus  in  pelago 
uvibiiB  oantis  instantes  tcmpestates  praenuntiabat  et,  cum  dcrepente  a 
nari   nudus  piorumpebat,   nihil  praeter  oleum  a  transeuntibus  postula- 

I)  Vgl.  Götiingar,  Deutsche  tUthter  I,  s.  174—163. 


106  RÖHRICHT 

bat,  ut  ejus  beneficio  fuDdum  abyssi  maris  speculatios  intaeri  posset 
atqiie  rimari.  Hie  in  Pharo  nemorosum  abyssnm  esse  dicebat  Ex 
arborum  itaque  oppositis  obicibus  fluctus  collidi  invicem  proponebat 
asserens,  in  niari  montes  esse  et  valles,  Silvas  et  campos  et  arbores 
«rlanditeras,  ad  cujus  rei  fidem  nos  quoque  glandes  marinas  Id  littore 
maris  saepe  prospeximus".  Ausfuhrlicher  berichtet  der  Franziskaner 
Salimbene  in  seiner  leider  bisher  nicht  volständig  und  sorgfältig  genug 
herausgegt»benen  Chronica  (Parmae  1857)  s.  168,  wo  er  die  Verkehrt- 
heiten und  abergläubischen  ansichten  des  kaisers  Friedrich  IL  genauer 
schildert.  Er  sagt:  ^Quarta  ejus  superstitio  fuit,  quia  quendam  Nico- 
h)um  contra  voluntatem  suani  pluries  misit  in  fundum  Phari,  et  planes 
rodüt  inde  et  volens  penitus  veritatem  cognoscere,  si  vere  ad  fdndam 
descendisset  et  inde  rediisset,  nee  ne,  projecit  cupam  suam  auream, 
ubi  crodebat  m^us  esse  profundum,  quam  ille,  cum  descendisset,  inve- 
nit  et  attulit  sibi,  et  miratus  est  Imperator.  Cum  autem  iterum  vellet 
cum  mittere,  dixit  sibi:  nuUo  modo  me  mittatis  illuc,  quia  ita  tur- 
batum  est  mare  inferius,  quod,  si  me  miseritis,  nunquam  redibo. 
Nihilominus  misit  cum.  et  nunquam  est  reversus  ad  eum,  quia  periit 
ibi,  nam  in  illo  fundo  maris  sunt  magni  pisces  tempore  marinae  tem- 
pestatis  et  sunt  ibi  scopuli  et  naves  multae  fractae,  ut  referebat  ipse  . . . 
Isto  NiiH>la  homo  Sioulus  fuit,  et  quadam  vice  offendit  graviter  et  ex- 
asporavit  matrimi  et  imprei'ata  est  oi  mater,  quod  semper  habitaret  in 
aquis  et  rar\>  apparerei  in  terra  et  ita  accidit  sibi.**  Als  quelle  für 
stMuo  nütteilung  nent  er  mehrere  Ordensbrüder  aus  Messina,  besonders 
den  JrttH>binus  ile  Cassio  aus  Parma  is.  169).  Diesem  sicher  noch  vor 
rJ88  lobenden  borichterstatter  schliesst  sieh  als  dritter  gewährsDumn 
an  Franois^His  Pipinus  iXIuratori.  SS.  rorum  Ital.  IX.  s.  669),  welcher 
toliT^Mutt^s  moKlot:  «Nioolaus  Ksi^is  hoc  etiam  tempore  in  regno  Siciliae 
natus  est.  Hio  oninu  dum  puer  esset,  deleotabatur  esse  in  aqnis  assi- 
duus.  cujus  mator  ob  hiK  indi&rnata  male«lictionem  Uli  imprecata  est, 
ut  s^nlivvt  stuu^vr  os^  deltvtarvtur  in  aquis  et  extim  e«s  non  posset 
vivorw  quin!  siquidem  oontiirit,  nam  semper  ex  tune  in  aqnis  maris 
vixit  ut  piskis.  Diu  oxtra  aquas  esse  non  poterat.  nautis  apparebat  et 
cum  eis  in  navibus  aliquando  erat,  maris  ae^us  iliis  pnedioens  et 
stvr\*ta.  quao  viderat  in  prv^undo.  Aneuillam  maximnm  piacinm  esse 
di\it  et  iutor  Siciliaiu  et  Calabriam  {Wa^rus  pn>fundissimam  esse.  Im- 
p^^rat'^r  Frivlorivus  eum  tv  sermouem  habuit  et  projecto  in  fdndo  vase 
Är>^.*utiv  lustit::  lia,  ut  .ies^vniicrt^t  lu  protundum  ac  v*s  illnd  afiarret 
nie  \er\^  ;i:::  Si  dr^vr.vien^  in  patundunu  uvu  rvvertair.  Experiri  tan- 
deni   pnuui>i:  et.   quum   deci^vndis^'t.   ultra    non   compandt   liominiim 


Zu   SCHILLERS   BALLADEN  107 

visui.  Beminiscor,  quod,  dum  puer  essera,  audire  consuevi  matres, 
dum  parvulis  vagientibus  terrorem  vellent  incutere,  hunc  eis  Nicolaum 
ad  memoriam  reducobant*'.  Kürzer,  aber  im  wesentlichen  dasselbe 
berichtet  der  ebenfals  bis  1312  schreibende  Biccobaldus  Ferrariensis 
(Eccard,  Corpus  bist  med.  aevi  I,  s.  1283  — 1284;  Muratori,  SS.  rerum 
Ital.  IX,  s.  248):  „Per  haec  tempora  fuit  homo  in  Sicilia  nominatus 
Nicolaus  Piscis,  qui  in  mari  vixit  ut  piscis  nee  diu  extra  aquas  esse 
poterat  Hie  multa  de  secretis  maris  hominibus  revelavit;  post  matris 
maledictionem  sortem  talem  sortitus  est". 

Zu  den  erläuterungen  Götzingers  (s.  270  —  276)  betreffend  die 
Bhodische  drachensage  genügt  es,  auf  die  ausführlichen  mitteilun- 
gen  Herquets,  Die  Bhodische  drachensage  (Im  Neuen  Beich  1881, 
II,  s.  497  —  508)  hinzuweisen.  Interessant  ist  auch  die  von  Albert 
Berg,  Die  insel  Bhodus,  Braunschweig  1862,  I  s.  86  —89  gegebene 
gegenüberstellung  des  Vertotschen  berichts  mit  dem  texte  des  Schiller- 
sehen  gedichts,  woraus  man  die  feinheit  bewundern  lernt,  mit  der 
Schiller  häufig  buchstäblich  übersetzend  den  stoflf  dichterisch  gestal- 
tet hat 

In  bezug  auf  die  erklärungen  zum    „öang   nach   dem  eisen- 
hammer**  (Götzinger  I,  s.  231  —  249)  tragen  wir  nach,  dass  die  erzäh- 
lung,   in   welcher  die   hauptpersonen   der   könig  Dionys   von  Portugal 
und  dessen  gemahlin,  die  heilige  Elisabeth  (1273  — 1333),  sind,  uns  in 
der  vorliegenden  form   (statt  des  eisenhammers  wird  nur  ein  kalkofen 
bei  Coimbra  genant)   nicht   im  Leben  der  heiligen  in   Act.  Sanctorum 
4.  Juli  II,  s.  173  — 197,   aber  in  dem  buche:  Väter  und  märtyrer  von 
Bäss  und  Weis,   Mainz  1823  —  1826,   IX,  s.  156  —  157    (8.  Juli)    und 
am  genauesten  in  Antonio  de  Escobar,  A  Penis  de  Portugal,  Coimbra 
1680,  8.  83  begegnet;  die  bei  Potthast,  Bibl.  medü  aevi  s.  voce  citier- 
ten  Specialschriften  haben  wir  nicht  vergleichen  können.     Einer  Unter- 
suchung wert  scheint  die  handschrift  des  klosters  Beun  nr.  22  s.  XIV 
fol.  59^^  (Xenia  Bemardina,  Wien  1891,  II  A,  s.  18),  wo  unsere  erzäh- 
long  sich  auch  findet 

BERLIN.  REINHOLD    RÖmUCHT. 


EINE  SACHSENSPIEGEL-HANDSCHRIFT. 

Die  in  den  Niederlanden  entstandenen  handschiiften  des  Sachsen- 
spi^ls   (Homeyer,   Extravaganten  s.  229  fgg.)   gehören   entweder   der 


106  STKFRNHAGKN,  KINE  8ACHSKRSPIB6KL  -  HAHDSCHBIFT 

glossenklassc  an,  oder  der  ältesten  und  einüadLsten  Ordnung.  Beide 
formen  sind  durch  die  ausgäbe  de  Oeer's,  De  Saksenspiegel  in  Neder- 
land.  's  Gravefihage  1888,  zugänglich  gemacht  Für  den  ältesten  text 
lagen  ihm  vier  handschriften  vor,  und  zwar  ausser  den  beiden  von 
Homeyer  beschriebenen,  nr.  3  und  374,  zwei  in  seinem  besitze  befind- 
liche. Zu  diesen  handschriften  der  ältesten  textform  tritt  jezt  eine 
fünfte,  deren  kentnis  ich  herm  dr.  phil.  Constantin  Noerrenberg,  kustos 
der  hiesigen  universitäts-bibliothek,  verdanke. 

Die  handschrift,  eigentum  des  freiherm  von  Nagel-Doomick  auf 
Vomholz  bei  Oelde  in  Westfalen,  wird  auf  „Haus  Wohnung**  bei  Dins- 
laken (Rheinprovinz)  aufbewahrte  Auf  den  vorbesitzer  weist  die  ein- 
Zeichnung  des  vorderen  vorsetzblattes:  DU  boeck  hoert  toe  Jan  van 
Doernick.  Schmalen  quartformats  und  in  braunes  leder  mit  messing- 
beschlägen  gebunden,  ist  die  handschrift  auf  pergament  doppelspaltig 
in  rundlicher  minuskel  des  vierzehnten  Jahrhunderts  geschrieben.  Sie 
bildet  eine  gnippe  mit  den  beiden  schwesterfaandschriften,  welche  Ho- 
mever  auf  denselben  Schreiber  zurückfuhrt,  stimt  aber  in  den  lesarten 
mit  keiner  von  beiden  genau,  sondern  geht  bald  mit  der  einen,  bald 
mit  der  andern  und  besizt  vor  beiden  den  vorzug  grösserer  korrektheit. 
Sie  würde  daher  verdient  haben,  an  stelle  der  v.  Alkemade'schen  hand- 
schrift im  Haag  (A)^  deren  lücken  sie  nicht  teilt,  dem  abdruck  des 
textes  zum  gründe  gel^t  zu  werden,  trotzdem  auch  sie  von  schlech- 
ten lesarten  nicht  frei  ist  Auf  den  ersten  fünf  blättern,  von  denen 
das  zweite  ausgeschnitten  ist,  geht  in  roter  schrift  das  volständige,  in 
Ä  nur  bis  kap.  330  reichende  rubrikenr^ister  voran:  Hier  beghint  die 
tafel  van  den  spieghcl  ran  zassen.  Es  folgen,  mit  dem  eingange 
GOd  haddc  die  lassen  wel  bedacht  bis  Onreekten  luden  ics  niet  en 
gan  (vers  97  bis  112  der  reim  vorrede)  und  als  kap.  1  bis  3  gezählt, 
die  vorreden.  Die  Zählung  läuft  durch  land-  und  lehnrecht  bis  kap.  344. 
Wie  in  A  finden  sich  ausser  den  vergoldeten  und  mit  arabeaken  ge- 
schmückten initialen  der  kapitel  zwei  miniaturen,  nämlich  vor  den  vo^ 
reden  Christus  als  woltrichter  mit  zwei  sohwertem  auf  dem  r^genbogen, 
vor  dem  beginn  des  lehnrechts  (kap.  207)  der  römische  kaiser. 

1)  Dio  lokalit^t  ist  aus  der  grossoD  ,  Karte  des  Rhein- Stroms  im  könij^reich 
IV^usst^n*  vHorlin  ISTO^  sivtu'^n  U>  orsiohtlich. 

KIKU  STKWKSHAGSK. 


f  LITTERATim. 

penkmKler  doutsehor  jioesie  und  proan  nus  dem  VIII.— XII,  jahHiuodcrt 
■     heffsongugebcu    von   B.  HQUenliolT  und  Vi.  Sclierer.     3.  aiiHgiiliu  von  E.  8t«ln- 

I      lli«;er.     Berlin   1H92.     1  (XLIIl  and  32t   ».)  und  11  (4Ü2  s.].     7  und  1L>  ni, 
I  Die  denkmiUer  siad  ein  dtinkmul  geworden.   Joiire  sind  über  sie  hinweg  fegim- 

hn;  risM,  dio  dio  Keit  dogoaprungt  hat,  kanu  kein  aufputz  mehr  verdockeo.  Wunn 
Mfl  wmi  also  der  öfl^tlicbkeit  nicht  entzogen  'werdea  solto,  so  war  eine  lunbsseade 
BMauration  nötig,  und  solche  arbeit  erfordett  nicht  blos  eine  geübte  und  eine  glUok- 
Boke  band,  sondern  suoh  selbstlose  hingäbe,  bewueton  Terxicht  auf  alle  erfolge,  die 
ffber  d>Hi  engeren  ralimen  di^r  gestelten  aufgabt  Iiiiiaasgroifen.  Diewir  anrgabe  bat 
Kefa  £■  Bteinmeyor  iti  klarer  erkentois  ihrer  Schwierigkeiten  unterzogen  —  und  er 
kt  äa  auch  gelöst. 

W  Wol  wäre  es  auch  ihm  vedoükender  arsohienon,  eine  eigene  ähnliche  samlung  an 

Ha  Mite  zu  selten,  and  es  scheint  fast,  als  ob  zam  verzieht  auf  diesen  plan  die  .kurz 
Btomeeaeue  [rirt*  in  erster  ünie  von  einflass  gewesen  sei;  ob  aber  im  antgegangesentou 
JUiu  der  viEscnBchaR  ein  gröBRerer  dienst  geschehen  wäre?  Denn  die  denkmäler  wer- 
den Doch  lange  den  „hervorragenden  platz  in  der  entwicklungsgesohiehte  unserer  dis- 
dplin*'  einnehmen,  der  sie  immer  wider  zum  anknüpfungspunkt  für  90  riele  wichtige 
■trvitfragen  raacbt;  und  darum  erecheint  der  , versuch,  dem  bache  die  orgebnisso  der 
aeuvren  Ibrachung  unter  tunlichstcr  wahmng  seines  ursprünglichen  Charakters  ciuzu- 
*t«rluibeii*  doch  wol  verdienstvoller  als  eine  eigene  neue  samlung  gewesen  wire.  'Ober 
die  beiden  bagen,  die  sich  hier  erheben:  ob  die  neueren  ergebnisse  ^e  genügend 
verwertet  «od,  und  anderseits:  ob  die  alten  grundzüge  tunliehst  gewahrt  wurden, 
darüber  wird  sich  wol  nie  Übereinstimmung  der  meinungen  erzielen  lassen.  Dem 
rerarentan  hätte  an  stelle  der  defensive,  die  Sleinmeyer  im  algemeinen  buobnchtot, 
an  manehen  oi-ten  eine  frieohe  offensive  mehr  zugesagt;  aber  er  kann  der  durch- 
fnhrung  der  einmal  erwählten  grundsStze  seine  bewundcrung  nicht  versagen.  Was 
niuht  mehr  zu  holteu  war,  hat  Bteinmeyer  mit  entschied enheit  preisgegeben,  um  dos 
übrige  desto  Daebdrückliehor  zu  verteidigen.  Dabei  entfidtete  er  neben  einem  uner- 
lundlicben  samlerfleiss  geschick  und  goschinack  in  der  Verwertung  des  gesammelten, 
in  dor  einstreanng  ven  zutaten  und  tu  der  auswabl,  mit  der  er  seine  eigenen  spen- 
den aU  solche  bald  kentlich  machte,  bald  unhozeichnet  im  texte  mitgehen  liess.  Dem 
betlnrfnissc  der  lesei'  ist  er  endlich  entgegengekommen,  indem  er  einen  plan  Scherers 
aaafiihrtc  und  den  tejit  von  den  anmerkungen  trente,  wobei  die  variantou  im  ersten 
bände  unter  den  text  zu  stehen  kamen.  Solche  rücksichtüahme  auf  dio  lesor  berührt 
gfirade  bei  diesem  werke  angenehm,  schon  als  Zeugnis  dafür,  dass  anch  hier  die  Ira- 
<litiouen  der  schule  nicht  im  festklebeu  an  iusserlichkeiten  gesacht  werden. 

Was  nun  die  toKtgestaltmig  betrift,  so  haben  den  löwenanteil  an  der  arbeit  die 
poutieeben  deokmSlor  beansprucht.  Aber  auch  die  prosaischen  haben  allerlei  ver- 
bHaserungan  erfahren.  Sclion  die  durchführung  Eeitgemässer  occontualioD ,  der  Wegfall 
der  lingeteichen  auf  einigen  ilexionssilben,  die  lün  gebe  Zeichnung  anf  anderen  (aai  jd 
«wdc  nicht  unter  die  langaÜbigen  formen  anfgenoinmeu)  machte  durch  die  ganze 
Mmlnng  tu  schaffen;  für  die  meisten  stücku  sodann  sind  eigene  oder  fremde  col- 
Monen  neu  herangezogen  worden.  6o  sind  die  bairischen  glaubensfragen 
(Uli  der  alten  ausgäbe)  durch  Martius  Veröffentlichung  zum  bmchstnck  einer  beichte 
USewachsen,  das  um  seiner  venvantschaft  mit  der  Lorscher  beichte  willen  in  der 
aufläge  als  LXXne  gufiihrt  wiid.    Ebenso  haben  sich  in  den  predigten  (LXXXVI) 


(14U 
L^8e< 


110  WÜNDXRUCH 

einige  teile  (in  A.  )ganz  geändert  and  nrngestelt,  andere  (in  C)  sind  onveriifiltnismässig 
ausgedehnt  worden.  In  Notkers  katecbismus  (T^XE^)  ist  die  accentoation  nachgebes- 
sert, da  und  dort  wurde  auch  die  lesung  neu  festgestelt:  so  LVU,  1  unseer  für 
utuar  (Vgl.  PBr.  Beitr.  IK  141  fgg.);  LT,  33  ganädan  für  ganädan;  LXXTT,  1  endi 
tk^son:  XCII.  6  und  XCIII.  6  genidot  und  geentdot  für  gaeundoty  zu  welcher  doch 
nicht  ganz  sicheren  lesart  irgend  welche  belege  sehr  erwünscht  wären;  wenigstens 
ist  mir  zu  dem  Substantiv  arunti  bis  jezt  kein  vcrbum  begegnet  Zu  LJX  und  LX 
hat  Steiumeycr  die  neue  coUatiou  von  Hench  benüzt,  die  er  teilweise  ebenfals  durch 
eigouo  coiü^^u^Q  ergänzte  (f.  gimang  LIX.  2,  3  vgl.  Bd.  11  s.  346).  Im  Vorder- 
gründe aller  Änderungen  steht  jedoch  bei  den  prosaischen  denkmälem  die  Umwand- 
lung des  briefes  Ruod|*erts  (LXXX)  in  eine  Sangaller  Schularbeit,  bei  der  natür- 
lich auch  der  sogenante  briefeingang  fiel.  Steinmeyer  hat  durch  die  offene  und 
eut^'hiedene  art .  mit  der  er  hier  und  n  s.  406  den  Untersuchungen  Bachtolds  gerecht 
wurde,  gewiss  auch  im  sinne  Scherers  gehandelt.  Denn  Scherer  hat  schon  meinen 
Untersuchungen  zur  syntax  dt^s  Notkenk^-hen  Boethius  (Berlin  diss.  1883)  gegenüber, 
die  zum  ersten  male  in  die  Notkerschule  bresche  schössen,  den  gnmdsatz  betätigte 
mit  dem  Steinmeyer  seine  vorrede  schliesst:  .ein  aniecht  auf  den  alleinbesitz  der 
Wahrheit  steht  niemand  zu;  est  das  zusammenwirken  vieler  hilft  sie  im  widerstreit 
der  meinungen  erringen^. 

In  diesen  grundsatz  münden  auch  die  empfindungen  aus.  mit  denen  uns  ein 
vergleich  der  poetischen  denkmaler  der  alten  und  der  neuen  aufläge  erfüll  Gleich 
in  den  eisten  drei  gedichten  war  es  so  wenig  möglich,  den  heutigen  stand  der  for- 
schung  im  rahmen  der  alten  textgestaltung  irgendwie  zu  kenzeichnen,  dass  diese 
ersten  drci  denkmäler.  das  Wes>obrunuer  gebet,  das  Hildebrandslied  tmd  das  Muspilli 
nun  in  dop(«lform  erscheinen:  neK^n  der  gestaltung.  die  in  der  lezten  ausgäbe  gege- 
ben war.  enk^heint  eine  zweite,  die  sich  näher  mit  Braimes  althochdeutschem  lese- 
buche berührt. 

So  ist  gleich  beim  Wessc^brunner  gebete  der  liodahattr  aufgegeben  und  statt 
dess^Mi  nü^lichste;>  au^^^hmiegen  an  die  Überlieferung  erstrebt  worden,  die  überhaupt 
nur  zu  guusten  des  Sieverü^^^hen  tyi^^nsystems  verlassen  wird.  Vielleicht  hätte  man 
hier  ntvh  einen  M^hritt  weiter  gehen  können  und  in  z.  3  nach  pattm  statt  einer  lücke 
nur  eme  i^usi^  annehmen  dürfen.  Die  anmorkungec  zum  texte  <1I.  1  fgg.)  habeo 
l'oi  Steinmeyer  orwciteruni:  gefunden.  Vor  allem  wurden  für  beetimte  fonnen,  die 
in  der  lezton  Aufla^^'  als  zeu^n  sächsischer  herkunft  verwertet  waren,  belege  aoaser- 
lul(<  de$  xich>isi.hen  gebietes  U^igebrachtv  so  zu  mid  firakoH  (3,  13).  Damit  war 
denn  auch  der  s^^hlussexkurs  vorU^i\ntet.  in  welchem  die  «spuren  sichsiacher  her- 
kun^*  als  .n:oht  sioh.^r^  U'ioiohuit  werden.  Einer  anderen  aasfühmng  dagegen 
uuvhte  ivh  wenitrer  iwptlioht^^u .  nämlich  das^  MüllechC'fis  zweiter  abschnitt  etwas 
vv'^mus.^^^tre.  iv.ii'm  «hiV  lin  2.  ^  >  nv^twondig  zurückweisen  müsse.  Die  partikel 
brauv'hi  r.K*t\t  ana(^.ohsoh  gefasst  zu  werden,  vielmehr  ist  jene  abgeblasste  deiktiache 
Usieutu:!^:.  mit  der  sie  auf  e:r.cr.  g\^oH'.stani  hinweist,  der  nur  der  ph^nfyi^  des 
nxieuvion  v^>rsv*hwel^ ,  j^^ia^ic  ;*.;  der  Vv\ks|\x^sie  haung. 

l^as  Hildobrandslied  ha;  lUkh  d-.'s  herausg^^'r^rs  ansteht  durch  die  neueren 
f.^rschunom  mehr  :n  metrischer  als  m  eio.^c:!:/::  vbik'k^ischer  beii^iiiig  gewon- 
nen. Pio  4:>v-tAlt»  ä:o  er  .ivm  Ii<\;e  c'w.  :-::;h:.v:  >::h  vor  allem  dmcii  straffere  oon- 
svutration  aus:  abgt^solui;  \o".  o;::ielue«  hAllvcrse::  hat  ex  nur  eine  gröasero  lacke 
anj:>^iuMr.mei;.  \»a  \ci>  4ii  f j;^  .  ä:o  r.ü:  K.nV.c::  2.  f.  %i.  a.  XTYTTT  s.  414)  dem 
Ua%iulM;iuui  lu  den  mund  ^x^ogt  v^oruT..     M:r  >ohe;L:  aKx.  dass  gerade  die  anffurang 


ÜBEB  MDIXKNDOI'F    C 


111 


igen,   di»  Stcinineyer  au»  dem  liati(lexem[ilar  MiUlealiofTB  darub  eiuo  neut^^erklü- 

ig  Ton  infdJian  (e.  37  =  ünfgegen  nelmu'ii)  Wkriftigt,  oa  uns  mogüi^h  mnulit, 

II  oluiB  lüoke  auSEukommoD.    Wotm  iu  dor  tat  dip  verse  4ij  \%g.  hut  nomfireuben 

leQ,  dafiB  der  gc^er  achoo  durcli  <iits  at&tliohe  auaräBtiing  seine  veraicborang,   ein 

inwier  racke  su  twin,  lüKen  etiufo,  bo  lasKuu  ue  »uh  KWtui(;lo9  umnittalbftT  an  dja 

'bergohondou  worto  HaduUi'Hiids  aukiiüpron.     Vors  3Ü  fgg.  bat  Hiuli  Uililtitir&nd  xwar 

il  genoiit,  seine  nnaprüche  au  clie  Vaterschaft  nber  ^o  Unr  angeilnutet,    nls  die 

iWFrAIligea   trcmdimguii   des   epischeu  Stils  ric  nur  TBnnÖgeti,    und   hnt   gesuhL'nke 

ibot«in,      Lue    gEigcamdi'    ILidubrandH    knüpft    obarakteristiBch    Eiuiäcfaat    an    die 

bonko  an,  er  veist  sie  zurück,  der  geber  sei  ein  beCrüger;  d^nn  Bildebrand  ^d  tot. 

iQid)  diu  j^uwisbeit  liiHriLbei-  liernht  nur  auf  borensa^eu ,  zwuirel  mügon  fäüh  imuier- 

«iutituUaii;  oud  diesen  mooht  wenigst^oB  in  Uixug  auf  doo  angpfodetea  gegntir  der 

FensuliinDck  ein  euile,  über  deu  der  gogner  verftigt  ttud  nach  dem  es  den  aprecber 

ioininrluii  gelüstet.,  indes  der  In  dur  Tremdo  muhnnEteheDde  Hildebraut  uieht  in 

glanis  erscbeinen  kante.     Wie  dann  d«r  vers  45  sieb  binoingesohobea  hat, 

bC  eine  andere  fvaipii    TiuUeicbt  geben  dio  starken  anklinge  an  -vais  44  eiue  aiitwort, 

lodeiu  ai»  iLn  als  vur  49  fgg.  vorwoggenommett  erkliiren  lassen.     Die  verse  05 — lil 

beUsst  8teinn)e<rer   ^   meiuus  erachtons   mit  reolit  —    mi   ibrem   platze.      In    dienen 

verscD  klingt  eben  ein  motiv  du;i:h,  daa  sonst  —  abor  uiobr  nur  für  unaor  goftih]  — 

hinlnr  der  tragit  des  Zweikampfes  der  blutsverwanten  aiiriicktritt,  —  r)ie  anmerkun- 

gen  balien  vor  allem  durch  die  einfiigung  und  lextkrjtisvhe  bebandlung  des  jüngeren 

Hilde  Lrandsliedes  gevronnon. 

Fast  mehr  nouh  als  das  Hüdebraudslied  hat  das  Hnspllli  den  herausgeber  in 

■nspniüh  genommen.    Zwar  den  coUatiuncu  Pipnra  (Z.  f.  d.  ph.  XV,  TO —  T3|  misat 

er  wenig  bedoutuug  bei,    aber  iiaub  anderer  seite  bin  war  hier  der  text  zu  Teintgan, 

Vor  allem  erfüll  ea   mich    mit  befricdigung.    dnse  titeinnieyor   hier  syntaktiaube 

tiedonken  bei  seinen  text kritischen  erwägungen   initgewogen  hat.     Btiim   alten   texte 

v&r  die  ineoQsequeuz  liedeuklieb  gewesen,    mit   der  einzelne  lAiÜkeln  nnd  artikelfor- 

Di,m    iiald   als   überQüSüig  gostricheu,    bald   in   olicu   so   uberQüsaiger  Verwendung  zui' 

ausfullong  uietdsüher  luckeu  hevongezogeu  wurdee.    Namentlich  der  artikelgobmucb, 

der  it»  Muspilli  ganx  bestimte  gnmdlinion  aufweist,   ist  bei  dem  neuen  herausgolier 

wider  zu  seinem  reclite  gekoiamcn,  wie  auch  die  Wortstellung  mitsprechen  durfte 

(vgl.  I.  TS).    In  dem  Hxcurse,   den  der  herausgäber  als  eigene  spende  an  die  anmer- 

knngen  anlügt  (U  a,  40.  41),  lösst  er  In  erster  Linie  die  aüllstische  aelte  der  betraeh- 

tirag  hervortreten,  er  hebt  den  einheitlichen  Charakter  dos  Werkes  hervor,  die  wider- 

beloDg  der  gleichen  ausdrücke,   der  gleichen  syntaktischen  fügimgen.     Von  hier  aus 

imihii  er  neue  Stützpunkte  für  eine  aleüiese  von  v.  37  —  62,  als  einer  partie,  in  der 

lU»  hituKge  fehlen  des  urtikela,   die  st^llong  des  Subjektes  in  hanptsdtzen  u.  a.  auf- 

bllen.     In  der  ilslhetiscbeii  beurteüung  des  wertes  achliesst  sich  Steinmeyer  an  Kdgel 

(önmdrisa  11,  a.  213)  an,  der  in  ihm  prosaische  rede  sieht,  die  der  Verfasser  mit- 

Ulat  der  alliteration  beben  wolte,   ohne  auf  deren  regeln  aioh  zu  verstehen.    Dieses 

urteil  scheint  douh  ein  neues  extrem  gegenüber  früherer  übertriebener  wertachätiung. 

QutoUie  poitien  entziehen  sich    diesem  veidammunpuiteile   ganz   entschieden,    imd 

<iitta  Iai;tero   dsthetiauhe  einpGudung  ist   auch   .geeignet,  die    oben   ongofühi-ten   sti- 

'■'tiichen  ergebutsse  (beti'efa  der  gldchartigkelt  des  ganzen)  zu  oiodificieren. 

Die  übrigen  poetischen  denkmaler  könneu  wir  hier  nicht  alle  schritt  für  schritt 
'^folgen;  es  genügt  einige  aus  ihnen  hervorzuheben.  Das  Georgslied  ruft  zunächst 
'^«  kiiupfe  wider  in  die  erinnerung,  die  um  seine  atrüphisolie  gliederung  ausgefocihleD 


112  WUNDERUCH 

wunloii.  Steinmoyer  pflichtet  hier  porsönlich  den  aufetellaogen  Scheren  bei,  wonich 
stn>phon  von  swoi  und  solche  von  drei  Zeilen  auch  in  der  combinatioD  einer  öseiligen 
stn>)iho  zu  gründe  liegen;  er  hat  sich  aber  angesichts  des  Standes  der  Überlieferung 
iliM*h  nicht  ontschliosscn  können,  die  Versetzungen  und  atethesen  darchzufahien,  die 
dem  ontsprfichon.  In  den  anmorkungen  ist  natürlich  der  vielberedete  182.  psalm  in 
don  S2.  vorwandelt  worden  (vgl.  II  s.  94  zu  z.  9).  Beim  Heinrichsliede  komt 
Stoinmoyor  zu  einem  ^fw»  liquet*^;  fast  scheint  der  skepticismus  hier  auf  die  spitze 
gi'triclHHi  (II  s.  UH>).  Für  den  Modus  Ottinc  (nr.  XXII)  sind  neuere  oollationeii 
zur  toxtp'staltung  von^^ndet  worden,  wahrend  Himmel  und  hölle  (XXX)  durch 
ointMt  exours  zu  don  anmcrkungen  endgültig  des  poetischen  bürgenrechts  beraubt 
wunlo. 

Auf  ein  viel  umstrittenes  gebiet  führt  uns  £zzo*s  gesang  (nr.  XXXI).  Leider 
liat  hier  in  der  hitze  dos  gefechtes  des  herausgebors  ruhige  besonncnheit  nicht  ganz 
stand  gi>halten;  und  doch  wan»  es  nicht  nötig  gewesen,  dem  jüngsten  unpassenden  aus- 
fall  auf  Sohorer  hier  tnn  oi^ho  gegen  Bartsch  folgen  zu  lassen.  Wol  ist  es  sicher,  dass 
man  don  fund  Riraoks  nicht  einfach  bloss  eine  .glänzende  bestatigung  der  ansichten 
Konrad  llofmanns'^  nennen  durfte,  denn  dieser  fund  hat  wie  fast  alle  fände  die  conjec- 
timni  :moh  dit^es  gelehrten  nur  teilweise  bestätigt,  Ausseniem  gehört  von  den  also 
N^t»ti};ten  aufstellung^^n  Hofmanns  ein  teil  MüllenhofT  zu.  el»en  jenem  Müllenhoff, 
uU^r  den  Kirtsv^h  triumphion^u  zu  müssen  glaubte:  und  andererseits  hat  der  fuod 
Auoh  soloho  auf>telIunt^Mi  MüUonhofTs  lH'>tätigt.  die  Hofimann  nicht  geteilt  hatte. 
Nach  du^sor  >oito  h:n  war  jenes  urteil  von  BartM'h  allerdings  einseitig  imd 
wurde  den  tats.^ohen  nicht  i^^rwht:  al^^r  die  bedeutung  dt*s  Baraekschen  fluides  liegt 
meini^'s  er^ii^htons  ulvihaupt  auf  T'inem  anderen  gebiete,  wo  in  der  tat  die  beweisfäfa- 
mni:  MüllenhotTs  den  schwersten  stoss  eiÜtt,  Ezzos  g*.*sang  ist  kein  Ked  mehr,  das 
im  ohor  o*sungt\i  wunie:  »in  oir.iolm r  trägt  ihn  vor.  IVr  un|deicfae  baa  der  Stro- 
phen braucht  i:r»r  r..iht  mehr  r.v!t  der.  i;ru!idU^iinp2ajM*ii  »nner  chormclodie  in  bezie- 
he; r.c  p^braoht  sü  werden,  und  ma»  hat  c.vht  noTii:  einen  symmetrischen  bao  gewah- 
NAm  ;u!\vh;  ru  r.r.^nu^n^.;  vh''.m-:hr  d.-irf  iv.an  :ii  ailor  ruhe  bei  diesem  vortrage  eines 
o::*.rol:vn  N:.*h  .;;^'  ttsuv  xv^rloo^u  ^-V  h:t»!  ;:Srr*i.^ui':  ixvh  vi.c  einer  melodie  die  rede 
Ä^'.v.  lAr.r.  .\:t'r  ,i  :  \^h:  der  u'.r.rÄr.s:  i-.  r  oir.r-.lrer.  str.-^bea  pe-kcentlich  vom  inhah 
a:;s  c:^^o^I:  >»,;v.:  SMr:r.i\t:  h*:  an  .in-M  fräo  riv^k:  Änihri.  sondern  aach  hier 
V..''.  r-fh:  ."lu:  .'..0  ,;■,  fir.>:x..^  i^^s^  hr*r.k:.  pAAreoris  w«rie  ier  tnn;ß«staltimg  beaon- 
.;i:v  >v"';."A.:  :;;i^.  «.v:  .;  ■  -.r.';::':;  4».sr:ior.  i:-  :i  B  -ritji^^ri:!  scd.  Verden  im  alte- 
■v:v:o:.  *../:    ...v ;.    .  o-c::nv,    «VLT  ,is>s   i'.o  .V.v2*ir.r.:s.  iv  rii?«iart  mit  rocksicht  aof 

>:  *•...-.  ..  :v   . ..:■*:;.    ;  ...     ::r  :..;r   :-   A    v.:t:rl:*:tr:  *-rs."i!edni.   verfahren.    Nor 

.^.  .  :-.,;:k  >..-.':  >.:::  :  ,\  r.  ;:*-.v<  r  ■.:>.:  il>  r.::^  :«  i^^  TrxtcK^ahnng  herein  und 
>,::.•.:  ^.  ..?;'  V. :  «ü.i..:  ..vv.  .»»:>.':;'  ,-->.^'.  -f  '..:i  fv  -f  -4.  !.  3<  »wie  vielleicht 
*.;. :  .-.•.  jw !>:.'. :  *.  .  .v  t  -•>  .•-  *"..»:  ;,.  :  V>.:  S:  .r/.  Kij.ljfjf-  k-lö  aa-:^  die  anmerkim« 
:v\ .  KÄ..;  :«;^  .:..:>-  :t  •  .  ;..•..*.::  -».r.-.: :  '>.  :.y  .:«  ■'  i-.:  rirfcte  T«!  i&  3S2  (g.  der 
.«.:*•:  &.;:'..w.  .'.;  -  .::  ..kr .;».. '  ; .:: .  ^- ns.  :.  T  ■..:  ..:::"".:r...i^  L:^i  ssehr  nur  in  form 
.  v^  l,.  -iV  k  :  v;^  »:  -  .-^fc'x  jf  j:': ■.*:.:  j.-  >  -i:  -  >.  T.:':-=:>?r.  ij*  amHaLungen  bei 
S..  i.:";,x.'  ..,v  '  *. ;.  :;.:•-:  ^  . !.:  ..  i.sy.:.:  V..-  jj^*-—  £-2t  ö«>e  ei»«leiung' 
Ä,.v..  ,dk; ...;  N;  •:..,.  j,   r:  :  ^^..-J^:,>.    ov  :     -v^    t:..*  r:vi:    bfrrcqpebobeii  wird. 


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\».i.  '.  >■.     .»  %fs  \''i.'.^    :«..    ^.11.^  .'  «;     .  \.-.   's.'  .     .■  >r    <lt-i,«l«-'PI-TT      T!  .  &.  ISS.   ISS.  155- 


ÜBEH   UÜLLEMHOrF    V 


113 


■  dio  cbarakteristischeD  züge  gerade  in  dem  perikopeDSchnma  keine  vorlöge  tiudeu, 
dass  die  isthofischB  Würdigung  den  begabten  dichter  überhaupt  aas  dem  Tobinea 
'  solcbeo  nauhalimiiDg  herauxhebt.  Aiif  Waage  „Kleine  geüichte  des  XJ.  und 
L  jatartiQoderts  (Halle,  Niemeyer.  1890)  ist  Steinmeyer  hier  wie  Bjiäter  nicht 

]  ausgäbe  mag  ihm  bei  der  i-edaktion   der  poetisclieQ  deokmäler   noch 
roi^legen  haben.    Sonst  zeigt  seine  fassuag  alle  die  formen,  die  Krauü, 
I.  a,  XVII,  s.  21  fgg.  für  Waags  Ezzoliod  nachtrügt, 

Ana  eben  jener  Strasaburger  handsührift,  die  uns  über  Ezkos  gesang  i 
bluss  geboten  bat,  ist  nun  das  Memento  mori  als  XXX**  in  den  kreis  dei 
DknUUer  neu  eingefügt  worden,  das  von  Scberer  schon  m  der  Ztsohr,  f.  d.  a.  XXIV 
—  HO  eingehender  Untersuchung  unterworfen  worden  war.  Sleinmeyar  gelangt 
r  za  mannigfachen  Änderungen,  die  als  Verbesserungen  gelten  müssen,  während 
dagegen  in  weit  gehen.  So  möchte  ich  ^emo  in  1 ,  7  durchaus  nicht  mis- 
)  halte  ich  iu  6,  2  an  is  fest  und  lese  in  14,  5  geUbeUt,  wobei  ich  bei  ih» 
die  zeit  denke,  die  der  mensch  auf  erden  nicht  mehr  durchleben  konle  und  die 
i  im  jenseits  tausendraltig  erseht  wird  jin  ditnehit  da  bex.%ir  em  tac  ienne  hier 
fiuc,  ttitt  wärj. 

'  Summa  thaologiae  gegenüber  ist  der  heransgeber  zu  konservativ  goblie- 
I  er  sich  auub  in  11,  s.  220  gegen  das  ganxe  künstliche  strophengebHude 
kerera  ausspricht.    Trotxdum  aber  linden  wir  bei  ihm  für  das  Studium  des  gedieh' 
vielfiltige  anregung  und  belebrung;  lesuogeu  siud  verbessert  und  der  ganze  appa- 
t  ao^niltig  verzeichnet.     Beim   Lob  Salomonis    kann   ich    den    von  Müllonhoff 
'on  Steinmeyer  beibehaltenen  ftthetea«n  (vgl,  I,  C.    5,  8.    9,  2.     10,  2 
.   Tgl.  anmerkungen  hiezu)  nicht  beistimmen.     Auch  die  episode  5''  lüast  sitih 
Btaltisch  ans  dem  rahmen  des  ganzen  nicht  lösen. 

Unter  den  übrigen  poetischen  denkmälem  treten  sonst  nur  noch  solche  her- 
b  denen  Steinmeyer  sich  mit  Waag  auseinaadersezt.    Seine  äuBserungen  bleiben 
'    auch    gegenüber    der    iniwisohen    erschienenen    ausgäbe    der    kleinen   deutschen 
tfioUl«  zu  recht  bestehen. 

Wir  haben  nun  den  ganzen  kreis  der  denkmäler  durohniessou,    aus  prosn  und 

1,  oitd  können  erst  jezt  das  weite  arbeJtsfeld  einigennassen  überblicken,  auf  dem 

r  heraosgeber  tätig  war.    An  zwei  stücke  nur  hat  er  nicht  gerührt;  an  die  vorrede 

illaDboffs  und  an  Soherers  nmaikalische  exkiinic;  für  beide  fSlle  hat  er  seine  zurüok- 

;  bändig  begründet.    Beide  gehören  auch    weniger  zu  den  teilen  des  werkea, 

ea  snstOBS  an  rüstigem  fortschritt  geben  werden,   den  der  herausgel«r  als  lohn 

r  rafiheiraltuDg  erhoFt,     Möge   ihm  auch   in  dieser   form    der   dank  nicht  aos- 


3.  NO' 


B.  wtrNDBBUcn. 


ichichte  der  deutschen  titteratur  von  der  ältesten  zeit  bis  zur  mitte  des 
elften  Jahrhunderts.  Von  Johann  KeUe.  Berlin,  W.  Hertz,  1892.  435  s.  8  m. 
Trotz  der  uuzahl  bereits  rorbnndener  deutscher  litte raturgescbichten  konte  man 
ti  gerade  füi'  die  zeit  bis  znr  mitte  des  elften  Jahrhunderts  noch  immer  eine  dar- 
üaag  wünschen,  die  eine  selbständige  durchforscbung  der  quellen  lehrreioh  erken- 
1  tiesae  und  doch  klar  und  auch  für  leser  nnserer  zeit  anziehend  geschrieben  wäre; 
t  alle  litterarischen  cinzolhoiten  umfassend  boTücksichtigte  und  doch,  die  innere 
■ohicbt«  des  litterarischen  lebens  mit  der  äuasoren  verknüpfend,  den  leaer  auf 
r,  nnrtsciK  piiiLOLOont.   an.  xxvi.  o 


114  ERDMANN 

lir)horo  gosiohtspookte  stelto;  die  meinangen  und  resoltate  anderer  forscher  gerecht 
nhwögo  und  doch  das  eigene  urteil  des  Verfassers  ausspräche.  Alle  diese  eigenschaf- 
ton  orschoinen  in  Keiles  buche  in  so  hohem  grade  vereint,  wie  wol  noch  in  keiner 
fHlhoron  bohandlung  der  altdeutschen  litteratur;  und  die  harmonische  Verbindung  so 
vorsohiodonartigor  vonüge  muss  —  zumal  bei  diesem  gegenstände  —  in  Deutschland 
lux'h  immer  als  oin  besonderes  verdienst  gerühmt  werden.  Es  gibt  noch  manche 
gt«lohi*to«  welche  die  nase  rümpfen,  wenn  ein  aus  streng  wissenschaftlichen  quellen- 
Studien  her^*orgegangenos  buch  lesbar  und  anziehend  geschrieben  ist;  und  es  gibt 
niH'h  nn^ht  viele  gebildete  leser,  welche  fast  in  ohnmacht  fallen,  wenn  ihnen  genaue 
oitato  von  quellenstellen  oder  reichliche  verweise  auf  specialuntersachungen  geboten 
ti*enlen.  Zur  ausrottung  dieser  beiden  einseitigkeiten  erscheint  mir  Kdles  litteratur- 
geik'hiohte  aehr  geeignet  Auch  lachgenossen,  welchen  die  durch  lange  jähre  mit 
unermüdlichem  fleisso  fortgeführten  Specialforschungen  Keiles  auf  dem  gebiete  der 
ahd,  spräche  und  philologie  bekant  sind,  können  die  in  diesem  buche  gebotene  über- 
sieht über  das  tum  teil  recht  spröde  gebiet  mit  freuden  begrüssen. 

Vergleichen  wir  —  was  durch  den  gegenständ,  den  voransgesezten  leeerkreis 
uml  s««U>$t  duri'h  manche  eigensohafton  des  Stiles  nahe  gelegt  wird  —  Kefles  buch 
mit  den  entsprechenden  ei^en  kapiteln  von  Scherers  litteraturgeschichte,  so  sehen 
wir  sunjk4ist«  dassi  dem  von  Scherer  auf  etwa  70  Seiten  text  und  4  Seiten  anroer- 
kun|^Hl  behandelten  Stoffe  von  Kelle  2S6  Seiten  text  und  fast  150  Seiten  anmerkon- 
gen  gx^widmet  sind.  Bot  schon  der  weitere  räum  Kelle  gelegenheit  la  bieiterer  ent- 
fiütuug  und  alseiti^T  behandlung  gegenüber  der  sprangiiaften  und  herronrngende 
einielhein^n  lu  oharakteristisoher  auswahl  herausgreifenden  darstellung  Scherers,  so 
s^i^  SK'^  auch  im  einzelnen  Keiles  erörtemnj!  ruhiger  und  objektiver.  Wihiend 
S^'hei^'r  sehr  hiiutii;  moderne  masssf^be  an  die  persönli<^keitRi  und  litteiatnrdeDk- 
m&ler  jvHi^r  zeit  anle^'  und  auf  die  pc4iti>ohen  und  kulturiustoriscfaen  verfailtnisse 
geK>^^tttli^'^  eini^^  o^tstvv^Ile  ^MteoMicke  wirft,  zeigt  steh  bei  KcÜe  das  mnfiwsendc 
Kr«livK>n^  die  litteraturersohtHnuu^Hi  innerhalb  ihrer  zeit  zu  verstellen  und  zu  beur- 
teilen uv\i  :hnr  enr«:ckluiu:  im  iusi=::r.eriiaci?»  mit  ier  isnerm  und  iosseren  deut- 
:^*heo  1^tji».'hvh^^  viarsustv^Uei}.  BiK^>oiers  iiibahr*x4t  iänd  Kr  Keile  die  anmerkun- 
ä:e^-  NoS^r«  :!^hr  xaKlrek^hen  li::e7;uurft=cftKeQ  t«e<efi  <»e  zur  Usgiündung  des  m 
^i•.\^^  xor^r^vrsen  etse  frii-o  w.>rtl;:ii  Ab^irt.^twr  qs^-II-esstiellsB  ans  der  latei- 
Äi>o>.e;*.  c^>5-^^-^'  u:^i  w^I^Ix-^r^  hnerarir  v&^r  r«t,  1»  nocfe  k  in  soldwra»- 
Ä*^r;i?ii  '•^^  >.:•:* r  jv:r  ur:r.::t*?VM?«:  erli.Tifrirjc  -irr  -SfatM^en  Kr;>i«  ^■■■faofciwiW 
^v>c*vTt^  ^^:      X*;>  <^^i.vc  -^rnr  iAs  ^-xsisiT^  s*.-^:^-  ---i  gnopcTkfct^» tA€n  des  mit- 

\i\    :    S   ^.v  i>cs.->."r.::   •;.:<:  N;:i-:r     i*i:  Ki'-ll^   fir   i>?   ^wcciÄte  und  wiüdigmig 

V*-;>*:-  •'v::-.?j:  *::  jC-^t  i^;  t-rij-cn^s  ^ä*  ifcscicÄ  j^Sfcj*  :2.  JMsr  cfodie  der 
i:^^^'VL•  :;:,•., N-.vc  c--^-  -iTif  ;v^!Cir»;J.:  **oi  i.>f  v;c.  SLfuk    T^v.'ucd  ax  r^rdnnng  des 


.  I*  ■  9, 


^•*;.  .V.*    *  r'V'-ij'^vr*   ir*   zi^vrr.'^r'.i*   ij6>  73  rv{:C"^r  ^nairir,*«.  fxsäst  ^^g^^^n     Die 


,    UTTKRITÜRQ 


IIB 


r  SMilMatspreohcnd  und  auüb  nur  säkeinbar  pxaktisoh;   in  wii'kliuhbeit  erschwurte 
I  die  Übersicht  über  die  zn  (Reicher  zait  vorkondenoa  und  anch  durch  sachliche 
I  persönliche  beKiehangeD  maanigfacli  mit  eioander  verkaüpften  litteraturdenkmSler 
lemein.    Daa  hängen  an  dieser  gowohnheit  hat  z.  b.  daza  geführt,  dass  bei  KhuJl 
Siebte    der  altdeutschen   dichtong.     Graz    IS8&)    die   Uerseburger  zaiiberspi-äche 
i  auK^  das  Trangeinmidslied  vor  Wnlflla  zur  besprecbung  kommen;    Ikbalicb  bei 
gel  in  Paula  gniudriHS  das  Wessobrunner  gebet  erat  hinter  dem  Lodwigaliede  und 
:  hinter  noch  viel  spateren  Zeugnissen   über    biatorisehe  Ueder.     Keile  dagegen 
tat  grundlage  der  eioteUung  —  wie  ich  es  ähnlich  in  F.  Zamcke's  colleg  übet 
lantBche  litteraturgeBchiohte  gehört  zu  haben   mich  dankbar  erinnere  —  die  zeit- 
ne  der  politischen   geschichte.     Er  grenzt  die  acht  bücher  seine  Werkes  streng 
1  deo  regieningsjahren  der  herachergeaohleohter,  später  der  einxelDen  bedeutenden 
r  ah;   selbst  für  den  anfacg  hat  er  in  dem  abfassungsjahre  der  Germania  des 
i  und  greifbares   datom   gewonnen.     Selbstverständlich   werden   die 
ten  leitiüame  bei  zunehmender  masse  der  erhaltenen  litteraturdenkoiäler  immer 
ioer:  Irrend  buch  I  die  zeit  bis  zur  gnindung  des  Frankenreiohes  (48Ö),  buch  II 
■  fortent Wicklung  bis  auf  Karl  den  Grossen  (786)   überschaut   (mit  bedeutungsvoll 
r  datetolluug  bei  Schilderung  des  Äraberbezwingers  Karl  Martell  s.  49!),    ist 
t  zeit  Karls  des  Grossen,    Ludwigs  des  Frommen,   Ludwigs  des  Deutschen  je  ejo 
li  gewidmet  flll  — VI;    ebenso  je  eines   der  zoit   der   leiten  Karolinger  876  —  911, 
r  Bichsischen  kaiser  919 — 1024  und  selbst  der  !kurzen  regionmg  des  Frauken  Kon- 
I  n.  (1024  — 1039),    mit  welcher  Eelle  das  buch  abschliesst,   so   dass  Ezzo    und 
nicht   mehr   zur   bebaodlang   kommen.      In  diesen  festen   chronologischen 
1  sind  die  litteratnrdenkmäler  mit  rücksicht  auf  den  Charakter  und  die  grup- 
r,  die  sie  in  jedem  zetti'auroe  orkouoen  lassen,    und  die  ja   durch  algemein 
I  Verhältnisse  wie  dnrcb  persönliche   einwirkungen   einzelner   herscher   sehr 
I   mitbestimt   wurden,    eingereiht  und  ja   nach   ihrer   bedeutung    mehr   odoT 
r  ansfübrlicb  besprochen.     Bei  bedeutenden  werken  bat  Eelle  die  entstebung 
1  der  spüteren  Verbreitung  und  fortwirkung  gewissenhaft  gesondert.     So  ist  z.  b. 
s  Persönlichkeit  und  leben  im  ersten.   Inhalt  nnd  boschaffenheit  der  gotischen 
fUundschriften  dagegen  ev9t  im  zweiten  buche  besprochen;  Otfrid'  hat  seine  baupt- 
I   fünften    buche,    aber   die    herstellung    ier  Freisinger    handschrift   wird    als 
Kitsiun«   tatsache   (wie   auch  das    gebet  des  Sigihard)    noch    im  seclisten   buche 
hnt;   Notfceni  eigene  tütigkeit  ist  in  buch  VTL,  da.s  fortleben  und  die  glossiemng 
r  arbeiten  in  buchYTU  geschildert.    Da  Kelle  (wie  ich  meine,  mit  gutem  griin Je) 
I  nsicht  ist,    dasa   die  angäbe   der   Klage   über   eine   lateinische   aufzelchnung  der 
lui^Deage  einen  tatsächlichen  kern  enthält,    so  wird  auch  sie  an  die  gehörige 
»  eingereiht  als  ein  vorgang.  dessen  bedeutsame  Wirkungen  erst  in  der  folgenden 
B  tn  tage  getreten  sind,  an  die  Kelle's  leztes  buch  den  leser  nur  durch  andeu- 
m  des  bevorstehenden  um-  und  nufscbwunges  binanführt 

fi«  der  behandlung  des  einzelnen  zeigt  sich  überall,  dass  der  Verfasser  die 
hangen  anderer  bis  auf  die  jüngste  zeit  herab  gewissenhaft  verfolgt  und  zu  joder 
Iker  utBgeeprcchenen  ansieht  Stellung  genommen  hat.  Ich  hebe  aus  dem  reichen 
te  des  baches  nur  weniges  zu  ausführlicherer  besprecbung  heraus. 
FQt  den  zweiten  Merseburger  Zauberspruch  hat  sich  Kelle  s.  66  ohne  beden- 
MB  der  erklirung  F.  EauSmanns,  Beitr.  XV,  307  fg.  angeschlossen,  deren  lockungen 


HO 


d  n«lllcti  >ind  i. 


nnpl«' 


116  ERDMANN 

auoh  Rtoininoyor  in  der  neuen  ausgäbe  der  Denkmäler  nicht  Töllig  widerstanden  hat 
Mir  int  sie  schon  aus  sprachlichen  gründen  (die  sachliche  seite  will  H.  Gering  dem- 
ntichst  ausführlicher  beleuchten)  unannehmbar.  Der  gen.  sg.  des  Personalpronomens 
nül>eu  der  gonotivform  des  eigennamens,  wie  er  für  v.  3^.  4^  {der  Suim  ihre  a^we- 
itter  usw.)  angenommen  wird,  ist  für  die  ältere  zeit  ganz  unerhört  und  durch  kein 
oinzigi^s  ahd.  oder  altsächs.  beispiel  belegt  Die  Oramm.  IV,  351.  957  gegebenen  bei- 
B|)iole  sind  aus  viel  späterer  zeit,  in  welcher  der  possessive  genetiv  eine  verdeot- 
liohung  durch  hinzugefügtes  Possessivpronomen  vertragen  konte.  Der  (ziun  verbam 
gi«h»rige)  dativ  neben  stn,  der  in  v.  2  (und  bei  Otfr.  1,  5,  36.  10,  20.  27,  42) 
vorkomt,  i«t  etwas  ganz  anderes.  Ich  bleibe  also  bei  der  alten  annähme,  dass  in 
V.  8  und  4  des  Merseburger  Spruches  je  zwei  göttinnennamen  asyndetisch  zosammen- 
gestolt  sind.  Sehr  ähnliche  altnordische  beispieie  für  ein  solches  asyndeton  hat  schon 
J.  Orimm  Z.  f.  d.  a.  II,  188  angeführt;  man  kann  auch  vergleichen  Heliand  18.  19 
(WO  freilich  zwei  paare  von  namcn,  jedes  unter  sich  durch  endi  verbunden,  asyn- 
dotisi'h  neben  einander  stehen);  oder  Nibel.  9,  3  Oere  und  Eckewart ,  4  VoUbSr  van 
Aheie,    Vgl.  auch  Nib.  10,  1.  2.    210,  1.  2.    2218,  1.  2.    2308,  1.  2. 

In  den  versen  des  ItVessobrunner  gebetes  sieht  Kelle  s.  77  fragmente 
iweior  in  l^em  verbreiteten  gedichte,  welche  einen  teil  der  Genesis  dichterisch 
U^handolten.  Auch  für  den  ersten  abschnitt  nimt  er  an  (was,  mit  noch  anderen  fol- 
gi«rung\Mi  vorknüpft,  schon  AV.  Wackemagel  in  dieser  Zeitschrift  1,  295  ausgesprochen 
hatK  da$$  or  im  hin  blick  auf  die  Mosaische  Schöpfungsgeschichte  verfinst  sei  (s.  75; 
vgl  anmorkung  $.  331).  In  der  tat  lässt  sich  dem  berichte  der  bibel  eine  reihe  von 
ausdrücken  entnehmen,  die  un^fähr  zu  den  in  dem  deutsehen  fragmente  erwihnten 
gegenständen  [bissen  (wobei  p^reg  der  arida  des  lateinischen  textes  Genes.  1,  9  ent- 
sprik'he  und  der  mit  tker  mdreo  seo  beginnende,  nicht  vdstindig  erhaltene  satz 
dun'h  lieneüu  l,  JO  veranUstst  wäre).  Aber  diese  reihe  enthält  doch  nidit  volstindig 
alles  in  der  i«enesis  erwähnte,  und  die  stark  betonte  und  cfaarakteristtsdie  scheidnng 
der  sei^hs  sehepfüngstage  ist  in  den  erhaltenen  versen  des  deutschen  gedichtes  gar  nicht 
nterklix'h.  Ansprechend  aber  ist  Keiles  hinweis  is.  76)  daraof.  dass  der  in  den  com* 
nuiuaren  eft  citierte  Spruch  psalm.  102  (103).  S  miserator  et  miserioon  dominus; 
leuganimis  et  multum  misehoer?  die  veranlassung  zu  den  wofteo  wamio  wnUitio 
s\%^  zweiten  fn^rtueutes  g\^^»ben  haben  kann:  ebenso  dass  die  erwihnniig  der  eooi- 
iiMk<^  ^fri^tii  damuf  K^ruhen  mag.  dass  die  Schöpfung  des  himmels  mit  den  engein 
m  vien  erUutx'rutii^ni  su  l*encs.  1.  1.  2  stets  erwähnt  lu  werden  pflegte. 

Im  vi  riete»  buche  »s.  ^U  fc^  wird  mit  recht  die  bedeatung  der  a«f 
fHUtkts<*heti  vcrUö?>  beruhend;^  Mcnseeer  fragmente  ab  gemeiosaBu 
fUr  iie  «Lvtstlichcit  b:!dua^tvc>cn.'bun^:en  unter  Karl  dem  groesen  betont:  die  aDmkBe, 
vUsdt  l;^>ior  UV..1  das  Mitthiuseviis^aiim  von  demselben  nbetsaetafr  stammen,  wird 
aKh:         >kxe  mir  s^^cbt   ~    :»tt  schb^nden    gründen  ao^  der  sjntax  abgewiesen 

Vur   Tat  in   w:ri  s.  II'-   nur  ait  Ti?r}ieht  die  mogbchkect 
wehicr.^r  ttS.*r>eC5er  iu.^?»Kvb»?c.     Ich  üfiÄC  j^>c>t?hett.  däBs»  mir 
Si-t^vvrs  i»  v.-;tt..'c  «.aswis^-feef  ^rs«.-2:ececeö  swvi:^?q  attsgab*  *.  LXXIfig^ 
lv>!.'"^'>  .:•►..•  •V*Uecr*,'iciieci  r^-js^j-^a:  ta  dierser  frage  iewtMuwn  m  sein 
Al»>»vK*i*\:T?j;vr»,  ^v  .*;•,*  i  r^  ■:'r>*:*>v>?'P  V.'r^-^c  auca  S?t  einem  Tiad 
S."t  \utatvivr  arK'i:  ^vi  ^crkvcitt'.ec,  *iad  ^ir  w»,2sseti  ;a  lucht«  ia 
ds't   5^.  vjuVr  ija'i>v,i^T*Ä  ^twa  l.TtvivjLrvc  .'d^r  vvrLufenB^n  ^Behalten  ksL    Fir 
jue  uvvi>  va»att<^r  A.j;;^t»tehets^ie  ^[^Nfawir  durvhdüröetttug  «ier  st n  tax  dMcs  daalaB^  wild 


U)  doD  tax!  KuniUihst  als  einen  emheitlichen  in*«  äuge  zu  fassen  haben;  soltea  sich 
Ködere  figentümlichkeiteo  auf  gewisas  partion  bcachränkea,  so  würde  man  auf  dio- 
<a  naoliwiiise  vorsichtig  wuitor  hauen  köonoa.  Dankenswert  ist  obuB  frage  die  von 
>v«rs  in  der  iweiteo  ausgäbe  auch  am  oberen  raode  jeder  seite  angegebene  unter- 
•  der  TOrwiliiodeaen  suhreib«.  iucb  in  den  gowohnheiten  der  accen- 
MileraDg  outuraeheiden  sie  sich  setir  bestirnt,  wie  msn  bei  Verfolgung  der  acoeute 
t  «rkeiit  (angenoinmen ,  das»  alle  accenl«  gleich  bei  der  ersten  nloderachrift  und 
sht  etw»  —  was  hei  den  tonaeoeoten  der  Otfridhandschriften  V  und  P  durohgäogig 
r  (all  ist  —  erst  bei  der  korrektur  geseit  sind).  Beachtenswert  eracheint  mir  nament- 
fok,  d«3S  die  acccnte  im  Tatian  öfters  auf  sitliDn  stebo,  die  offenbar  gar  nicht  einen 
tosonders  starken  ton  erhalten  selten,  sundem  bei  denen  nur  vor  olzu  achwacher 
totoDiug  gawamt  werden  solle.  Bo  z.  b.  bei  den  »cceotea  auf  der  zweiten  silhe 
1  dtagt  4,  7  (Schreiber  n),  Slag  105,  3  (Shreiber  i)\  bei  der  accentuieruog  der 
nilbea  ar-,  int-,  für-,  for-  (besonders  bei  Bohiviber  $\  ohai-akteristisoh  üfdrhaha- 
w  21,  5,  was  der  irrigen  aaffassuDg  als  üfar-h.  vorbeugen  solle!);  bei  accen- 
iu«nuig  einin  ondvokals  vor  folgendem  vokale,  um  der  elisioo  vorzubeugen:  sä  <Uui- 
in  22,  18  aebreiber  ß;  aucentuierung  der  personalpmnomina:  iu  14,  23,  23,  18; 
«mA  U,  23.  ir  23,  13.  28,  1  u.a.;  xi  m  107,  4.  Mr  22,  Q,  bislhü  13,  19.  21, 
.  3B,  1;  Süulh  106,  7,  ii  iü  107,  3  (scbrciber  J),  wo  die  aoceote  gleiche  Wirkung 
I  hoben  aoheinen,  wie  die  phonetischen  schreiberacoeute  der  Utfridbandsohrifton; 
lltwt  acceotuieniDg  ganz  schwacher  llexionssilbon ,  die  nur  nicht  ganz  verschluckt 
rerden  selten:  Andreasia  inti  Pelruses  17,  1;  Ztbeiiom  iro  fater  10,  3,  alles  bei 
ikreiber  ß.  Eine  eingebende  Untersuchung  der  accentuation  ini  Tatian  kann  vielleicht 
li  manobea  zur  nubtigen  auffnasung  auch  der  Otfridischcn  accento  beitragen;  hier 
it  es  mir  namentlich  anf  den  obeu  schon  ansgesprocheuen  satz  an,  der  für  manuhe 
a  der Otfridhandschriften  ebenfals  seine  geltung  bat,  was  ich  schon  bd,  XI,  100 
r  xoitscbrid  mit  den  wortea  andeutete:  ein  schwanken  konts  darüber  statfinden, 
reiche  anter  den  vier  t,DQsilbea  des  (kurz-)  verses  der  bezeichnnng  durch  einen 
Koent  entweder  am  würdigsten  oder  am  bedärftigsten  seien;  und  was  jeit  anch 
fc.  Honeler  in  seiner  Scharfsinn  igen  schrift  zur  geschichte  der  altdeutschen  verskunst 
,  17.  18  aoerkant  bat. 

a  welchem  mich  die  lezten  bemerknngen  schon  hinüber- 
voa  den  hier  meist  nur  kurz  auf  die  litteratur  verwei- 
10  150  — 174  gewidmet.  Auch  hier  ist  die  unparteilioh- 
I,  mit  wcldier  dar  Verfasser  nach  eigenen  langjfihrigen 
n  Studien  bi^reit  gewesen  iKt,  die  arbeiten  jüngerer  und  jüngster  for- 
Ku  würdigen  und  auf  giuud  aller  vorarbeiten  ein  gesamtbild  von  Otfrid 


Üeni  werke  Otfrids,  a 
inteten,  hat  Kelle  (abgesehen 
nndoD  Biunerkungen)  die  tieiti 
^t  uDil  Sorgfalt  anzuerkcnnei 

tnöhe  vollen 

r  olgekliv 


fiainer  litterahsehe»  bedeutung  herzustellen.     Dass  unter  den  „viri  probatiss. 
liutb.  6),    welche  einmal  von  unanständigem  laiengesange  geärgert  in  Otfrid  den 
iCbloM  zur  abfnseuug  seines  Werkes  weckten,  uamentlieh  Hrabanus  aelbst  gemeint 

wird  B.  152  und  anm.  s.  368  fg.  nahe  gelegt.  Die  von  mir  aufgestelte  unter- 
ddung  der  Schreiber  der  Otfridbandschrirteu  V  und  P  erkent  Kelle  im  wesent- 
ai  an.  Die  personliche  tdentifioierung  einig«r  aebreiber  von  T  mit  bestirnten  im 
iaSfinbnch  der  Wei&senburger  Schenkungsurkunden  vorkommenden  bänden  (s,  159) 
1  lioGh  wol  über  einen  gewissen  grod  von  wahrscbeinltohkeit  nicht  zu  erbe- 
.  win;  ^r  auch  wenn  keine  ideotititt  der  schreibenden  Individuen  vorhanden 
I  mite,  so  ist  schon  die  Übereinstimmung  im  Charakter  der  Schreibart  und  der 
in  (vgl.  Keiles  Ütfridansgabe  11,  s.XXIX  fg.  XXXIV)  eine  mächtige  stütze 


118  BBDMANH 

der  ans  vielen  gründen  naheliegenden  annähme,  dass  Y  und  ebenso  anch  D  und  P 
ans  Weissen  borg,  und  zwar  noch  aus  der  zeit  und  der  unmittelbaren  Umgebung  des 
Verfassers  selbst  stammen. 

Für  die  kentnis  von  Otfrids  quellen  hat  niemand  so  viel  geleistat  als  Kelle 
selbst,  der  schon  im  ersten  teile  seiner  ausgäbe  (1856)  feststelte,  dass  Otfrid  sich  bei 
der  erläuterung  auf  gelehrte  theologische  erläuterungen  der  evangelien  gestüzt  bat, 
und  zugleich  viele  stellen  nachwies,  zu  denen  Otfrids  werte  mehr  oder  weniger  genau 
stimmen.  Aber  in  welcher  gestalt  oder  Zusammenstellung  Otfrid  seine  quellen  vor 
äugen  gehabt  hat,  das  hat  bei  der  vielfachen  Übereinstimmung  der  verschiedenen 
commentare  und  homilien  unter  einander  mit  voller  Sicherheit  bisher  nioht  festgestelt 
werden  können.  Eine  gelegentliche  benutzung  vieler  verschiedenen  hil&mittel  ist 
ja  bei  der  langen  zeit,  über  dio  wir  uns  Otftids  arbeit  verteilt  denken  müssen,  immer- 
hin möglich;  aber  bei  der  Schwierigkeit,  welche  die  erlangung  und  benutzung  von 
handschriften  zumal  in  jener  zeit  gehabt  haben  muss,  behält  doch  die  von  Laohmann 
auigestelte  annähme  grosse  Wahrscheinlichkeit,  dass  wenn  nicht  alle,  so  doch  min- 
destens viele  erläuterungen  Otfrids  aus  einem  gemeinsamen,  dem  dichter  in  com- 
pendiöser  form  vorliegenden  grundstock  lateinischer  bibelerklärungen  stammen.  Dr. 
Loeck,  der  auf  den  (auch  von  Kelle  s.  61  bei  anderer  gelegenheit  erwähnten)  homi- 
liarius  des  Paulus  Diaconus  aufmerksam  machte,  muste  selbst  zugeben,  dass  nicht 
für  alle  erläuterungen  Otfrids  sich  eine  entsprechende  vorläge  dort  findet;  wol  aber 
hat  er  dies  für  eine  erhebliche  anzahl  nachgewiesen,  und  zwar  sind  darunter 
nicht  wenige,  die  in  einer  so  genau  zu  Otfrids  werten  stimmenden  fassung  noch  in 
keiner  anderen  lateinischen  quelle  nachgewiesen  waren*.  Mit  einer  möglichst  umte- 
senden  samlung  solcher  nachweise  müssen  wir  uns  begnügen,  auch  wenn  wir  die 
mit  Otfrids  werten  übereinstimmenden  vorlagen  nicht  mehr  an  einer  stelle  vereinigt 
nachweisen  können*.  Die  stelle  V,  14,  25  —  29  beweist  nach  meiner  meinung  nicht 
notwendig  unmittelbares  Studium  des  Gregorius  und  Augustinus;  vielmehr  kann  Otfrid 
sehr  wol  eine  erläuterung  oder  eine  homilio  vor  äugen  gehabt  haben,  in  der  bereits 
auf  diese  beiden  gewährsniänner  verwiesen  war. 

An  Otfnds  stil  tadelt  Kelle  s.  170  die  „uns  verstimmende  Weitschweifigkeit 
und  Steifheit '^f  dio  er  auf  ausdrucksweisen  und  formein  des  volkstümlichen  Stiles 
beruhend  sich  versteif.  Ich  glaube,  man  muss  unterscheiden:  1)  erläuternde  wider- 
holungen,  die  durch  die  lehrhafte  absieht  und  vielleicht  durch  die  gewohnbeit  des 
lehrvortrages  veranlasst  wurden;   2)  parallelismus  des  ausdrucks,   der  auf  erinnerung 

1)  Ich  habe  das  zwar  schon  in  dieser  ztschr.  XXm,  474  ausgesprochen,  setze 
aber  gegenüber  der  etwas  kurz  abweisenden  bemerkung  Keiles  auf  s.  155  einige  sol- 
cher stellen  her.  0.  III,  20,  139  oba  thu  seowost  tha^  muat,  thatme  nM  tha^ 
u:ort  guaty  tcafUa  udntun  harto  thesy  tha^  sie  mo  bätin  tibiles  =  si  enim  cor 
eorum  intuearis,  maledictum  est,  quia  hoc  maledicentis  affectu  protnlerunt  (Loeck 
s.  21).  IV,  5,  21  er  (iher  oliherg)  xeinot  höht  in  tcdra  thera  stnera  ginäda  = 
mons  oliveti  sublimitatem  doroinicae  pietatis  ac  misericordiae  designat  (Loeck  s.  26). 
lY,  5,  43  sie  tcurfun  nidar  äna  icank  iro  selöno  gifang,  thes  lichamen  bnui  ^ 
Corpora  sua,  animarum  videHcct  tegumenta,  pro  domino  dabant  (Loeck  s.  27).  Y,  4, 
39  wio  mag  tcesan  thaz  io  söf  (ha^  unser  iueh  egisö?  ja  birun  tcir  in  wära  iu 
eigette  gibitra  =  cur  pertimescetis,  quae  vestros  concives  videtis?  (Loeok  s.  31). 
Ich  wundere  mich,  dass  für  die  beiden  ersten  dieser  stellen  nicht  auch  Marold  A.  t 
d.  a.  XYn,  117  eine  beweisende  Übereinstimmung  anerkant  hat. 

2)  Zu  einem  ähnlichen  resultate  gelangt  ja  auch  die  neueste  erörtemng  der 
Heliandquellen  durch  M.  H.  Jellinek,  Ztschr.  f.  d.  a.  36,  162—167. 


ÜBER  KBUiE,    UTTERATUBOESCmCHTE  119 

an  bibelstellen,  namentlich  psalmverse,  zurückgeht;  erst  nach  berücksichtigang  dieser 
motive  kann  man  3)  denken  an  einfluss  des  altgermanischen  epischen  stiles  (vgl. 
diese  Zeitschrift  XX,  380).  Das  ästhetische  urteil  über  diese  dinge  wird  immer  ein 
subjektives  bleiben;  ich  finde,  dass  Otfrid  von  der  widerholung  und  Variation  der 
ausdrucke  oft  auch  recht  angemessenen  gebrauch  gemacht  hat  und  bezweifle,  dass  die 
stellen  sehr  zahlreich  sind,  die  lesem  des  9.  Jahrhunderts  duix)h  „fiickworte'^  oder 
^nichtssagende  einschiebungen*^  anstoss  geboten  haben  mögen. 

Die  eingehende  Würdigung  Notkers  im  VII.  buche  (s.  232 — 263,  mit  reichen 
amnerkungen  s.  393 — 408;  der  berühmte  brief  an  Hugo  bischof  von  Sitten,  der  nach- 
ruf  Eckehards  und  viele  speciellen  nachweise  sind  dort  wörtlich  abgedruckt)  gibt  die 
resultate  der  zahlreichen  monographien  Keiles  (s.  diese  zeitschiift  XXIII,  380)  und 
gewint  aus  ihnen  ein  Charakterbild  des  nach  vielen  Seiten  hin  bedeutenden  mannes. 
£s  ist  ein  bleibendes  verdienst  Keiles,  die  individuelle  Wirksamkeit  Notkers  erkant 
und  ihre  Zersplitterung  in  die  einer  „übersetzerschule''  siegreich  zurückgewiesen  zu 
haben. 

Weiter  auf  einzelheiten  einzugehen  muss  ich  mir  hier  versagen.  Wenn  ich 
aber  zum  Schlüsse  dem  buche  Keiles  noch  einen  wünsch  mitgeben  darf,  so  ist  es  der, 
dass  sein  reicher,  klar  und  ti*efiich  dai'gestelter  inhalt  auch  solchen  kreisen  bekant 
werden  möchte,  die  sich  oft  mit  ganz  seichten  und  oberflächlichen  darstellungen 
unserer  alten  litteratur  abspeisen  lassen.  Auch  zur  Vorbereitung  des  lehrers  für  den 
littcraturgeschichtlichen  untemcht  ist  dieses  buch  wie  keine  andere  bisher  erschie- 
nene altdeutsche  litteraturgeschichte  geeignet;  und  für  das  eigene  quellenstudium,  das 
ja  durch  kein  handbuch  überflüssig  gemacht  werden  kann,  bietet  es  anregung  und 
umfassende  nachweise  der  litteratur  und  der  durch  fiühere  Untersuchungen  festgestel- 
ten  tatsachen. 

Für  jezt  hat  Kelle  beim  ablauf  der  althochdeutschen  zeit  halt  gemacht;  das 
buch  tritt  in  sich  abgeschlossen  auf,  nicht  als  „erster  teil"  einer  deutschen  littera- 
turgeschichte.  Doch  deutet  manches  in  der  anläge,  namentlich  auch  der  schluss 
des  lezten  buches,  auf  die  absieht  einer  fortführung  hin;  in  der  tat  wäre  es  höchst 
erfreulich,  wenn  Kelle  auch  den  folgenden  perioden  der  deutschen  litteratur  eine 
ebenso  gründliche  und  durchsichtige  bearbeitung  zu  teil  werden  lassen  weite. 

URL.  0.   ERDMANN. 


Die  Wappen,  helmzicrden  und  Standarten  der  grossen  Heidelberger  lie- 
derhandschrift,  herausgegeben  von  Karl  Zangemeister.  Görlitz  (kunstver- 
lag  von  C.  A.  Starke)  und  Heidelberg  (A.  Siebort).  1892.  XU  und  28  s.  mit 
62  tafeln.    100  m. 

unsere  mittelalterliche  litteraturforschung  ist  es  fast  schon  gewohnt,  nicht  nur 
hülfsmittel,  sondern  auch  anregungen  und  fingerzeige  von  der  bildenden  kunst  zu 
erwarten;  so  kann  es  uns  nicht  überraschen,  wenn  ein  work,  das  unsere  forschungen 
auf  dem  gebiete  der  älteren  lyrik  kräftig  fördern  wird,  aus  einem  kunstverlage 
stamt  Auf  reproduktion  war  hier  zunächst  der  blick  gerichtet.  Der  heraldik  solte 
ein  neues  hilfsmittel  entstehen,  und  gleichsam  als  zugäbe  nur  hat  sich  eine  metho- 
dologische beroicherung  unserer  Wissenschaft  daraus  entwickelt.  Denn  in  der  tat  — 
so  bescheiden  auch  der  herausgebor  selbst  seine  eigene  tätigkcit  an  diesem  werke 
beurteilt,  so  knapp  die  textbeilagen  zu  den  tafeln  gehalten  sind,  so  hat  er  doch  ver- 


120  WUKIKSI.tOH 

standen,  eindringlich  die  faedeutung  des  bilder-  und  wappensclimucl'es  der  Heidelber- 
ger liedurhandsvhrift  liervorzuheben  and  immer  wider  dem  lemr  das  EiigeständDis  abin- 
ringen,  dasa  neben  dem  handsobrifüiclion  apparat«  auch  bilder  ihre  Bpracho  rMlen. 
und  auf  diesen  ptmlft  möchte  Mi  in  der  bearteilung  des  ganzen  wei'kcs  d»s  haupt- 
gewicht  legen;  er  ist  wol  für  uns  germanisten  der  entscheidende.  Wir  lernen  hier 
die  handschrift  G  von  einer  neuen  seite  kennen.  Bilder  und  wappen  eröfiien  nns 
einen  bliok  in  die  ai-t,  wie  das  mittolalter  litterathistorische  Studien  trieb.  Wir  stei- 
nen, welch  eine  gioase  lalil  vou  wappen.  die  hier  oft  recht  entlegenen  diebteni  bei- 
gelegt werden,  sich  nun  auf  grund  heraldiscber  rorNcliungea  als  völlig  gesioheti 
erweisen.  Und  weon  wir  dann  weiter  sehen,  dass  auch  da,  wo  die  sammler  auf 
falscher  ßhrte  betroffen  werden,  meist  ein  gleichnamiges  benaebbartes  geschlecht 
es  war,  da;  den  ferner  abhegeudou  dichter  in  den  hintergmnd  drängte  —  so  wann 
an  stelle  des  Penis  von  Neuenbürg  an  einer  zeit,  wo  in  Neuenbürg  nur  CnuiiÖsisDh 
gesprochen  worde,  die  Vorarlberger  Neneuhnrg  traten;  übnüch  vielleicht  bei  Rtidt^ 
von  Rotenburg  (s.  5)  u.  a.  ^,  so  werden  wir  solche  iitümer  dooh  nicht  gleich  als 
xeugnisse  für  nach  Lässigkeit  und  oberllächlichkeit  verwerten,  sondern  auch  in  ihnen 
die  apuren  eines  ehrlichen,  wenn  auch  nicht  iniinor  erfolgreichen  strebeus  erblicken. 
Und  geinde  anf  dem  gebiete  der  alleren  lyrik  haben  wir  allen  grond,  mit  dem  mteS 
etwas  zurück  zu  baltan,  da  noch  heutzutage  trotz  so  reich  entwickelter  tülfemittd 
die  geographischen  Stützpunkte  bodenUicb  scbwanken  und  die  forscher  immer  wider 
neigung  zeigen,  die  dichter,  mit  denen  sie  sich  beschäftigen,  in  ihrer  eigenen  nlhe 
zu  lokalisieren.  Aus  solohea  erwägungen  heraus  werden  wir  nicht  umhin  können,  den 
Wappen  überhaupt  mehr  eiufluss  auf  die  litterarhistoriscbe  ferschnng  zuzngestpJieo, 
die  gesicherten  wappon  als  zengen  za  verwerten  und  die  ungesicherten  docli  weoig- 
stecs  mit  auf  die  recbnung  zu  setzen;  se  beim  bmder  Weraher  (s.  21),  bei  Günther 
von  dem  Vorste  (s.20)  u.  a. 

Was  uuu  Zangemeieters  text  im  einzelnen  betritt,  so  ist  uns  der  Heidelberger 
oberbihliothek&r  auf  diesem  gebiete  liein  fremder  mehr.  Verdanken  wir  ihm  ja  dtidi 
die  überzeugenden  Untersuchungen  über  die  alte  zugeböiigkeit  der  baadsohrift  C  in 
Heidelberg.  Eier  bietet  er  uns,  dia  wir  gerade  fiir  den  minnesong  in  den  einsclilä- 
gigeu  sammolansgaben  verlilssliche  litteratumotizen  so  sehr  vermissea,  nachweise  für 
die  litteratur  zu  den  einKelnen  dichtem,  die  er  behandelt,  und  verspricht  ansserdeun 
auf  der  Heidelberger  bibliothek  einen  sammolpimkt  für  die  ganze  litteratar  über  des 
minnosang  zu  schaffen.  Ein  dankenswertes  untemehmen  gerade  für  dieses  geUet, 
wo  die  einzelnen  arbeiten  auch  über  das  der  geschicbte,  der  heroldik  und  der  bil- 
denden kunst  hin  zerstreut  liegen. 

Die  Ittteraturaugaben,  die  Zangemeistor  im  taite  zusammenstelt,  müssen  natäi- 
lich  diejenigen  dichter  übergeben,  für  die  kein  wappen  vorliegt:  Hausen,  Winabokin^ 
KUngsor  (Sängerkrieg),  Werbenwag,  Nllhart,  Schulmeister  von  Esslingen,  den  juDgexi 
Ueissoer,  Obemdorf,  Rudolf  den  Schreiber,  Oottfried  von  Slrassburg,  Konrad  toS 
WüKbnrg,  Cbüuze  von  Rosonhein,  Hubin  vou  Rüdeger,  den  Kol  von  Nüssen,  Slg^ 
her,  den  wilden  Alexander,  Eumslant,  Spervogel,  den  Kanzler;  ansserdem  die  ili  ■  1 
die  nicht  einmal  ein  bild  erhalten  hAben:  Walther  von  Breisach,  den  alten 
nnd  den  Gast.  Es  fehlen  also  bekante  und  unbekante  dichter,  Persönlichkeiten, 
in  scharfen  umrissen  in  unserer  litte ratnrgeschicbte  vorzeicbnat  stehen,  und 
die  nur  als  Überschrift  über  einer  gnippe  von  gedichton  prangen. 

Aber  auch  dieses  monient  weiss  Zaogemeister  in  seine  beweisführung 
flechten;   so  i.  b.  wenn  er  an  die  t&taaohe,   dass  im  bilde  zu  Nitfaart  und  tu  W~ 


121 

mmig  die  uinrisHO  einee  wappen Schildes  schon  angedeutet  \Taren^  die  vermutong 
i6pn,  die  aamler  haben  den  schild  nnr  deslialb  Dicht  aosgefölt,  «eil  ihre  foi'schm]- 
o  noch  oiuht  «um  abdoblusse  gekommen  wareo. 

761111  hier  die  aufgnbe,   die  dem  heransgeher  geetelt  war,   einschrüntangen 

idereoi  gesichtspunkte  auB  als  lücbea  ooipfindeu,    bo  hStte 

lem  aailerea  bpdürbiis,  das  sit^h  uns  aufdi-ätigt,  vielleicht  abgeholfen  werden  Itönnen, 

Dgemeisler  vorxicblot  grundrätzlidi    daraur,    die   in   den    grossen   sammelsusguben 

ühon  ^'orzeiohnote  littemtur  noch  einmal  vorzufahren;   er  will   nur  ergünxucgen 

sben.     Dies   wsr   einerseits  nicht  immer  durchführbar,    denn  in  prindpiell  nichtigen 

itOD  tDiiBto  doch  eine  ausnähme  gemacht  werden;   andererseitü  erschwert  dieser 

idaatz  die  übersieht,   da  er  uns  nötigt,  doch  immer  wider  ans  den  verschiedene n 

ßii<itt  zusamnienKutragen ,    was  um  so  störender  ist,   als   diese  aammeUusgaben, 

n  ,Des  minnesangs  frilhling",    mit  ausserordentlicher  wiltür  die  littoratur  bald 

D^beo,    bald  verschweigen.     Es   gehört   schon    eine   Intime   Icentnis   dieser  ausgaben 

voruborein  zu  wissen,    in  welcher  von  ihnen  wir  für  den  einen  und 

011  andern  dichter  belehning  finden;  und  ebenso  sind  die  nachtrüge  bei  ZangotnoiHter 

In  gnulniesser  nicht  bloss  für  die  beaohtnng,    die  einzelne  dichter  in  neuerer  seit 

gefunden,    soodem  auch  für   die  subwankungea,    in  denen  sich  die  bibliograpbiscbe 

rene  fi-ühercr  heniusget«r  bewegte.     Dazu  kommen  noch  andere  misliobkoiteo ;  grnud' 

Bgende  arbeiten   konten   bei   den   dichtem,    denen    sie   in  erster  linie   zugewant  sind, 

jcht  citiert  werden,    weil  sie  hier  natürlioh  auch   in  den  Sammelausgaben  seltener 

rillen.     Wenn  es  nun   auch  verdienstlich  war,   sie  wenigstens  an   neben  punkten .   die 

gelegentlich  streifen,    hervorioheben,    so  ist  es  doch   im  gründe  mislich,    wenn 

icher^rs  Deutsche  Studien  in  solch  einem  werke  unter  Friedrich  dam  knecht 

20)  citiert  werden. 

Doch  das  sind  nobensOchlichkeiten,  auf  denen  lAnger  zu  verweilen  kleinlich 
und  undankbar  n-äie.  Der  angeführten  litteratur  wüste  ich  wenig  nachzutragen  und 
möchte  nur,  um  der  aufforderung  Zangemeisleis  zu  entsprechen  (s.  VUl),  zu  Morun- 
;eD  auf  PBr.  üeitr.  XII,  431  fgg.  und  die  kecke  dissertatiou  von  Schütze,  Kiel  1890 
■gl.  Am.  f-  d.  a.  XVn.  8.  301),  zu  Fenia  auf  Bartsch,  Ztschr-  f.  d.  a.  XI,  145  fgg. 
uweisen.  Bei  Bligger  von  Steinacb  hätte  wol,  älinlich  wie  oa  bei  Veldeoke  geschah, 
uf  den  epiker  mit  verwiesen  werden  können;  bei  Walther  vermisste  ich  eine  wür- 
treflicben  buches  von  Schönbach  (Dresden  1890);  für  den  „Nüno-  (a.  30) 
fSm  beaser  iiber  Burdach  hinweg  auf  Scherer  zurückgegangen  wcixlen.  Endlich  sei 
ST  noch  auf  die  seit  erscheinen  dieses  werkea  von  Grimino  (Qermauia  XXXYIl 
154  fgg.)  gegebenen  neuen  nachweisungen  verwiesen,  die  für  Wachsmut  von 
LÜnzingen  and  den  Dürner  neue  resultate  erzielen. 

Die  benÜtzung  itnJ  Wertung  der  einschlägigen  litteratur  verrät  glGcklicben  takt 
ein  gesundes  urteil.  Dass  über  einzelne  punkte  sich  trotzdem  streiten  liesse,  ist 
lieh;  doch  wird  man  im  rahmen  dieser  besprechung  nicht  erwarten,  die  einzol- 
liten  nun  alle  aufgerolt  zu  sehen.  Nnr  zur  Kürenbergfrage  möchte  ich  das 
edihfiUa  einer  entschiedenen  stellnngnahme  betonen  w'e  'ob  auch  den  namen  Strnadt 
[vgl.  diese  ztschr.  23,  36!]  nicht  so  im  Vordergründe  dann  aber  im  zusammenhange 
h  {Zur  kritik  des  Kümbergors.  Unz  188J)  ge  i  nscUt  hätte.  Wenn  endlich 
B  der  beurteitung  der  handschriften  fs.  XI}  von  e  ne  häufig  besseren  älteren 
tncto*  in  B  die  rede  ist,  so  wäie  ee  nicht  u  nteressant  gewesen,  hervorzuheben, 
C  vor  allem  von  B  abweiclit     Demi  die     emucl  e    n  C     den  text  zu  glUten, 


122  VOGT 

die  reime  reiner  zu  gestalten,  gehören  doch  auch  zu  den  littarariustoriBohen  bestre- 
bungen  der  samler  von  C  und  stehen  in  gewisser  parallele  zu  ihren  heraldischen  fur- 
sohungoD. 

Unter  den  vielen  neuen  ergebnissen,  die  uns  Zangemeister  in  der  form  v(m 
anspruchslosen  notizen  bietet  —  so  die  bemerkungen  zum  Puller  s.  16,  zu  Hawait 
s.  20«  zu  lladlaub  s.  22,  die  wamung  vor  den  manuscripten  des  Nie.  Müller  über 
Fniuenlob  s.  23  —  ist  vor  allem  die  beurteilung  des  Berliner  bruchstucks  Ca  hervor- 
zuheben, das  Zangemeister  s.  XI  um  ein  Jahrhundert  spiter  ansezt,  als  es  bei  t.  d. 
Hagen  und  in  MSF.  geschehen  ist 

HODILRERO.  H.   WUHDESUCH. 

Oarel  von  dem  blüenden  tal.  Ein  höfischer  roman  aus  dem  Artnssagenkreise 
von  dem  Pleier  mit  den  fresken  des  Garelsaales  auf  Runkel&tein  herausgegeben 
von  dr.  M.  Walz.  XVI  und  346  s.  Freiburg  L  B.,  Wagnersdie  universitits- 
buchhandlung.   1892.    S  m. 

Längst  war  man  sich  darüber  einig,  dass  eine  voLständige  ausgäbe  von  des 
Pleieis  Garel  wünschenswert  sei;  für  die  Verwirklichung  dieses  Wunsches  gebührt  Walz 
besonders  insofern  dank,  als  er  genug  uneigennützigkeit.  genug  interesse  und  liebe 
zur  Sache  gehabt  hat,  um  einen  gefällig  ausgestatteten,  mit  nachbildungen  der  Runkel- 
Steiner  Garel- fresken  geschmückton  druck  dieses  mehr  denn  21000  veise  umfassen- 
den gediohtes  ganz  auf  eigene  kosten  zu  veranstalten.  Nicht  nur  duirh  den  umfang, 
sonilem  aucii  dua^h  die  art  der  ausführung.  der  Pauls  beistand  zu  gute  kam,  bedeu- 
tet dit>s<^  ausgäbe  einen  fonsdirin  gegenüber  der  nnzuUngÜcheo  probe,  welche  Walz 
vv^m  Oart^I  bereits  im  jähre  ISSl  im  prv^r&mm  des  akademisdien  gymnasiums  zu 
Wien  gegelvn  hatte.  Trotzdem  gibt  doch  auch  sie  noch  anlass  zu  mancherlei  aus- 
Stollungen, 

Ob  es  angezeiiTt  w«r,  die  handschriftliche  Überlieferung  ,  in  die  mittelhoch- 
douts^^he  spnii^be  zurückzuübersetzen*'  —  darüber  mag  man  streiten.  Sicher  ist  dies 
Dormalte^iorte  mittt•lh^vhdeuts^^h  von  der  spräche  des  dichters  weiter  entfenit  als  der 
dialckt  der  Moniiior  har.dsi^hrift  (M*.  AK-'r  in  M  liegt  nur  etwa  der  fünfte  teil  des 
o\i)cbti^  vor,  und  >•>  mixhto  es  mislioh  s^^eiDeü.  im  anschluss  an  die  keineswegs 
kon><\^nor.te  s^^hreilAw  is»  djosi>r  bruohstüv^ke  die  orthogn^ilüe  aach  für  die  nur  in 
der  juno^nr.  hanasil»nf\  1.  orhal tonen  panion  zu  lies3immen.  Zodem  hat  uns  Walz 
über  du'  Ijkuthohen  o-(t:ontüm]u^hkc:;on  dor  liridoji  handsehnften  durch  die  übersieht 
auf  N  IX  f«::c.  7ur  oNiv.ct*  untoirivhtii,  Frt^ili^h  löeioi  auch  sein  text  durchaus  keine 
pir,7  ^uMohnltssii;  n-cuhorto  Sv-hivii»unir,  und  xrenn  er  bei  dessen  YiichtigstBllQng* 
»dor  iv.lid.  irrar.im.'i::k  folgte,  s:  cürfio  mxv.  Liv^hi  formen  wie  prit  tdi  begeg- 
i)on.  .IwrNfA^s  I.Ä;to  K-;  dor  ;rtVt"^r.ui«orstor.uni;  der  abweädKiiden  lesarten  d« 
N^jdon  hAr  :s.\r.!^.  n  a\\*  >.  \\\  si^.c  i^*  :T.'i*I;s;t  rang  ntterlJeibon  müssen;  so  wird 
omo  \AnAnto,  a;o  \  >un  hthtr  l.ioTiT,  d:Tt  it/.v  ccÄ>lihoi*n.  während  sie  tatsich- 
hi^h  Krf    lAutot.  W  !v  V.tici  T   :>;.    /:ass   W'al;.  t^  canz  nctorlassen  hat.   ans  dieser 

\oi>:louhuuv    «VI    iM^don    „i'orhofir,;:  on    '«>*t  ^t^«'*  hostiEte  grundsitie  für  die  taxt- 

\'nd  auih  s,^i)st  ist  iiu\A  Aitr>  ces .^r^^or,  was  cain  dienen  kcote,  der  kiitik 
omo  Njoho^v  ii.;n.ilA»ro  m^d  r..riv.  i«  s^^affts.  V.>  n-T  >a  r.ur  na  loben,  dttss  der  har- 
aus):oM  dio  >ri>:o  o.in>  Tlrjoi  i\uh\  riari.  dor.  v:yo>..  Ijk'^limazinMher  aetrik  nreclit- 


ÜBEB   CAREL   ED.    Wi.LZ  123 

geechuitten  hat;  aber  er  hatte  dch  klar  stellen  müssen,  wie  weit  sie  von  dieBen 
abweichen.  ,Aus  tnetrischea  gründen  im  t«xte  niclits  oder  do«h  diu-  ganz  unwesent- 
liches za  ändeni  uud  in  dieser  beziohuug  Bozusngoo  einen  diplomiitischen  abdrtick  zu 
geben"  (s.  XV),  ist  doch  prinzipiell  nicht  richtig,  wenn  man  in  anderer  heztohung 
keinen  diplainatisdi«D  aMniok,  soadeni  eine  kritische  ausgäbe  zu  lii^rem  boabsichtiet 
SoUen  wir  die  autorität  der  an  fohlern  doch  eoust  nicht  armen  handuchrift  eo  liouh 
Hlellen,  dasa  wir  ihr  zu  liebe  z.  h.  atmehmeD,  der  dichter  habe  die  beiden  verEe, 
welche  in  ihr  lauten  ir  schelten  er  ir  vergalt  \  also  dax  si  sifi  höhen  schaden  geiean, 
wirklieh  so  gebaut  und  nicht  vielmebj-  aisd  vor  uergalt  geaeat?  Die  metrischen 
bemerkua^n  auf  s.  306  fg.  sind  sehr  dankenswert;  wenn  der  verfosser  nur  auf  dieaer 
haha  weitergegangen  wäre!  Warum  wird  z,  b.  bei  einem  diohter,  der  doeh  zweifel- 
los da,  wo  er  die  freie  wab!  zwischen  einsilbiger  und  zweisilbiger  Senkung  bat,  die 
einsilbige  vorzieht,  das  feminine  -inne  als  zweisilbige  Senkung  einer  handschrift  zu 
liebe  anganomntoo,  aus  der  doch  eben  dies  -inne  2985  des  reiniea  wegen  in  -I» 
emeodicrt  wird?  Und  worum  wird  in  oinom  versQ  wie  58&1  roft  keiner  »Iahte  man 
das  keine  unangetastet  gelassen,  da  doch  featgestelt  ist  (1954  anm.),  dass  eben  die 
bandschrift,  die  alleia  diesen  vers  überliefert,  deliein  io  it«i>t  ändert?  Okubt  der 
Verfasser,  daaa  derartige  unregeloiüasigkeiten  beim  Fleier  doch  zu  häufig  uud  zu  gut 
bezeugt  seien,  als  dass  es  gestattet  sei,  selbst  in  f£llon  wie  den  angeführten  die  Über- 
lieferung einer  einzelnen  hand-schrift  anzutasten?  Er  hätte  durch  Zusammenstellungen 
dem  leser  eiu  urteil  darüber  ermöglichen  aotlen;  iidi  meinerseits  habe  Jenen  eindruok 
nicht  gewonnen.  Statt  einer  Bpeciellen  daretelluug  der  meüik  des  Fleiers  den  leser 
auf  ,die  nunmehr  gedruckten  52000  verse  gleichen  metrums*  zu  verweisen,  ist  doch 
etwas  hart! 

Dass  die  vergleichung  der  vom  Fleier  benazten  älteren  dichter,  insbesondere 
Hartmannti  und  Wolframs,  schon  für  die  textkonstruktion  von  bedentung  sei,  hatte 
bereits  Hech  in  seiner  recenaion  von  Walz'  erwühntem  prngramm  (Litteraturhl.  1662 
sp.  II  fg.|  bemerkt.  Aber  auch  in  der  vorliegenden  ausgäbe  ist  den  zahllosen  ent- 
Inbaungeu  Und  reminiscenzen  dieses  epigonen  keine  aufmerluamkeit  zugewant.  Nicht 
einmal  die  bedeutung  solcher  nachweise  für  die  litteraturgeschichto  scheint  der  ver- 
bsaei'  zu  würdigen,  wenn  ich  die  etwas  unklar  gcrasste  anmurkung  zu  ]4li58  fg.  lich- 
lig  verstehe.  So  ist  es  ihm  augenscheinlich  aucli  entgangen,  dass  man  auf  grunU 
vieler  übereinstinimungan  zniachen  den  gedichtcn  des  Heiere  und  dem  von  Uai  und 
BeafloT  uniierem  poeten  auch  dies  epos  zugescbneben  liat.  Wenigstens  wird  die  dis- 
rartatioD  von  0.  Wächter  (Jena  1889),  in  der  s.  61  —76  diesen  uachwoiscn  und  eritr- 
terangeu  gewidmet  sind,  nirgend  auch  nur  erwähnt.  Dos  gleiche  srthicksal  teilt  auch 
die  eben  genante  reccnsioa  von  Walz'  früherer  arbeit  durch  Berli,  trotzdem  äe 
Bunohe  wichtigen  textbesserungen  enthält,  mit  denen  jezt  (ich  weiss  nicht  ob  durch 
luabb&ngiges  zusammen  treffen)  der  text  der  vorliegenden  ausgäbe  mehrfacli  öberein- 
ttimt  Erwilhnt  wiM  von  anderen  hesprechungen  jener  sohrifc  Stciiimajer  (andeivwn 
ligariort  der  name  als  Steinmayer)  im  Gutlioger  gel.  Anzeiger  (!)  ond  R.  M.  Wer- 
aa-  im  Litt,  centralblatt  1883.  Werners  reoeusion  steht  aber  im  Anzeiger 
für  deutsches  altertum;  im  litL  centralblatt  ist  nur  eine  ganz  kurze  anonyme 
uieige,  die  zweifellos  nicht  von  Werner  herrührt,  im  jähre  1662  eracbieneol 
Hoffentlich  sind  lext  und  lessrteo  zuverlässiger,  ab  des  Verfassers  angaben  über 
die  seine  eigene  arbeit  betreSende  iitteiiitur.  Fehlerfrei  sind  die  Tariautenangsbon 
^Bte  allen  um.^tändeu  nicht.  Ver«  872  müsto  nach  seito  211  in  L  lauten  und 
BMT    tto  d«m    lifimm    Aringe»,    in    M    und  fitrrr  dar    wo,    heime    dringen; 


124  VOGT 

nach  den  auf  seite  XIY  nebeneinandergcstelten  lesaiten  der  beiden  handschriften 
steht  dagegen  in  L  nicht  <iem  sondern  den  und  in  M  nicht  dringen  aoodem  sprin- 
gen. —  Vers  16081  steht  nach  seite  229  si  herhergien  in  L,  si  kenemrgten  in  M; 
nach  8.  XIV  dagegen  si  beherbergten  in  L,  er  beherbergte  in  IL  —  Y.  15875 
fürt  M,  streit  L  nach  s.  224;  dagegen  fürt  L,  strU  M  nach  8.  XIY.  —  Y.  17218 
liest  M  nach  s.  XIV  erliten  st.  vermiten;  s.  244  fehlt  diese  Variante.  —  Y.  16108 
steht  nach  s.  230  in  M  undeutlich  vnt  haixet,  nach  s.  XIV  laxei,  —  Y.  15496  liest 
M  reit  st  streit  nach  s.  XIY;  diese  Variante  fehlt  s.  218.  Ebenso  verbllt  es  sich 
mit  nider  M  st  töter  V.  15426  nach  s.  XIV  und  s.  217.  —  Die  auf  8.  XIY  in 
y.  4598.  5067.  14690  angegebenen  lesarten  müssen  sich  auf  andere  veise  beziehen.  — 
6568  hat  M  holte  nach  s.  92,  holde  nach  s.  XIV,  16254  miniv  nach  8.  232,  mlfMr 
nach  s.  XIV.  —  37  stellen  werden  im  ganzen  auf  s.  XIV  angeführt;  ihre  vergloiohung 
mit  dem  text  und  dem  variantenverzeichnis  ergab  14  unrichtige  angaben!  Y.  1815 
lautet  nach  Walz'  programm  daa  man  dax  hamasch  ronme  enphie.  Werners  sonst 
sehr  einträgliche  nachcollation  (A.  f.  d.  a.  9,  263  fg.)  hat  für  diesen  vers  keine  berich- 
tigung  ergeben;  nach  der  volständigen  ausgäbe  lautet  er  dagegen  dax  harn€ueh  num 
ron  im  enpfie  Ich  weiss  nicht,  auf  welcher  seite  hier  der  fehler  liegt,  kann  auch 
sonst  ohne  heranzieh ung  der  handschriften  selbst  nicht  entscheiden,  wie  weit  man 
sich  auf  des  herausgebers  angaben  über  ihren  Wortlaut  verlassen  kann;  das  aber  darf 
man  schon  auf  grund  der  angeführten  fälle,  in  denen  der  herausgeber  selbst  ans  in 
den  stand  gesezt  hat  ihn  zu  controlieren ,  sicherlich  behaupten,  dass  es  mit  sehr  wnn- 
deriichen  dingen  zugehen  müste,  wenn  sein  Variantenapparat  im  übrigen  keine  erheb- 
lichen ungenauigkeiten  enthalten  solle. 

Im  text  sind  mir  folgende  besserungsbedürftige  stellen  aufgestossen:  493  fntn- 
der  gelieh  als  umb  ein  här  lies  nifuier;   im  mhd.  steht  doch  als  nicht  nach  dem 
comparativ.    521  hätte  das  fragend  unter  die  Varianten  gesezte  wert  dreist  in  den 
text  gesezt  werden  sollen.  —   817  der  icirt  tugent  nie  vergaxy   den  rittet  fuori  er 
fiirbax;    vor  tugent  mit  dem  herausgeber  der  einzusetzen  ist  ganz  nnnütig.  —    1083 
des  bit  ich  got  durch  tugent,   lies  sine  t.  —    1162  Die  Schilderung  des  eindrocket, 
welchen  Gareis  rede  einerseits  auf  den  hausherrn,   andrerseits  auf  die  ritter  macht, 
darf  nicht  durch  einen  absatz  auseinandergerissen  werden.  —  2690  sin  lani  und  mtnes 
stniger  lant  scheidet  in  u^n  dirre  tralt,  1.  niu^n  st.  tu  trau.  —    5419  die  in  dax 
lant  durch  prise  ritcn,    1.  pris  c.  —    5563  ich  wil  dich  haben  (hdsohr.  hawen)  aU 
einen  diep.  1.  hdhcn.  —  0836  1.  des  st  daz.  —  9041  die  wvUen  minner  (hs.  mein*) 
truric  wescn:   das  mein*  ist  vielmehr  ein  sehr  einfacher  lese-  oder  Schreibfehler  st 
niemrr.  —  9070  1.  ///>  st.  liep.  —  9933  der  künec  der  (=r  solcher)  koste  sieh  bessae; 
man  gab  in  ...   1.  komma  st.  Semikolon.  —   11129  dax  ich  muox  immer  mSr  s9n 
gelästert  und  geufteref,  min  rreud  mir  leit  rerseret;  L  mit  st  mir.  —  11157  moss 
doch  dti  vor  die  ei*gjinzt  werden.  —  Hinter  11771  ist  ein  punkt  zu  setzen,  hinter  dem 
fo1)^mdon  vorso  ist  das  somikolon  zu  streichen:  der  alte  und  der  junge  sind  als  vor- 
angestolto  und  dann  mit  die  11774  wider  aufgenommene  nominaiive  zu  fassen,  wie  sie 
der  herausp^lw  19010  anm.  bespricht     Vgl.  Willehalm  199,  19.  —    11979  uür  hel- 
fen noch  enhelfcn  (hs.  enchelfen)  im:  \\ns  enchelfen  ist  vielmehr  versohiiebon,  oder 
wol    nur  vom  hornusgelvr  vorlesen    statt  cnthelfen:   über  die  formel  geben  Orino 
und   liOxer  unter  cnthelfen  dio   uöti^n    nachweise.   —   Hinter  12503  L  komma  it 
punkt:  hinter  12504  ist  das  komma  zu  streichen.  —  13634  L  mit  Jider  st  daxlL^ 
13889  die  den  (nii/cft  t mögen,  die  kundett  nicht  genuogen,  swax  9%  der  riikr  tatkis 
nider.    In  der  handsohrift  steht  ganz  richtig  der  singolar  ckwnde.  —   15099 


«den  batulsohriflen  ebenso  richtig  vou  Oarel  and  den  Minen  gesagt,  duss  sie  sich 
I  kämpfe  »fre  leidelen;  wns  dns  stntl  desaen  utit^  dem  texte  vermutete  lidelen  sein 
0,  wetffl  ich  nicht  —  HiDt<>r  1&457  I.  komma  st,  punlit.  ~  1T6U1 1,  wUtt  st  wüet-  — 
'702  und  18S34  breucbta  das  üWrlieferte  unrgr*agluibm  nidit  su  unvenagellieihen 
^bitt  m  werden.  —  17836  1.  sin  n-üe  st,  »ine  reis  (dnuitfahler).  —  17832  ipA 
n»  vol.  da*  du  märe  hätl  \  ha\x*8  gein  dem  biiicrman,  \  (der  fuore  ieh  dir  niht 
\gan)  I  dannt  gtin  dem  bae»en,  äax  mit  (fit  \  ieh  fürchte,  da%  ...  1,  daat 
er  leü.  ieh  flirehte,  dat  . . .  —  19403  l.  fiieren  st.  fiierten.  —  20354  st,  da  salte 
dl  »oU,  ~  21172  1.  nrfoA  st,  noch.  —  21190  1,  da  st  d3.  —  21195  1.  es  oder  des 
,  «».  —  21310  des  hüf  utis  got  dureh  sin  (hdsobr.  seiner)  marler  {;  mir);  1. 
ner  marler  er.  Uuriuhfige  qiiaQtitätabezeicIiQviDgeQ  übergebe  ieli  ebenso  wie  audere 
mnutlicb  ak  diiiakfebler  za  entschuldigGDde  vemehen,  die  siub  jeder  leicht  selbst 
nigieren  wird. 

Aas  den  anmerkuDgen  sind  zweokniässige  zuRauunenstellungea  der  kuItUT- 
stonBch  bemerke Dswcrteti  aagaben  des  gedicktes  bervorzu heben.  Zu  9943  fg.  und 
i030  fg.  liStte  aber  nlubl  bezüglich  der  dort  gesohilderlen  schwertnahme  vom  ,  rit- 
raohlage*  gesprochen  worden  sollen.  Vom  ritterscblage  weiss  weder  der  Heier  noch 
ost  eino  deutsche  quelle  des  13.  Jahrhunderts  etwas. 

Besoudero  aufmerksamkeit  hat  der  herauageber  In  tian  onmerkungen  auch  dem 
«ammeobange  und  den  Widerspruch ea  gewisser  teile  der  ei'xählung  gewidmet.  Äoch 
ot  kann  ich  ihm  zwar  nicht  überall  zustimmen',  ta  20119  sehe  ich  z.  b,  gar  keinen 
und  an  der  annähme,  Garel  habe  sich  mit  den  v,  19315  erwähnten  1000  rittem  m 
ie  taTelnuide  geseit,  die  übri(;oQB  auch  nicht  mit  dem  Hne  schlechtweg  identificiert 
Jen  darf.  Aber  mancherlei  von  den  hier  hervorgehobenen  tatsaohen  ist  doch  der 
htung  zu  empfehlen.  In  einem  zweifellos  einheitlichen  gedieht«  finden  wir  hier 
Ja  scheinbar  nnvereinbare  züge  der  datstellung,  wie  sie  sonst 
alfacb  als  kritische  bandhaben  für  die  auflösung  einer  dicbtuug  in  hestandteile  ver- 
biedenen  Ursprunges  benuzt  sind.  Auf  Wechsel  von  Ihr  und  Du  in  der  an  dieselbe 
iTBon  gwichteten  rode  wird  z.  b.  zu  2256,  auf  Widersprüche  in  den  zahlangaben  wird 
1  10977  hingewiesen,  auf  hin-  und  herspringen  der  erzihlung  zu  1927,  bSid.  8193 
id  tu  11445;  dazu  kommen  dann  noch  mancherlei  andere  inconseq^uenzen  und  incor- 
otheiten,  widcrbolungen  und  Verwendung  vou  parallelmotiven,  deren  beobacbtung 
itaohieden  zur  voi'sicht  io  der  Verwendung  solcher  knterien  mahnt 

Dabei  kann  man  den  Reier  keineswegs  als  einen  konfusen  köpf  bezeichnen. 
Die  geaamtanlage  seines  ronians  ist  sogar  ausserordentlich  klar,  einfach  und  iibersioht- 
Ikfa,  Oarel  zieht  ans,  um  das  bind  und  die  varbAltniase  des  mächtigen  konigs  Eku- 
naver  ausziikundschaften ,  der  den  könig  Artue  für  das  nüchste  Jahr  mit  einem  sehr 
gelähriichen  kriegsznge  bedroht  hat  Wie  den  ritter  Koi-t  auf  seiner  brautfahrt  hält 
DOD  auf  diesem  wege  den  beiden  ein  abenteuer  nach  dem  andern  auf,  ehe  er  seine 
abaicht  ausführen  kann.  Von  diesen  einzelnen  begegnissen  stehen  unter  sich  nur 
nroi  im  eusammcnhange  von  unocbe  und  wirknog;  abar  jedes  ist  ducb  in  die  anläge 
dos  ganzen  dadurch  fest  eingefügt,  da.ss  es  für  den  beiden  zu  einem  mittel  wird, 
eigentliche  nnfgabe,  die  der  dichter  niemals  aus  den  äugen  verliert,  scbliess- 
■0  dor  glünzendsten  weise  zu  losen.  Dean  als  preis  für  jeden  sieg,  den  er 
il,  erhKlt  er  von  denen,  die  er  überwunden  oder  auch  errettet  hat,  die  zusichc' 
lg  Naohliaher  biilfleistang  im  kämpfe  gegen  Ekunaver,  so  dass  er  suhliesslich  an  der 
gewaltigen  heeres  diesen  im  oigeoca  lande  niedoi'werfen  kann,  ehe  £kn.- 
daia  komt,  in  Artna  reich  einzubrechen.    Besonders  bemerkenswert  ist  dabei  das 


mi 


IBS  TOOT,  Obkr  oarbl  »d,  wslz 

sichtliche  strebou  des  dicbtora  von  eioeiu  motiv  der  eniMong  intn  udeni  das 
Interesse  des  lesers  oder  hörers  za  Bleigera.  Oftrels  erstes  alieoteuer  besteht  in  d^ 
anfachen,  s«hr  schaell  eiiediglen  apeeriiampf  mit  Riait  nod  Gerhut.  Bei  dem  smi- 
ten,  welches  ihn  mit  Oilan  wisammenfübrt,  folgt  dem  oiorachen  stechen  bereits  ein 
harter  schwertliampf.  Das  dritte  bringt  ihm  die  ^ost  mit  EskitaboD,  bei  der  viele 
Speere  Terstochen  werden^  ehe  es  überhaupt  211  dem  nun  auch  noch  vcit  erbitter- 
teren und  langwierigeren  streit  mit  den  schwertem  tomt  Bei  dem  vierten  hat  es 
der  held  schon  mit  nbermenachlichen  Ungeheuern  zu  tun,  mit  dem  bisher  gani  iinhe- 
Biegbaren  nesen  Purdau  und  seinem  fürchterlioheu  wuib  Fidegart,  wAhrend  er  im 
fünften  einem  schenaa!  gegenübergestelt  wird,  welches  an  gebrüll,  unverwcndbartoit 
und  prompter  tütong  Jedes  gegners  alles  dagewesene  weit  Ubertrift,  nimlich  dem  ent- 
setzlichen meerwander  Vulgän  mit  seinem  Gorgononschilde.  Die  bedeutung  dessen, 
was  der  held  durch  diese  kämpfe  erreicht,  steigert  sich  gleichzeitig  mit  der  schvde- 
rigkeit  derselben.  Der  erste  trägt  ihm  Gorharts  beistand  mit  lOOOrittem,  der  zweite 
Oilnns  waffenbriiderschaR  und  seine  hülfeleistung  mit  2000  ritte m  ein;  der  dritte  hat 
ausser  der  Unterwerfung  des  wilden  EaMlabon,  der  aich  ihm  mit  1000  rittem  ver- 
pflichtet, auch  noch  die  bcfreiung  toq  400  selbstfindigen  rittero  und  das  gelölinla 
ihrer  bundesgenossen Schaft  zur  folge;  durch  den  vierten  erwirbt  er  einem  jnngeti 
herzog,  einer  landgrafentochter  imd  einem  zwergltönig  die  freiheit,  was  ihm  dana 
wideiTira  noch  weit  l>edeatendcre  hiilfskrHfte  für  sein  vorhaben  einträgt;  durch  das 
fünfte  erringt  er  ein  weib  und  ein  grosses  bönigreich.  Alle  die  machtmittel,  dl«  er 
so  erworben,  und  alle  die  beiden,  die  er  sich  unterworfen  und  verpflichtet  hat,  ver- 
einigen sich  nun,  nachdem  die  erzählung  von  den  einzelkänipfen  im  fünften  abontcuer 
den  gipfel  erreicht  bat,  zn  dem  grossen  maesenkampfe  gegen  Ekunaver,  dessen  ein- 
zelno  momente  dann  wider  in  geordneter  dispositioQ  und  in  wolerwogener  Steigerung 
vorgeführt  werden:  ßarel  erkämpft  zonüchst  in  der  kltUe  den  Schlüssel  zu  dem  feind- 
lichen hmde  und  behauptet  ihn  mit  200  rittem;  die  nSohste  Operation  gilt  der  gowin- 
oung  des  wichtigsten  flussüberganges,  bei  der  schon  beiderseits  die  ganze  votfant, 
zehntaasende  nmfassend,  in  hartem  kämpfe  mit  einaudor  ringt,  bis  schliesslich  d» 
beiden  gewaltigen  gcsamthcere  die  grosse  entsoheidungssch lacht  schlagen,  über  deran 
anordnnng  der  herausgeber  s.  303  fg.  einen  guten  überblich  gibt.  Mit  der  rückkriir 
des  siegreicfaen  Oarel  zu  Artus,  der  sich  gerade  zu  demselben  kriege  rüstet,  deo  der 
held  schon  für  ihn  gewonnen  hat,  kehrt  dann  die  erzählung  zu  ihrem  ausgangapunkt 
zurück  und  der  ring  ist  gesoblossen. 

Es  ist  von  vrert,  hier,  wo  sich  einmal  der  dichter  seinen  stolT  selbst  gebildet 
hat,  eine  so  entschieden  dui'chdacbte  tmd  streng  schematische  komposition  feststellen  n 
können.  Dass  bei  so  manchem  motive  mehr  des  Fleiers  erinnerung  als  seine  erfindnaj 
wirksam  soheint.  kann  ihn  im  vergL-ich  mit  bedeutenderen  dichtern,  die  ihre  ganiea 
onsählungen  fremden  quollen  entlehnten,  nicht  herabsetzen.  Was  ihm  durohaos  fehlt, 
ist  nur  die  gäbe  aelbctitndjger  poetischer  darsteUung.  Hier  zeigt  er  sich  als  der  etbU 
epigone.  Er  steht  so  volslAndig  miter  dem  banne  seiner  vielgelesenen  lieblingsdid- 
ter,  dass  ihre  Wendungen,  ihre  bilder  und  ihre  reime  sich  ihm  immer  wider  rid 
eher  aufdrängen  als  ein  eigener  ausdrucke  und  auch  abgebrauchte  reimformeln  volk»- 
massiger  poesie  verschmäht  er  so  wenig  wie  die  auch  in  dieser  so  beliebte  «elM- 
widerholung.  Gerade  diese  schwüche  hat  aber  ihr  besonderes  interesse;  ao  manoh« 
litterarhistorisohe,  stilistische  und  peychologische  beobachtung  liease  sich  hier  aodi 
anknüpfen. 


ROSKSHJGKN,    ÜBKB 


I  oder  Der  junkor  und  der  treue  H 
Nach  einer  Dillinger  handschrift  tierauBgegeben  v 
Würabnrg,  A.  Stubor.  1S92,     XVU  und  66  3.    2  m. 
Eio   interesSEwtor   fund   wird   durch    die    vorliBgendf 
cugäaglich  gemacht.    Da^  bisher  nur  &us  der  eioc 
m.  110)   belBDtG  gedieht  vom  Junker  nod   dem  tr. 
früher  durch  v.  d.  Hagen  in  den  Gesiuntabonteuoro  nni 
,   lernen  wir  nuninehr  in  einer  zweiton, 


h&tt 

»Bub 
Bbei 


1  dr.  Sebnstlnn  Englert. 

Schrift  der  olgem einen 
Heidelberger  handschrift 
[reuen  Heinrich,  bereits 
durch  Kinael"  (Berlin  1880) 
m  einzelneo  vieiraeb  Rbwei- 
chenden  faasung  kennen,  die  sich  »chon  äusserlich  durch  den  grösseren  nrnFnng  aus- 
»icluiel  (2416  v.  gegen  2189).  Die  von  dem  beraosgeber  entdeckte  handschrift 
befindet  iich  auf  der  kgl.  kreis-  und  Studie nbiblioth et  zu  Dillingeo  im  hniriscbeo 
Scfaw&beD.  Sie  gehörte  früher  den  bischören  vcn  Augsburg,  nelcbe  dort  ihre  reeidenz 
und  ist  so  in  die  bibliotbek  der  ehemaligen  Dillinger  akadenite  äbergegangen. 
fiia  nolbält  vier  stücke:  das  leben  des  heiligen  Wilhelm,  ein  stück  mit  rfitselhnfter 
Bberechrift  [Dir  iai  die  frage  und  seadüng  fon  mntticel  die  tr  schletel  isattrle  iä 
tchüUen  der  linago  viui  i»t  die  tritt  epiateL).  die  vision  des  Tundalns  und  oU 
viertes  unser  Heinriehs  buch.  Es  wäre  von  Interesse  gewesen,  wenn  dei'  beraus- 
geber  bei  dieser  ersten  mitteilung  über  die  handschrift  auoh  über  die  drei  anderen 
Stacke  etwas  genauere  angaben  gemacht  hätte.  Eei  den  drei  Iszien  findet  sich  jedee- 
mdl  am  ende  das  dntum  1470;  am  Schlüsse  des  ganzen  bandes  nent  sioh  der  sohrei- 
b«r,  Johannes  Karcher  von  Hagenau. 

Hit  grosser  Wahrscheinlichkeit  führt  der  herausgeber  die  entstebung  der  hand- 
whrifl  auf  die  wcrliStätte  des  Diopold  Laub  er  xu  Hagenau  znrüek,  welche  in 
der  iwetten  hnlfto  des  15.  Jahrhunderts  blühte.  (Vgl.  EirchholT,  Beiträge  zur  gesch, 
iea  dentacbeu  buchhandels  s.  1  fg.-,  derselbe,  handschrifreahlndler  des  mittelalters 
fl.  US  ^.)-  Doch  mächte  ich  nicht  darin  zustimmen,  dass  der  Earoher  als  hlindler 
die  handschrift  nach  Augsburg  gebracht  habe;  auch  nicht  darin,  doss  eins  der  bö eher 
dw  Lauberschen  lagers  nach  dem  uns  überlieferten  titol;  rim  «imc  ijetruwmt  rüttf 
der  tin  eigvn  herlte  gab  umb  einer  schSnen  froicen  wüten  (Raumers  hi^t.  tascheD- 
bnch  n.  f.  11,  a.  537)  „inballlicb  mit  unserm  Heinrichsbuch  viele  ahnlichkeit  gehabt 
babon  müsse*  (s.  TS).  Die  Schreibart  der  handschrift,  soweit  sie  sich  als  werk  des 
Schreibers  erkennen  lässt,  würde  für  Hagenau  passen  (bemerkenswert  ist  es,  dasa 
stets  o,  nie  au  für  S  gesohriobon  ist).  Es  wäre  von  wert,  wenn  die  gemeinsamen 
»chreibgewobnheiton  der  mit  Sicherheit  aus  der  Hagenauer  bücherfahrik  hervorgegan- 
fenen  handschriften  untersucht  und  festgestelt  würden. 

Der  horausgeber  bat  den  tB:(t  dieser  handschrift  in  diplomatisoh  treuem  aljdrucli 
vidergogebcn ,  wie  vor  ihm  Einzel  den  Heidelberger  text.  Diesem  wurde  seiner  zeit 
1DQ  Barisch  vorgehalten,  er  hatte  sich  erst  dann  das  reaht  xu  einer  neuen  ausgäbe 
«nrerben  können,  wenn  or  den  versuch  gemacht  hätte,  die  uraprüngliohe,  in  der 
liiDdscbrift  verwischte  muudart  widorherEustelleii  ( Güttiuger  gel.  anzeigen  1881, 
3.  XZi'i),  Bartxch  forderte  abo  eine  ini  volsten  sinne  des  wertes  kritische  ausgäbe, 
QasB  eine  solche  aber  nicht  möglich ,  die  Zurückhaltung  also  wol  am  (ilatze  war, 
*oigt  die  neue  handschrift  D.  Es  fragt  sich  aber,  ob  nach  dieser  vervolstäudigung 
doe  materiab  dasselbe  verhalten  auch  uoch  zu  billigen  sei.  Es  scheint  nun  doch  so, 
daSB  von  einer  kritischen  ausgäbe  abgesehen  werden  muste,   so  lange  die  kritische 


1)  tVmt  Eng^cTt  m1d«iii  ToniRjigcr  t 
•cbnft  *ei  toflaleh  «ich  dl«  clniig  nisticrsod 
ton  iiif  abtcbrirt  und  nidit  auf  ainei. 


HDplnnE  IQ .   die 


i.  n)  linrt  dl 


L 


128  BOSENHAeSN 

untersuchang  nicht  weiter  gefördert  war,  als  es  in  der  cinleitung  des  vorliegenden 
buches  geschehen  ist  (s.  VI  —  XVII).  Diese  geht  aus  von  der  frage:  in  welchem  Ver- 
hältnis steht  H  zu  D?  Es  wird  als  erstes  festgestelt,  dass  in  nicht  wenigen  fallen  B 
eine  bessere  lesart  bietet  als  H,  so  dass  auch  manche  emendationen  vo&  Bartach  in 
der  anzeige  der  Einzelschen  ausgäbe  bestätigt  werden;  wogegen  wider  D  an  manchen 
stellen  aus  H  verbessert  werden  muss.  In  allen  herangezogenen  fällen  handelt  es 
sich  nur  um  einzelne  werte.  Der  zweite  und  hauptteil  der  erörtening  sucht  dann 
darzutun,  dass  ,,der  Verfasser  von  D  breiter  ist  als  der  von  H**  (s.  IX).  Es  werden 
dafür  einmal  eine  sehr  grosse  zahl  beispiele  von  Zusätzen  der  hdschr.  D  innerhalb 
des  verses  gegeben  und  zwai' in  grammatisch  geordneten  gruppen;  anderseits  davon, 
dass  ganze  verspaare  eingeschoben  sind.  Dass  die  für  dies  zweite  angeführten  stel- 
len interpoliert  sind,  ist  fast  jedesmal  evident;  ebenso  aber  auch,  dass  anderswo  durdi 
D  lücken  der  hdschr.  H  ausgofült  werden,  darunter  zwei  von  mehr  als  100  versen 
(s.  XVI).  So  ergibt  sich  als  erster  satz  der  antwort  des  Verfassers  auf  seine  frage: 
D  und  H  hatten  wol  ( —  vielmehr:  ohne  allen  zweifei!)  verschiedene  vor* 
lagen,  von  denen  diejenige,  welche  H  vor  sich  gehabt,  die  meisten 
lücken  hatte.  Dieses  festzustellen  beduifte  es  der  weitläufigen  einseluntersuchung 
nicht  Deren  aufgäbe  war  vielmehr,  nachdem  die  beiden  handschriften  als  von  einan- 
der unabhängig  erkant  waren,  in  irgend  einem  grade  ihr  Verhältnis  zu  der  vermut- 
lichen Originalfassung  des  textes  festzustellen.  Aus  der  gegenseitigen  korrektor  ein- 
zelner Worte  (vgl.  s.  VI  —  IX)  lässt  sich  dafür  nichts  sicheres  entnehmen.  Dagegen 
scheinen  die  übrigen  ausführungen  des  Verfassers  dartun  zu  sollen,  dass  die  hdschr.  B 
der  knappen  ausdrucksweise  in  H  gegenüber  einen  wilkürlich  erweiterten  text  biete, 
entsprechend  der  zweifellosen  interpolation  von  reimpaaren.  Aber  wie  ebenso  zwei- 
fellos dafür  auch  H  beträchtliche  lücken  aufweist,  so  ist  auch  der  etwas  breitere 
ausdruck  der  hdschr.  D  innerhalb  des  verses  nicht  selten  offenkundig  ursprünglicher 
als  der  kürzere  in  H.  Zu  einer  stelle  (D  1703.  1704  =  H  1634),  welche  unter  den 
beispielen  steht,  dass  D  „weitläufige  Wendungen,  verwässerte  relativsätze*^  gebraucht, 
„wo  H  sich  knapp  und  prägnant  ausdrückt**,  bemerkt  der  Verfasser:  „Grade  diese 
stelle  aber  zeigt,  dass  D  trotz  der  Weitläufigkeit  hier  das  ursprüngliche  hat,  weil  der 
md.  reim  dat  :  gesati  beibehalten  ist^.  Dagegen  lässt  sich  nichts  sagen;  aber  man 
dürfte  doch  sich  zu  der  frage  veranlasst  fühlen,  was  denn  mit  der  Zusammenstellung 
der  weitläufigen  stellen  bezweckt  wird.  Dieselbe  frage  lässt  sich  schwer  zurückdrän- 
gen, wenn  sich  noch  mehr  stellen  finden,  wo  die  sache  grade  so  liegt  Man  ist 
begierig,  zu  erfahren,  wie  der  Verfasser  über  diese  urteilt.  Dem  angedeuteten  bei- 
spiel  entspricht  ganz  genau  folgendes: 

D  H 

707.    Alle  die  Jierren  die  woreni  da  684.    alle  die  heren  die  da 
Ufid  die  do  logetü  in  der  stat  waren  Mi  der  sttdnde, 

Ir  keinem  tcas  künt  dat  der  was  nie  keinem  kund. 

Dazu  wird  Und  die  do  logent  als  erweiterung  in  D  angemerkt  Femer  fehlt  zwei- 
mal (II  1613  =  D  1682  und  II  1942  =  D  2149)  in  H  das  für  den  Sprachgebrauch 
des  'gedichtes  charakteristische  das  im  hauptsatze  (vgl.  Kinzel  s.  228);  sie  werden 
citiort  um  den  satz  zu  belogen:  «auch  sozt  D  gern  im  nachsatze  das*^^  s.  XIII.  Der 
Zusammenhang  legitimiert  das  pluswort  von  D  dem  augenschcine  nach  an  folgenden 
Stelleu»:  D  1981  =  H  1812,  D  434  =  H  425,  D  552  =  U  535,  D  2348  =  H2125, 

1)  Die  reihenfolg«  der  stelleo  ist  die,  in  welcher  sie  bei  Englert  rar  be^reohung  ftlaagen. 


«   KD.    KtiOLKKt  1S9 

j  ltö2  ^  U  142T.    Und  noch  mehr  stellen  lasse»  eich  lindeii,    bei  deiied  iobalt- 

,  stilistiflohe  odi^r  gnunrnntjäirlie  gosiclitspuukte  Biitscheideo.    Dem  wird  der  ver- 

,   soweit  nach,  den  ohoo  angefüluten  «orten  sich  vermuten  lisfit,    kaum  wider- 

r  ganzen  breiten  darlegung  uicbts  weiter  erweisen, 

p  «iMS  sioli  D  durch  .utroben  nach  breite"  nod  H  durch  , knappe  «usdnicksweiH^ ' 

Dies  in  wissen  ist  doch  eigentlich   recht  gleichgültig,  wenn,  wie  hier. 

I  oiobt  gestattet  ist,    diiraas  schltiase  auf  die  eohtheit  oder  unechtheit  einer  stelle 

Dass  der  verbsHer  sich  mit  diesem  ergebnis  hat  begnügen  mÜRsen,  liegt, 

wie  es  wheiaC,  an  der  fFBeestellnng.     An  dem  verhiiltiiis  zwischen  den  beiden  band- 

«chriften  iiitereEsiert  uns  weiter  nichts  als  die  frage:  ist  eine  von  der  andern  abhängig 

II     oder  nicht?     Da  diese  auf  den  ei'sten   bÜck  entschieden  ist,    so   hatte   die  weitere 

^■BtersaohuDg  es  imr  mit  dem  Verhältnis  der  beiden  xam  original  eu  tun.    Der  i'er- 

^BfaB«r  hielt  sich  aber  zu  |>oinIich  an  sein  nicht  ganz  zweckmässig  gestelles  thema. 

^^^oh  in  einer  andern  i^eziebung  dürfte  sich  die  untersuchutig  zu  wenig  frei  bewegen, 

^•fcsc  Dämlich  die  handschriften  nur  nach  den  eiuaelnen  Wörtern  betrachtet  nnd  danach 

plus  und  minus  bereuhnet  worden.    Aber  ans»  absohreiber  deutscher  handschriften, 

iMsonders  in  jenem,   durch  die  Papierfabrik ation  gesegneten  Jahrhundert,    sclireiben 

I      die  gnnsen  veree,  auch  wol  reimpaare,  auf  einmal  ab,  nicht  wort  für  wort,  und  wo 

Deifjung  zu  freier  bchandlung  der  vorläge  haben,  erstreckt  sich  ihre  tätigkeit  moist 

r  iit»  einzelne  wort  hinaus,  auf  die  konatruktion  des  ganzen  veises,  vor  alleni  auf 

.  mint,  welcher  oft  wider  die  uitiäiideniug  gaoxer  vorse  lur  folge  hat     Daher  lässt 

1  du  Verhältnis   der  lesarten   in  vielen  (allen  anders  beurteilen,    als  es  durch  don 


Uni  nun  das  Verhältnis  der  beiden  handscUriften  zum  original  auch  nur  annä- 
nd  xn  heetinimen,  brauchen  wir  hiUsmittel,  mit  deu(>u  wir  an  den  stellen,  wo  die 
diefornng  der  beiden  auseinandergeht,  auch  ausser  der  beriicbsicbtiguog  des 
omtiieDliangeH  die  arsprüugliohe  lesait  fostzoa tollen  vermögen.  Sobhe  können 
t  in  bedeutendem  umfange  der  darstellungswcise  des  gcdichtes  entnommen 
"den.  Dieites  zeigt  eine  grosse  rorinole  vei-wan tschaft  mit  den  apielmannsepen, 
che  in  der  gleichen  gegend,  zur  vermutlichen  zeit  seiner  entstchung,  lebendig 
reu  und  noch  gewisse  stAdien  der  texten twiuklucg  duichmachten.  Die  komposttion 
oht  durchaus  auf  der  widerholung  und  Variation  der  motive.  Die  vcmnlassiuig 
a  lag  allerdings  schon  in  dem  gegobeneit  Stoffe.  Der  dreifache  tumiersieg  des  hel- 
I,  welcher  jedesmal  in  anderem  abzeichon  erscheint,  und  jedesmal  unerkant  bleibt, 
)6t  von  seiner  gehebtee,  ist  als  beliebtes  motiv  der  ritteiTomane,  besonders  aus 
1  Lancelotkreise,  beknot'.  Ohne  zweifei  war  dies  durch  die  quelle  geboten.  Es 
d  ^ber  durch  die  burleske  wähl  der  abzelcheo  („hühnemest"  und  „ofenwisch*) 
dein  [Mrodiert.  Bezeichnend  ist  es  nun,  dass  die  jedesmalige  Schilderung  des 
Dien  mit  vor-  und  uaobspiel  sich  in  allen  phasen  widerholt.  Jedesmal  komt  der 
ut  in  Vogelgestalt  heimlich  Eur  prinzessin  geflogen,  jedesmal  überreicht  sie  ihm 
kostbarss  geschenk,  das  er  beim  turnier  tragen  soll,  jedesmal  bemüht  sich  der 
iae  rittor'  das  geechenk  ihm  abzubetteln,  die  beiden  ersten  male  mit  erfolg,  das 
te  mal  oline  erfolg  usw.  Im  einzelncTi  Uis.st  sich  natürlich  nicht  bestirnt  behaup- 
,  ms  grade  eigene  zusammenfügung  anarss  dichters  ist  (oder  der  dichterin!),  was 
■OD  der  direkten  quelle  angeborte,  Aber  in  der  stnfTwahl  zeigt  sich  die  gesohmacks- 
Diese  tritt  noch  deutlicher  dadurch  hervor,    dass  jedesmal  mit  derselben 


g  schatbuhe  k 


a  TOD  Bo9«ll  ood  LiJliu 

9 


EogUsche 


130  RoeiNHAeiN 

Situation  dieselben  aosdracksmittel  widerholt  und  variiert  werdoi.  Für  jedes  wich- 
tigere motiv  wird  eine  formel,  oder  ein  formelhafter  reim  geprägt  Die  Untersuchung 
solcher  stellen  ermöglicht  nun  die  ursprünglichen  lesarten  in  weiterem  umfange  sicher 
zu  stellen.    Das  möge  an  einigen  beispielen  gezeigt  werden. 

Im  abzeichen  des  ersten  tages  heisst  der  held  bald  der  mit  dem  htmemest, 
bald  der  da  fürt  das  kunemest;  an  den  stellen  wo  beide  handschriflen  üboreinstim- 
mend  die  zweite  formel  haben,  reimt  ein  nichtapokopiertes  wort:  ist  (H  1181  = 
D  1227),  erist  (H  1488  =  D  1553),  ebenso  da  wo  D  sie  aliein  hat,  gegenüber  mit 
dem  h,  in  E:  erist  (D  1219  =  H  1173),  in  den  mist  (D  1307  =  H  1261).  Da- 
gegen reimt  auf  mit  dem  hunemest  eine  ursprünglich  zweisilbige  form:  emteste 
(H  2067  =  D  2288,  D  1842,  fehlt  in  H),  das  beste  (H  1767,  das  reimpaar  ist  in  D 
ausgefallen).  Die  spräche  des  gediohts  scheint  also  den  apokopierten  dativ  nest 
gemieden  und  darum,  wenn  ein  stumpfer  reim  aufbrat,  zu  der  umstindlicheren  for- 
mel gegrüTmi  zu  haben.  Dem  entspricht  es  durchaus,  wenn  auf  ein  hunemest :  mist 
reimt  (H  1684  =  D  1858),  sowie  der  reim  Des  sie  vande  han  genist  der  fürte  ein 
kunemist  (EL  rermist;  H  1097  =  D  1143).  Daher  ist  an  den  beiden  angeführten 
stellen  die  lesart  von  D  vorzuziehen;  die  voiüegende  abhandlung  erkent  in  der  do 
fmrt  diese  beiden  male  eine  erweiterung  von  B.  Auch  an  einer  dritten  stelle,  wo 
beide  handschriflen  übereinstimmen,  ist  zu  konigieren:  der  da  fürt  das  kunemist  : 
in  den  mist  (H  1400  =  D  1449).  Aus  gleicher  erwagung  muss  andi  die  lesart  in 
D  1141  als  echt  anerkant  werden:  Und  uonte  der  do  fürte  den  kranix  Das  der  teer 
irs  kertxen  sckranix,  wo  H  1095  mit  dem  kränze  liest;  dagegen  heisst  es  Der  erste 
an  dem  danxe  der  lag  mit  sime  kränze  (nach  D  1179;  in  H  ist  die  strile  sehr 
entsteh). 

Die  scheu  vor  der  apokope  erstreckt  sich  nicht  auf  den  ^ofenwisch* ;  neunmal 
reimen  beide  handsohnften  gemeinsam  mit  dem  ofenuisek  :  risek,  wihrend  nur  dn- 
mal  in  H  der  da  fürt  den  ofenwisek  steht,   eine  änderung  der  überiiefarang  unter 
dem  einflusse  der  vorhergehenden  stellen  mit  dem  hühnemest,  so  dass  hier  mit  dem 
als  das  ursprüngliche  anzusehen  ist    Das  reimwort  risck  ist  durchweg  mit  einem 
andern  a(^ektiv  zu  einem  zweigliedrigen  ausdruck  verbunden,   entweder  snell  odei — 
stark.    Danmii  ist  an  den  beiden  stellen,  wo  risek  in  H  allein  steht,  die  lesart  sneil^ 
und  risck  von  D  vorzuziehen   (H  1478  =  D  1546,   H  1784  =  Dld56).    Das  wort=^ 
hat  in  allen  fallen    eine  wenig  selbständige  bedeutung,   es  heisst  nichtB  anderes  alsE» 
stark  und  sneü  auch,    und  dient  nur  als  reimflicken ^     Deshalb  steckt  anch  in  1^ 
V.  1457  das  ursprünglichei>^:  Da  sprack  keimriek  karte  risek  Das  sol  at»  em  äffe 
»risck  gegen  einen  ofentrisck^   der  da  wert  risck  H  1412,   wo  anch  Kinid   (in 
anmerkung  z.  d.  st.>  ansloss  nimt  und  die  von  Lexer  angegebene  deutung  «tiockan*^^ 
bezweifelt 

Im  abzeichen  des  dritten  tages  heisst  der  held  entweder  die  peHin  kogei  odec^ 
mit  der  pcrlin  kogei  oder  der  da  fürt  die  pertinkogei  und  reimt  stets  anf  fogel^ 
H  174S  <,das  reimpaar  fehlt  in  D)  fehlt  perlin,  ist  aber  zu  erginaen. 

Alle  dietse  fllle  zeigten,   dass  in  H.   wie  es  scheint  mit  absieht,  vieilkch  ein^ — 
lelne  wv^rte  ausgelassen  sind ,  oder  ein  kürxerer  ausdiuck  bevorzugt  wird.  Dafür 
oin  beispiel  ans  den  tuniierberichten.    Jedesmal  wo  die  zuschaner  eingefühlt 
der  köni^,   die  köni^  und  die  Junge  königin,   wird  attsdrüf^üdi  erwihnt, 
im  fenster  liegen:  der  ausdruck  wechselt,  immer  aber  wird  das  fenster  genant  (M7ilCn 


4  ' 


Cuut^  »tihfe  «acswrtuftib  «W  reitiMts  rü««  •%£»  «m  .-iyri    1717  :^  1:^91 1 


131 


I,    H  1086  =  D  1132,  H  Hol  =  D  1197,  H  1726  =  D  1900).    Zweimal 

r  fehlt  es  in  U  (11666  =  DÖ89,  H  1456  =  V1513);  dio  eweite  stelle  wird  von 

1  horaoageber  von  D  als  beleg  dafür  angeführt,  dass  D  don  aosdniok  durch  beisatz 

nin  adTCrbialieD  und  advorbien  geDsuer  herrorzubobea  sucht,  die  in  H  fehlen  (a  XI). 

Auf  djeaem  vege  lässt  sich  noch  bedeateud  mehr  gewinnen.    Dabei  einer  der 

eiden  handachrifton  einen  principiellen  vorrang  einzuniiunon,    ist  durchauB  uniulÄs- 

Nnr  wo  es  sich,  wie  wir  gesehn,  um  eincelne  werte  handelt,  die  füglich  niaht 

t  fehlen  Jcönnen,  darf  kdrüuiig  in  U  a  priori  angenommen  werden.     Um  die  beiden 

etliefeningen  ta  tenzeichnen,   soll  noch  eine  atolle  besprochen  werden.     Es  wird 

r  eiste  heimliche  besuch  des  ritters  bei  der  königstochter  berichtet.     Dieser  ist  als 

Ueiuea  väglein  in  ihre  kammer  geflogen,   sie  bat  das  fenster  zugeschlagen  nnd  ihn 

BCJagt,    bis  sie  ibo  schliesslich  aaf  dem  bette  oTha.sGht.    Sofort  verwandelt  das  vög- 

_  Un  sich  in  einen  schönen  jungen  mann.    Nach  einigen  zierücheo  redenaarten  heisst 


iwt'i  ließ  sie  ir  tneeieißcn  arme 
mimtigl-ieh  über  ine  vom 
vnä  kert  iren  roten  mund 
)  an  den  atnen  xu  nuincher  slutul. 
und  waa  die  xtrei  da  dalen 
dax  tnoühl  ein  narre  mol  raten; 
ich  mochte  »ekriben  %u  tcü 


829  V/id  ließ  ir  an«  u/ißeii  armen 

830  Über  sin  not  erbarmen 

Und  druekete  ihren  werden  mttnt 
An  de»  einen  manche  stant 
Mao  lang  sie  one  ile 
£in  gut  lange  teile 
835'  WiKtu  das  do  uß  in  beide 
Manche  tuyentliche  rede 
Die  mir  *u  aohriben  lettrdenl  su  teil 


1  folgt  eine  Unterbrechung  der  erzählung  - 
Pitt  Moni  dag  eieinet  rieh 
f.  änieU  die  minniglich 
aüten  jMsen  lip 

da  zw  stunden  geworden 
und  gedretten  in  unter»  orden. 
hie  mit  befalch  sie  ine  goll. 
\  B30  da  uard  der  edeie  botle 
tcidcr  tu  eiin  fogelin 
und  fiog  inn  die  kamer  sin. 
dieß  dett  er  aU  mit  solcher  list, 
dar  Heinrieh  nute  darmt  wist 


dann  gibt  sie  ihm  einen  kostbaren  bnnc. 

157  Er  nam  da*  kieinot  rieh 
Und  Irtiekele  sie  menlieh 
An  einen  süssen  lip 

m  das  rein  kätrh  aip 

Hie  mit  befal  sie  in  xu  gote 
Er  spraeh  er  tcolt  noek  irem  gebolle 
Ir  irerben  gernne  ir  hitlde 
Und  thßn  tcas  sie  woUe 

<65  Sin  scheiden  versjmtoht  sie  tere 
Also  flog  der  junehere 
Vil  heimlich  in  sin  kamer  dar 
Das  es  nieman  tcart  gewar 


Das  detle  er  mit  grossem  liste 

870  Das  es  heinrieh  noch  nieman  wiisle 

Die  absieht,   in  welcher  die  üborliefernng  der  hdschr.  D  redigiert  ist,   kann 

icbt  rerkant  worden.     Ganz  dasselbe  widerholt  sich  vor  D  2053:  die  verse  H  1878 — 

,  welche  wörtlich  gleich  H  801 —802  sind,  fehlen  in  D.    (Über  derartige  parifi- 

a  den  handscbriflen  vgl.  Enling,  Kaufringer,  üt  ver.  182,  b.  II.)     Ausser- 

I  ist  wahrscheinlich  J>  830  verändert,    um  den  reim  arm  :  vam  tu  verdringen. 

ilen  in  II  nach  v.  800  die  vorse  D  B33  und  834,  nnd  nach  829  die  varss 

12 — 866.     Diese   anslassungen   lassen   keine   andre  absieht  erkennen  ab  die  absu- 

Dem  entspricht  der  Kesamteindmck.  den  die  hdschr.  H  bietet    Sie  hatte 


132  BOSBVHAOINf  ÜBER  RIIITRIOHS  BUCH  ID.  BTGLIRT 

mne  voriage,  in  welcher  der  text,  vielleicht  ans  ganz  änsseriiohen  rüoksiditen  anf  den 
gegebenen  ranm,  dnich  forüassong  des  scheinbar  überflüssigen  nnd  geiegentUche  snsam- 
menziehnngen  (vgl  H  829—832  =  D  866—868)  gekürzt  ist  Der  text  der  hdschr.  D 
ist  dagegen  nach  geschmacksrücksichten  freier  gestaltet  nnd  teilweise  erweitert.  An 
der  Torlicgenden  stdle  scheint  in  der  Vorlage  von  B  in  den  älteren  text  hinein- 
korrigiert zu  sein;  dadurch,  dass  noch  einiges  stehen  blieb  nnd  die  ändemng  teil* 
weise  nur  angedeutet  wurde,  lässt  sich  so  ein  biödsinn  wie  ]>835 — 837  erklären. 

um  an  den  in  den  beiden  handschriften  abweichenden  stellen  die  orsprünglichen 
lesarten  zu  finden,  würde  es  sich  empfohlen,  sie  von  foll  zu  fall  zu  ver^eieheo« 
unter  fortwährender  berücksichtigung  des  Zusammenhangs  auf  der  einen  seite  and  anf 
der  andern  des  stils  und  des  Sprachgebrauchs,  wie  ihn  die  übereinstimmende  Über- 
lieferung anderswo  erkennen  lässt  Leider  muss  auch  so  dem  heranageber  von  D 
zugegeben  werden,  dass  diese  arbeit  nicht  überall,  so  weit  es  sich  übersehen  lässt, 
erfolg  haben  wird.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  der  nutzen  einer  kritischen  aus- 
gäbe des  gedichtes  nicht  im  Verhältnis  stehen  wird  zu  der  aufgewanten  mühe  und 
der  unter  allen  umständen  noch  zu  befürchtenden  unzuverlässigkeit  Dem  Interesse 
welches  die  Wissenschaft  an  diesem  denkmal  nehmen  kann,  ist  im  wesentlichen  durch 
die  voriiegende  publikation  gedient  Es  ist  in  erster  linie  das  litterartiistoiische,  nnd 
wir  sind  durchaus  in  der  läge,  die  wähl  und  behandlung  des  Stoffes,  die  komposition 
und  den  Stil,  heimat  und  zeit  daran  zu  studieren,  und  auch  die  Sprachgeschichte 
dürfte  einer  kritischen  ausgäbe,  wenn  auch  mit  geringerer  bemühnng,  nicht  mehr 
entnehmen,  als  was  hier  schon  vorliegt,  nämlich  materialien  des  wortschatieB  un< 
der  Syntax.  Die  lokalisierung,  welche  durch  die  reim  Verhältnisse  in  H  bedingt  is 
(vgl.  Einzel  s.  26),  wird  durch  D  bestätigt;  der  mundartliche  wertschätz  erfährt 


bereicherung:   luffem  D  485;  treck  für  müt  in  H,   D  1148,  1154,  1164;   8at  (narr^    — } 
D2161,   dfii^cerb  D  23a'>,    2353,   dafür  in  H  drü  maU;   vierwerb  D  1792.     (Dil 
stelle  fehlt  in  H).     In  welcher  absieht  die  für  das  geschlecht  der  verfiuserin  bewei 
senden  verse  aus  der  überiieferung  von  D  getilgt  sind,   zeigt  jene  oben  losgeschi» 
bene  stelle.    Die  möglichkeit  aber,  dass  die  quelle  in  prosa  geschrieben  war,  welch- -^ 

der  Verfasser,  s.  XYil,  noch  offen  lässt,  ist  durch  D  nicht  weniger  unmö^ich  gewoi 

den,  als  sie  es  war.    (Vgl.  Einzel,  s.  31,  anm.  z.  v.  12.) 

Dem  herausgeber  gebührt  daher  dank,  dass  er  seinen  fund  nicht  torückgehaE.  — 
ten  hat  Ein  stück  vergangenen  deutschen  lebens  hat  dadurch  an  bdeuchtong  gewot»  — 
uen.  Und  als  solches  sind  doch  in  lezter  absieht  derartige  denkmäler  unsrer  littsE»»'' 
tur  zu  betrachten,  die  uns  weniger  wegen  des  genusses,  den  sie  ans  selbst  gewilv 
ren,  wort  voll  sind,  als  wegen  der  freude,  die  unsere  vorfahren  an  ihnen  gebäht 

Altona,  novkmbkr  1892.  o. 


Deutsches  Wörterbuch  von  Xorii  Heyse.    Zweiter  btnd,  H—  Quiihtm^,    Leip — 
zig,  S.  Hirzel.  1892.    XXIV  und  1238  spalten  hochquart.     10  m. 

Das  werk,  dessen  ersten  halbband  ich  in  dieser  Zeitschrift  '^'X^HT^  2G2 
begrüssto,  ist  in  kaum  drei  jähren  bis  zur  ausgäbe  des  vierten  gediehen;  mit 
leiten  artikel  steh  sich  also  der  herausgeber  eine  vdgfltige  «qaittnng'^  über 
•msigt^s  und  rastloses  arbeiten  aus.  Hoffenüich  wird  in  entB|irooheiidem  knneii 
raumo  auch  das  loste  drittiU  bewältigt  werden  können.  Dieselbe  anorkeuiaiig, 
der  erstt*,  verdiout  auch  dieser  zweite  liand:  die  sorget  des  vertmaoro  ist  ebsaa»  zv        i 


irio  dio  kinrheit.  mit  welcher  er  auch  bd  vieldeiitigeD  odErr  muinigtacli 
■ittinnchtBO  Worten  die  bedeutimgeii  nmt  verweuduugBO  scharfBinnig  uud  sicher  schei- 
tet und  dnreti  gut  gewählte,  geoau  citierte  bdege  anschaulidi  maolit.  Auub  die 
rtymo  legis  c  he  D  aiigabsu  md  grüadlich  belefareud  nnd  überall  mit  grosBer  mnsioht 
»  gbbaSt,  dftSB  unrii'htigeij  oder  nix  verständlich  en  aQlTBSsutigeii  der  sprachgeBchlcht^ 
kcben  voTgiui^  vorgebeugt  wird.  Zum  ersten  mala  ist  (sp.  1  — XXIV)  ein  quellen- 
rarseiohnis  beigegeben;  es  geht  bis  auf  die  neueste  zeit  uud  enthält  z.  b.  auoh  die 
KngstoD  exemec-  und  schieesvorschriften  des  deutschen  heores  und  den  entwarf  des 
A^orlichen  gesetibuches;  tou  dicbtero  und  novellisteD  unter  anderen  namentlich 
-  F.  Meyer,  Rosagger,  v.  Wildonbruch.  Ganz  volsländig  ist  das  verieichnis  nicht; 
A  Bude  e.  b.  niaht  den  auf  sp.  695  oben  citierten  Adrian,  xa  dessen  reststelloug 
letale  bücberktmtnis  nluht  ausreicht 

Nicht  «öUig  klar  sind  mir  die  gnmdsätne  geworden,  nach  denen  Heyne  fremd- 

4>örter  ourgenonunen    oder   fortgelassen   hat.      Ich  finde  s.  b.  eigarre,    aber  nicht 

yilraw«,  mW/  |oder  «ollen  sie  unter  Z  folgen?);  auch  aiuht  kap,  kastell  und  manchf 

hndera,    denen  mit  ihren  ableitungee  ein  deutsches  Wörterbuch  wol  hätte  anfbahmc 

pmühren  können.    Doch  Bei  es  fem  von  mir,  mit  dem  Verfasser  über  die  grenze,  die 

r  hier  udi  gesezt  hat,   rechten  xu  wollen.    Im  algemeinen  widerhole  ich  durohaos 

i»s  ecbon  über  den  ersten  halbband  auegesprochene  urteil,   dass  Heyne's  wdrterbueh 

•Dwol  neben  dem  groBsen  von  den  brüdern  Glimm  begründeten  werke  seinen  aelb- 

iBdigen  wert  zu  behaupten  vermag,  als  auuh  besonders,  dass  ihm  überall  dort  ein- 

ng  xn  wünschen  ist,    wohin  dieses  umfangreiche  und  teure  wert   nicht  gelangen 

an;   auch  in  den  hnusern  der  gedildeten  deutschen  familie  and  in  den  srbcitszim- 

rta  deutscher  Schriftsteller  und  zeitungssuhraiber.     Die  nicht  alzu  massenhaft  auf- 

,  aber  mit  Sorgfalt  und  umsieht  aus  ^ten  schiiftsteUem  gesanunelten  belege 

rnnen  jedem,  der  um  treficntten  uud  scharf  bezoichneoaen  deutschen  ausdrauk  sich 

mäbt,   anhält  und  richtschnnr  gewähren.    Jedem  schreibenden  bietet  Heynes  wöt- 

rbodi  auch  nach  dieser  richtuug  reiche  belehrung,  und  Ewar  mehr,  als  manche  ueu 

SohieueDe  schiift  über  Sprachreinheit  und  sprach richtigkeit,  da  Heyne  hauptsächlich 

nitiv  moBterbaftes  angibt,  seltener  negativ  bedenkliches  bekämpft  oder  abweist. 

Nur  xaghiift  stelle  ich  einige  bemerkungen  über  Wörter  zusanimeu,  die  iah 
si  galegentliohem  nachschlagen  vermisst  habe ,  oder  zu  denen  ich  etwas  eiinnem 
lochte,  rünceihen  hätte  nach  dieser  soitachrift  XXII,  253  wol  aufgenommen  werden 
äniND-  —  antcesett  fehlt;  ebenso  das  in  Holstein  in  gleicher  bedeutung  übliche 
MMM  '^  wirtschaftlich  bebautes  grmidstück,  liuus  mit  hof  und  zubehÖr.  —  biiltmg 
t  üwar  durch  ein  citat  schon  bei  Bürger  nachgewiesen  und  aus  anlehnung  an  bis 
f  lang  hergeleitet;  sohwerlioh  aber  ist  diese  anlehuung  vielen  der  heutlgeu  schiift- 
wolche  das  wort  xa  gebrauchen  lieben,  bewasst.  Ich  bütte  gei-n  eine  war- 
wnde  bemerkuug  bei  diesem  neben  bisher,  bij^'ext  gaoK  überflüssigen  werte  gesehen. 
■  Der  deutaiihe  Mtekel  hätte  wol  ebenso  wie  bei  Grimm  (II,  104Ö)  aufgenommen 
len;  eine  lesenswerte  Studie  des  dr.  d.  Muncko  über  entstehung  und 
pbraucb  des  ausdrucks  enthält  das  gymaastalprogramm  von  Oütereloh  1870.  —  Bei 
~<r  trttere  (I,  81D)  und  tkr  UIxttre  (U,  635)  hatte  ich  neben  den  angaben  über  das 
ifkommen  dieser  misbildungen  gern  eine  bemerkung  iiber  ihre  völlige  entbehrUchkeit 
Baeben,  da  Heyne  in  manchen  anderen  fällen  solche  kritik  geübt  hat.  Auch  auf 
dtnfaU*  (11.  250)  hitte  ein  angriff  gemacht  werden  können  mit  berufung  auf  lAch~ 
lune  beispiel:  vgl.  die  ergöbiliche  beüage  U  bei  Hertz,  Karl  Lachmann  s.  XXXUI! 
-fett  iat  jezt  doch  nicht  nur  auf  die  otierdeutsche  Volkssprache  eingeschränkt,  son- 


1 


134 

dBn  aach  in  mittiddeiitadien  landyhaftpit  (z.  k  in  Schkaeo)  sdir  mblidi.  —  For 
kmmfem  bemigt  GeOeit  4,  2-18  (Ausgabe  Ton  1867)  äkwem  wwrd  imrtk  emm  seihsi- 
tmmrd  kmmfem  eiiie  eigentimüche  aoffusong  und  Terbindmig  des  TerbamB.  —  kät- 
Hmrmmek  =  «senik  stellt  bciRoQcggci,  gedichte  (1891)  s.  61.  —  kuteähmtekem  Htm- 
gjebiklefes  Teibom  (ecbt»  redapbealioD!)  Bärger  in  dem  gedickt  Ines  tob  Eastio  (brief 
Tom  9Ql  apnl  177S);  nicht  als  zwei  woite  ni  schreiben,  wie  in  der  ansgabe  tod 
Beiger  s.  179  geschehen  ist!  —  Für  je  umd  Je  ist  II,  249  kein  iheras  bcispiol  ange- 
führt ak  eine  steUe  ans  Fvil  (»ahardt;  diese  bemht  aber  oüenhar  anf  Lotben  öber- 
seCznng  too  JeienL  31«  3.  —  Bei  kmmiieiwtn  konte  erwähnt  werdeOf  was  waeh  in 
der  eingeheBdeB  eröitening  des  woites  im  grossen  DWK  nicht  geschehen  ist,  dass 
Eortam  seine  Jobsiade  anf  dem  titelblatte  (17SI)  selbst  nante  ^eine  Ustoiia  lastig 
and  fein  in  neomodischen  knittelTerselein^.  —  ^  Deine  bishenge  üetderet*  ans  dem- 
sielbeB  ^idichte  kapu  18  ist  immefhin  bemerkenswert.  —  ^emiem  mnd  kwehme"^  das 
erste  fnr  wissenschaftliche«  das  zweite  for  znrnckkommeDde  Terlagswerie  (U,  468) 
ist  titei  eines  bnchbindlerromans  von  Xiemsnn  iGetha  1888k.  —  Wie  ist  das  ndljectiv 
wshwrfiy  bei  seiner  bddong  gedacht  wwvfen?  Doch  wol:  etwas,  was  sich  in  oder 
duch  not  so  wendet  (=  gestaltet^  wie  es  erscheint;  nicht,  wie  flsjne  U,  1019 
wnsehreAt:  geeignet  eine  nothge  zu  wenden.  Lexer  im  DWb.  7,  956  sezt  beide 
Vcihrtnngni  an;  rieJlekht  ist  doch  nnr  die  erste  zn  grvide  zn  kgu. 

Diese  nnbedentenden  nachtrage  versehwinden  frei&ch  gegeniber  der  reichen 
fille  dessen,  was  Heynes  worterbnoh  bietet;  Tieflcicht  hat  ^yne  selbst  manche 
nater  ihnen  Wi  der  notwendi^B  beechrinknng.  die  fnr  das  hoch  eifetdeilicfa 
absichtbch  bet  seite  gelassen. 

a 


*s  Sasanna  o^  Calcmaia.  ndgirne  for  nniTersitets-jubi- 
laeets  daaske  samfnad  af  &  Hikct  fiirilk.  med  et  tiBaef :  Materiaiier  tfl 
skneefiillecs  histetie  i  DMmirk  iw  Kalmu kippen.  Kshenham«  Ikielaa  bogti]^- 
tei  18&S— 1S^\  XLIX.  2lM  &  S*.  [^  UniTeBziBtS'jnbflaeels  daimke  aam- 
fand  ar.  45.  47  ani  53>     7  kr.  ^  7.S0  m. 

IW  dlnisiche  drami  tv»  der  kensAai  rn^niiM.  wekhes  ans  der  nm  die 
cwchichte  des  äiefVQ  <ä&ss^*&ea  schaasfsei«  dnrrh  viele 
•T^  dMisie  wttschnft  XXI.  477*  hoohT«fdi»ie  v^M*saeher  der 
tie^Kbxh^  dsrHMet.  ist  ei&e  4hKwtnanc  der 
det>  A;&gsb«neer  ««fhalmefestets  Scxt  Bir:k  «4er  Xj^t«  Betak»  Tom  jalon  1537^ 
IW  üK^rwtier  war  |pWft*h£ib  eis  ^«^aimecsser.  der  IM:*  sa  Rft»  gthinmis  Peder 
JensisiML  Himtodi.  der.  nak-hdec!  er  Mse  ?ca.^FHfihfe  in  £«f«Bhi^gen.  Lsipiig  nnd 
W!t?»nK*fy  Tc5e»Mt.  ab  »«iter  der  >kak<chak  an  si»ir  im  i  luii  viikto  «ad  ab 
I?w$dk4wr  da^Vst  li^l4  <taHv  Ffir  iie  «fcefährz:^  der  nch-ilumiü.*  nach  ihinliiihijn 
^witlde  war  ^  ab  lekwc  r»flbch  t&exj::  ^^  btath^e  er  nn  &.  SSl  nnd  S.  jnm  1576 
den  Jefh^  t^eiiNn:  Bnci^assst^.  den  Abra^jot  Oem:  FiÜHihi^iw  imd  die  Snaannt 
Bov^  in  diaK!^*^^^  i^wtah  tu:  i^knen  $eh«jfra  imr  >änr»eBanf.  Die  mhenetsnng  der 
ersaen  Wtd^  ^tnckv^  rähtte  tvc  ;^ir»  i^^aer  >v\9er  S^ni«^-  m  Eetfng  her,  die  der 
^asMma  ^^stie  K^^^nhead  will«$t  K^Yvt.  Ist  waJkl  «erwfi«n  w«^  er  wnl  mit 
da^uv^  >«iante»t.  dfe»  er  ^*^Mtt  l^^  ecne  itteoane^  S^rnsnan.   mchm  dfe  Biiek- 

i^  Idn  tNtt  Wir 


;AN.VA    KT.    BIUKEI    SMIIÜ  135 

m  fitulianieu  in  Leipug  liatte  auITüiiren  aeheu'.    Er  kante  aaoh,   wie  er  im 

a.  14  emUint,    ein  filterea  deutsuliea  Sosaunaspiel,   wahroclieiDlicb  die  von 

i  dieser  isitsclirift  XI,  132.  161  bösprochene  nnonyrae  Nürnberger  fassung: 

I  ffoetatn/  qiii  hoe  atytHntnium   traeCoril,    ridimita  mdlum,  praeter 

qui  tttäta  fcrv   eleganiia  eonfiimim    quiddam    rt   ä/iovaov,    Oermaniein 

iytkmi»,    iam  olitn  anic  Bcluleium  noalrum  congaaseral.    Seine  dinische  ühartra- 

;  Ueea  Hegelund,    nadidem  er  gebärt,    dass  das  latciniBc-he  original  am  3.  jnni 

a  Studenten  im  Kopeohagener  schlösse  gespielt  worden  war,  in  den  folgenden 

I  157B~79  zn  Kopenhagen  dnioken. 

Seine  arbeit  verrat  in  dor  form  durchaas  die  einwirkong  der  dentsaben  litte- 
.  Sie  ist  in  den  vierfiissigen  reimpaaren  di'S  deotsclian  iJramas  geschrieben,  die 
elleo,  dio  oloe  seelische  enegung  scbildem  wie  die  lieboaglut  der  greise  oder 
i^'iier  8uBannn  (s.  29.  44.  49  fg.  62),  den  Iffikanten  halbverscn  platz  inacheD; 
I  chortied  in  dor  mitte  des  5.  alts  (s.  17)  ist  in  gleichem  motruni 
,  wilhrend  die  nbrigen  chöre  zu  endo  der  atte  foi'tgebllon  sind;  drei- 
pKiB  s.  44.  50,  63;  überschlagende  reime  nnr  im  prüloge  s.  22.  Verein- 
Bt  findm  Eich  aaub  deatscbe  ausdriicke;  s.  57  en  god  jaaherre,  63  epitugexellr, 
U'2i3  Ein  vier  hiU  sieh  für  der  titat.  Der  lügen  wird  icol  icerdeti  r/ial,  und  s.  141 
ttugt  der  gebille  des  büttels  Andranchus  an  überhaupt  doatsch  eq  reden.  Oomein- 
BMn  mit  deutschen  beai'beitungen  laleioischor  dramen  ist  Hegelund  die  groaae  breite 
und  Mufährlicbkoit;  zur  widergabe  der  1837  verse  Bircks  bcancbt  er  über  3000  (Ici- 
d«r  fehlt  eine  vorsiBhlung) ,  wobei  mau  freilich  berücksichtigen  muss,  doss  der 
dftoieoho  aohtailbler  dem  kteiniBcheu  seuar  oder  tetrameter  an  länge  erheblich  nach- 
steht. Aber  auch  sonst  ist  die  Übersetzung  keine  wörtliche  la  nennou,  sondern  oft 
malt  der  Düne  die  buapp  angodeuiotcn  züge  der  vorläge  weiter  aas;  dum  ad  nosiri 
»emlt  mnreM  el  liomimn  paulo  tdlem  adduasre  istud  (prafseriptmn  aulorinj  pro- 
jHua,  sagt  er  £.  14.  £r  obarakteri^tiert  z.  b.  die  letdenscbaft  dor  verliebten  alten 
wuitmaher,  er  anhiebt  in  die  gerichlsscene  lehrhafte  betrachtungen  über  die  pflich- 
ten eiooe  riohters  ein,  er  fügt  m  der  peraononzahl  einen  weiteren  söhn  der  heldiD 
und  einen  büttel  nebst  seinem  gehilfen.  Eine  besondre  Vorliebe  bat  er  für  volkstüni- 
Ucbe  Sprichwörter  und  aeutenzen  aus  der  bibel  und  dun  lateiniaohen  klaasikeni,  wie 
aui^  zwei  vom  herausgeber  a.  XI  erwähnte  spfitere  Sammelwerke  von  ihm  zeigen: 
er  Mzt  sie  mcht  bloss  an  den  rand  (zweimal,  s.  50  und  153,  begegnen  citate  aus 
S^oeoBs  tragodien),  sondern  auch  in  den  text  der  Susanns.  Itegelmässig  fügt  Hege- 
luQd  Tor  jeden*  scene  ein  prosaisohes  argument  und  eine  gereimte  moral,  z.  b.  s.  TD: 
Latiffe  hhetler  inet  fvorede  »kirtd 
Ha/ft4^r  quindfoM  oc  sCackede  sind, 
wUo.  Pie  auafübriicben  lateinischen  bübneaanweiGnogeu  ergeben  manches  interes- 
a  über  die  uinzelbeifcn  der  darstellung:  s.  49  ruft  Ach abu»,  um  die  stoLs  achwei- 
1  überführen,  iruerttt  per  aim  in  aimtm  manu:  ,JA,  foler,  huad 
'  flattrig  xlaar."  s.  38  wird  die  anaetattung  des  gartens  mit  rasen  und  frisohea 
Um  voi^escbrieben;  vor  dem  beginne  des  stäokes  (s.  26)  ziehen  sämtliche  schau- 
r  in  drei  abteilungen  auf,    und  der  argiimentsprecbor  stelt  sie  den  Zuschauern 


Siatttma  camo9dia  a 


a  Dotii  aus  Hpfrolou 


'  il«ni  niQiiiu-sn  ^Utgt<riuldeu.    Sannt  Ist 
its.   waui  DIU)  von  Uiiadhipr 
IT.  jitluhimdeTI  vgl,  BoIIa  In  B 


,  mo^n^tanKotDU.    Dia  mW  uif- 

Urnym  (nm  IfiiO) 
■nOiiTSa,  113— HG 


136  BOLn,  DbB  BiaBLUND,  SUSAICNA  ID.  BODOSr  SMIIH 

einzeln  vor,  darauf  ree^uni  se  personae  in  domieüia  sua  intra  9e6namK  Und 
SL  129  hebt  der  Übersetzer  es  ab  eine  besondere  feinheit  des  diohters  henror,  dass 
zum  Schlüsse  widemro  sämtliche  personen  aof  die  bühne  kommen  und  so  den  über- 
blick über  die  ganze  handlang  erleichtem.  Merkwürdig  ist  endUdi  die  art,  in  der 
Hegeland  im  4.  akte  für  die  erheiterong  seiner  zahörer  nach  so  vielem  tnmrigen 
soigen  za  müssen  ^ubt;  da  ihm  ein  chorlied  oder  ein  anslündischer  tanz,  wie  er 
s.  15  bemei^t,  hierza  nicht  genügt,  schiebt  er  hinter  der  verorteiliing  der  hddin 
(s.  147  —  258)  einen  monolog  der  personificierten  yerleamdang  (Calamnia)  von  etwa 
3000  versen,  also  von  gleicher  länge  wie  das  ganze  übrige  Schauspiel,  ein.  Biese 
allegorische  figar  tritt  gleich  der  vergilischen  Fama  (Aeneis  4,  173),  die  anofa  Hans 
Sachs  zu  seinen  gedichteu  «Nachred  das  greulich  laster^  und  „Das  haus  des  Neides* 
(1531  und  1548;  in  der  ersten  folioausgabe  1,  297.  R.  Z.  Becker,  Hans  Sachs  im 
gewande  seiner  zeit  1821  taf.  17)  angeregt  hat*,  auf,  an  rücken  und  fassen  geflügelt 
und  ganz  mit  augcn  und  zungcn  bedeckt,  mit  grossen  obren  und  zwei  zusgen  ver- 
sehen, in  den  bänden  bogen  und  pfeile.  Sie  stelt  sich  selber  vor  und  nimt  bei  der 
schomatischen  beschreibung  ihres  wappens.  ihrer  kleider  und  gliedmasaen  gelegenheit^ 
die  geschiohte  der  reformation  in  Deutschland,  Fninkreidi,  Holland  und  der  ans  ihc 
hervorgegangenen  kriege  von  streng  lutherischem  Standpunkte  aus  ansfÜhilioh  z 
erzählen.  Wahrscheinlich  führte  üegelund  das  Zwischenspiel  erst  für  den  druck  i 
dieser  ermüdenden  Weitschweifigkeit  aus;  eine  unverkürzte  darstellung  bei  der 


aufFührung  ist  kaum  anzunehmen.    Die  abbildung  der  Calumnia  auf  s.  149  kann  mit 
teibar  durch  den  holzschnitt  bei  Hans  Sachs,  der  ja  auch  sonst  ins  dänische  überse; 
ward',   beeinflusst  worden  sein:   auch  an  das  beliebte  Lucianische  bild  des  ApeU^^ss 
von  dem  unschuldig  verurteilten^  mag  erinnert  werden. 

Eme  wertvolle  beigäbe  des  herausgebers  ist  die  Zusammenstellung  aller 
richten  über  die  geschiohte  dos  dänischen  Schauspiels  bis  1600  auf  s.  XXVll — XU 
Wir  ors^ehon  aus  den  systematisi'h  geordneten  daten,   wie  die  humanistensitte  late 
nischer  si'bulaufFührungen   im    laufe   des    16.  Jahrhunderts   in   Dänemark    ein« 
wie  aber  bald  trotz  einigen  widerstrebens  dänische  Übersetzungen  an  die  steUe  di 
frundon  stücke  treten,  denen  sich  dann  eigene  dichtungen  anscUiessen.    So  werd^> 
ausser  Plautus  (Aulularia)  und  Terenz  (Andria.  Eunucfaus,  Heautontim.)  die  bedeutec»- 
deivn  noulateinor  bekant:  ReuchÜns  Scenica  progymnasmata,  ChiL  Mellerstadts  Doro- 
thea, Onaphous*  Aoolastus,  Betuleius*  Su^anna  und  (?)  Judith,  Saindus*  Anabion,  GuaX^ 
therus    Sabal.   I^peus*  {?^   Samaritanus,   Macropedius'   Hecastus    und  (?)   Lazarus 
Madirus*  Pisander  bombylius.  Orocus'  (?>  Joseph.  Zieglers  (?)  Deoem  viigmeSf  Styns- 
mols  Studontt^,    Buchanans  Jophtes.    Deutsche  stücke,   wie  1577  eine  komödie  vo 


V  All««  pNua  d^QtschefB  bnmche  <cit5|ti«ch«ihl ;  Tci.  mwam  liMiili^t  im  Tnybtm 
J.  Sdüvs  ISMC  l!t90  s.  *3t. 

2i  Snith  «.  \XTV  «viiuMrt  aa  di«  dM  2.  tml  tx«  Skakespfww  HciBrioh  IV 
RoBK^ur  «ad  «a  FitvoBby  in  T>  Ki»  dIxu*cik«Bi  «cluMi^pi«!  Abwloa  vl^Sj-    Ebwn  nrft  im  D. 
FlApum  vl^^^  Fama.   naokdMB  Kun;  roa  Krafsop»  di«  |ihiisc«  gwuibt,   xar  wtMtgwmg  dta 
m  aaf. 

3^  In  iin.««rn  biMüvrapliiMi  ffthler.  di«  rvND  XTVRf'.  AlmiBdetiir  MonkaMaMUia  1816  s.  21B- 
'J17  K««>ohri«Sra<«  fiKMi^tniBOMi  dM  H«llh«d«»  tx>b  1>4^^    foÜoaiMfabe  1 ,  356) 
jidM««  K  l>t<«r  «nd  de«  Wnvii  vxw  Kv>^  ^l .  M     VjS.  MaitkiM  in  den  mi 
NilrnhM^  7.  lt%*\    Aoo^  \Viclrun>  KnahNUfMpri  tv«  15M  endiMn  tnt  1571 
«,  JOti     311. 

4^  Han»  Sac^k».  flnI)o*m^b«  1 .  431  ^15^4^    WottsaaB.  H<av«iB*  1.  30&.    J.  llirylh»* 
AfNaHw  A<v\ftitt»  0^^^  dMilMli  T«n  J.  iVcwr  \iaA»<. 


tOBLEB,    ÜBKB   nRA.VIMTtrrEr) , 


137 


id  Goliath  (von  TTtnlff?,  Ztechr.  t.  A.  altart.  32 ,  10),  worden  am  hofe  in 
LopenhRgeD  unit  llelsiogor,    wo  spater  die  eDglischeo  komödianten  erschieneu.   dar- 

wühreud  RolloDhageDS  Abraham  durch  Haren  Ejaei'  nberaezt  wurde.  Die 
I.  XXXVI]  genantu  fabuta,  in  qua  introdueetur  cotomm  al-tquis,  qiti  deiltluilur 
I  mtliea  (1602)  hing  wol  mit  dem  Vitiilus  des  Sohonaous  msammen.  Die 
L  ym  *  angeführte  Busanna  des  Matsropedius  hat  wahrscheinlich  nie  existiert; 
.  I>.  Jiicohy,  MauropediuB  1887  8.  11.  8.  XIV  Ues  1577  statt  1677  und  a.  XXX, 
:.  9  V.  IL  lauimt  statt  laiem. 

BOBEU¥  (BIBLIN),  Jtru   ISeO.  JOSASNKS  BOLTJC 


iceplion   der   neuh 
afl  Luzern    (1600- 


L-hdeutschen   sc] 
-1830).     Von  dr. 


'iftsprache  !□  i 
.  Brandsletter. 


tadt  und  lai 
Einaiedein   If 


Diese  Schrift  ist  teilweise  eine  ergfinznng  oder  fortsetzang  der  ,  Prolegomeoa 
Ini  einer  urinioiälichen  geschickte  der  Luzeraer  nmndavt",  die  der  vBrfasser  im  Jahre 
1690  heransgegeben  hat  und  die  ich  band  XXFV,  3D1— 33  dieser  leitsohrift  besprochen 
Bios  mnl  hat  sieh  der  Verfasser  die  aufgäbe  gostelt,  zuerst  die  schrin-  (kani- 
loi')  Bpranhe  in  LoKcm  vor  dem  eindringen  des  neuhochdeutschen  und  dann  diese« 
KndriDgen  nnd  den  kämpf  der  beiden  sprachformeu  bis  zum  siege  das  neuhochdeut- 
leb«n  lUrzoElellen ,  beides  sowol  in  grainmatiBcher  übersieht  als  an  textprobon. 

Einleitend  (s.  1  —  17)  gibt  der  Verfasser  in  ebenso  gewissenhafter  und  einleuch- 
tender weise  wie  bei  den  , Pralegomena "  die  britischen  grundsfitze  an,  noch  denen 
cu  verfahren  ist.  Er  bat  nur  bandschTiftlichQ  quellen  beunzt,  weil  die  drucke 
oR  inderongen  enthalten,  und  nur  von  gohürtigee  Luzemera  mit  authentischen 
iDteischrifk-n,  immer  von  mehr  oder  weniger  gebildeten.  Schon  diese  grundsatKe 
welche  Sorgfalt  und  mühe  der  Verfasser  bei  der  auswahl  seiner  c|ue11en  ver- 
tut bat 

)  folgt  die  darstelluDg  der  Luzemer  kauzleisprache  nm  das  Jahr  1600 
1  gnunmatischmi  hauptmerkmalen;  s.  31  —  62  dos  eindringen  der  Schriftsprache,  wel- 
|niM  natürlich  nur  almählicb  nnd  nicht  gleichzeitig  auf  allen  punkten  geschah,   dar- 
1  einer  auswahl  grammatischer  erscheinungen.     Den  schluss   machen  tcxt- 
roben  von  peraonen,  die  an  bildung,  stand  und  wohuoil  verschieden  waren. 

Das  einzelne  liesse  sich  ohne  Weitläufigkeit  nicht  referieren,  ist  aber  immer 
~ine  reihe  von  monographien  iibnlicher  art,  wie  die  nenlich  erschie- 
Ixeno  von  Nebcrt,  Zur  gesohichte  der  kanzlaisprache  in  Speier,  ist  natürlich  eine 
[  «merlitseliche  Vorarbeit  für  die  geschichte  der  kanzi  ei  spräche  und  der  schriFtsprwihe 
u  deutschen  Sprachgebiet.  [Der  Verfasser  lioss  noeh  orsobeiuen;  Die  Luzer- 
zleisprache  1250  —  1600.  Gedrängter  abriss  mit  hervorhebung  des  metho- 
^dologischen  momentes.    Gesohiohtsfreund  bd.  XLVll,  s.  227—318.     Red.] 

ItffilCB, 


ind  flexionslehre  der  mundart  des  mitleren  Zornthaies  im  Elsass. 
i  Llenbort.    (Alsatische  Stadien,  I.  beN.)    Straasburg,   Trübner.    1891. 


Dnrob  die  vorliegende  übeTsicbtlich 
niekte  dialektgram matik  führt  sich  der  z 


lin^eteilte  und  mit  änsserster  kon-cktbeit 
ibänftige  mitberansgeber  des  elsässiacben 


138  SOGIN,  ÜBER  LDBNUABT,   MUNDABT  DI8  ZOBNTAIIS 

Wörterbuches  in  günstiger  weise  bei  den  fachgenossen  ein.  Seine  darstellnng  ist  Ewar 
eine  rein  descriptive,  ausschliesslich  nur  die  heutige  ausspräche  bertLcksichtigende; 
dafür  bleibt  er  aber  nicht  bei  der  lautiehre  stehen,  sondern  bietet  uns  nun  einmal 
auch  die  mundartliche  declination,  conjugation  usw. 

Einige  grundsätzliche  erörterungen  mögen  hier  platz  finden.  Umlaut  des  a  ist 
ein  stark  gutturales  ä,  z.  b.  fach  —  faeher;  gelegentlich  aber  auch  offmes  0,  z.  b- 
daeh  —  decßier,  woneben  wider  das  diminutiv  däehel;  ebenso  bei  d;  ffMef^  (gar- 
ten) pl.  gaerte'*^  aber  xon  (zahn)  —  pl.  xin.  lienhart  führt  dieses  e  auf  „neuhoch- 
deutschen einfluss'^  zurück.  Ein  solcher  wäre  nun  aber  nur  denkbar  dorcdi  vennit- 
lung  des  gedruckten  buchstaben,  und  da  dieser  =  ä  ist,  müste  dann  auch  die 
ausspräche  demgemäss  sein.  Wir  haben  es  vielmehr  mit  zwei  zeitlich  auseinander- 
liegenden  stufen  des  umlauts  zu  tun,  von  denen  ä  gerade  die  jüngere  ist 

Etwas  mechanisch  ist  das  kapitel  vom  sporadischen  lautwandel  aa^ÜBSst  Es 
ist  unrichtig,  zu  sagen:  „t  für  k  —  stakse*^  =  mhd.  statxen*^^  sondern  stakset  geht 
eben  zurück  auf  mhd.  stackexen,  niost  komt  nicht  von  mhd.  man,  sondern  ist  zu- 
sammenziehung aus  magsät;  mer  für  tctr  beruht  auch  nicht  auf  spontanem  laut- 
Wechsel,  sondern  auf  assimilation  an  vorhergehendes  verbales  n;  in  mer  =  man  hat 
sich  r  aus  hiatusdeckung  veralgemeinert  usw. 

Das   transscriptioDSsystem,   dessen   lienhaii  sich   bedient,   ist  daqenige   vonm 
Kräuter.    In  diesem  System  kommen  die  zeichen  b,  d,  g  nicht  vor.    Eine  media  inm 
norddeutschen  sinno,   d.  h.  tönend,    besizt  nämlich  das  elsässische  so  wenig  wie  dic3 
andern  oberdeutschen  mundarton.     Zugleich  werden  die  tenues  p^  t,  k  mit  so  gerin  — 
ger  intensität  gesprochen,  dass  sie  mit  den  charaktensierton  b,  d,  g  zusammenfalleim . 
Für  diese  laute,   die  „  gewissermassen   zwischen   den  alten  medien  und  den  tenue*e 
stehen**,   sind  die  tenueszeichen  gewählt  —   nach   meiner  ansieht  kein   glückliche» b* 
griff,   da  p,  t,  k  im  leser  unwilkürlich  die  Vorstellung  einer  energischen  artikulation^ 
wie  sie  z.  b.  die  ostschweizeiischen ,   nicht  aber   die  elsässischen  mundarten  haben, 
erwecken.    Es  entfernt  sich   dadurch  die  elsässische  dialektologie  nicht  nur  von  der 
in  deo  mundartlichen  Schriften  üblichen  Schreibung,  sondern  auch  von  der  transscrip- 
tionsmethode  der  übrigen  alemannischen  dialekte. 

Das  zweite  heft  der  alsatischen  Studien  soll  eine  darstellnng  der  spräche  in 
Arnolds  „Pfingstmontag**  (1816)  bringen.  Wir  möchten  wünschen,  dass  darin  d«s 
problem  der  lautbezeichnung  seitens  des  nicht -philologischen  dialektBchriftatellen  im 
Zusammenhang  mit  der  Orthographie  früherer  zeiten  erörtert  würde. 

BASEL,   AUGUST  1891.  ADOLF  800IN. 


Der   mundartliche   vokalismus   von   Basol-stadt     Von  Ediuunil  HeflkuuuL 

Basel ,  Geering.  1890.    2  m. 

Lobend  verdient  in  erster  linie  hervorgehoben  zu  werden,  dass  Hoffinann  das 
einschlägige  material  so  volständig  als  möglich  beibringt  Seine  arbeit  ist  eine  fleissige 
und  sorgfaltige  lautstatistik.  Mit  besonderer  verliebe  hat  er  die  geschicke  der  unbe- 
tonten vokale  verfolgt.  Wenn  ich  mir  erlaube,  auf  einige  irtümer  hinzuweiseo,  so 
soll  dem  wert  der  arbeit  dadurch  kein  abbruch  geschehen. 

Seite  4  heisst  es:  „Nach  den  obigen  erörterungen  sind  es  also,  abgOBobeo  von 
der  ausspräche  der  fremdwörter,  vorwiegend  die  gebildeten  stände,  wdohe  die  leinate 
lautforro  der  mundart  aufweisen.  Es  ist  daher  diese  spräche  der  naohfdgeodeD 
abhandlung  zu  gronde  gelegt*^.    Qende  die  art  und  weise,  wie  die  fremdwWar  vm 


^H  SCEILD,    ÜBEB 

^■to  qUDgebiltleteii"  bebaadelt  werden,  hätte  dem  verbsser  zeigen  sollen,  äns&  vor- 
HlgsiTeise  bei  die^^eo  die  qaeJIe  der  mundart  rein  und  lauter  sprudelt  Ohne  alle 
^■SosMm  und  gelehrsamkeit  laeseti  aie  die  (rooidea  lante  diejenigen  vuränderuDgen 
duTubmachen,  welche  durah  die  specitisohe  eiiiHtellung  ihrer  ortilnilatiaDSergaDe  bedingt 
wdTden,  Wie  die  ungebildetcu  sich  Freiadea  spmchgut  mundartlich  zureoht  lu  legen 
«isseu,  so  QndeD  wir  auch  hei  ihnen  die  erbwürter  in  streng  gesetsroässiger  fortent- 
«luklnni;,  und  does  sie  beim  onigang  mit  leuten  anderer  mundarten  in  höherem 
gmd  als  die  gebildeten  eine  Icorniption  ihrer  eigenen  mundart  xa  befürofateu  hatteo, 
ist  ojcbt  SDEiuichinen. 

Die  gebildeten  waren  nirgeuds  und  ^n  k^ner  zeit  die  getreusten  hütor  echter 

mondart,  und  in  Basel  werden  sie  wol  keine  aasoabme  maehun,     Wie  oben  ist  gesagt 

vonlvD,    bat  der  Verfasser  die  spracho  der  gebildeten  seinei'  abhandlung  zu  gründe 

..gdegt.    Im  TurkuTe  derselben  beaint  er  sich  eines  besseren  und  bringt  uns  Totmen, 

a  jeder  ungebildete  sich  bedient. 

Seite  4  erwähnt  er  als  der  gebildeten  spräche  angehörig:    ■katonsiil,    'kontö'r. 

rMh»r»»r»,  'kwiKuitian  naw.    Seite  84,  91  fgg.  werden  bonbli,  abfdek,  'luihüainar, 

üibidün,   h/diit,    äbiditt  laut  erklfimng  von  Seite  4  als  ebenrals  der  spräche  der 

gelrildeten  konform  aufgeführt,    obgleich  sie  ganz  den  Stempel  der  ,mot8  populairea" 

«D  der  stinie  tragen.    Wie  reimt  sich  das  zusammen? 

Ober  das  vokalsehema  s.  5  mag  folgendes  bemerkt  werden,  Wenn  Winteler 
tKerenzer  mundart  s.  I05j  die  vok^e,  ausgenommen  die  vermitlanggklangfarben ,  auf 
einer  geraden  linie  darstelt,  so  steht  dies  im  einkkog  mit  seiner  ansieht,  dass  die 
v^nchiedene  (lualitäl  jener  vokale  hauptsächliob  von  der  in  horizontaler  richtung  sieh 
volaphendeu  beweguug  der  znnge  herrühre.  Vieler  (Elemente  der  phimetik  s,  16)  liast 
«>  seinem  diagramm  die  beiden  sehenke!  von  a  aufwarte  geben,  weil  von  a  nach  i 
'uid  II  die  znnge  sieb  hebt  Hoffinann  führt  die  beiden  radien  abwärts.  Das  ist  nun 
^«rdings  litwas  neues,  aber  schwer  zu  begreifen. 

Die  gleicbung  t  =  frz.  ^  ist  nicht   richtig.    Das  frz.  r  ist  offener  als  HofF- 
mum»  f.    0  soU  sich  mit  frz.  dumpfem  e  decken,  und  um  die  gleichnng  pUusibei  zu 
BUchno,  wird  bemerkt;  i  bt  seiner  färbung  nach  gegen  ö  hin  liegend:  s  in  btnt  darf 
**b  nicht  dem  c  in  frz.  le  gleich  gesezt  werden. 
%  lö.    lu  Bern  apricht  man  nicht  p'ffs,  mei. 

In  §S  IT.  18.  19  befindet  sich  auch  nicht  nlles  im  reinen.  Die  Chronologie  der 
'''Phthongterangeu  resp.  der  vokalverscliiebnngen  steht  nnf  sehr  gebrechlichen  füssen. 
Catet  1.  finden  wir:  t'i  >  f»,  unter  3:  fi  >-  ai.  Wenn  also  fi  in  a»  übargiong, 
*"  i  {ij)  schon  zu  ft  sich  gewandelt  liatte,  so  muste  dieser  diphthong  auch  in  den 
'■nrondluDgBprozess  hineingerissen  werden,  also  auch  in  a*  übergehen,  folglioh  würde 
*™^i»  Mai»  ergeben  haben.  Dem  ist  aber  nicht  so,  also  (Uli  auch  das  chronologische 
S^^Qde  in  aicb  zusammen. 

Klar  liegt  jedoch  die  Sache,  wenn  \,-Tt  folgende  entwickinngsreihe  annehmen. 
Die  1.  etappe  mnes  die  entrundang  der  gemadeten  vokale  gewesen  sein,  also 
""  ^  p.  Auf  der  2.  etappe  sehen  wir  %i  in  ai  übergehen,  und  erst  in  Iczter  linie 
"^cin  «ich  die  geachicke  der  hiatusvokale  erfült.  Nicht  weil  der  biatusvokal  ■'  eine 
"^  lange  walfahrt  angetreten,  bt  er  zu  ai  geworden  (f),  sondern  weil  er  später  als 
*''*  QdiI  (I  sieh  auf  die  reise  begeben  hat. 

Hinsichtlich  der  tnmsscription  der  kunsonanten  Rilt  die  dcppelkonsonanz  im 
■iwlaut  jmf.  Im  intaut  kann  sie  die  gemination  figurieren,  aber  im  aaslaut,  was  hat 
^'^  4a  zu  tun?    briitt,  afkh  usw.  sollen  doch  keine  gemination  andeuten. 


140  MISCELLBN 

Nach  §§  146,  188,  199  nimt  Hof&nann  an,  dass  die  alten  längen  i,  üy  ü  im 
auslaut  nicht,  sondern  nur  im  inlaat  vor  vokal  diphthongieren.  Es  ist  indessen 
nicht  einzusehen,  warum  auslautender  vokal  vor  vokalisdiem  anlaut  der  folgenden 
Silbe  weniger  der  diphthongierung  zu  verfallen  hat,  als  inlautender  vokal  im  hiatus. 
Die  bedingungen  zum  eintritt  der  diphthongierung  sind  ja  in  beiden  ffiUen  identisch. 

BASEL,  JUNI  1891.  F.  SCHILD. 


MISCELLEN. 

Zu  Fiiedrieh  Hebbels  trauersplel  Agnes  Bernuier. 

3.  akt,  8.  scene.  (Friedrich  Hebbels  sämtliche  werke.  Hamburg ,  HoffmaoD 
und  Campe  1891.    4.  bd.  s.  48.) 

Albrecht.  Agnes,  hat  man  's  dir  schon  gesagt,  dass  der  rote  wein,  wenn 
du  ihn  hinkst,  durch  den  alabaster  deines  halses  hindurch  leuchtet,  als  ob  man  ibo 
aus  einem  kristaU  in  den  andern  gösse? 

Hebbel  benuzt  hier  ein  altdeutsches  motiv.  Vgl.  die  erzählung  der  Borte 
von  Dietrich  von  Glatz,  gedruckt  in  v.  d.  Hagens  Gesamtabenteuer  I.  band,  8.456, 
V.  47  fgg.    Dort  heisst  os  von  einer  jungen  frau: 

ir  kinfte  wi^,  stnewel, 

ir  kel  was  ein  lüier  vel, 

dadurch  sack  man  des  wines  ewanc, 

sioetme  diu  sehcme  vrouwe  trank. 

Da  „Agnes  Bemauer*^  1851,   das  „Gesamtabenteuer '^  1850  erschienen  ist,   so  ist  es 
nicht  unwahrscheinlich,  dass  Hebbel  gerade  diese  stelle  vorgeschwebt  hat 

4.  akt,  4.  sccno  (Werke  s.  63)  berichtet  Ernst,  herzog  zu  München- Baier« ^ 
von  seinem  söhn  Albrecht:  Er  reitet  heut  oder  morgen  nach  Ingolstadt  zum  turnie^ 
hinab.  Dort  soll  er,  ich  möchte  sagen,  wider  ehrlich  gesprochen  werden,  un^ 
dies  wird  glücken;  denn  Ludwig  hat  alles  zusammen  gerufen,  was  mir  feind  ist,  tt^ 
denkt:  je  weiter  der  riss  zwischen  uns  beiden,  je  besser  für  ihn!  Nun,  währeD(i- 
sie  die  fahnc  über  ihn  schwenken,  will  ich  dafür  sorgen,  dass  sie  sich  hinter- 
drein nicht  zu  schämen  brauchen. 

Den  gebrauch  des  fahnenschwonkens  in  diesem  zusammenhange  entlehnte  Heb- 
bel höchst  wahrscheinlich  der  erzählung  „Michael  Eohlhaas'^  seines  geistesverwanten 
H.  V.  Kleist,  dem  er,  wie  seine  jugondschriffc  „Über  Theodor  £ömer  und  Heinrich 
V.  Kleist*^  zeigt,  schon  früh  eindringendes  Studium  widmete.  Vgl.  H.  v.  Kleists 
sämtliche  werke,  herausgegeben  von  Theophil  Zolling  (Stuttgart,  W.  Spemann),  4^  teil, 
s.  153:  „Denn  der  erzkanzler  herr  Heinrich  hatte  die  klage,  die  er  im  namen  smas 
herrn  in  Dresden  anhängig  gemacht,  punkt  für  punkt  und  ohne  die  m»nd<>Btft  ein- 
schränkung  gegen  den  Junker  Wenzel  von  Tronka  durohgeeezt;  dergestalt,  dass  die 
pferde,  nachdem  man  sie  durch  Schwingung  einer  fahne  über  ihre  hinpter 
ehrlich  gemacht,  und  aus  den  bänden  des  absenders,  der  sie  ernährte,  ivrfick- 
gezogen  hatte,  von  den  leuten  des  Junkers  dickgefuttert  und  in  gegenwazt  tiav^ 
eigens  dazu  niedergesezten  kommission  dem  anwalt  auf  dem  markt  zu  Diesden  ftbsr — 
gebtti  mndea  waren^ 


MIBOELliBN  141 

Za  Goethes  Faust. 

Prolog  im  himmel  v.  68  (310) : 

Weiss  doch  der  gärtner,  wenn  das  bätunohen  grünt, 
Dass  blüt*  und  fncht  die  künftigen  jähre  zieren. 

Schroer  sucht  in  einer  längeren  anmerkung  zu  erweisen,   dass  hier  nicht  an 
das  gnln  werden  im  frühlinge  zu  denken  sei,  sondern  dass  grünen  hier  die  bedeu- 
tang  des  althochd.  gruqfan  =  wachsen  habe.    Ich  sehe  keinen  grund,  weshalb  wir 
hier  grünen  in  einer  bedeutung  fassen  sollen,  die  in  der  spräche  des  18.  Jahrhunderts 
nicht  zu  belegen  ist     „Die  künftigen  jahre^  ist  wol  zu  erklären  durch  „dieses  und 
das  folgende  jähr*'.    Wie  ich  sehe,   hat  auch  Friedrich  Hebbel  in  seinem  trauerspiel 
Maria  Magdalena  (Sämtliche  werke.    Hamburg  1801.    2.  bd.    s.  99)   in  einer  stelle, 
üie  offenbar  auf  eine  reminiscenz  an  Goethe  zurückgeht,  die  stelle  des  Faust  so  gefasst, 
wie  man  sie  imbefangen  immer  erklären  wii-d.    Er  lässt  dort  den  meister  Anton  spre- 
chen:  „Wenn  ich  einen  bäum  grünen  sehe,  so  denk'  ich  wol:  nun  wird  er  bald  blü- 
ben!    Und  wenn  er  blüht:  nun  wird  er  fruchte  tragen*'. 

II,  2,  5  Am  obem  Feneios. 
3189  (7801)    Wo  bin  ich  denn?    Wo  wiU's  hinaus? 
Das  war  ein  pfad,  nun  ist's  ein  graus. 

Bereits  habe  ich  bd.  24,  s.  509  dieser  Zeitschrift  Schröers  erklärung,  welcher 
graos  hier  als  land  =  steinkom,  Steinschutt  deuten  will,  zurückgewiesen.  Ich  füge 
(iem  heute  eine  stelle  aus  lichtwers  fabeln  I,  22  hinzu,  wo  graus  in  ähnlichem 
zosammenhange  vorkomt,  indem  es  nach  einem  gewitter  heisst: 

Der  gärtner  läuft  nunmehr  herbei. 

Und  findet  graus  und  Wüstenei 

^  ist  klar,  dass  in  einem  zerstörten  garten  von  keinem  steinschutt  die  rede  sein 
^^*ttii.  Graus  kann  hier  vielmehr  nur  die  bedeutung  „etwas  grauen  erregendes "^ 
haben,  die  ich  auch  für  die  Fauststelle  schon  früher  annahm.  Ähnlich  sprechen  ^ir 
iK)ch  von  den  gräueln  der  Zerstörung.  £benso  gebrauchen  wir  noch  das  adj.  grau- 
sam in  der  bedeutung  von  „grauen  erregend*',  wenn  wir  von  einem  grausamen 
Unwetter  reden.  Vgl.  auch  Mnd.  wb.  2,  519  unter  grusam,  wo  aber,  wie  in  Kehr- 
«u>B  Onunm.  der  deutschen  spräche  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  §  282,  eine  andere 
deutung  gegeben  ist. 

northum.  h.  sprbnqer. 

Erwldeninir« 

In  seiner  anzeige  meines  „böhmischen  Puppenspiels  vom  doktor  Faust*'  s.  421  fg. 
dieeer  Zeitschrift  (bd.  XXV)  gibt  herr  dr.  EUinger  den  gedankengang  meiner  ver- 
gleichmig  dieses  Puppenspiels  mit  dem  volksUede  in  einer  weise  wider,  gegen  die 
ich  einsprach  erheben  muss.  Ich  muss  zur  erklärung  die  betreffende  stelle  der  anzeige 
^'i'&luen:  „Die  wichtigste  der  dabei  in  betracht  kommenden  fragen  ist  bekantlich  die, 
^  welche  weise  die  in  dem  epischen  volksliede  vorkommende  scene,  in  der  Faust 
^  den  erlöeer  am  kreuz  malen  lässt,  in  das  drama  gekommen  ist.  Kraus  versucht 
^  knoten  mit  einem  kühnen  streiche  zu  durchhauen".  Dieser  „kühne  streich"  ist, 
wie  EUinger  weiter  ausfahrt,  die  deutung  des  titeis  „Comödilied "  als  Gomödienbal- 
w,  seines  inhalts  als  widergabe  einer  Prager  aufführung,  woraus  ich  nach  EUinger 
^  ^ine  Ptager  Umarbeitung  im  17.  Jahrhundert  schliesse. 


142  nwiraonnfo 

Für  eine  solche  art  zu  sohlieesen  wfire  die  bezeichnung  „kühner  streich"  noch 
ein  euphemismus;  sie  ist  mir  jedoch  volständig  ferne  gelegen. 

Hätte  herr  dr.  Ellinger  meine  einleitong  so  sorgfältig  gelesen,  wie  eine  andere 
qnelle  seiner  recension,  so  hätte  er  erkant,  dass  mich  das  angegebene  problem  an 
dieser  stelle  gar  nicht  beschäftigt  hat,  dass  ich  vielmehr  demselben  schon  in  der 
vergleichnng  mit  den  deutschen  pappenspielen  auf  s.  78  näher  getreten  bin.  Die 
frage  nach  dem  Verhältnis  des  Puppenspiels  zum  epischen  volksHede  hielt  ich  in  über- 
grossem vertrauen  auf  Tilles  Untersuchungen  für  erledigt  Hatte  ich  doch  als  ent- 
decker  einer  queUe,  die  seine  ansichten  zu  bestätigen  schien,  keinen  gnind,  ihm  zu 
mistrauen.  Es  stand  also  für  mich  im  vorhinein  fest,  dass  die  queUe  des  Volksliedes 
ein  Puppenspiel  des  17.  Jahrhunderts  sei;  ich  untersuchte  nur  das  veihältnis  von  C 
zu  diesem  construierten  Puppenspiele,  und  erst  nachdem  mir  diese  vergleichnng  eine 
gemeinsame  quelle  der  beiden  ergeben  hatte,  zog  ich  s.  94  zur  beantwortnng  der 
nebenfrage:  „wo  fand  diese  aufführung  statt? **  den  titel  „ Pragerisohea  Comödi- 
lied'^  herbei.  Herr  dr.  Ellinger  hat  sich  Tilles  ansieht  über  diesen  titd  zu  eigen 
gemacht;  ich  vermag  ihm  darin  nicht  zu  folgen.  Doch  das  gehört  nicht  hieber;  jedes* 
fals  ist  meine  art  zu  schliessen  eine  ganz  andere,  als  man  nach  EUingera  anzeige 
annehmen  müste. 

Unrichtig  ist  es  femer,  dass  ich  s.  57  die  innem  gründe  zur  datiemng  von  C 
verschweige.  Hier  hat  Ellinger  meine  interpunktion  nicht  beachtet;  ich  finde  bloss 
diese  gründe  unzulänglich  und  berufe  mich  daher  auf  mein  subjektives  stilgefuhL 

An  der  ganzen  vergleichnng  von  C  mit  dem  deutschen  volksliede  und  der 
daraus  sich  ergebenden  datierung  von  C  halte  ich  nun,  da  ich  meine  ansioht  über 
Tilles  Untersuchungen  geändert  habe,  nicht  länger  fest;  ich  glaube  jedoch  immer  noch, 
dass  C  ein  Puppenspiel  des  18.  Jahrhunderts  und  der  treueste  repräsentant  einer  gan- 
zen gruppe  der  deutschen  Faustspiele  (der  kreuzgrnppe)  ist 

PRAG.  DR.  KBN81,  KBJlXJS. 

Antwort  des  reeensenten« 

Ich  muss  es  den  lesem  dieser  Zeitschrift  überlassen,  die  betrefFenden  Seiten 
des  buchcs  von  Kraus  mit  meinen  ausführungen  zu  vergleichen;  sie  werden  dann  mit 
leichtigkeit  erkennen  können,  ob  die  darlegungen  des  Verfassers  ungezwungen  eine 
andre  auffassung  als  die  meinige  zulassen. 

Von  einer  anderen  quelle  meiner  recension  ist  mir  nichts  bekant;  heir  dr.  Kraus 
würde  mich  daher  zu  dank  verpflichten,  wenn  er  mir  zur  bereicherung  meines  Wis- 
sens diese  andre  quelle  nachweisen  wolte. 

SONDKRSHAÜSBN,   AM  27.   DKCEMBER  1893.  QIOBO   KLLINQSB. 


NEUE   ERSCHEINUNGEN. 

Andresen,  K.  O.,  Sprachgebrauch  und  Sprachrichtigkeit  im  deutschen.  7.  mafL 
(besorgt  von  Hugo  Andresen).  Leipzig,  Reisland.  1892.  Vm  und  476  8.  6  m. 
Die  Zusätze  sind  wenig  umfangreich;  druck  und  ausstattung  des  achätibaien 
Werkes  sind  in  dieser  ausgäbe  sehr  würdig  gestaltet 

Bmnne,  Wlllielm,  Die  fabeln  des  Erasmus  Alberus.  Abdruck  der  ausgäbe  von  1550 
mit  den  abweichungen  der  ursprünglichen  fassung.  [Neudrucke  ans  dem  16.  nnd 
17.  jahrh.  nr.  104—107.]    Halle,  Niemeyer.  1892.    LXXTT  und  216  s.     2,40  m. 


NEUE  EB80HEXNÜK0EN  143 

Der  bei  Goedeke'  II,  437—447  eingehend  behandelte  fabel-  und  kirchenlie- 
derdichtor  ist  in  der  einleitong  von  neuem  liebevoll  gewürdigt,  wobei  zu  seiner 
biographie,  zu  der  art,  wie  er  seine  quellen  benuzte,  und  sonst  zu  seiner  Charak- 
teristik vieles  neue  beigebracht  ist.  Interessant  ist  namentlich  die  anschauliche 
lokalisierung  vieler  fabeln  an  bestimten  örtlichkeiten,  die  Alberus  aus  eigener 
ansohauung  kante  (s.  LXVni  fgg.). 

Bttote,  Karl,  Beiträge  zur  Sittengeschichte  aus  Tandareis  und  Mordibel.  Kieler  diss. 
1893.    64  8. 

Dentselie  Uttemtardeiikmale  des  18.  und  19.  Jahrhunderts  40/41:  Von  deutscher 
art  und  kunst  (1773).    Stuttgart,  G.  J.  Göschen.  1892.    LV  und  123  s.   3,50  m. 

Der  neudruck  dieser  berühmten  fliegenden  blätter  ist  von  H.  Lambel  besorgt, 
welcher  in  der  ausführlichen  einleitung  die  aulsere  und  innere  geschichte  der  durch 
Herder  veranstalteten  samlung  sorgfältig  verfolgt  Treffend  ist  namentlich  das 
zusammenfassende  Schlussurteil  s.  XXX Vm — XLI. 

Über  den  Verfasser  des  vierten  aufsatzes,  den  Italiener  Paolo  Frisi,  bringt 
Lambel  s.  TXXTir  neue  daten;  name  und  person  des  deutschen  Übersetzers  ist 
auch  ihm  unbekant  geblieben. 

Das  citat,  mit  welchem  Herder  seinen  berühmten  Shakespeareaufsatz  bedeu- 
tungsvoll eröfhet,  hat  Lambel  ebensowenig  nachgewiesen,  wie  einer  der  früheren 
herausgeber.    Woher  stamt  es?    0.  E. 

Die  Edda.  Die  lieder  der  sogenanten  älteren  Edda,  nebst  einem  anhang:  Die  mythi- 
schen und  heroischen  erzählungen  der  Snorra  Edda.  Übersezt  und  erläutert  von 
Hugo  Geringr*  Leipzig  und  Wien,  o.  j.  Bibliographisches  institut  17,  402  s. 
geb.    4  m. 

OislasoB,  KonhUt,  üdvalg  af  oldnordiske  skjaldekvad  med  anmserkninger,  udg.  af 
kommissionen  for  det  Amamagnseanske  legat.  Kebenh.  1892.  XXVU,  248  s. 
5  kr. 

Uaa«k,  (Hto,  Zeugnisse  zur  altengUschen  heldensage.    Kiel,  diss.  1892.    56  s. 

Hanksbök,  udgiven  eftor  de  Amamagnseanske  händskrifter  nr.  371,  544  og  675,  4° 
samt  forskeUige  papirshändskrifter  af  det  kongeligo  nordiske  oldskriftselskab.  Iste 
hsBfte.    Eebenh.  1892,  Gyldendal.    276  s.    5  kr. 

Heyse,  J.  Chr.  A.,  Algemeines  verdeutschendes  und  erklärendes  fremdwörterbuch 
mit  bezeichnung  der  ausspräche  und  betonung  der  Wörter  nebst  genauer  angäbe 
ihrer  abstammung  und  bildung.  17.  ausgäbe.  Mit  rücksicht  auf  die  amtlichen 
erlasse  über  Verdeutschung  der  fremdwörter  neu  bearbeitet  von  di*.  0.  Lyon.  Han- 
nover, Hahn.  1893.    XU  und  908  s.    gr.  8.    6  m. 

Bei  der  neuen  bearbeitung  ist  das  altbewährte  werk  vielfältig  erweitert  und 
verbessert  worden.  Alle  angaben  sind  so  klar  und  deutlich,  dass  sie  auch  ohne 
kentnis  einer  fremden  spnu^he  volkommen  verständlich  werden. 

Kalde,  Bemh.,  Die  spräche  der  skalden  auf  grund  der  binnen-  und  endreime,  ver- 
bunden mit  einem  rimarium.    Strassburg,  Trübner.  1892.    VIU,  303  s.    7  m. 

Kmtalog  over  den  Amamagnadanske  händskriftsamling,  udg.  af  kommissionen  for  det 
AmamagnaBanske  legat  Andet  binds  1.  htefte.  K0benh.,  Gyldendal.  1892.  IV, 
505  8.    7  kr. 

Bei  dem  rüstigen  fortschreiten  dieser  ausgezeichneten,  von  dem  bibliothekar 
dr.  Er.  K&land  mit  gröster  Sorgfalt  ausgearbeiteten  Werkes  ist  die  baldige  Vollen- 
dung mit  Sicherheit  zu  erwarten. 


144  NAOHBIOHTEN 

Legeriotz,  Gnsta?,  Mittelhochdeutsches  lesebuoh.  Mit  eiuleitiuig  iiDd  Wörterbuch 
nebst  einem  anhang  von  denkmälem  aus  älteren  und  neueren  mundarten.  Biele- 
feld und  Leipzig,  Velhagen  und  Elasing.  1892.    XX  und  134  s.    Oeb.  0,90  m. 

Nibelungentext  nach  der  handschrift  C,  was  nicht  zu  billigen  ist,  und  in 
ganz  wilkürlicher  auswahl  ohne  andeutung  der  fortgelassenen  Strophen.  Dazu 
3  Strophen  aus  der  Gudrun,  10  gedichte  Walthers,  kleine  got,  ahd.,  and.,  mnd. 
proben,  sowie  ein  gedieht  von  Hobel  und  zwei  von  Klaus  Oroth. 

Medeltidsordspräk,  östnordiska  ock  latinska.  Feder  Läles  ordspr&k  ock  en  motsva- 
i-ande  svensk  samling,  utg.  för  Samfund  til  udgivelse  af  ganunel  nordisk  Utteratur. 
11.  Kommentar  av  Axel  Koek.    K0benh.  1892.    11  kr. 

Meyer,  Heinrich,  Die  alte  Sprachgrenze  der  Harzlande.   Odttingen,  dies.  1892.   46  s. 

Noreen,  Adolf,  Altisländische  und  altnorwegische' grammatik  unter  berüoksichttgnng 
des  umordischen.  2.  volständig  umgearbeite  aufläge.  Halle,  M.  Niemeyer.  1892. 
XII,  314  s.    6  m. 

Priese,  dr.  Oskar,  Deutsch -gotisches  Wörterbuch  nebst  einem  anhange,  enthal- 
tend eine  sachlich  geordnete  Übersicht  des  gotischen  Wortschatzes  und  eine  sam- 
lung  von  redensarten  und  Sprüchen.  Leipzig,  R  Yoigtländer.  1892.  VI,  64  s. 
1,80  m. 

Der  kenner  des  gotischen  wird  das  anspruchlose  büchicin  mit  interesse  durch- 
blättern, besonders  den  anhang,  der  oinen  schnellen  überblick  über  den  leider  so 
überaus  dürftigen  wertschätz  der  uns  erhaltenen  fragmente  des  Wulfila  ermö^ht 
Der  Wissenschaft  wäre  durch  ein  ausführliches  griechisch -gotisches  wörteibnch 
mehr  gedient;  namentlich  für  die  forscher  auf  dem  gebiete  der  gotischen  syntax 
wäre  ein  solches  werk  ein  sehr  schätzbares  hilfsmittel. 

Schmeekebier,  0.,  Abriss  der  deutschen  verslehro  und  der  lehre  von  den  dichtungs- 
arten.    3.  umgearbeitete  aufläge.    Berlin,  Weidmann.   1892.    32  s.    cari  0,40  m. 

Hievers,  Eduard,  Altgermanische  metrik.   Halle,  Niemeyor.  1892.  XVI,  252  s.   5m. 
£ine  en^'eiterto  und  berichtigte  Umarbeitung   der   von   demselben   ver&sser 
herrührenden  darstellung  der  altgeimanischen  motiik  in  Pauls  Gmndriss  der  ger- 
manischen Philologie.    Das  buch  behandelt  nur  die  metrik  der  alliterierenden  dicb- 
tung,  ist  aber  für  diese  von  fundamentaler  bedeutung. 

Waekemagel,  W.,  Geschichte  der  deutschen  litteratur.  2.  aufl.,  fortgeseast  von  Ernst 
Martin.  II,  3:  das  achtzehnte  Jahrhundert  [abgeschlossene  darstaUuid. 
Basel,  B.  Schwabe.    1892.    S.  287  —  538.    4,80  m. 


NACHRICHTEN. 


Der  ordentliche  professor  dr.  Hermann  Paul  in  Freiburg  L  B.  hat  einen  inf 
an  die  Universität  München  erhalten  und  angenommen. 

Für  deutsche  philologio  habilitierte  sich  dr.  Y.  Michels  an  der  nnii 
Göttingen. 

Hall«  a.  S. ,  BochdnickerBi  des  Waiflenhantw. 


DER  ZWEITE  MEESEBUEGEE  SPEUCH. 

Der  algemeinen  anerkennung,  die  Steinmejers  neubearbeitung 
ler  Denkmäler  von  Müllenhoff  und  Scherer  bei  den  fachgenossen  findet, 
1er  widerholt  und  freudig  ausgesprochenen  genugtuung,  dass  er  mit 
dten  Schultraditionen,  die  sich  mit  dem  heutigen  Standpunkte  der  Wis- 
senschaft nicht  mehr  vereinigen  lassen,  rückhaltlos  und  entschieden 
^brochen  hat,  kann  auch  ich  im  grossen  und  ganzen  aus  voller  über- 
^ugung  mich  anschliessen.  Zuweilen  jedoch  hat  er,  wie  es  mir  scheint, 
)twas  zu  voreilig  das  bewährte  alte  zu  gunsten  neuerer  hypothesen, 
iie  von  ihren  urhebem  als  sichere  ergebnisse  eindringender  forschung 
3etrachtet  zu  werden  scheinen,  bei  genauerer  erwägung  aber  als  nicht 
stichhaltig  sich  erweisen,  aufgegeben.  Hierher  rechne  ich  die  neue 
lufFassung  des  zweiten  Merseburger  Spruches,  der  gegenüber  ich  Mül- 
enhoffs  erklärungen  in  jedem  einzelnen  punkte  aufrecht  erhalten  muss.  . 

Steinmeyer  hat  sich  (wenn  auch  nicht  ohne  bedenken)  zu  den 
insichten  bekehrt,  die  Fr.  Kauf f mann  im  15.  bände  der  Beiträge 
s.  207  fgg.)  vorgetragen  hat,  ansichten,  die  zwar  dem  scharfeinne  des 
lerm  Verfassers  alle  ehre  machen,  trotzdem  aber  meines  erachtens  samt 
ind  sonders  verfehlt  sind.  Die  erste  von  Kauffinanns  behauptungen 
rerteidigt  den  einfall  Mannhardts,  welchem  auch  Scherer,  ohne  ihn 
eingehender  prüfung  zu  unterwerfen  (QF.  LI,  xxvu),  zustimte,  dass 
lämlich  Phol  in  z.  1  nur  eine  ungenaue  Schreibung  für  Vol  sei  — 
lur  sah  Mannhardt  Vol  als  m.  an,  als  das  männliche  seitenstück  oder 
ien  bruder  der  VoUa  (wie  Njqrär  —  Nertlms,  Fjqrgynn  —  ^Qfgy^, 
Freyr  —  Freyja  u.  a.),  während  Eauffmann  es  als  f.,  als  nom.  zu  dem 
angeblichen  genetiv  VoUa  (z.  5)  auffasst  Dies  ist  schon  deswegen 
höchst  unwahrscheinlich,  weil  man  schwerlich  im  altertum  die  galan- 
terie  soweit  getrieben  hat,  einen  weiblichen  eigennamen  dem  eines 
mannes  voranzustellen:  in  den  nordischen  quellen  heisst  es  Oäinn  ok 
^fHgg,  Bragi  ok  Idunn,  Njqrär  ok  Skaäi,  Freyr  ok  Freyja,  Byggvir 
ok  Beyla,  Äi  ok  Edda,  Afi  ok  Ammaj  Faäir  ok  Mödir,  Hjqrvardr 
^k  Sigrlinn,  Helgi  ok  Sväva,  Helgi  ok  Sigrun,  pjödrekr  ok  Ouärün 
uxd  niemals  anders.  Weitere  bedenken  treten  hinzu.  Wie  der  schrei- 
>er  dazu  gekommen  sein  solte,   denselben  namen  einmal  mit  PA,   das 

amOHBIFT  F.   DEUTSCHE  PHn.OLO0IE.     BD.  XXVI.  10 


146  OKRINO 

andremal  mit  V  zu  schreiben,  wird  nicht  erklärt  —  denn  dass  Phol 
für  d'Vol  (die  Vol!)  zu  nehmen  sei,  soll  mir  keiner  einreden,  ehe  er 
mir  nachweist,  dass  der  artikel  vor  eigennamen  im  ahd.  gebräuchlich 
war.  Der  anlaut  v  begegnet  in  dem  kurzen  Spruche  nicht  weniger  als 
viermal  {vuorun,  volmiy  vuox,  VoUa)  neben  einem  f  (Frija);  wenn  dem 
gegenüber  der  name  Phol  mit  ph  geschrieben  ist,  so  ist  mir  das  ein 
beweis  dafür,  dass  ein  laut  widergegeben  werden  solte,  der  von  dem 
deutschen  v  wesentlich  verschieden  war,  wenn  auch  nicht  so  yerschie- 
den,  dass  er  mit  diesem  nicht  alliterieren  konte^.  Steinmejer  bemerkt 
(Dkm.^n,  47),  dass  die  deutung  Kauffmanns  „nicht  ganz  sicher^  ist, 
da  „die  vielen  mit  Phol  komponierten  oberdeutschen  eigennamen  zu 
denken  geben '^.  Sie  geben  nicht  nur  zu  denken,  sondern  sie  verbie- 
ten es  geradezu,  der  hypothese  Kauffmanns  zuzustimmen.  Diese  Orts- 
namen begegnen  hauptsächlich  in  Oberdeutschland,  mithin  in  den  gQgen- 
den,  die  der  römischen  kultursphäre  am  nächsten  lagen,  und  finden 
sich  vereinzelt  bis  nach  Thüringen  hinein  (s.  die  von  Jac.  Grimm 
gesammelten  belege  in  Haupts  ztschr.  U,  252  fgg.  und  Myth.  s.  205  %g.), 
während  sie  in  Norddeutschland  gänzlich  fehlen  (Fuhlsbüttel  bei  Ham- 
burg gehört,  da  hochdeutschem  ph  niederdeutsches  p  entsprechen  müste« 
nicht  hierher):  die  annähme  ist  also  wahrscheinlich  genug,  dass  der 
eigenname  Phol  in  der  tat  ein  fremder,  aus  dem  Süden  eingedrungener 
sei.  Bugge  hat  dies  richtig  erkant,  nur  irt  er  darin,  dass  er  (Stadier 
s.  546  %.)  Phol  als  die  germanisierte  form  von  Paulus  betraditet  (die- 
ser hätte  wol  neben  Christus,  aber  unbedingt  nicht  neben  Wödan 
erwähnt  werden  können).  Dagegen  trift  Bugges  frühere  annähme 
(a.  a.  0.  s.  288),  dass  Phol  eine  Verstümmelung  von  ÄpoUo  sei,  meiner 
meinung  nach  das  richtige^.  Dass  fremd  Wörter,  die  mit  einem  mibe- 
tonten  vokal  anlauten,  diesen  nach  ihrer  aufnähme  in  das  germanische 
gerne  abwerfen,  ist  eine  bekante  tatsache  (Wackemagel,  KL  Schriften 
III,  297  fgg.);  und  nicht  minder  bekant  ist  es,  dass  die  namen  römi- 
scher gottheiten  auf  verwante  gestalten  der  germanischen  mytbologie 
übertragen  wurden  (Mars  thingsus,  Hercules  magusanus  u.  a.).  Dass 
aber  der  griechisch-römische  lichtgott  Apollo  dem  germanischen  licht- 
gotte  Balder  seinem  wesen  nach  verwant  war,  dürfte  wol  nicht  sa 
bestreiten  sein. 

1)  Scherer  (a.  a.  o.)  behauptet,  die  alliteration  fordere  Vol  eMt  PMf  was 
ich  nicht  zugeben  kann.  Womit  solte  wol  der  dichter  ein  mit  ph  anlaatendea  fremd- 
wort  (s.  u.)  anders  alliterieren  lassen  als  mit  v? 

2)  Auch  Zacher  combinierte  (Ztschr.  lY,  467)  Pkol  mit  ApoUo,  mt  9k&t  4it 
beiden  nanion  als  urverwant  an,  was  ich  für 


DKR  ZWKITE  MKRSSBTJRQBR  SPHÜGH  147 

Damit  ist  bereits  ausgesprochen ,  dass  ich  auch  die  zweite  behaup- 
tung  Eauffmanns  (die  er  Bugge  entlehnt),  dass  nämlich  Balder  in  z.  2 
nicht  ein  eigenname,  sondern  ein  appellativum  sei  und  „herr''  bedeute, 
for  falsch  halte.  Es  spricht  dafür  nur  der  umstand,  dass  im  ags.  (und 
sonst  nirgends)  beäldor  allerdings  in  dieser  bedeutung  mehrfach  sich 
findet^.  Denn  dass  dieselbe  person  in  z.  1  Phol,  in  z.  2  dagegen  Bal- 
der genant  wird,  könte  nur  jemand  auffallen,  der  es  für  ungereimt 
ansieht,  dass  z.  b.  Ovid  in  den  Metamorphosen  dieselbe  gottheit  einmal 
(n,  394)  mit  dem  römischen  namen  Sol  und  ein  paar  zeilen  weiter 
(399)  mit  dem  griechischen  Phoebus  bezeichnet  Ich  halte  demnach 
Müllenhoffs  ansieht,  dass  Balder  eigenname  und  mit  dem  nordischen 
Baldr  identisch  sei,  aufrecht,  bis  man  mir  beweist,  dass  das  wort 
jemals  in  Deutschland  appellativisch  gebraucht  ist  Dass  dies  bisher 
noch  nicht  nachgewiesen  wurde,  führt  auch  Steinmeyer  als  ein  beden- 
ken gegen  Eauffinanns  behauptungen  an,  doch  ist  es  ihm  nicht  gewich- 
tig genug  erschienen,  um  die  neue  theorie,  wie  sie  es  verdient  hätte, 
a  limine  abzulehnen.  • 

Eauffmann  verwirft  ferner  die  früher  von  allen  herausgebern  und 
erklären!  geteüte  auffassung,  dass  in  z.  3  und  4  von  vier  göttinnen 
die  rede  sei,  die  nach  einander  die  heilung  des  verrenkten  pferdefusses 
versucht  hätten,  nämlich  von  Sinthgunt^  Sunna,  Volla  und  Frija. 
Er  übersezt  vielmehr:  „da  besprach  ihn  Sinthgunt,  der  Sun  ihre  Schwe- 
ster; da  besprach  ihn  Frija,  der  Vol  ihre  Schwester".  Warum  „Sun" 
und  „Vol"  überhaupt  genant  werden,  bleibt  bei  dieser  erklärung  rät- 
selhaft. Kaufimann  stösst  sich  an  dem  doppelten  asyndeton  in  z.  3  und 
4  und  meint,  da  in  z.  1  Phol  und  Wodan  durch  ende  verbunden  sind, 
so  hätte  auch  hier  die  conjunction  nicht  fehlen  dürfen!  Beide  stellen 
sind  aber  gar  nicht  mit  einander  vergleichbar:  in  z.  1,  wo  die  beiden 
Subjekte  dem  verbum  vorausgehen,  war  die  setzung  des  bindewortes 
unbedingt  notwendig,  in  z.  3  und  4  war  es  volkommen  entbehrlich, 
weil  das  verbum  an  der  spitze  steht  Dass  ein  zweites  Subjekt,  prädi- 
kat  oder  objekt,  wenn  verbum  und  erstes  Subjekt,  prädikat  oder  objekt 
voranstehen,  asyndetisch  angefügt  wird,  ist  für  die  ältere  poesie  gera- 
dezu charakteristisch,  vgl.  z.  b.  f'rymskv.  23:  ganga  h4r  at  garpi  guUr 

1)  Die  Vermutung  £dw.  Sohröders  (Ztschr.  f.  d.  a.  XXXY,  243),  dass  sioh 
^  aj^peDativiflche  bedeutung  aus  der  persönlichen  entwickelt  habe,  ist  aber  sicherlich 
mtmffmd. 

2)  Die  hfl.  liest  sinhigunt,  was  Bugge  (Studier  s.  286)  verteidigt,  der  sinkt  fiir 
MS  *9Mmahi  ansieht.    Aber  decomposita  kommen  meines  wissens  als 

]m  getnunBBdieQ  nicht  vor. 

10* 


148 

hjfnipar  kyr^  oxfi  tUsvartir  (ist  etwa  «ni  alsrartir  appositioii  zu  guU- 
kynifar  ityr?!);  H4rb.  56:  stund  er  til  stokksins,  qnnur  tu  sieinsins; 
Skfrn.  34:  heyri  hrimpursar,  synir  Sutiunga,  sjdlfir  äsl^ar;  Atlaky. 
43:  fjarghüs  ntku,  boer  Buplufiga:  Eßld.  20:  her  furlet  in  lante  lui- 
tiia  sittep^  prüf  in  büre,  bani  vnwahsau  (mit  denselben  redite,  wie 
im  Merseburger  sprucbe,  könte  auch  hier  nach  Kanflfmanns  logik  aus 
dem  fehlen  der  copula  geschlossen  werden,  dass  bam  tmwahsan  nicht 
als  zweites  objekt  zu  furl^  sitten,  sondern  als  apposition  zu  prüt 
ge&sst  werden  müsse,  weil  ja  in  z.  2  Hiltibrani  enti  Hadubrant  ge- 
schrieben steht!);  Beöw.  49:  him  urtes  ^eomor  sefa,  mumende  mdd; 
89:  pttr  icas  hearpan  sice^,  stmtol  sang  stopes:  654:  Hrödjär  .  .  . 
him  htri  abedd^  wifuemes  j;eiceald;  672:  ßd  he  him  of  dyde  tserti^ 
bynmn^  heim  of  hafekm:  Hei.  19:  sia  wdmn  gode  lidki,  wirdiga  ti 
them  gimrkie:  126:  m'  skal  an  is  liba  gio  lides  anbitan,  taines  an 
is  iceroldi  (dagegen  im  pros.  Tatian  2,  6:  icht  nah  Ud  ni  Zinkit, 
genau  nach  der  Vulg.:  rhwm  et  sieeram  fwn  bibit)  usw.  usw.  Wir 
dürfen  auch  nicht  übersehen,  dass.  wir  es  z.  3  und  4  mit  einer  auf- 
zahlung  zu  tun  haben,  wo  die  conjunction,  was  schon  Orinmi  be- 
merkte, häufig  ausgelassen  wird,  vgl.  Rigsf>.  25:  Sfi&t^  Brupr^  Svanm, 
Srarri,  Sprakki.  FIßp.  Spru9id  ok  17/*,  Feima,  Ristil:  Hyndl.  22: 
(hi9999arr  M/fcr,  Grfmr  harpskafi.  jan^jolAr  pörir.  Ulfir  gfnandi; 
Sturi.  I,  41^:  Petra  synir  rdm  peir  Grimr.  Snam\  IngjaUbr;  41**: 
Peira  synir  rdrn  peir  Jon.  porsteinn.  Oddi:  42*:  pessi  vdru  fe^m 
hans:  Asölfr,  iklalrfkr.  Margret:  189":  hafw  dUi  mqrg  bqm:  Svari 
Hrafn.  Christr^:  190^:  ntii  rdnt  bom  Eyfölfs  ok  HiUar  ...  J&n, 
Lodmumln  Alfeidr:  191  ^:  peira  ft^rw  Brandr^  Bali.  Valger^;  vgL 
ferner  192"%,  (14  namen  ohne  oonj.)  192«  193  ••  "•  *••  »•,  193«, 
194*^  "  usw.  usw.  Noch  entschiedener  spricht  gegen  Kanffmanns 
erklaning  der  umstand,  dass  die  Ton  ihm  behauptete  amstruction 
{Snptna  era  s^tister  =  «der  Sun  ihr?  Schwester*),  die  noch  in  mhd. 
zeit  sehr  selten  bege«moc  (Gramm.  IV,  351),  im  ahd.  —  ich  kann  midi 
hier  auf  die  belesenheit  meines  freundes  0.  Erdmann  berufen:  TgL 
oben  &  116  —  s^>nst  unerhört  ist:  und  wenn  Kauflfaiann  in  z.  2  ein 
beispiel  den^^lben  tindet,  so  zeigt  er  widerum,  dass  er  Tosdiiedenarti- 
goji  nicht  ansoinaudor  zu  haltten  vorstoht:  denn  ,'fr>i  ist  nicht  gen.  des 
personalpn^nomons,  si^idenu  wie  die  von  Entmann  a.  a.  a  angezoge- 
nen i^tfridstellen  aufs  klarste  beweisen,  nom.  des  possessiTums  und  sin 
rt4oi  darf  siobor  nicht  mit  detno  liiUarrs  rolon  zu  einem  ganzen  zu- 
samnuHigi^s^^h weisse  wenien,  sondern  gehon  zu  binnkiij  da  der  aus- 
dnick  nioht  ander;^  zu  fa5^M>  ist,  als  wenn  geschrieben  stinde:  dS  wart 


DER  ZWUTI  MERSEBUROEB  SPRUCH  149 

demo  BcUderes  voUm  der  vuoz  birenkit  —  wie  die  werte  zu  verbinden 
sind,  lehrt  schon  die  verscäsur. 

Da  somit  Sunna  nicht  minder  nominativ  ist  als  VoUa,  so  fait 
auch  jeder  anlass  fort,  in  der  ersten  figur  etwas  anderes  zu  suchen, 
als  was  man  bisher  mit  fug  und  recht  in  ihr  erblickt  hat,  nämlich  die 
göttin  der  sonne.  Kauf&nann,  der  überall  um  jeden  preis  etwas  neues 
imd  noch  nie  dagewesenes  scheint  erklügeln  zu  wollen,  erkent  in  ihr 
die  nordische  Syn.  Diese  göttin  aber,  von  der  in  den  liedem  der 
Edda  niemals  die  rede  ist,  die  auch  von  den  skalden  nur  selten  erwähnt 
wird  (einmal  von  Hailfiredr  vandraedaskäld,  Fms.  11 ,  249;  einmal  in 
der  I^drsdr&pa  des  Eyllfr  Gudrünarson,  8n.  E.  I,  302;  einmal  in  einer 
lausavlsa  des  Egill  Skallagrlmsson,  Egils  saga  ed.  Finnur  Jönsson  s.  317; 
und  einmal  in  den  Nafhaf>ulur  der  8n.  Edda  I,  556)  gehört  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  als  Personifikation  eines  bestimten  Vorganges  im 
nordischen  rechtsverfahren  (Qylfaginn.  c.  35)  zu  den  jüngsten  neu- 
schöpfungen  der  skandinavischen  mythologie  und  hat  auf  aufnähme  in 
den  gemeingermanischen  götterhimmel  sicherlich  ebensowenig  anspruch 
wie  die  vrouwe  Scelde  oder  die  vrouwe  Werlt  der  mhd.  dichter. 

Es  bleibt  also  (wenn  anders  meine  bedenken,  wie  ich  nicht 
zweifle,  begründet  sind)  von  Kauffmanns  hypothesen  nicht  eine  einzige 
bestehen,  und  die  lehre  ergibt  sich,  dass  die  kühnen  neuerer  nur  nach 
reiflichster  Überlegung  es  wagen  selten,  an  Müllenhofls  sorgfaltig  durch- 
dachtem werke  zu  rütteln  oder  zu  ändern.  Auch  die  von  ihm  vorgenom- 
mene Umstellung  der  namen  VoUa  und  Frija  in  z.  4  muss  ich  durch- 
aus als  volberechtigt  anerkennen.  Vor  den  gesicherten  resultaten  der 
modernen  forschung  hätte  der  hochverdiente  gelehrte,  der  z.  b.  schon 
in  seiner  herstellung  der  YqluspiJ  die  neuentdeckten  metrischen  gesetze, 
so  sauer  es  ihm  wurde  (DA.  Y,  98  anm.),  anerkant  hat,  sein  äuge 
nicht  verschlossen,  fials  es  ihm  vergönt  gewesen  wäre,  die  3.  aufläge 
der  Denkmäler  selber  zu  besorgen;  durch  Kauffmanns  angriffe  hätte  er 
sich  aber,  wie  Steinmeyer  selber  vermutet,  in  seiner  erklärung  des 
zweiten  Merseburger  Spruches  schwerlich  beirren  lassen. 

KIEL,  4.  JAKUAB   1893.  HUGO   OERINa. 


ALLITEEIEEENDE  DOPPELKONSONANZ  IM  HEUAND. 

Yen  der  algemeinen  regel,  dass  beim  Stabreim  lediglich  der  erste 
laut  des  stabtragenden  wertes  in  betracht  komt,  machen  bekantlich  die 
drei  gruppen  sk  sp  st  eine  ausnähme  —  drei  gruppen,  deren  einheit- 


150  B.   M.   MEYEB 

lichkeit  ja  auch  bei  der  lautverschiebung  ihren  zweiten  konsonanten 
eine  Sonderstellung  verschaft.  Wenn  aber  diese  drei  Verbindungen  die 
einzigen  sind,  bei  denen  der  Stabreim  mehr  als  einen  laut  umfassen 
muss,  so  komt  doch  eine  tendenz,  den  reim  auf  mehrere  glieder  einer 
lautvorbindung  auszudehnen,  keineswegs  nur  bei  ihnen  zur  geltung. 
Für  die  altsächsische  poesie  mindestens  kann  man  ganz  algemein  die 
regel  aussprechen:  doppelkonsonanz  reimt  am  liebsten  auf  dop- 
pelkonsonanz. 

Mir  war  diese  regel,  deren  modifikationen  noch  auseinanderzu- 
setzen sind,  längst  geläufig.  Als  ich  vor  einigen  jähren  Heliandübun- 
gen  leitete,  sah  ich  zu  meinem  befremden,  dass  sie  völlig  unbekant 
zu  sein  schien.  In  der  litteratur  fand  ieh  sie  dann  nur  in  Bask- 
Mohnikes  Verslehre  der  Isländer.  Man  hat  mich  schon  einmal  geschol- 
ten, weil  ich  dies  veraltete  buch  citierte;  ist  es  aber  meine  schuld, 
dass  es  in  vielen  punkten  feiner  und  sorgfaltiger  beobachtet,  als  die 
zahlreichen  jüngeren  metriken?  So  geht  Brate  (Fomnordisk  metrik 
s.  20)  auf  die  frage  gar  nicht  ein.  Nur  Vetter  (Muspilli  s.  44)  hat 
ausdrücklich  gegen  Rask  polemisiert  Dieser  sagt  (s.  15):  „Ist  der 
hauptstab  zusammengesezt,  insonderheit  sk  st  sp,  so  müssen  auch  die 
nebenstäbe  dieses  sein,  und  ein  blosses  «  oder  ein  5  mit  einem  andern 
konsonanten  als  nebenstab  würde  für  einen  fehler  gelten;  jedoch  wird 
dieses  mit  hl  In-  gl  gr  fl  fr  nicht  so  genau  genommen,  wiewol  es  für 
richtiger  und  besser  gehalten  wird,  wenn  sie  alle  drei  volkommen  über- 
einstimmen". Vetter  erwidert:  j^gl  gr,  bl  br,  fl  fr  sind  nicht  mit  Rask 
hierher  zu  rechnen:  sie  unterliegen  der  lautverschiebung;  und  dass 
ihre  völlige  Übereinstimmung  richtiger  sei,  als  bloss  die  des  g  b  f, 
konnte  Rask  wenigstens  aus  der  Edda  nicht  entnehmen^.  Nun  ist  es 
durchaus  richtig,  dass  die  Edda  unsere  regel  noch  weniger  streng 
durchführt,  als  die  continentale  alliterationsdichtung,  wahrscheinlich 
auch  weniger  streng  als  die  angelsächsische;  ob  aber  eine  genaae  prü- 
fung  nicht  dennoch  selbst  für  die  Edda  Rask  recht  geben  würde,  das 
käme  auf  die  probe  an.  Nur  dürfte  diese  probe  sich  nicht  auf  ein 
blosses  zählen  der  falle  beschränken,  in  denen  gl  gr  bl  br  fi  fr  tat- 
sächlich auf  gl  gr  usw.  reimen.  Die  „volkommene  übereinstinunung^ 
wird  vielmehr  oft  auf  eine  eigentümliche  weise  gewonnen,  die  man 
noch  gar  nicht  beachtet  hat. 

Übersehen  wir  diejenigen  ahd.  alliterationsverse,  die  mit  doppel- 
konsonanz beginnen,  so  finden  wir  die  folgenden: 
gafregin  fircMm  :  firtumxau)  MSD.  I,  1 ; 
prüt  bare  :  harn  MSD.  11«  21; 


rDI  DOFFSLK0N8ONANZ   IM  HKLUND  151 

bretdn  bMju  :  banin  MSD.  11,  54; 

prinnan  pehhe  :  paluu/ic  MSD.  HE,  26; 

preita  :  varprennit  MSD  HI,  58. 
Nur  an  der  lezten  stelle  reimt  pr  mit  pr.  Aber  an  den  beiden 
ersten  sehen  wir  dennoch  die  alliterierende  doppelkonsonanz  widerholt, 
nur  mit  vokalischer  Unterbrechung:  fr  reimt  mit  fir,  pr  mit  bur  und 
bar.  Das  ist  nun  kaum  ein  zufall;  denn  wo  wir  die  doppelkonsonanz 
an  zweiter  stelle  treffen,  begegnen  wir  dreimal  derselben  erscheinung: 

ferahes  frdtöro  :  fragen  MSD  11,  8; 

hSrenw  :  hrusti  11,  56; 

furikitragan  :  fr&no  MSD.  III,  100. 
Nur  zweimal  fehlt  sie: 

fateres  :  friuntlaos  11,  24; 

brunnöno  :  bedero  II,  62. 
Zwar  folgt  auch  hier  noch  ein  r,  aber  erst  in  der  dritten  silbe. 
Anderseits  sehen  wir  aber  auch  die  vokalisch  unterbrochene  doppel- 
konsonanz auf  ihres  gleichen  gereimt:  garutun  (güähamun)  :  gurtun 
II,  5.  —  Ich  behaupte  nun,  dass  es  sich  hier  um  eine  beabsichtigte 
Terskunst  handelt.  Der  reim  auf  doppelkonsonanz  gilt  für  vpl- 
kommener,  wenn  das  reimende  stabwort  beide  konsonanten 
bringt,  sei  es  auch  mit  vokalischer  Unterbrechung,  frötöro  : 
frägSn  galt  gewiss  für  besser  gereimt  als  ferahes  frötöro;  dieses  aber 
immer  noch  für  besser  als  fateres  :  friuntlaos. 

Zur  deutung  dieser  zunächst  vielleicht  befremdenden  erscheinung 
ist  an  die  häufigkeit  der  svarabhakti  im  germanischen  (J.  Schmidt, 
Vokalismus  2,  373  fg.)  und  besonders  im  westgermanischen  (Braune, 
Ahd.  grammatik  §  65;  vgl.  Gall6e,  As.  laut-  und  fiexionslehre  §  69) 
zu  erinnern.  „Die  liquiden",  sagt  Schmidt  dort,  „haben  in  den  hoch- 
deutschen und  sächsischen  dialekten  von  je  her  einen  stark  vokalischen 
klang  gehabt,  der  sich  in  den  ältesten  Sprachdenkmalen  wie  in  den 
heutigen  volksdialekten  zwischen  ihnen  und  folgenden  konsonanten  oft 
zum  selbständigen  vokale  individualisierte'^.  Mit  anderen  werten:  beim 
vortrage  reimte  tatsächlich  nicht  fer  :  fr,  sondern  fer  :  fer,  und  der 
reim  ferahes :  frotoro  war  also  völlig  gleichartig  dem  reime  garutun  : 
gurtun.  Gerade  wie  Otfrid  den  endreim  gern  über  die  lezte  silbe  her- 
aosddint  (Erdmann,  OtMd  s.  LXYIII),  so  liebt  die  stabreimdichtung 
die  alliteration  über  den  ersten  konsonanten  zu  verlängern ;  und  wo  die 
doppdkonsonanz  kein  genaues  echo  findet,  da  tritt  aushelfend  silben- 
roim  oiiL  Im  princip,  darf  man  sagen,  galt  die  Verbindung  „muta 
cmn  Uqiiida^  als  einheitlich  und  verlangte  entsprechenden  reim;  aber 


152  B.  M.   MSTBB 

da  sie  in  praxi  fast  als  silbisch  empfunden  ward,  konte  dieselbe  strenge 
wie  für  die  metrischen  binderonen  sk  sp  st  hier  nicht  statfinden. 

Um  die  regel,  deren  Wahrscheinlichkeit  aus  den  geringen  resten 
althochdeutscher  stabreimdichtung  sich  uns  ergeben  hat,  an  reichhal- 
tigerem material  zu  prüfen,  habe  ich  die  ersten  1019  verse  des  Heliand 
durchgesehen  und  gebe  nun  hier  das  resultai  Der  bequemeren  ter- 
minologie  wegen  habe  ich,  vom  Standpunkte  der  reimtechnik  ausge- 
hend, die  Verbindung  von  muta  und  liquida  mit  eingeschlossenem 
vokal  „aufgelöste  doppelkonsonanz^  genant,  obwol  man  sachlich  mit 
mehr  recht  die  doppelkonsonanz  in  solchen  fällen  als  kontrahierte  silbe 
bezeichnen  dürfte.  —  Da  sc  «p  s^  als  ein  konsonant  gelten,  so  war 
ihre  Verbindung  mit  r  als  den  gruppen  br  er  usw.  gleichartig  anzu- 
sehen und  zu  behandeln. 

Der  kontrolle  wegen  haben  wir  auch  die  falle  verzeichnet,  in 
denen  doppelkonsonanz  nicht  auf  gleiche,  sondern  auf  ähnliche,  d.  h. 
nur  im  ersten  componenton  identische  doppelkonsonanz  reimt 

Von  doppelkonsonanzen  kommen  im  Stabreime  vor: 

I.  an  erster  stelle: 

X  +  r:  br  er  dr  fr  gr  hr  ihr  lor;  nicht  tr. 
X  +   l:  hl  fl  gl  hl  sl;  nicht  wl. 
X  +  n:  sn;  nicht  cn.     x  +  w:  nicht  suy. 
X  +  y  +  ^'  str;  nicht  ser  spr, 

II.  an  zweiter  stelle: 

X  +  ^•*  br  er  dr  fr  gr  wr;  nicht  hr  ihr  tr. 

X  +  l:  fl  hl  wl;  nicht  bl  sl 

X  +  n:  cn;  nicht  sn,       x  +  tv:  stv, 

a^  +  y  +  ^•'  weder  str  noch  ser  oder  spr. 

III.  an  dritter  stelle: 

x  +  r:  br  er  dr  fr  gr  hr  ihr  tr;  nicht  tmr, 

X  +   l'  hl  sl;  nicht  hl  fl  wl, 

X  +  n:  sn;  nicht  cn.     x  +  w:  sw, 

^  +    y  +  r:  ser  spr;  nicht  str. 

Von  den   im   altsächsischen  vorkommenden  doppelanlauten  feh^ 
im  Stabreim   gänzlich  nur  cl;    für  sl  halten  wir  uns  in   sKumo  13' 
1014  M  gegen  sniumo  C  an  den  Monacensis. 

Yon  den  anlauten  sc  sp  st,  die  ja  so  wie  so  als  einheitlidi  behi 
delt  werden,  ist  (ausser  in  den  Verbindungen  mit  r)  hier  abgesehen. 

Es  bleiben  demnach  im  ganzen  neun  Verbindungen  mit  r, 
mit  /,   zwei  mit  n,  eine  mit  ?r,  sowie  die  drei  konsonantisdien  tripfts' 
thonge  ser  spr  str,  also  zusammen  zwanzig  doppeikonsonaiiBeii. 


iLunBiSREme  doppklkohsonane  m  Hiuiro  153 

L  Volle  doppelkonsonanz  an  erster  stelle, 
1}  Doppelkonsonanz  reimt  mit  der  gleichen  doppelkoneonanz ,  und 

a)  ausscbliesslich  mit  voller  doppelkonsonanz:  er:  CristeB  :  crafte 
34,  dr:  dragu  dnigi  :  drihtnes  264.  drome  :  drohtines  316.  gidruof^ 
drome  :  drohciu  681.  drohtin  :  droma  710.  fr:  fruodo  :  gifriimid  105. 
iruod  ;  frahon  177.  Fehlt  bei  br  gr  kr  thr  ivr  and  allen  verbindun- 
IPD  mit  L 

b)  mit  doppelter  und  einfacber  konsonanz;  nur  Cristes  cumi : 
tpraSt  866. 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  doppelkonsonanz:  er:  craft  Crist©  : 
giconm  12.  fr:  frumida  ferehtlico  :  frohon  109.   freson  ferahes  :  fridu  773. 

d)  auBscbliesalich  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz :  br:  bredan 
herg  :  bam  714.  er:  craft :  gecorana  17.  Cristes  :  kara  499.  dr:  droh- 
tia  diurie  :  derbi  27.  fr:  trummian  firiho  :  fiori  'J.  fruod  :  terehtan  73. 
fruod  :  foroht  115.  fridu  :  firio  420.  fiidu  faraa  :  furthron  483.  &a- 
g<)da  :  tiriwitlico  815,  gr  kr  tkr  wr  fehlen,  fl:  flesk  afallan  ;  fei  153. 
JW.-  hluttron  :  helago  291. 

e)  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einfacher  konsonanz:  br: 
brudion  Bethleem  :  barn  749,  w.-  Ciiät  cuniugo  ;  gicoranan  991.  fr: 
fri  ferahu  :  fehmoa  310.  fremidun  firinwerc  :  fellun  743.  fridu  fion- 
don  :  frahmuod  1011.  kr:  liriuwig  herta  :  helaga  804.  wr:  writan 
"irislico  :  wordgimerkion  233.  wreth  wtirdigiscapu  :  widua  512.  wrc- 
tiiero  willeon  :  word  955,  kl:  hlutteran  hugi  :  helloa  898,  hlud  hohon  : 
beland  990.     str:  atrid  stände  :  starkan  29. 

2)  Doppel  konsonanz  reimt  mit  dor  gleichen  und  iUmlicbor  dop- 
pelkonsonanz: allemal  bei  autgelöstor  doppelkonsonanz: 

fr:  fruod  filowis  :  fum  570.  kr:  hriuwig  herta  :  helaga  604. 
tkr:  thrim  githolonne  ;  therna  502.  wr:  wrethero  willeon  :  word  955. 
i)  Doppelkonsonanz  reimt  mit  ähnlicher  doppelkonsonanz  und 
tawar: 

a)  ausschliesslich  mit  voller  doppelkonsonanz:   cn:  cneo  craftig  : 
1  982.     sl:  slapandion  :  sweban  680, 

b)  mit  doppelter  und  einfacber  konsonanz:  bl:  blithi  gibodscipi  : 
brudi  301.  blithi  brioston  :  bocne  666.  fl:  flodo  fagarosta  :  fridubam 
760.     hl:  hluttni  hugiu  :  bnigan  546.     ,w.-  snidi  suerdu  :  serora  747. 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  doppelkonsonanz:  bl:  blithi  brioston  : 
hmm  474. 

d)  ausBchlieeslieh  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz:  fr:  gifruodot  : 
filo  208  und  22ä.     fridugumono  :  folk  619.     üidubam  :  fundan  667. 


154  B.  11.  MBYEB 

e)  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einfiEtcher  konsonanz:  bl: 
blikan  berehton  :  bocne  602.  blodaga  barmon  :  banon  751.  hl:  hlutro 
hugiu  :  herren  111.  hluttran  hugi  :  herdos  422.  hluttran  hogi :  giho- 
rig  837. 

4)  Doppelkonsonanz  reimt  mit  einfadier  konsonanz  und  zwar: 

a)  ausschliesslich  mit  einfacher  konsonanz:  br:  brudigumen :  bodlu 
509.     brioston  :  buokcraftes   614.      er:    craft   antkendun  :  comi  489. 
craftigron  cuning  :  cunneas  610.     Crist :  ankennean  813.     dr:   drohti- 
nes  :  dadio  140.     drohtine  :  dages  515.     drohtine  :  dadeon  936.     droh- 
tines  :  dopean  1000.    fr:  nie.    gr:  gruotta  geginwardi  :  gode  258.   ihr 
thria  theodo  :  thenkean  593.     thria  :  thingo  653.     bl:  blithi  gibodscepi 
Bethleem  424.    gl:  glauwa  gumon  :  godes  623.    dass. :  gi&  654.     dass. 
godes  809.     M:  hluttro  hugiu  :  helagna  467.     str:  stranga  stemna  :  for- 
standan  934.    »w:  sweltan  sundeono  :  sid  734. 

Die  andern  fälle  haben  wir  schon  verzeichnet:  mit  doppelter  und' 
einfacher  konsonanz  s.  u.  1)  b)  bei  gleicher,  3)  b)  bei  ähnlicher  dop- 
pelkonsonanz; mit  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einfacher  s.  u.  1) 
c)  und  3)  c),  mischfälle  s.  u.  3)  b)  und  3)  e). 

n.   Volle  doppelkonsonanz  an  zweiter  stelle. 

1)  Doppelkonsonanz  reimt  mit  der  gleichen  doppelkonsonanz. 

a)  ausschliesslich  mit  voller  doppelkonsonanz:  nicht  möglich,  da 
der  fall  sonst  unter  I.  1)  a)  fiele. 

b)  mit  doppelter  und  einfacher  konsonanz:  er:  cuman  craft :  Gri- 
stas  49.  kind  cribbiun  :  craft  382.  cuthian  craft  :  Crist  399.  cuningo 
craftigost :  Crist  973.    fr:  fader  fragen  :  gifruodot  228. 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  doppelkonsonanz:  fr:  fuori  friun- 
don  :  gifragn  800. 

d)  ausschliesslich  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz:  br:  gibaig- 
briostun  :  bam  831.  dr:  diuridun  drohtin  :  derbeas  83.  fr:  firih(^ 
frummian  :  fiori  16.    en:  kinda  kneobeda  :  cuningwisu  672. 

e)  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einfacher  konsonanz:  br: — 
bari  briostun  :  bidun  174.  giboht  brudi  :  bam  298.  baron  brio6ton  '^ 
badun  690.  dr:  diurlic  drohtines  :  dopi  961.  fr:  firio  firumon  :  fiundcia 
52.  firio  &uma  :  findan  403.  gr:  gerne  gramen  :  guodon  901.  wr  ^ 
wislico  giwret :  wordu  237.  weros  wracsid  :  wundan  554, 
writan  :  warsagon  622.    cn:  kunneas  cnuosles  :  kiesan  223. 

2)  Doppelkonsonanz  reimt  mit  der  gleichen  und 
konsonanz : 


a)  ausfichliesalich  mit  voller  doppolkonsonanz  fält  mit  I.  2)  a)  zu- 
MuiimeQ. 

b)  mit  doppelter  imd  einfacher  konsonanz:  bei  der  vollen  doppel- 
koDsoo&nz  T  erzeich  aet 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  konsonanz:    fr:   folmon  frumldim  : 
fiaiod  180. 

d)  ausscblieeslich  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz :  fr:  fJalle  friin- 
;bro  :  firio  ■496,    eii:  quanii  cnuosla  :  ciinneas  347.    cumiut  cnuosle  :  kun- 

s  366.     cuunies  cnuosle  :  cumana  558. 

3)   Doppelkonsonanz   reimt    mit    ähnlicher   doppelkonsonanz    und 


a)  aasscbliessiich  mit  voller  doppelkonsonanz:    fiele  unter  frühere 
brik,  da  auch  an  erster  stelle  doppelkonsonanz  stünde. 

b)  mit  doppelter  und  einfacher  konsonanz:  /f.-  fuodan  flettea : 
^fruodot  150.     fagaro  flettea  :  fragode  552.     I'agar  tlode  :  fridubarn  983. 

.-  hofno  hludost :  hertun  746.     ^iv:  sagda  swefna  :  slapandion  701. 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  doppelkonsonanz:  hier  wäre  nur  der 
fUl  zu  verzeichnen,   dass  an  erster  stelle  aufgelöste,  an  dritter  volle 

loppelkonsonanz  stände;  er  komt  nicht  vor. 

d)  ausschliesslich  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz:  nie. 

e)  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einfacher  konsonanz:  hr: 
balg  brioston  :  beteran  723.  fr:  fagaron  l'ratohon  :  folmon  380.  cn: 
Ciunan  cnuosle  :  kesures  66. 

4)  Doppelkonsonanz  reimt  ausschliesslich  mit  einfacher  konsonanz: 
er;  gicuthid  craft :  quena  193.  cuman  eraft  :  kind  276.  cuningo  craf- 
.tigost :  cuman  371.  kind  cribbun  :  cuning  407.  cuman  craft :  ciming 
>698.     gicuthid  craft :  cumbal  648.    gr:  guodan  gruottun  :  geba  673. 

ni.   Tolle  doppelkonsonanz  an  dritter  stelle. 
1)  Doppelkonsonanz  reimt  mit  der  gleichen  doppelkonsonanz: 

a)  ausschliesslich  mit  voller  doppelkonsonanz:  würde  mit  I.  1)  a) 
ZDEammenfalleu. 

b)  mit  doppelter  und  einfacher  konsonanz:  nach  der  doppelkon- 
sonanz an  erster  bez,  zweiter  stelle  verzeichnet 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  doppelkonsonanz:  ebenso. 

d)  ausschliesslich  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz:    dr:  diuritha  : 
ihtine  418.     fr:  ferahtan  :  fremmean  93.     forohti  ferahe  :  freson  263. 

Tth  :  friunacepi  322.     ferran  gifarana  :  fragoda  633.     fonibodo  :  frahon 
'31.     -KT:  warGagono  word  :  wrekkean  631.    A/.-  heland  :  bluttro  958. 


156  B.   M.  MSYEB 

e)  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einfacher  konsonanz:  br: 
barn  buosme  :  brioston  292.  bamo  betst :  bringian  338.  dr:  demero 
dualm  :  drohtin  53.  duome  diurthun  :  drohtin  490.  dopta  diuiüco  : 
drohtin  967.  diurlicaro  dufun  :  drohtines  988.  fr:  fiendan  autfiiorian  : 
gifrang  715.  gr:  georno  gangan  :  grurios  112.  hl:  huldi  heban  :  hlat- 
tra  902.    sl:  selben  gisahun  :  sliumo  1014. 

2)  Doppelkonsonanz  reimt  mit  der  gleichen  und  ähnlicher  dop- 
pelkonsonanz: 

a)  ausschliesslich  mit  voller  doppelkonsonanz, 

b)  mit  doppelter  und  einfacher  konsonanz 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  konsonanz: 

alle  drei  falle  nach  der  vollen  doppelkonsonanz  an  erster  oder  zweiter 
stelle  verzeichnet 

d)  ausschliesslich  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz:  wr:  weros 
waldand  :  wrekkeon  671.  />'.-  folgodun  farahüico  :  frumida  659.  sl: 
selbes  sunies  :  sliumo  137. 

3)  Doppelkonsonanz  reimt  mit  ähnlicher  doppelkonsonanz: 

a)  ausschliesslich  mit  voller  doppelkonsonanz, 

b)  mit  doppelter  und  einfacher  konsonanz, 

c)  mit  voller  und  aufgelöster  konsonanz: 
wie  bei  DI.  2). 

d)  ausschliesslich  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz:   er:  kindiski 
craft  840.    hr:   helithos  hondon  :  hriwig  722.    hl:  himil :  bihlidan  41 
handgiwerc  :  hlutra  885. 

e)  mit  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einfacher  konsonanz:  M — 
bereht  bocan  :  blek  661.     fr:   fagar  felde  :  fri  435. 

4)  Doppelkonsonanz  reimt  ausschliesslich  mit  einfacher  konsonanz:: 
br:  gibonkeon  gibeddeon  :  brudi  147.    buokstabon  :  brief  230.    ban  bod— 
scepi  :  bredun  341.    buokspaha  :  brief  352.     er:   antkendun  kumbal 
Crist  657.    aquellean  :  craftig  754.    dr:  Dauides  :  drohscepi  363.    Daui— 
des  :  drohtin  401.    dago  :  drohtin  485.     dohter  :  drohtine  505.     dopan 
drohtines  889.     dopi  :  drohtin  971.     dopta  dag  :  druhtfolc  978.     fr  - 
fasto  bifangan  :  gifrumid  43.      fodda  fagaro  :  Mo  438.     fiasto  :  finoun^ 
1018.    gr:  gumon  Josepe  :  gruonean  757.    ihr:  thiedo  :  thritig  963.   tr 
tionon  atomid  :  treuwon  1016.  scr:  unsculdiga  scola :  biscribun  752 
spaha  :  gisprokean  375.   spahoston  :  spracono  613.    spahan  :  spiakon  84! 

lY.   Aufgelöste  doppelkonsonanz  an  erster  stelle^ 

Hier  können  also  reime  mit  voller  doppelkonsonani  mfdtA 
betracht  kommen,  weil  schon  oben  verzeichnet;  daaadbefii 


ALLirgRIESlSDlt    DOrrELKONSONÄN?.   fK   HKLUIID  157 

1)  Au^elöste  doppelkonsonanz  reimt 
mit  der  gleichen   aurgeloston   doppelkonsonttiiz    aiisscbliessiicli : 

br:  burgliudiun  :  bam  824.  fr:  fernun  :  formon  217.  kr:  harma  ; 
buriaQ  498,  hardüco  :  herro  640.  iir:  werthaii  weroldi  :  worden  125. 
giwerthan  :  wordoo  158.  giworttnn  weroidl  :  giwarod  374.  warüco  : 
kordon  417.  worden  wercon  :  weroB  541.  wordspaha  weros  :  wariin 
weroldrikea :  werthan  618.  wirkean  worduii  ;  werold  811,  war- 
;  wordoB  868.  wararo  wordo  ;  wartb  907.  weros  warüco  :  werold 
weron  weroldi  :  wirtbig  938.  hl:  helaglico  :  haldan  333,  ebenso 
helaga  :  hetithon  518.  holda  :  bibaldon  540.  helagan  :  heiean 
i.  sl:  selbou  :  saligna  587.  wl:  alowaldaii  :  willeo  998.  cii:  kind- 
:  kunneas  167.  cuniuges  :  kindisc  733.  kind  kunni  :  cuning  774, 
b)  mit  der  gleichen  aufgelösten  doppelkonsonan:;  und  ein&cber 
'ironsünaiiz :  br:  barn  biirgeoo  :  bed  196.  bam  giburdeon  :  gibod  205. 
baro  barma  :  gibod  216,  giboran  burgion  :  gibod  348.  giboran  Beth- 
lehem :  baruo  370.  berebtun  bürg  :  buoki  530.  berehtun  bokne  :  bam 
545.  barnes  giburd  :  bodon  697,  bam  Bethleem  :  giboran  731.  bamo 
best ;  giboranero  835.  fr:  firio  beforan  :  Kwi  47.  gifaran  fatbic  :  Cer- 
ran  556.  faran  fern  :  fagin  899.  hr:  hard  baramacara  :  helag  240. 
bann  herta  :  hugi  607.  wr:  wordun  wercun  :  wisara  5.  giwarabtes  gi- 
wabsanes :  wordon  42,  warun  weroldi  :  wundar  157.  giwordao  waren  ; 
_vrihe  171.  wardon  weroldi  :  wini  321.  waren  wordon  :  biwundan  406, 
irnn  wordun  :  wiba  445.  warun  wordon  :  giwittig  569.  giwath 
raroldi  :  wiscuning  582.  werod  wariicti  :  wissin  620.  werilan  we- 
Ujdi  :  wibon  748.  wertban  worden  :  giwit  850.  weros  watere  :  war- 
1001.  kl:  helpa  himile  :  helagna  U.  helag  himilisc  :  heütbo  15. 
|Ad  helaga  ;  hugi  385.  helag  himilisc  :  lielithos  440,  helpa  hebancu- 
:  helago  521.  wl:  welono  wunsaraost :  willeo  871.  cn:  cuuing 
BBUrdome  :  cunnio  605.     kindes  cumi  :  cuning  639. 

2)  Aufgelöste  doppelkonsonanz  mit  gleicher  und  ähnlicher  aufge- 
ter  doppelkonsonanz:  frr.- berebtun  but^  :bilithi  433.  hr:  barm  herten  : 

älitho  500.  «r;  wirdiga  giwirkie  :  waldand  20.  word  weroldi :  wal- 
ind  26,  werthan  weroldi  :  waldandes  277.  werthe  wordon  :  willeo  286. 
Pirardot  warlico  :  waldandes  300.  weroldes  waldand  :  word  409,  weros 
■oldi  :  willeo  484.  werodas  giwaldan  :  word  767.  wertlian  weroldi  ; 
jros  warlico  :  waldand  905,  word  willeon  :  worde  933. 
*©rthan  weroldi  :  willeon  943.  W.-  helithon  hertan  :  helagna  21.  ivl: 
**'ftldanil  welda  :  wordon  682.     waldandes  willeon  :  wordon  779.    giwald 

Cilleoii  842. 
u%elöste  doppelkonsonanz  reimt: 


158  R.  M.  MKTKR 

a)  mit  ähnlicher  aufgelöster  doppelkonsonanz  ausschliesslich:  hr: 
herren  :  helage  708.  herron  :  helithos  917.  tmr:  giwirkean  :  weldi  163. 
warlico  :  willeon  398.  weroldi  :  waldan  585.  fi:  folgodin  :  fim  596. 
filowiso  :  fiim  624.  folke  :  furisagono  928.  M:  heim  :  heritogon  58. 
hei  :  herron  259.  wl:  waldand  :  werold  39.  waldande  wertha  :  word 
117.     waldand  warlico  :  wordo  974. 

b)  mit  ähnlicher  aufgelöster  doppelkonsonanz  und  einjEacher  kon- 
sonanz:  br:  giboran  bald  :  bocon  599.  er:  gicoran  kuninge  :  keser  62. 
hr:  hetan  heritoge  :  helmberandero  765.  rvr:  warahta  willeon  :  wib  78. 
werode  wihe  :  wilspel  519.  giwirkian  willeon  :  giwendit  692.  wirkean 
willen  :  wih  790.  wirkean  willeon  :  wissun  855.  war  waldand  :  weg 
916.  werod  watere  :  waldan  979.  bl:  balda  bodscepi  :  bam  651.  U: 
helag  heriscepi :  hebanwange  411.  holdan  herron  :  gihetan  486.  holda 
herren  :  handon  676.  wl:  waldandi  wirdig  :  giwit  260.  waldandes 
word  :  giwit  575,  ebenso  689. 

4)  Aufgelöste  doppelkonsonanz  reimt  ausschliesslich  mit  einfiu^er 
konsonanz:  br:  berehtlico  buok  :  gibodscip  8.     bam  buosme  :  gibod  324. 
bürg  Bethlem  :  bethero   359.      bam  bocon  :  bedu  592.     gr:    gerne  : 
gigamalod  481.     garo  gumono  :  gode  957.     ihr:   thiomun  thinero  :  gi- 
thungan    319.      tr:   torohtan   teknon  :  to   428.      torohtero   tegno  :  tid 
852.      tor:   giwerkes  :  wundran   160.      werod  wihe  :  wundrodun  175— 
werod  witie  :  wisbodo  249.     word  wisa  :  wib  288.     weros  wahtu  : 
geo  389.     wordos  :  wiht  396.     worden  giwisda  :  weg  695.    word 
dorn  :  giwitteo  848.     werold  :  weg  896.      werodes  wuostinnia  :  wihtij 
935.     bl:  bilithi :  bocno  373.    hl:  helag  :  handon  7.    helag  :  hebanwang^E 
275.      haldan   hohgisetu  :  hiwiskes   365.       heiagas  :  hebanwange   41A- 
helagna   hebancuning  :  hugi   473.      helagna  hebancuning  :  herro  48C^< 
holdan  :  hwerban  482.     cn:  cuning  cuman  :  cumbal  635.     kindjunga.     : 
qualmu  750.     kindisc  :  quidi  817. 

V.   Aufgelöste  doppelkonsonanz  an  zweiter  stelle  reimt 

1)  mit  der  gleichen  aufgelösten  doppelkonsonaz; 

a)  ausschliesslich:  wäre  nur  bei  fehlen  des  ersten  Stabes  mflglicla; 
sonst  schon  verzeichnet 

b)  mit  der  gleichen  aufgelösten  und  mit  einfacher  kcuttonaiia:  br: 
bethiu  giburdion  :  berehtun   367.     Bethleem  buig  :  bamo  4D4.    boitnB 
giburdeas  :  bam  584.   bethiu  bamu  :  berehtun  778.    bodon  bnigi  :  iMtft    j 
919.     best  giboranero  :  bamo   003.     kr:  habda  heriaoipie :  hflila  S&   J 
ivr:  wines  weroldi :  wurdgiscapa  127«     widon  voiQld^:  irwUiaa  IM 
wanom   weroldi  :  word   168-  .i; 


nLUND  159 

iwirkes  :  giwerthan  203,  wie  weroldi  :  word  273.  vridan  werold  : 
rerod  349.  widun  werold  :  wardos  387.  wester  weroldi  ;  giwarod 
87.  wissim  waren  :  wordon  615.  wonon  werode  :  word  707.  wissa 
:  wernde  799.  wiasaro  waraagono  :  weroda  924.  wesan  weroldi  : 
rord  999,     //;  fagar  folc  :  filu  412.     fand  folca  :  filo  805.     wl:    wegos 

lldos  :  willionu  603.     wendun  wiHeon  :  waldandes  699.     wonon   wil- 

>n  :  giwald  827. 

2)  mit  ähnlicher  aufgelöster  doppelkonsonanz: 

a)  auaschliesslich :  schon  verzeichnet. 

b)  mit  ähnlicher  aufgelöster  doppelkonsonanz   und   eint'aclier  koii- 
nanz:  Vir:  wisdn  weroda  :  waldandes  186.     wisean  waren  :  waldaodes 

flO.  wancim  weroldi  :  willeo  447.  wendian  weroldi  :  willo  471.  widor 
reroldi :  willeo  536.     wintro  weroldi  :  wiileon  964.     bl:  bocan  bililhi : 

n  479.     //:  fflsto  bifolhan  :  ferahtan  22.     bifieng  felde  :  forohton  393. 

■  wanom  wolkan  :  wardos  392.  wunoda  wiileon  :  wurth  761.  watar 
rilleoD  :  weroda  874.  wonoda  waldandea  :  word  989,  wesan  weroldi  : 
llo  1012. 

3)  mit  einfacher  konsonanz:    br:  buok  baram  :  bad  232.     bedun 
iroe  :  banen  644,     lor:  giwisda  giwarahta  :  wuudarlicas  36.     wisa  wor- 

1  :  wih  95.  wintro  weroldi  :  wib  145.  wib  wurdigiscapo  :  wintar 
fi7.  wesan  weroldi  :  wisu  211.  widua  werold  :  wibes  281.  wesan 
irode  :  wiso  312.  giwendid  wordou  :  wibe  330.  wises  word  :  wib 
l3.  wintro  weroldi  :  wih  514.  wanom  weroldi  :  wisun  687.  wohs 
nroda  :  giwitteas  783.  wisaro  wordo  :  gtwitun  832.  wemlat  wordon  : 
182.     was  weroda  :  wiscumo  921. 


Aufgelüste  doppelkonsonanz   an   dritter  ätello  reimt  mit 

einfacher  konsonanz: 
br:    bodo  :  baru  446.      bethiu   Betlileem  :  barii   459.      Bethleeni : 

0  626.     bodo  :  bam  770.    giblodan  bam  ;  gibodecepi  895.    dr:  Da- 

1  dohtor :  diurlic  255.      fr:   fagaro   antfengun  :  ferebtiin  677.    g}-: 
mono  :  gerno  1019.     ihr:  theiikean  tbingo  :  thiomun  314.     ti>r:  wih  : 

srod  103.  wibe  :  wordon  114.  giwiimanne  :  wordon  143.  wanük  : 
uthan  207.  wis  winsoli  ;  word  229.  wapnon  witnot  :  werk  501. 
rihes  :  wardoii  814.  awahean  wuostinniu  :  werudes  860.  wuostinniu : 
864.  //.-  fundun  :  folco  430.  hl:  ahebbean  :  helagaro  24.  heban- 
:  helag  434.  bugisccftion  :  hclag  436.  handgiwerc  :  hlutra  885. 
Bei  der  beurteilung  dieses  materials  ist  von  den  fällen  auszu- 
ihen,  in  denen  die  doppelkonsonanz  au  erster  stelle  steht,  denn  der 
xweito  Stab   ist  Ja   der  schwäi.:hste ,   der   sogar  olt  gau/.  fehlt,    uud  der 


160  B.  M.   HKTIR 

dritte  kann  auf  die  gestaltung  der  früheren  nicht  80  leicht  einwirken, 
wie  der  erste  auf  die  der  späteren. 

Bei  den  fallen  unter  I.  steht  nun  die  Statistik  nicht  aiza  gOnatig. 
39  belege  genügen  unserer  regel:  8,  in  denen  xr  mit  nr,  3,  in  denen 
X7*  mir  Qor  und  afr^  endlich  28,  in  denen  es  mit  afr  reimt  (wovon  4 
unter  I.  2).  Dabei  ist  als  wichtig  zu  bemerken,  dass  der  einfoche 
reim  (I.  1,  b  und  L  1,  e)  fast  stets  auf  den  zweiten  stab  fSlt:  so  866 
70  749  991  1011  502  233  955  898  990  29;  und  bloss  310  743  804 
512  finden  wir  den  dritten  stab  mit  einfachem  komponenten.  —  Aber 
diesen  fallen  stehen  zunächst  (unter  I.  4)  19  belege  gegenüber,  in  denen 
einfache  konsonanz  reimt;  und  dazu  kommen  noch  (unter  L  3)  17,  in 
denen  zwar  doppelkonsonanz  reimt,  aber  eine  andere  als  an  erster  stelle 
steht    Das  wären  36  beispiele  gegen,  39  für  unsere  regel. 

Aber  betrachten  wir  die  beiden  gruppen  der  ausnahmen  näher. 

Zunächst  bei  I.  4)   ist  nicht  zu  verkennen,   dass   unserer  regel 
kein  genüge  geschieht.    Hier  falt  nun  auf,  wie  oft  dieselben  stabworte 
begegnen.     Viermal  steht  drohtin,   zweimal  thria,   dreimal  die  formel- 
hafte Verbindung  glauwa  gumon  im  versanfang:  9  von  20  stellen.    Der 
dichter  befand  sich  hier  in  einer  Zwangslage:    bestimte  werte  drängen 
sich  ihm  fast  unvermeidlich  auf,   ohne  dass  er  ihnen  volle  reimwort^ 
zur  Seite  geben  konte.    Immerhin  bleibt  natürlich  die  tatsache,  dass  iv^ 
all  diesen  versen  der  dichter  sich  mit  dem  reim  auf  einfctdien  kompo-^ 
nenten  begnügt 

Wie  steht  es  aber  mit  I.  2)   und  besonders  I.  3)?     Sind 
falle  den  eben  besprochenen  gleich  zu  stellen  oder  vermitteln  sie  zwi- 
schen ihnen  und  den  beispielen  mit  volkommenem  doppelreim? 

Ich  glaube  das  lezte.  Die  verwantschaft  von  r  und  l  ist  mindc 
stens  so  gross,  wie  die  der  verschiedenen  vokale,  die  ja  auch  auf  eia  — 
ander  reimen.  Ja  sie  ist  grösser:  leicht  kommen  Schwankungen  zwi — 
sehen  r  und  /  vor  (Sievers  in  Pauls  Orundriss  I,  296),  so  specieU  aucb 

ahd.  (Braune  §  120  anm.  1)  und  mhd.  (Weinhold,  Mhd.  gramm.  §  103 

194).     Von  vornherein  darf  also  jedesfals  nicht  bestritten  werden,  dasB 
die  konsonantische  assonanz  in  fallen  wie  filuifuru  empfanden  ward; 
ein  vermittelnder  klang  der  ausspräche,   wie  er  etwa  der  in  r  mid   / 
differenzierten   liquida  der  idg.  urzeit   eigen  gewesen  sein  magt  6ixi 
gänzliches  fehlen  des  rollens  (Sievers  a.  a.  o.  s.  279)  konte  die  IhnUdb* 
keit  der  reimenden  Silben  noch  steigern.    Und  dass  das  •&  r  lw4i^ 
stens  in  einigen  worten  „eine  wenig  energische  aoBqpiecbe*  IhMb,  i>t   ' 
ja  auch  sonst  wahrscheinlich  (Gallfe  As.  lant-  luid  flBSiQMlilmMI^JMI    " 
Allerdings  gilt  all  dies  nur  für  die  ftlle,  ii 


ALUTERIEBKNDE  DOPPELKONSONANZ  IM  HEUäND  161 

entsprechen.  Bei  beispielen  mit  cn,  sn,  sw  bin  auch  ich  geneigt,  an 
zo£eQ1  zu  glauben.  Für  absieht  bei  der  bindung  von  /  und  r  aber 
spricht  der  umstand,  dass  in  den  betreffenden  versen  das  nur^mit  ein- 
facher  konsonanz  versehene  wort  gewöhnlich  in  der  schwächsten  reim- 
stelle steht:  301  760  111  422  837;  an  dritter  stelle  finden  wir  ein- 
&chen  konsonanten  nur  666  und  602  (beidemal  mit  demselben  worte: 
bocne). 

Bechnen  wir  nun  die  verse  unter  I.  3),  in  denen  ocr  und  xl  rei- 
men (elf),  zu  denen,  welche  xr  mit  arr,  xl  mit  xl  binden,  und  führen 
wir  andererseit  die  bindungen  von  cn  mit  er,  sl  mit  sw,  hl  mit  hn, 
m  mit  sWy  fr  mit  fn  (fünf)  denen  zu,  die  doppelkonsonanz  mit  ein- 
facher konsonanz  reimen,  so  stehen  nunmehr  50  fallen  für  die  regel 
nur  25  gegen  dieselbe  gegenüber.  Man  sieht,  wie  notwendig  bei  sol- 
cher Statistik  eine  individuelle  prüfung  der  einzelnen  Massen  ist 

Besonders  ist  hier  noch  eins  anzumerken.     Da  die  art  der  vokale, 
selbst  wo  sie  allein  den  Stabreim  tragen,  keinen  unterschied  macht  und 
die  bindung  ungleicher  vokale  sogar  vorgezogen  wird  (Brate  Fornnord. 
Metrik  §  21),  so  kann  natürlich  bei  unserm  nur  assonierenden  silben- 
f^im  gleichheit  der  von  der  doppelkonsonanz  eingeschlossenen  vokale  erst 
fecht  nicht  erwartet  werden.     Ob  bredan:berg  oder  bredan:  barn,  das 
Diacht  keinen  unterschied.     Dagegen  ist  es  wahrscheinlich,   dass  beim 
föim  von  echter  und  aufgelöster  doppelkonsonanz  kürze  des  mitreimen- 
den  Vokals  verlangt  wurde.     Wenn  990  hlud  auf  heland  reimt,  so  ist 
ter  Zwischenraum  zwischen  h  und  l  im  zweiten  worte  zu  gross,   um 
üö  assonanz  empfinden  zu  lassen.     Anders  steht  es,   wo  zwei  silben 
leimen:   helaglico  :  haJdan  333   kann   sehr   wol  beabsichtigten  gleich- 
klang aufweisen.     (Auch  wenn  beide  assonierende  silben  lang  sind  — 
^ie  708  herren  :  helage  —  kann  gleichklang  beabsichtigt  sein:    nacli 
dem  langen  vokal  wird  die  liquida  leicht  halb  in  die  erste  silbe  gezo- 
S^H:  hä'lage.) 

Da  die  von  uns  vermutete  bindung  einer  silbe  mit  einer  doppel- 
konsonanz jedesfals  voraussezt,  dass  nicht  nur  die  leztere  langsamer, 
äoudem  wol  auch  die  erstere  schneller  gesprochen  wurde  als  sonst,  so 
^Uid  alle  fiUle  auszuschliessen,  in  denen  konsonanten  zu  eng  zusam- 
^ii^QiiTfiQken  würden,  deren  vergeselschaftung  dem  gem.  Sprachgebiet 
^'idflntrebi  Y.  747  muss  serora  als  nur  mit  6^  reimend  angesehen 
L^  Bioht  bloss  wegen  des  langen  vokals,  sondern  auch  weil  sr 
^danbter  anlaut  ist;    es   wird   ja    urgerm.   dafür  str  ge- 


IBILOLOOne.     BD.   XXVI. 


11 


1G2  R.   M.  MKYKB 

Nachdem  wir  nun  die  gleichartigkeit  der  ^  aufgelösten '^  mit  der 
echten  doppelkonsonanz  zu  erweisen  versucht  haben,  gehen  wir  gleich 
zu  den  fallen  über,  in  denen  diese  an  erster  stelle  sich  findet  (IV). 
26  verse  binden  oih"  mit  Tfr^  afl  mit  aflj  35  reimen  teils  so  teils  mit 
einfacher  konsonanz.  In  diesen  lezten  fallen  tritt  die  überraschende, 
noch  nicht  beobachtete  erscheinung  auf,  dass  die  einfache  konsonanz 
öfter  an  iezter  als  an  zweiter  stelle  sich  befindet  Sehr  oft  sind  die 
beiden  ersten  stabworte  formelhaft  verbunden,  so  in  fsAi  allen  beispie- 
len  mit  br,  femer  406.  445.  569  tvarun  wordon.  Indessen  das  erklärt 
nur  den  vollreim  an  zweiter,  nicht  den  unvolständigen  reim  an  dritter 
stelle.  —  Die  gleiche  erscheinung  finden  wir  nun  beim  reim  aaf 
ähnliche  doppelkonsonanz.  Fast  immer  steht  (lY.  2)  die  identische 
Verbindung  an  zweiter,  die  nur  ähnliche  an  dritter  stelle:  berehtun 
bürg  —  bilithij  oder  es  steht  (IV.  3,  b.)  die  ähnliche  doppelkonsonanz 
an  zweiter,  an  dritter  stelle  aber  einfache  konsonanz:  waldande  tcir- 
äig  —  gindt. 

Ich  glaube,  dies  zwingt  uns,  der  aufgelösten  doppelkonsonanz  doch 
eine  etwas  von   der  der  echten  abweichende  rolle  zu  geben.     Wo  aD 
erster  stelle  xr,  xl  reimt,   da  wird  zur  volkommenheit  des  reims  auch 
an  der  korrespondierenden  stelle  doppelkonsonanz  gefordert,  die  im  not- 
fall  durch  xhr  afl  ersezt  wird.     Wo  aber  an  erster   stelle  oifr  x^l  sich 
finden,   da  wird  dies  nicht   verlangt     Nur  werden  gern  alte  typische 
reimpaare  in  die  erste  halbzeile  gesezt,  die  selbst  einer  früheren,  wahr- 
scheinlich  strengreimenden   zeit   entstammen   und   jezt  nur   noch    zur" 
bequemen  vei-sfüllung  dienen.     Scheint  es  doch  mit  den  zwillingsfor — 
mein,   dieser   charakteristischen  eigenheit  der  altgerm.  dichtung,  gan^ 
ebenso  zu  stehen   (meine  Altgerm,  poesie  s.  245).    Der  volle  reim 
beginnender,  aus  muta  +  vokal  +  liquida  zusammengesezter  silbe 
also  in  der  as.  dichtung  nur  ein  rudiment,  welches  immerhin  aber  » 
Zeiten   deutet,   wo   er  mächtiger  war.     Die  26  falle  von  IV*.  1,  a, 
denen  in  IV.  1,  b  noch  14  reguläre  beispiele  (370.  545.  731.  835.  55S- 
42.  1001.  11.  15.  440.  521.  871.  605.  639)  kommen,  zeigen  immeriiijtm^ 
dass  auch  im  Heliand  noch  die  reimbindung  x^  :  afr  usw.  gern  angewaim€ 
wird.    Aber  wir  haben  doch  (IV.  4)  allein  30  verse,  wo  einfache  kom- 
sonanz  entspricht     Und  der  allerhäufigste  fall,  reim  mit  ähnlicher  dop* 
pelkonsonanz  (IV.  2  und  3)  mit  48  belegen  spricht  ebenfids  g^gen  dM 
ausdehnung  unserer  ersten  regel   auf  verseröfhende  au^elSete  doppd- 
konsonanz;   denn  weshalb  solte  hard  mit  helae  lieber  reimm  ab  vaSt 
haramscara?  . 

Wir  haben  also  bis  jezt  zwei  regeln  geftinden:  ' ' 


->«-< 


l    HEU  AND  163 

1)  Echte  doppclkonsonanz  an  erster  stelle  wird  nm  liebsten  mit 
(ecliler  oder  aufgelöster)  doppelkosRonanz  gereimt. 

2)  Aufgelüste  doppelkonsonanz   an    erster  stelle  bedarf  der  konso- 
I  nuiz  in  ihr  entsprechenden  reimailben  nicht  mehr  als  jede  andere  silbe. 

Wie  steht  es  nun,  wenn  das  doppeikonsonantische  wort  den  zwoi- 
I  reimstab  trägt  i* 

Kin  blick  auf  U.  1  zeigt,  dass  hier  der  doppelreim  fast  aus- 
shliesslich  formein  verdankt  wlixl.  So  besonders  bei  crnfl  Prislns 
1,  b)  49.  399.  973,  so  bei  froffon  228.  800,  bei  briostun  831. 
6t74.  690  «BW.  Eine  absieht,  auf  die  doppelkonsonanz  an  zweiter  stelle 
aoppelten  reim  an  dritter  folgen  zu  lassen,  ist  entschieden  abzulehnen. 
I.Die  schon  vorhnndenon  und  der  bequemlichkeit  wegen  benuzten  dop- 
pelmmenden  formein  aber  sind  ein  neuer  beweis,  dass  zu  anderer  zeit 
er  wirklich  vorzugsweise  auf  er,  l/r  auf  br  oder  bar  usw.  reimten. 

Aber  ein  anderes  bild  bietet  V.  26  ma!  führt  aufgelöste  doppel- 
konsonanz an  zweiter  stelle  ihres  gleichen  als  drittes  stabwort  nach 
sieb.  Nur  17  mal  hat  dies  einfache  konsonanz  (V.  3),  14mal  ähnliche 
doppelkonsonanz  in  aufgelöster  form  (V.  2).  Die  Statistik  spricht  also 
Jjier  für  den  volständigen  reim  in  höherem  grado  als  bei  der  echten 
[oppelkonsonanz.  Wie  ist  das  zu  erklären?  Wir  finden  sonst  —  wie 
mch  ganz  natürlich  —  echte  doppelkonsonanz  starker  wirksam  als  auf- 
[elöste:  veriiielte  es  sich  hier  umgekehrt? 

Eine  rein  schematisierende  betrachtung  stünde  hier  vor  einem 
I  Terbl äffenden  rätse);  einer  individualisierenden  nnscbauungweise  scheint 
i  nicht  unlösbar.  Wir  finden,  dass  in  den  vorliegenden  fallen  das 
PiSweite  wort  in  der  regel  syntaktisch  das  hauptgewicht  im  satze  trägt. 
,  "Das  erste  stabwort  ist  adjektiv  wie  in  fngar  foie  412  oder  verb  wie  in 
kaida  heriaeipie  55;  es  erhält  dadurch  für  die  recitation  das  zweite  stab- 
wort fast  höhere  bedeutung  als  das  erste.  Wir  sehen  hierin  beiläufig  eine 
neue  bestä-tigimg  der  von  Sievors  algemein  vertretenen,  mindestens  für 
den  Helianduns  sicher  scheinenden  auffassung  vom  sprachtaht  der  alten 
stabreimverso.  —  Gerade  nun  hieraus  erklärt  es  sich,  weshalb  an  zweiter 
stelle  echte  und  „aufgelöste"  doppelkonsonanz  verschiedene  behandlung 
erfahren.  Die  syntaktisch -rhetorische  hervorhebung  macht  aus  einem  rr 
noch  immer  keine  volle  silbe;  es  bleibt  schliesslich  doch  immer  eine 
nur  mit  schwach  vokalischem  einseht nssiaut  gesprochene  doppelkonso- 
nanz. der  ihre  stelle  im  verae  kein  rocht  auf  das  gefolge  einer  doppelt 
reimenden  dritten  silbe  verleiht.  Dagegen  ein  fear,  ein  fol  an  dieser 
stelle  werden  durch  die  verlängernde  kraft  des  accentes  so  nachdrück- 
lich präsentiert,   daas  sie  nach  assonanz  formlich  7X\  schreien  scheinen. 

11' 


164  ^  R.   M.   lOBTKB 

Sind  es  doch  auch  vorzugsweise  stark  und  tief  tönende  silben  wie  in 
ffiburdon,  fmrg,  wie  in  weroldi,  für  dessen  dumpfen  klang  schon  die 
engl,  entsprechung  zeugt.  Wir  seilen  also,  dass  bei  fragen  der  reim- 
technik,  wie  längst  ja  Rieger  erwiesen  hat,  bis  in  einzelheiten  her- 
ein syntaktische  Verschiedenheiten  eine  rolle  spielen  und  die  einfoche 
gleichsetzung  beliebiger  metrisch  gleichartiger  werte  das  sachverhältnis 
verschleiert. 

Wir  haben  drittens  den  fall  zu  betrachten,  dass  die  volle  doppel- 
konsonanz  an  dritter  stelle  steht  (III).  Hier  ist  die  regel  sehr  ein- 
facli,  zeigt  aber  wieder  eine  neue  form  des  eingreifens  individueller 
momente.  Bei  zweireimigkeit  wird  der  doppelkonsonanz  gern  die  asso- 
nierende  silbe  vorausgeschickt  (III.  1,  d  und  III.  3,  d),  bei  dreifachem 
Stabreim  geschieht  dies  nur  zufallig  (III.  1,  e,  III.  3,  e  und  besonders 
lU.  4).  Es  ist  klar,  dass  die  grössere  Intensität  des  reimes  seine  gerin- 
gere häufigkeit  im  verse  ausgleichen  soll. 

Unsere  nummer  VI  verzeichnet  nur  stellen,  in  denen  die  an  drit- 
ter stelle  auftretende  reimsilbe  auf  ihre  Vorgänger  wirkungslos  geblie- 
ben ist  Solche  verse  sind  zusammenzulegen  mit  denen,  in  welchen 
ihr  eine  assonanz  an  zweiter  oder  dritter  stelle  entspricht  Diese  sind 
alle  schon  besprochen.  Es  ist  immer  wahrscheinlicher,  in  reimfragen 
progressive  assimilation  anzunehmen,  als  regressive;  aber  UI.  zeigt» 
ims  soeben,  dass  auch  diese  vorkomt  Man  müste  nur  eben  das 
wachsen  hören  können,  um  in  jedem  fall  zu  bestimmen,  welches  reim 
wort  dem  dichter  stärker  im  ohr  lag.  Wo  es  das  rhetorische  bauptwo 
ist,  kann  es  ganz  gewiss  prolcptische  assonanzen  bewirkt  haben,  genaiflik 
wie  wir  denselben  fall  täglich  beim  versprechen  und  verschreibeiHi 
beobachten  können.  Aber  wer  kann  nun  wider  immer  wissen,  wo 
hauptton  lag?  Die  alten  sänger  betonten  gewiss  anders  als  wir; 
scheint  das  neue  immer  als  das  am  stärksten  zu  betonende  —  wi 
Reicheis  kleine  abhandlung  mit  glück  ausgeführt  hat  —  ihnen  ihre 
ganzen  tautologischen,  häufenden  art  nach  gewiss  in  der  regel 
schon  bekante. 

Wir  haben  bisher  die  oben  allgemein  formulierten  regeln  ledigUcfti 
nach  der  Stellung  im  verse  individualisiert  Es  gäbe  auch  andere  eicm— 
teilungsprincipien,  vor  allem  lautphysiologischer  art  Bekant  vaA, 
diiss  jede  spräche  bestimtc  alliterationen  bevorzugt,  so  die  lateinische  </ 
und  ,s,  die  deutsche  w  und  h.  Keineswegs  lässt  sich  das  eiiifiudi 
der  Statistik  der  anlaute  ableiten;  sonst  müste  z.  b.  bei  uns  s  als 
des  Stabreims  viel  häufiger  sein,  als  es  der  fall  ist  Ebmpo, 
erklärt  der  zufalK  dass  gerade  bestirnte  beliebte  worts  * 


ALLITEBIERKNDE  DOPPELKONSONANZ  IM  HSUAND  165 

veralgemeineruDg  ihrer  anfangskonsonanten  im  Stabreim.    Entscheidend 
ist  gewiss  ein  ästhetisches  behagen  gerade    an  diesen  klängen.     Hess 
(Oeist  and  wesen  der  deutschen  spräche  s.  35)   hat  darauf  hingewiesen, 
welche  rolle  gerade  Spiranten  und  halbvokale  in  der  deutschen  dich- 
tang  spielen;  und  wenn  sie  statistich  ebenfals  einen  hauptplatz  einneh- 
men, so  hat  dies  gewiss  die  gleiche  Ursache:  die  Germanen  Hessen  von 
mehreren  synonymis  diejenigen  fallen,  deren  klang  ihnen  weniger  gefiel, 
b^ünstigten  unter  verschiedenen  aussprachen  die  gefaUigste  usw.    Ich 
hoffe  in  dieser  richtung  bald  genaueres  bringen  zu  können  durch  eine 
formulierung    der   germanischen    anlautsgesetze,    an   der    ich 
schon  seit  längerer  zeit  arbeite.     Jedesfals  liegt  aber  hier  wider  klar 
am  tage,   wie  eng  metrische  und  sprachliche  eigenheiten  verwant  sind. 
Eine  solche  modifikation  unserer   regeln  auf  lautindividualitäten 
will  ich  nicht  wider  durch  alle  Situationen  hindurchführen.    Ich  bemerke 
hier  nur,   dass  bei  er  die  neigung  zu  doppelreim,   bei  hl  die  zu  ge- 
nauem reim  besonders  kräftig  scheint,  dass  hr:hl,  ?^?r  .•  ^^;/ und  nament- 
lich fr :  fi  sich  beinahe  zu  suchen  scheinen. 

Ein  drittes  princip  der  einteilung  könte  aus  der  Chronologie  her- 

^nommen  werden.  Vermehrt  oder  vermindert  sich  die  tendenz  zur  dop- 

pelalliteration  im  lauf  der  dichtung?  Zur  beurteil ung  dieser  frage  reichen 

unsere  tausend  verse  freilich  nicht  aus.     Immerhin  habe  ich  den  ersten 

ttüd  wichtigsten  fall,  echte  doppelkonsonanz  (und  zwar  mitr)  an  erster 

stelle,  darauf  geprüft     Durchaus  schien  mir  abnähme  des  vollen  dop- 

P^lreims  bemerklich,   wobei  ungefähr  v.  200  den  Wendepunkt  bezeich- 

non  kann.     Der  häufigste  doppelanlaut,  fr,    komt  in  den  ersten  zwei- 

'^^ndert  versen  sechsmal,  in  den  nächsten  achthundert  nur  dreizehnmal 

^o»;  jene  sechs  haben   immer  vollen  doppelreim   (9  73  105  109  115 

177),  von  diesen  dreizehn  nur  zwei  (420  und  773;  anders  208  225  310 

4^2«  456   513  570  619  667  743  1011).     Ähnlich  ist  er  in  den  ersten 

2O0  versen  dreimal  (12  17  34),  immer  mit  vollem  doppelreim,  in  den 

^t^Schsten  800  sechsmal,   aber  nur  einmal   (499;    anders  489   610  813 

^66  991)  mit  ganzer  genüge  der  regel  vertreten.    Bei  dr  schiebt  sich  die 

S'^enze  mehr  der  mitte  zu:   bis  v.  316  sind  vier  fälle,   von  denen  nur 

^-  140  dr  mit  d  reimt,  und  zwar  greift  hier,  wie  natürlich  auch  sonst 

^ft,  eine  formelhafte  Verbindung  störend  ein:  dasselbe  reimpaar  wie  140 

*ToWw  .•  dadi  findet  sich  936.     (Dagegen  27   264  316  genauer  voU- 

^^im).    Nach  v.  316  trägt  dr  noch  fünfmal  den  ersten  stab,   aber  nur 

*ÄOch  zweimal  mit  vollem  reim   (681  710,   aber  nicht  515   936   1000). 

''■»  «r  all  zweiter  oder  dritter  stelle  konte  ich  eine  analoge  abnähme 

lUen,  was  sich  aus  dem  obigen  leicht  erklärt    Die  abnähme 


166  R.   M.   MEYXR,  ALUTBRURBNDE   DOPFELK0N80NANZ  IM  UELIAND 

bei  I.  aber  deutet  wider,  wie  schon  manche  anzeichen,  darauf,  dass 
in  älterer,  strengerer  zeit  auf  deutschem  boden  wenigstens  voller  dop- 
pelreim wirklich  gefordert  wurde:  ei'st  almählich  entzieht  der  christliche 
dichter  sich  dem  ihn  bedrückenden  zwang.  Die  alten  sänger  hatten 
den  vorteil  fester  formelhafter  doppelalliterationen  gehabt;  er  hat  sich 
auch  einige  solche  hilfsmittel  angefertigt  —  so  craft  Oristes  — ,  aber 
sie  können  die  grosse  zahl  für  ihn  nicht  mehr  verwendbarer  reimpaare 
nicht  ersetzen. — 

Welche  bedeutung  unser  problem  für  die  reimtechnik  der  alten 
dichter  haben  muste,  das  ergibt  die  eine  tatsache,  dass  anlaut  mit  tür 
oder  mit  w  +  vok.  +  r  in  unsern  1019  versen  nicht  weniger  als  123mal 
begegnet,  so  dass  ihn  nahezu  jede  achte  zeile  trägt;  so  häufige  werte 
wie  tverold,  wer  und  besonders  formen  von  wesan  und  werthan  stel- 
len das  gröste  kontingent.  Dabei  ist  es  selten  echte  doppelkonsonanz, 
diese  dann  an  zweiter  stelle  (237  622,  nicht  554)  zweimal,  an  erster 
stelle  einmal  (512,  nicht  233  955)  durch  mritan  verschaft.  Übrigens 
komt  gerade  diese  doppelkonsonanz  im  reim  der  ersten  200  verse 
überhaupt  nicht  vor.  Auch  br  findet  sich  an  erster  stelle  (509  614 
714)  und  an  dritter  (230  292  338  341  352)  nur  nach  dieser  grenze, 
an  zweiter  einmal  (174)  vorher  gegen  viermal  (298  690  723  831) 
nachher.  Offenbar  spricht  auch  dies  für  unsere  annähme:  der  dichter 
vermied  doppelkonsonanz  im  Stabreim  nach  möglichkeit,  so  lange  er 
sie  noch  voll  glaubte  reimen  zu  müssen.  VieUeicht  bedeutet  v.  198, 
die  geburt  des  Johannes,  einen  wirklichen  abschnitt  in  der  reimkunst 
unseres  Sängers;  mehrere  kapitel  beginnen  mit  ähnlichen  kurzen  ver- 
sen, so  V.  (V.  339),  Vm.  (V.  699),  XII.  (v.  949)  und  andere. 

Auch   die   kleinste   frage   ist   unerschöpflich.     Wir  könten   noch 
untersuchen,  ob  die  schweren  vokale  der  „aufgelösten  doppelkonsonanzen^ 
ganz  ebenso  behandelt  werden  wie  die  leichteren;  wir  könten  vor  allem 
auf  die  mehrmals  gestreifte  Wirkung  fester  formein  auf  die  reimtechnik 
eingehen,     um  den  oberflächlichen  einwand,  unsere  vermeinten  r^ln 
beruhten  lediglich  auf  dem  zwang  des  sprachlichen  materials,  der  frei- 
lich schon   durch  einen  verweis   auf  das  verschiedene  verhalten  ver- 
schiedener reimstellen  abzutun  ist,    ausführlich  zu  widerlegen,   könten   . 
wir  unsere  reimstatistik   mit   einer   algemeinen  wortstatistik  bezüglich- 
der  anlaute  zusammenlegen ,  die  wenigstens  für  die  art,  wie  tatsächlictiM 
der  Wortvorrat  auf  die  reimkunst  wirkt,   belehrend  sein  könte.     DocIk 
fürchten  wir,  die  geduld  des  lesers  schon  genügend  in  anspruch  genom- 
men zu  haben.     Mich  reizte  es,   eine  im  groben   sehr  leicht  und  ein- 
fach auszusprechende  regel  durch  ihre  individuellen  modifikationen  zv 


aifblgea.  Findet  man,  dabei  sei  nicht  viel  berausgekommon ,  sü  miiss 
cb  ROtworten:  treilich  nicht  viel  mehr,  als  herauskommen  solte,  aber 
Ober  das  Verhältnis  der  spräche  zum  vers  doch  vielleicht  einiges.  Vor 
ailem  aber  hat  sich  vielleicht  wider  einmal  gezeigt,  dass  bei  ins  ein- 
tetne  gehender  betrachtiing  sich  oft  völlig  andere  resultate  ergeben, 
ttk  die  blosse  Statistik  aufsteigt.  Und  das  ist  am  ende  heut  zu  tage 
Auch  kein  verächtliches  ergebnis. 

BERLIN,    a.  DECBR,    1892. 


TEXTKEITISCHES  ZU  MITTELNIEDERDBUTSCHEN 
GEDICHTEN. 

Zn  <tfn  mittchilrderdcutschi^ii  gcdichtrn.   aus  handsvhrlftcii 
herausgegeben  von  August  Liibben.    Oldenburg  IStiH. 

1,  10     se  vorsmadc  goet  uivie  cre 
unde  dar  io  alle  dynk, 
dar  eer  de  wtrk  mede,  ghenere. 
L&bbeu  vermutet,   dass  statt  verk  verch  zu  lesen  sei,   was  aber  im 
Bind.  wb.  nicht  belegt   ist     Ich  vermute  wcrlt.     Der  sinn    ist:    „sie 
Terschmähtc  jegliche  arbeit,  womit  die  weit  (die  kinder  der  weit)  ihren 
DQterbalt  zu  erwerben  pflegf*. 

25     Do  sprak  de  moder  unifemilike: 
„dochler,  so  gaet  an  rriynen  rouwe'^. 
ik  byn  van  haven  also  rike, 
gy  moghet  wol  wesen  vrmitoe!"' 
.  iibersezt  v.  26:    „Geht  an  meine  ruhe,  habt  es  so  gut  und  bequem 
ie  ich".     Nach  dem  zusammenhange  empfiehlt  die  muttcr  der  tochter 
i  der  weltlichen  liebe  zu  ergeben.     Ich  vermute  deshalb: 
äochler,  so  gaet  an  mannen  rouwen 
,Tochter,  geht  in  der  minne  auszuruhen,  euch  der  minne  zu  erfreuen". 
)a  die  hds.   teilweise  undeutlich   ist,    su  können   die  striche  über  der 
nile,  welche  die  ausgefallenen  n  bezeictmeten ,  verwischt  sein.    Vgl. 
U,  47  unde  fielp  mi,  aller  juticiyromveti  ein  rrouwe,  dat  ik  ewichük 
I  dines  kindcs  gnade  roiiwe. 

.IO     moeder,  icuer  syn  se  ghnxarvn. 
tfc  hir  toi'orct)  also  rikr 
unde  groti-  vrouwen  waren. 


168  SFRENGER 

L.  bemerkt:  genaren,  „genesen,  davongekommen  geblieben*.    Wie  ist 
es  mit  denen  geworden?    Die  vergleichung  mit  v.  482  ^.: 

^Des  ü  gheleden  seven  jaer(en), 

dat  hir  quam  eyn  baghinekin; 

war  mach  it  xin  ghevaren^. 
beweist,  dass  auch  hier  gheraren  zu  lesen  ist 

49     j^Dochter,  gaet  in  iuwe  camer  ryk 

unde  doei  an  iuive  smale  xiden 

vorsyrt  in  alre  tyd 

unde  laet  desse  rede  ligghen. 
an  doen  =  anziehn,   bekleiden,     xide  ist  „seite,   wie  v.  164  fg.:   unde 
dcßt  dan  by  mynen  gheboede  den  grawen  rok  an  iuwer  xidefi.    smal 
geht  auf  die  schlanke  gestalt  der  Jungfrau.    Im  reime  zu  xiden  stand 
wol  ursprünglich  bliven  st  Ugghen, 

53     y^Moder,  eyn  speghel  bket 

is  in  myn  herie  ghestaen, 

dat  i^  de  bitter  doet^ 

den  7icnieni  7nack  entghaefi^, 
bloet  (s.  anm.  z.  258)  kann  hier  allein  die  bedeutung  „nichts  weiter  als- ^ 
nur''  haben.     Der  sinn  ist:    „Ich  brauche  keinen  weltlichen  putz.    I 
meinem  herzen  steht  nur  6in  spiegel,  in  dem  ich  mich  beschaue, 
ist  der  bittere  tod,  dem  niemand  entgeht . 

61  fgg.  ist  zu  lesen: 

jjNeen,  moder  tvtverhoren^ 

ik  tvil  werden  xin  ghenoet; 

min  lef  W9rt  arm  gheboren 

unde  ellendich  to  der  doet  (hds.  to  dem  dode). 

Über  dot  als  fem.,  das  der  reim  verlangt,  s.  die  bem.  zu  384. 

81     Seer  iamerlyk  vorladen 
droch  he  xin  cruce  goet, 
men  sach  de  rode  blöden 
noetverwefi  xtJi  hilghe  bloet. 

Statt  noefvertven  vermutet  Lübben  richtig  rötverwen.    Wenn  er 
fragt:    „Sind  de  rode  bladeii  hier  die  Schulterblätter,   die  rot 
weil  sie  von  der  schweren   kreuzeslast  gedrückt  sind?    Oder 
tisch?"    so    treffen    diese   Vermutungen   das  richtige  nicht     V*  83 
gehen  vielmehr  auf  die  geisselung  Christi.    Es  ist  de  rodMade  , 
blätter  der  rute''   zu  lesen.    Die  hiebe  werden  also  nach  der 
lung  des  dichters  mit  zweigen  erteilt,  an  denan.noi  a    * 


TKXTKBIT18CHB8  ZU  ND.   aEDICHTBN  169 

Q  solche  auch  als  ^badequesten^  (s.  Mnd.  wb.  I,  351  u.  blöden) 

• 

97.     Seet  in  de  camer,  dochter  myn, 
dat  bedde  tvide  van  dan 
utet  st  van  dan  undän,  aber  van  dön  „öfoen,  aufinachen^  ist 
l.  wb.  V,  196  belegt 

107.    iuwe  rike  moghen  (lies:   maghen,  verwante)  moghen 

mit  eren  vlyt 
en  scolen  iw  nicht  bystaen  toer  noet. 
jrkt:    vlyt  ist  wol  partic.  von  vlien   (ornare,  Kil.)    „mit  ehren 
Ich   sehe   darin    nichts    anderes    als   das    subst   vltt,    eifer, 

12.  stat  ist  wol  dnickfehler  für  scat 

$4.  vermutet  L.,  dass  den  men  fehlerhaft  aus  dem  anfange  des 
ehenden  v.  dar  men  widerholt  ist  Ich  vermute  umgekehrt, 
T  men  zu  tilgen  ist,  welches  entstand,  indem  das  äuge  des 
rs  auf  den  anfang  der  folgenden  zeile  abirte.  Ich  lese  die 
)lgendermassen : 

nEyge,  moder,  des  en  beghere  ik  nicht, 

myn  lef  de  utverkoren  (auserwählte), 

den  men  int  cruce  hanghen  xeet, 

he  was  ghecronet  myt  doren^, 
ut  ist  auch  v.  325  geschrieben. 

13.  vorstveghet  Ein  schw.  v.  vorsweghen  ist  nicht  belegt.  Ist 
het  oder  vorswech  zu  lesen? 

)4.    troestghetoynne  ist  composit 

205.     ^Suster,  ik  by?i  van  mynnen  roiit, 
unde  ik  enbegheer  anders  nicht, 
dan  ik  arme  willelos  al  wet 
van  mynre  moder  scedede. 
cht  Lübben  vergeblich  zu  erklären.     Ich  glaube,  dass  zu  schrei- 
va7i  mynnen  tvunt  „von  liebe  krank^.     Wir  haben  dann  aller- 
Inen  unreinen  reim  tvunt :  ut 

257.  he  (Judas)  hefft  verraden  unde  vorcoft 
dat  kynt  onnosd  bloet 
sezt  bloet  durch  „arm^,  es  ist  jedoch  wol  unzweifelhaft,  dass 
er  durch  sanguis,  in  der  noch  gebräuchlichen  Umschreibung  für 
indes  wesen  gebraucht  wird,  kynt,  das  als  nicht  in  den  zusam- 
g  passend  zu  streichen  ist,  kam  dem  Schreiber  in  die  feder, 
in  der  Verbindung  mit  onnösel  häufig  ist   (vgl.  der  unnosel 


1 70  SFRENOEB 

hindere  dach  =  28.  decomber).  Auch  die  im  mnd.  wb.  I,  363  ange- 
führten stellen  aus  dem  Dithmarscher  iirkundenbuche  (de  armen  blöde, 
de  keielboterhiechie  u.  a.)  gehören  hierher,  denn  wenn  einmal  blöi, 
sanguis  als  Umschreibung  für  ein  lebendes  weeen  gebraucht  wurde,  so 
lag  es  nahe  auch  den  plural  davon  zu  bilden,  besonders  wenn  man 
nicht  mehr  deutlich  an  die  ursprüngliche  bedeutung  dachte.  —  Die 
änderung  von  vorcoft  (:  unsacht)  in  vorcocht,  die  L  vorschlägt,  ist 
unnütz. 

265.  St  ghegreff  ist  wol  ghereff  (=»  gertf  Mnd.  wb.  IE,  72)  zu 
schreiben. 

305.   berne^ider  ist  nicht  in  bemendem  zu  ändern,   da  herte  als 
femin.  auch  durch  andere  stellen  (Mnd.  wb.  ü,  255)  belegt  ist 
323.     Si7ier  moder  wart  so  wee,  beseet, 

dat  eer  herte  duchte  doer  sntden. 
anspielung  auf  Luc.  2,  35  et  tuam  ipsius  animam  pertransibit  gladiiiss^ 
ut  revelentur  ex  multis  cordibus  cogitationes.    Da  herte  nur  objekt  s^ijn 
kann,   so  fehlt  das  Subjekt     Vielleicht  ist  en  swert  nach  herte  ausg^^^ 
fallen,  möglich  aber  auch,  dass  zwei  verse  fehlen. 
333  fgg.  möchte  ich  lesen: 

Des  saterdaghes  al  den  dach 

so  bin  ik  unledich  mede, 

offt  ik  sine  moder  mach 

setteii  in  yenighen  vrede, 
367.    Der  reim  wird  hergestelt,   wenn  wir  fyn  hinter  spise     er- 
gänzen. 

385.     Unfaet  dit  (deet)^  gude  baghinekyn, 

dat  Jhesus  iw  wil  gheven, 

ivant  ik  maeh  iw  tvoldocn  syn 

eivelik  myt  em  leven, 
L.  bemerkt:  ^woldön  =  woldönde     Umschreibung  des  einfachen  verb. 
„ich  kann  euch  wol  verschaffen,   dass  ihr  ewig  mit  ihm  lebt**.    Der 
Zusammenhang  verlangt:   tvant  it  mach  iw  tvoldoen  «.  ^es   (das  kleid) 
mag  euch  wol  verschaffen,  ewig  mit  ihm  zu  leben. 
417.     Dn  byst  arm  van  wiUen  nu 

unde  alles  of  gheghaen, 
lies  Bfgcghaen.     Über  afgdn  =•  sich  entäussern  s.  Mnd,  wb.  I,  23  b. 

469  vermutet  L.  mit  grtitven  statt  mit  troutaen.  Ich  halle  ^ 
für  wahrscheinlicher,  dass  tniwen  als  Versicherungspartikel  zu  fcssei* 
und  mit  zu  streichen  ist.  Ähnliche  versfülsel  erscheinen  ja  metafc^ 
im  gedichte. 


TEXTKR1TI8CHS6   ZU   ND.    GEDICHTEN  171 

508.   varlaet  kann  hier  nur  subst  :=   ^das  verlassen,  aufgeben^ 
sein,  eine  bedeutung,  die  im  mnd.  wb.  nicht  verzeichnet  ist. 

511.    Vorleen,  goi,  dat  an  uns  verdaghei, 
de  an  dy  ghelaven, 
lu  weiss  sich  den  vers  in  der  überlieferten  gestalt  nicht  zu  deuten.   Viel- 
leicht ist  zu  lesen: 

Vorleefi  got,  dat  se  uns  vordraghe, 
de  an  dy  ghehven 
i,Yerleihe  Gott,  dass  sie  uns,  deine  gläubigen,  (mit  Gott)  versöhne^. 

519.   mit  bliscap  smider  vorlanghen 
L  erklärt  verlangh  »  momentum,   temporis  spatium.     vorlanghen  ist 
aber  wol  substantivierter  infinitiv  in  der  bedeutung  wie  sie  das  Voc. 
Engelhus.  vom  jähre  1445  angibt:  vorlangen  vel  vordreyien,  atiediari. 

III,  22  lies  vlus  statt  vuls, 

IV,  27.  brechen  :  draghen  ist  nicht  zu  ändern. 

VI,  37  ist  dat  statt  dar  und  39  da  statt  de  zu  schreiben. 

VII,  25.  hemmelschouwer  (St.  Paulus)  fehlt  im  mnd.  wb.;    auch 
in    Lübben- Walthers  hndwb. 

Vni,  14  lies:  in  iuncfrowen  vaer  „in  jung&auen  gestalt". 
XI,  3.   taundentaster  fehlt  im  mnd.  wb.;    auch  in  Lübben -Wal- 
thers hndwb. 

Xn,  5  lies:   Chh,  konde  ick  my  dar  to  verdigen, 

dat  ick  iuw  konde  hven  werdigen! 
Statt  sik  verdigen  „sich  fertig,   bereit  machen*'   hat  die  hds.  werdigefi, 
^uch  in  den  lezten  beiden  im  Mnd.  wb.  5,  676   unter  werdigen  ver- 
zeichneten beispielen  ist  verdigen  zu  lesen. 

xn,  36.     vlesch,  toyn,  bath  medestu  alle  tyd 
Ich  halte  bath  weder  für  =  balneum,   noch  glaube  ich,   dass  es 
Ans  inath  verschrieben  ist,  sondern  vermute: 

vlesch,  tcyn  dath  medestu  alle  tyd. 
XTTT,  21  fg.  lese  und  interpungiere  ich,  nachdem  ich  nach  v.  20 
pankt  statt  komma  gesezt  habe,  folgendermassen: 

lät  my  des  also  io  ramen^ 
dat  ick  by  gode  blive,     Amen. 

XV,  54  lies:  twe  sunnen  in  schine  overclaer. 

XVI,  26.    ick  bevele  dy  gud,  lyff,  ere  unde  xele, 

behostu  de,  so  btive  ick  seker 

vor  aUen  quaden  valschen  steker. 
*far  ist  auch  im  mnd.  wb.  nicht  erklärt.     Solte  nicht  sleker  =  macula 
^  lesen  sein?   vgl   sleckeren  schw.   v.    maculare,    besolen,    smytten, 


172  8PBENQBR 

siecheren,  unreyne  makcn:  Mnd.  wb.  4,  231.  Im  Oöttingischen  wird 
noch  das  subst  m.  slecker  =  sUckerweder  gebraucht  (s.  Schambach 
s.  193  und  194). 

XVn,  6.   ut  erbenden.    Vielleicht  =»  uier  benden  zu  lesen?  tUer 
=  mhd.  üxer, 

90.    allet  dat  du  denken  kmist,  dai  denet  dy 
dach  tinde  rmcht;  su  an  de  sunnen 
linde  an  de  manen  unde  an  alle  stemen 
unde  an  alle  dynk,  de  dy  7ia  syn  unde  veme. 
L.  vermutet  wegen  der  mangelnden  reime  eine  lücke.    Da  der  Zusam- 
menhang eine  solche  nicht  vermuten  lässt,  so  wird  wol  zu  lesen  sein: 
an  de  sunnen  su  (:  dy), 

II.  Tan  dem  Holte  des  Hilligen  Cruzes. 

Dieses  gedieht  ist  herausgegeben  von  Carl  Schröder,  Erlangen 
1869;  abdruck  einer  handschrift  der  Hamburger  Stadtbibliothek  besorgt 
von  demselben  im  Niederdeutschen  Jahrbuch  1876  s.  88  fgg.  Ausser- 
dem sind  die  verse  54  —  273  mit  geringen  Veränderungen  und  teilweise 
geänderter  reihenfolge  aufgenommen  in  Arnold  Immessens  Sündenbll 
1326  —  1527. 

3.  Statt  das  ist  wie  in  der  Hamburger  hdschr.  des  zu  lesen,  da 
der  vokalisch  unreine  reim  hier  weniger  auffallen  kann,  als  die  nicht 
niederdeutsche  form,  die  auch  durch  die  vorläge  nicht  veranlasst  wurde. 

23.    dat  he  bi  rade  des  duvels  vil 
vonuordede  sinen  bruder  AhiL 
Da  ausser  dem  original   (s.  Schröders  ausgäbe  s.  121)   auch  die  Ham- 
burger hds.  fei  (böse,  ruchlos)  :  Abel  hat,  so  ist  kein  zweifei,  dass  vil 
nur  ein  misverständnis  des  Schreibers  ist,  um  so  mehr,  da  nicht  Ähüj 
sondern  Abel  (v.  172  helle  :  Abelle)  die  im  reime  belegte  form  ist 
47.   Das  komma  ist  zu  streichen. 

77.  apen  ist  wol  als  zusatz  des  Schreibers  zu  streichen.  Vgl.  die 
lesart  der  Hamburger  hds.  und  Sündenfall  1352. 

108  ist  zu  lesen: 

do  dachte  he  up  de  clarheit 
dar  eme  sin  vader  hadde  af  geseit. 
In  Schröders  ausgäbe  fehlt  hadde,  nicht  aber  in  der  hds. ,  s.  Jahrb.  II,  90. 
141.    Ein  reim  wie  rereren  :  delen  ist  dem  Verfasser  kaum  zuzu- 
trauen.    Die  Verdeutschung  von  diviserefi,  we  in  den  übrigen  hds.  vn 
lesen  ist,  wurde  wol  erst  vom  Schreiber  vorgenommen. 


TKXTKRinSCHIS  ZU  NB.   GEDICHTEN  173 

166.    dai  duckte  em  sin  schade, 

dat  he  (der  bäum)  gewassert  stunt  so  hoge 
unde  vordorrei  tvas  so  droge. 
Die  Hamburger  hds.  hat  was  statt  stwnt,  und  stunt  statt  was.    Für  die 
richtigkeit  dieser  lesart  spricht  auch  Sündenfall  1458. 

182.  na  den  in  der  bedeutung  ^dahin^  (s.  Schröders  ausg.  s.  112) 
ist  sonst  nicht  belegt.  Da  die  Hamburger  hds.  an  dieser  stelle  van 
dennen  hat,  so  ist  entstellung  aus  van  den  ,,von  dannen"  höchst  wahr- 
scheinlich,    nä  den  »  nachdem,  nach  dieser  zeit  288. 

203  %g.     Die  vergleichung  der  entsprechenden  stellen  von  Dboec 
und  der  Hamburger  hds.  führen  auf  folgende  herstellung: 

de  olie  der  barmherticheide 
schal  dem  kinde  ut  sinen  leden 
werden  geperset  so  uter  malen, 
dat  it  eme  de  vader  schal  by  lalen 
nagen  van  aller  schult 
de  he  up  den  menschen  huU. 
^'    h.:    „das  öl  der  barmherzigkeit  soll  dem  kinde  so  sehr  aus  seinen 
ffliedem  gepresst  werden ,  dass  der  vater  es  (das  kind)  sich  (dem  vater) 
soll  genüge  tun  lassen  von  aller  schuld  der  menschen*',     bi  steht  wie 
noch  neuniederdeutsch   für  da  bi.     Für  das  mhd.  s.  Haupt  z.  Erec^ 
1O60.     Die  veranlassung  zur  entstellung  von  nogen  in  lo  nage  gab  die 
et^^as  verwickelte  konstruktion  und  das  seltene  vorkommen  von  7iogen 
^Is  transit  in  der  bedeutung  von  satisfacere. 

209.  Es  ist  nicht  wahrscheinlich,  dass  der  dichter  den  reimlosen 
vexs  beabsichtigt  hat,  sondern  wahrscheinlicher  ist  davor  oder  danach 
öin  vere  ausgefallen. 

228.    Dass  noch  aus  wedder  entstelt  sein  solte,   ist  nicht  glaub- 
lich, sondern  es  wird  mit  Umstellung  von  noch  zu  schreiben  sein: 

dre  dage  noch,  so  gy  en  seen. 


schal  he  leven  unde  lenger  nicht 
Die  Hamburger  hds.  hat:  dre  daghe  na  dattti  en  susi, 

265.  hevet  erklärt  Schröder  s.  107  durch  „Aßi/",  es  ist  aber,  wie 
die  vei^leichung  mit  der  Hamburger  hds.  (Sündenf.  1518  fgg.  weicht 
^)  beweist  «  „hat".  Es  ist  dann  auch  kein  grund  zur  änderung, 
80Dd«m  V.  260  %g.  sind  mit  der  hds.  zu  lesen: 

de  drudde  gerde  schal  tvesen 

gekk  dem  palmbome,  bi  deseni 

is  de  külige  geist  bedtit, 


174  9PRBRGKR 

wente  men  in  deme  palmbome  sut 

dat  he  mannich  blat  uthgevet 

unde  al  sine  feigen  hevet 

dar  mede  (mit  den  blättern)  gesyret  unde  gespreü 

unde  all  in  eyner  grone  steit 
268  fgg.     Die  vergleichung  mit  den  übrigen  hdss.  ^  lässt  vei 
ten,  dass  zu  lesen  int: 

des  geükes  mach  men  merken 

den  hiUigen  geist  an  sinen  u^erken, 

de  sine  gnade  hir  unde  dar 

hemeUk  unde  openbar 

so  mannichvoU  hevet  utespret 

dat  man  nenen  tal  dar  van  tuet 
294  fgg.    Der   dreireim    scheint    dadurch    entstanden,    dass 
Schreiber  der  reim  leide  :heyde  (s.  Hamburger  hds.)  nicht  geläufig 
315.    be  ist  druckfehler  für  he  (vgl.  Jahrb.  n,  96). 
324.   Die  schwache  form  drudden  ist  nicht  zu  ändern. 
331  lese  ich: 

he  toch  van  dar  in  Helem 

unde  alleni  dat  dar  was  mit  em 

he  vorde  vort  dar  is  e^n  luste. 

des  avendes  nemen  se  roste, 
he  vorde  statt  des  hdschr.  se  vo7'de?i   ist  mir  wahrscheinlicher  w( 
des  folgenden.     Nicht  dahin,   wo  es  ihm  selbst,  sondern  wo  es  11 
beliebt,  wird  das  volk  hingeführt 

462.   Das  S/ta^  eiqrjiilvov  dulgicht  ist  noch  nicht  genügend  eri 
Die  Hamburger  hds.  hat  dafür  gichtich.     Vielleicht  ist  zu  lesen: 

he  was  dül  gichtich  unde  lam. 
492  fgg.  lauten  in  der  Überlieferung: 

also  david  quam  gereden 

Do  he  scJiolde  vor  den  sehen  riden 

shch  he  uth  den  roden  to  den  suluuen  tiden 

Eyne  soticheit  dar  he  in  deme  berge  was 

Dat  he  al  siner  suke  nass, 

1)  Auch  die  entsprechende  stelle  im  Sündenf.  1524  fgg.  ist  entstelt  und  fd 
dermassen  herzustellen:    Uir  umme  so  mach  me  merken 

Den  hilgen  geist  in  sinen  werken. 
De  sine  gave  hevet  (hds.  gem()  iware 
Hemelik  unde  openbart 
So  menniehvolt  täesprtilf 
Dat  me  nein  ÜU  mfwt^  '^^"*' 


TKXTKRinSGHIS   Zu  ND.   OEDICHTRN  175 

Die  Überlieferung  ist  entstelt;  doch  genügt  die  herstell ung  Schrö- 
5  auch  schon  deshalb  nicht,  weil  üt  slän  „herausschlagen"  wol  von 
)r  flamme,  aber  nicht  von  einem  süssen  geruche  gebraucht  werden 
n.  Aus  dem  niederländischen  gedichte  ist  für  die  herstellung  nichts 
entnehmen,  da  es  hier  (drei  statt  neun  verse,  s.  Schröder  s.  86) 
eutend  kürzer  ist    In  der  Hambui^er  hds.  lauten  die  verse: 

ufuie  also  David  quam  geraden 

unde  vor  den  sehen  solde  liden, 

do  sloch  eine  vlamme  to  den  Oden 

ut  den  roden  to  dem  berghe  wert, 

de  hasielike  hat  verkart 

alle  de  suke  van  sinen  leden. 
i  auch  nach  v.  587  fgg.  (Hamb.  hds.  625)  eine  flamme  aus  dem  holze 
ilägt,  so  vermute  ich,  dass  he  v.  494  aus  ?iette  „hitze,  heisse  glut** 
tstelt  ist,  und  dass  die  verse  folgendennassen  zu  lesen  sind: 

also  Daxdd  quam  gereden, 

do  he  scholde  vor  den  sehen  riden,  (liden  wie  in  der 

Hamb.  hds.?) 
shch  hetie  uth  den  roden  to  den  sulven  tiden, 
eyne  soticheit  dar  in  deme  berge  was 
dat  he  al  sifier  stihe  rms, 

508.  Es  ist  unnötig  it  zu  ergänzen,  das  auch  die  andere  hds. 
:ht  hat 

520.    Der  vergleich  mit  den  übrigen   hdss.  lässt  vermuten,   dass 
lesen  ist:        it  was  lanh  er  men  it  vtdlenbrochte 

so  dure  en  werh^  ih  wet  vor  tvar. 
irch  it  wird  das  Subjekt  in  volkstümlicher  weise  vorweggenommen. 

538  fg.  ist  mit  genauerem  anschluss  an  die  hds.  (auch  die  andere 
t  s<?,  nicht  he)  zu  schreiben : 

Jie  het  den  bom  houwen  unde  herven 
de  tymmerman  wo  se  wolden. 

552  ist  yiwndeyi  it  „fügten  es  (das  holz)  ein"  zu  lesen,  vgl.  v.  530. 
572  fgg.  lauten  in  der  Überlieferung: 

do  leet  he  varen  in  deti  wolt 

Veme  na  vele  ehen. 

Eynen  andereji  bom  to  sohen, 

^  vermute  nach  den  übrigen  hdss.,  dass  hohen  statt  ehe7i  zu  schrei- 
^  ist  veme  unde  na  hat  schon  Schröder  richtig  verbessert,  dagegen 
'^'"^  ntaht  in  velen  geschrieben  zu  werden.     Wir  haben  hier  den 


176  SPRENGIB 

auch  im  mhd.  (s.  Haupt  zu  Erec'  3106)  häufigen  accusativ  bei  verben 
der  bewegung. 

619.  God  safidet  er  in  den  sin  Dat  se  deme  holte  io  vote  vü. 
Der  reim  sin  :  tU  ist  dem  bearbeiter  nicht  zuzutrauen.     Ich  yermute: 

God  smidet  er  in  den  moi 
dat  se  deme  hoUe  vil^  to  vot. 
Vgl.  623  des  sande  er  goi  in  eren  mot 

632.    Statt  der  siede   schreibt  Schröder   tör  stede.     Ich  vermute 
nppe  der  stede  „augenblicklich". 

634.    Statt  holt  dt  iriV?,  wozu  s.  124  tois  als  „weise**  erklärt  wird^ 
ist  tiolt  di  wis  „halte  dich  versichert !**  [tvis  =  certus]  zu  schreiben. 

Nach  659  ist  ein  punkt  zu  setzen  und  danach  das  hdsl.  He  (vo 
Schröder  in  upide  geändert)  zu  belassen. 

667.   Dar  vellet  cdsx^  id  god  tcotde 

dat  man  efien  dik  grauen  scholde 

dar  men  dat  riesch  an  wasschen  icolde 

dat  iw  defi  tempel  wart  ontfan 
Es  ist  klar,   dass  hier  nur  eine  nachlässigkeit  des  Schreibers  vorlie* 
Das  richtige  lehrt  die  vergleichung  mit  der  lesart  der  Hamburger  b 
Es  ist  zu  schreiben: 

Dar  vel  et  als  it  goi  icolde, 

dat  fPiepi  einen  dik  graren  scholde 

dar  men  dat  vlesch  an  icolde  dwan 

dat  in  defn  tempel  wart  ontfafu 

678  lies:     men  grof  ein  pntte  aw  der  sfdcefi  stede 
dar  dat  holt  lach  nfiser  salicheide. 
Wie  die  vergleichung  mit  der  Hamburger  hda.  zeigt,   gebort  dat  holt 
unser  salicheide  zusammen.     Dies  erkante  der  absohrmber  nicht  und 
schob  deshalb  ein  io  vor  unser  ein. 

720.   CTfirÄfYw  ist  compositiun. 

726.  Ich  zweifle,  ob  der  reim  nicht :  rlit  dem  veiCuser  geholt 
Die  Hamburger  hds.  hat  plicht  statt  rlit.  und  dies  mochte  das  rieb- 
tiir^  sein. 

733.  segti\uM  ist  in  beiden  hds^SL  als  con^Kisitiim  geachiieben. 
Ich  lese:  <^/  ,^,^v  dat  A<>//  dat  upwari  stoi 

tan  deme  cruxf  des  bctnpcH  gut 
de  vor  uns  do  segevacht, 

It  oikr  f^    Im  reim  ist  lÜe  fonD  im  iiedicktr  aickt  belegt 


197 

750.    Dio  bds.  hat: 

Tice  neyel  gfmige/t  dar  sine  lumde 
unde  dorch  sine  vote  enen. 
Statt  ghingejt  schreibt  Schröder  slock  men,  was  allerdings  der  vorläge 
h  und  der  lesart  der  Hamburger  hds.  entspricht.  Doch  mag  bemerkt  wer- 
^L  den.  dass  die  lesart  der  hs.  sprachlich  nicht  zu  beanstanden  ist,  da  die 
^H  form  enen,  die  äusserlich  als  acciisativ  erscheint,  auch  als  nominativ 
^1  verwant  wird  (s.  Mnd.  wb.  1,  637). 

^M  758.   Die  hds.  hat  köre  statt  fiorde,   eine  form,   die  dem  neunie- 

^P    Jerd,  praet  /i3re  {&.  z.  b.  Schambach  s.  86)  entspricht.     Statt  tuas  hat 
W    die  hs.  ttu-  (s.  Jahrb.  H,  109). 

'  759  entspricht  genau  der  lesart  der  Hamburger  hds.    Die  auslaa- 

«aög  TOD  sach  gibt  eiu  zeugnis  von  der  flüchtigkeit  des  Schreibers,  der 
oot^h  das  scouwen  der  vorläge  im  sinne  hatte. 

771.    Die  band  seh  liftliche  lesart  ist  sprachlich  nicht  zu  beanstanden. 


UI.   Zum  lüMsch-rcvalsL'heii  toteiitanztext. 

W.  Seelmann  hat  im  Niederd,  Jahrbuch  XVII,  68  fgg.  den  alten 
l«t>isch- revalst'hen  totentanztext  aufs  ueue  kritisch  herausgegeben.  Der 
likfcische  text  vom  jähre  1463  ist,  unvolständig  und  lückenhaft,  nur  in 
pi.n*r  abschrift  vom  jähre  1701  erhalten.  Auch  der  revalache  text, 
ei.ne  kopie  des  Lübecker,  ist  jezt  teilweise  erloschen.  Falsche  lesungen 
de-r  Herausgeber  haben  vor  Seelmann  schon  Mantels  und  Baethcke  zu 
Iterichtigen  gesucht  Gleichwol  bleibt  aber  noch  einiges  zu  erklären 
oder  zu  bessern, 

Hertogen.  rydder  unde  hneehte- 
Dagen  vor  my  durhar  gerichte, 
Unde  juwelik  itodde  sik  de  worde 
To  sprekende,  de  ik  node  Horde. 
I  Seelatann   fragt  zu   v,  96:    lies  dogeden?    allein  dagen  =    „verhandeln, 
I  twcfsci"    ist   ganz   richtig.      Ich   glaube  auch   nicht,    dass   man   wegen 
e  in  V.  97  das  präteritum  herzustellen  genötigt  ist. 
105  fgg.  (Der  tud  zum  könige:) 

Recht  gevent  unde  verkeren 
Hestti  linder  dy  Utten  reigerert 

Den  annen  niegene  leed  want!  ___ 

^ß    Terse  105  %,   sind   unverstjindlich    und   unzweifelhaft  entstelt     m 
l'&becker  Dodendanz  vom  jalu'e  1496  beisst  es  entsprechend  v.  ,151  fg.; 


178  SPBBNGRR 

de  under  di  (dem  könige)  we7'en  gesät  to  regeren  y  se  hebben  mü  di 
ere  kledinge,  gnden  sede  uhde  recht  vorher  et.  Danach  könte  etwa  gele- 
sen werden:  Recht  geu^ant  unde  sede  vorkereji  Leiestu  de  ufider  dy 
säten  to  regeren.  Y.  107  scheint  richtig  überliefert;  ich  übersetze: 
Den  armen  wante  niemand  (von  denen  die  y^under  di  säten  to  rege- 
ren^) leid  ab. 

205.   (Domherr): 

Mi  dunkt,  it  is  mi  noch  to  vroch, 

Van  minen  pninden  Juidde  ik  genoc/i 

Do  bruken  went  her  min  leven, 

Late  mi  des  dansses  noch  begheven. 
Seelmann  bemerkt  in  der  anm.  zu  v.  107,  dass  y.  205  unklar  sei.    £:& 
ist  aber  zu  übersetzen:    ,,Mich  däucht,   es  ist  noch  zu  früh  für  midb 
(zu  sterben)'',     vröch  =  vrö,   frühe  ist  belegt   aus  dem   Spieghel  de^- 
xonden  im  Mnd.  wb.  VI,  312. 

233.   Mer  dine  bedrechlicJieit  dartnede 

Mochte  di  bringen  in  groten  unvrede. 
Melle's  abscbrift  des  lübischen  textes  hat  mede  statt  darmede.    Erstere^s 
ist  nicht  zu  beanstanden,   da  ?nede  im  mnd.  ebenso  für  darmede  g-e- 
braucht  wurde,  wie  mhd.  rnite  statt  da  mite,  s.  Haupt  zu  Erec*  v.  lOöO. 

243.  (Arzt)  Van  deme  dode  bin  ik  beseefi, 

Wat  ordel  dat  mi  schal  bescheen. 

Seelmann  bemerkt:  y^beseen  mnl.  besten  heisst  „besehen,  besuchen,  unter- 
suchen, abwarten".  Hier  ist  wol  der  sinn,  dass  der  tod  wie  ein  ant 
den  kranken  besieht  und  die  prognose  (ordel)  stelt^.  Dagegen  ist  zu 
bemerken,  dass  für  ordel  die  von  Seelmann  angegebene  bedeutung  nicht 
zu  belegen  ist;  das  wort  weist  vielmehr  in  die  gerichtliche  sphlift 
beseen  ist  auch  ein  ausdruck  für  die  gerichtliche  Untersuchung  (&  Mnd. 
wb.  I,  269),  und  so  erklären  sich  die  zeilen  einfach. 

255.    (Wucherer) 

Ik  hebbe  al  min  gut  vorsaden, 
Mine  bene  sint  vtU  komes  geladen, 
Mot  ik  nu  sterven,  dat  is  mi  staar, 
Unde  latent  hir  unde  wet  nicht  war. 

Seelmann  erklärt:  j^vorsaden  ist  an  dieser  stelle  unerii:lärlich  und  scheiBt 
entstelt,  ohne  dass  eine  ansprechende  besserung  «ich  leicht  diibtfM*« 
Baethckes  Vermutung  verladen  stat  versaden  wird  Wßgeii  dee  itlktf^ 
den  reimee  beanstandet    Ich  yermute: 

Ik  kebbe  al  fmm  fut  im 


TEXTKEITISGHR8   Zu  ND.   OEDIOHTBN  179 

n  vermögen  habe  ich  durch  wucherzinsen  erworben".  Über 
n  der  angegebenen  bedeutung  s.  Mnd.  wb.  IV,  36.  von  steht 
öfter  für  van. 

.    Capellan: 

Ach  leider  wo  qtielet  mi  de  dot! 
Ik  fiebbe  last  van  sunden  groi, 
Staplik  hebbe  ik  gequiten, 
Ik  wuchte,  Ood  schalt  nu  mer  taiten. 

st  unerklärlich  und  wol  entstelt  Ich  vermute:  StapelMchte 
achskerzen,  tortise)  hebbe  ik  gequiten.  Der  kaplan  meint:  ^Ich 
5se  Wachskerzen  gestiftet  Aber  ich  fürchte,  dass  Gott  mein 
Jessen  hat".  Nach  gequiten  empfiehlt  es  sich  eine  stärkere 
tion  zu  setzen. 

.   Kaufmann: 

It  is  mi  veme  bereit  to  sin, 
Na  gude  hebbe  ik  gehat  pin 
To  lande  unde  tor  see, 
Dor  tmnd,  regen  unde  snee; 
Nin  reise  wart  mit  so  swar. 
lesen:  Nin  reise  wart  mi  to  swar. 

\.   (Tod  zum  kauftnann): 

Hefstu  anders  nicht  bedreven 

Li  kopenscop,  alse  di  was  gheven, 

It  sal  di  Wesen  tor  vromicheit 
en,  das  in  Melles  abschrift  steht,  findet  Seelmann  keinen  pas- 
nn.  Er  vermutet  gheve,  was  „untadelhaft"  bedeuten  soll,  wäh- 
Mnd.  wb.  n,  91  nur  die  bedeutungen  „annehmbar,  lieb,  gut" 
et.  Ich  halte  eine  änderung  nicht  für  nötig.  In  kopenscop 
?as  gheven  heisst  „in  dem  kaufmannstande,  der  dir  (von  Gott) 
besümt  war". 

.    (Jüngling): 

Wike  wech,  late  mi  rufeleren! 
Int  older  wil  ik  mi  bekeren. 
ist  nicht  belegt  und  wol  entstelt.     Ich  vermute  ruteleren,  for- 
5I.  raffen  im  Mnd.  wb.  ni,  522  und  ruffeler -sehe  im  anhange 
mberg  6,  36;  7,  34. 

(.   (Tod  zum  Jüngling): 

Haddestu  west  der  werlde  hod, 
Were  di  beter  unde  er  minne 

12* 


\ 


180  JEITTKLBS 

Seelmann  übersezt  unde  er  mimte  durch  ^und  eher  barmhenngkeit''. 
Das  passt  aber   nicht  in   den  Zusammenhang.     Der  gegensatz  zu  hat 
verlangt  vielmehr,   dass  wir   minne  =  fliehe"  ÜEissen.     Ich  vermute, 
dass  zu  lesen  ist:  Haddestu  west  der  tverlde  hat,  Were  di  beter  tvende 
er  minne   ,, Wärest  du  der  weit   hass  gewesen,   (es)   wäre   dir  besser 
gewesen   als   ihre   liebe".     Die  stelle   enthält  wol   eine  anspielung  an 
Jacob  4,4,5  Amicitia  hujus  mundi  inimica  est  deL    Vgl.  Carl  Schulze. 
Die  biblischen   Sprichwörter    der    deutschen    spräche,    Göttingen   1860 
s.  185. 

383.   (Jungfrau):  Ik  hadde  merket  der  werlde  lust 
merket  könte  etwa  durch  „ins  äuge  gefasst"  übersezt  werden,  ich  ver- 
mute aber,   dass  werket  zu  lesen  ist.     werken  ist  =  „durch  tätigkeit 
hervorbringen,  sich  um  etwas  bemühen*'. 

NORTHEIM.  R.    SPRENGER. 


DAS  NEUHOCHDEUTSCHE  PEONOMEN.  ü.* 

4.   DemonstratiTpronomen. 

a)  der. 

Es  ist  ursprünglich  mit  dem  bestimten  artikel  sowol  dem  begriflTe 
nach  als  in  der  casusbildung  identisch,  indem  der  artikel  nichts  als 
das  schwächer  betonte  pronomen  ist.  Erst  in  der  nhd.  periode  und 
nur  almählich  treten  endungsunterschiede  hervor,  und  zwar  im  gen. 
sg.  und  im  gen.  und  dat.  plur.  durch  Verlängerung  der  endungen: 
rf-TÄNY,  dessen:  dert),  dere.  deren,  derer:  denen.  Und  diese  unterschiede 
treten  in  der  r^rel  nur  dann  auf.  wenn  das  demonstrativiim  in  sab- 
stantivisohor,  mithin  selbständiger  Verwendung  steht;  in  attributiver 
srellung  bleibt  zumeist  das  alte  Verhältnis  der  flexion^leichbeit  mit 
dem  artikel  aufrecht 

Der  mhd.  nom.  sg.  fem.  und  nom.  und  acc.  {ri.  neutr.  diu  ist  mit 
endo  dt\ii  15.  jahrh.  orlosohen:  wol  aber  erscheinen  noch  reste  davon 
in  >k*hnften.  die  den  ersten  Jahrzehnten  dieses  Zeitalters  angehören,  x-b- 
dtti  sunnr  Altswert  lll.  der  sei  Gesta  Romanomm  (ed.  Keller)  37. 
den'  do/Acri/  oM.  13. 

LVr  nom.  und  aco.  sg.  neutr.«  der  ursprönglkfa  mit  der  coqunc- 
tion  d'ii   zusammonfieK   findet  sich  noch  in  älteren,   der  1.  hilAe  des 


l^  Fort$<^xuQg  la  Ki.  XXV.  303  — Sia.  —    DnnJi  ein  TcnalMi  liabeo  sicli  m 
;ib(eilutu:  l  dwÄ>$  autsfttse^.  s,  309.  i.  7  — 10  v.  o.  die  beispieit  mmhaihen;  j«ies«o* 


:  jafarbunderts  angeliürigen  quellen  häutig  duz  gesühriebon,  z.  b.  im 
r  Altswert  Daueben  taitcht  aber  schon  fi-ühe  die  Schreibung  das 
B«i  Nicliiä  Wyle  herecht  auffallen li erweise  schon  vorwiegend  dio 
ixU)  gangbare  Unterscheidung  zwischen  pronomen  und  conjutiotion, 
dem  jenes  das,  diese  da;:-  geschrieben  wird.  Dagegen  erscheint  in 
rbs  Ehobuch  (1472)  sowie  in  Brants  Narrenschiff  (1494)  fast  durch- 
5  da»  in  beiderlei  Verwendung.  Auch  im  16.  Jahrhundert  begegnet 
die  Schreibung  das  in  der  zweifachen  anwendung,  und  zwar 
Ubeeondre  als  nentrum  des  »rtikels;  daneben  aber  auch  Wechsel  von 
4u  und  daß  {dz),  vornehmlich  für  die  conjunction.  Von  unsrer  heu- 
tigen Unterscheidung  zwischen  pronomen  und  bindewort  ist  nichts  zu 
Einzelne  Schriftsteller,  wie  Lutber  und  Agricola,  bevorzugen 
Btschieden  die  Schreibung  das.  Auch  im  laufe  des  IT.  Jahrhundert» 
1  «ioe  feststehende  Übung  bezüglich  des  gebrauchs  von  das  und  dax 
[cbt  zu  erkennen.  Zwar  unterscheidet  schon  Heniscb  im  Thesaui'us 
igiiao  et  sapieutiae  germaaicae  (Aiigsb,  1616)  661  —  worauf  nuerst 
'.  Urimm,  DWb.  11,  811  aufmerksam  machte  —  zwischen  das  und  daß, 
iem  er  jenes  als  pronomen,  dieses  als  conjunction  gelten  lassen  will, 
Wnso  gebraucht  ScLottel  (s.  536  und  664)  für  artikel  und  demonstra- 
viim  die  Schreibung  das,  für  das  bindewort  daß.  Allein  konsequent 
rchgeführt  erscheint  diese  regel  erst  gegen  ende  des  17,  Jahrhunderts, 
Ahrend  sie  vorher  nur  von  einzelnen  Schriftstellern,  z.  b.  in  überra- 
Wiender  weise  von  Simon  Dach  (s.  die  ausgäbe  von  Herrn.  Oesterley), 
iB^  oder  weniger  genau  gehandhabt  wurde.  Übrigens  macht  sich 
•^»t  .im  18.  Jahrhundert  bei  manchen  Schriftstellern  zeitweise  ein 
Beifall  in  die  frühere  Schreibweise  bemerkbar;  vgl.  DWb.  II,  811.  In 
tie  weit  an  der  erwähnten  Unsicherheit  der  Schreibung  der  beiden 
Wdßtoile  dio  druckereien  die  schuld  tragen,  muss  unentschieden  bleiben. 
Der  dat.  sg.  masc.  und  neutr.  zeigte  vormals  bei  pronominaler 
WrwenduQg  bisweilen  die  vollere  form  deme,  z.  b.  Aber  laße  deine 
^dxnDeme,  das  xum  Tröste  mir  Übrig  blieben  ist  vcm  dir  Logau  53. 
*MJi  freier  ist  mein  Mut  Auf  das,  was  lasterhaft,  von  deme,  was 
•teÄf  gut  ebd.  63.  Moses  gab  so  viel  Oesetxe  niemals,  als  die  Arzte 
■$^  Deme,  der  gesund  wil  bleiben  126.  Qott  weiß  wot,  wer  ihn 
iÜwKjf  sei.  Und  deme  steht  er  dann  auch  bei  P.  Gerhardt  301.  hi- 
pm  Simpl.  1,  175.  231.     2,  155.     nachdeme  Rist  68. 

Ebenso  gab  es  neben  dem  gewöhnlichen  genetiv  und  dativ  fem. 
r  und  geiL  plur.  der  auch  eine  vollere  form  dero,  dere,  die  an  das 
L  dsro  erinnern  möchte,  wenn  sie  nicht  eher  als  eine  fortbildung 
i  tfcr  KU  betrachten  wäre.     Einzelne  schriftsteiler  hatten  eine  vor- 


1« 

liebe  für  diese  längere  form';  bei  N.  Wyle  scheint  sie  ausBchliesslicli 
8U  herschen.  Man  vergleiche  die  beispiele:  du  magst  allain  mieh  im 
leben  behalten  vnd  allain  ertötten.  erivelk  dir  dero  ains  33,  31.  Aber 
vsser  ainer  sölicfurH  menge  dero,  so  sich  vnsers  fiofs  gebruchent 
84,  16.  dann  sölick  HU  pflegen  Imhis  vnd  navchtmavle  xe  geben  den 
obem  edlern  vnd  vtechtigem,  vmb  dax  ay  dero  gunst  rnd  guten  wil- 
len iiberkomeni  121,  24,  Vil  lobtent  dick  sin  milte  mtd  ainen  heb- 
habe?'  des  rechten  vnd.  aber  ander  dax  du  dich  Uitinisciier  rede,  als 
dero  ain  rechter  liebhaber.  gefliessenlick  gebntchtest  202,  10.  Darumh 
mir  nit  mer  gebärt  danne  dich  xevnderrichten ,  wie  vü  frucht  vnd 
nutzes  von  der  geschrift  hmien  syge  vnd  dich  xeermanen,  dax  (fu 
etUoh  xyt  vnd  ständen  xä  dero  lemung  gebest  219,  34.  Nit  fonM 
er  das  füre  noch  die  form  diser  pingung  des  iodes,  also  da»  kam 
I^losophue  dero,  die  wir  nennenl  Stoicos,  ye  gewesen  ist  .  ,  . 
229,  16.  Dero  (frSw)  ist  vnderteni^  der  gantx  vmbkraiaA  JJMT 
weite  235,  17.  Danne  ainer,  der  über  die  hert  ain  obman  1M* 
imd  dero  gewalt  halt,  lies  mich  siner  husfrdwen  haimant  jm  slaSe 
verschlossen  steen  267,  16.  Vnd  dero  (gen.  pl.)  ich  darumb  gern  tfe- 
schv^g  292,  10.  Vnder  dero  (gen.  pl.)  xucht  vnd  maisterschaft,  wie 
vil  vftd  grosz  jc/t  lernte,  wil  ich  ander  lavssen  schetxen  i'nd  vrtai- 
len  306,  24.  dero  (der  sau)  tod  erfröuwet  alle  naehpuren  .  .  .  Fnuick 
Spr.  1,  158".  Uf  Cappel,  da  sich  gesamlet  hat  Dero  von  Zürüh 
gwallig  macht  Salat  94.  da  mit  hab  ich  nicht  erleubt  noch  bestetÜgt 
den  freuel  dere,  so  itxt  wissentlich  heider  gestalt  verdamnen  Lutfawr, 
Winkelmesse  (Neudrucke  nr.  50)  74.  Zum  Exempel  selxe  ich  den  An- 
fang  solcher  Verxeichmis  hieher:  Lunten  oder  Zündstrick  xux,uriehten, 
daß  er  nicht  rieche,  afc  durch  welchen  Oeme^i  oft  die  Musquetiertr 
verrathen  und  dero  Atischfäg  xu  nichts  tverden  Simpl.  2 ,  229.  Du, 
du.  hast  dei,?te  eigene  teittsc/ie  Heldensprache,  welche  an  reiner  V6U- 
kommenheit,    Majestät  und  Pracht,    Zierde  und  LdebUehkeit  ihresglei- 

ehen  unter  der  Sonnett  nicht  findet  .  .  .   ganx  spöltlich  gehalten 

und  also  dich  selber  %u  einer  schändlichen  Sehlavinnen  dero  auetön- 
dischen  Sprachen  gemachet  Rist  86. 

Ein  Überbleibsel  davon  ist  das  mit  Ihro  (s.  dieses,  bd.  XXV,  s.  312) 
wechselnde,    der   feierliehen    rede   und    dem    brie&til    angebörige   den, 

1)  £a  mug  bior  darauf  auTmerkaJuii  güinacht  werdec,  doss  in  der  sjiiKche  d» 
17.  und  18.  Jahrhunderts  auch  ausserhalb  des  pruDOmeus  ueigung  zu  rorm«)]  auf  o 
besteht;  man  vgl.  die  adverbialbildungon  daliero,  anhero,  e\i*hero,  dannenhero,  Uß- 
hero.  »eitkero,  hinfäro,  rmmaeJiro,  jelxo  u.  dgl.,  von  welchon  viele  äuhnftvo  disM* 
Keitaltets  voll  sind.  Selbst  Ooetho  bedient  sich  nouh  solcher  tonnen  oflor,  vgl.  ^" 
3,  99,  nimmehro  7,  142. 


tro,  Am  schon  im  IQ.  jalirhundort  auftaucht  und  in  den  folgenden 
irhtmderten  ulgemein  wird,  heute  aber  wider  verschwunden  ist  Bei- 
iele:  Dann  vber  diß,  das  seiner  Kön:  Würde  dero  liebe  Vyiierlhatte 
w  miggtUch,  wie  ei/n  Vatter  seine  Kinder  angelegen,  so  Ihui  es  dero 
londsrheit  weh,  solch  sdimach  vnd  tratx  von  dir  vnd  deim  Volck 
»rfarm,  mit  welchem  doch  6".  Ml:  vnd  dero  Voreltern  ...  in  fester 
iaehbarlicher  Erbverhündnuß  allwei/  ist  gestatiden  Fiech.  tinrg.  340. 
jkm  eitler  »agt,  der  Venedisclie  Gesandter  hell  Ihre  Keys.  May. 
en  dero  langmütigkeit  verachtet,  antwortet  er  .  .  .  Zinkgref  1,  101. 
Ihr  Ckurfiirstl.  Onadett  gefragt  wurden,  toufumb  m-  keine  Vestun- 
ii*  dero  Landen  hawetcn,  haben  Sie  geantwortet ...  ebd.  120.  iSein 
nukerxiger  Ratk  toäre,  ich  solle  mich  nach  dero  allerffm'idigstem  Wil- 
accomodiren  Sinipl.  2,  157.  AWt  Dero  Navten,  gnädiges  Fräu- 
?  LeBEJng  (Minna)  2,  193.  Ich  bin  Zeitlebens  dero  ergebenster  Sohn 
htthold  Ephraim  ebd.  (MaJtzahn)  12,  33.  Schenken  Sie  nur  femer 
ire  Liebe  Dero  gehorsamsten  Sohne  Öotthold  ebd.  12,  201.  Wenn 
\e  recht  artig  wUren,  so  sollten  Sie  eine  scfiäne  glattgestrichne  Ept- 
tl  ansenden,  ivorinn  Dero  sonderbaar  aufschwellende  Eoffnungem  nach 
Mn  Heiligen  Pfan-tum  . . .  aufgetnahlt  wären  Der  junge  Goethe,  hg. 
va  Bernays  3,  9.  Mafiaine,  Dero  ergebenster  Qoethe  ebd.  3,  57.  Statt 
^tfv  begegnet  niancbmal  auch  Dm-en,  z.  b.:  Ich  bin,  hochxuehren- 
w  Berr  Kammcrrath,  Deren  ergebenster  Diena-  Babener,  Satiren 
.  Rufl.  176ä)  .3,  5Ö.  Ich  erbitte  dieses  auf  meinen  Knien  von  Ooti 
*id  bin,  mein  Herr,  Deren  demüthige  Dienerinn  ebd.  3,  66,  Dero 
Dil  Ihro  neben  einander:  Eu\  Königliche  Hoheit  hoffe  riach  Höchst- 
en glüeklieher  Rückkehr,  sowi£  nach  wohlvolUirachter  weiterer  Fahrt, 
*f  geiaiUchem  Grund  und  Boden  ekrerbietigst  xu  begriijien.  Möge 
M  Wetter  günstig  seyn  und  aües  Ihro  getreuen  Dieners  eifrigen 
ÜTuehon  rollkomtnen  entsprechen  Briefw.  G.  KAug.  2,  220. 

Ich    wende   mich    nun  zu   den    bildungen  dessen,    deren,    derer, 

n^n.     Diese  verlängerten   formen   treten  schon   frühe  auf;    am  späte- 

■a  veriiiiltniämässig  dessen  oder,  wie  es  antanglieh  auch  lautete,  desse 

är«JBselt  desses).    Doch  heisst  es  schon  bei  Frauck  Spr.  1,  74"  Die 

W   *V6er  siml    desse    Iteredt,    bei    Wickram  20    ich    ml    dich   desse    nit 

"'totuen,    bei  Boltonhagen  1,  49  Dessen   mtcli  warlieh  jammert  recht. 

6ö(l.  2,  172   Obs  got  und  mensch  nicht  wenden  kan.  Das  wir  uns  des- 

*"!  unteratan  usw. 

Bezüglich  des  gen.  sg.  deren  ist  zu  bemerken,  daes  dei*8elbe  hent- 
va.\3tffi  eine  eingeschrtuiktere  Wirksamkeit  hat,  nämlich  nur  dann  ge- 
"•«m-hi  wird,  wnin  kein  rflativiim  oder  ein  solches  in  einiger  ontfernung 


von  dorn  demoiiHtrativun]  folgt,  also  z.  b,  ich  hemie  deren  Sohn  uder: 
i-eh  kenne  die  kute  wefiig,  um  so  geimver  aber  deren  Sohlt,  dm  ictt 
lieben  gelernt  habe ;  aber  nicht:  ich  kenne  den  söhn  deren,  welcher,  son- 
dern derjenigen.  Was  ferner  den  gen.  pl.  deren  mid  derer  betrift,  so 
^It  hente  die  regel,  dass  die  form  derer  nur  dann  angewendet  wird, 
wenn  darauf  ein  relativum  folgt,  in  welchem  falle  derer  die  bedeatung 
„deijonigen"  erlangt;  andemfals  steht  deren.  Diesen  unterschied  der 
formen  nach  gestalt  der  bedeutung  kante  die  ältere  spräche  nicbt. 
indem  im  15.  und  16.  Jahrhundert  der  und  deren,  im  17.  deren  und 
derer  wiliiürlich  mit  einander  wechseln,  obgleich  derer  in  lezterein  Zeit- 
raum vorzuhei'schen  scheint.  Auffallend  ist,  dass  Schotte!  im  paradigma 
für  den  gen.  pl.  bloss  rferw  und  dero  und  Gottsched  nur  derer  ansest 

Beispiele  für  deren,  derer,  detien:  Dax  was  do  niemant  anders 
schuld  Dann  deren,  die  da  di/enten  Wittenweiler  155.  damit  vil 
ich  oueh  deren  gdenken,  die  sich  selbe  deiten  oder  henken  Brant  197. 
Herr,  ich  bin  taiüiafftig  aller  deren,  die  dich  forchten  Keis.  112''.  Es 
sind  aber  deren,  leie  des  golds,  . .  -  gar  wenig,  fhür  vnd  d'finn  gesetfei 
FranckSpr.  1,  169*.  Vilsinl  deren,  die  ee  ivöUent  maister  syn  ...  Steint). 
228.  Also  sein  deren  mer,  die  gern  uoUen  wissen,  tvas  ire  frawen 
an  wollen  fahen  nach  irem  dot  Pauli  106.  Mir  gefeit  deren  keiner 
ebd.  323.  Das  diinkt  mich  gar  riet  besser  sein  Als  derer  Fleiß,  die 
nichts  erwerben  Durch  ihre  Reim'  als  leichten  Schein  Und  dock  für 
Hunger  kaum  nicht  sterben  Opitz  43.  Gehl,  meine  Seußen,  hin, 
Enveichet  derer  Sinn,  Die  meinen  Sinn  mir  plat/et  ebd.  48.  nehmet 
vor  dieses  mal  mit  unsem  Säuen  vorgut,  auf  ein  aiidermal  wollen  wir 
derer  mehr  machen  Gryph.,  Drarnat  dicht  200,  drauf  mit  ifiel  tau- 
send Süßen  Uns  deren  Werth  mahnt  an,  xu  xielen  und  xu  schießen 
. . .  Log.  90.  Wenig  derer,  die  bestehen,  viel  sind  derer,  die  erliegen 
ebd.  177.  Wer  unter  Narren  wohnt,  wie  viel  auch  derer  sein,  Ist 
unter  ihnen  doch,  als  war'  er  gar  allein  190.  Majokis  setxet  i«w 
Exempel,  von  einem  Knecht  .  .  .  und  von  einem  Ehebrecher,  so  der 
Ehebrecherin  Büchsen  genommen,  sich  mit  deren  Salben  geschmiert, 
und  also  beide  xu  der  Zauberer  Zusammenkunft  kommen  sein  SiinpL 
1 ,  144,  Dieser  Sehlung,  Dieser  Ib-unk  Geht  auf  das  Vergniigen  De- 
rer, die  Schoß  und  Knie  Fein  gemächlich  fügen  Günther  52.  Wie 
viele  sind  noch  weit  v(m  dieser  Spur  entfernt,  Die  noch  ni<At  deren 
Wehrt  und  Vorzug  ausgelernt  Hagedorn,  Versuch  einiger  gedickte 
(„Deutsche  litteraturdenkmale  des  18.  jahrh.  in  neudrucken  berausg. 
von  Bemb,  Seuffei-f.i  Nr.  10)  59.    Molierens  Lorheer  bleibt  noch  tmmtr 

1)  Der  titel  diedos  ^mmelivurli»  war  auf  s.  305  nicht  ganz  richiig  aneegebw. 


tmlmräkrt,  Der  manchen  «Mixen  Geck  ivi  Schauplatx  aufgeführt: 
Und  deren  Red'  utid  Thnn  xo  khhnffl  nachgeniacJiet ,  Daß  sie  darüber 
offt  unwissend  selbst  ge/ackei  Bodmer  30.  Eiji  Freund  xu  siyn  Derer, 
die  schon  Eioigkeit  hinter  sich  sehn  . . .  Klopstock  67.  vott  dem  gemein 
nen  Haufen  derer,  die  in  ungebuyidener  Red^  schreiben  Liac.  156.  zum 
Qehrcaieh  derer,  weiche  hören  wtd  reden  Ijessing  4,  415.  Es  gab 
lleren  ari  den  Küsten  von  Gnechenkind  und  des  ägeischen  Meeres  mehr 
ais  einen  ebd.  (Maltzahn)  8,  504.  Das  Ende  derer,  die,  von  Trqja 
kehrend.  Ein  hartes  unerwartetes  OeschtH-  Auf  ihrer  Wohnung  Schwelle 
sttinnn  cmpfieng  G.  (Iph.)  5,  329.  Billionen  wollt'  ich  deren  (sceneu) 
ihtn  XU  Gefallen  komponiren  Jean  Paul  Richtei',  Die  unsichtbare  löge 
(Berl.  1793)  2,  295.  Auch  das  Aliicerden  derer,  die  man  in  Jugend- 
kraft des  Körpers  und  Geistes  gekannt  hat,  ist  betrübend  Wilb.  v,  Hum- 
boldt, Briefe  an  eine  freundin  (2.  aufl.  1864)  436.  —  vf  das  auch  der 
fdrt  mich  mischet  vnder  die  gemelien  pfert  vnd  traib  mirk  hin  mit 
denen  ze  waiden  Wyle  267,  13.  dax,  ifot  gibt  denen,  die  vmb  seinen 
Witten  leiden  Keis.  44 ^  denen,  die  gott  nil  liebhaben  ebd.  45*.  Thüt 
««rf  denen,  die  euch  lagd  thün  Lutb.  GW.  L  3''.  gleich  wie-  denen,  die 
irem  testament  etHch  reich  machen  ebd.  Fl',  darumh  brauchen 
dises  Worts  von  denen,  die  an  ein  ort  reisen  oder  gehen  Agric.  2, 
vnder  denen  wolt  er  einen  sielen  Wickr.  105.  Dii  hast  mich 
'lebend  bhaHen  For  denen,  die  drein  füren  scfinell  Fisch.  (Kiirz)  3,  161,  2. 
Denen  bin  ich  so  nachgeeilt  Rollenh.  1,  20.  gebet  dreien,  die  dursti- 
Jw  sein  als  ich  Zinkgr.  1,  45.  Hie?-  ximl  die  treuen  Sinnen,  Die 
•niemand  Unrecht  thun,  All  denen  Gutes  gönnen,  die  in  der  Treu 
«eruAn  P.  Gerh.  116. 

In  betreff  des  gen.  sg.  dessen,  deren  und  des  gen.  und  dat.  plur. 
deren,  denen  ist  zu  beachten,  dass  sie  in  älteren  schriften  auch  in 
Irttributiver  Verwendung  «tundon  um!  /.war  ohne  jedesmal  demonstra- 
tivische  bedeutung  zu  haben,  densen  und  deren  kommcu  in  dieser 
Anwendung  im  ganzen  seltener  vor,  das  Deutsche  Wörterbuch  11,  959 
erw&hnt  dieser  gebrauchsweise  von  dfssen  und  des  sg.  deren  gar  nicht; 
ich  kann  aber  auch  dafür  mehrfache  beispiele  anfuhren:  Dir  seit  noch 
nicht  desaeti  alters  vitd  der  erfahrenhcit  . . .  Zinkgr.  1 ,  202.  Seht  euch 
mn  wenig  vmb,  hierunder  ligt  noch  inel  dessen  Holtxes  ebd.  327.  Was 
für  eine  Hülle  werde  ich  finden  xu  Bedeckung  dessen  Verbrechens, 
iafl  ich  mein  Vaterland  mit  so  weit  entlegenen  Promnxen  rertauschen 
..  wil  Opitz  153,  alluQ  der  Ehrwürdige  Puter  Ambrosius  Angerer  des- 
sen (Mienti  ein  Seitnon  gehallen  Abrah.  a  Sfa.  Clara,  Oesterreichisches 
Deo  Gratia.'i   (Wien  lfi80)  12.     Deren   arl   (dieser   art)   sind  die  einen 


186 

Fratick  Spr.  1,  94''.  Ein  frottw  ist  nit  ilarwnm  fr&ntm,  daß  «y  eüi 
mann  hat.  Ick  hob  deren  frmnmen  icyber  min  tag  vol  gesähen  vnd 
kennt  ebd.  74".  Deren  tvorien  schlugen  die  Juden  gar  vil  aus 
Wickr.  150.  Wie  ick  dir  ferner  mit  traurigen  Aiigen  nachscitatte,  ao 
lebe  ich  der  Hoffnuttg,  derer  Wareti,  welclw  du  xu  boien  ausxmtthat, 
.  .  .  ehist  durch  dich  xu  genießen  Opitz  lti4.  Und  füru'ar,  ich  hob 
deren  Karle  triel  gekandt  ..,  Schupp  58.  mit  einem  Wort,  sie  waren 
i?t  allem  mit  3.  F,  deren  gesambteri  Wäscherin  Gebrauch  nack  gexeich- 
net,  neniblicfi  frech,  frisch,  frey  Abraham  a  Sta.  Clara,  Mercks  Wionn 
(Wieu  1680)  107.  um  so  reichlicher  fliessen  die  beispiele  für  den 
^brauch  vou  deuten.  Des  cham  m>  denen  stunden  Einer  mit  dem 
mesaer  sein  Und  styess  yms  in  den  scklund  kin  ein  Wittcnweiler  238. 
...  sg  ...  frSwettt  sich  ivrinechelt  sin  dsnen  mannen,  die  da  können 
vrid  mugen  geben  vndenoysung  rechts  lebens  ...  Wyle  137,  17.  denen 
menschen  ist  Christus  warUcheti  leuchten,  die  ainen  gantxen  atarckea 
warltafften  alikeer  tkSi/nd  von  allen  irdenschen  xergenckUcJten  dingen 
Keis.  46*.  Aües  das  denen  menschen  geirrist  - . .  ebd,  56'.  Was  man 
denen  menscketi  radlet,  da  Icören  sy  sich  nichts  an  ebd.  56'.  Denen 
gselien  ist  niemant  fromm  oder  geleert  gnüg  Fnuick  Spr.  1,  164''.  Oth 
frürt  fuich  dejien  Ideideren,  so  jr  daheim  habend  ebd.  2,  87*.  denen 
Narren  geschiehet  recht,  die  nicht  vergebens  recht  t/iun  kö^nnen  Zinkgr. 
2,  55.  tnit  allen  denen  Sacften  Opitz  256.  Wo  lebt  jetzt  der  Poet  — 
Der  die  Natur  nicht  bloß  in  denen  Werken  siliet,  Die  sie  vor  uns 
gelegt  und  keinem  Äug  entxiefict?  Bodmer  64.  Dieser  gebrauch  findet 
sich  übrigens  noch  bei  schriftstellem  der  klassischen  periode,  z.  b.:  Es 
gehört  dieses  xu  denen  Modeji  in  der  Poesie,  von  welchen  ich  in  einer 
absonderliclien  Schrift  umständlich  handeln  werde  Rabencr,  Satiren 
2,  93.  Da  nämlich  in  den  meisten  Gegenden  der  alten  Welt  die  Oui- 
tur  der  Künste  sehr  alt  ist,  so  sind  dergleichen  Kindheitversuchc  längst 
untergegangen,  und  luiben  sieh  eben  nur  in  denen  vom  Mittelpunkt 
der  Oultur  entfernten  Gegenden  ...  erhalten  Herder,  Zei-streiite  blätter 
(Gotha  1792)  4,  194.  einer  von  denert  Menschen,  durch  deren  Nahe 
man  gesunder  wird  Goethe  (Ausgabe  lezter  hand)  29,  144;  dagegen  u 
Goedekes  ausgäbe  10,  368;  von  den  Menschen 

Heute  ist  dieae  redeftiguug  erloschen,  aber  die  vulgärs] 
wahrt  sie  noch. 

Sowie  diese  längeren  fonuen  vormals  überhaupt  einen 
Ken   des    heutigen    gebrauchs     überschreitenden    Spielraum    hatten 
wurde  auch   die  genetivform   deren  an    16.   imd    IT.  Jahrhundert   öfte:^ 
selbst  für  den  dntiv  sg.  fem.  angewendet;  z.  b.  deren  (Schwester  Agnees^ 


dagegen  u  j 
rspraol^^^^l 
n  die  grtm — \ 


□18   NHD.    FBONDUIN.    U 

Wotl^id  jkr  auch   mittheylmt   dise  Epistel  vnd  predige  Keis,  D.  223. 

Ich  kenn  selbs  eine  wirdtin;  von  deren  hah  ich  ijdiört  ...  Wickr.  146, 

In  einer  Statt  ...  wmiet  ein  aerr  reiche-  vnd  Icarge  alte  Wittfratr; 

m  gtalten  vil  alter  rmcher  Wittweliny  nach  ebd.  74,  11.     Da  sprach 

der  enget:  die  seet  in  rfer  grasen  pen,  deren  hat  <jot  geöffnet,  das  hüt 

lattblin  geboren  ist,   .  .  .   Pauli  Ö2.     da  ioas  ein   fraxo  in,    deren 

ütetten  die  äugen   ire  ebd,  ]10.     Ein   anderer  com  Adel  ritte  xu  Re- 

pnapttrg  vber  die  Brück,  da  strmwhlete  sein  Pferd  vnd  ßel  vom  auff 

ieid«  Knie,  dessen  lachte  ein   Wcibelnlä.     Zu  deren  sagte  der  Edetman 

...  ZiakgT.  1,  330.     (Weitere  beispiele  s.  beim  relativum.) 

Der  gebrauch  solcher  erweiterter   formen  herscht  aber  in  älteran 
'neuhochdeutschen  quellen  noch  keineswegs  durchweg;    z.  b.  fohlen  sie 
noch  bei  Eyb  gänzlich,   auch  bei  Wyle  heJsst  es  immer  dee,   dagegen 
7  und  selbst  schon  algemein  (kncn.  Bei  andern  Schriftstellern  überwiegt 
lie  nnTerlängerte  form,  ohne  allein  zu  herschen,  so  wechselt  bei  Brant 
'  nnd  deren,    den  und  denen,   man  vei^leiche:    kein  bittrer  kriit  uf 
\  man  fitidt  dan  frouen,   der  hen  ist  ein  garn  und  strick,    darin 
fit  doren  fam  118,  52.     damit  icil  ich  auch  deren  gdenken,    die  »ich 
I  döten  oder  henken  197,  29.     <ier  (bücher)  sint  so  vil  ietx  an  der 
das  sie  nüts  gelten  überal  214,  102.     die  andein,   die  im  schoji 
'rirtTten,    der   würl   Antipkates   doch    innen    226,  61.      der   dot   vil 
i  den  bewert,  xü  den  er  kam,  e  man  im  ruf  171,  76.     Tra- 
eit   firtdt    man    in    allen    gschlechten ,    voruß    in    di^enstinägtett   und 
neckten,  den  kan  man  nit  genägsam  Ionen,  sie  kiinnen  doch  ir  selbst 
toi  schonen   195,  1.     une   ronch   deti   oiigen  ist   nit  gut,    was    essich 
I  den  wnen  d&t,  des  glich  der  trag  und  ful  dut  schin  denen,    die 
wit  gesendet  in  195,  5.     Sit  ich  den   fürloß  han  geton  von  denen, 
9  mit  vahch  umgon,  so  find  ich  noch  die  rechten  knaben  ...  211,  1. 
ntfaer  gebraucht  neben  ständigem  dee   zwar  gewöhnlich  der  (dere), 
>  aber  vereinzelt  schon  deren^:  aüen  sfitten  kailgfti,  an  deren*  stat 
t  Sitten    OW.  E  3'  imd  häufig  denen.     Eines  zweiten  Falles  für  dei-en 
erwähnt  Dietz,  Wörterbuch  zu  Luthers  Schriften  I,  425,  das  überhaupt 
■0    dieser  stelle   zu    vergleichen    ist     Vgl.   auch   Franke,    Gmndz.  der 
schritlspr.  Luthers  1S9. 

Von  den  ursprünglichen  forraeo  hat  sich,  wie  schon  oben  bemerkt 

irarde,   am  längsten  des  (meistens  fehlerhaft  deß  geschrieben)  erhalten, 

.  bei  eingeschränkterer  Wirksamkeit  bis  iium   heutigen   tag  behauptet 


1)  Die  ansieht  QrimuiB  im  DWT).  ET,  957,   dass  die  form  der-  b 
Wh&ecaliche  ge[tuag  habe,  ist  dalior  üng. 

2)  AUärdingB  hier  in  relativischer  verwenduug. 


188 

Die  längere  form  dessen  dürfte  kaum  vor  mitte  des  16.  jahiimnderts 
in  häufiger  anwendung  gewesen  sein.  In  schhften  des  17.  Jahrhun- 
derts ist  sie  bereits  algemein  durchgedrongen,  wechsdt  aber  nocJi  viel- 
&ich  mit  des,  wie  die  folgenden  beispiele  zeigen  werden,  deß  lachten 
die  Hoffhursd»  sdtimpffUch  Zinkgr.  1.  379.  Alexander,  als  er  dessen 
gewahr  ward,  xiehei  jhnen  entgegen  ebd.  1,  414.  Dessen  Huld  und 
Vatertreu  Hat  auch  dir  die  schwere  Last  ...  Über  dein  Haupt  lassen 
gehen  P.  Geriiardt  29.  Xein,  Herr,  ein  solcher  bist  du  nickt,  Deß  ist 
mein  Herz  gegründet  ebd.  216.  Wer  sich  des  wil  unterstehen.  Muß 
mit  Schimpf  zurückegehen  Logau  43.  Wer  sich  dessen  wil  befleißen, 
Kon  politisch  heuer  heißen  ebd.  55.  Wol  dem,  der  dessen,  der  ihn 
deckt,  pflegt  nimmer  zu  rergeßen  ebd.  144.  Deß  geben  wir  ihm  Ehr 
und  Pteis  Spee  141.  Will  nu9i  desse99  Xie  rergessen  ebd.  223.  Deß 
helf  euch  urtser  Gott  Rist  157.  doch  ist  das  Teutsche  fast  mein  bestes, 
denn  ich  mich  dessen  am  meisten  und  zwar  ton  zarter  Jugend  an 
habe  gebrauchet  ebd.  49.  Seit  dem  18.  jahrhondert  wird  des  in  der 
prosa  immer  seltener,  w<^:^:en  es  bei  dichtem  noch  geg^^iwärtig  ziem- 
lich häofig  in  Verwendung  steht:  z.  b.  Des  freuet  meine  Seele  sich  Bür- 
ger 78.  Gegemcärtig  ruht  in  meinem  Gemüth  die  JUosse  deß,  ttas 
der  Staat  irar,  an  und  für  sich  6.  10.  356.  Deß  freut  sich  das  ent- 
menschte Paar  Mit  roher  Henkerslust  Seh.  1,  185.  Der  hat  den  Schild, 
Deß  ist  die  Krön  ühland  (1853)  343.  Es  war  ein  Jäger  an  dem 
Hofe^  Deß  arges  Weib  war  Elsbeths  Zofe  Ejnkel,  Otto  der  Schätz 
(2.  auf.  Stuttg.  1849)  38.  Wer  deutsche  Größen  richtend  wägt  und 
tnißt,  Deß  Herz  sei  groß  und  stark  wie  Deutschland  ist,  Den  Strah- 
lenkranz des  Ruhmes  zu  ertragen  Auch  Jener  Größen,  die  ihm  Wun- 
den schlagen!  Anast.  Grün,  In  der  Veranda  (3.  aofl.  BerL  1877)  47. 
Ausser  dieser  zumeist  in  der  gebundenen  rede  üblichen  anwendung  ist 
des  noch  in  den  adverbialen  zusanunensetzungen  deshalb,  deswegen  ^  des- 
gleichen, desto,  indes,  unterdes  sowie  in  volkstümlicher  darsteilung  (vgl 
das  Sprichwort:  tces  Brot  ich  efi\  des  Lied  ich  sing')  erfaaitai. 

b)  diesen 

Die  flexion  ist  heute  bis  auf  den  nom.  und  acc.  sg.  neutr.  iließ 
(fehlerhaft  dies)  regelmässig  adjektivisch.  In  alten  neuhochdeutschen 
Schriften  begegnet  man  noch  der  mhd.  form  dirre.  dirr.  z.  b.  ^;;«  dirr 
/rf>/ Witten w.  196.  dirr  parger  ebd.  217*.  Diese  form  scheint  noch  in 
den  ersten  Jahrzehnten  des  16.  Jahrhundert  in  häufiger  Übung  gewesen 

1»  VgL  au-.h  Keirrii:  -10. 


i 


s  KHD.  raoNoMKi,  n  189 

sein,  sonst  könte  es  nicht  bei  Joh.  Kolroas,  Enchlridion  (1530) 
mea:  „Item  daz  r  wilrt  offt  für  ein  s  geschriben.  als  tUrrt  für 
dißtT'^.  S.  Job.  Müller,  Quellenschriften  und  geschichte  des  deiitsch- 
qirachlichen  Unterrichtes  bis  zur  mitte  des  Ib.  Jahrhunderts  (Gotha 
182)  s.  77.  Was  die  von  Gottsched  mit  unrecht  gerügte  bildung 
äifiß  anlangt,  bo  ist  sie  der  langem  dipsps  zeitlich  vorangegangen; 
altdeutschen  formen  für  diese  endung  waren  bekantUeh  ditxe. 
t,  dit.  Aber  schon  seit  der  ältesten  zeit  der  neuhochdeutschen 
perinde  erscheint  neben  häufigerem  diß,  disx,  dis,  lUtx  auch  dtses, 
*o«w  (man  vgl.  z.  b.  Wylo  253,  26.  297,  12.  Eyh  24.  59)  und 
form  nimt  seit  dem  16.  jalirhundert  mehr  und  mehr  überhaad, 
fgl.  z.  b.  die  belef;e  dafür  bei  Luther  GW.  0  2*.  M  3".  Abendra.  n  1\  B  2". 
Pranck  Spr  I,  48*.  94'.  2,  33''.  96''.  151"  usw.  Schotte!  (s.  538) 
lest  bereits  dieses  im  paradigma  als  nusschliesslich  zu  gebrauchende 
brm  an,  jedoch  findet  sich  auch  die  urBpniugiicho  bildnng  diß,  dieß, 
ÜB  das  ganze  17.  Jahrhundert  hindurch  und  wird  von  manchen  schrift- 
Itellem  entschieden  bevorzugt,  so  u.  a.  vnn  Opitz  (rgl.  15.  50,  (58. 
B5.  115.  HO.  158.  164.  176.  195),  Fleming  (vgl.  26.  27.  34.  36.  37. 
19.  40),  Rist  (141.  142.  146.  147.  174.  181),  Weise  (44.  55.  67. 
B5.  S7.  113)'.  —  Der  gen.  sg.  masc.  und  ueutr.  lautete  im  16.  uud 
17.  Jahrhundert  neben  dises  auch  dis,  diß,  disx^,  z.  b.  disx  -werckja 
'Wyle  95,  2.  diß  uorts  Agric  2,  42*.  diß  grheis  Luth.  GW.  fl  3'. 
*>  Orts  Simpl.  1,  91.  dis  Nfihmcm  Abrali.  a  Sta,  Clara,  Aufi'.  aiifl 
Ihr  Christen  (Wien  1684)  58. 

c)  jener. 
Vormals  zuweilen  auch  eiter  und  f/ener,  z.  b,  äner  Wyle  309,  33. 
ft  genuin   stock  Sachs  1,  225.      Es   flektiert    regelmüssig  adjektivisch. 
)araus  durch  ableitung  mit  vorsetzung  des  bestirnten  artikols  seit  ende 
es  15.  Jahrhunderts: 

d)  dßrjeniye. 

Früher  getrent  der  jeni^ge;    es    dürfte   aus  mhd.  der  jener,   dem 

lircb  den  artikel  verstärkten  pronomen ,    wahrscheinlich   unter  einflusH 

tun    das   ende    des   15,  Jahrhunderts   autgeknnimeoeu    bildung   di-r 

hervorgegangen    sein.     S.  ÜWb,  D.  987.    1018.     Noch  bei  Opitz 

'^fFjetten  (gen.  sg.  fem.)  53.     demjetten  129.   131.     Frühere  belege:    dt.s 

1)  Di«  heute  groHsenteila   nur   subtitaotlvisch   und  in  der  dicbteriaoheu  oder 
plkltätDlictiea  rede  verwendete  form  düß  wurde  noeh  im  18.  sowie  in  der  er8t"u 
~     '      ">.  jahrlinndertd  öfter  diß,  lii't  geflohriubfin ,  «o  b«i  OiiuUier.  Morhof,  Bod- 
V,  Hagedoni,  Süutert  u,  n. 


190  JKITTKLES 

ihefwn  Eyb,  Spiegel  der  sitten  (Augsburg  1511)  104\  diejhenen  Pranck 
Par.  125^  diejenen  Wald.  1,  20.  Ich  gebe  nun  einige  beispiele  für 
derjenige  aus  älterer  zeit:  das  ihenige  Luth.  Abendm.  h  2\  das  jenige 
Franck  Par.  125^  127 ^  Zinkgr.  1,  48.  der  jenigen  Opitz  160.  detn- 
jenigen  Simpl.  2,  210.  die  ienigen  Luth.  Abendm.  a  4^  unier  den 
jenigen  Schupp  24. 

Auch  erweiterte  formen  des  artikels  waren  üblich,  z.  b.:  Der 
Adel  giebt  denen,  die  ihn  verdienen,  einen  ansehnlichen  Vorzug,  und 
er  vermehrt  die  Schande  dererjenigen ,  welche  seiner  und  ihrer  Aknen 
unmirdig  sind  Rabener  3,  212.  Die  Verbindung  einer  Fräulein  mü 
einem  aus  bürgerlichem  Stande  tcird  nur  denenjenigen  übereiU  vor- 
kommen, irelche  von  meiner  xärtlichen  Achtung  für  Ihre  Person  .  .  . 
unrechte  Begriffe  haben  ebd.  3,  210.  Andrerseits  verwendete  man  hin- 
wider,  wengleich  selten,  auch  das  einfache  jenig,  z.  h.  die  Heuchler 
rnd  jenigen,  so  sich  änderst,  als  jhnen  vmbs  Hertz  ist,  stellen  Zinkgr. 

1,  67. 

e)  derselbe,  derselbige;  selber,  selbiger. 

dersell)e  ist  entstanden  aus  der  selbe,  wie  noch  im  15.  and  16. 
Jahrhundert    ziemlich   algemein.      Beispiele:   der  selb  Bnmt  167.    205 . 
Luth.  GW.  F  l^     Mumer  104.    dasselb  Wald.  1,  154.     desselben  d>d_ 
73.   108.     dem  selben   Eeis.  45'.     den  selben  Pauli  368.      der  selbem 
(gen.  pl.)  Sachs  1,  203.     den  selbcfi  Luth.  6W.  El*.     Auch  hieron  gib^ 
es  erweiterte  formen  des  artikels,  z.  b.:    Ich  icar  drei  Jahr  und  eilidfm 
Monat  ans  gewesen,   in   welcher  Zeit  ich  .  ,  .  vielerlei  Volker  gesehen^ 
aber   l»ei  denenselben  gemeiniglich    mehr  Böses  als   Chiles  empfangerm- 
Simpl.  2,  165.     Die  allgemciiw  traurige  Stimmung  dieser  Stunde  Ue/9 
mich  den   Werth  solcher  Betrachtungen  doppelt  fuhlefi  und  regte  micH^ 
an,  dcncnsell»en  gleichfalls  nachzugehen  Briefw.  6.  EAug.  2,  317.    .Bir*. 
Exfrllcni    nach    meiner  glücklichen  Ankunft  sHhtldigst   xu  begrüßerw^ 
ergreife  die  Ft\lcr,   sehr  erfrmt   mich   I>efie9iselben   so   viel 
wissen  Briefw.  zwisoh.  Goethe  u.  Kasp.  Graf  Stemberg,   hamusg.  to 
Bratranek  (Wien  1866)  75. 

Aus  derselbe   ist  widenim  mittelst   ableitung  seit   dem  15.  j 
hundert  die  erweiterte   form   derselbige  (öfter  getrmt  gesdmeben 
selbigf)  erwachsen,   die.   in  früheren  zeitläuften  sdir  bdiebt  imd  nocsli 
von  Goethe  angewendet,  heute  veraltet  ist     Beispide:   der  jelM^ 
Wittenw.  20S.     dcrselbig  Eyb  S9.     der  selbige  Agric.  1,  55*.   65\ 
selbig  Zinkgr.  1,  S9.     er  war  noch  immer  derselbigey   den  Wieriker  ^o 
vom  Anfang  her  kannte,  so  sehr  schätzte  u$9d  ekrtt  6.  (WertlL)  7,  72 
c<(kisrtf^  FnuKk  Par.  125  V  139\     ein  katkoKseker  ChnMt 


j 


191 

»selbige  hörai  Q.  (Briefe  a.  d.  Schweiz)  7,  149.  »/es  sdMgen  Lutb. 
Ai>endni.  b  2*.  desselhigen  Simpl.  2,  120.  179.  bei  dem  snjjbigen  bür- 
1  Fanli  50.  mit  der  aeUdgen  gaystlichen  vr^ceuaohait  Luth.  Bapst 
iC  2'.  nuf  die.  selbig  xe-it  Eyb  54.  dieselbige  Gitamisvn  Simpl.  1,  249. 
JX^selbige  Nackt  ebd.  250.  die  selbigen  theuren  wort  Lutb.  Äbeudnt. 
'.  das  der  aelbigen  Sprüche  noch  keiner  erfüllet  war  ebd.  g  2'. 
Das  einfache  selb  als  besonderes  pronomen  scheint  ini  17.  jalii- 
hundert  aufgekommen  zu  sein,  ohne  jedoeh  grosse  Verbreitung  gefun- 
den zu  haben,  i^o  heisst  es  z.  b.  in  Zinkgrets  Apopbthegmata  1 ,  i-tä8 
tetbeii  tags,  in  Reuters  SchelmulTsky  9.  51  selben  Tag,  bei  Abraham  a 
.  Clara,  Mercks  Wienn  IIS  li'ar»mb  ein  Pfann  mit  Wasser  ober 
iiem  Fater  vnter  sich  am  Boden  gantx-  erkiihtet,  dn  doch  selbes  das 
atecJisie  begm  Fever  .  .  .^  Heute  ist  es  veraltet  und  wird  höchstens 
noch  im  kanzleistile  hie  und  da  gehegt.  Dagegen  lebt  das  mhd,  selbe 
.jn  der  verknöcherten  form  selbst,  selber  (früher  auch  selb,  selbs,  seib- 
aten',  selbert)  als  zusatz  zu  andern  pronomen  oder  Bubsbuitiven  bis 
mm  heutigen  tage  fort. 

Auch  das  aus  seih  abgeleitete,  im  18.  Jahrhundert  häufig  ange- 
wendete selbig  wird  heutzutage  grossen  teils  gemieden.  Ich  finde  es 
HioTi  bei  Opitz.  Als  sie  riachmais  vemieinten,  weiter  xu  gehen  und 
ie  Gelegenheit  selbiger  Orte  xu  besichtigen,  kameti  sie  ohn  Oefehr  an 
scfiöne  Bacft  . . .  Opitz  165.  Da  nun  hiexu  das  Unerwartete 
fo  gewissen  Umständen  noch  mehr,  als  das  Wahre  selbst,  beyti-äget, 
»  AoAe  ich  es  insonderheit  in  einer  Ode  erlaubt  xu  seyn,  durch  schöne 
^dichtungen  ein  Meisler  des  Lesers  xu  werdtai,  sollten  selbige  aueh 
fftif  die  sonst  unbrauchbare  Fabeln  des  Älterthums  fussen  Hagedorn  9. 
IfaM  ist  bettnühet  gewesen,  in  dem  Abdrucke  alle  Unrichtigkeiteti  xu 
Vermeiden  und  eine  untadelhafte  Bechtsehreibwtg  xu  beobachten,  in 
I  ferne  solclies  möglich  ist,  da  die  wenigsten  von  selbiger  einerlcy 
iUey^nung  liegen  ebd.  12.  An  Wörtern  sind  sie  mehr,  als  an  Oedane- 
reich.  Fehm  ists,  dass  selbige  sich  in  einander  sencken  Bod- 
f  13.  Der  Verleger  trug  ilemnach  dem  berühmten  Proreclor  an 
l  .fierHnischen  Oymnasio,  Herrn  Wippel,  auf,  seUnge  auszuarbei- 
,  287.  ir«;'  der  Honig  nicht  guten  Geschmacks?  Zu 
V  Preise  steht  noch  mancfier  xu  Kauf  G.  (R,  Fuchs)  3,  77.  Ja, 
Wf.'n  erging  der  Menschheit  nachmals  mit  jedem  falschen  I^ophetcn 
:  dem  Bäreti,  den  der  Ahnheir  an  die  hotiiybeschmiertc  Wagett- 
!  lockte  und  der  sieh  durch  und  durch  auf  selbige  hijiaufleckte 
mermann,  Münchhausen  (BerL  1S58)  1,  4. 
1]  NocU  bei  Goetbe  12,  260  mir  Mlbstea. 


102 

5.    BelatlTiim. 

Dafür  werden  ausser  dem  deraonsirativum  der  seit  dem  14.  Jahr- 
hundert auch  die  mhd.  indefinita  sivcr,  swekh  in  der  durch  aphaerese 
verkürzten  form  »(w,  ivelch  und  überdiess  die  relativpartikeln  so,  wo. 
wobei,  wodurch,  wofür,  wogegen,  wohin,  womit,  woneben,  wovon, 
woxu,  woran,  worauf,  woraus,  worin,  ii'wnach,  worüber,  woru-m, 
worunter  in  anwendung  gebracht.  Die  partikel  so,  vormais  sehr  beliebt 
ist  heute  in  der  ungebundenen  rede  im  venUten  begriffen,  wird  aber 
noch  von  dicbteru  gar  nicht  selten  gebraucht 

Hinsichtlich  der  flexion  von  der  als  relativurn  gilt  dasselbe,  was 
über  das  demonstrativum  gesagt  wurde;  die  erweiterten  formen  dessen, 
dero,  deren  (dem),  derer,  detien  treten  gleichzeitig  mit  jenen  des 
demonstrativum  auf;  zu  bemerken  ist,  dass  der  gen.  pL,  im  17.  und 
18.  Jahrhundert  zwischen  deren  und  derer^  schwankend,  heute  sich  für 
dereii  entschieden  hat  Wie  beim  demonstrativum  der,  wechseln  axuäi 
hier  in  schriften  des  15.^17.  Jahrhunderts  mit  den  erweiterten  formen 
die  einfachen.  Einzelne  Schriftsteller  bevorzugen  die  ursprünglichen, 
andere  die  späteren  formen;  Öfter  wird  auch  durchgängig  nur  einerlei 
form  (2.  b.  nur  dero^  und  denen  bei  Wyle,  nur  denen  bei  Pauli)  gebraucht, 
oder  es  herscht  gleich  massiger  wechsel  beider  formen.  Alles  diess  wer- 
den die  folgenden  beispiele  veranschaulichen. 

Was  zunächst  des  =  d&isen  anlangt,  so  ist  es  nie  völlig  aus  der 
Sprache  verachwunden.  leh  mai/  nit  (fchnrgen,  des  du  mich  fteschul- 
digst  Eyb  55.  von  den  selben  ich  auch  vermerckt  han  dich  mines 
günstigen  willens  Ijegeren,  des  ich  dich  yetz  mitteilhaftig  machen  wH 
Wyle  61.  Herr,  du  machst  nümer  me  gewaltig  über  die  siat  Samwn 
werden,  es  sye  dann,  das  Esopvs.  deß  raul  sie  aüweg  voigen,  von  danne 
gebracht  werde  SteinhÖwel  65.  Der  pHgram  bUes  in  seine  hent,  bia  er 
xum  teil  erwärmet,  des  sieh  der  iviU  verwundert  ser,  des  blasen  het  er 
achte  Sachs  1,  55,  Schand  ist,  das  einer  . . .  nicht  was  niltxiicJia  bringt 
heim,  Des  sein  eitern  erfreuet  sein  RoUenh.  1,  224.  So  fahe,  sagt  er, 
ein  liedlein  an,  Dessen  ich  mich  erfreuen  hau  ebd.  204.  Wol  dem,  des 
Hert  nicht  gleidtsnen  kan  Fisch,  (Kurz)  3,  163.  No  gnau  erspeehten 
ine  den  wald,  dessen  ich  vor  nicht  war  geuvn  Fisch.  (Goed.)  29.  Seliaat 
hin,  dort  Hegt  im  finstem  Stall,  Deß  Herrschaft  gehet  überaB  Qw- 
hardt  3U.  Dessen  Macht  keiit  Unglück  fällt,  Dessen  Onaäe  wiedtr 
stellt,    Was  sein   Eifer  umgesiürxet :    Seine    Onad   bleibt   unverkOmt 

1)  Sofaottel  sext  seltsamerweise  im  paradigma  (s.  536)  nur  (ferer  und  dvB'W. 

2)  Die  bei  NobI  s.  82  angegebeaen  farmen  derrti ,  ilem  vertoisw  ich. 


b<L  149.  N(Kfi  Branden  kam  ein  Kopf  von  R^ibelais  veru'andten, 
}eß  Nähme  Fisckarl  war,  der  Liebling  der  Bachanleu  Büdmer  8. 
letif  ist  offt  der  unsterblich  unsgeschrieH ,  Deß  Bild  das  Vokk  schau 
tugespien  Hagedorn  44.  Auch,  «agt  man,  hält  er  einen  Schwan,  Des 
wunderbarer  Schnabel  IVo«  Roms  Kastration  simyen  kan  Bürger  17ö. 
Schatzgräber  scItaU  Roms  höhnischer  Bibel  dich,  THcfi  sammt  Donato, 
«in  erprobten  Freuiid,  Deß  Kutist  xtterst  formlosem  Steine  Mann- 
ten Seelenciiaraklcr  eingrub  Platen  2,  188,  Und  an  der  Wasser- 
tforte  jelxt  Legt  ein  geschwinder  Nachen  an,  Deß  Schnabel  sacht  die 
tufen  wetxt  Paul  Httyse,  Gesammelte  novelleo  in  versen  (2.  aufl.  Berl. 
1870)  310. 

Beispiele  für  der,  dero,  deren,  derer;  Gelycher  tvyse  mugen  unr 
trechen  von  den  wachem,  dero  gelt  gantx  ain  wücher  ist  Wyle  171. 
husvatter  Itett  ain  große  herd  schauff,  dtren  hütet  ain  großer 
fiberfraidiger  hund  .  ■  .  Steinböwel  232.  die  narren  sint  und  hant 
natnen,  dein  ander  narren  sich  doch  schämen  Brant  196.  do 
i  otich  vil  glerler  litt,  der  man  docit  ietx  ganz  achtet  nüt  ebd. 
in.  ich  wil  schweigen  der  anfechtuitg  der  widerwertiglMit ,  der  vnxe- 
KcA  vil  sein  Luth.  GW.  D  4".  alkn  seinen  haiigen,  an  deren  slat  sy 
^txen  ebd.  E  3".  die  lachertd  in  die  fust,  wie  alle  ChriMen  thümi, 
I  fröud  nicmant  weißt  Franck  Spr.  1,  73*.  Die  betrvgÜche  rych- 
fkutnb  bietend  sieh  fälschlich  für  ein  recht  uaar  tranck  vnd  spyß  dar, 
tr  sjf  doch  keitui  sind  ebd.  2,  96  ^  Man  förchtet  sich  vor  einem 
ihwggenden  mer  dann  vor  zehen  ploäerem,  deren  mund  yemer  %ü 
fiappert  vnd  wäscht  eb(L  2,  143'.  Sckriflglehrte  vtid  geystlich  leut, 
sro  gewonlich  wenig  sind  Erwölt  .  .  .  Fiscb.  (Kurz)  2,  379.  Oleich 
«  ihr  habt  ain  alten  sit,  Das  ir  des  alten  schonen  nit.  Der  alten 
\ß>eib€r  und  matronetty  Deren  man  solt  vor  andertt  schonen  Fiscb. 
jOoed.)  84.  Oott  gibt  alles,  was  urir  dürfen;  daß  sichs  uns  nu  nim- 
'  füget,  Macht  die  Woüvst  und  Begierde,  derer  Stand  sieh  nie 
fergnüget  Logaii  193.  Unsere  Reisleut  aits  Italien  uiissen  von  den 
i  Brunnen  zu  sagen,  in  deren  ^nem  ein  Hund  stracks  ster- 
n  dem  andern  bald  wiederum  lebendig  werden  soll  Opitz  196. 
sind  Kunstwässei- ,  sagte  Nüßter,  derer  Eigetischaften  auch 
tuitürlichen  Ursacheii  sonder  Zweifel  nicltt  mangeln  ebd.  197. 
«0  hübsch  war  sie  nicht,  sie  ihät  dan  solche  Schönheit  borgen  von 
Anna,  deren  angesicht  ist  schöner  dan  der  schänate  morgen  Weckb. 
104.  Hüften,  Liljeti  gleich,  durch  die  ein  Zephyr  we/it,  In  deren 
n  Schnee  die  Liebesgötter  wühlen  Wieland,  Idris  29.  Jasptssäu- 
Jan,  an  derer  Einfalt  ^eh  die  Augen  nicht  verweilen  ebd.  246. 


194 

Beispiele  für  den,  denen:   ietx  regt  sieh  vasi  der  scorpion  durch 
solch  anreixer,    von  den   hei  geseit  Execkjel  der  prophet  Brant  212. 
aber  min  arbeit  ist  verkert  und  ander  rimen  drin  gemischt,  denen  kunst, 
art  und  inafi  gebrist  ebd.  249.     Vnd  horten  alda  lere  vnd  Satzung  der 
wysen,    denen  du  dann  heimant  vnd  vsserthalb  navch  gefolget  havst 
Wyie  106,  8.     Deren  hilff  ist  ain  torhait  an  xe  rüffen,   denen  von 
der  natur  gegeben  ist  mer  xe  schedigen,   wan  hilff  xe  bewysen  Stein- 
höwel  247.    gleich  vne  die  frummen  kinder^   den  jre  eÜem  toll  oder 
unsinnig  sein  toorden  Luth.  GW.  K  2*.     von  den   ersten,   denen  die 
andern  alle  sollen  gleich  werden  ebd.  C  2\     Das  sind  die  riehen  und 
ir  kind,  Den  dies  xergenglich  öde  weit  Vil  baß  denn  ob  der  himel  gfeU 
Murner  65.     die  xarte  jungfraubilder  .  .  .   Denen  doch  blut  solt  sei'9% 
abscfieuUch  Fisch.  23.     Weitere  beispiele  für  den  gebrauch  des  dativ^ 
piur.  sind  überflüssig,   da  seit  ende  des  16.  Jahrhunderts  nur  die  lär^- 
gere  form  denen  gilt 

Sowie  beim  demonstrativum  efer,   begegnen  auch  hier  in  älter^ej 
zeit  für  den  dat  sg.  dem,   der  öfter  die  volleren  formen  deme,  derew^^ 
z.  b.:   die  Romer  . .  .  seyn  xu  rechter  Zeit  defi  Feindes  gewahr  uxpr^ 
den,    deme  sie   dann   Männlich  tviderstrebet  vnd  jhn  fihr   dafimahJ 
auch  noch  abgetrieben  Lauremberg,  Acerra  philologica  (Leyden  1640> 
436.     Das  Obgemeldte  sagte  die  Hoffart  nicht  nur  vor  die  lange  Wdf 
XU   der  Verschwendung,   sotidem  wendet  sich  gleich   xu  dem   Avaro 
Selbsten,  bei  deme  sie  den  Neid  und  Misgunst  fafide,  welAe  Camera^ 
den  der  Geix  geschickt  hatte  y  ihme  den  Weg  xu  bereiten  Simpl.  2,  196. 
Do  kam  ain  knecht  mit  ainer  akst,  der  . . .  xerhüw  die  wid,  mit  deren 
der  wolf  gebunden  icax  Steinhöwel  205.     Was  ist  die  recht  sicher  regd, 
nach   deren  tcir  leben  sollen?    Eeis.  82  ^     Also  haben   ir  die   fünfte 
ueifiy  in  deren  vfis  Christus  Jesus  hat  lieb  gehaben  ebd.  116\     Darauß 
folgt,  das  ein  yeder  sunder  auch  ein  Abgöttischer  ist,  dann  die  sünd, 
deren  er  dient,   ist  sein   Gott  Franck  Par.  160 ^     Der  hett   ein  altes 
Mütterlein,  Boy  deren  er  must  täglich  sein  Sandrub  104.     Die  unver- 
gleic/dicJu*   y^Arcadia^,   aus  deren   ich  die  Wolredenheit   lernen  f€olte, 
war  das  erste  Stück  . . .  Simpl.  1 ,  256. 

Im  gegensatze  zu  diesem  gebrauche  des  15.  — 17.  jahilianderlB 
steht  die  im  18.  Jahrhundert  und  auch  heute  zuweilen  veisuchte  rüd^- 
kohr  zu  dor  ursprünglichen  genetivform  der,  z.  b.  daß  du  in  Alles, 
was  upis  upugirbt,  Heil-  uiut  Linderungskraft  gelegt  hast,  der  wir 
so  stündlich  In^iürfen  0.  (Werther)  7,  69.  Die  Krone,  der  mein  FiM 
mich  uyi^nhg  achtete  G.  (Tasso)  5,  392.  die  Tüehtigkeü,  der  er  sidl^ 
fnutr  Otto  liudwig,  Zwischen  himmel  und  erde  (3.aiifl.  B^.  1862)  62. 


196 

[  ist  die  Zeit  ...  der  Jene,  wol  gcdnchi,  Die  Rosen  tntßntg:   „Heule 
Nacht!'  Paul  Heyse,  Rafael  (Stuttg.  1863)  15. 

Die  reiativa  wer  und  it^ek/i^r  bedürfen  keiner  besonderen  darstel- 

long  tbrer  formen,  da  jenes  sich  hinsichtlich  seiner  endungen  mit  dem 

^eleichlauteaden   iaterrogativum    deckt,   dieses    regelmässig   adjektivisch 

iktieit  wird.     Jedoch   durften   einige    bemerkimgen    über  das   erste 

>rkommon  dieser  retativa  an  liieser  stelle  vielleicht  nicht  unwilkora- 

len  sein. 

wer,  aus  »wer  entstanden,  findet  sich  schon  in  Schriften  des 
14.  Jahrhunderts,  bei  Nicolaus  von  Strassburg,  Hermann  Pritslar,  Ulr. 
Boner  usw.,  in  der  heutigen  anwendung;  man  vet^gleiche:  wer  wol 
%tAilt  ist  stner  fünf  sinne  von  biixen,  der  ist  mtcli  wol  brkät  stnes 
hgrxen  von  binnen  Pfeiffer,  Mystiker  1,  17,  wer  dise.  mojatnge  nmler- 
tprSche,  der  tele  tötsunde  ebd.  160.  Wer  die  bischaft  merken  wil,  der 
stz  sich  üf  des  endfs  xil  Boner  184. 

weli'k.  in  der  älteren  mhd.  spräche  bloss  fragepronomeu  und  von 
»m  indefinitum  sweleh  geschieden,  wird  gleichfals  schon  seit  dem 
14.  Jahrhundert,  indem  das  prokUtische  .i  des  lezteren  verloren  gieng, 
Ittr  beide  redeteile  verwendet;  insofern  aber  schon  dem  altdeutschen 
wteelch  halb  relativischer  sinn  innewohnte',  kann  auch  das  nur  äusser- 
'  Hch  veränderte  wekh  schon  ursprünglich  immerhin  zu  den  relativis 
gezählt  werden.  Dahin  gehören  fUlle  wie  folgende:  Wel  vrowe  verlurt 
ir  lieben  man,  mag  si  wol  ^tie  man  gestdn,  belib  nkS!  dax  ist  mtn 
rät  Boner  101.  weUtex  höh  under  derlai  höh  swar  ist  und  hnorrot 
in  seiner  aii,  dax  isl  dax  pest  und  ist  gar  wolsmeckend  Megenbei^ 
355,  Auch  im  15.  Jahrhundert  ist  diese  Verwendungsart  von  welch, 
wo  ihm  die  bedeutung  von  „derjenige  welcher"  zukomt  und  es  zumeist 
»of  falle  beschränkt  ist,  in  denen  es  einem  Substantiv  coordiniert  ist, 
noch  die  weitaus  überwiegende.  Allenthalben  begegnen  sätze  wie  die 
Dschfolgenden.  Welch  -mensch  truret,  er  wirt  fro  Altswert  38.  Wel- 
ker icil  mit  Salden  reichen,  Der  füg  swä  xuo  den  sein  geleichen  Ring  80. 
weitiche  frawen  das  nit  anget.  die  dar  ff  sich  des  nit  annemen  Eyb  11. 

»uun»  welcher  das  Über  füre,  der  wiird  hart  gestraffet  Steinböwel  45. 
Welche  erent  den  votier,  die  erent  den  sttne  Wyle  180.  Wiihrend  aber 
z,  b.  bei  Eyb  in  dessen  Ehebuch  noch  kein  einziger  fall  eines  ander- 
veitigen  gebrauchs  von  welch  als  relativum  vorkomt,  finden  sich  bei 
Bdnem  Zeitgenossen  Wyle  in  den  Translazionen  sehr  häufig  falle,  in 
welchen   ein  satz   mit   dem  von  einem  Substantiv  begleiteten  pronomen 

I)  Tgl.  bienu  EniniaiiQ,  nrundzüge  Am  deiitacheo  syntax  g99. 


wcfcA  eingeleitet  wird,  der  sich  auf  ein  gleichnamiges  Substantiv  dps 
vorhergehenden  satzes  oder  auf  den  ganzen  satz  zurückbezieht.  Z  h. 
ata  es  xä  dem  tage  kmn,  gicng  sy  vsser  irem  hnse  vjtd  beschlos  dax  tw 
iretn  stiefsunen,  der  das  bald  Euriolo  braveht^  ein  trurig  botschaft 
Welcher  Evriol  des  nii  yninder  dann  Luereda  ward  belaüiet  Wyie-M. 
Vrid  aber  xum  andern  darvtnb,  dax  die  Jvgend  nit  waiax  niarss  xehai- 
ten  noch  sich  xeküten  vor  woUitsien  vnd  girlichkait  des  lybes.  Weicht 
ding  merckUch  vrsachen  sint  grosser  kratickhait  v?id  siechtumen  ebd.  138, 
Sm  stimme  was  süsx,  clavre  vnd  verstentlich,  darinne  etlich  kunst  Vnä 
dapferhait  gemercket  wurden  aines  g&ten  redners,  bede  x&  herükaU 
oder  x&  barmhertiikait  irt  den  menschert  zebewegeti.  Welcher  barm- 
kertxikait  er  doch  nie  weder  halt  noch  begert  xeerfolgen  228.  So  kavi 
der  hochgelert  poet  E?teas  Siluius  deji  obge^nelten  poeien  vnd  oratorrm 
navchfolgetuie  aineti  irovme,  den  er  ainstnavls  von  der  obgenanten  lätn- 
gim,  vnd  irmn  ryche  gehepi  havt,  in  coslUckem  latin  f>escJiriben.  Wel- 
chen irovme  jch  vor  etlichen  javren  .  .  .  üwer  durliichtikait  sagt  vnd 
vsxlait  231.  Wie  wol  er  ain  manschlacht  tett  vnd  dar  mit  ain  küngk- 
Ueh  offenlichs  gelait  brach.  Welches  gelaites  diaer  jemriger  hertxog  sieh 
havt  getröstet  vnd  dar  inne  dahin  konien  was  237.  Dieser  gebrauch 
sezt  sich  dann  auch  weiterhin  (z.  b.  u.  a.  bei  Luther)  fort  und  ist  auch 
gegenwärtig  aus  der  spräche  nicht  geschwunden.  Dngegen  treten  ßüle, 
in  denen  welch  in  der  heute  geläufigsten  weise  bei  substantivisoher 
steliung  ohne  begleitung  eines  Substantivs  einen  relatdvischea  aebeosatz 
bilden  hilft,  vor  beginn  des  16.  Jahrhunderts  mehr  ausnahmsweise  anf. 
Jch  habe  aus  dieser  zeit  nur  ein  paar  beispiele  zur  Verfügung,  wovon 
eines  aus  Sebast.  Brants  Narrenschiff,  die  übrigen  aus  Niclas  Wyle 
stammen.  Aber  disen  dinen  wavne  tnugent  dir  benemen  etlich  ytU 
lebend  menschen.  Welche,  ob  sy  wol  an  gewalte  gemaines  mttx«s  mit 
grosser  vnm&sa  beladen  aint,  noch  dann  die  kutist  der  geschrifl  tut 
versumment  Wyle  206.  Disßr  torhait  ist  aber  vHdencertig  din  jung- 
Hgkait,  welche.,  ob  sy  wol  vil  ivyshait  . . .  über  kamen  havt  vnd  grovt» 
hoffung  gibt  künftiger  wyshait,  noch  dann  nit  vor  haim  gesartt  «w- 
den  wolt  ir  aigen  land  vnd  Hit  xeregieren  218.  Item  vnd  das  etüdw 
menschen  des  landes  Ärcltadie  über  ain  wasser  gefürt  in  ain  iradt 
schtvument  vnd  daselbs  ali  in  tvolfe  verkert  tmirden,  mit  andern  He- 
ren furo  alda  jr  wonung  habende,  welche  aber  der  selben  über  nun 
jar  herwiderumb  schu-ument  imd  dar  xtvüsehen  kain  menscJten  fioMi 
geessen  hellen,  dax  die  widerumb  xü  meyischen  wtirden  249.  worHek 
XU  truwen  ist  dem  nüt,  weicher  um  gelt  sin  jtigent  git  Braut  SM. 
Diese  satztügung  wird   nun  aber  seit  dem  anfang  des  16.  jahrhundeiv 


^^^^^^^^^^"  DAS  HBD,  eKOtuMO*.  u  197 

immer  häufiger.  Icli  gi-eife  aus  der  tuUe  rler  nunmehr  hiefür  ku  gebot 
^^  Bteheitden  heiupiele  bloss  einige  wenige  hüraus.  Dann  das  kauptwerck 
^L  »*(  nit  da,  on  welches  die  andern  alle  nichts  seinä  dann  ain  Jauier 
^B  ^Uissen  Luther  GW".  B  3*.  Ja  du  soli  got  dancken  auß  hertxen  grund, 
^H  diu  er  dir  dein  achwackhiUt  also  offenbaret,  durch  welche  er  dich  leret 
^H  1^  nermanet,  wie  dir  not  sey,  dich  xv,  üben  vttd  ieglich  stereken  im 
^H  Rauben  ebd.  F  3*.  dann  was  sein  hie  die  hungerigen,  dtirstiyen, 
^H  HBßkenden,  gefangnen,  krancken,  frembdcn  dann  deiner  aigeft  kinder 
^H  ««Jen,  mit  u-ddien  dir  got  auß  dciiiem  hauß  ai?t  spital  macht  .  .  .? 
^H  I  3*.  diatsr  gewali,  welcher  sich  nierttandt  kan  genugsam  wären  vnd 
^H  fUf sehen  K  3\  Zweihundert  schock  behemisch  musi  auch  geben  xu 
^Kstraf  Hans  Bock,  welcher  im  nam  das  leben  .  .  .  Sachs  1,  121.  Alu 
^Mvon  Athen  Solan,  der  weise,  hin  ge7i  Miletum  tet  ein  reise  tu  ThakH, 
W  •*?«  weisen  man,  welchen  er  redet  Iteftig  an  ...  ebd.  131.  PUnius  uns 
I  beechrifien  liat  von  einem  hunt  gelreue  tat,  welche  geschehen  ist  xu 
I  Ront  ebd.  Hl.  Ein  müller  war,  welcher  dock  gar  vemieret  was  beim 
I  fiauren,  das  er  gar  xu  hart  tet  mitxcn  ebd.  183.  dos  hat  er  als  in 
'fint  geschlagen;  nach  dem  sein  odisen  nider  schlug,  welche  im  xogen 
w  dem  pflüg  ebd.  2,  225.  In  einem  flecken  sassen  xwen  bauren, 
K'ficJie  nachpauren  waren  Wickram  19,  16,  In  einer  statt,  im  Etach- 
^ftfi  gelegen,  war  ein  Obseruantxer  Münch  im  Barfäser  closter,  wel- 
'^r-  aäupeg  ein  groß  geschrey  auff  der  kantxel  treib  . . .  ebd.  46.  Oot 
""t  Jm  das  volck  des  alten  Testaments  xu  eyneni  eusserücheti,  figür- 
lichen voick  erwelet,  in  welchem  er  j'hm  hat  wollen  ein  miister  bereitten 
-  JVanck  Par.  48*.  Fifen  ist  jhr  weyßheit,  händt,  mvndi,  handel, 
F*^t.ndt,   gelt  ja  fast  allein  jhr  Oott,  darxA  sie  in  nöten  fliehen,    viU 

E'''^nen   majtchcrleg  bcgirden  vnä  sünden.    wekhc  all  jhr  Qötter  seindt 
d-  161-. 
6.   Interrogativum. 
icer.     Vou   der   alten  gestalt  des    nora.  iiud  aec.  sg.  neutr.  (wuji, 
K03)  gibt  es  in  mancfaeu  drucken  der  frübei-en  iicuhochd.  periode  biä 
*    IT.  Jahrhundert,  z,  b.  u.  a.  noch  bei  Spoe,  viele  reste. 
Die  genetivform  wes   (felilerhaft  toeß]   war  im  15.  und  16.  jahr- 
Liidert  noch  algemein  im  schwänge  und   ist  auch  beute  noch  nicht 
Uig  erloschen.      Beispiele:    wes    begerest   du  aitwr  schlavfkamer  ain 
r  *^nden  landes?  Wyle  26.     Weß  ist  die  schuld?  Keis.  33^     wes  xeichst 
^  dich  .. .?  Sachs  1,  270.     Der  im  aelbs  kcilhß,  weß  Heiland  wölte 
"^f»*  sgnf  Franck  Spr.  1,  151V     Als  wir  uns  nun  so  ein  wenig  gewär- 
V       "**{  und  getrvcknet  hatten,  friste  der  Herr  Burgermeister,  wes  Stands 
1       «•«>    witfrr»   Schebnuffeky    36.      ices    ist    Elisetis    arabf     Hallei-  193. 


198 

Das  Schwert!  wer  nahms  van  meinen  Sarkophagen?  Wes  sind  die 
Hände ^  die  so  keck  sich  machten,  Daß  sie  von  dort  xu  seiner  Schmach 
es  brachtefi  Dahin,  wo  Niemand  ist,  der  es  kann  tragen?  Rückert, 
Gedichte  (Frankf.  1843)  164.  Daneben  aber  schon  seit  ende  des  16. 
Jahrhunderts  wessen,  z.  b.:  Wessen  Oeschlecht  tpirt  so  lang  bleiben, 
Das  man  wirt  saugen  von  seim  Nannmen?  Msch.  (Kurz)  3,  52.  Und 
wessen  soll  ich  mich  erfreuen?  Dach  49.  Durch  wessen  Kunst  steht 
dein  Gebein  In  ordentlicher  Fülle?  Gerhardt  221. 

Der  dat.  sg.  lautete  früher  auch  voller  weme^^  z.  b.:  Ein  Kriegs- 
obrister  begerie  etwas  newes  an  eines  orts  inwohner,  die  begerten 
hintaider  von  jhm  seinen  gewalt,  vmbxusehen,  von  weme  er  die  voll- 
macht hatte  Zinkgr.  1,  374.  Weme  brennt  das  Sternenlicht?  Gerhardt 
137.     Weme  grünet  Laub  tind  Gras?  ebd.  — 

welcher  flektiert  regelmässig  adjektivisch.  Bezüglich  des  gen.  sg. 
ivelches  möge  bemerkt  werden,  dass  derselbe,  ohne  einem  Substantiv 
coordiniert  zu  sein,  im  ganzen  selten  ist;  ein  paar  beispiele  für  ihn, 
in  denen  aber  ivehh  relativisch  gebraucht  ist,  kann  ich  beibringen: 
Die  weysen  sagen,  das  de?-  am  seligste?i  sey,  qui  natus  moriensque 
fefellit,  von  wehhs  gepurt  vnd  sterben  niemandt  nichts  weyfi  Agric. 
1,  91*.  Das  Sechste  ist  gewesen  das  Bild  des  Jovis  in  der  Stadt  Olym- 
pia in  Oriechenland,  genunt  Jupiter  Olympicus,  zu  welches  Ehren 
die  Spiele  Olympia  sein  gehalten  worden  Lauremberg,  Acerra  16. 

7.  Unbestimtes  pronomen. 

a.  jemand  —  niemand. 

Diese  pronomina  hiessen  noch  bis  tief  ins  16.  Jahrhundert  häufig 
unentstelt  ietnan,  nieman,  z.  b.  ieman  Brant  105.  jman  Fisch.  (Kurz) 
3,  172.  nieman  Brant  24.  105.  186.  Keis.  115\  Kliman  Fisch. 
(Kurz)  2,  25.  77.  3,  173,  allein  schon  im  14.  Jahrhundert  erscheinen 
formen  wie  iemant,  s.  Pfeiffer  zu  Konr.  Megenberg  640,  ntmant  Pfeif- 
fer, Mystiker  1,  13.  28.  29.  131.  239  u.  ö.,  die  seit  ende  des  15.  jhi 

1)  Während  Schottel  in  seiner  „Teutschen  Haubtsprache  **  s.  539  diesen  vol- 
leren dativ  unerwähnt  lässt,  verzeichnet  er  eigentümlicher  weise  einen  dat.  sg.  fem. 
icer  sowie  einen  gen.  und  dat  pl.  wenen^  formen,  die  ich  in  den  benüzten  qaelleo 
des  17.  Jahrhunderts  nirgends  entdecken  konto.  Dagegen  möge  einer  andern  (syntak- 
tischen) besonderheit,  die  mir  aufstiess,  nebenbei  hier  kurz  gedacht  werden:  der 
anwendung  von  wer  als  analogen  von  welcher  vor  Substantiven  im  accusativ.  Sie 
findet  sich  bei  Spee  148:  Wen  Sckatx  hart  wir  gefunden  j  Wen  Sekatx  itn  kohlen 
Krippelein  . . . ! 


^^^^^^^^^^H  D4S    tJBD.    FKONOMEN.    11  189 

^■Kbeiiund  nohnien.    Beispiele:  yniant  Wyle  21.    j/mand  Eeis.  83^    nie- 

^fnant  Wyle  18.  21.    Brant  3.    Luth.  GW,  E  3".    niemafid  Agric.  1,  25*. 

Roll.  1,  182.     Eine  weitere  aiisartung,    die  sich   nachher  wider  glück- 

iieh  verloren   bat,   erlitten   diese  Wörter   frühzeitig  durch   den   Zuwachs 

eines  s,    das  sich   teils  an  die  ursprüngliche  form  unmittelbar  anfügte, 

^      teils  mit  Jeuem  t,  d  zu  ts,  eis  (dts)   vorband  und  für  alle  kasus  galt 

I      Beispiele:    nom.  iemans  Brant  153,    jemands  Luth.  D.  216,     Spee  48. 

^L  Wemands  Mumer  30.     Spee  233.     dat.   iemans  Brant  92.     Humer  249. 

^B  vmmnds    Zinkgr.  1,  177.      nietnanis  Eyb  (Greussner)  15*.      niemands 

^m  Üinkgr.  1 ,  38.     accus,  temane  Fisch.  56.     niemans  Pauli  50.  62  usw. 

^f  Was  die  tle.xion  der  formen  ohne  s  betritt,  su  lautete  »ie  ursprüng- 

H^  li'cli  von  jener  des  Substantivs  man  nicht  verschieden.    Der  gen.  auf 

V    -es  fsl  blieb   dureh  alle   zelten   aufrecht,   man  vgl.   die   beiapiele:    wer 

I      nl  liegt,  der  isl  niemans  fründ  Brant  40.    Der  yyt  ist  nimnants  frtind 

Phinck  Spr,2,  129'.     Sey  xUchtig  mit  Worten,  gebenden  und  gedancken, 

sehende   niemands   Weib  oder  Kinder  Zinkgr.  1,  122.     Bat   irgend  die 

^'atur   in  jemands  Seel  gesenckt   Die  Hoheit   von   Verstand  ,  .  ,  Bod- 

iner  32.     I/ir  erfahrt  die   Versehwörunff ,    nnd  Niemands  denk'  ich  xu 

schonen  G.  (R.  Fuchs)  3,  95.     Sind  Sie  und  Ihr  Karl  die  Vorlimfer 

dcntavdea  ■■■?     Immennann,  Münchhausen  (Bprl.  1858)  2,  10. 

Der  dativ  auf  -e  findet  sich  noch  bisweilen  in  Schriften  des  16. 
iiiid  17.  Jahrhunderts,  vgl.  DWb,  IV./2,  2301.  VII,  826.  Häufiger  aber 
liiut«t  er  unflektiert,  z.  b.  iemand  Steiohöwel  257.  yetnand  Agric.  2, 
99'".  niemant  Wyle  18.  78.  nieman  Keia.  83";  ebenso  im  17.  jahrh., 
!!■  b.  niemavdt  Saudrub  75.  niemand  Opitz  210,  Ziukgr.  1,  112, 
Sinjpl.  2,  81,  und  bis  zum  heutigen  tag.  Im  17.  Jahrhundert  beginnen 
"J**»!!  überdiess  die  noch  heute  iiblicheu  adjektivischen  formen  auf  -em 
tod  -e«  aufzutauchen,  deren  leztero  grammatisch  unberechtigt  ist.  So 
••ftifiBt  es  schon  bei  Logau  27:  Der  heilsame  Verstand,  daß  einer  xüchr 
lebe.  Niemandem  Schaden  thu  und  jedem  Gleiches  gebe,  Ist  nöthig 
Kol  was  und  bei  Christ,  Weise,  Erznarren  129:  Sprecht  xu  nie- 
,mein  Herr^^ . . .  Diese  formen  werden  im  18.  und  lO.jahrhun- 
'«^  immer  häufiger,  z,  b.  sie  wollen  von  niemandem  Brot  geschnitten 
!«  als  von  mir  G.  (Ausg.  lezter  band)  16,  27,  während  die  ausübe 
H  Goedeke  (7,  13)  von  niemanden  bat  Das  Gefühl,  Niemandem 
■ixen  xu  können  5.  Geo.  Forster,  Sämtl.  schritten  (Lpz,  1843)  9,  140. 
'■  ^rrathen  Sie  niemandem,  ivas  ich  Ihnen  gesagt  habe  Gusi  Freytag, 
W'erke  6,  40.  wenn  mr  gleich  von  aller  Well  ausgexisckt  und  unsre 
iftett  von  niemanden  gelesen  . . .  würden  Liscov  129.  er  sei  eher 
Jemanden  die  Haut  abxuxiehen,    als  eine  solche  Operation  xu 


200 

dulden  6.  13,  27.  hinter  ihm  erlaubt  die  Wache  Niemanden,  aus  der 
Reihe  der  Kutschen  hervor  xu  treten  ebd.  10,  420.  Ja,  daß  es  viel- 
leicht Niemanden  gefällt  als  ettva  den  Druckern  und  Setzern  Pla- 
ten  4,  86. 

Auch  der  accusativ  blieb  bis  in  die  neuere  zeit  unflektiert;  erst 
im  18.  Jahrhundert  scheint  die  adjektivische  form  auf  -en^  wol  nach 
analogie  der  eben  erwähnten  dativform  auf  -em,  entstanden  zu  sein, 
zur  zeit  Lessings  ist  sie  bereits  durchgedrungen;  vgl.  die  beispiele: 
Oder  kann  man  niemanden  widerlegend  Lessing  4,  299.  Ich  hörte 
nur,  daß  er  sagte,  er  wolle  als  ein  guter  Christ  keinen  Haß  gegen 
Jemanden  hegen  G.  12,  261.  Auch  bedient  man  sich  maskirender 
Titel,  wenn  man  jemanden  gegen  seine  Gegner  vertheidigen  will  lis- 
cov  282.     Ich  weiß  Niemanden  Gust.  Freytag,  Werke  4,  554. 

Vereinzelte  formen  älterer  zeit  sind  iemande  für  nom.  und  acc. 
sg.,  so  bei  Agric.  1,  77*,  in  Steinhöwels  Äsop  257,  jemanden  für 
nom.  sg.,  s.  DWb.  IV./2,  2303. 

b.  jeder  —  jedweder. 

Die  volle  mhd.  form  ieweder  ist  zwar  auch  in  älteren  neuhoch- 
deutschen quellen  nicht  mehr  vorhanden,  aber  ein  rest  davon  bestund 
in  der  form  iederer  fort,  die  sich  neben  ieder,  jeder  noch  in  vielen 
Schriften  des  16.  Jahrhunderts  findet,  ja  bis  ins  17.  Jahrhundert  fort- 
dauert Da  die  flexion  dieses  pronomens  regelmässig  adjektivisch  ist*, 
werden  einige  beispiele  für  den  gebrauch  jener  älteren  form  iederer 
genügen.  Sechs  flügel  sah  er  einen  jedem  han  Luth.  D.  83.  Gott  hai 
ein  rechenbuch  gemacht,  Darin  ein  jedem  ?nenschen  bdacht  Gleichwie 
in  einem  testament  Sein  gburt,  sein  leben  ufid  sein  end  Waldis  1,  104. 
Ir  seht,  vde  in  der  ganzen  weit  Eim  jedem  volk  ist  vorgesteUt  Ein 
oberkeit  ebd.  1,  39.  Die  fabel  lert  .  .  .  daß  wir  nicht,  wie  sie  gern 
wollen,  Eim  jedem  geiste  glauben  sollen  ebd.  44.  Niemand  taill  von 
wolverdienst  uissen.  Jedem  muß  ein  Idein  fei  verdrießen  Rollenh.  1, 
152.  Ich  muß  die  sach  also  anfangen.  Das  ich  jedem  insonderheit 
Qründlieh  ab  frag  der  sach  bescheid  ebd.  1,  160.  Beispiele  aus  dem 
17.  Jahrhundert  fehlen  mir;  sie  scheinen  im  ganzen  selten  zu  sein.  Man 
vgl.  aber  das  Deutsche  Wörterbuch  IV ./2,  2285  —  86. 

1)  Einen  auffälligen  gen.  sg.  m.  nach  gemischter  dekliuationsart  gebnucbt 
Bodmer  in  den  „Krit  gedichten*  32:  Fühlt  jemand  in  der  Brust  den  buhierisckeH 
Oei^t,  Der  ihn  der  Schönheit  Ma-cht  wid  Sitten  singen  heißt,  Der  kan  dies  Thema 
selbst j  daß  jedens  Feder  führet.  In  einem  Licht  besehn,  das  niemand  noM 
berühret. 


DAS  NED.  FBONOMBN,  n  201 

Eine  ganz  analoge  bildung  ist  jedweder,  dessen  fiexionsverhältnisse 
denen  von  jeder  volkommen  entsprechen.  Auch  hievon  gibt  es  in  alte- 
rn quellen  vollere  formen,  z.  b.:  Miist  du  nicht  vor  einen  jedwedem 
insonderheit  sorgen?  Simpl.  1,  121.  mein  gröstes  Kreux  war,  daß  ich 
^it  den  Burschen  nicht  recht  reden  konte  und  mich  gleichsam  von 
jtdtoederm  hin  und  toider  stoßen,  plagen,  schlagen  und  ja^en  lassen 
muste  ebd.  136. 

c.  jedermann. 

Ursprünglich  und  noch   in  einzelnen  Schriften  des  15.  Jahrhun- 
derts,   z.  b.   in   Wittenweilers   Ring,    hie    und    da    unzusammengesezt 
fteder  man)^   ist  es  schon  seit  Eybs  und  Seb.  Brants  zeit  dauernd  in 
ein   wort  geflossen.     Die  jotierung  des  anlautes  ist  viel  später  vor  sich 
geg^angen  und  fält  mit  jener  von  jeder  zeitlich  zusammen.     Vgl.  hier- 
über DWb.  IV./2,  2274  und  2286.     Nur  der  gen.  ist  flektiert  und  lau- 
tet   seit  alters  iedermans,  jedermans;    die  seltnere  form  jedermannes, 
die    das  DWb.  IV./2,  2292   aus  Fichte  belegt,   findet  sich  u.  a.  auch 
tei    Fleming  26 :  Du  jedermannes  Oreul 

GRAZ.  ADALBERT   JEFTTELES. 


TANZ  UND  LIED  BEI  THOMAS  MUKNER 

Volkslied  und  tanz  waren  zur  zeit,  als  Thomas  Murner  dichtete, 

^^f^h  nicht  so  getrente  gebiete,  dass  ihre  gemeinsame  betrachtung  unbe- 

''^ohtigt  erschiene.     Franz  Böhme  (Geschichte  des  tanzes  in  Deutsch; 

^*^d  I,  245)  hält  es  sogar  für  höchst  wahrscheinlich,  dass  das  deutsche 

^oH  noch  das  ganze  16.  Jahrhundert  hindurch  zu  seinen  tanzen  gesun- 

8^^  habe.     Leider  hat  Böhme,    der  u.  a,  Sebastian  Brant  und  Geiler 

^^^  Eaisersberg  für  seine  darstellung  verwertet  hat,   Thomas  Mumer 

^<ilit  berücksichtigt,   dessen  werke  doch  eine  viel  reichere  quelle  kul- 

^^geschichtiicher  erkentnis  bieten,   als  die  der  genanten.     Mumer  ist 

^^^"ix^haus   frei   von   Zimperlichkeit;   es   gibt  kein   gebiet,    das  ihm  für 

*^iiie  Strafpredigten  zu  heilig  oder  zu  gemein  wäre.     Dabei  betrachtet 

^■^    die  dinge  nicht  mit  dem  blicke  des  scheuen  Stubengelehrten,   auch 

^^Ciht  mit  dem  des  weltfremden  geistlichen;  er  scheint  manchmal  gerade 

^^igen    zu    wollen,    dstös    er    trotz    kutte    und    doktorbarett    von    den 

'^^^«tößsigen  gebieten  auch  etwas  verstehe.     Und  weil  er  sich  selbst  unter 

^H8  Volk  mischt  und  —  wenigstens  in  der  dichtung  —  an  seinen  aus- 

^Ireitungen  teilnimt  und  auf  diese  art  kühnlich  ins  voUe  menschen- 


30S  armaa 

leben  greifti    deshalb   eben   baben   aeine   darstellungen    ein   so   frisches, 
natürliches  gdpräge. 

Freilich  muss  man  in  b«tracht  ziehen,  das9  er  als  Satiriker  haupt- 
sächlich solche  Verhältnisse  vorführt,  die  ihm  zur  stratpredigt  anlasR 
geben;  man  wird  dies  auch  bei  seinen  Schilderungen  vom  tanze  nicht 
vergessen  dürfen.  Eine  solche  gibt  Mumer  im  50.  kap.  der  Narren- 
beschwörung '. 

Alle  ehrbarkeit  hat  beim  tanzen  ein  ende,  mögen  nun  pEaffen 
oder  laieu  daran  teilnehmen.  Die  ehrbaren  mädchen,  „die  frummeji 
kint",  lä^t  man  zurück;  man  will  nur  mit  den  hübschen  und  resolu- 
ten tanzen,  die  den  knaben,  wenn  er  hoch  springen  will,  stützen  imd 
heben  können.  Dann  werden  auch  sie  tüchtig  geschwenkt  und  gevor- 
fen  —  n^nd  gredtlin  sich  hoch  ynher  bricht, 

Das  man  ir  weiß  nit  wa  hin  sieht"*. 
Man  gibt  »ich  heimliche  zeichen  im  händedruck,  läuft  in  die  winkel, 
sagt  freundliche  grüsse  hin  und  her  —  da  ist  wirklich  kein  ort  für 
ehrbare  mädchen.  Einen  tanz  nent  Murner  namentlich,  der  bcIiod 
manches  mädchen  ins  frauenhaus  gebracht  habe,  es  ist  „der  schüfer 
von  der  neuen  stadt".     (S.  Böhme,  Gesch.  d.  tanz.  11,  nr.  12)^. 

In  den  Epp.  obac.  viror.  I,  33  (Böcking  a.  50,  6  fgg.)  heisst  es 
von  diesem  tanze:  Nuper  chorisavi  cum  ea  ter  in  chorea  serotinali  in 
domo  sculteti;  tunc  fistulator  fistulavit  cantilenam  de  pastore  de  novi 
uivitate,  et  statim  omnes  chorisantos  amplexabantur  suas  vii^es 
sicut  mos  est.     Und  Geiler  von  Kaisersberg  führt  unter  den  unziich- 

1)  Ich  citjere  die  NB.  naoli  der  1.  ausg.  (Hupfuff  1512|,  von  der  deinnidisl 
in  Braunea  samlung  ein  neudruck  eTscheüieEi  wü^l. 

2)  Solte  mim  glauben  kÜDnen,  dass  diese  stelle  eiucs  koinmeDtora  bedüihV 
Und  dass  de  gar  falacb  kommentiert  würde?  Balke  (D.  nat-Utt.  17.  band,  1.  abl. 
s.  11)8)  versieht  „weiss  nit  wa"  im  toxt  mit  acfütirungBstricben  und  erklärt  nntcn: 
„weiss  nit  wa,  euphßmistisch  für  cuddus".  Da  ist  es  am  ende  nütig  mit  panllel- 
stellen  zu  kommen.  So  sogt  Oeiler  von  Kaisersborg:  „vnd  baben  es  biSweileii  die 
jongfrawen  (so  anders  solche  jungfrawen  zu  nennen  sein)  fast  gern  vnd  ist  jnen  mil 
lieb  gelebt,  wenn  man  aie  also  sohwenuket,  das  man  jhnen,  iah  welB  nicht  wo- 
hin aiehet"  (Scheible,  Kloster  I,  555)  und  ähnlich  Heinrich  Wittonweiler  im  Biq 
sab,  35  (Stattg.  litt.  ver.  ed.  Becbstein  s,  171): 

,and  Sprüngen  her  SO  gar  gefüg 
dsz  man  in  oft  ich  wayTl  nit  wie 
hin  auT  geaach  bis  an  die  knie". 

3)  Vgl.  Eitnei',  Das  deutsche  lied  des  XV.  und  XVI.  Jahrhunderts  IL  teÜ  Ib 
Fucicnina  Quodlihetious  Melchior  Franeks:  Der  Schoffer  von  der  Newstadl  juch  JBcii 
ho  bo  dey  usw. 


TANZ  UND  UKD  BEI  MUBNXB  203 

tigen  gestikulationen  beim  tanz  an:    „puta  amplexari   (der  schöffer 
tantz)  osculari  etc.  (Navicula  sive  speculum  fatuorum,  Yb).    Nach  die- 
sen  beiden  citaten  scheint  das  umarmen  in  dem  gewiss  nicht  harmlosen 
tanze  eine  grosse  rolle  gespielt  zu  haben  ^. 

Der  text  des  liedes  lautet  nach  Böhme: 

Der  scheflfer  von  der  nuwen  stat 

der  het  myn  dochter  gar  geren. 

Ich  hab  se  im  dick  vnd  viel  verseit, 

ich  meyn  ich  well  se  im  geben. 

Nu  hab  dir  myn  dochter, 

ich  gib  dir  myn  dochter: 

das  singent  die  scheifer  alle. 
Mumer  redet  nach  seiner  lebhaften  art  in  dem  erwähnten  kapitel  den 
8chä.fer  selbst  an:  0  sch&fer,  du  vil  öder  man, 

Was  hastu  schand  vnd  Übels  than! 
Es  klingt  durch  die  darstellung  der  Inhalt  des  obigen  liedes  *.  Die 
ijtöchter*'  laufen  dem  schäfer  nach,  der  sie  an  sonn-  und  festtagen  so 
Diöde  macht,  dass  sie  gott  zu  dienen  vergessen.  Aber  einst  wird  ein 
*ag  kommen,  wo  dem  schäfer  die  schäflein  genommen  und  an  einen 
aadem  tanz  —  ohne  pfeifer  —  gebracht  werden,  da  soUen  sie  haut 
^ii^<i  haar  verlieren  und  ganz  anders  springen  lernen  —  dann  stelt  ei-st 
fott  die  ehrbaren  töchter,  die  auf  erden  nicht  mitmachen  durften,  zu 
tanze:  .    „Die  selben  werden  vornan  ston 

Ynd  mit  maria  dantzen  schon^. 
über  diesen  „  hynunelschen  tantz"  vgl.  Altd.  bll.  I,  s.  56  (Predigt  aus 
deni  15.  Jahrhundert):  ^Gregorius  von  einer  edeln  jungfrowen,  zu  der 
üe  muter  gottes  kam  vnd  sprach:  liebes  kint,  wilt  du  vmme  mynes 
kindes  willen,  dins  gesponsen,  tentz  vermyden  vnd  mit  dinen  gespiln 
nit  tantzen  oder  lichtfertikeit  triben,  so  wil  ich  dich  holn  vnd  jn 
kurtzen  tagen  zu  jme  an  sinen  tantz  füren''  usw.    Auch  Geiler  von  Kai- 

1)  Was  mag  „die  köohin  von   der  nüwen   stat"   (8Z.  2,  40.   NB.  29,  20) 
"®deuten?  Steht  sie  woi  mit  dem  schäfer  „von  der  nüwen  stat*  in  einem  Verhältnis? 

2)  Auf  einen  zahmeren,   augenscheinlich  jüngeren  text  des  liedes  weist  Burk- 
^^^^  Valdis  un  Esopus  (IV,  81,  190)  hin: 

Dromb  singt  man  noch  das  alte  Liedt: 
Der  Schäfer  in  der  Newenstadt 
Sein  Boeßlin  außgeboten  hat 
Eim  unverzagten  Man  zu  geben, 
Dem  nit  sein  Weib  darfF  widerstreben, 
Findt  aber  kein,  ders  SO  begert, 
Doshalb  behelt  er  wol  sein  Pfordt 


204  SPAIOXB 

sersberg  weist  in  der  predigt  über  das  tanzen  auf  die  gesdiichte  hi 
Est  ad  hoc  exemplum  notabile  s.  Gregorii  in  dialogo  de  puella  c 
apparuit  virgo  Maria  i. 

Den  predigem  ein  dorn  im  äuge  waren   damals  die  hochzeits« 
tanze.     Murner  beschreibt  im  Luth.  narren,  kap.  52,  wie  er  seine  „bmt- 
laufPt"  mit  der  tochter  Luthers  hält  und  kap.  53  (v.  4165  %g.),  „wie  vff 
des  mumers  hochzeit  gedantzet  ward^. 

Mumer  ermuntert  nach  der  mahlzeit  die  gaste,  den  tanz  zn 
beginnen.  Für  musik  ist  gesorgt,  denn  er  hat  eine  spielfrau  mit  einer 
laute  bestelt  (von  gesang  ist  im  ganzen  kapitel  nicht  die  rede).  Luther 
fordert  nun  Murner  auf,  mit  seiner  braut  den  ersten  tanz  zu  tun  — 
es  wird  ihm  also  der  „vortanz"  eingeräumt  —  doch  soll  er  vorher  die 
kutte  ablegen,  da  diese  am  tanzen  hindere.  Nun  folgt  eine  merkwür- 
dige stelle.  Mumer  bekent,  dass  er  früher  tüchtig  mitgetanzt  habe, 
aber  ihm  seien  deswegen  die  leviten  von  der  kanzel  gelesen: 

„Münch,  du  solt  gar  nit  dantzen, 

So  oflfenlich  vmbher  schwantzen. 

Dein  orden  wils  nit  leiden. 

Zu  laufTen  mit  den  weihen. 

Ich  muß  dich  warlich  straffen 

Ynd  dir  das  selbig  sagen. 

Es  wil  dir  nit  gebüren; 

Es  sein  weltliche  sachen, 

Die  dir  nit  zu  gehören. 

Ich  wil  dich  trüwlich  warnen!"  (4193  fgg.) 
Wenn  Mumer  wider  zu  tanzen  anfienge,  so  würde  der  prediger  ihn 
von  neuem  schelten  „mit  so  viel  en  vnd  so  viel  en".  Ganz  misver- 
standen  hat  Heinrich  Kurz  diese  stelle.  Er  bemerkt  zu  dem  werte 
„en*^:  „wol  das  lateinische  en".  Richtig  hat  Balke  in  seiner  ausgäbe 
des  Luth.  narren  (D.  nat-litt.  17.  bd.  2.  abt.  s.  175)  erkant,  dass  die 
oben  citierten  verse  (zwei  vorhergehende  zieht  er  fälschlich  hinzu)  alle 
mit  „en"  schliessen.  Aber  das  ist  noch  keine  erklärung.  Ich  möchte 
vermuten,  dass  Mumer  hier  die  eigenheit  eines  Strassburger  predigeis, 
der  die  infinitivendungen  dehnte,  scherzhaft  in  erinnerung  bringen  weite. 
Und  zwar  ist  höchst  wahrscheinlich  Geiler  von  Kaisersberg  gemeint, 
von  dem  es  bekant  ist,  dass  er  gegen  das  weltliche  treiben  der  Strass- 
burger Ordensleute  oft  in  masslosen  äussemngen  auftrat.  (Vgl  Ph.  de 
Lorenzi,  G.  v.  Kaisersbergs  ausgew.  schritten  I.  band.  Geilers  leben, 
s.  53  fgg.) 

1)  Vgl.  Gottfried  Kellers  Tanzlegendcheu. 


TANZ  UND  UKD  BEI  IfüBNSR  205 

Luther  macht  sich  über  Mumers  skrupel  lustig  und  weiss   ihn 
endlich  zum  tanzen  zu  bewegen.     Munter  ruft  er  nun: 

Schlag  vfF,  schlag  vfF,  liebe  adelheit, 

Vnd  mach  vnß  mit  der  luten  freidt, 

Es  ist  so  gut  ind  hell  gesprungen, 
Als  mit  rutschen  drein  gerungen. 

Das  bild  zu  diesem  kapitel  zeigt  im  vordergnmde  Mumer,  wie 
er  Luthers  tochter  am  arme  zum  tanz  führt  ,, Adelheit  mit  der  luten** 
zixpft  die  saite.  Im  hintergrunde  befinden  sich  lutherische  geistliche 
als    Zuschauer. 

Ich  stelle  nun  die  bei  Mumer  erwähnten  tanze  zusammen: 

1)  Kochersberger  (LN.  4187). 

Böhme,  Gesch.  d.  T.  II,  teilt  unter  nr.  288  und  289  melodien 
zweier  Kochelsberger  tanze  mit 

Eochersberg  ist  ein  fruchtbares  hügelland  zwei  stunden  westlich 
von  Strassburg  (Stöber,  Alsatia  1858  s.  69,  anm.  8).  Mumer  erwähnt 
^^ix  ort  Schelmenzunft  31 ,  17  und  die  bewohner  an  verschiedenen  stel- 
len seiner  gedichte.  NB.  95,  74  und  LN.  1805  spricht  er  von  ihren 
derten  fluchen,  Geuchmat  E2a  von  ihrer  groben  spräche,  NB.  34,  116 
von  ihrer  altertümlichen  kleidertracht.  Dies  wirft  vielleicht  auch  auf 
diö  art  des  tanzes  ein  gewisses  licht 

f  ^  2)  Dranranran. 

Darzü  den  grosen  dran  ran  ran 

Den  ich  frölich  springen  kan.     LN.  4188.  89. 

Pfyff  vff,  mach  mir  den  dranraran! 

Elßlin/  gredtlin/  vornan  dran.  NB.  50,  7.  8. 
A^us  diesen  beiden  citaten  (Elslin  und  Gretlin  sind  dirnennamen)  kann 
öian  den  derben  Charakter  des  tanzes  erkennen.  Ich  vermute,  dass 
^^  wort  mit  dem  sturmruf  der  landsknechte,  deren  stand  ja  um  diese 
^^it  blühte,  identisch  ist  Nach  Vilmar  (Handbüchlein  f.  freunde  d.  d. 
^^Iksl.  2.  aufl.  s.  46)  lautete  dieser:  „Dran  dran  dran!^  Ein  passender 
^*öie  für  einen  wilden  tanz! 

t  3)  Jesusgänglein  (L.  N.  3701). 

Luther  glaubt,  dass  Mumer  seine  tochter  gern  habe: 
Er  hat  ir  klosterbrötlein  geschickt. 
Mit  süssen  äugen  angeblickt, 

1)  f  bedeutet:  bei  Böhme  nicht  erwähnt. 


206  SPAMUR 

Ein  klosterdentzlin  hat  er  gethon, 

Mit  ir  ein  reyen  gefieret  schon 

Ynd  ein  ihesiisgenglin  gemacht 
Mit  dem  „  klosterdentzlin  "•  wird  wol  keine  besondere  art  des  tanz  ^^^ 
gemeint  sein.  Geiler  a.  a.  o.  Y  2  a  führt  bei  der  ausdeutung  der  6.  nc^^^  ^ 
an:  (Saltare)  In  loco  religioso:  hoc  est  in  conventibus:  refectoriis:  locii^^ris 
capitularibus  in  ambitu  monasteriorum  —  das  wären  also  „klost^25?:»r- 
dentzlin**.     Über  Jesusgänglein  vgL  Grimm,  DWb.  IV«,  2314. 

4)  Paduaner.     (LN.  4239.) 
Siehe  Böhme,  Gesch.  d.  T.  I,  s.  134. 

t  5)  Westerwälder.     (LN.  4239.) 
Auch  von  Braut,  Narrensch.  85,  94  erwähnte 

f  6)  Denteloren. 

Das  wort  ist  noch  nicht  genügend  erklärt«.  Soll  man  an  dexi- 
ten  «=  danten  =  tanden  =  possen  treiben  denken,  oder  ist  es  gr^ 
korrumpiert  aus  einem  danse  lor(r)aine?  Dass  die  lothringischen  tän^^e 
seit  alter  zeit  berühmt  waren,  teilt  Böhme  I,  30  mit 

7)  Pfauenschwanz^ 
Es  heißt  ein  liedt  „der  pfouwen  schwantz". 
Das  hört  vil  baß  an  puren  dantz.     (NB.  22,  15.  16.) 
Siehe  melodie:  Böhme  II,  nr.  53. 

Dass  dieser  tanz  keineswegs  ein  wilder  war,  sondern  sanft,  vie 
leicht   schleifend,    geschritten   wurde,    glaube   ich   aus   der   stelle 
4002  fgg.,  wo  Murner  den  gang  seiner  geliebten  besingt,  schliessen 
dürfen:  Die  tusent  schon    Ean  ynher  gon 

Wie  man  im  kat    Yff  holtzschü  gat, 

1)  Kuuz  Has  (1525)   sagt  gelegentlich  der  aofzählung  von  hoohzeitBtlnie^^'* 
„Ytzund  tantzt  man  den  wüsten  weller''.    J.  Bolte  (Alemannia  18,  77)  yermntet 
,weller''  den  wälschen  tanz  (Böhme  I,  103),  wahrscheinlich  ist  aber  „wüster 
eine  yolksetymologische  oder  scherzhafte  umdeatung  des  ,we6terweller  *,   io  wdch« 
form  ihn  Murner  ja  auch  unter  den  hochzeitstänzen  (1522)  aoffohrt 

2)  Charles  Schmidt  giebt  in  seiner  Histoire  litteraire  de  rAlsaoe  11 ,  296  n. 
folgende  erklärung  (?):   Denteloro  est  le  fran^ais  Tintelore,  qui  parait  avoir  ete 
danse  acconipagnee  de  chant.    Le  mot  se  retrouve  dans  le  refrain   de  la  funei 
chanson  de  Jannequin  sur  la  defaite  des  Suisses  a  Marignan:  Escampe,  tonte  frdow 
(tout  est  verlöre,  i)enlu),  —  La  tintelore  frelore,  —  Escampe,   toute  frolorB,  Wgo** 
(par  Dieu!)    Leroux  de  Lincy,  Recueil  de  chants  historiques  fran^ais  11,  67. 

3)  von  schwänzen:   sich  anmutig  bewegen,   tanzen.    8.  SchinellMr - Rtawi^wo 
U,  640. 


TANZ   UND  UED  BEI  MUBNEB  207 

Ynd  h&flich  drit,    Bescheißt  sich  nit, 
Wie  pfawen  schwantzen^. 

1)  Veigleiche:  No:  du  solt  sein 

Ob  dem  tisch  ain  Adler, 
Vf  dem  veld  ain  leo, 
Yf  der  gassen  ain  pfaw, 
In  der  kirchen  ain  lamb, 

In  dem  pett  ain  AffI      Hätzlerin,  seite  LXYII  nr.  3. 
Sie  tritt  dort  her  gar  schöne 

gleich  wie  der  pfawen  art,  Ambras.  Lb.  nr.  169,  str.  2. 
In  der  mhd.  litteratar  wird  der  schleichende  gang  des  pfauen  auch  in  einem 
»m  sinne  —  nämlich  als  bild  des  gleissnerischen  widerholt  verwant,  vgl.  hierüber 
tnanns,  Walther  v.  d.  Vogelweide*  19,  32  und  Strauch  zu  Mamer  XV,  316 
82).  Mumer  ist  dieser  gebrauch  noch  nicht  ganz  fremd.  Zu  NB  16,  65:  „Zweyen 
en  dienen/  pfouwen  strychen**  erklärt  Goedeke  wol  nicht  mit  unrecht:  „Pfauen 
ichen,  wie  den  Kautz  streichen,  schön  reden '^.  Er  verweist  dabei  auf  NB  19, 
:  „Es  heisst  z&  tütsch  der  pfouwen  strich*^.  Aber  diese  stelle  lässt  auch  eine 
5re  erklärung  zu.    Vorher  gehen  nämlich  die  verse: 

Als  es  stat  yetzundt  vfP  erden 
So  brucht  man  also  groß  geforden. 
Wie  einer  gang  dem  andern  für. 
Dien  du  mir/  so  dien  ich  dir, 
Leck  du  mich/  so  küß  ich  dich. 

(Mit  diesen  beiden  versen  wird  der  schleichende  gang  gemalt) 
Es  heißt  zö  tütsch  der  pfouwen  strich, 
ch  kann  hior  vom  intrans.  strichen  =  unhörbar  fliegen,  sich  rasch  bewegen,  zie- 
,  schleichen  (Mhd.  wb.  11,  2,  685,  41  fgg.,  Lexer  II,  1235,  Schmeller- Frommann 
807  unter  e)  abgeleitet  werden ,  ebenso  wie  im  Augsburger  Lb.  nr.  81  (Alemannia 
222):  „Wohin  das  felcklin  hin  sich  kert 

so  ist  er  auff  dem  striche*^, 

ge  verse  weiter:      »Wie  er  dem  felcklin  streichet  nach. 

«  Murner  strichen  =  schleichen  anwendet,  belegt  Ketzer  d  1  a: 

„Am  freytag  vmb  die  zehend  stund 

Der  geist  herzüher  strichen  bgund. 
1  auch  das  subst.  „strich*^  findet  sich  in  diesem  sinne  bei  Mumer,  z.  b.  NB  5,  185  fg. 

Der  alt  krebs  lernt  syn  kindt  den  strich 

Das  sy  noch  hüt  gondt  hindersich. 
Qer  NB  59,  8  und   70,  23. 

Eine  fernere  stütze   für  diese  erklärung  gibt   die  parallele   aus   der  SZ.  XV, 
gg.:  Wen  eyner  went,  du  redts  seyn  wort. 

Was  dem  zu  sagst,  das  leugstu  dort: 
Ich  dorfPt  keyns  solchen  mittler  nit; 
Der  also  brucht  eyn  pfouwen  dritt 
Und  leftgt  schedlich  vff  beiden  parten. 
Immerhin  ist,    wie  NB  16,  65  wol  beweist,   eine  Vermischung  beider  redens- 
*Ki  „wie  pfawen  strichen'^  und  „den  kutzen  strichen*^  bei  Mumer  schon  eingetreten. 


^^^H  Suite  dieser  pfauenschwatiz   nicht   mit  der  pavane,    die  Bühiuc    J  , 

^^^H  134  als  eiuen  beliebten  vurnebm  emst-gravitÄiiscIien  taoz  des  16.  imd 

^^^V  IT.  Jahrhunderts  beschreibt,  identisch  sein?     Der  nanie  pavane  konte 

^^^V  leicht   —    ob    mit   recht,   bleibe  dahingestelt'   —    von   pavo    der   pfsa 

^^H  abgeleitet  werden. 

I 

■  lO! 


8)  Betlertanz.     Siehe  Böhme  I,  57  fgg. 
Murner  spricht  in  einer  von  Grimm,  DWb.  I.  1737   nicht   beleg- 
ten bildlichen  weise  von  diesem  tanz: 

Ich  habs  noch  nit  erzelct  gantz 
Erst  icum  ich  vfT  den  bettler  dantz  (Ketzer  1  6a). 
Dos  bedeutet  hier:  jezt  komt  erst  die  hauptsache,  jezt  gehts  erst  recht 
Es  folgt  nämlich  das  volle  bekentnis  des  von  den  „vier  ketzen* 
gemarterten  armen  schneideis  Jetzer. 


9)  Bubeatanz. 

Jetzer  erzählt  in  seinem  bckentms,   wie  er  die  vier  ordensleule 

heimlich  bei  fleisch,  hühnem  und  —  schönen  ^uen  angetroffen  habt-: 

Ich  sprach  /  ist  das  die  obseruautz 

IcJi  halts  wol  für  ein  b^ben  dantz  (Ketzer  m  1  a). 

Vgl.  Böhme  I,  83.  106.     Grimm  11,  465  gibt  zwei  belege   auB  ] 

Sachs. 

Als  10.  tanz  führe  ich  in  diesem  Zusammenhang  noch  einmal  den 
Schäfer  von  der  neuen  Stadt  an.  Dieses  tanzlied  mag  uns  über- 
leiteo  KU  einer  betrachtung  über  Murner  und  das  Volkslied. 


Vielleiofat  ist  die  oocb  nicht  befriedigend  erklärte  verbinduug  .den  kttuau 
streloheu",  die  allerdings  später  aach  voa  Uuraer  ia  der  QM.  (siehe  DWh.  T,  36S> 
ausdrücklich  als  den  kaaz  glatt  streiDhela  ^deutet  wird,  ursprünglich  auf  den  heiiD- 
licUoD,  gei^uschlusen  kauzenflug  xu  beziebeo.  Aas  der  wendung:  „dt  kann  Uiüi  kau— 
xeustrich*  (=^  flug)  mag  am  ebsten  die  Verwechselung  berrorgeguigeD  sein;  dcoa 
von  dieser  bin  eu  iet  form  ,danii  or  dan  kutzen  strichen  kau*^  (Naneoscbiff  100. 
13)  ist  nicht  weit 

Ebenso  ksiiD  es  sich  verhalten  mit  den  Wendungen  «den  falkou  Bttiofaeo';  dia 
Wörterbücher  gebun  viele  belege  gerade  für  den  falkenflug,  der  falke  strichet  ns»- 
Für  falkeo  sagte  man  in  gleicher  bedeutung  oft  (nach  Grimm  III,  12T0  unter  Fall') 
a.  e.)  .falben".  Konto  bieraiiB  nicht  diu  redeusart  ,deo  falben  hengst  streicbao* 
sieh  entwickelt  haben  V 

Die  übertragnag   gieng   ülierhaupt    imiuei   weiter,   da  das  „streiuhöD' 
rechten  sinn  verloren  hatte.     Im   AuibraHor  liederbnch  nr.  28,   17  beiaet  •«: 
falkau  können  sie  streichen",  aber  auch  m^aa    |nr.  Tu,  44):    DIl^  wörtlein  könl  jki  J 
streichen,  und  reden  selten  war. 


TA.NZ    CND   UID    BKI   MURNER  209 

Es  lassen  sich  verschiedene  grade  der  beziehungen  Mumera  zum 
rvolbgesang  feststellen.  Manchmal  scheint  es  uns,  als  ob  er  nur  in 
verstekter  weise  darauf  anspiele,  wir  hören  gleichsam  nur  ans  der  ferne 
ieu  klang  des  liedes.  Wenn  er  NB.  6  und  SZ.  IT  von  den  prahle- 
reien  der  landsknechte  spricht,  so  sind  jedesfals  deren  lieder  die  beste 
Lillnstration  zu  diesen  kapiteln.  Wenn  er  ferner  auf  ihr  rechtloses  plün- 
1  <)eni  hinweist  mit  den  Worten: 

„Sü  ist  er  ein  frumnier  lants  knecht, 
Wann  er  mit  den  hflnern  fecht",  (NB,  78,  31.  32). 
ö  soll  hier  wol  nicht  das  hühner  stehlen  im  sinne  von:  sich  feig  beneh- 
wie  Goedeke  z.  d.  st.   erklärt,   soudem    in   seiner    ganzen   wört- 
iichkeit  gemeint  sein.     Denn  in  dem  liede  der  7  stallbrüder  aus  Sach- 
en   (Bühme,  Altd.  Idb.  nr.  422)  heisst  es : 

»Str.  ö.    „Der  sechst  der  sprach:  hielt  wir  uns  recht 
so  wären  wir  gar  frumm  landsknocht 
so  möchten  wir  frölich  traben, 
laufen  den  pauren  durch  die  houser 
und  nemen  in,  was  sie  haben". 
Ond     einige  verse  weiter: 

„gepraten  öpfel  die  schmecken  wul, 
doch  eß  ich  hüner  liir  ptlanraen". 
Pn«a    bei  Dhland  nr.  191: 
tr  Str.  2.   „In  hungersQot  schlag  hennen  tot 

r  und  laB  kein  gans  mer  leben". 

^F  Str.  4.    „Nun  wenn  ir  kumt  ins  banren  haus 

^M  so  lebt  mit  kltigeu  wit^en 

^r  einer  ge  ein,  der  ander  bleib  herauB 

lüg  wo  die  hennen  sitzen". 
^j*id   wenn   Mumer   in    demselben   kapitel    gegen  den   frummen   buhen 

»*ßttert,  der  ..  yotz  verzert  sj-ner  alter  gftt 
Vnd  tag  vnd  nacht  halt  fiyen  mßt 
Vnd  sitzt  von  einer  mittemacht 
Zß  der  andern  vnde  wacht, 
Schlempt,  verdempt  vnd  nimpt  vfF  borgen 
Vnd  laßt  die  lieben  vögeün  sorgen  (NB.  78,  11  fgg.) 
ai  erinnert  das  an  die  verse  des  schlemmerliedes  (John  Meier,  Beig- 
reihen  27.     Böhme  358). 

Str.  6.   Mir  wird  nicht  mehr  zu  dieser  frist 

LDenn  schlemen  vmh  vnd  an, 
Dazu  ein  guter  mut. 
n 


210  SPANIER 

Str.  8.   Ich  las  die  vSgel  sorgen 
gegen  diesem  winter  kalt 
Wil  uns  der  wird  nicht  borgen, 
mein  rock  gib  ich  ihm  bald 
die  ioppen  auch  dazu 
ich  hab  widder  rast  noch  rhu 
den  abend  als  den  morgen 
bis  ich  das  alles  verthu. 
Ähnlich  auch  im  Bohnenlied  (Böhme  362  a): 

Auf  meiner  weis  will  ich  hinaus 
Das  Yöglein  lassen  sorgen, 
Und  frölich  sein  nur  überaus 
Vom  abend  an  bis  morgen. 
Schelmenzunft  20  klagt  Mumer,   indem  er  die  alte  bessere  zeit 
rühmt,  über  den  einreissenden  materialismus  beim  heiraten: 

„Die  ersten  fragen,  die  man  d&t, 
Die  ist:  wie  fiU  sy  hab  des  gut, 
Und  ob  ir  sey  der  seckel  schwere!**  (V.  17  — 19.) 
Dennoch  aber  stelt  man  sich  so,   als  ob  nur  die  liebe  das  motiv  d^:K 
heii-at  gewesen:    „0  wie  dieflF  schopfFt  er  die  wort. 

Wen  er  spricht:  meyn  höchster  hört!" 
Gerade  die  lezte  wendung  ist  in  den  liebesliedern  des  15.  und  16.  Jahr- 
hunderts überaus  häufig.     (Vgl.  das  bild  zu  diesem  kapitel  der  S.  Z. : 
Der  mann  hält  in  der  einen  band  einen  zettel,   auf  welchem  „herte 
libste"  steht.)     Ich  will  hier  nur  einige  beispiele  aus  zwei  liederbüchem 
des  15.  Jahrhunderts  verzeichnen:  Augsb.  Lb.  v.  1454  (Alem.  18):  In 
nr.  32  ist  „Mein  höchster  hört"    anfang  eines    oft  widerkehrenden 
refrains;   dieselbelbe  wendung  nr.  35,  11.     Nr.  46,  19   Bis   trew  vnd 
stat,   mein   höchster   hört     Nr.  65   Ach   höchster   hört     Hätz- 
lerin:  Meiner  fräden  aller  höchster  hordt  LXXIV,  69;  Mein  höch- 
ster hört,  gar  unverporgen  nr.  66,  24;  Mein  höchster  hordt,  mein 
ainigs  hail,  nr.  72,  23;  Mein  höchster  hordt,  so  hab  ich  rü  nr.  106, 
107.     Auch  die  andern  von  Murner  in  diesem  kapitel  angeführten  „tie- 
fen Wörter**:    „meyn  keysereyn^,    „die  allerliebste  meyn**  sind  beliebte 
phrasen   des   Volksliedes   (Locheimer  Lb.  33,  3   fraw,   aller   eren  pistu 
ein  rechte  keyserin.     Hätzlerin,  abt  2  nr.  32  Wol  hin,  meins  hertzöi 
kaiserin.     Arabraser  Lb.  nr.  68,  52  Du  mein  schöne  keyserin.    Wei- 
tere belege:   Grimm  5,  41.     (Im  L.  N.  4649  ironisch:   Die  alte  zierlich 
keiserein,    wie  Amb.  Lb.  nr.  117.)  —   Ich   bat   die   aller   liebsten 
mein,   Hätzlerin  nr.  89,  1;    Mein  aller  liebsts  vnd  höchster  schätz 


TANZ  UND  UED  fiH  MüRKER  211 

das.  LXXn,  39.  Der  oder  die  „hertz  aller  liebste  mein"  wird 
wderholt  erwähnt  im  Ambr.  Lb.  nr.  31,  nr.  42,  nr.  75,  nr.  80  u.  s.  f. 
Ein  ähnlicher  fall  ist  es,  wenn  Mumer  in  dem  kapitel  der  NB.  „Ein 
Inten  schlaher  im  hertzen  hon''  (80,  71)  die  buhlerische  geliebte  „die 
tiisent  schön,  die  zart  vnd  rein"  ironisch  nent  Über  „tusont  schön" 
vgl.  weiter  unten  s.  223.  Zu  „zart  vnd  rein"  führe  ich  nur  als 
parallele  aus  Schöffers  Lb.  (1513)  das  weitverbreitete  lied  nr.  7  „Ton 
edler  art  auch  rein  vnd  zart"  an. 

In  der  Badenfahrt  kap.  35  redet  Mumer  Maria  mit  „tusend- 
schön"  V.  52  imd  71,  mit  „zart  rein"  v.  5  und  mit  „zart  reine 
meit"  v.  16  und  93  an. 

Wenn  man  Mumer  kommentiert,  solte  man  daher  fleissig  das 
Volkslied  zum  beleg  heranziehen.     Zu  der  stelle  NB.  80,  46  fgg. 

Bistu  dann  ein  geistlich  man 

Vnd  fachst  dyn  metten  betten  an. 

So  stat  myn  trütlin  vornan  dran 

Vnd  sucht  die  lieb  also  genow. 

Das  sy  dich  schier  macht  engelsch  grow. 

bemerkt  Goedeke:  „engelsch  grau  —  mir  unverständlich,  wenn  nicht 
^r^gelsch  eine  Verdrehung  von  eselisch  sein  soll  —  sie  macht  dich 
^^xa  esel**.  Und  Balke  vermutet  ähnlich  in  engelsch  einen  druckfehler 
^'^  eselsch.  Der  sinn  der  stelle  wird  aber  völlig  klar,  wenn  man 
fol^nde  verse  aus  den  Bergreihen  (Neudr.  nr.  15,  4)  vergleicht: 

Grau  engelisch  will  ich  mich  kleiden, 
braun  gibt  mir  einen  guten  radt 
Gegen  einer  schöne  iungfrauen. 

Zwei  werke  Mumers  —  die  Schelmenzunft  und  die  Badenfahrt  — 
^^^^^')n  sich  mit  dem  Volkslied  in  Verbindung  bringen. 

Man  findet  gewöhnlich   die   angäbe,    dass   Murner   seine   Schel- 

'^^nzunft  nach  der  in  Strassburg  1506  deutsch  erschienenen  scherzrede 

er  Bruder  Orden  in  der  Schelmenzunfft"  betitelte.    Wenn  dies  auch 

htig  sein  mag,  so  muss  man  doch  berücksichtigen,  dass  damals  das 

^^*dens-  und  Zunftwesen  einen  gewaltigen  räum  im  Interesse  des  volkes 

'^Soinahm  und  infolge  dessen  ein  solcher  titel  nichts  besonders  originel- 

hatte.     Wenn  man  die  trink-,   schlemmer-  und  landsknechtslieder 

jener  zeit  in  Böhmes  liederbuch  durchblättert,   so  findet  man  fast 

jeder  seite  das  ordensmotiv  verwertet.     Der  Liber  vagatomm  hatte 

^TLch  den  nebentitel:    Der  Betler  orden.     Zamcke  hat  in  dem  kleinen 

^uch:   Die  deutschen  Universitäten  im  mittelalter,   ausser  dem  lateini- 

14* 


sehen  original  des  oben  angeführten  buches   (Monopolium  Philoso] 
rum  Yulgo  die  Schelmenzunfift)  noch  ein  anderes  Monopolium,  nän 
das  „der  schweinezunft**  (von  Joh.  Schräm,  Erfurt  1494)  veröflFenÜ 
Wenn  es  nun  im  eingang  der  S.  Z.  (v.  15  fgg.)  A  heisst: 
Ob  iemans  wolt  hie  zunfEtig  seyn, 
Der  leg  z6  erst  dry  würffei  eyn, 
Dor  noch  so  gib  ich  im  eyn  statt, 
Als  ich  die  andren  gestellet  hatt 
so  findet  diese  stelle  ihre  erklärung  in  der  „Abtweihe*'  (Böhme  c 
jenem  liede,  in  welchem  die  bedingungen  gestelt  werden,  die  zur 
nähme  in  den  orden  berechtigen   (str.  3  Ein  narrenkappen  zimt 
wol  usw.).     Es  heisst  hier  in  der  schlussstrophe: 
Da  kam  ein  brüder  bald  herfnr, 
fragt:  was  mein  orden  sei? 
Drei  Würfel  zucket  ich  herfür 
und  warf  zink,  quater,  drei 

Du  magst  mir  wol  ein  rechter  brüder  im  orden  sein! 
er  schloß  mir  auf  und  ließ  mich  in  sein  klösterlein. 
In  der  Geistlichen  badenfahrt  hat  Mumer  das  leibliche  bad 
ritualiter  durchgenommen.     Christus  fungiert  als  bader.     Man  hat 
der  beurteilung  dieses  buches  die  damalige  predigtart  in  betracht 
ziehen,   die   immer   an   das  sinlichste   anknüpft,   um  das  Interesse 
erregen.     So  hat  Geiler  von  Kaisersberg  z.  b.  eine  walfEÜirt,  die  \h 
tuug  eines  hasenpfeffer^  und  gar  den  dorfmeier  geistlich   ausgede 
(S.  Kawerau,   Th.  Mumer   und   die   kirche   des  mittelalters   s.  65  1 
Liorenzi,   Geiler  I,  s.  t>4  fgg.).     Wenn  Murners  Zeitgenossen   sich    \ 
die  idee  seines  gediehtes  lustig  machten,   wie  er  am  sohluss  der 
berichtet:  Vnd  wardt  von  jnen  drum  verlacht. 

Das  ich  got  zu  eym  bader  macht  (J  2  b), 
so  winl  dies  haiiptsäohlich  durch  die  grobkörnige  art  der  behandl 
bewirkt  sein,   an  sieh  war  die  i::eistliohe  aiisdeutung  des  bades  ni 
unerhörtes,    wie   schon    die   von  Wackeruagel,    Kirchenlied  820,   : 
veK^tfentliohten  l>adeliedlein    aus   dem   XV.  Jahrhundert  erweisen, 
führe  aus  dem  zweiten  liinie  einigi^  stellen  an: 

Str.  l.    Wol  utf  im  ireist  sron  Baden 
do  liiu  hatt  uns  ^'laden 
dt*s  vaters  sn^tikeit, 
der  suu  wil  uns  imnlieren 
der  heilp^  i^>ist  hotieivu; 
min  seK  nu  biß  ;^>meit! 


TANZ   UND   LUD  BEI   MURNER  213 

Str.  6.   Gar  warm  solt  du  dich  halten 
vnd  dich  nit  Ion  erkalten 
noch  diser  mynne  bad. 
Din  baden  büle  sye 
die  allerschönst  Marie 
ein  gott  und  nammen  drye 
mit  andacht  z&  dir  lad. 

Böhme  (s.  601)  bemerkt,  dass  besonders  in  süddeutschen  nonnenklöstem 
badeliedlein,  in  denen  Jesus  als  „badebuhle*'  hingestelt  wird,  beliebt 
waren.  Es  hat  also  auch  hier  Murner  an  einen  gedanken  angeknüpft, 
der  in  gewissen  kreisen  bereits  populär  war. 

Zuweilen  gebraucht  Mumer  Wendungen  aus  bekanten  Volksliedern 
formelhaft.     Die  klagende  „wypliche  schäm"  ruft  aus:    All  dee  all  dee 
ich    far  do  hyn!  (G.  M.  c2b).     Dasselbe  sagt  der  sterbende  „groß  nar** 
(Aide,   aide,   ich  far  dahin  L.  N.  4659).     In  den  abschiedsliedern   aus 
dieser  zeit  ist  das  wort  sehr  häufig:   Ade,   ich   far  dahin,   Böhme 
^^'  260*  am  Schlüsse,  ebenso  in  einem  quodlibet  bei  Schmeltzel  (1544), 
Eitner,   Das  deutsche  lied  I,  120;    Ach,   schons   mein   lieb,   ich   far 
dahin,   Augsb.  Ib.  nr.  7  a.  sohl.;    Got  gesegn  dich,   lieb,  jch  vor  do 
hyn,  Locheimer  Lb.  nr.  20  a.  schl.  Aude!    ich   far  dahin  ^,    Bergreihen 
(neudr.)  34,  25.     Besonders  hervorzuheben  ist  hier  das  weit  verbreitete 
auch  geistlich  gewante  lied:    Ich  var  dahin,  wann  es  muß  sein,  Loch- 
eimer Lb.  nr.  8  (Böhme  nr.  252),  von  dessen  melodie  der  herausgebor 
liachweist  (s.  162),  dass  sie  während  des  fünfzehnten  und  sechzehnten 
Jahrhunderts  zu  den  bevorzugtesten  gehörte. 

Li   der  NB.  73   spricht   Murner   u.  a.  davon,   wie   die  edelleute 
^ft  mit  hohlen  redensarten  ihre  gläubiger  abspeisen  wollen: 

Je  suis  tout  voster  heißts  in  welsch. 

In  bösem  tütschen  nent  maus:  felsch. 

Er  will  so  gantz  dyn  eigen  syn. 

Ich  Sprech:  wol  vIBT,  wach,  ketterlyn! 

Wans  mir  an  den  punten  godt, 

Syn  w6rter  helffent  nit  ein  lot.     (V.  45  fgg.) 

A^li  glaube,  dass  die  worte:  „Wol  vff,  wach,  ketterlyn'',  („wach 
^-^tterlyn**  formelhaft  auch  NB.  80,  132),  über  deren  bedeutung  hier 

1)  Die  Wendung  wird  stehende  abgangsfonnel  im  drama  des  16.  jahrhuudorts. 
^^boa  im  dialog  Karsthaos:    „Aldi,    ich  far  dahia!"    im  L.  N.  ed.  Kurz,   184,  24. 
^.  hierüber:  Spengler,  Der  verloreoe  söhn  im  drama  des  16.  jahrh.  6  und  53. 


214  8PANDSB 

kein  zweifei  sein  kann^  (Gieb  nur  acht!),  aus  einem  volksliede  stam- 
men. Im  Münchener  liederbuch  nr.  63  [Eitner,  Das  deutsche  lied  des 
15.  und  16.  Jahrhunderts.  Bd.  II  s.  158]  sind  zu  einer  melodie  als 
erste  textworte:  „Wach  auf,  Keterlin*'  angegeben.  Zu  einem  geist- 
lichen liede  etwa  aus  dem  jähre  1529  (Wackemagel,  E.  L.  n,  1292) 
ist  der  ton:  „Es  taget  vor  dem  walde,  wach  auff  Kitterlein **  ver- 
zeichnet Die  erste  Strophe  dieses  weltlichen  liedes  gibt  Böhme  nr.  440 
unter  der  nicht  ganz  zutrefTenden  Überschrift:  „Jägers  morgenbesuch^: 

Es  taget  vor  dem  walde, 

stand  auf  Eetterlein! 

holder  bul!   Hei  a  ho! 

Du  bist  mein  imd  ich  bin  dein! 

stand  auf,  Eetterlein. 

Die  Strophe  ist  wol  der  anfang  eines  tageliedes.  Statt  „stand  auf^  wird 
es  ursprünglich  „wach  auf^  geheissen  haben,  wofür  man  Mumer  als 
dritten  zeugen  anführen  kann. 

In  seinen  satirischen  gedichten  weist  Mumer  aber  auch  aus- 
drücklich auf  ganz  bestimte  lieder  hin.  Im  kapitel  22  der  NB.  ent- 
rüstet er  sich,  wie  manche  seiner  Zeitgenossen,  darüber,  dass  man  in 
den  kirchen  nach  melodien  weltlicher,  oft  sehr  anstössiger  lieder  singe 
und  so  Gott  lobe  „mit  bösen  dingen^.  Es  entspricht  ganz  der  art 
Murners,  dass  er  sich  nicht  darauf  beschränkt,  solche  melodien  im 
algemeinen  zu  verwerfen,  sondern  dass  er  einzelne  beispiele  anführt 
Zuerst  nent  er  den  Pfauenschwanz  (s.  o.),  dann: 

„Ach  liebe  dirn/  vnd  werder  mundt**,  (v.  19) 

da  dies  kaum  der  anfang  eines  liedes  sein  kann,  so  vermute  ich^ 
dass  hiermit  auf  zwei  lieder  hingewiesen  wird,  von  denen  das  leztere: 
„0  werder  mundt  von  dyr  ist  wundt**  in  Amts  von  Aich  liederbuch 
(1519)  nr.  15  angeführt  wird  (s.  Goedeke,  Grdrss.  II»,  s.  27.  28).  In 
Valentin  Trillers  Schlesischem  singebüchlein  (1555)  findet  sich  auch  ein 
geistliches  lied  „auff  ein  alte  melody,  0  werder  mundt".  (Wacker- 
nagel KL  IV,  nr.  132.)  Solte  meine  Vermutung  richtig  sein,  so  würde 
Murner  beweisen,  dass  das  lied  weltlich  und  geistlich  bereits  um  1512 
im  schwänge  war. 

„Ein  anders  heißt  „vß  hertzen  grundt 

Ob  aller  schönst/  on  freüd  verzer"  (v.  20.  21). 

1)  Balke  (Deutsche  N.  L.  17  band  1  s.  245)  freilich  kombinieit  nach  seiner 
art  „wach,  ausruf  dos  erstaunons  und  des  Unwillens'^.  Ein  solcher  ausruf  ist  num* 
eben  erkläruDgen  gegenübor  berechtigt. 


TANZ  UND  LDED  BEI  MUBNEB  215 

Dies  werden  wol   auch   drei   liederanfänge   sein.    Das   erste  ist 

iöchstwahrscheinlich  nr.  12  bei  Amt  von  Aich:  ^Auß  hertzen  grundt 

bin  ich  verwandt",  von  dem  lezten  findet  sich  der  anfang  in  einem  quod- 

Jibet  bei  Schmeltzel  (1547):  On  freud  verzer  ich  manchen  tag,  Eitner, 

Das  deutsche  liedl,  442;  die  übrigen  konte  ich  bis  jezt  nicht  nachweisen. 

„Wen  man  went,  du  lobest  gott, 

So  trybstu  nun  ein  hüren  spott 

Du  hasts  vorhin  dem  sack  geseyt: 

„Wen  man  das  buch  herumbher  treit. 

So  wil  ich  singen:  „„biß  mir  holdt 

Vil  lieber  bist,  dan  rotes  goldt!''"    (v.  25  fgg.) 

ßass  dies  der  anfang  eines  liedes  sei,  ist  aus  dem  Zusammenhang  nicht 
«tt bedingt  zu  entnehmen.     Es  ist  eine  wendung,  die  in  ähnlicher  form 
^ögen  der  gefalligen  reime  gold  und  hold  sehr  häufig  ist.     In  einem 
tag'elied  (1464  cod.  Genn.  Berol.)  heisst  es: 

Ich  han  dich  holt  Vor  alles  Golt 
Mir  kan  dich  nieman  leiden. 
(Birlinger  und  Crecelius,  Des  knaben  wunderhorn  I,  540.) 
B^i  Eitner  II,  s.  33  (Münchener  Lb.  nr.  47):  für  alles  golt  bin  ich  dir 
'^^It,  mein  unmut  sei  verdrungen. 

John  Meier,  Bergreihen  17,  16  fgg.: 

ich  wer  dir  holt 
für  Silber  für  golt, 
ich  thet  alles  das  ich  solt. 

^^^edeke- Tittmann,  Lb.  nr.  91: 

Es  het  ein  meidlein  einen  reiter  hold 
für  Silber  und  für  rotes  gold. 

^'Oedeke -Tittmann,  Lb.  nr.  25,  13  fgg.: 

Dann  ich  bin  dir  von  herzen  hold 
Du  bist  mein  schätz  auf  erden, 
für  Silber  und  für  rotes  gold 
sol  mir  kein  liebre  werden. 

-A.znbraser  Lb.  nr.  43,  24  fgg.: 

für  alles  gold 
bin  ich  dir  hold, 
auff  dieser  erd 
kein  grösser  werd. 

Auf  dem  titel  des  buches  De  fide  meretricum  stehen  die  zeilen  (wenig- 
stens nach  Kurz'  angäbe,  L.  N,  s,  197): 


216  SPANOBB 

„Ach,  liebe  Eis 
biß  mir  holt« 
vielleicht  ist  dies  der  anfang  des  betreffenden  liedes. 

Auf  ein  lied  vom  habersack  wird  an  verschiedenen  stellen 
Murner  sprichwörtlich  hingewiesen.    Es  wird  angebracht  sein,  diese  & 
len  zu  betrachten.     [Vgl.  auch  oben  s.  52  fg.] 

NB.  19,  5  fgg.  ist  von  leuten  die  rede,   die  eine  heimliche  ^ 
abredung  mit  einander  haben,   was  sie  andern  öffentlich  sagen, 
nirht,  „Z6  güttem  tütsch  heiBt  es:  ein  vertragk, 

Oder  gsungen:  der  haber  sack«.    (V.  18.  19.) 
Im  li.  N.  wird  der  grosse  narr  durch  die  starke  beschwörung  bewo| 
alles  zu  sagen:  „Wil  es  dan  ye  beschworen  syn 

Und  hilfit  auch  weder  guck  noch  gack, 

So  sing  ich  nit  den  habersack; 

Ich  sag  bei  got  als,  das  ich  weiß, 

Dan  soit  es  sein  ein  heimlicheit 

Sie  betten  es  dem  narren  nit  geseif*  (V.  577  fgg.) 
Hier  heisst  also  ,»den  habersack  singen*^  etwas  verheimlichen.   Sch^ 
riger  ist  die  bodeutung  in  einer  stelle  der  GM.  (k  4  a)  zu  bestimD 
Wenn   die  geliebte  dem  gauch   die   speisen   bereitet,   so  ist  er  s 
hocherbaut  davon: 

«Sy  ist  allein  die  kochen  kaa. 

So  kan  kein  andre  richten  an: 

Vbor  Isaacks  spyß  die  selbig  was. 

Der  kitzen  fleisch  für  wilpret  aß 

Vnd  übeis  hvmmelbrot  furwon 

IW  gvu  den  Juden  regnet  vor. 

IW  ^'Ibi^  bn>t  ^'hmackt  fleisch  und  fisch. 

Wenn  SV  dem  coucfa  beievt  den  discfa 

Vnd  hat  jm  hertz  spyd  dniff  ber^yt; 

Ist  cs^  dann  als  man  mir  dsks^  sevt« 

IVnu  ich  svn  hab  car  kein  b^?s?cheidt, 

S^*  ha:  die  s^^lbic  spyil  ein  is<4i3iack 

Yud  is;  ^v;  über  den  habrensack.* 
Wctiu  uKHiuu(^  av.  dii^T  stx^llc  auf  ein  Ii:?J  iiLc^^iei:  we 
s^^  kv>«iÄ"  vier  \*TS  ^leLUnch:  Kxleiicen:   e?^  i?eht  w.ei:  üb^r  de 
aKnr  c,*>  \v^^lv^väetl.  ^>>  uSirÄ*;*:^  a1>  jn:vrj«i-     VcL  auch  c 
alt    tts  o'^»•  uKrs  K^hvo:i>.e\i 


ASTräni   l^S   BEI   MUBN^ 


irird  und  von  eiuem  edelmaim  handelt,  der  sich  in  einem  habersack 
XU  eines  müllers  lochtet  tragen  litsst.  Das  lied  ist  auch  im  Elsass 
,l>eliebt,  siehe  Gargantua  46  {».  34  neutJr.).  Mündel,  Elsässische  volks- 
T,  nr.  9;  vgl,  auch  Frischbier,  Ostpreuss,  Volkslieder  nr.  93, 

Goedeko  zu  jener  stelle  der  N-  B.  meint,  dass  dies  lied  nicht 
bierber  gehöre  und  glaubt,  dass  ,  möglich  erweise  der  grosse  hahersack 
des  pfaSen  vom  Kalenberg  gemeint  sei".  Aber  mir  scheint  doch  die 
knspieliuig  auf  das  lied  besser  zu  passen,  einesteils  wegen  des  Inhalts 
(der  „vertrag":  zwischen  dem  edelmaun  und  seinem  knecht,  der  ihn 
im  sack  für  hafer  trägt;  in  jenem  kap.  der  Nb.  heisst  es:  Der  knecht 
des  herren  sin  verstat  [v.  8],  Heintumann  knecht,  der  weißt  bescheidt 
(v.  11])  luid  dann  eben  weil  es  ein  Ued  ist;  denn  ein  solches  wird 
wegen  der  art  der  anführung  bei  Murner  voranszusetzen  sein. 

i  zwei  stellen  der  NB.  weist  Murner  auf  ein  lied  vom 
Bchneider  und  der  geiss  hin  (Wie  der  schnyder  mit  der  geiß, 
14,  13;  Als  tbot  der  i^chnyder  mit  der  geiU,  90,  8).  Aus  dem  zusam- 
menhange geht  hervor,  dass  das  lied  von  einem  Schneider  handelte, 
■der  törichter  weise  sich  selbst  verriet.  Nach  Ooedeke  verbot  der  rat 
zu  titrassburg  1508  das  lied  „von  dem  snidre  und  einer  geißen"  bei 
80  pfund  Pfennige.  Um  so  pikanter  war  es  für  Mumer,  auf  das 
juistössige  lied  zu  verweisen.  Vielleicht  citiert  Abraham  a.  8t  Clara 
den  anfang  desselben,  wenn  er  im  Jud»s  IV,  3tiO  (nach  der  ausg,  von 
1710,  die  mir  nicht  zu  geböte  stand):  „Das  Liedei:  Es  knüfielt  ein 
Schneider  ein  UeißfuS  ab"  erwähnt,  (S.  Lauchert,  Alem.  17,  I20.J 
Doch  kann  auch  jener  raoistersang  vom  Schneider  (Goed.-Tittm.  Lb., 
374)  den  auch  Fischart  (Uoodekos  ausg.,  123)  erwähnt,  gemeint  sein. 

Murner  kante  die  macht  des  Volksliedes.  Als  er  in  den  refor- 
tnationsstreitigkeiten  zur  Verwunderung  seiner  gegner  lungere  zeit  sich 
am  kample  nicht  beteiligt  hatte,  gieng  auf  einmal  von  ihm  „Ain  new 
lied  von  dem  vndergang  des  Cliristlichen  glaubens"  (1522)  im  Bruder 
Teitenton  aus.  Dieses  lied  erhebt  sich  weit  über  die  zeitgenössischen 
Btreitgesänge  dadurch,  dass  es  sieb  durchaus  von  jeder  kleinlichen,  auf 
das  einzelne  gebenden  polemik  fernhält.  Es  gibt  auch  kaum  eine 
Bcbtift  Muraei-s,  in  der  uns  die  persönlichkeit  des  eigenartigen  Francie- 
kaners  sympathischer  enlgegentiäte,  als  gerade  in  diesem  Uede.  Man 
f^ürt  doch  darin  etwas  von  warmer  herzlicher  glaubenstreue,  von  einem 
jiuügen  pietätsgefühl  gegen  das  ererbte  alte.  Und  wenn  Mumer,  wie 
ttberall,  su  auch  hier  kein  Verständnis  zeigt  fiir  die  gebietenden  for- 
'derungen  des  gewisaens,  für  dio  macht  einer  aller  beengenden  fesseln 
«ich  entledigenden  Überzeugung,  so  muss  uns  immerhin  der  Standpunkt 


218  SPANIER 

dieses  mannes,  der  offen  eingesteht,  dass  die  papisten  viel  verschuldet, 
dass  gar  manche  misbräuche  sich  eingeschlichen  haben,  die  kein  ehren- 
mann  lobe,  dass  der  ablass  viel  unheil  angerichtet  —  der  aber  dodi 
seinem  alten  glauben  nicht  untreu  werden  will,  achtung  abgewimien. 
Ein  wirklicher  glaubensheld  würde  fireilich  kaum  sagen: 

Wan  kaiser,  forsten,  oberkait 

mich  haißen  stille  ston, 

z&  undertäne  bin  ich  berait 

und  wils  als  underlon; 

wie  sie  mir  das  gebieten 

das  wil  ich  nemen  an, 

mit  strafen  oder  gieten 

wil  ich  zä  Mden  ston.     (Uhland,  nr.  349,  33.) 
Das  lied  tritt  den  volkstümlichen  ton  auf  das  beste;    es  ist  nicht  eine 
spur  von  theologischen  Spitzfindigkeiten  darin  zu  finden;   es  liegt  hier 
wirklich  einmal,   was  man  bei  Mumer  so  selten  tritt,   eine  äusserung 
seines  gemütes  vor. 

Es  ist  möglich,  dass  bruder  Michael  Styfels  lied  „Von  der  Christ- 
fermigen,  rechgegründten  leer  Doctoris  Martini  Luthers"  (Wackemagel, 
Kirchenlied  IQ,  74 — 79)  Mumer  zur  abfassung  seines  liedes  angeregt 
hat;  aber  nachgeahmt  hat  er  Styfel  gewiss  nicht,  wenn  dieser  ihn  auch 
deswegen  einen  äffen  nent,  „der  da  thün  will  was  er  sieht*'.  Dass 
Mumer  sein  lied  wie  Styfel  im  bruder  Veiten  verfasst  hat,  ist  nicht 
auffallend,  da  diese  weise  im  16.  Jahrhundert  überaus  verbreitet  war, 
so  dass  man  darin  gewiss  keine  nachahmung  Styfels  erblicken  darf, 
um  so  weniger  als  Mumers  Strophen  auch  formell  von  denjenigen  Sty- 
fels sich  unterscheiden,  der  sie,  wenn  auch  mit  hindemissen,  durch- 
gereimt hat  Deshalb  nent  er  wol  auch  seinen  gesang,  den  übrigens 
eine  lodernde  begeisterung  für  den  gottesboten  Luther  durchglüht,  „ain 
überauß  schön  kunstlich  Lied".  Dass  Mumer  in  der  gewantheit  und 
volkstümlichen  kraft  seiner  darstellung  Styfel  weit  überragt,  ist  wol 
selbstverständlich. 

Man  muste  doch  auf  selten  der  gegner  Murners  das  gefuhl  haben, 
dass  sein  lied  eine  starke  waffe  gegen  die  reformation  werden  könne, 
und  man  beeilte  sich  daher  mit  gegenschritten.  Ein  ungenanter  dich- 
tete ebenfals  im  bruder  Veitenton  ein  lied  (Kloster  8,  671  —  674)  zur 
Widerlegung,  mehr  aber  noch  zur  Verspottung  Mumers.  Es  wird  ihm 
der  rat  gegeben,  mit  den  andem  katzen  nachts  auf  die  dächer  zu 
steigen  —  „vonn  Schelmen  sol  er  schreiben,  da  er  ist  in  der  Zunfft*. 
Aber  seines  herzens  alter  narr  regt  sich  wider  imd  lässt  ihn,  da  er 


TANZ    ÜM>   LUD   BEI    UURKKR  819 

[  Bicht  mehr  predigen  darf,  lieder  schreiben.  Auch  der  hiinger  zwingt 
[ihn  dazu,  überall  im  Elaass  wird  er  jezt  „Parteckon  saralen",  Man 
LTergleiche  übrigens  mit  der  oben  angeführten  stropbe  Muraers,  die 
I  folgende  aus  dem  liede  des  ungenanten : 

„Man  müg  uns  halt  schon  tödten, 

den  leib  nemen  das  gut, 

vom  streyt  wöl!  wir  nit  treten 

die  sei  dadurch  wird  pbut, 

es  Wirt  vns  nutzer  seine 

das  wir  leiden  durch  got, 

dan  sein  on  weltlich  paine 

zulest  vergan  in  spott". 
Stj'fel  gab  das  ganze  liod  Murners,  das  er  tür  „schädlich,  widerspor- 
rig,  ttffrörig"'  erklärte,  mit  prosaischen  glossen  heraus;  aul'  diese  weise 
[glaubte  er  es  wol  am  besten  unschädlich  zu  machen.  Diese  ausgäbe 
Jst  natürlich  keine  philologisch  gewissenhafte.  Abgesehen  von  ortho- 
graphischen iinderaugeu,  die  zum  teil  auch  auf  das  konto  des  druckers 
■ZU  setzen  sind,  von  dialektischen  Abweichungen,  die  am  versausgaoge 
den  reim  stören  (Murnor  2,  4:  drait  —  Styfel:  trägt;  M.  14,  6  gesait  — 
gesagt;  M.  31 ,  3  umbeleit  —  St.  vmbgelegt;  M.  7,  7  versenken  — 
St  versincken;  M,  29,  7  senken  —  St.  sinken;  M.  14,  2  aint  —  St. 
seind,  ebenso  18,  6  und  öfter),  hat  Stj'fel  manchmal  unbekümmert  um 
äen  rhythmus  synonyma  eingesezt  oder  auch  noch  freier  den  text 
gestaltet.  Dennoch  kann  man  ihm  nielit  den  Vorwurf  einer  boshaften 
entstellimg  des  Murnerschen  Hedes  machon.  Hier  einige  beispiele  sol- 
,Bher  abweichungen :  Murner  14,  3:  die  haiigen  hont  betrogen  —  St. 
die  heyigen  hond  vns  btrogen;  M.  28:  Ünainigkeit,  der  neidhaß  in  aller 
gaistliuhait  —  St  Der  zwitracht  vnd  der  neid  vnd  haß  In  aller  Chri- 
Btenhait;  M,  32,  6:  bei  glauben,  ampt  und  er  ^  St.  Bey  glübdt,  bey 
•mpt,  bey  eer. 

Ich  hebe  im  folgenden  aus  Styfels  schritt  nur  hervor,  was  mir 
iitterarisch   bemerkenswert  erscheint,    und   verweise  im   übrigen   auf 
W.  Kawerau.  Th.  Murner  und  die  deutsche  reformation   (Halle  1891) 
B.  55  fgg.    Zu  der  stelle:  Der  hyrt  der  ist  veriagen' 
die  schfifflin  seind  zetBtrÖwt 


])  Btropbo  2  boi  ühland: 

Der  Iiirt  der  iet  geschlagej 
Die  ticbtineiD  sein  zontreut 
Der  bapBt  der  ist  verjagen  (I 
VaiD  tron  er  nie  »uf  drwt 


.  dor  Bspst  iüv  ist  geBciil«goa) 


220  8PANIKB 

bemerkt  Styfel:  0  lieber  Mumer  /  ich  merck  dich  wol  das  du  sprichest 
in  deinem  anderen  gesetz  /  der  hyrt  sey  veijagt  Das  thflsta  danunb  / 
das  ich  in  meinem  andern  gesetz  oder  verß  gemeldet  hab  deins  glei- 
chen dieb  /  welche  vns  stelent  mit  senflften  werten  als  die  Zegeyner 
den  überkostbarlichen  schätz  vnsers  hertzens/die  hoffiiimg  gottes.  Die 
selbigen  habt  ir  gebracht  bitz  dahyn  das  er  euch  dient  allein  z6  berau- 
bung  der  armen  schiflTlin  Christi.  Welche  ir  überredent  /  sie  mftssen 
durch  euch  selig  werden  in  darreichung  ires  gelts  etc.  Und  dises 
nennent  ir  wey den  /  welches  die  propheten  nenneten  bescheren**.  Styfel 
weist  hiermit  auf  die  Strophen  36  —  38  seines  liedes  hin,  in  denen  er 
sagt,  wie  die  mahnung  an  Petrus,  die  lämmer  zu  weiden  in  milde  und 
demut,  verkehrt  worden  sei  „in  geyt  und  hochfart", 

„Die  warheit  ist  erschlagen 

Das  war  des  Luthers  klag 

Drumb  wolt  man  jn  veijagen 

6ot  sein  mit  beystand  pfiag." 
Es  ist  kaum   anzunehmen,   dass  Mumer  diese   stelle,   wie   Styfel   zu 
glauben  scheint,  im  sinne  gehabt  hat 

Interessant  ist  die  Stilbeobachtung,  die  Styfel  bei  Mumer  macht: 

„Die  stiel  stond  vfiF  den  b&ncken 
Der  wagen  vor  dem  rofß. 
Ein  besunder  art  hat  das  schreiben  des  Murnars  in  sollichen  sprich- 
w&rtlin.  Wann  Murnar  etwas  wil  schreiben  oder  dychten  /  so  bedaiff 
es  keiner  heyligen  geschrifft  /  darufif  er  sein  meynung  gründ  /  besonder 
er  hat  gnäg  an  sollichen  sprichwörtlin.  An  disem  zeichen  erkennet 
ich  jn  am  ersten  bfichlin  wider  den  Luther  von  stund  an  /  wie  wol  er 
sein  nammen  het  verhalten^.  Es  hat  also  bereits  ein  Zeitgenosse  Mumers 
seine  schriftstellerische  eigenheit  erkant  und  das  „stilprincip  gefund^i^  K 
Dass  die  stuhle  auf  den  bänken  stehen  ( —  statt,  wie  es  in  der 
Ordnung  ist,  unter  ihnen)  beklagt  Murner  in  der  NB.  27,  wo  er  g^^en 
den  misbrauch  eifert,  dass  jungen  unreifen  leuten  wichtige  ämter  gege- 
ben werden.  Murners  lied  zeigt  übrigens  noch  einige  andere  seiner 
lieblingsredensarten   (8,  7  „auß  iren  fingern  gsogen^;    9,  8  in  eschen 

und  ist  mit  kainen  'worten 

von  Christo  ie  erstift: 

an  hundert  tausent  orten 

ist  goßen  auß  das  gift. 
1)  Auch  den  Verfasser  des  Karsthans  lässt  Mumer  von  sich  sagen:  Auch  hab 
ich  meine  Sprichwort  so  geschicklich  darin  geschickt,   das  eyn  Icichtuerstendiger  (so 
mich  in  aller  weit  hat  h6ren  predigen)  wol  merken  kan,   wo  das  saltz  herflüßt,  nit 
vß  eim  schlechten  haffen.     Kurz,  L   N.  170,  24. 


^^^^^^^^^^^^  I^IZ  miD  UED  BEI  JimiHKR  Üi 

^Blllen;  12,  i  „auf  aiu  mort  rinkleu";  29,  2  dui-ch  seine  finger  lacben ; 
^B7,  7  die  ki-one  „tigt  im  kat";  28,  8  einetu  „zerbricht  ain  rad");  doch 
^Bat  er  sich  wenigstens  hier  vor  den  alz«  drastischen  gehütet.  Zu  der 
Hstelle:  ti^'^'*  apffel  ist  geworfTen 

^P  Der  zwitraeht  /  das  ist  war  / 

H  In  stetten  vnd  in  dorffen" 

Bljemerbt  Styfel  „Nota  beno.  Hye  braucht  der  Murnar  ein  mal  geschriöt 
H''Vammb  hast  <iu  nit  Murnar  für  disen  Poetiachen  apffel  als  bald  erse- 
Hliea  das  euangelisch  schwert  des  wort  gotts  /  welchs  Christus  hat  gesandt 
HTf  erd  vneinigbeit  zemachen.  "Was  wilt  du  mir  hyo  änderst  antwur^ 
^  (an  /  dann  gleich  als  Ächab.  Ich  binn  jm  foind.  Es  sagt  mir  nymmer 
rfaz  ich  gern  hör  /  besunder  ailweg  das  ich  vngem  hör  /  vnd  ist  wider 
aiiclt  /  besunderlich  in  disem  bandel*.  Zu  den  legten  drei  atrophen  des 
^e«3es  macht  Styfel  keine  theologischen  aomerkungen;  nur  kann  ersieh 
Bpcslit  enthalten  zu  der  schlussstrophe,  iii  welcher  Murner  nach  echter 
^pUstiedai-t  sich  nent,  die  noüz  zu  setzen:  ,,Der  Murnar  befilcht  hie- 
niit  sein  gesang  den  meistern  /  ob  er  das  kräuzlin  verdient  hab". 

Mumer  schwieg  natürlich  nicht;    er  schrieb  seine  „Antwurt  vnd 

^^£  mit  eutschuldigung  wider  bruder  Mich.  Styfel"'  und  darauf  folgte 

wieder  1523   aus  Wittenberg   eine  „Antwort  Michel  Stytels  vft'  doctor 

Tt*<jman   Murnars   muniarrische    phantasey,   so   er    wider   yn   erdichtet 

h**.f  (München  Poleni.  2873).     Die  sache  war  jezt  in  ein  regelrechtes 

f^^ologisches  gezänke  ausgeartet,  das  uns  an  dieser  stelle  nicht  interes- 

s»-<art.    Nur  die  anfangsworte  der  Styfelschen  schrift  setze  ich  hierher; 

^^»m  wenn  sie  wol  auch  in  bezug  auf  Murner  mehr  bosheit  als  wahr- 

I^^Jt  enthalten,   so  kann   man   aus  ihnen   doch  entnehmen,   auf  welche 

^^*ise   man    damals,    vom    druck    abgesehen,    flu-   die   Verbreitung    der 

Volkslieder  sorgte.     „Erstlich  klagt  er  wider  mich  /  als  ob  ich  ym  sein 

singen    nit   günd,   vnd    befremdt   yn    vast  /  was  es   mich   irr/  er  sing 

oder  weine.     Ich   sprich.     Sein  singen   irret  mich   so  gantz  nichs  /  das 

1  ich  auch  leiden  mScht  das  er  sein  lyed  (das  ym  so  wol  gel'alt)  alle  tag 

■:KiDen    brüderu    zd    disch   singen   sSlt     Aber   sein   groSe  thorhait  hat 

Bjblch   befremdt   und   verwandert  /  das   er  sein   lyed   leert   einen   betler 

■  dar  mit  brot  zii  samten   vor  den   heusern.     Danunb    hab    ich  ym  es 

(uieäsen   vBlegen  /  vnd   yni   eröffnen  wie   es    nit  sey  so  ktinstreich   als 

,  gelobt  hat  den  betlem.     Auch  klagt  der  betler  /  wie  er  nit  so  vil 

rot  ersingeu  mög  als  ym  doctor  Murnar  gesagt  hab  oder  verhaysen". 

In  aeiner  ersten  gegenschrift  bemerkt  Styfel  einmal:  „Du  bist  mir 

fft  ein  wilder  seltzamer  lyedlius  dychter.     Ich  meyn   das   at!    narren 

1)  XAeee  Bchtifl  (im  Brit  musi.'uni)  war  mir  tiicbt  zu^gUch. 


222  8PANIEB 

die  du  all  dein  lebtag  beschworen  hast /in  dich  gefaren  syent**  (F4a). 
und  noch  im  jähre  1522  gibt  Murner  seine  beissende  satire  von  dem 
grossen  lutherischen  narren  heraus,  der  vom  köpf  bis  zu  den  zehen 
voU  kleiner  narren  steckt,  die  Murner,  der  alte  beschwörungskünsiler, 
austreiben  will.  Im  Stiefel  des  grossen  narren  sizt  natürlich  „brfider 
stiffelein''  über  dessen  person  und  lied  Mumer  sich  hier  weidlich 
lustig  macht 

In  diesem  buche  findet  sich  aber  auch  ein  —  liebeslied  Mumeis, 
das  an  dieser  steUe  nicht  übergangen  werden  darf. 

In  der  GM.  (13  b)  hat  Mumer  berichtet,  wie  die  weiber  den 
Gauch  singen  lehren  (vgl.  auch  Braut,  NS.  62:  Von  nachtes  hofieren) 

Es  ist  ntit  nuws  das  sy  vns  zwingen, 
Zu  nachtes  vfF  der  gassen  singen, 
PfiflFen,  schweglen,  harpffen,  gigen, 
Kein  gouch  mag  syn  gesang  verschwigen, 

und  nun  hofiert  er  selbst  der  tochter  Luthers  im  mondenschein.  „Adel- 
heid soll  auf  einer  saite  zwicken,  und  Mumer  will  dazu  das  „Spar- 
nSfily**  hören  lassen.  Man  wird  an  Mephisto  erinnert,  der  ein  moralisch 
liedchen  singen  will. 

Mumers  gesang  besteht  aus  4  siebenzeiligen  Strophen,  nach  jedem 
der  drei  verspaare  steht  ein  „sparnößli'',  das  „ein  ganz  gemeines 
Schimpfwort"  (Martin,  Alg.  deutsche  biographie  23,  76)  bedeuten 
soll.  Die  Strophen  sind  —  wol  nicht  unabsichtlich  —  durch  die  asso- 
nanz  der  lezten  verszeilen  (hertzen  :  schwantzen,  oben  :  röben)  paar- 
weise verbunden.  Die  kurzen  reimpaare  erinnern  ganz  an  die  liebes- 
lieder  aus  jener  zeit 

Ton  edler  art 

auch  rein  vnd  zart  usw.  Schöffers  Lb.  (1513)  7. 

Sie  ist  der  art^ 

von  tugent  zart  usw.  Forster  1,  57  (Goed.,  Grdriss  11*,  35). 

frölich  vnd  frey, 

nit  frech  darbey  usw.  Finckens  Lb.  (Goed.,  Grdriss  II  *,  33). 

Ist  es  nicht  ganz  im  tone  dieser  lieder,  wenn  Mumer  begint: 

Adlich  ist  sy, 
Von  sinnen  fry, 
Spamößly, 

Vnd  tugend trieb, 
Berd  hoffelich, 
Spamößly; 


TANZ  UND  LKD  BEI  MUBNKB  223 

Redgebig  schon, 
Leibs  wol  gethon 

SpamSßly, 

In  meinem  hertzen. 

Dann  beschreibt  er  ihren  vornehmen  gang    (s.  o.),    ihr  freundliches 

gesiebt  —  immer  noch,  wenn  auch  mit  einem  starken  stich  ins  derb- 

iiumoiistische,   in  ziemlich  anständiger  weise,   bis  dann  in  der  lezten 

Strophe  die  teufelsklaue  ganz  zum  Vorschein  komt: 

Ir  edler  geist. 
Wie  r&ben  fleisch, 

SpamSßly 
Und  schmackt  so  woU 
Wie  pfaflFen  kol 

Spamößly 

Als  kotfleisch  thüt, 
In  edler  müt, 

SpamSßlin 
Wie  brone  rüben. 

^vixTier  spielt  in  diesem  liede  mit  begriffen,  wie  sie  im  liebesliede  jener 

^^it  häufig  verwendet  werden.    Er  spricht  vom  „monesschein^*,   vom 

fenster  der  geliebten  8,  der  tausendschön  (vgl.  DWb.  XI,  225),  von  ihrem 

pfauengang*,   ihrem   „edlen  müt"*  und  vergisst  selbstverständlich  „ir 

^^tindlin  rot"^  nicht.    Da  er  mit  diesen  minniglichen  Wendungen  aber 

1)  Über  die  bei  Marner  meist  anzüglich  gebrauchte  wendung  „Pfaffenkohl 
schmackt  wol**  vgl.  Goedeke  zu  NB.  26,  98,  Zanicke  zum  Narrenschiff  73,  72. 

2)  Der  mon  der  steht  am  höchsten bei  Hechtes  monenschein,  Böhme 

nr.   263. 

3)  Es  flog  wol  nachten  spate  für  liebes  fensterlein,  Böhme  nr.  134a.  Da 
reicht  man  mir  zu  tausendfach  ein  hendlein  weiß  zum  fenster  aus,  Böhme  nr.  265. 
Iq  einem  haus  zum  fenster  aus,  Eitner  I,  101. 

4)  Siehe  note  auf  s.  207. 

5)  Ir  hoher  mut  durch  alles  gut  hat  er  mir  sorg  benumen,  Münch.  Lb.  47 
(^töer  n,  8.  33). 

6)  „Ir  mündlin  rof  ist  seit  den  tagen  der  minnesänger  fast  zu  einer  stehen- 
^^  lyrischen  formel  geworden.    Ich  führe  nur  einige  beispiele  aus  liederbüchom  des 

^;  ^tid  16.  Jahrhunderts  an:  verlangen,  verlangen  verlanget  mich  nach  irem  mund- 
f  *^  rot,  Augsb.  Lb.  v.  1454  nr.  2;  jr  mündlein  rot  mich  darzw  twinget,  Loch- 
'^*^^J'  Lb.  nr.  2,   Köm  mir  ein  trost  zw  diser  zeyt  auß  irem  roten  munde,    das. 

.  "^  ^;  peit  sie  mir  ir  mundlein  rot,  Münchener  Lb.  nr.  50  (Eitner  II),  Ir  mund- 
**^  rot  hilft  mir  aus  not,  das.  nr.  61;  0,  mündtlein  rott,  Strassburger  Lb.  Ale- 

****?^>iia  I,  16;  Mich  erfräet  ir  mündlin  rot,  flätzlerin  s.  LXXm,  40;  Ir  zenlein 
^^>   ir  mündlein  rot  das.  IjXXVI,  97;   Ir   mündlein   rott  uß   senender  nott 


224  BPANneft,  takz  und  ihcd  bu  icüBNtfi 

H(«ii)n  (l(^rl)(^ii    äusserungon  mischt,   nimt  sich   das  SpamßBly   fast  wie 
cMiin  vrrhöhming  des  gefühlsüberschwänglichen  liebesliedes  aus*. 

Das  li(Hl  vom  Untergang  des  christlichen  glaubens  und  das  Spar- 
ufiMi  sind  die  einzigen  liedartigen  gedichte,  die  wir  von  Mumer  besitzen. 
Wtnm  uns  weiter  nichts  überliefert  wäre,  würde  man  zweifeln  können, 
ob  si(^  von  dc^rselben  person  stammen.  Aber  es  ist  gerade  bezeichnend 
für  MuriK^rs  Charakter,  dass  bei  ihm  der  weg  vom  erhabenen  zum 
llirhorlii'hou  noch  kürzer  als  ein  schritt  ist  Was  auch  an  ehrenret- 
tuugsvorsuchen  bereits  unternommen  ist,  niemand  wird  an  Humer  die 
oinlitMt  oinor  in  sich  gefesteteu  sitlichen  persönlichkeit  aufweisen  kön- 
non.  So  ernst  er  es  auch  mit  seinen  Strafpredigten  gemeint  haben 
nn4g,  SO  herzlich  wird  er  sich  gefreut  haben,  wenn  man  sich  an  ihren 
dtTbheiten  org\>zto,  denn  neben  einem  liede  vom  christlichen  ^uben 
lasst  er  in\n\er  sein  Sparnössli  erklingen.  Wie  tief  er  aber  auch  als 
oliaraktor  untor  Sebastian  Brant,  mit  dem  er  so  oft  zusanunen  genant 
winK  stielten  mag,  so  sehr  überragt  er  ihn  als  dichter.  Was  ihn  aus- 
mohuot  ist  oben  das  volksliedmässige  seiner  satirischen  gedichte. 
In  dor  frische  und  Unmittelbarkeit  der  aufiCBissung  und  darstellong,  die 
sich  dl«  g\>leiirtou  ballastes  zur  rechten  stunde  zu  entledigen  weiss,  in 
\ior  fr^^hou  uuln^iümmorthoit  um  das  urteil  strenger  lichter,  in  der 
rüoksiohtsliVNi^keit  des  tones«  die  weder  dem  eigenen  noch  einem  firem- 
deu  stsuuto  luathorEigt'  Schonung  angedeihen  lisst.  beruht  sdne  Ter- 
wAUts\'hat't  mit  dorn  vv^lksliedo.  Diese  sohriftstelleiische  eigentümlich- 
koit  h^t  auch  da^u  lvu:^Hnu^>n«  dass  er  zu  einer  der  populärsten  per- 
SiiMihohloinni  im  n^tormationsseiwdter  wurde.  Freilich  solte  ihm  diese 
Is^imUn^äü;  \^  i^ni  soiuor  oij^^nartii^^n  rvligiC^n  Stellung  gefihilicfa  wer- 
uon  IVun  s*;o  ha:  n:::\onirs;Aoht,  dat*^  llumer  lange  die  v^ichtetste 
v;nd  o^^'i^uiÄhu'Q^^'  i^>^:;liI;  :n  dor  xvihe  uiksiefef  dkliter  var,  bis  man 
tw^Hh  rto«  dars^\l:;r^'«.  x;u  Kun  ui>i  in^eke,  die  aUerüngs  in 

\Ia:^;v,    ;;v,^;   WAUi.r.x^r   KÄ>*tr*;;   —    r,;   rtTirr    >bTebiT««i 

««^         .V      \):  ':.:f-  t;  «.:.:.  vjt,-^:  iw^x  ci^Lir.  «ub^  xr  7^.   Ir  sma^l^is  rot  i 


BOFMANN,   ZU   JOR.    CHR.    OÜNTHISR  225 

NEUES   ZUM  LEBEN  UND  DICHTEN  JOH.  CHEISTIAN 

GÜNTHEES. 
I. 

1)  Durch  meine  mitteilung  auf  s.  81  dieses  bandes  glaube  ich  die 
persönlichkeit  von  Günthers  Schweidnitzer  Leonore  festgestelt  zu  haben; 
es  war  Magdalena  Eleonora  Jachmann,  eine  tochter  des  arztes 
dr.  Jachmann  aus  Schweidnitz  und  die  Schwester  jener  Maria  Euphro- 
syna  Jachmann,  die  dr.  Steinbach,  Günthers  erster  biograph,  für  des 
dicliters  geliebte  gehalten  hat.  Steinbach  hatte  also  die  beiden  Schwe- 
stern verwechselt;  daher  kam  die  heillose  Verwirrung  und  viele  Wider- 
sprüche in  der  biographie  des  dichters,  die  nun  zum  grossen  teil  sich 
auflösen.  Wann  Günther  diese  Leonore  kennen  lernte,  wird  sich  nicht 
ganz  genau  bestimmen  lassen;  da  aber  feststeht,  dass  Georg  Kaspar 
Jachmann,  Leonorens  bruder,  schon  im  winter  1713/14  ein  intimer 
freund  Günthers  war,  so  wird  man  daraus  schliessen  dürfen,  dass  der 
dichter  um  diese  zeit  Leonore  schon  kante.  Das  eigentliche  liebesver- 
hältnis  zwischen  beiden  nahm  in  dem  damaligen  Roschkowitz  (heute 
Ruschkwitz)  bei  Schweidnitz  seinen  anfang  und  wurde  dann  vom  som- 
Di©r  1714  an  in  Schweidnitz  weitergeführt  Diese  zeit  lässt  sich  aus 
folgender  stelle  bestimmen: 

„Dort  blickt  der  Altan  vor,  auf  dem  wir  sechzig  Wochen 

Die  Wächter  hinders  Licht  geführt **. 

(Gedichte  4.  aufläge.     Breslau  und  Leipzig  1746.     S.  185.) 
"Ende  September  1715  verliess  Günther  die  gnadenschule  zu  Schweid- 
^te;   rechnet  man  von  hier  aus  60  wochen  zurück,   so  komt  man  auf 
den  jiüi  1714. 

Durch  den  namen  dieser  jugendgeliebten  sind  zugleich  auch  die 

^elen  gedichte  an:    „Magdalis'',    „Lehnchen'',    „Lerchen",  „Leonore" 

^*^d    „Olorine"  bestimt.     Die  ansieht  B.  Litzmanns   (Im  neuen  Reich. 

^79-    bd.  U  s.  537),   Günther  habe  die  Leipziger  Leonore  auch  unter 

^**^    namen    „ Lehnchen "    besungen,    muss    zurückgewiesen    werden. 


inchen'',  als  diminutivform  von  Magdalena,  komt  nur  der  Schweid- 
^^er  Leonore  zu. 

2)  Eine  Schwester   dieser  Magdalena  Eleonora   war,   wie   bereits 

leutet  wurde,  jene  Maria  Euphrosyna  Jachmann,  die  am  14.  januar 

•  X6  einem  gewissen  Täuber  ihre  hand  reichte;   namen   und  zeit  sind 
^^"^ol  durch  das  Schweidnitzer  kirchenbuch  (Litzmann  a.  a.  o.  s.  526  fg.), 
aiich  durch  ein  hochzeitsgedicht  Günthers   (Gedichte  s.  538)   genau 
Mimt     Maria  Euphrosyna  war  von  anfang   an  der  liebe  Leonorens 

r.   DBUT80HX  PHILOLOOIB.      BD.    XXYI.  15 


226  HOFMANN 

ZU  (fünthor  nicht  geneigt;  sie  scheint  eine  putzsüchtige  und  zänkisdi^ 
kurz  eine  unangenehme  person  gewesen  zu  sein.    Schon  im  ^Theodo-* 
sius*',  der  1715  an  der  gnadenschule  aufgeführt  wurde,  scheinen  einige 
satirisclie  bemorkungen  aus  dem  munde  des  Polylogus  auf  sie  gemünzt 
zu  sein.     So  die  werte: 

^Warum  die  Mariiis  sich  in  das  Haar  geputzet^ 
((knlichte  s.  980),  ferner: 

^Dass  Oiorena  noch  ein  blaues  Auge  trägt, 

Macht,  weil  die  Schwester  sie  aus  toller  liebe  schlägt^. 
(Cn»diohte  s.  1003.)     Oiorena  (durch  Umstellung  der  buchstaben  aus  l^c:::^^ 
iu>ra  entsUuiden)    ist  sicherlich  niemand  anders  als  Günthers  Leonoru-^^'' 
und   ^die  Schwester**   muss  dann  Maria  Euphrosyna  sein.      Diese,  di-^     ^^ 
von  (rünther   auch  einmal    (Nachlese  s.  135)    ,,die  stolze  Werkmarie*^ 
^>nant  wird,  war  in  ihrer  ehe  mit  Täuber  unglücklich  (Gedichte  s.  694)    ^'* 
auch  nach  ihrer  Verheiratung  suchte  sie  das  Verhältnis  zwischen  Gün  ^-^' 
ther  um!  lAHuiore  zu  zerstören.      Ohne  zweifei  ist  auch  in  6ünther:sr — s 
«Schiviben  au  seine  Magdalis.     Aus  Wittenberg  1716,   den  10.  Juli 
(S,  624,  vors  8.)   statt    „meiner   Schwester*    zu   lesen:    „Ist   deine 
Schwester  Brief  ein  angestellter  Poj^sen?*'    wie  auch  richtig  in  der 
und  3.  aufläge  steht,     (vünthers  eigene  Schwester,   die  damals  übrigen. 
erst  17  jalir^'  zählte,  kümmerte  sich  wol  kaum  um  das  liebesyerhältni^ 
ihr^^s  bruders.     Wir  lesen  also  „deiner  Schwester**,   womit  wider 
Maria  Kuphn^syna  gi'moint  sein    kann,   die  bei  Leonore  Überredung^- 
versuche  /u  einer  anderweitigen  heirat  machte.     Dies  geht   auch  aim  s 
der  für  Ludwig  Fulda  ^Kürs^'hners  Nationallitteratur,  bd  38  s.  64  anin..) 
uiivorständlichou  stelle  hervor.     In  demselben  gedichte  heisst  es: 

,,  Pii'  Sohwoster,  die  vor  dich  anjetzt  den  Vorspruch  thut*. 
Fulda  schläiTi  „Voi-spruujr"  vor  und  bezieht  dies  auf  die  hochzeit  (di^ 
je/t  vor  dir  heiratet  und  dadurv'h  vor  dir«  der  älteren,  einen  vorspruimS 
hat).     Wie  aber  k;üue  iiüutlier  dazu,   dies   ein  halbes  jähr   nach  A^sir 
hocli/cit   der  schwt»ster  /u  sohnnbenl     «Vorspruch  tun*  bedeutet  hi^r 
irxniau  dassoibe,  wie  „vvu-sprtvheu-  in  dem  eifersuchtsgedichte  (OediclB.'ftiB 
s.  öoOk      Iho   schwostor   sprach   als-«    tür  Leonore   wegen   einer 
in:>Mid\\o   \or.    \^o,    \\ir\l    nicht    n\   enuineln    sein.      Nach   all 
audcuruuo'u  .'u  sv  tilii'sseu.  \\ar  Maria  Kuplu\>syna  Jaohmann  ein 
«hIUt  Charakter,   das  c\'r:ido  cx'oniteil  ihrer  sohwester  Magdalena  Eli 
uora. 

;^)  Km  dntti's  mitclu\i  der  tamilie  Jachmann,  das  Günther 
i'av^h  erwähnt,   ;si   l.coiion'ns  brudtr  Ouvn:  Kaspar  Jaehmann.    Bieser 
bcNUtliTi'  WM  »umihi  I   die  cuadtiiscl'.u't^   ;u  S\*hweidnitz  und  war  einer 


Zu  JOB.  OBR.   eÜNTHKB  227 

seiner  besten  fireunde.     Als  er  die  heimat  verliess  und  die  Universität 
Wittenberg  bezog  (nach  Litzmann  am  5.  april  1714),   wurde  ihm  von 
Günther  zum  abschied  eine  „Cantate^  gewidmet  (Gedichte  s.  953).    Im 
jähre  1716   studierte   er  noch  in  Wittenberg.     In  einem  gedichte  an 
Leonore  vom  10.  juli  1716  aus  Wittenberg  sagt  Günther  von  ihm: 
^Dein  Bruder,  der  bey  uns  der  Künste  Fleiss  erlangt, 
Erhebe  seinen  Ruhm  bis  an  die  Hinmielsbühnen'^. 
Nach  einem  späteren  gedichte  (s.  306)  verheiratete  sich  dieser  im  win- 
ter  1619/20;  in  Dresden  wurden  bei  dieser  gelegenheit  die  glänzendsten 
hochzeitsfeierlichkeiten   abgehalten.     Von   dieser   zeit   an  wird   er  von 
Günther  nicht  weiter  erwähnt 

n. 

Im  anschluss  an  die  vorhergehenden  nachweise  lassen  sich  auch 
ciolge  bis  jezt  nicht  richtig  datierte  gedichte  näher  bestinmien. 

1)  Das  gedieht:    Als  er  von  seinem  Nebenbuhler  abgestochen  zu 
^^Tden  besorgte.    (Gedichte  s.  560.)    Aus  den  werten:  „Ach!  Olorine! 
tricSete  mich''    geht  hervor,   dass  das  gedieht  an  Leonore  gerichtet  ist; 
olorine  ist  durch  umstellen  der  buchstaben  von  lionore   (=  Leonore) 
pö>>ildet    Der  darin  von  Günther  als  nebenbuhler  bezeichnete  Täuber, 
Ȇer  deinen  Vater  jetzt  um  deine  Gunst  gesprochen"  (vers  22)  ist  iden- 
^!K^K)h  mit  jenem  Täuber,   der  am   14.  januar  1716  sich  mit  Leonorens 
scsliwester  verheiratete.    Täuber  gar  für  das  masculinum  von  „Taube  ** 
z\x  halten,   wie  es  Ludwig  Fulda  (a.  a.  o.  s.  XV)  tut,   dürfte  doch  zu 
gesucht  sein.     Wozu  denn  in  dem  gedichte  etwas  suchen  wollen,  was 
S^u  nicht  darin  steht!     Die  sache  liegt  so:  Täuber,  der  allem  anschein 
ti&ch  ein  reicher  mann  war,   hielt  bei  dem  vater  um  die  hand  Leono- 
rens an,   diese  willigte  aber  nicht  ein.     Hierauf  erfolgte  dann  Täubers 
Verbindung  mit  der  Schwester  Maria  Euphrosyna.     Die  hochzeit  wurde, 
^^e  bekant  ist,  schon  im  januar  1716  gefeiert     Demnach  ist  die  Wer- 
bung gewiss  bedeutend  früher  anzusetzen,   etwa  im  sommer  1715.     In 
diese  zeit  falt  auch  die  entstehung  des  eifersuchtsgedichts. 

2)  Diese  zeit  passt  auch  zu  dem  aus  dem  gleichen  anlass  ent- 
®^*«idenen  gedieht:  „Wie  gedacht,  Vorgeliebt,  jetzt  ausgelacht".  Es 
^det  sich  in  der  nachlese  von  1745  s.  108  und  auch  handschriftlich 
^  Günthers  Schweidnitzer  taschenbuch  von  1715.  Nach  Tittmann 
(Öedichte  von  Job.  Chr.  Günther.  Leipzig  1874  s.  41)  wäre  dieses 
8ö^cht  in  der  Wittenberger  zeit  auf  grund  der  vermeintlichen  untreue 
f'^önörens  entetanden.     Ludwig  Fulda  glaubt  es  mit  beibehaltung  des 

1      J^iu^es  1715  auf  das  Verhältnis  zu  der  unter  den  namen  „Mavia**  und 


228  HOFMiLNN 

^Philindrene''  besungenen,  früh  verstorbenen  jugendgespielin  beziehe 
zu  müssen.  Allein  bei  Tittmann  ist  das  jähr  und  bei  Fulda  die  bezic 
hung  unrichtig.  Nicht  1716  entstand  das  lied,  sondern  1715,  wie  du 
Taschenbuch  ausweist;  nicht  auf  Flavia  darf  es  bezogen  werden,  soi 
dorn  nur  auf  das  Verhältnis  zu  Leonore,  da  dieses  schon  seit  spät« 
stens  sommer  1714  bestand.  Auch  Litzmanns  ansieht  (Zur  textkriti 
und  biographie  Job.  Christian  Günthers.  Frankfurt  1880  s.  30  fg.)  mxu 
darnach  berichtigt  werden.  Das  lied  entstand  zu  gleicher  zeit  mit  dei 
eben  besprochenen  eifersuchtsgedicht  Bei  einer  gegenüberstellung  be 
der  gedichte  wird  dies  noch  klarer.  Man  vergleiche  z.  b.  nur  vers  * 
23,  26  des  eifersuch tsgedichtes  mit  Strophe  2,  4,  7  des  liedes:  „Wi 
gedacht".  Dieses  ist  der  unmittelbare  ausdruck  der  entflamten  eifei 
sucht  und  des  zornes  des  in  seiner  liebe  sich  betrogen  glaubenden  diel 
ters,  während  in  jenem  der  liebhaber  nach  ruhiger  Überlegung  vor  di 
geliebte  tritt  mit  der  mahnung,  des  reichtums  wegen  ihm  doch  nicl 
untreu  zu  werden. 

3)  Das  gedieht:  Als  er  ihrentwegen  viel  leiden  muste;  und  doc 
dabei  nicht  verzagte.  (Ged.  1746  s.  266.)  ist  unter  die  Leonorenlied( 
zu  zählen.  Es  ist  nicht,  wie  L.  Fulda  (a.  a.  o.  s.  244  anm.)  mit  Witti 
(Neue  entdeokungen  zur  biographie  des  dichters  Joh.  Christian  Qünthe 
Striegau  1881.  S.  288)  annimt,  an  Phillis  gerichtet  Von  dieser  fe 
seilen  Voraussetzung  ausgehend  haben  auch  beide  den  schlnss  de 
ii:e<liohtes: 

«Es  rühret  mich 

Schon  innerlich 

Ein  Trieb  der  Zärtlichkeit 

Die  mir  dein  künftiger  Besitz  sowie  dein  Name  deut**. 
in   wenig  einlouohtendor  weise  zu  deuten   versucht     Der  «name"  is 
uämlioh  Eleouora  (die  mitleidige,  die  gütige).     Der  dichter  gibt  selb 
einmal  folgende  deutung:    ,,Eleimora  weist  uns  einen  Berg  voll  Güte 
(Ooiliohto  s.  1145V 

4)  Don  vier  gixliohten,  die  Günther  im  sommer  1718  der  bürge 
meisterstivhtor  von  Ixnpzig,  Anna  Kosina  Lange,  gewidmet  hat,  (v§ 
R.  Kado,  GriMizboten.  1890  bd.  III,  s.  70  fgg.)  müssen  noch  zwei  ande: 
hinzugt^fügt  wonlon.  Das  en>tt*  ist  die  ,Aria  zu  einer  Abendmosik 
mit  dorn  anfanc:  ^Hotonlort,  ihr  gelinden  Saiten*'  (Gedichte  a.  a. 
s.  279K  in  der  der  njuno  Ki^ina  (Rosette)  in  Rhodante  umgeändert  b 
Das  «weite  g^nliolu  hat  die  überschritt:  ^Si*hertzhafte  Gedancken  über  dl 
Rissen *"  und  bt^giut:  ^An  Ri^m  such  ich  mein  Vei^ügwi*'  (Gedicht 
s.  329K     Hier  Ivsingt  er  vion  g\^g\nistand   seiner  liebe  unter  dem  bild 


Zu   JOH.   CHR.    QÜNTBSR  229 

der  rose  und  erklärt  einmal:  „Mit  dieser  Rose  will  ich  schertzen, 
Und  hier  erschreckt  mich  nicht  der  Dom!**  Dass  das  gedieht  wirklich 
in   Leipzig  entstanden  ist,  dafür  zeugen  folgende  worte: 

„0  dörft  ich  nur  bey  einer  Rose 
Wie  Bienen  Honig  naschen  gehn! 
Ich  Hesse  wahrlich  unserm  Böse 
Den  schön  und  theuren  Garten  stehn^. 
Dieser  Böse  war  ein  Leipziger  kaufmann,  der  wegen  seiner  prächtigen 
gartenanlagen  bekant  war. 

5)  An  dieser  stelle  sei  auch  noch  auf  eine  eigentümlichkeit  der 
Oüntherschen  gedichte  aufmerksam  gemacht,  nämlich  auf  die  überaus 
reiche  Verwendung  von  Sprichwörtern  und  sprichwörtlichen  redensarten 
wie  die  folgenden: 

Untreue  schlägt  den  eignen  herrn  (Ged.  a.  a.  o.  s.  19), 
Gleiche  brüder,  gleiche  kappen  (a.  a.  o.  s.  186), 
Die  nacht  ist  niemands  freund  (s.  296), 
Alte  liebe  rostet  nicht  (s.  290;  363), 
Gedanken  sind  zollfrei  (s.  363), 

Wer  die  tochter  will,  muss  um  die  mutter  buhlen  (s.  550), 
Es  sind  nicht  alle  gleich,  die  nach  dem  kaiser  reiten  (s.  588), 
Thue  recht  und  scheue  niemand  (s.  630). 
Die  hier  angeführten  Sprichwörter   bilden   nur  einen  kleinen  teil 
der  belege,  die  sich  dafür  aufstellen  Hessen. 

Am  8.  april  1895  werden  es  200  jähre,  dass  Joh.  Christian  Gün- 
^ör  geboren  wurde;  ob  wol  bis  dahin  eine  kritische  ausgäbe  seiner 
Suchte  und  eine  richtige  darstellung  seines  lebens  vorhanden  sein  wird? 

HEIDEE^EBO,   JANUAR    1893.  KARL   HOFMANN. 


ZU  LESSINGS  EMILIA  GALOTTI. 

Als  Horaz  (A.  p.  359)  sein  berühmtes  wort  von  dem  gelegentlichen 
jidormitare*'  des  „bonus  Homerus"  schrieb,  meinte  er  damit  natürlich 
^®  Meinen  versehen,  die  bei  allem  menschen  werk  mit  unterlaufen  und 
^ö  völlig  zu  vermeiden  sind. 

Aber  seitdem  ist  vieles  anders  geworden,  und  mit  einer  so  läss- 
*^©n  deutong  und  entschuldigung  des  dormitare  würde  Horaz  heute 
^werlich  anklang  finden.  Heute  sieht  man  genauer  zu,  und,  wenn 
'^^  Homer  einmal  schlafen  soll,  wird  man  vielmehr  fragen:  wann, 
^c  IttDge,  wie  oft,  zulezt  auch  wol  noch,  wie  tief  er  schlafen  dürfe. 


230  8CH0EME 

Seitdom  es  die  Homerfrage  gibt,  weiss  man,  dass  dies  alles,  rich- 
tig vorstanden,  in  vollem  ernste  gefragt,  und  viel  leichter  gefragt  ah 
beantwortet  werden  kann. 

Es  handelt  sich  um  das  unerschöpfliche  kapitel  von  den  wider- 
Sprüchen ,  die  sich  in  vielen  dichterwerken  finden.  Bei  antiken  werkei 
pflegt  man  sich  mit  der  annähme  eines  späteren  einschiebsels  zu  hel- 
fen, oder,  wie  z.  b.  beim  Homer,  damit,  dass  man  die  beiden  unver- 
einbaren stellen  von  verschiedenen  Verfassern  herrühren  lässt 

Allein  bei  modernen  werken,  deren  entstehung  ebenso  historisd 
beglaubigt  und  zuweilen  bis  ins  einzelne  zu  verfolgen  ist,  wie  persön- 
lichkeit und  lebenslauf  ihres  Verfassers,  bleibt  in  manchem  falle  nichts 
übrig  als  das  eingeständnis,  dass  der  dichter  seiner  früheren  äusserun- 
gen  nicht  immer  eingedenk  gewesen,  und  auch  nachmals  beim  wider 
lesen,  dnicken,  korrigieren,  kurz  überhaupt  seines  zuweilen  recht 
empfindlichen  Versehens  nicht  inne  geworden  ist 

Dem  aufsatze  L  Friedländers  „Über  die  Schicksale  der  homerischei 
poesio**  (Deutsche  rundschau,  februar  1886)  s.  15  verdanke  ich  den  hin- 
weis  auf  zwei  dergleichen  beispiele  aus  Schiller,  wo  erstlich  in  Wal- 
lonsteins lagor  in  der  zweiten  scene  von  so  eben  erhaltener  dop- 
pelter löhnung  gesprochen  wird,  während  es  in  der  elften  sceni 
hoisst^  die  löhnung  sei  seit  40  wochen  überhaupt  nicht  gezahl 
worden.  Viel  schworer  ist  aber  das,  dass  im  Don  Garlos  akt  11  scene  - 
dor  prinz  erklärt  und  erklären  muss,  er  habe  noch  nichts  von  de 
hand  dor  königin  gesehen  und  gelesen,  während  er  in  der  5.  scene  de 
IV.  aktt^ü  dorn  marquis  Posa  einen  brief  der  königin  übeigibt,  den  si 
ihm  vor  goraumor  zeit  geschrieben  und  den  er  seitdem  auf  seines 
honr-on  gotragvu  habe, 

Dass  donrloiohon  vorsehen  c^'sohehen,  ist  indessen  so  verwunden 
Höh  nicht;  im  gogonteiU  t>s  ist  vom  Standpunkte  der  psychoIogie  d« 
jHVtxni  und  dor  oigtMuvt  der  poetischen  teohnik  zwar  nicht  zu  ledm 
fortii^nu  alvr  M^ir  wol  zu  erklären.  Schwerer  zu  erklären  sch^t  n» 
das,  dass  donrloiohon  vorsehen  oft  s*>  spät  erst  entdeckt  werden,  uK 
tt\>tr  bühuo,  si'hulo«  lo^^krsüuohon  und  allen  getreuen  stiUen  und  laxit^ 
U>s^^rti  dt^  d\ohtors  lauer"  iahro  hinduroh  uncestnit  und  unbemerkt  'üm^ 
oxistouy  woitor  fUhn^i  konUMi. 

Hi05u  bnugx^  ioh  tMn  \\oitx^n\>  boispiel  bei,   und  zwar  aus 
sing,   was,   wio  mioh  dunkt,   unmor  n^vh  ein  wenig  schwerer 
.'ils   om   vx^rsi>hoM    u\    do:>\    f^nin^Mi   jugonddnona  Sdiilleis.     Denn   1> 
l.ossit>g  handlet  <\^  sirh  ;\\ar  \uu  o:ro  A:t^"  ju^iendliebe,   aber  nicht  tu 


zu   LE88ING8  BMILU   6AL0TT1  231 

ein  JQgenddrama,  denn  er  war  bereits  43  jähre  alt,  als  im  jähre  1772 
seine  Emilia  Gkdotti  erschien. 

Der  prinz  hat   seine   leidenschaft   nicht   bemeistern   können    und 

Emilia  in  der  kirche  zu  treffen  gesucht.     Es  ist  ihm  gelungen,   und 

über  dieses  zusammentreffen  werden  im  drama  zwei  berichte  gegeben. 

Der  erste  erfolgt  im  n.  aufzug  6.  auftritt,   wo  Emilia,   noch  sich  vom 

prinzen  verfolgt  glaubend,   entsezt  ins  zimmer  stürzt,   und  der  mutter 

erzählt,   wie  der  prinz  ihr  in  der  kirche  seine  leidenschaft  gestanden, 

sie    bis  in  die  verhalle  der  kirche  verfolgt  und  bei  der  band  ergriffen 

habe:  sie  habe  sich  nicht  loswinden  können,  weil  das  die  auftnerksam- 

keit  der  vorübergehenden   erregt  haben  würde.      ^Das",   so  fahrt  sie 

fort,   ^war  die  einzige  Überlegung  deren  ich  fähig  war  —  oder  deren 

ich.  nun  mich  wider  erinnere.     Er  sprach;  und  ich  hab'  ihm  geant- 

w- ortet    Aber,  was  er  sprach,   was  ich  ihm  geantwortet;  —  fallt  mir 

es     noch  bey,  so  ist  es  gut,  so  will  ich  es  Ihnen  sagen,  meine  Mutter. 

Joast  weiss  ich  von  dem  Allen  nichts.     Meine  Sinne  hatten  mich  verlas- 

söxi.  —  Umsonst  denk'  ich  nach,  wie  ich  von  ihm  weg,    und  aus  der 

HC^.lle  gekommen.    Ich  finde  mich  erst  auf  der  Strasse  wieder;  und  höre 

itÄn  hinter  mir  her  kommen;   und  höre  ihn  mit  mir  zugleich  in  das 

Häu8  treten,  mit  mir  die  Treppe  hinaufsteigen  — ''. 

"*   Lese  ich  diese  werte,   geschrieben  von   einem   manne,   der   von 

siot  selbst  zu  sagen  wagte,   er  sei  kein  dichter,    so  höre  ich  in  mir 

Aieselbe  frage,  die  ich  schon  vor  40  jähren,  als  primaner  auf  der  kreuz- 

sohule  in  Dresden  in  mir  vernommen  und  dem  unvergesslichen  rektor 

Julius  Klee^  vorgelegt  habe:    warum  sagt  Lessing  nicht,  dass  Emilia 

den  prinzen  liebt  —  ihr  unbewusst  —   aber   ihn  liebt?     Das   klingt 

doch  in  jeder  zeile  des  dramas  und  zwischen  jedem  werte  seiner  hei- 

diu!  —   Heute  glaube  ich  die  antwort  auf  die  frage  zu  wissen.     Les- 

m 

siDg  selbst  hat  nicht  mit  einem  gedanken  an  dieses  motiv  gedacht,  ob 
^  gleich  durch  das  ganze  drama  hindurch  zum  ausdruck  zu  kommen 
sucht  Hätte  Lessing  dieses  motiv  festgenommen  und  zur  treibenden 
*^^,  insbesondere  für  die  katastrophe  gestaltet  und  gestalten  können, 
^  wäre  er  nicht  der  lezte  Vertreter  des  18.  Jahrhunderts,  sondern  der 
^'^te  führer  der  neuen  zeit  geworden;  er  wäre  nicht  sein  leben  lang 
^^^J^uf  beschränkt  gewesen,  mit  so  kümmerlichen  gesellen  wie  Moses 
^f^Udelssohn,  Gleim  und  Nicolai,  und  mit  so  unangenehm  aufdringlichen 
**^Uenzimmem  wie  Elise  Eeimarus  freundschaft  zu  halten;  er  würde  im 

1)  Über  ihn  s.  das  schöne  zengDis  von  Jacob  Grimm  im  DWb.  1,  1854,  vor- 
'^^  8.  LKVn. 


232  SOHOINE 

Götz  von  Berlichingen  seines  geistes  einen  hauch  verspürt  und  zugleich 
die  erste  grosstat  der  neuen  zeit  erkant  haben,  Werther  w&re  etwas 
anderes  für  ihn  geworden  als  der  anlass  zu  einem  frostigen  spaäse, 
und  es  wäre  ihm  geschenkt  gewesen,  als  herold  der  neuen  deutschen 
dichtung  voran  zu  ziehen. 

Aber  das  ist  ihm  versagt  geblieben,  und  es  ist  ihm  eiigangen, 
wie  dem,  der  noch  5  jähre  länger  leben  durfte,  seinem  undankbaren 
grossen  langjährigen  feinde,  dem  alten  Fritz,  der  auch  von  sich  sagen 
konte  und  gesagt  hat,  dass  er,  wie  Moses,  das  gelobte  land  nicht 
erreichen,  sondern  nur  aus  der  ferne  sehen  dürfe.  — 

Den  zweiten  bericht  über  die  Zusammenkunft  in  der  kirche  gibt 
der  prinz,  im  III.  aufzug  3.  auftritt,  in  seinem  gespräch  mit  Marinelli 
Er  ist,  als  der  zweite,  ungleich  kürzer  und  minder  ausführlich,  als  der 
erste.  Der  prinz  schildert  diese  begognung  in  der  kirche  folgende^ 
massen  (es  ist  vorher  von  der  kunst,  zu  gefallen  und  zu  überreden  die 
rede  gewesen):  „Ich  habe  von  dieser  Kunst  schon  heut'  einen  zu 
schlechten  Versuch  gemacht.  Mit  allen  Schmeicheleyen  und  Betheue- 
rungen  könnt'  ich  ihr  auch  nicht  ein  Wort  auspressen.  Stumm 
und  niedergeschlagen  und  zitternd  stand  sie  da;  wie  eine  Verbrecherin, 
die  ihr  Todesurtheil  höret.  Ihre  Angst  steckte  mich  an,  ich  zitterte 
mit,  und  schloss  mit  einer  Bitte  um  Vergebung.  Kaum  getrau'  Icli 
mir,  sie  wieder  anzureden". 

Und  um  gewissenhaft  zu  sein,  füge  ich  hinzu,  dass  hiermit  die 
werte  des  prinzen  im  fünften  auftritt  desselben  aufzugs  volkommen 
übereinstimmen,  wo  er  zu  Emilia  von  der  begegnung  in  der  kirche 
nochmals  sagt:  „Ich  hätte  Sie  mit  keinem  Oeständnisse  beunruhigen  sol- 
len, von  dem  ich  keinen  Vorteil  zu  erwarten  habe.  Auch  ward  ich 
durch  die  sprachlose  Bestürzung,  mit  der  Sie  es  anhörten,  oder  viel- 
mehr nicht  anhörten,  genugsam  bestraft''. 

Der  Widerspruch  ist  offenbar,  und  es  wäre  ein  erfolgloses  b^in- 
nen,  ihn  etwa  durch  erklärungskünste  hinwegdisputieren  zu  wollen. 
Man  stelle  nur  die  wesentlichen  sätze  einander  gegenüber: 

Emilia  sagt:  „Er  sprach,  und  ich  hab'  ihm  geantwortet  Aber 
was  er  sprach,  was  ich  ihm  geantwortet  ....  jezt  weiss  ich  von 
dem  Allen  nichts". 

Der  prinz  sagt:  „Mit  allen  Schmeicheleyen  ....  könnt'  ich  ihr  auch 
nicht  ein  Wort  auspressen.  Stumm  und  niedergeschlagen 
und  zitternd  stand  sie  da,  wie  eine  Verbrecherin  die  ihr  Todes- 
urtheil höret '^ 


Zu  US86INGS  EMILIA  GJLLOTTI  233 

ÜB  ist  unyerkenbar,  dass  es  dem  plane  des  Stückes  und  seiner  ganzen 
yerwlckelang  weit  besser  entspricht,  wenn  Emilia  die  liebeserklärung 
des  piinzen  mit  erschrockenem  und  entrüstetem  schweigen  anhört,  als 
wenn  sie  ihm  durch  antworten  anlass  und  recht  gibt,  weiter  zu  ihr 
zu  reden;  denn  nach  Lessings  plane  muss  Emilia  absolut  schuldlos 
und  das  willenlose  opfer  einer  ruchlosen  intrigue  sein,  der  sie  nur 
durch  den  tod  entrückt  werden  kann.  Dagegen  ist  widerum  bei  der 
Schilderung,  welche  Emilia  von  der  begegnung  gibt,  ein  psychologisch 
überaus  wirksamer  zug,  dass  sie  ihm  geantwortet  hat,  aber  in  ihrem 
entsetzen  nicht  mehr  weiss  weder  was  sie  geantwortet  noch  was  er  zu 
ihr  gesprochen  hat.  Dessen  wird  man  recht  inne,  wenn  man  die  den 
^derspruch  hineintragenden  werte  aus  dem  berichte  der  Emilia  hin- 
^^denkt  oder  das  schweigen  aus  dem  prinzlichen  berichte  an  ihre 
stelle  zu  setzen  versucht. 

Und  hierin  wird  auch  die  erklärung  für  diesen  wie  für  viele  ähn- 
liche Widersprüche  liegen,  die  selbst  bei  grossen  dichtem  gelegentlich 
oait  untergelaufen  sind.  Sie  entspringen  nicht  sowol  aus  flüchtigkeit 
^er  vergeeslichkeit,  als  vielmehr  aus  dem  momentanen  übergewicht, 
dtts  die  einzelscene  oder  einzelschilderung  iu  der  schaffenden  phantasie 
gewonnen  hat,  so  dass  sie  sich  für  den  augenblick  aus  dem  geböte 
löst,  welches  die  gesamtkomposition  ihr  auferlegt. 

Aber  —  „nichts  Schlimmers  zu  vermeiden,  sprangen  Tausende  in 
die  Jluten**  sagt  Emilia  Galotti.  Wie  weitreichende  folgerungen  sind 
^icht  schon  aus  solchen,  ja  aus  ungleich  leichter  wiegenden  Widersprü- 
chen gezogen  worden!  Unwilkürlich  erinnere  ich  mich  daran,  dass 
^ö  Lachmanns  viertem  liede  der  Ilias  Agamemnon  bei  dem  Zweikampfe 
des  Paris  und  Menelaos  den  vertrag  durch  schwur,  opfer,  götterspen- 
den  und  handschlag  geschlossen  werden  lässt,  während  im  dritten  liede 
^Ur  schwur,  opfer  und  götterspenden  genant  werden,  der  handschlag 
aber  fehlt,  und  dass  diese  divergenz  einer  der  gründe  ist,  aus  denen 
^-^ohmann  (Betrachtungen  über  Hom.  Ilias,  2.  ausg.  1865  s.  19)  das 
^örte  und  das  dritte  lied  verschiedenen  dichtem  zuweist.  Der  wider- 
^P^t^ch,  oder  die  abweichung  ist  nun  allerdings  nicht  ganz  so  gering- 
**^6ig,  als  es  den  anschein  hat,  denn  es  handelt  sich  um  rituelle  dinge, 
"^i  denen  jedes  einzelne  seinen  wert  und  die  volständigkeit  ihre  bedeu- 
•^^^^ig  hat  Trotzdem  vermag  ich  ihr  ein  so  entscheidendes  gewicht  nicht 
^^^^uerkennen  und  bin  dagegen  überzeugt,  dass  analoge  erscheinungen 
"^  modernen  dichtem  für  dergleichen  probleme  der  klassischen  phi- 
*^lcgie  wertvolle   fingerzeige   bereits   gegeben    haben    und   noch  geben 


^2'M  SCHOENE,   ZU  LB8BINGS  UIILU  QALOTTI 

Krst  kürzlieh  habe  ich  ein,  wie  mir  scheinen  will,  etnleuchten- 
des  beispiel  von  einem  unverkenbaren  widerspräche  gefunden,  in  den 
oin  Schriftsteller  mit  sich  selbst  geraten  ist.  Ich  will  es  hier  noch  kurz 
7AIT  spräche  bringen,  obgleich  es  der  antiken  litterator  angehört. 

Die  sage  von  Coriolan  berichtet  Dionys  von  Halikamass  in 
stMner  Römischen  geschichte  mit  grosser  ausführlichkeit  Nachdem  er 
7»  G4  er/ühlt  hat,  wie  Coriolan  von  dem  Volksgerichte  zu  ewiger  Ver- 
bannung verurteilt  worden  ist,  gestattet  er  sich  einen  langen  ezkurs 
und  berichtet  dann  weiter,  wie  Coriolan  von  der  gerichtsveiliandlnng 
in  sein  haus  komt,  wo  ihm  die  alte  mutter  und  seine  fran  mit  den 
kindem  weinend  entgegentreten.  Er  aber  (7,  67)  ovdip  ftgdg  vä  dcfx^t« 
xaj  roiV  9Qi^tvt\:  uov  ^timi^wv  fnad-er  wurde  durch  die  trihnen  und 
klagen  der  frauen  nicht  gerührt,  äa^aaauerog  di  aitäg  fidvo 
umarmte  sie  nur,  und  nun,  nachdem  er  sie  zur  standhaftigkeit  ermahn 
hat,  verlsisst  er  haus  und  Stadt. 

Später  komt  nun,  wie  bekam,  Coriolan  als  feldherr  dea  feind- 
liohon  htvn^ii  der  Volsker  vor  Rom  und  lagert  drohend  vor  der  Stadt 
Rom  ist  hülflc^,  und  die  an  Coriolan  geschickten,  um  gnade  flehende 
ciK^antsohafton  werden  von  ihm  zurückgewiesen.  Da  eizihlt  nun  Dii 
ny$«  wie  die  matn^non  zu  Cv^riolans  mutter  Veturia  kommen,  und  si^ 
bitttMi,  die  Stadt  zw  rotten,  und  bei  ihn>m  söhne  um  gnade  zu  fldi< 
Veturia  aWr  erwidert  ihnen  •>,  40^.  dass  sie  von  dies«n  schritte  nich 
t^rwarton  könne;  ihr  s^^hn  sei  aufs  nrrf>to  erbinerc  und  ein  harter  mann 
/.um  K*>i*oiso  dt>!^^n  orrähit  sio.  wie  er  bei  seinem  weggange  von  Boi 
sich  o^c^'u  s<nne  trai;  und  die  oiime  mutter  vertialten  habe  —  ,w 
äMIou  au!  ihn  ursrt^  bittx^n  tiir  virie  o^wjl:  «asüben:  cic  ofr«  i^frwa 
t«  H  r3  >  II ,'  I  .*  J I.'  \  ,M  «.^i  f  ij*c  li  II irrt.  V  c:t*  cür^  g'iiof foorrf;  aUoMi 
A\c  er  ^tv.i^r  tw.er  uniArtiv.inc  wü^i:ir^?  noci  eines  knsses«  als  er 

IVr    «.ooTsrnu^h    :<:    :*er.bju-;    w;ÄhTVci  TfCiria   sagt:    aig  oTt 

■ ,   «  .         •  'A^^  '^  „  •  «  •  J^l^  «  •  ■  •  «    «         « ^    •        .^^   «  •  .     ,  •  *• 


«  4 


BIBLINeiB,    !.in¥AT.T8CHE8  235 

dass  der  erbitterte  mann  die  seinen  beim  abschiede  umarmt,  so  ent- 
spricht es  der  Situation  des  zweiten  berichtes  durchaus,  ihn  als  völ- 
lig imerbitlich  darzustellen,  und  so  wird  denn  selbst  die  umarm ung 
geleugnet 

So  halte  ich  den  psychologischen  Vorgang   im  gründe  für   den- 
selben,  der  auch  den  Widerspruch  in  Lessings  Emilia  Galotti  herbei- 
geführt haben  mag  und  über  den  sich  Goethe   (bei  Eckermann,  1868, 
bd.  3,  106 — 108)  gel^ntlich  einer  stelle  im  Macbeth  ausgesprochen  hat 
Wenn  solche  betrachtungen  zunächst  dem  Verständnis  des  einzel- 
nen Werkes  und  der  Würdigung  seines  Urhebers  dienen  wollen,  so  haben 
sie  doch  eine  gewisse  principielle  bedeutung  und  sind  von  wert  für  die 
niethode  der  philologischen  niederen  wie  höheren  kritik. 

Darin  möge  es  seine  rechtfertigung  finden,  wenn  ich  ausführUcher 
Se^w Orden  bin,  als  ursprünglich  in  meiner  absieht  lag. 

KIEL,   JAKÜAR   1893.  A.    SCHÖNE. 


LEXIKALISCHES. 


Diese  samluDg  bemerlcenswerter  Wörter  und  wortverbinduDgen  hatte  Birlinger 
C^benso  wie  die  früher  in  unserer  Zeitschrift  XX,  238  fg.  349  fg.  487  fg.  veröffont- 
^■ol^ten)  ans  Schriften  schlesischer  Verfasser  ausgezogen,  die  hauptsächlich  der  zeit 
len  1680  und  1760  angehören.  Sachliches  interesse  erregen  namentlich  die  in 
populär-medicinischen  Schriften  vorkommenden  kunstausdrücke.  Die  genauen 
^"^1  der  später  abgekürzt  citierten  bücher  hat  Birlinger  selbst  noch  in  dem  hier  fol- 
S^xiden  qnellenyerzeichnis  zusammengestelt  bkd. 

^    l>ezeicknet:  Unterricht  von  Krafft  und  Würckung  des  frischen  "Wassers  in  die  Lei- 
ber der  Menschen  besonders  der  Erancken  bey  dessen  innerlichen  und  äufferlichen 
Oebranch,  welchen  aus  deutlichen  durch  die  Erfahrung  bestätigten  Vemunfft- Grün- 
sten ertheilet  Johann  Siegemund  Hahn,   Phil,  k  Medic.  Doctor  und  Practicus 
iti  Schweidnitz.     Dritte  und  vermehrte  Auflage.     Breßlau   und  Leipzig,   Verlegts 
^     1>aniel  Pietsoh,  Buchhändl.    1749. 
^  ^chtge danken  bey  einer  gefährlichen  Reise  in  Kriegszeiten  vom  Verfasser  des 
CSuisten  im  Kriege  (Belach).    Breslau  bey  Johann  Ernst  Meyer.  1761.  8.  8  bl.  127  s. 
samlong  von  Daniel  Stoppens  Silos.  Teutschon  Gedichten.    Frankf.  imd  Leip- 
^g  b.  Tob.  Heinrich  Schrödern,  Buchh.    1722.    236  s.    (TG). 
"^^  ^ue  Fabeln  oder  Moralische  Gedichte  der  deutschen  Jugend  zu  einem  erbaulichen 
Zeitvertreibe  aufgesezt  von  Daniel  Stoppen  aus  Hirschberg  in  Schlesien,   mit- 
fpLiede  der  deutschen  Gesellschaft  in  Leipzig.     Breßlau  verlegts  Joh.  Jacob  Korn. 
1738.    8.    4  bl.  und  26  s.    (NF.) 
^^^csach  eines  Gedichtes  über  das  Schlesische  Riesen gebürge.    Bresslau  und  Leip- 
zig. 1750.  8.  —  Das  Kaiser- Carls -Bad  in  Böhmen  in  einer  Ode  entworfen;  nebst 
einer  Abhandlung  von  dem  Gehalte  und  den  Kräften  dieses  grossen  Heil -mittels 
TOD  Balthasar  Ludewig  Tralles,  mediz.  doc.  und  praktiko  zu  Prefilau.    Breß- 
lau bey  Karl  Gottfried  Meyer.  1756.    8  bl.    164  s. 


286  BIKLINOKR 

Logtu  nach  Eitnera  ausgäbe. 

0  bozeiühnot:   Friedrich  Ortlob,   D.  Physicus,   der  Hoch-  und  Lüblichan  Herren 

Fürsten  und  Stünde  Im  Uorzogthum  Ober-  und  Nieder -Schlesien  Neue  Infektions- 

Orduung.    BrolUau  1G80.    4. 

Abdanken  trans.:  ich  Hess  sie  den  gewärmten  stein  abdanken  und  ihr  oft  frisch 
wassor  übor^chlagcn  H.  120.  Wir  müssen  beim  kalten  baden  auch  das  hitzige  regi- 
mon  und  hitzige  diüt  abdancken  216.     Logau  III  s.  82  =  abschaffen. 

AbfHsohen:  die  haut  mit  wasser  rein  zu  halten  und  ab  zufrischen.    H  84. 

AbMUibern:  bosondors  würden  manchem  verliebten  parthey-gSnger  ihre  waffen  nicht 
vom  n^.ste  zusohanden  gefreiten  werden,  wenn  sie  dieselben  nach  yerrichteten 
oxercitiis  mit  frischem  wasser  bald  abzusaubern  sich  nicht  die  mühe  verdrässen 
liosKon  84. 

AbaohwelfiBny  trans.:  das  bier,  als  ein  mit  loimichten  theilgen  gesättigtes  getrimcke.  ^^»e. 
Moh weift  solchen  sehleimichten  unrath  nicht  recht  ab  usw.  Das  wasser  löset 
im  magen  Mindliehe  vermischte  schleimiehte  wescn  auf  und  schweift  es  von  sei- 
nen wunden  ab  H  10.  13.  Dass  aller  gcstanck  und  fHuInil)  daraus  gezogen  nnc» 
abgeschweift  wenien  S8.  Vgl.  Zälie,  schleimige  usw.  glabrigkeiten  —  durcÄ" ^:j>-t;l 
die  liebliche  zurkertnincklein  in  etwas  abgeschweifft.  Beschreibung  des  Egei; 
rischen  Shlciierbrunnens  V.  IV  Bois  1H70.  Bayreuth.  Synon.  ausschweifen:  (vonc 
wasser,  das  in  den  leib  kernt t  die  ausgetn>tenen  feuchtigkeiten  zu  verdünnen,  zr  .ac  zo 
versüssen,  auszuschweiffen,     63.  06. 

Abnein:   IVr  erde  feichte  schoolS  i  Verbarg  sie  (leiehe)  dem  gesiebt  |  Die  endlich  sei:  ^^eit 
und  absein  stillt.     Nachtged.  24. 

Abtragen:   0  selig,  den  von  hier  kein  ärgemüs  ab t regt  Andr.  Gryphius  Sonette  (( 
Wolti)  S,  l>. 

AInmr:  und  er  nicht  nur  von  der  gemeinschaft  der  noch  gesunden  leute  ganz  abgesoi 
dort,   sondern  auch  teppichte.   stuhle«   kisten,  kästen,  allmern  und  andere 
fangende  nivUnlien  -  -  aui>  solchen  zimmern  geschafft  werden.  0. 33.    Kisten,  thi 
nen,  scheuik- tische,  allmern  61. 

Aadriennen:   ;wolf  eilen   weite  tisch lH>inrLH?ke    Tnd  andriennen   tansendsatt 
Stopiv  N  F  lW. 

AndrOckung  f..  sondern  die  Ivym  augiessen  vorgehende  starke  bewegtmg  and  an 
druckung  di's  w;kssers  wini  vielmehr  auch  den  erstarrten  gliedern  «ne  angenehm 
orw,ii'{nunc  veiNchaflfen      H.  170. 

AbMI  v.\  :  A.  16(^9  ;i!<  ä:is  lind  Fva  von  Heiutzendorf  bei  BrefilaQ  1\  jähr  alt 
ist  es  \on\  f.s.'b.o  ccüllen,    h,i:  das  hauj-t  st»br  verletzet,   worauf  es  den  anfal^ 
vwic  :v .■»:•.  es  ::c:v/.c!    Ivl.  r.v.v.en.     Kelari.'^iies  CMri-.'Sae  Hambuiv  1682  s.  304*. 

AakCrrN  >or.  .V.t.v  ::civ,   ::e  ;c:!  s:ch  v..»rl.lt: 

l\vh  die  aucekerrtea  blicke 
Kallo!'»  s:cts  auf  sie  i-r-ok*. 
P.  Stop^v  T   ov..  l.  sa:v.'.    iV. 

AMfIm.    .i:".s:.ic:v.    .v'..*r.:s; 'n::     w:r  \\\-''vn.  —    4as$  'js  denea  deatsckeD 
wle^ieni;v.  ^v '.>.;>.•  V.e  '.ou'e  .s  v.  £  e  s o :  i :  w  e  r  i e ::  k : iZvc  Eriass  Fhediiclia  IL  1771 
:^  AUi      l^rt^s'**.'.  $  4 

Mi|  :  ;   w  Y*  "   ■'•  • '  «*-■'*•■■  -  c  " >•*  -'  -**-  i^"  •   w a1  i ur  j^c    lar  a n  s •  t  z  «  ag  der 
msh^v   u:ivi  ar/.C4,v.v*;   v.i'ucr   .i.r^-r      virk-'*:  17'.*  7   Fre»Jau.     IS.  oki.  v.  d. 


LEZIKALI80HES  237 

Ainpring,  Mosel  H  187. 

I,  der  sog.  Achores,  crastam  ^lactoum.  Tralles,  Carlsbad  abhdl.  71.  Auch  obord. 
I,  necken,  reitzon: 

Eir  Windspiel  stach  einst  einen  dachshund  an, 
Als  hätt  ihn  die  natur  Dur  obenhin  gemacht. 
Xan.  Stoppe  NF  277.    Logau  I,  10.  9.    11,  1.  41.  51. 
0  lebte  noch  itzo  der  ehrliche  Günther 
Und  spräche:  HerrI  stecht  mir  den  winter  recht  an.    83. 
^ABdHikea:       Geräuchert  nndfleisch,  Schnecken,  schinken 

Diß  alles,  wie  gesagt,  schien  ihm  nun  anzustinken. 
Dan.  Stoppe  NF  172. 
^■m^wibrung:   von  äusserlicher  anwährung  des  frischen  wassers  H  90.    Oberd.  davon 
„anzwären*^. 


frisch  anwaschen  oder  vielmehr  antöpfen  H  95.  Bringet  solches  aber 
auch  unserm  körper  durch  sein  anwaschen  einigen  nutzen  H  67.  Durch  öfteres 
anwasohen  der  glieder  78.  Die  haut  vom  an  waschen  gelinde  und  geschmeidig 
91.  172.     Anwaschung  152.    Vgl.  anreiben,  anreibung  mit  schnce  238. 

das:   So  muss  ich  bald  mein  bittres  armut  fühlen.     Tralles  Carlsbad  12; 
mein  baares  armut  Stoppe  Ged.  66.  132. 

f.:  schankstätten,  die  mit  einem  realrechte  versehen  sind  oder  auf  einem 
Privilegium  beruhen,  Oberschlesien.  Arrendatoren  heissen  die  Schankwirte  dario, 
wahrend  unter  „kretscham**  der  gewöhnliche,  nicht  realberechtigte  doi-fkrug  ver- 
standen wird.  Der  inhaber  dieser  leztem  art  von  schankstätten  wii*d  „kretschmer*^ 
geoant  Slav.  karczma,  karczemba.  [Müller,  Ztschr.  f.  d.  kulturgesch.  lY,  550. 
Beitrag  zur  kolonisation  in  Oberschlesien. 

liteh,  verkehrt:   denn  wu  ke  gald  nich  ihs,  do  kimt  alls  ärschlich  raus.    Dan. 
Stoppe,  T.  G.  143. 

ly  Hing,  bausung:  wenn  gleich  unsre  safte  in  ebenso  ein  heftiges  aufbansten, 
wie  jene  geraten  sollen  H 196.    Zeitw.  aufpausen  281.    Das  blut  zu  einem  höhern 
grad  der  bausung  bringen  196. 
'AMohwemmon  trans.:  es  ist  wol  wahr,  dass  das  hier  viel  nahruug  gibt,  aber  manche 

ieiber  auch  nur  alzusehr  aufschwemmet  H  7. 
^■^Hgeoksen:  Fort,  fort!  ihr  sorgen,  aus  dem  neste, 

Ihr  geckst  doch  keioe  eyer  aus. 
X>.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  65. 

i:  die  N.  hat  die  zahne  ganz  unvermerkt  ausgeheckt  H  276. 
(Haut)  wie  der  in  die  parfümierten  klingen  eingeglüte  moschus,  eingewach- 
Bene  schmutz  auch  lange  zeit  zum  auskatern  erfordert  H  80. 
mmeatüolis  congrua:  ein  A.  zu  schlagen  aus  den  einkünften  0  6. 

Inken:  Es  suchten  ihn  (den  sperber)  zwey  finken 

Gleich  allenthalben  auszupinken. 
Stoppe  NF  249. 

swv.  siehe  „abschweifen*. 
::  kein  sarch  (vorausgezimmert)  sei  teurer  als  der  außsatz  (ist),  welchen  iede 
Obrigkeit  alsbald  machen  soll  0  41. 

Wer  bahnte  jenen  pfad,  in  welchem  jede  reiset? 
ISTMlilsed.  107.    Gebahnter  weg  der  gottesfurcht.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml. 
%.  111.    Siehe  in  dieser  ztschr.  XX,  240. 


238  BEBUNOIB 

Bamme,  BiittaiiMmime  Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  129. 

B—arhaeto  nent  das  spanische  röhr  den  zu  ihm  in  den  winkel  geeteüten  Inifceiien 
prügel:  Das  hat  mir  noch  gefehlt;  dass  so  ein  bauerhache 

Noch  gar  kamradschaft  mit  mir  mache. 
Dan.  Stoppe  NF  246. 
Bauermanl  Dan.  Stoppe,  Oed.  151. 

BauernlQmmel:  den  B.  mitten  in  der  Stadt  läuten.    Dan.  Stoppe,  T.  Oed.  Id5. 
Bagickern  von  einem  huhn: 

Und  jedes  ey,  das  ihm  in  der  gehurt  gelinget, 
Wohl  tausendmahl  begackst,  begickert  und  besinget  usw. 
Dan.  Stoppe,  T.  Oed.  I.  saml.  12. 
BaKlaiben:  Gott  lass  euch  euren  wünsch  auch  künftighin  bekleiben. 

Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  17. 

Wird  mein  treuer  wünsch  bekleiben, 
Den  dein  nahmens-fest  begehrt    162. 
Wie  schlecht  ist  unsem  lieben 
Der  abschiedswunsch  beklieben. 
J.  Ch.  Günther  (Tittmann)  136.    Andr.  Gryph.  Sonette  22,  23: 

Was  geitz  und  lust  erstöckt,  kan  nimmer  mehr  bekleiben. 

Bemorgengaben:   denn  wie  ein  redlicher  gesell  hie  ein  schönes  megdlein  erwrie^^a^^t  — 
sie  bemorgen gäbet,   verleibgedinget  usw.     Brigische  leichenpredigt  1595  dv..flBurcli 
Nie.  Blumium. 
Benzer:  Das  geld  soll  ja  nicht  uns  besitzen; 

Und  diese  faule  creatur 
Wird  dem  Benzer  wenig  nützen, 
Der  ihre  freiheit  arrestirt 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  46.    ob  Benutzer? 

Berichten:  ja,  ehe  den  Protestanten  auf  dem  lande  in  unserer  gegend  erlaubt 
ihre  krancken  zu  hause  berichten  zu  lassen,  so  musten  sie  dieselbe  hiehc 
kirche  führen.    H  288.    Ober-  und  mitteldeutsch. 

Beeprechen,  ansprechen:  Die  bauem  Hessen  gleich  den  dudelsack  besprechen 

Ihr  gast  und  Zeitvertreib  zu  seyn. 
Dan.  Stoppe  NF.  48. 

Blndweric,  bau  von  bind  werk,  flechtwerk:  die  gebäude  nicht  mehr  von  bohlm,  BO^^BdMn 
von  bind-werk  aufbauen   und   mit  lehm  auskleben.     Erbversohrbg.  1764^         ^<^66, 
Oppeln- Breslau.    Müller,  D.  kult-gesch.  IV,  548. 
BIMtterige  kraiikheit  in   der  Brigischen  leichenordnung  1595   durch  NiooL  Bbu^woo. 

(Zu  liegnitz  gedruckt) 
BlaiMtnimpf:  Du  blaustrumpfl  rief  das  podagra. 

Du  menschenmörder!  schrie  das  glücke! 
Dan.  Stoppe,  NF.  2. 

Du  wetterhahn,  du  blindes  weih, 
Du  blaustrumpf,  du  verderbungsmittel. 
J.  Chr.  Günther  148.    (Glück.) 

BIOBSOhioht:   ob  ein  dicker  wanst  und  blünschicht  pausebickioht  geddite 
als  ein  geschlancker  leib  und  hageres  angesicht  sei  und  ob  die  eog.  hanwhrtw  ^ 
roten  wangcu  —  den  Vorzug  verdiene.     H  12.    Weinhold,  Wb.  72*,  "  if5 


289 

I:  und  dass  es  den  garstigen  seh  weiss  und  bockinzenden  gestanok  abzu- 
Igen  föhig  sei.    H  80.    Weinhold,  Wb.  11^.    DiaL  forschg.  100. 
Mz:  Der  kutscher  kam  in  vollem  jagen  — 

Bordutz!  da  schmiss  er  um  usw. 
an.  Stoppe,  NF.  102. 
slfreund: 

Ja  maneher  schleicht  sich  tag  vor  tag  in  einen  abgelegnen  garten, 
Wo  der  und  jener  Bosel- freund  bereits  mit  schmerzen  seiner  warten. 
an.  Stoppe,  T.  Ged.  154. 
itiraingeapOhle-bäder.    H  242. 

kel:  An  wenner  mor  doas  wohl  ah  Brinckel  gnadig  set 

Sä  wird  Good  usw.        Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  146. 
Es  ihs  mer  mich  ah  Brinckel  leed 
Sä  mag  mich  bei  deir  oberkeet 
Nooh  hoite  verkloan  usw.    151. 
isiedend:       Und  trägt  (der  pöbel)  das  balsamirte  wort 

Sogleich  brühsieden  warm  zum  dritten  nachbar  fori 
fU).  Stoppe,  T.  Ged.  d4. 

uatuMle  f.:  das  leidende  glied  (verbrant  in  heissem  fette,  blei  usw.)  alsbald  in 
e  brunnstande  zu  stecken  H  92. 
li  ein  bauemhund.    Dan.  Stoppe,  NF  122. 
le,  bübchen:   Die  büffgen  würde  man  doch  ohne  scharfes  rütteln 

Wie  reif-gewordnes  obst  von  denen  bäumen  schütteln, 
in.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  s.  9. 
n:  Soll  ich  denn  ein  pfennig- fuchser  werden, 

Der  sein  datum  auf  den  manmion  stelt 
in.  Stoppe,  T.  Ged.  131. 
m:  Geld  ist  der  beste  Zimmermann, 

Der  alte  runzeln  gleiche  dielen  kann, 
in.  Stoppe,  T.  Ged.  99. 

Wenn  zeit  und  alter  die  gleich  gedielte  stime  krümmen  usw.  191. 
Weil  Gott  sein  himmelreich  nicht  mit  dukaten  dielen  usw.  212. 
len:  dass  die  am  köpfe  schlagenden  und  von  stockenden  oder  schwer  sich  durch- 
beitenden  blute  dehnenden  adem  gemächlich  von  der  kälte  zusammengezogen 
105.  Dass  die  adem  so  angefüUet  werden,  dass  sie  heftig  dehnen,  auch  wol 
X  reissen  möchten  194.  Drückende,  dehnende  oder  stechende  schmerzen  195. 
ie  blättern  am  gesiebte  trocknen,  aber  am  leibe  und  bänden  dehnen  sie  noch  231. 
}hnender  verstopfter  leib   269. 

le  f. :  die  blättern  überziehen  den  ganzen  leib,  stehen  in  der  dehne,  wollen  sich 
er  nicht  sonderlich  erhöhen  230.    Weinhold,  Wb.  15^. 

le:  der  ganze  schenokel  ist  mit  einer  phlegmone  derb  angestopft,  bis  ans  dünne 
it  Striemen  besezt    H  270. 
Iiliaiisieren: 

Man  sah  es  (gewissen)  Stadt  und  land  zwar  fleissig  durch  hausieren. 
Doch  ohne  glück  und  ohne  stem.    Dan.  Stoppe,  NF  169. 
MM  m.:  vollziehe  da  den  eheschicht    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  219. 
Ill|ii:  von  eingenötigten  külen  julepen  milchen  und  schlafmachenden  mittein. 
106. 


240  BIBLINeBB 

BiUiaeUen:  wenn  der  ganze  körper  vorher  eine  zeit  lang  in  warmem  wasser 

chet  und  eingequ eilet  wird.    Tralles  Carlsbad  163. 
EinaohOzen:     und  folglich  auch  der  ström  den  bau  nicht  hindern  solte. 
So  schüzte  man  den  Bober  ein 
und  sucht  in  seitworts  abzuleiten. 
Dan.  Stoppe,  NF  236.    Bei  Logau:  schütze  f.  das  schleusenbrett  n,  3.  56. 
Erdschocke,   artischocke:   der  bauer  und  die  er d schocken.    Dan.  Stoppe,  NF.  188. 

„Artschocken^  bei  Logau. 
Erpochen:  Was  dieses  haus  versagt,  das  sucht  der  trotzge  stab 

Mit  ungestümer  art  beim  nachbar  zu  er  pochen. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  211. 
Eselefreeser:   12  feindliche  Schlesinger,  die  nit  schwirmer  sein  vnd  eselsfresser 
Alem.  16,  85.    Esores  Asini  quondam  dixere  Silesos  usw.  ebend.  15,  120.    Asi- 
nos  Silesia  devorat  omnes,  ebend. 
Eulenspiegel :  So  vielerley  die  köpfe, 

So  vielerley  der  schluss,  so  mancherley  die  fahrt 
Till  Eulenspiegols  kraut  war  auch  von  dieser  art. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  209. 
Fallen:  allein  wo  schlecht  wasser  ist,  da  fällt  auch  kein  gut  oder  gesundes  hm.  H15. 
Faule  Seite:        Es  legte  sich  der  tod  einst  auf  die  faule  seite. 

Er  liess  die  menseben  gehn Dan.  Stoppe,  NF.  76. 

Faust,  dr.:         Wenn  ich  den  muntern  sinn  auf  diese  fahrten  lenck 

Und  an  das  schöne  spiel  manchmal  zurücke  denke, 
In  welchem  doctor  Faust  sehr  ins  gedränge  kam. 
Als  ihn  der  böse  feind  mit  leib  und  seele  nahm 
Und  in  die  hölle  trug  usw.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  115. 
Die  jungen  trugen  leid  und  beuleten  so  sehr. 
Als  wenn  der  arme  Faust  ihr  eigner  vater  war.    Ebenda. 
Faust- ninda,  prügel:  so  steht  zu  befürchten,  die  herren  gassen -jungen  möchten  mir 
mit  einem  verächtlichen  Faust  Runda  eine  ziemliche  feldlänge  das  geleite  geben 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  71. 
Feige:  Feigen  die  in  schulen  wachsen 

Gehn  in  Schlesien  und  Sachsen 
Hohen  sohülem  bitter  ein.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  106. 
Es  würde  mich  die  furcht  mit  ungewachsnen  feigen 
Wie  jener  seine  frau  mit  nachdruck  lehren  schweigen.     195. 
Hedel:   doch  stille  mit  der  fiedel.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  71.    Andr.  Gryph.  331 

ebenso. 
Hnkenritter:   Gesezt  es  wäre  so,   ihr  jungen  fincken-ritter.     Dan.  Stoppe,  T.  Oed. 

1.  saml.  11. 
Heck:  Ich  log  ihm  (der  fuchs  dem  kalbe)  rechte  flecke  vor. 

Und  sprach:  ich  hätt  einmal  aus  eckel  vor  dem  essen 
Ein  brennend  seheitgen  holz  gefressen!    Dan.  Stoppe,  NF.  19. 
Rennen:  spoar  derr  dene  müh! 

Da  flennst  ümsist.     Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  150. 
Hier  flennt  das  weib,  dort  raast  der  mann.    178. 
Reurzäune:   für  jhren  vor- Städten  jeden  thores  und  für  den  eussersten  fleur-ii^' 
uen  plancken  auffricbten.     Infekt.  0.  3. 


LEXIKALISCHES  241 

lees,  fluss:  im  frischen  fliess-wasser  baden  H.  41.  schlecht  fliess-wasser  50. 
fliess-  und  regenwasser  76. 

neitag,  guter  bei  Andr.  Giyph.  sonette  32:  am  gutten  freitage.  Offenbar  anleh- 
nung  an  carus,  cara,  wie  good  Fhday. 

rette,  mund:  Sezt  die  flöten  an  die  fresse, 

Nehmt  die  geigen  in  die  band.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  1  s.  6. 
Der  dem,  der  ihn  zu  lange  liebt,  zum  Öfftem  in  die  fresse  speyt    S.  31. 
Dass  mir  der  schnee  der  luft  recht  in  die  fresse  stob  109.     Andr.  Gryph.  292: 
Schweig!  halt  die  frässe!    Vgl.  Vndt  Adam  fr  aas.    Sonette  von  Andr.  Gryph.  39. 

iRbehnhut:  nein!  ich  bin  kein  solcher  fünfzehu-hut  (der  auf  s.  mammon  sizt). 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  131.  —  In  gefünfter  zahl  11. 

Bden  bildlich  vom  körper:  was  nun  aber  dem  obersten  Stockwerke  dienlich  ist,  wird 
wol  auch  dem  mittel-  und  unter- gaden  zu  passe  kommen.    H  114. 

imge  adj.:  die  feuchtigkeiten  flüssig  und  gänge  machen.     0  104. 

alairteriemartyrer:  ihre  köpfe  (durch  perücken)  länger  zu  galanterie-märtyrern 
zu  machen.    H  107. 

«rsthammei:  das  äusserliche  ansehen  wird  schon  diejenigen,  so  sich  fleissig  waschen, 
von  den  wasserscheuen  garst-hammeln  unterscheiden;  denn  jene  werden  immer 
ein  „ausgeklärtes*^  angesicht  vorzeigen.    H  71. 

ie-  häufiger  als  präfix  denn  im  hochd.  z.  b.  bei  H:  gebiegig  3,  geschlanck  12,  ge- 
schwüle luft  282;  dieses  auch  bei  Stoppe,  Ged.  oft;  ebenda  geruhig  87.  105. 

lebäucht:  das  mitlere  fingerglied  ist  mit  weiss  blaulichten  schier  todt  gebauchtem 
leder  wie  ein  panaritium  umgeben  H  264.  Vgl.  das  alte  ausgebauchte  pfand 
leder  geht  von  selbst  weg,  ebenda. 

ledieg  m.:  wie  denn  alle  Jäger  wissen,  dass  die  heisshungrigen  Jagdhunde  sich  leicht 
den  magen  verbrühen  und  daher  um  ihren  gedieg  kommen,  verdorren  und  nichts 
mehr  nütze  sind  H34.  Im  DWb.  lY,  2020  schlesische  belege;  zum  guten  tiegen, 
Andr.  Gryph.  161.  Vgl.  71.  "Weinhold,  Verbreitung  und  herkunft  der  Deutscheu 
in  Schlesien  1887,  207. 

ledrang  a(]y.:  von  einem  hause: 

Volkommen  schlecht  gebaut,  mit  fleiss  ge drang  gemacht 
Und  alles  nach  der  kunst  recht  närrisch  angebracht. 
Dan.  Stoppe,  NF  57.    Ist  dir  etwan  der  eingang  zu  gedrange   (dachshöle)  279. 
Logau  gedrange  a^j.    J.  Chr.  Günther  (Tittm.)  98:  so  ächz  die  gedrange  brüst. 
Geh  den  weg  durch  die  gedrange  thür.     Andi*.  Gryph.  Sonette  99,  7. 

SegenatnuBineii:  so  dass  also  die  gegenstrammende  festigkeit  des  steins  nicht  ver- 
mögend ist,  das  in  den  keil  dringende  wasser  so  zusammen  zu  drücken.    H  einl. 

Begräupe  ntr.:  sich  bey  zeite  mit  meel  gegräupe  —  haußartzneyen,  wacholder  bee- 
ren, birnstein  —  versorgen  0  31     Körner  und  gegräupe  71. 

Seier:  tod,  teufel  in  Verwünschungen: 

Soll  dis  etwan  auf  künftige  zeiten 
Ein  bißgen  Vorbedeutung  seyn? 

Der  geyer  wird  dich  ja  nicht  reiten.  Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.67. 
Hier  sitz'  ich  armer  geyer 
Und  habe  kaum  zwey  dreyer.    136. 
So  jagt  den  flegel  gar  zum  geyer!    43. 
DWb.  VII,  2560*»  mit  schlesischen  belegen. 

lelleltoniy  stocken:  das  aus  der  ader  gelassne  blut  nicht  ge  liefern  will.    H  101. 

mrSCHRIFT  F.   DKUTSCHK  PHILOLOOIK.     BD.  XXVI.  16 


242  BIBLXNeKB 

Genatze  n.:  wenn  einer  bei  lebzeiten  einige  beule,  gewäohse,  Überbein  oder  braeh 
gehabt  oder  mit  hitzeblattem  und  anderm  unreinen  genätze  an  der  baut  behaftet 
gewesen.  Infekt  0.  117.  Vgl.  Weinhold,  Verbreitung  und  herkunft  der  Dett- 
sehen  in  Schlesien  s.  61,  wo  mehr  citate.    Mitteid.  wort. 

Genung  komt  als  schlesisch-hochd.  noch  um  mitte  18.  sec.  vor:  siehe  Nachtged.  (Be- 
lach) 18.  42.  44.  115.  120.  Bei  H  genung  49;  genungsam  87.  141.  In  TnDes 
Riesenbirge  (1750)  noch  algemein:  verherlichung:  genung  7.  Befriedigung:  genrnig 
30;  lang:  genung  33.  Vgl.  Weinhold,  Dialektforschung  s.  70.  Hildebiand  im 
DWb.  lY,  2,  3487  g:  mitteld.  im  weitesten  sinne  mit  einschluss  Frankens  und  des 
Rheins.  Ich  führe  für  das  einschieben  des  „n'^  meine  Alem.  spräche  106,  mein 
Augsb.  wb.  lauÜehre  y.  N  an. 

Gerinn  n.:  drauf  schlepten  sie  (die  stadthunde)  den  „budel^  (dorfhund)  im  geriai 
herum.    Dan.  Stoppe,  NF  123. 

Geeohlang:  die  Schenkel  so  ran  und  geschlang  erhalten  haben  H  145. 

Gestippe:  die  blättern  sind  heil,  nur  noch  wenig  klein  ges tippe  H  237. 

Gewichste  Melder:  dass  alle  ärtzte  und  andere  personen  (bei  pestkranken)  gewüchste 
und  enge  zugemachte  kleider  tragen  0  21.  Alle  leichenbesorger  sollen  enge  ge- 
wüchste kleider  anhaben.    54. 

GeeQndem:  alles  fleissig  aufzuschreiben  und  die  aUmoson  denen  allerbedürftigsten  ood 
krancken  für  gesundem  und  andern  zuzuschicken  sind.    0  28. 

Gnetze  f.:  altschlesisch.  Weinhold,  Verbreitung  und  herkunft  der  Deutschen  in  Schle- 
sien 1887,  217.  Die  hausapothek  (sprachlich  halb  alem.,  halb  mitteldeutsch)  Leipi. 
1620  gab  folgende  belege:  für  die  räude  vnd  gnätzo  9^  Erdrauchwasser  oder 
katzenkörbelwasser  ist  gut  gotruncken  für  alle  gnätzen  und  räudigkeit  32^  Ist 
zu  besorgen  dass  der  mensch  möcht  aussätzig  wei'den  oder  mit  Franzosen,  riadeo, 
gnätzen  —  überfallen  43*. 

Greupner  m.:  händler  mit  mehl  und  trockenen  gräupen  Weinhold,  Wb.  30*;  in  der 
kauff-  und  verkauffsordnung  v.  1608;  gebildet  wie  keuffen,  ainkeoffen  ebendi. 
Meurer  in  der  zimmerordnung  1605.    heupte  dativ  Leichenordn  n. 

Hamana  kirohhof:    Dem  drohte  man,  ihn,  wie  er  geht  und  steht 

Auf  Hamans  kirchhof  zu  begraben.    Dan.  Stoppe,  NF.  113. 

Hamperoh:  War  vullnd  zu  Leipzig  soal  doar  schäfer-hamperch  lam.  Dan.  Stoppe 
T.  Ged.  143. 

Handgranaten,  ohrfeigen:  ihr  liesset  h an d-gr an aten  fliegen.  Dan.  Stoppe,  T. Ged. 44; 
vgl.  „Faustrunda*,  oben. 

Handteller:  durch  starckes  reiben,  und  bürsten  an  den  band te Hern  und  fdfieoleo init 
saltz,  essig.    0  127.  129. 

Handtieren:  das  herabgeworfene  geld  soll  er  mit  einem  löfFel  aufheben  und  elie^r^ 
handthierct  oder  außgibt  in  essig  werfen.     0  46. 

Hans:  Und  hängt  den  köpf  wie  Hannsens  Schimmel.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  1B< 

Doch  müssen  sie  vor  allen  dingen 
Das  lied:  herr  Hanns  lebt  wunderschön 
Mit  euch  aus  vollem  halse  singen.    43. 

Hauben:  erschien  dis  blatt  den  andern  hochzeittag  als  die  Jungfer  braut  aaf  g°^ 
schlesisch  gehaubet  wurde.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  186. 

Hauspflaater:  anfänglich  wird  ihm  ein  fettes,  sog.  hauspflaster  aufgelegt    H270' 

Hecken,  Junge:         Deine  jacke  müsse  halten, 

Bis  mein  nachtstuhl  junge  heckt.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  7. 


243 

',  heiser:  nur  schmolle  darum  nicht, 

Wenn  hier  mein  heischres  röhr  den  ratten  gleiche  singt. 
Dan.  Stoppen,  T.  Ged.  I.  saml.  1.    Heischres  grunzen  14. 
Hiakeaperls,  hinkebein: 

Das  gitick  zerbrach  im  grimm  den  podagra  die  knicke, 
Da  lag  der  Hinkenparts  und  konte  nicht  mehr  stehn. 
Dan.  Stoppe,  NF.  2.    Weinh.  wb.    DWb. 
4fmliiigelii:         Sobald  man  dich  einmal  gelesen  hat, 

So  stängelt  man  dich  hin,  so  hat  man  deiner  satt 
Dan.  Stoppe,  NF.  200. 
flivtercaatell:  so  sezte  er  sich  mit  dem  hinter-castell  in  kalt  wasser.    H  121. 
4tooli  acy.  hübsch:   Ihr  sed  ah  bischer  herr,  ihr  wist  mit  arma  leuta  usw. 

Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  143. 
-fotzweib,  mythisch:    Dass  mich  der  schmerz  erschrecklich  plagt. 

Wie  wenn  der  nacht -geist  ohedessen 
Ein  holtz-weib  durch  das  dorf  gejagt 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  180. 
Hand:  Ich  mal  die  leute,  wie  sie  sind  (sagt  der  Spiegel). 

Da  eben  liegt  der  hund  begraben, 
Rief  hier  ein  pinsel  aus  usw.    Dan.  Stoppe,  NF.  109.  146. 
Das  lied  vom  faulen  hunde  singen  87.     Es  würde  ein  loch  werden,   als  hät- 
ten (wie  man  zu  reden  pflegt)  die  hunde  drauß  gefressen  H  265. 
iHupperoh:         Ich  wehs  derr  eni  tantza  an  hupperch  macha, 

Su  daß  ma  sich  möcht  da  plautzo  zerlache.    Dan.  Stoppe,  D.  Ged.  150. 
UOtsche:  Wie,  wenn  ein  zcitungs-mann  die  ärgste  mord-geschichte 
Auf  seinem  bilde  zeigt  und  vor  der  hütsche  singt. 

Wovor  gemeines  volk  den  Speichel  in  sich  schlingt   D.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  3. 
Matuiig  f.:     Vergeblich  sucht  sein  schmachtend  vieh 

Auf  dürrer  hutung  heissem  sand  verbrantes  grases  kurze  spelzen. 
Naohtged.  4. 
Acht:  auswurf  mit  röcheln  wie  der  j  äs  cht  aus  einem  kälber-goschlincke.    H  251. 
KarfMtag:  einige  mischen  statt  der  artzenoy  ein  wenig  aberglauben  mit  zur  kur,  wie 
diejenigen,  welche  davor  halten,  die  kratze  könne  von  kalten  baden  nicht  vergehen, 
wenn  solches  nicht  am  charfreytage  geschähe.    Ein  mit  dergleichen  aberglauben 
so  starck  als  mit  der  kratze  behaffteter  mann  und  2.  weibes-personen  verfügten 
sich  an  einem  char- freytage  in  den  bach,   der  etliche  hundert  schritte  von  ihrer 
Wohnung  entfernet  war,   badeten  darinnen  in  ihren  hemdem,   welche  sie  anbehiel- 
ten, giengen  also  ungetrocknet  nach  hause,  legten  sich  zu  bette  und  wurden  völlig 
rein;   da  hies  es  nun  wohl  nicht,   dein  glaube,   sondern  allein  das  wasser  hat  dir 
geholffen.    H  85. 
Käme  f.  karre :  in  Städten  das  gemülle  und  alle  vnsauberkeit  auf  die  darzu  verordnete 
käme  oder  wo  diese  nicht  sind  auff  schubkarne  geschüttet  werden.  Infekt  0  31. 
Kartsok  m.;  seidenes  gewirk.    Zu  den  schlesischen  belegen  im  DWb.  5,  338  füge  ich 
folgendes  ans  Jessners  Theophrast.    Eunstkammer:  wenn  ein  braun  kardeck  befleckt 
ist:  nim  glatte  laugen,  mach  sie  heiß,  darnach  stecke  den  k ardeck  alßbald  hinein, 
laß  Jim  lange  darin  liegen,  so  f erbet  sich  der  k ardeck  überall  ganz  schön. 
I:   Allein,  kam  endlich  denn  die  kaupelei  heraus, 

So  putzte  mir  die  soham  das  licht  des  lebens  aus.  D.  Stoppe,  T.  G.  I.  Saml.  3. 

16* 


244  BDOJN&IR 

Kelle  in  der  küche: 

Er  nahm  die  lange  kelle, 

Womit  die  köohin  pflegt  den  braten  za  begiessen, 
Und  schaufelte  mit  etwan  13  bissen 
In  aller  eil  den  papptopf  leer.  Dan.  Stoppe,  NF.  226. 

Kindersohaube,  kindermantel,  -rock.    Dan.  Stoppe,  T.  Oed.  122.  Peter  Squenz  ed.  Palm 

s.  12.  43.     Ober-  und  mitteld. 
Kipern:   (die  wasch)  ist  —  von  fett-ädergen  glandeln  nnd  allerley  schweifi-caDilgen 
verwunderungswürdig  znsammengewebt,  gestrickt,  gekiperi     H  76. 

Kinns,  gute  tage: Denn  hat  es  gute  wege, 

Der  feuer- stein  kriegt  kirms  usw.   Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  113. 
Kiatechern:   so  dass  sie  sich  solches  unzeitigen  klatscherns  nicht  haben  enthalten 

können.    (Von  kaum  heilen  fieberkranken,  die  baden.)    H  72. 
Kiauee:  Fleisch  und  blut  reift  aus  der  k lause, 

Die  natur  mahnt  um  die  schuld.    Dan.  Stoppe,  T.  Oed.  40. 
Klemm  a4j.:  Sind,  so  wie  ich,  mit  klemmer  brüst 

Des  rechten  Zieles  unbewust.        Nachtged.  58. 
Klunker -mutz  (=  mehlsuppe  mit  kleinen  klössen): 

Alleen  ver  su  an  stadtscha  knacht 

Ihs  SU  a  kluncker-mutz  ze  Schlacht    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  150. 
Knastern,  Geknasler:  und  alsdenn  knasterte  es  im  schulterblate,  als  wenn  emiidgeD 
darinnen  wäre.  H  237.    Im  schulterblatte  lässt  sich  auch  dann  und  wann  noch  ein 
kleines  geknaster  hören.  240. 
Kneip:  Der  kneip,  den  dein  papa  in  seinem  wappen  fuhrt, 

Zeigt,  was  dir  vor  ein  mann  gebührt.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  140. 
Knips:  Was  manchmal  hier  und  da  verklatschte  weiberzungen 

Bey  einem  gläBchen  knips  euch  kindem  voi'gesungen  usw. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  8. 
Knipsschwester:  ja,  dass  der  brandwein  manches  ehrliche  mägdgen  in  verdacht  kom- 
men möchte,   als  ob  sie  unter  die  geselschaft   der   knips -Schwestern  geh&ite. 
H  73. 
KnSmIein:  am  auswärtigen  knörnlein  des  rechten  ellbogens.    H  265. 
Knöspllch:  herzsäcklein  in  ein  knösplichen  oder  riechpüschlein.  0  129. 
Krabel:   welche  aber  beim  ordentlichen  geträncke  nicht  eben  die  abdcfat  haben,  w^ 
zu  erhitzen,  warum  wolten  sie  mord  und  todschlag,  krabel  an  der  wand,  gockock, 
rastrum,  stär  und  schöps  oder  gar  die  mumme  in  ihre  gurgel  sttlrtzen.    H7. 
Krachen  b.  Andr.  Gryph.  sonette  oft,  z.  b.  wer  die  Wahrheit  sagen  wolle  ohne  sohea: 
kracht  oft  im  lichten  brande.  40,  4.   wenn  fleisch  vndt  seel  in  sterfoenaschoMneo 
kracht    41,  12.     Wenn  nun  die  arme  seel  im  schwartzen  feuwre  kracht  44,  3 
usw. 
KriutBrsiIppler:  welcher  arzt  sich  der  neuen  produkte  in  seinen  kuren  nicht  bedieiite) 
bekam  den  verächtlichen  namen  eines  kräuter-süpplers,   eines  wasser-dootois* 
H  vorrede. 
Kracken:   unleschlichen  durst,   mit  eckel,  k recken  und  breoheD,  anoli  dnoiceo  ^ 
schlucken  deß  magens.    0  72.     Wenn  aber  das  krecken  von  Mtk  sdbtt  Idbb^ 
das  zumahl  mehr  ein  leeres  krecken  und  nöthigen,  als  ledites fareohan wiis V. 
Denn   dergleichen   krecken   komt   nicht   von   überfültem   mipin  ter.   91»    ^ 
ansehnlicher  mann  von  73  jähren  kriegte  nachts  frost,  krecken^  i^rwin*H  HM»    J 


I  vom  Qsohen  brateoder  spewea:    fett  gehackone  uod  gekreischte  Maehen. 
\  O  88.    Webhold,  Wb.  47'. 

:   auf  wirths-  und  kretsehem  häussT.     0  38.    Hier  nur  augefuhrt,  weil 
IpleonaetiBcli.     WeinhoW,  Wb.  47, 

;   ich  rieff  der  magd  unuwnst,   wotl  das  vecsessne  ding,   iodein  es  tiüch-Eoit 
ivu,  jnst  in  der  krtppe  gieng.     Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  118, 
—  —  Kr  hielt  sich  pferd  und  wagen. 
Er  kaofte  sioli  ein  dorF  und  ward  ein  adolmann, 
Den  der  gefrilssge  achwarm  der  niageru  krippeerciter 
Sich  Diramermehr  beijuemer  wünauheu  kann. 
Er  war  zu  gut. 

.  l>iii.  Stoppe.  NF.  128;  siehe  DWb.  s.  v.    Ferner  Logao  770. 
Krfietlin:    vielleicht  hastu  bUher  ein  kröstlio  mir  versagt,     Aodr.  Grypbius  Sonette 

ae.  iL*.  Var.  ein  blsseu. 
Kriimmfra  swv.  subst:  daher  entstehen  an  der  haut  unzehligea  mit  hefftigen  krüm- 
rneru  bekleidetes  gegritzel,  blattergen  usw.  H  78.  Wenn  wir  einen  gewissen  aus- 
Schlsg,  welchen  manche  verblümt  das  kiümmern,  ohrliohe  deutsche  biedorniSn- 
tter  aber  mit  dem  rechten  iiamen  kratze  nonnon  84.  Jucken,  krämmern  auf  der 
'linist  223.  It«tc,  höchst  krüramerDde  flecke  232.  Heftig  krämmero  der  haut 
Weinbold,  Wb,  48*;  krimmem,  zu  krimmen. 
MH;  und  hingegen  (waschen  der  kinder  mit  kaltem  wasser)  nicht  so  viel  krü- 
pel,  krumatiefel,  kiehl-kröpfe  ued  gratschier  gefunden  worden,  als  lu  unsem 
■eiteo.    E  183. 

la:       Drauf  wählte  man  ein  spiel;  man  oeots  die  blinde  kuh, 
und  die  gerechtigkeit  erbot  sich  selbst  danu, 
DnSH  sie  die  hauptperson  des  Spieles  hejssen  wolte, 
Der  man  die  äugen  blenden  solto  usw.    Dan.  8top|)e,  NF.  07. 
i:   Sein  kandmaan,  der  ihm  stets  was  rechts  sn  lösen  gab. 
Dan.  Stopi«,  NF.  173. 

Dan.  Stoppe,  NF.  269. 
denn  es  ist  ein  recht  lausicht,   gi-iiidicht  und  achäbich  Icbeu.    Brigischc 
lenordo.  Iö95  durch  Nie,  Bluoüum. 

f.  tümpel.  lache:  grosse  briiuhe  und  lugee  ,  welche  durch  abzugsgräbeti  treuken 

gemacht  werden  kanten.    Friedr.  LI.  kammercirculat  28.  aog.  1773.  Brealau,  Hüller, 

Ztachr.  !.  d.  kiilturgesch.  IV,  536.    Die  gro^e  luge  Jesziomeck  545.    Der  Kupper 

foret  bei  der  luge  Latze  547. 

H:  (Wasserfeuchtigkeit),  die  bald  wider  durch  die  oatürlicheo  ausgibge  ohne  befeii, 

atten  und  dergleichen  zurückzulassen  fortgehet,    H  198,    Applicierte  käse-mut- 

teu  2ö5.  —    Flüsse,  Imcho  aaw,    Nachtged.  H  33.    Mit  sanftem  schritt  betrat  ich 

latten  65. 

andere  hingegen  ihm  zwar  eblge  tage  herberge  geben  mnaeeu,  aber 
doch  durch  ein  matxenraussermässigoH  traktameot  die  Inst  benommen,  üoh 
bei  ihnen  zu  verweilen.    H  176. 

■Hob«,  aloh:  wenn  auch  die  säogenden  weiber  nicht  trinoken,  so  wird  gegen  den 
Dorgeo  ihre  miluh  ganz  uriohaft  und  tmgescbmaok,   und  die  kinder  minliohen 
lieh  dafür.   H  24. 
Mmm,  knss:     Thu  an  mir  die  groste  süude: 

Bittet  mir  ein  mäulgen  aus.     Dan.  Stop|)e,  T.  Ged.  1,  saml.  68. 


an'. 


246  BIBLINeiB 

Dem  bräutgam  manch  stilles  mäulgen  geben.   203. 

Man  soll  (das  sprüchwort  gilt  ja  noch?) 
Das  mäulgen  nach  der  tasche  richten: 
Ist  diese  gross,  wer  will  uns  doch 
Den  mund  zur  kleinigkeit  yerpfliohten?   46. 
Wenn  jemand  seine  lust  an  Jungfern -mäuler  bindet.    111. 
Main:  Wenn  der  leere  bauch  nach  brodte  schreyt, 

Wenn  die  fasten  tumme  mause  macht  usw. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  130. 
Mauzen  vom  sterbenden  kater: 

Drauf  mauzt  er  noch  einmal,  als  nahm  er  gute  nacht 
Er  hielt  den  athem  an,  lag  still  und  ausgestreckt 
Dan.  Stoppe,  NF.  16;  bair.  maunzen. 
Memmisch:  warme  wasser  verderbet  die  subtilsten  gefäßgen,  macht  die  nerven  mem- 

misch,  die  fibras  schwach.    H  79. 
Meraeburger  bier:  Ach!  unschfitzbarer  freund!  der  trotz  der  nassen  weit 

Mir  mehr  als  fettes  bier  aus  Merseburg  gefält 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  110. 
Mteskram:  die  schwache  mutter  zu  stärken  und  einen  misskram  abzuwenden.  fll34. 
Mittalaalz:   überhaupt  die  salze  in  den  gesundbrunnen ,   sie  mögen  laugenhafte  oder 
mittel-salze  sein  usw.    Tralles,  Carlsbad  abhdlg.  49.     Was  von  dem  eingekodi- 
ten  brudel,  nach  dem  angeschossenen  mittel-salze  übrig  bliebe.   50. 
Mittalaalzigt:   befindet  sich  in  unsem  saften  anstatt  der  natürlichen  mittelsalzigten 

teilchen.   99. 
Moh,   Mohäupter:   fussbäder  von   moh-häuptern.    Infekt  0.  126.     Datteln,  moh- 

samen  a.  a.  o. 
Morgenmilch:  aus  eben  der  Ursache  wird  auch  die  morgeu-milch  der  tiere  immer 
schlechter  von  geschmack  sein,   als  die  zu  andern  zeiten.    H24.    Auch  landwiite 
können  daraus  lernen,  wie  sie  die  morgen  milch  der  tiere  so  schmackhaft  als  die 
andre  machen  könten.    25. 
MBfnnzen:   die  kaldaunen   und  das   müffintzende  wildpret  mit   siedendem  waaser 

gebrüht  H  67;  vgl,  „bockinzen". 
Nachgeben:   wenn  kalt  wasser  an  geschmeidige  und  nachgebende  körper  geraiobt 
wird.  H 126.    Weil  etwan  dasselbe  das  fleisch  eher  geschmeidig  und  nachgebend 
machen  könte.    168. 
Nachkur  schon  bei  Tralles  Carlsbad  162  durch  eine  ihr  gemässe  nach-kur. 
Nachreue:  Zu  späte,  lieber  söhn!  die  nachreu  hilft  nichts  mehr!  D.  Stoppe,  NF-lKl 
NachipHlen :  die  sog.  nachtpillen,  niesesäcklein ,  springkömer ,  schmecke  nicht  0 99. 
Nachtzeug:   Lass  den  balsamierten  köpf  in  ein  saubres  nachtzeug  kriechen.    Dvl 

Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  21. 
NachtBchweies  Tralles,  Carlsbad  74. 
Nähepult:  Ist  denn  das  nähe-pult  und  ein  historisch  blat 

Noch  stets  dein  Zeitvertreib?    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  samL  s.  58. 
Nahrung:         Das  weib  spatzierte  manchmal  aus 

Um  an  des  mannes  statt  die  nahrung  fortzutreiben.  D.  Stoppe,  NF.  34* 
Pfuy!  sagte  der  kredit,  stell  deine  nahrung  ein  (z.  kunst)  46.  Gegenwärtig  bid 
(Jauer)  dergleichen  (lein wand handel)  nahrung  nicht  mehr.  Nachtged.  96.  Bei 
Logau  ebenso. 


r  trort  auf  seinoD  uap.  vom  iiomoranKBubamn,     Dan.  Stop]«,  NF.  145. 
RwreiiUHlBrle:  diu  Verbrecher  (welche  tierkadaTür,   blitt  usw.  au/  die  gasse  schütten) 
aoUeo  ins  uarrenkHtterlo  oder  aufgelichtete  kreutze  gestelt  usw.     0  31. 
An  eloe  alte  ehemals  gemeine  Weibsperson: 
Es  muste  so  wal  lierr  als  knecht 

In  deinem  narren-spittale  kranken.     Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  139. 
Sieb,  der  rest  der  ncben-sorgen 

Nimt  die  Zuflucht  zu  der  öuuht.     Du.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  sanil.  37. 
Die  erste  hitae  trinckt  oft  gifft  vor  gerston-safft. 
Dnrt:hkreut2t  die  lioieo  der  Junggesellenschaft 
Durch  die  verdammto  lust  verbothaer  nebenstricko. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  s.  10. 

iß  wenig  reinen  leichten  Nektarwein.    0  124. 
So  macht  kein  nebentritt  dir  dein  gewiason  wund; 
Wol  dir,  beglückte  braut!        Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  12. 
NtwKils:  (Da)  der  vogel  neatwärts  zeucht  und  frühe  ruh  bugehrt.    Naobtgod.  97. 
vom  dachahunda: 

Wenn  ieh  ein  windspisl  worden  wäv 

So  würd  ich  freylich  nicht  so  niederbointgt  aoyn.    D.  Stoppe,  NF.  277. 
Rldergshm:  ich  seihst  trank  noch  am  abend  unter  auf-  und  nicdergohon  7  gläser. 

Tralles,  Carlsbad  154. 
Isdsnailfbn:  Hier  sof  das  wcib  den  mann,  der  sehn  den  viiter  nieder.    Dan,  Stoppe, 

SF.  104. 
prtarwhieben  voa  einem  ochsen  am  schlagbaum: 

Und  weil  er  bey  dem  niederschioben 
Starck  an  den  schlagbanm  angeprellt.        Dan.  Stoppe,  NF.  96. 
abhauen,    scblagen:    loh  liess  ihn  (ebscbbeerbanm)   ganz  gewiss  Douh 
heute  niederschlagen.    Dan.  Stoppe,  NF.  82. 
rila:  Scheint  mein  danck  voll  leerer  nullen 

liott  schreibt  («eine  Ziffern  bei.     Dan.  StopiX),  T.  Ged.  I.  samt.  b.  23. 
und  die  rechming  in  dem  beutet  gleichwol  leere  nullen  zählt    52. 
Me,  NQIlMVOlk:    Was  ist  das  Nüllen-volk?   Ein  ganz  verkehrtes  ziel 

Das  uns  nach  Fraockreich  führt,  wenn  man  nach  Eaglaod  wid. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  135. 

MiJaMClw:    lliest  ohm-jauche  aus  dein  mit  der  stecke-nadel  veilezten  oborgelenke 
des  goldüngerH.    H  264. 
Omse  f.  ameise.  bei  Logaa  emse. 

Othemalecken  H  150.  247.  252.     Athemstcckea  188.     Das  gehemte  othemholen 
■JS-J.     Ztw.  einuthmen  286. 

,  bildliobo  negation,  von  schlechtem  tuche: 
Dergleichen  liederliche  soeben 

Kanft  man  auch  schon  zu  hoch  Tut  einen  pappelstiel. 
[  Dan.  Stoppe,  NF.  112. 

;  aoflegnng  des  blossen  frisoheu  wassers  im  pausohen  —  mit  kaltem  wassei 
pauücheu  über  die  brüst  legen.     £E  116. 

ü  stifte  aber  pnuaeu  uud  nehmen  mohr  raum  ein.  H  154.  Uitte  — 
■iDBoiit  das  geblute  eher  paueondet,  zeher.  164.  Durch  ihi-e  gemässigte  kälte  — 
■  ^kahlen,  dass  sie  nicht  so  heftig  pausen  und  wallen.  282. 


124K  BIRUNGIB 

Pailtling  uiKlwnllung,  in,  bringen,  die  ausrauchenden  feuchtigkeiten  beim  ein 
Hinnm.  II  K)0.     Hausung.  196.    Die  wallung  und  aufbausung  des  geblütee.  194 
Sioho  ohoM  s.  1*37. 

Peokelhaft  in[].:    wonn  Hogar  da»  peokolhafte  serum  durch  die  haut  des  bauch 
(»dor  dor  NcluMikol  gorissen.    H  55.     Dass  der  gestanck  gar  nicht  wider  w< 
HJutoinnl    aus   dor   mit  dorn  peokelhaft en   sero   der  wassersüchtigen   befleckteK-    ^q 
loinwaiul.  07.     1>io  peckolhafto  schärfe  mildem.    152. 

Peteohiallaoh ,  poKüIonzialisch.  0  101. 
Petoohleii.  il'). 

Potetsohen:  masom,  friosel  oder  gar  petetschen  wittern.  U  96.  Bei  epidemische^»»  .en 
lioltoru  xu^K*i<>h  mit  po  tot  schon  oder  andern  flecken  beschwert  99.  und  da.^^^^. 
uoIhmi  dt>r  ganze  loib  übt'r  und  über  mit  lauter  petetschen  —  besftet  ist  10CZ301. 
OuImm  auch  dio  po  tot  sc  hon  in  ihrer  blute  verbleiben.  101.  (Petechien?  22^,^23.) 
Potot sehen  kommen  in  Vorschein.  220.  Friesel,  petetschen  oder  andere  acii^-^os- 
sehlÄge.  271>.  retotscheiifieber  Naohtged.  13.  Bairound  Minderer  v.  Augsb.  _  in 
s.  rjitliehen  gutaehteii  1620  hat  pe decken:  .petechen,  petechten  oder  petescheK*  ^^d*^, 
ital.  |H*techia,  fr/,  in^techie;  noulat.  ])etechia  v.  lat.  petigo,  räude. 

PfMtkur:    eine  solche  kur  würde  man  hier  vor  die  gefahrlichste  pferde-kur  r 
»oh ivyeu  ^knuiko  mit  eis  bestivueu).    H  118.      Er  lachte  alle  diejenigen  nur 
welche  das  kalte  Ivaden  eine  grausame  und  unerträgliche  kur  —  oder  wie  wir 
schon  XU  nnion  ptlogtMi  —  eine  pforde-kur  nenten.  ISO.    Eigänzung  nun  D 

YU.  u?s:. 

m..     Nur  schade«  dass  uns  nicht,  iiie  wünsch  und  sinn  begehrt. 

Kin  an^csiivkter  pfioff  iwoy  gauzi?  stunden  wahrL  D.  Stoppe,  T.  Ged.  HT        1J2. 
die  lipivn  Noruchon  sich  kriiin(£cht.   er  pflückt  fieissig.   H  223.    7m  ^    whii- 
Vmi^chou.  j^luend  j^^sicht,  pflücken.  223. 
PWcfM        Sclie  K  IVin,  Stopi-^.  T. iW.  131. 
fttl    \\\  vi:c  p\l:o  ^ehcn  =  sv^hit^i^^n.     l>an.  Stoppe.  T.  Ged.  122. 
Pll|i|Wni      Ot-«uf  s^^hion  ^^  ihm«  als  wenn  der  bivT. 

IVr  plappernd  ein^'kvvht.  stets:  friss  mich.  £r&&  mich  spiidie. 
IVaiv  Sviiv.  NF-  22tv 

PIMIwiMfi    vIk*  luuic!.    a:«'  v^hntvlcst  ^^me  im  kühlec  wasMr  platscheriL  Hl^^^ 
PIlllClikM     l  *.^:tv.Y.  >:::.;       . : > ^  h : .  V : .   **.;::  ecl:.^hec  K^waixe  punkte.   H  230.         Äe 
c:ttc  s\>.,:-.  crÄ^v-hMi^Tv  t.vhtv^r  h*«^-   K.>«?  rl*Tr-*r:.    w>elch«  plet Schicht  wmr^ba, 

FlMlir    N/  s.:iv^t  :fc.v:  .'.*.'  ':\>rj.v.ü.<  r&u.>.J:Tfc  .irc  ross^»  ror  den  rhrf  wihrngfi« 

A»^^   ^v>T  a;*,v*n  a1>   -:-.:r.>.  /•::•  i\'i-\!i  tlcsT^r  i?«c  käst«.   H  113^    WmahoH 
\\>.  ;  *.  •    .-.'ANiv  Vi.;:  \.vr  j:*>*.->.»u^.c 
flMif«         ,:  ,*   >Ävc. :-,?;•  ;-.>rr   j:\  vu':    ^cs-    ^jSlz^  sn-'if  *..tz<  TisCK'  4er  pluBpevi^        /^ 

.•V   -AN.'-     ••  *     <„^         -j*^*.  X*;  VT*  .  :r:;r     Tr^LIi».  CxTalfti  115l 
^^^Hiyir     •'^-   >■^i-■v  •■     v-'-.'-'ir^'v>-:cr-:v   "vt-.T  -■••:  jz^SÄTW.-fcer  alber  ms  pnig^t       ■• 


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LKXIKAUSOHES  249 

(Mrfl:  Die  (jungens)  hieben  hier  den  Mndem  dieser  tanne 

Die  köpfe  fleissig  ab  und  machte  quirle  drauss.    Dan.  Stoppe,  NF.  22. 
RabM,  gelbe:        Weil  der  zwang  der  gelben  raben 

Gold  aus  kothe  zwingen  kann.        Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  217. 
Das  ungewitter  ist  nicht  weit,  wo  gelbe  raben  Schrein.    J.  Ohr.  Günther  169. 
Rickel:  Ich  koan  gebrotas  frassa 

Su  wies  da  grussa  räckel  assa.        Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  150. 
So  schilt  der  papagei  einen  zum  schlafenden  doktor  eintretenden  bauer: 

Was  willst  du?  sprach  der  papagei: 
Du  räckel,  bist  du  krank?         Dan.  Stoppe,  NF.  54. 
Ebenso  147:  du  räckel,  rief  die  hüudin  zum  hunde. 
Ramplciit  adj.:   das  hörn  und  was  ihm  gleich  ist,    macht  es  blind,   unscheinlich  und 

die  lebendige  haut  spröde,  r  am  picht,  runzlicht    H  66. 
Raufbr:  ich  würde  voller  zom  nach  meinem  rauffer  greifen.    D.  Stoppe,  T.  Ged.  147. 
RiuiRig:  Nur  des  Verderbens  bahn  ist  räumig,  eben,  weich.    Nachtged.  87. 
ReifMirock:     Zerrt  er  (der  bock)  das  kammermensch  mit  ihrem  reifenrocke 

Im  ganzen  zimmer  hin  und  her.        Dan.  Stoppe,  NF.  79. 
Reiter:  Zwei  finken  von  dem  ersten  ränge, 

Zwey  reiter,  sag  ich,  waren  sich 
Gehäßig  —  Dan.  Stoppe,  NF.  181. 

Reet:  Glaubt,  bin  ich  gleich  arm 

Das  macht  mir  nicht  warm, 
loh  bleibe 
Dem  leibe 
Deswegen  nichts  rest.        Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  49. 
Ritter,  armer  vom  ofen: 

Ich  glaube  ganz  gewiss,  der  kerl  bäckt  arme  ritter 
Das  fasten  schmeckt  ihm  trefflich  bitter.        Dan.  Stoppe,  NF.  31. 
Rotz  und  trähnen  heulen.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  119. 
RIlMzil:  Wer  Rübenzahls  geschichte  glaubt 

Und  der  vemunft  sich  selbst  beraubt, 

Der  mag  auch  diese  fabeln  preisen  usw.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  177. 
RllieenSI  in  Dan.  Stoppes  T.  Ged.  151. 
Rveiiilce:        Der  himmel  ^ird  euch  stats  ah  freundlich  guschla  macba 

An  wu  eer  gibt  an  stiht,  rusincka  ungersträhn.  D.  Stoppe,  T.  Ged.  147. 
Sau:  Ihr  schnarchtet  ja  so  stark  als  eine  sau.    Dan.  Stoppe,  NF.  56. 

Stilleder:  dass  kein  kind  die  rachitis  bekomme,  es  habe  denn  ein  sauleder  zur  Wär- 
terin.   H  183. 

Siuneii,  trans.: und  jenes  weges  schwere 

Säumt  ihn  imd  die,  die  mit  ihm,  nicht.        Nachtged.  86. 
SofiafTen:   welche  von  einem  heftigen  fieber  angefallen  wurde  und  es  vor  hitze  nicht 
zu  schaffen  wüste,  wenn  sie  nicht  die  bände  in  eine  mit  kaltem  wasser  angefülte 
Schüssel  tauchte.   H102.     Weinhold,  Wb.80»». 
Miairfüee:     Weil  jeder  mit  der  band  nach  seinem  käpgen  grief 

Und  auch  zugleich  den  scharrfuss  machte.    Dan.  Stoppe,  NF.  75. 
Scheidrt:   ich  setze  zum  vorauss,  dass  man  mich  und  meinen  scheckirten  schlaff- 

rock  —  ansehen  muss.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  75. 
SoMMlll|er,  die,  mezger,  floischer.    0  39. 


250  BnaJNGiR 

Sohlägeln:  Je  dass  dich!  du  ketzer!  entschuldigst  das  vieh 

Und  schlag  eist  so  wider  die  Orthodoxie.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.85. 
Sohlaghaflige  lähmang.    H  51. 
Sohlaudrigt-Iange  kleider.    Dan.  Stoppe,  NF.  206. 

Soblanmen,  Sohtoame:  Ich  dencke  hie  an  har,  su  bahl  ichs  nachts  derwadie, 

Os  schlaumt  mer  wie  gesoat  rächt  ungesandigliclL 
Dan.  Stoppe,  T.  Oed.  145. 

?0  müst  ich  mich  su  sihr  am  jammer-schloame  droahe.    S.  145? 
Schlendriren:  spazieren.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  L  saml.  75. 
Sohlenkerbraten:  Wie,  wenn  die  jmige-magd  den  schlencker-b raten  giebt 

Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  1. 
Sohlesing:  0  Schlesing  du  fiirstenthumb. 

Zu  dem  traurigen  spectacul  kom! 
Bewein  dein  fiirsten,  er  ist  mm  todt, 
Stund  dir  wol  an  in  vieler  noth. 
Ein   klägliches  klag-liedt  —  von  jhrer  durchleuchtigkeit  hoohseeliger  gedachtnoB 
erzherzog  Carle  zu  Ousterreich  usw.    Im  thon  zu  singen:  Hör  auff  mein  seel  trawr 
nit  so  sehr.    Costantz  1627  Wolgemui    Fl.  bl.  Frauenfeld. 
Sohliemen:   oder  auch  nur  mit  einigen   unter  die  aimen  und  an   die   schlieroen, 

schenckel  und  fusssohlen  angelegten,  woldurch wärmten  sandsäcklein.    0  109. 
Schlössen:       So  prellt'  im  kürass  hier,  auf  den  der  hagel  schlosst. 

Den  die  kartetsche  streut,  des  reuters  muth  erbosst.    Nachtged.  21. 
SohlQsselherr:   das  vorwerk  weisse  zeche  soll  von  dem  gericht  aller  fürstlichen  vögte 
frei  sein  und  nur  vor  dem  Schlüsselherrn  von  Röchlitz  zu  recht  stehen  solle. 
1320  bei  Steinbeck  H,  131. 
Sohmalgem:   Ich  schmalgerte  gewiss  an  grussen  küh-haut  vuhL    Dan.  Stoppe 

T.  Ged.  146. 
Schmatzen:   Wo  vor  der  feiste  karpf  im  teiche  den  tiefen  schlämm  mit  schmatzen 

sog.    Nachtged.  3.    Zu  Weinhold,  Wb.  85,  wo  diese  bedeutung  fehlt 
Schmauchen:   den  fabricierenden  durch  erregten  häufigen  schweiss  die  meiste  lebeos- 
kraft  abgezapft  und  also  die  armen  märtyrer  zu  tode  geschmäuchet  usw.    E44. 
Doch  nein,  da  du  (schöpfer)  uns  schmauchst,  erfüllst  du  land  und  seen 
Bey  andern  biß  zum  Überfluß.    Nachtged.  5. 
Vgl.  Ein  ieder  mensch  verschmacht  und  weis  nicht  was  er  spricht    Am.  Giy- 
phius,  Sonette  7,  7. 
Schmeer:     Feld,  das,  was  pferd  imd  mann  an  fruchten  ihm  entzogen, 
Mit  ihrem  schmeer  jetzt  wider  eingesogen. 
Nachtged.  26.     (Vom  schlachtfelde.)    Vgl.  Peter  Squenz  38. 
Schmieren:   ein  reiner    ungeschmierter  ungarischer-,   Rhein-   auch  Oesteneiobdr 

und  welscher  wein.    0  89. 
Sohmuh:   dennoch  aber,   obschon  so  gar  schlechter  seh  muh  mit  den  wasser-korw 

zu  eijagen.    H  208. 
Schnapsbein,  ob  schöpsbein? 

So  suchte  Hanns  auch  hier  ein  schnapsbein  zu  erhaschen.    D.  Stoppe,  NF.  220- 
Seigen:  Ob  sich  das  glück  auch  kalt  und  stürmisch  zeiget, 

Nie  lauer  wird,  als  sie  gewesen  ist, 

Und  stets  zum  grad  der  alten  wärme  seiget    Tralles,  Garlsbad  25. 
Anders:  durch  löschpapier  s eigen  51. 


LKZIKAUBGHBS  251 

Sdurotwerfc,  -hob  im  rohen  blookrerbande,   weil  kein  lehm  da,   aufgeführtes  haus, 

poln.  chatupa.    Müller,  Ztsohr.  f.  d.  kuli-gesoh.  IV,  550. 
Sehnmim  (Sohninnen?):  ritze  und  sohrumen  in  der  haut.    H  78. 
Sdiwager,  poetülon;  So  wurde  sohwager  Hanns,  der  kaum  aufs  pferd  gestiegen  usw. 
Dan.  Stoppe,  NF.  102.    Wahrscheinlich  altbair.  Begensburgisch-Taxisch  Schwager, 
rossekneoht,  bauer  oder  kosewort  =  freund.    Sehr  alt  ist  die  freundschaft  mit  dem 
kutscher  schon  bei  allen  Völkern. 
Schwode:  Der  ist  als  wie  ein  fuhrmanns-knecht,  der  seine  pferde  „hotte*'  lencket 
Und  doch  die  falsche  meynung  heget,  der  wag^i  wtlrde  schwode  gehn. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  153. 

Got  kan  uns  „hott''  und  schwode  drehen, 
Wir  mögen  wollen  oder  nicht     193. 

Seigerstimde:  Ein  kluger  spricht  ein  wort  und  hat  gehör  gefunden, 

Ein  narr  schwazt  oft  umsonst  zu  ganzen  seigerstunden. 
Dan.  Stoppe,  NF.  27.    Weinhold,  Wb.  90». 

^0iideii,  Schilfrohr:  riedgras,  carex  ahd.  semida. 

Und  mühn  uns  närrisch  gnug!  von  senden,  schilfif  und  mooss, 
Gott  sage  was  er  will,  ein  paradies  zu  bauen.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  211. 
Wenn  mein  vermögen  sich  noch  mehr  als  schilif  und  senden  aus  mangel  fester 
kraftt  vor  jedem  winde  bog.  228.    Vgl.  Alem.  III,  68.    XV,  138. 
SiebenMirgiselie  pferde:   Da  galouppiren  wir  mit  siebenbürgschen  pferden.    Dan. 

Stoppe,  T.  Ged.  114. 
Siedeiischneider  zu  siede,   geschnittenes  stroh:   grosse  klage  übers  haupt,   als  wenn 
lauter  siedenschneider  und  glockenleuter  darinnen  rumorten  H224.   Vgl.  side- 
wanne,  fütterschwinge.    Andr. Gryph.  267.    Ebenda:  du  sideschelmo!  292.  311. 
^iafeiii,  znaammen:    Da  meckern  die  ziegen  dem  bocke  zu  liebe 

und  siegeln  zusammen  mit  hitzigem  triebe. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  85. 

Sielen,  aQlen:  denjenigen  zwar,  die  tag  und  nacht  sich  schänden  und  sielen  (unter 
welchen  viel  ohrliche  handwercks-,  kiiegs-,  fähr-  und  landleute  sind)  und  noch 
dazu  nicht  viel  schmaltz  auf  die  zahne  haben  H  7.  Viele  (haben)  aber  sich  zwar 
lange  mit  ihm  ge sielet,  doch  endlich  im  kalten  bade  den  abschied  geben.  H  176. 
Erst  neulich  hatte  sich  eine  frau  mit  gicht- schmerzen  am  genicke,  schultern,  rücken 
und  armen  lange  ge  sielet  und  da  nichts  helfen  wolte  usw.  179.  Weinh.,  Wb.  96^ 

Wimmert:  Freut  ihr  bauerni  euch  deswegen, 

Wenn  der  simmert  abschied  nimt.     D.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  54. 

^omnieiian :  die  not  hiess  sie  ins  bad  steigen,  welches  ernstlich  zwar  sommerlau  — 
aber  kalt  genug  gemacht  wurde.    H  140. 

^padoniren  vom  studentendegen: 

Sie  mochten  ihn  auch  noch  so  stark  umringen, 

m 

Er  machte  sich  schon  platz  und  spadonirte  sich 

Die  überlegne  macht  mit  leichter  müh  vom  leibe.    D.  Stoppe,  NF.  29. 

Bpörnar  der  faulen  gefMsse  (reizmittel  ?)    Tralles,  Carlsbad  106. 
Splltoniie:  auch  alles  ausgiessen    der  spültonnen  und  andern  unflats.    031. 
Münder,  von  einem  geizigen  reichen:    Es  kam  mit  ihm  so  weit 

Dass  er  auch  nicht  einmal  den  Ständer  leiden  wolte. 
Dan.  Stoppe,  NF  59. 


252  BiRUNexB 

StsUlMi:  So  muss  die  art  des  lebens  zeigOD, 

Wer  unvermögend  oder  reich, 

Sonst  wird  man  hinterm  Steffen  geigen. 
Dan.  Stoppe,  T.  God.  46.    Soll  es  St  Christof  sem?    Sein  riesenbüd  an  Irimhhofin^    > 
leproseuhäusem. 

Stabeflnger:  ja  sie  (haut)  wird  der  kälte  endlich  so  gewohnt  werden,   daas  man 
jenem  skythischen  weit  weisen  wol   gar  im   winter   wird   stabefinger-nackei 
auf  dem  markte  herumspatzieren  usw.    H  81.    "Weinhold,  Wb.  20^. 

Striganer  hier:   und  ist  unter  denen  alhier  vorhandenen  bieren  das  Strigauisc] 
noch  das  beste ,  wenn  es  seine  rechte  aushchtung  hat    0  S9. 

SMentenhund:    Ein  ehrlicher  studentonhund 

Der  schon  dem  dritten  herm  auf  Universitäten 

Als  ein  bedienter  nachgetreten.    Dan.  Stoppe,  NF.  228.    Sohlenaofa^  . 
Stafenjahr:   ein  vornehmer  cavalier,   der  das  grosse  stufen -jähr  schon  überstieg 

H  140. 
Tlner  acy.  subst.  verb.     Tämern   durchfalle   brechen  H  220.     Abends  7  uhr 
schwach,   stehet  auch  halb  im  tämern  auf  225.  226.    Eine  ruhige  naoht,   aber 
tämern  2  stuhle  ohne  ihr  wissen  210.    Tämern  im  sdüafe  229.     Wie  sie 
stcnteils  nicht  bloss  beginnen  zu  tämern,  sondern  gar  zu  rasen  280. 
Ttoiaeli:  Vor  ungedult,  verdruss  und  pein 

Halb  tämisch  um  die  köpffe  seyn.    D.  Stoppe,  T.  Ged.1.  samL 
TlMeabavM:  0  tannenbaum!    0  tanncnbaum! 

Geh!  mach  der  braut  im  bette  räum! 
Der  bräutgam  lauscht  schon  von  der  weite 
Und  rüstet  sich  zum  liebesstreite.        Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  71. 
TaiMnailct:  auf  dem  markte,  gasseu,  häusem  oder  dem  tendalmarckt  (keine  ji 

veilaufen  lassen).    0  12. 
TritoobM:  Wie  die  kinder  um  weyhnachten 

Auf  den  heiigen  Christ  sich  freuen, 
Und  deswegen  zum  voraus 
Lachen,  traschen,  jauchzen,  schreyen  — 

Schatz!  so  siehts  bey  mir  jzt  aus.    D.  Stoppe,  T.  Ged.  Lsaml*        ^- 
TrMi:  unter  diesen  äusserlioh  treugen  grinden  und  scharfen  bleiben  die  boaen^K^^^^ 
zwar  stockend  usw.     H  IDl. 

TrMifeköpl^ :  die  ventosen.  treuge-  oder  ziehköpfe.    Infekt  0.101. 
TioWttMiMr:  zoisig: 

Er  hieng  ihn  zu  der  nachtigalL 

Allein  was  wai>'r     Des  tschätschers  naher  schall 

I  Wjtr^  dem  haushemi  eine  last,  die  ihn  nun  aaswerts  trieb.  D. Stoppe, NV     '-''• 

Tm,  ■!■:  wehklairen,  jammern: 

Die  ti>»nnung  dient  zu  grosssier  fnrade. 
Drum  thu  doch  nicht  ä^^  »hr  am  midi. 
J.  Chr.  0  umher  l-o:  auch  obonieutsch. 

:  ioh  über  lerne  dioh  ivi  weiten.    Dan.  Stoppe«  T.  Ged-  121. 

^-.ier  dvvh  U^y  manohen  eine  fast  unübervindbdie  iiatiirY  die  ihr  f^**** 
dt>r  kranokheit,  hitzio'm  wc.mine  und  feurigen  aitmey  zo^eick  iqgefi^  l«"-^*"* 
übermiiiniiot.  dass  >:t   «;•:  «iu  tracd  usw.     H  4d. 


LEXIKAU80HES  253 

Obersialeni:   sodann  hat  in  die  röhren,   die  der  durchlaufende  brudel  übersintert, 

die  luft  einen  freien  zngang.    Tralles  Carlsbad,  Abhdl.  41. 
UnlriMe:  alle  alte  lumpen,  umbhüllen,  die  nicht  gar  viel  wert.    0  58. 
Ungenurfl:         Wo  Amaranthens  geist,  wo  Brock  und  Günther  singen. 

Da  komt  ein  schlechter  reim  nicht  ungeraufft  davon. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  15. 
tintentockefl:  so  habe  ich  einige  besondere  casus—  dazu  getan  und  unter  die  vorigen 

gleichsam  untergestecket.    H  vorrede. 
^irMaHeii:   Galenus  selbst  Hess  schon  die  krancken  in  hitzigen  fiebern  so  viel  kalt 
\rasser  trincken  bis  sie  verblauten  und  durch  den  ganzen  leib  schnoe-kalt  wur- 
den.    H  41.     Eisskaltes  brunn-wasser  —  davon  ziemlich  gefrohren  und  verblaut 
83.    Mit  aufgedunsenem  verblauten  gesiebte.     101. 
VerdumpIlMi:   in  denen  fässem  —  dieser  edle  saft;  leicht  versauret  und  verdumpfe t. 

H  77. 
Varützeii,  sich:  Wenn  ich  mich  aus  lüsternheit 

In  ein  andres  gam  verfitzen 

Und  mich  selbst  verläugnen  solte.        Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  81. 
Ich  (die  spinne)  spinne  wie  du  siehst  imd  lebe  von  den  fliegen, 
Die  sich  in  meinem  gai-n  verfitzt    Dan.  Stoppe,  NF.  282. 

^^■"freesan:  Hat  Esau  an  des  bruders  linsen 

Das  recht  der  erst^burt  verfressen.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  120. 
^^Viuneuspeliing:  vom  andern  endlich  verkreuspelung  ihrer  fibrarum  schrunden  und 
xitze   entstehen.     H  73.     Vgl.   zusammenkreuspeln:    die   in    den   magen    sich 
^fhenden  kleinen  mündungen  der  milchgeßissgen  verbrennen,  zusammenkreus- 
peln, verletzen.    34. 
^^rkrummeii,  krumm  werden,  vom  alten  kater: 

Gott  liess  ihn  nun  zur  strafe  seiner  Sünden 
und  auch  zugleich  zu  ihrer  (der  ratten)  Sicherheit 
Nach  wünsch  verkrummen  imd  verblinden.     Dan.  Stoppe,  NF.  15. 
Sauf,  dass  du  musst  verkrummen  und  verlahmen.   231.    Iterativbildung,  schles. 
für  krimmen,  kratzen.    Peter  Squenz  24. 
^^niMUWOliei:   das  schöne  geschlecht  hat  —  ihre  von  natur  gute  oder  doch  passable 
haut  erbärmlich  vermanscht  und  verhuntzet.   H  72.    Weinhold,  Wb.  60*.    Vgl. 
mit  mancherley  manschereyen  die  heilung  —  schwer  machen.  89. 
^emsiTM:  Der  freude  post-pferd  bist,  vernarre  nicht  zu  sehr.   D.  Stoppe,  T.  Ged.  106. 
^erptempern,  sich:   Yerplempre  dich  fein  bald,   du  ungezogne  weit    Dan.  Stoppe, 

T.  Ged.  I.  saml.  8. 
^ermfen:  wochenmärkte,  kirchtage  oder  kirmessen  (nicht)  halten,  sondern  verruffeu 

lassen.    Infekt.  0.  11. 
Versackt,  versackung:   nachmals  aber  auch  die  versackten  Schenkel  luft  kriegen, 
ihre  yerstockenden  gewässer  in  gehörigen  gang  kommen.    H  54.    Wodurch  denn 
gefährliche  Verstopfungen   und  versackungen   in   den   kleinen   kanälgen   entste- 
hen.   281. 
Vanweieii,  entzweien,  sich: 

Ein  Organist  voll  aufgeblasenheit 

Yerz weite  sich  mit  dem  calcanten.     Dan.  Stoppe,  NF  63. 
Vcr-y  mhd.  Ter,  nhd.  ver,  algemein  mitteldeutsch  Weinhold  über  deutsche  dialektfor- 
schung  51,  b.    vorfallen.   Neue  gesindeordnung  s.  3.    vordechtig  kaiserl.  gerichts- 


254  BXBUNOSB 

orda.  1591.  vornewerte  gerichtsordnung  1591.  vormittelt  mAarerordnung  17. 
vorlaub  kauf-o.  1608;  in  der  leichenrede  n  vorgist,  vorgesaen,  vorlesdieii  usw. 
vormehelt  ebend.  vormitter  (venniether),  Yormittet  Ordnung  y.  1610.  MettfcB« 
haben  solche  texte  auch  zu,  zwi  für  ze,  za:  zurfallen  usw. 

Vorbeizielen.    Der  sommer  spricht: 

Mein  lieber  herr  wintert    Du  zielest  Yorbei, 

Bey  menschen  ists  sünde,  die  schwalbe  hats  frei.   D.  Stoppe,  T.Ged.8ö. 

Voreinnen:  sich  mit  Yictualien  und  häusslichen  artzney- mittein  zu  Yersehen,  auch  auf 
allen  fall  Yors innen,  wie  bey  ein  reissender  pest  gleich wol  die  zufahre  fSrisolMr 
Sachen  —  nicht  gar  nachbleiben  würde.  0  8.  Von  den  gassen- meistern  —  in  8. 
kreisse  genau  erkundigen  und  Yorsinnen  wie  aller  Unordnung  begegnet  14. 

Vulinde:  war  Yullnd  zu  Leipzig.    Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  143. 

Da  sorga  warn  mer  wul  doas  hartze  Yullnde  frassa.    145  usw. 

Warnigen,  warnen;  warnigung  f.  zu  jedermans  warnigung.    0  3. 

WaBcliidtzen:  und  düifen  sie  sich  nicht  befürchten,  dass  sie  durch  das  fleunge 
„schlickern*^  sich  zu  waschkitzen,  das  ist,  zu  solchen  personen  machen  werden, 
welche  auch  zur  unzeit  und  ohne  not  zu  waschen,  eine  unbändige  begierde  empfin- 
den.   H  72. 

Weiflfe:  Und  was  mein  wünsch  am  rocken  hat. 

Mit  Yoller  weiffe  Yor  dich  tragen.     D.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  samliS. 
An  wu  ke  flachs  nich  ihs,  do  kriegt  ma  nischt  zu  wehffa.    145. 

Weinzahn:  Er  schlug  sich  auch  den  wein  zahn  aus 

Um  vor  dem  podagra sich  zu  verwahren.  D.  Stoppe,  NF.  172. 

Widerseitig:  in  den  lezten  schlesischen  kriegen  ist  an  diesem  berg  mancher  znsam- 
menstoss  der  widerseitigen  kriegsvölker  geschehen  (am  Zobten).    Nachtged.30. 

Wille:  Doch  du  wirst  vor  willen  nehmen 

Und  der  notdurft  usw.        Dan.  Stoppe,  T.  Gred.  171. 
Mit  diesem  danke  nehmt  für  willen, 
Und  sehet  mir  in  den  himmel  nach  usw. 
J.  Chr.  Günther  ed.  Tittmann  s.  87. 

WItteni,  sieh  =  kund  geben:  ob  wol  der  algemeine  gottesdienst  in  kirchen,  auch 
wenn  etlicher  massen  die  pest  sich  wittert  12.  Stehet  zwar,  wenn  die  infektion 
sich  anfangt  zu  wittern  24.  Wenn  in  einem  orte  die  infektion  sich  wittert  29. 
imd  kein  kopfweh  hat  sich  bei  ihm  jemals  gewittert  106.  Wenn  scbmersen 
sich  wittern  201.  Wenn  sich  wider  einige  schmerzen  witterten  202.  A&df- 
Gryph.  Miguma:  hat  als  verläumder  sich  bey  Aeolus  „gewittert**  185.  .  Wenn  sich 
nur  ein  fieber  wittert.  J.  Chr.  Günther  246. 
Wochenideider:    Arme  muse!  — 

—  wirf  die  schlechten  wochenkleider  in  den  winckel  hin  osw. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  I.  saml.  21. 

Werff  ich  mit  dem  wochenkleide 
Auch  die  sorgenwochen  hin.    S.  54. 
Wochenetube :      Der  ort,  worin  sie  sich  im  walde  bergen  wolte. 

War  einer  bärin  wochenstube.        Dan.  Stoppe,  NF.  98. 

Wuhne:  welche  N.  im  winter  mit  dem  Schlitten  in  eine  wuhne  gefallen.    H  67. 
Wiilger:  trockener  (vorher  inflammierter)  Schenkel  schöpft  sich,  im  wasaer  aber  geh« 
von  wenigen  kratzen  ganze  wulgern  weg.    H  269. 


s» 


neugiang : 

Wifl  nun  die  krebse  stets  seht  wiui Jerhaftig  Heyn, 
So  kHmen  sie  anch  liier  tietrogBO  durci  den  setiein.    D.  Stoppe,  NF.  82. 
ichbUtleln  Fortunatl:   wenn  Fortuuati  wiinBch-hütgea  pder  Fsusts  mautal  noob  in 
remm  naturft  wäre,   fio  wiirila  ich  mir  die§üa  magische  ruhrwerk  auf  etliche  stnn- 
deu  ausbitten  [uid  mit  demsellwn  eine  spatzier -fahrt  auf  den  Panassum  anstellon. 
Ban.  Stoppe,  T.  Oed.  70. 
■,  alte  leiber 

Die  sohicken  sich  zur  liebes -pfiiclit 
Beynohe  wie  die  Taust  aufs  äuge 
Wie  braunes  Wurtzner  bier  und  seÜfeuBiederlau^e. 
Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  139. 

:  Ihr,  die  ihr  zauhes  holz  mit  stampfen  jlxteo  spalten.    D.Rtoppo,  T. Ged.  Uli. 
Zaches  QüsS'boltz  spalten.     105. 

und  wenu  auch  hinter  allen  aäuwien 


Ein  ofner  beichtstuhl  stünde  usw. 
Su  eh  putsche ,  wie  ich  bin 
Wächst  uich  binger  alla  zoim: 
Wenn  nicht  die  kinderfrau  zum  schein 
Der  nitlie  (beim  essen)  stets  leuh  um  den  ii 
So  wies  er  ihre  haud  mit  grossem  eifer  ab. 
wilher,  öfter  bei  Dan.  Stoppo,  NF.  (170). 

Selbst  die  iiogo  deines  glücies 
Schreirc  lebenslang:  m»ck!  meck! 
.Ite  Ziegen  auch  bisweilen  gerne  lecken.     140. 

)  hahn,  bildlich:  es  war  aber  nicht  zu  verwundern,  dass  auch  die  jun- 
witscberten  wie  die  alten  sungcn  und  krälieton.     H  vorrede. 
A.   BIBUNOItH  (+). 


Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  102. 


■eiten  loffel  gab: 
Dan.  Stoppe,  NF.  165. 


Dan.  Stoppe,  T.  Ged.  8. 


LITTEEATUE. 


:rage    der   gross herzogio    Sophie 
IV,  band  10.  11.    Weimar,  Hermann 


les  werke.  Herausgcgobou  im  ai 
von  Sachsen.  I,  band  i.  11.  12.  20.  3 
Böhlao.  1892. 

Das  jähr  1892  hat  sieben  neue  bände  gebracht,  von  denen  Ereilich  die  grüssere 

tfte  erat  knapp  vor  totschlage  erschienen;  von  den  eigentlichen  werken  erhielten  wir 

)f  bände,   einen  lyrischen,   zwei  dramatische,    sodann  „die  wafalverwanlscliaften " 

d  den  ersten  teil  dar  „ti%-  und  jahresliefte",    von  den  briefen  zwei  neae  bSnde. 

ider  ist  der  mit  Spannung  erwartete  epische  l)and  noch  zurückgeblieben  und  die 

.togebücher",   deren  Veröffentlichung   das  all  erdringendste  liedürfnis 

den  forscher  ist,  dem  doch  diese  ausgäbe  vor  allem  rechnnng  tragen  muss,   ruht 

t  schon  zwei  jähre,   obgleich  doch  gerade  hier  die  bearbeitung  keine  bedeutende 

iwierigkeit  liieteu  dürfte  and  man  mit  besonderer  Spannung  gerade  den  lonichst 

ideo  Jahren  1813  bis  1820  entgegensieht 

DcT  Bo  sehnlich  gewünschte  vierte  lyriscbe  band  ist  endlich  erschienen,  aber 

'  ihn  leuehtet  kein  glücklicher  stem,  da  dessen  redaktor  G.  v.  Loeper  versohied 

QT  deshalb  nur  ohne  begleitung  der  lesarten  und  paralipomena  eracheineu 


256  DÜMTZER 

konto,  die  gerade  hier  zur  eigentlichen  benutzung  unumgänglich  nötig  siiuL 
erscheinen  im  herbst  vernahmen  wir.  diese  würden  in  einem  folgenden  bände 
zugleich  mit  denen  zu  5  I  nachgebracht  werden.  Weiter  verlautete  daräbei:  \ 
nichts.  Der  band  begint  mit  den  98  gedichten,  die  der  vierte  der  ausgebe 
hand  als  ^Inschriften ,  denk-  und  sendeblätter *^  gab;  darauf  folgen  die  eist  qa 
ausgäbe  lezter  hand  teils  in  der  quartausgabe  und  den  ^nachgelassenen  weriLen' 
sonst  erschienenen  gedichte,  und  zwar  geordnet  nach  den  meist  in  den  frahfir 
den  von  Goethe  selbst  gemachten  rubriken:  vermischte  gedichte,  antiker  fon 
nähernd,  kunstgedichte  und  gedichte  zu  bildem  [eine  neue,  etwas  seltsame  ^ 
düng],  parabolisch  und  epigrammatisch  [Goethe  hatte  beide  geschieden],  an  pei 
löge,  Übersetzungen  und  nachbildungen.  Wir  wollen  auf  die  Unterbringung  d< 
zelnen  gedichte  nicht  eingehen,  finden  es  aber  verwirrend,  dass,  statt  alle 
gedichte  durch  ein  besonderes  titelblatt  als  ans  dem  nachlass  stammend  zu  b< 
nen,  jede  einzelne  abteilung  mit  der  marke  „Aus  dem  nachlass*  versehen  ist; 
ders  anstössig  zeigt  sich  dies  in  der  vorangehenden  inhaltsangabe  des  bandea. 
neu  ist  die  lezte  ,iaus  dem  nachlass  *  überschriebene  abteilung  ,|Jugendgedic 
fremden  sprachen*^,  die  ein  paar  französische  und  ein  englisches  gedieht  des 
ziger  Studenten  bringt  Den  schluss  bildet  ein  nachtrag:  ,  Goethe  zugesclu 
gedichte  zweifelhaften  Ursprungs*^.  Wir  bedauern  es  ausserordentlich,  dass  a 
der  Goethes  ehren  geweihton  ausgäbe  den  zum  teil  so  reizenden  Sesenheimer  1 
die  sämtlich  für  sein  liebesieben  hochbedeutend  sind,  der  makel  des  verdachtes 
heftet  wird,  wozu  alle  stichhaltigen  äussern  und  innem  gründe  fehlen.  Ab 
Spruch  der  redaktion  ist  einmal  gefallen. 

Ob  alle  hier  gegebenen  gedichte  schon   gedruckt  waren,  wage  ich  ni 
entscheiden;  die  lesarten  werden   darüber  auskunft  geben.     Unbekant  wan 
u.  a.  drei  an  fran  von  Stein   gerichtete  stossseofzer,  von  denen  die  beiden 
besonders  wertvoll  sind. 

Ilmenau,  den  21.  juli  1776. 

Zwischen  felsen  wuchsen  hier 

Diese  blumen,  die  wir  treu  dir  reidien, 

Verwelkliche  zeidien 

Der  ewigen  liebe  zu  dir. 

Eranichfeld,  den  2.  September  1776. 
Hierher  getrabt,  die  brüst  voU  tiefem  wühlen 
Planvoller  aussieht,  sehnt  sich  nun 
Mein  herz  ein  weQchen  auszuruhn 
Und  wider  was  für  didi  zu  tun. 

Dombuig,  den  2.  Oktober  177G. 
Ich  bin  eben  niigend  geborgen, 
Fem  an  die  holde  Saale  hier 
Verfolgen  mich  manche  sorgen 
Und  meine  liebe  zu  dir. 

Bdm  zweiten  ist  die  Zeitbestimmung  irrig. 

Der  elfte  band  entspricht  dem  zehnten  der  ausgäbe  lezter  hand,  und  ao 
er,  80  wunderbar  wie  dieser,  mit  ,Elpenor^,  obgleich  Goethe  sich  darüber  gi 
hatbe,  dass  dies»  wegen  äosserer  rücksichten  gegen  seine  bestimmong  von  veiii| 
dam  neunten  bände,   wohin  er  in  jeder  beziehung  gekort,   in  diesen  venosl  i 


ÜBKB  GOETHES  WERKE  (WBIM.   AUSG.)  257 

war.     Hinxagetreteii   siad  ^hier  die  ansätze  zu  einem  ^  befreitea   Prometheus  ^,   die 
bmchstücke  einer  tragödie  aas  der  zeit  Karls  des  grossen  (aus  dem  jähre  1807)  und 
hmohstüoke  yon  Übersetzungen  dramatischer  werke,   unter  denen  einige  verse  unge- 
druckt  sind.     Die  bearbeitung  war  unter   verschiedene  Qoethekenner   verteilt,   von 
denen  Zamcke,  dessen  zu  frühen  verlust  die  Wissenschaft  beklagt,  mehrei*es  übernom- 
men hatte.    Den  druck  des  n^lpenor*^  hatte  dieser  überwacht,   aber  bei  den  lesar- 
ten  moste  Julius  Wähle  für  den  hingeschiedenen  eintreten  und  seine  arbeit  vollenden. 
Sehr  erwünscht   ist  es,   dass  wir  von  „Elpenor^  neben  dem  von  Riemer  in  verse 
umgesezten  stücke,  wie  es,  aber  unter  Goethes  reger  teilnähme,  1806  gedruckt  wurde, 
nun  auch  die  ursprüngliche  prosaische  gestalt  erhalten,  obgleich  diese  streng  geuom- 
men  dem  bände  hätte  vorbehalten  werden  sollen,   worin  die  frühem  fassungen  der 
^Iphigenie^  und  der  Singspiele  sich  finden.    Waren  die  handschriftlichen  vorlagen  bei 
^ülpenor'  äusserst  wertvoll,  so  fand  sich  dagegen  für  den  darauf  folgenden  „Clavigo* 
nichts  handschriftliches  im  nachlass.    Der  herausgeber  konte  hier  wesentlich  Michael 
Bemays  folgen,  von  dem  er  nur  in  wenigen  fallen  abwich,  aber  nicht  in  der  andern 
Verteilung  der  reden  am  ende  des  vierten  aufzugs,  wo  nach  meiner  ansieht  die  werte 
9t  Hülfe!  sie  stirbt*^,  nur  Beaumarchais,  nicht  Buenco  sprechen  kann,  wie  ich  dies  in 
meinen  „Eriäuterungen"^  bemerkt  habe.    In  der  ausgäbe  lezter  band  war  der  offenbare 
felller,  dass  zwei  unmittelbar  aufeinander  folgende  reden  derselben  person  zugeschrie- 
beo   waren,   falsch  verbessert,  das  richtige  geändert,  das  falsche  beibehalten  worden. 
^V^ie  man  mit  Bemays  glauben  kann,   Beaumarchais  rühre  sich  nicht,   als  Marie  mit 
dem  rufe  „Clavigo!*^  zurückfält,  ist  mir  ein  rätsei.    Gerade  dieser  ruf  der  sterbenden 
nacli  Qavigo  hindert  Beaumarchais  weiter  in  Buenco  zu  dringen,  und  lässt  ihn,  ver- 
z^weifelnd,   dass  seine  wut  über  Clavigo  und  die  drohung,   ihn  zu  verfolgen  und  zu 
töten,  Marien  so  erschüttert  haben,   zu  dieser  eilen.    Während  er  und  die  übrigen 
sie    vergeblich  wider  ins  leben  zu  mfen  suchen,   fordert  Sophie  ihn  zur  flucht  auf. 
XixT  so  allein  gewint  der  auftritt  echtes  dramatisches  leben. 

Zur  nStella*^  lag  nur  eine  von  Goethe  verbesserte  handschrift  vor,  die  wesout- 
^idx  mit  dem  ersten  dmcko  übereinstimt.  Der  herausgeber  folgt  Bemays,  der  ihm 
Auch  Seine  vergleichungen  der  ausgaben  darbot.  Die  später  veränderten  stellen  sind 
»n  den  lesarten  gegeben.  Bei  „Claudine  von  Villabella"  konte  Goethes  eigenhändige 
11^  Italien  gemachte  reinschrift  benuzt  werden,  die  aber  bei  der  durchsieht  zum  teil 
^^Äik  verbessert  worden  war;  eine  abschrift  davon  hat  keinen  kritischen  wert.  Die 
zuq)  drucke  verwante  scheint  nicht  mehr  vorhanden;  einige  abweichende  stellen,  zum 
^^  mit  spuren  noch  fniherer  fassung,  bieten  die  handschriften,  aber  wesentlich 
^''^Qt  der  Wortlaut  nicht.  Auch  von  „Erwin  und  Elmire''  hat  sich  eine  reinschrift 
Goethes  erhalten,  daneben  eine  nach  der  rückkehr  aus  Italien  gemachte  abschrift 
^^  einem  abgerissenen  zettel  italienischen  papiers  stehen  die  verse: 

Hier  sitzt  in  ewig  neuer  pein 
Erwin,  bis  ihm  das  herze  bricht; 
Denn  ach  Elmire  denkt  nicht  sein 
Und  ach  Bomardo  hilft  ihm  nicht. 
7^^  herausgeber  vermutet,  sie  seien  ein  rest  des  Versuches,   mit  kleinen  änderungen 
^^  diesem  Singspiel  auszukommen,   gedenkt  aber  auch  der  möglichkeit,  dass  sie  die 
^terschrift  eines  als  Vignette  beabsichtigten  bildes  hätten  sein  sollen.     Aber  wenn 
^t  diditer  keine  wesentlichen  ändemngen  des  alten  Stückes  machen  wolte,  so  hätte 
**^  keine  für  die  vier  verse  passende  stelle  gefunden,  da  Erwin  gleich  anfangs  im  gar- 
^  aibeiteiid  und  sein  gefühlvolles  lied  singend  auftrat.     So   bleibt   nur  die   lezte 

F.    DEUTSCHE  PHILOLOGIE.      BD.    XXVI.  17 


258  DÜNTSEB 

möglichkeit  übrig,  wofür  auch  die  dritte  person  spriclit,  in  welcher  von  Erwin  die 
rede  ist  Bei  der  ^ Befreiung  des  Prometheus*^  ist  Zarncke  seiner  ersten  bearbeitnng 
im  neunten  bände  des  ,  Goethe -Jahrbuchs*^  gefolgt)  nur  nimt  er  jezt  als  leiten 
Sprecher  statt  des  Apollon  mit  einem  fragezeichen  den  Helios  an.  Dass  nicht  dieser, 
sondern  Hermes  hier  eintreten  könne,  glaube  ich  in  meiner  schrift  „Zur  Ooethefor- 
schung*^  bewiesen  zu  haben.  Darauf  folgen  die  „Bruchstücke  einer  tragödie*^,  üb« 
welche  die  lesarten  die  genaueste  auskunft  bieten.  Mit  recht  wird  der  titel  «Traner- 
spiel  in  der  Christenheit**  als  haltlos  und  ungeschickt  abgelehnt. 

Nun  folgen  „Dramatische  bruchstücke  aus  fremden  sprachen**,  zuerst  die  andere 
fassung  einer  stelle  des  „Eunuchus**  von  Terenz  in  der  bearbeitung  v.  Einidedels 
(dessen  lustspiel  „Die  mohrin'*),  dann  drei  verse,  welche  frei  eine  stelle  des  Sopho- 
kleischen  König  Oedipus  widergeben ,  aber  etwas  kühn  als  „  ansatz  **  betrachtet  wer- 
den zu  einem  theaterstücke ,  endlich  zwei  scenen  einer  schon  im  zwölften  bände  des 
„Goethe -Jahrbuchs**  ausführlich  besprochenen  Übersetzung  des  trauerspiels  ,|Bertraia^ 
von  Maturin. 

Hierher  würde  auch  ein  blatt  von  Goethes  band  gehören,  das  sich,  wie  ioli 
erfahre,  in  der  autographensamlung  des  herm  Philipp  Braun  in  Düsseldorf  befindet, 
früher  in  Schellings  besitz  war.  Der  obere  teil  der  seite  ist  abgeschnitten;  wal^v- 
scheinlich  stand  dort  die  Urschrift  der  stelle  eines  wol  englischen  dramas,  die  Goetbi' 
übertrug.    Die  Übersetzung  lautet: 

Mein  leben  geb'  ich  her,  ich  geb's  im  felde, 

Zu  edlem  zweck,  mit  ehre  nicht  umschlungen [,] 

Dem  netz  des  schlechten.    So  sind  wir  getrent. 

Ihr  gabt  mir  nur  [das  durchstrichen]  asyl  und  auch  in  diesem 

Stelt  er  mir  nach  und  also  bin  ich  ihm 

Nichts  weiter  schuldig.    Offenbarem  feinde 

Bin  offenbarer  feind.    Und  was  Euch  nützt. 

Das  fördre  ich  frey  in  meinem  freyen,  eignen, 

Eutschiednen  sinne,  wie  der  brave  mann 

Gerechter  sache  sich  verpfändet. 

So 
Unten  steht  die  bemerkung:  „Alle  Übersetzungen  sind  tastende  versuche**.    V.  3  hatte 
Sohelling  statt  „So  smd  wir  getrent**  verbessert:  „Das  entschied  den  riss**.    Die  über* 
Setzung  möchte  man  ins  jahi*  1799  oder  1800  setzen,   doch  fohlt  mir  dazu  aogeo- 
bhcklich  jeder  feste  anhält,  den  vielleicht  andere  finden. 

Der  zwölfte  band  bringt  zunächst  den  inhalt  des  elften  der  ausgäbe  ieztor 
band.     Von  der  ursprünglichen  gostalt  des  Singspiels  „Jery  und  Bäbely**  liegen  zra 
abschnftcn  vor.    Suphans  annähme,    die  zweite  habe  zu  dem  geschenke  gehört,  dtf 
er  im  Oktober  1782  der  herzogiu  muttcr  mit  seinen  ungedruckten  Schriften  gemacht, 
scheitert  schon  daran,   dass  Goethe  mit  bleistift  einen  teil  der  änderungen  darin  ein- 
trug, die  im  ersten  drucke  sich  finden;  auch  lag  sie  nicht  in  einer  gebundenen,  mit 
aufsehrift  versehenen  niappe,  wie  die  abschriften,  auf  die  Suphan  sich  beruft  Dass  über 
jenes  geschcnk  der  herzogin  mutter,  besonders  dessen  Schicksal  nach  dem  tode  derselben, 
jede  nähere  keutnis  fehlt,   ist  auffallend.    Auch  der  spätere  auf  ansinnen  von  Ctfus 
gemachte  schluss  des  Stückes  liegt  in  zwei  abschriften  vor,   unter  denen  die  dem 
drucke  zu  gründe  liegende.     Auf  die  erste  abschrift  des  Stückes  geht  die  Uofis  cfo 
lieder  und  angäbe  des  scenischen  enthaltende  handschrift  des  textbuohes  zurück.  ^ 
mitteilung  der  früheren  statt  des  prosaischen  gospräches  stehenden  ausführung  in  tbf 


ÜBER   GOETHES   WERKE   (WEIM.   AÜ80.)  259 

seil  ist  eino  erwünschte  zugäbe.  Die  ai'beit  des  herausgebers ,  der  sich  schon  fi-üher  um 
dieses  Singspiel  in  einer  Sonderausgabe  sehr  verdient  gemacht  hat,  zeugt  von  grosser 
Sorgfalt  und  einsieht.  Die  abschriften  des  folgenden  Singspiels  ^lala*^  geben  nur  die 
«weite  bearbeitung.  Auch  der  herausgeber  von  flLila*  hat  seines  amtes  mit  grossem 
fleiss  und  kentnis  gewaltet,  wenn  er  auch  freilich,  da  er  so  viel  vorgearbeitet  fand, 
i^ichts  bedeutendes  neues  liefern  konte. 

Keine  handschrift  lag  von  dem  Singspiel  „Die  fischerin*  vor,  doch  deutet  die 
»bschrifk  der  von  Corona  Schröter  herrührenden  musikalischen  bearbeitung    (gesang 
mit  klavierbegleitung)   auf  die  dem  ersten  druck  (von  1806)  vorangehende  fassung; 
^e  jenem  druck  vorausgeschicke  mitteilung  von  1782  zeigt  nur  eine  bedeutende  abwei- 
cbung.     Für  „Scherz,   list  und   räche '^    konte   zum  erstenmal  die  an  den  kompo- 
nisten  Kayser  im  august  1785  gesante  abschrift  benuzt  worden,   nach  Jüngers  bear- 
beitung in  einem  akte  (1790?),  bei  der  eine  jener  ähnliche  abschrift  zu  gründe  liegt. 
Über  das  Verhältnis   der   drucke   zu   einander  waren  wir   längst   unterrichtet.     Der 
Herausgeber  hat  seine  aufgäbe  treulich  gelöst.    Bei  „Der  zauberflöte  zweitem  teile*" 
wurde  nicht  bloss  auf  die  erste  fassung  zurückgegangen,   sondern  auch  das  wichtige 
scenarium  beider  akte  und  eine  bedeutende  anzahl  paralipomena  zuerst  gegeben.  Aber 
billigen  können  wir  es  nicht,    wenn  hier  auch  aus  einem  notizhefte  von  1794  „eine 
reihe  von  ganz  abgerissenen,  sehr  schleuderhaft  skizzierten  bemerknngen,  die  Goethe 
offenbar  bei  den  proben  der  eigentlichen  „ Zauberflöte "  niederschrieb,  mitgeteilt  wer- 
den;  denn  diese  „dokumente  für  Goethes  regieführung ",   die  mit  Goethes  zweitem 
teile  gar  nichts  zu  tun  haben,  gehören  deshalb  nicht  unter  die  „lesarten"  der  unvol- 
lendeten diohtung. 

Statt  der  den  elften  band  schliessenden  fest-  und  vorspiele  und  theaterreden 
erhalten  wir  hier  die  bruchstücke  anderer  beabsichtigten  opern,  zunächst  der  „Ungleichen 
hausgenossen".  Diese  gab  schon  Riemer  in  der  quartausgabe,  aber,  wie  der  heraus- 
geber Singer  bemerkt,  mit  oft  wilkürlichen  abweichungen.  Wir  billigen  es,  dass  auf 
Biemers  lesarten  keine  weitere  rücksicht  genommen  wird,  da  jeder,  dem  die  ver- 
gleichnng  zur  etwaigen  kontrolle  wünschenswert  scheint,  solche  nach  der  quartaus- 
gabe oder  den  nachgelassenen  werken  anstellen  kann.  Sieben  verschiedene  handschrif- 
töD  liegen  vor.  Mehrere  papierlagen  bieten  die  hauptmasse  (den  ersten  und  stücke 
<i68  vierten  und  fünften  aktes).  Ein  folioblatt,  das  ein  begonnenes  scenar  der  „Hoch- 
zeit des  Figaro**  gibt,  ist  abgedruckt,  weil  der  herausgeber  darin  eine  studio  zu  den 
»^Dgleichen  hausgenossen  **  sieht.  Jedesfals  bietet  die  neue  sorgfaltige  Vorlegung 
Mies  vorhandenen  die  erwünschte  handhabe  zu  eingehender  Untersuchung. 

Die  unsem  band  schliessenden  opemgesänge  und  -bruchstücke  erscheinen  hier 
'^  erstenmal  in  Goethes  werken.  Die  1794  gednickten  gesänge  aus  der  oper  „Die 
^reitelten  ranke**,  nach  Cimarosa  frei  bearbeitet,  werden  Goethe  zugeschrieben  nach 
^^  eignen  erklänmg  Goethes  an  seinen  enkel  Wolfgang,  sie  rührten  ganz  von  ihm 
^'*  Ob  dieses  zeugnis  ganz  streng  beweisend  sei,  bleibt  uns  doch  fraglich.  Die 
^P®*  ^wurde  zuerst,  was  der  herausgeber  nicht  unerwähnt  lassen  durfte,  am  24.  okto- 
^  ^794  gegeben.  Dass  Goethe  gerade  in  dem  vorangegangenen  monate  zu  einer  so 
'"'"'•'^groichen  arbeit  lust  und  zeit  gehabt,  kann  man  mit  grund  bezweifeln,  und  wol 
*^  den  hauptanteil  daran  dem  um  die  Umschrift  der  opern  verdienten  Vulpius 
^^^^iaen.  Jedesfals  scheint  uns  die  sache  noch  einer  eingehenden  Untersuchung 
^  oedflito.  Dagegen  ist  es  über  jeden  zwei  fei  erhaben,  dass  Goethe  selber  dem 
BeMse  in  rnusik  gesezten  schlusschor  des  zweiten  aktes  von  Racines  „Athalie** 
'^mlMgslegt  hat,   die  in  seiner  handschrift  erhalten  sind.    Wichtiger  als  seine 

17* 


260  DÜNTZER 

geringen  versuche,  17^6  Anfossis  ^Circe*^  neu  zu  bearbeiten,  sind  die  in  eine  ganz 
andere  zeit  und  Stimmung  uns  versetzende  oper  ^Der  löwenstubl*^  und  eine  andere  orien- 
talische. Die  hier  zum  erstenmal  gegebenen  bruchstücke  und  entwürfe  zur  eistein 
sind  von  höchster  anziehung,  da  man  sich  bisher  kaum  recht  vorstellen  konte,  wie 
der  dichter  den  stoff  seiner  Ballade  vom  veiiriebenen  und  zurückgekehrten  grafen  zq 
einer  ojmit  habe  verwenden  wollen.  Die  versuche  selbst  wie  die  dabei  angestelten 
versstudieii  sind  äusserst  merkwürdig.  Obgleich  die  ausführuug  des  ^Löwenstnhls^ 
bald  stockte,  machte  Goethe  zwei  jähre  S|)äter  den  entwurf  zu  einer  orientalischen 
oper,  dorou  namen  „Feradeddin  und  Kolaila*^  nebst  personen Verzeichnis  und  ein  paar 
ausgeführten  stellen  wir  erst  jezt  kennen  lernen.  Von  mehreren  andern  opement- 
wüi'fen  liabeu  sich  keine  schriftlichen  auf  Zeichnungen  vorgefunden. 

Der  zwanzigste  band  bringt  die  Wahlverwantschaften.  Da  nichts  hand- 
schriftliches dazu  vorlag,  für  die  ausnutzuug  des  druckes  zur  Verbesserung  des  Wort- 
lautes das  nötige  längst  geschehen  war,  so  fmden  wir  hier  nichts  wesentlich  neues. 
Die  an  zwei  stellen  (I,  11  und  II,  14)  angenommene  nachlässigkeit  der  redaktioo 
dürfte  bei  richtigem  Verständnis  sich  nicht  finden.  Läge  solche  wirklich  vor,  so 
hätte  der  herausgeber  sie  abstellen  müssen,  was  zu  tun  er  glücklicherweise  sich 
gescheut  hat. 

Im  fünfunddreissigsten  bände  findet  sich  der  erste  teil  der  Tag-  uo< 
jähre shefto,  wie  im  einunddi-eissigsten  der  ausgäbe  lezter  band.  Auffollend  fei 
die  einführende  bemerkuug  der  redaktion  vor  den  lesarte n,  so  daas  der  name 
herausgebcrs  ungenant  bleibt;  freilich  kann  man  ihn  aus  einer  anführong,  die 
s.  279  gibt,  erraten,  wonach  er  der  um  die  ausgäbe  unserer  hefte  bei  Hempel  ver- 
diente freiherr  von  Biedermann  ist.  Etwas  seltsam  erscheint  das  zunächst  über  ent= 
stehung  und  fortgang  der  bcschäftigung  mit  den  „Annalen**  aus  den  tagebüchei 
gezogene  summarische  protokoll,  wie  viel  tage  in  den  verschiedenen  jähren  Goethe- 
an  den  Jahrgängen  1749  — 1793  und  an  den  folgenden  einzelnen  jähren  Ins 
gearbeitet;  denn  dieses  ist  weit  entfernt  uns  ein  klares  bild  zu  geben,  wie  die 
beitung  der  einzelnen  jähre  aufeinander  gefolgt  ist,  vielmehr  wirkt  es  verwirrend 
die  zahl  der  arbeitstago  komt  kaum  in  betracht;  freilich  ergibt  sich  daraus, 
1749—1793  in  vierzehn  tagen  1819,  1820,  1823  geschrieben  sind,  dagegen  an 
1800  und  1807  schon  1817  gearbeitet  worden,  aber  die  Zeitfolge  hätte  deutlicher  d»: 
lesor  entgegentreten  müssen,  und  wann  die  abschnitte  1749  — 1763,  1764 — 1769,  171 
— 1775,  bis  1780,  bis  1786,  1787  — 1788,  1789  und  darauf  die  einzelnen  jähre  bis  r 
entstanden  sind,  ist  aus  der  summarischen  angäbe  am  wenigsten  zu  gewinnen.  A' 
dere  fragen,  deren  lösung  man  hier  erwarten  durfte,  das  Verhältnis  der  hefte  znd< 
Zeitschema  von  1809,  die  Charakterisierung  der  vorarbeiten  und  die  benutzung  <i 
briefhchen  quellen,  von  denen  besonders  die  briefe  der  mutter  und  die  Schülers 
für  die  kritik  des  Wortlautes  von  Wichtigkeit  sind,  hat  der  herausgeber  gras 
lehnt,  als  ob  dies  seinem  zwecke  fem  läge.  Unter  den  handschriften  der  Ta  ^' 
und  jahreshofte  führt  der  herausgeber  auch  den  quartband  (53  blatt)  raf,  „V^»"' 
arbeiten  zu  den  annalen  von  1749 — 1798"^,  den  er  zu  den  lesarten  bennst 
Sehr  wahrscheinlich  vermutet  er,  es  sei  derselbe,  dessen  abhandenkommen  nod 
auffinden  Goetlie  unter  dem  jähre  1822  erwähnt.  Zwei  volständige  handschrifteii 
hefte  haben  sich  erhalten,  die  eigentliche  druckvorlage  zu  band  31  und  32 
ausgäbe  lezter  band  mit  änderungon  von  Goethes,  Riemers  und  Eekexmaims 
und  die  ursprüngliche  handschrift,  auf  welcher  diese  beruht  In  lesterer  aöid 
blätter  ausgeschnitten  und  durch  eine  weitere  fassung  ersext,  aber  anoh  dk 


ÜBBR   GOETHES   WERKE   (WEIM.    AUSG.)  261 

geschnittenen  blätter  sind  vorhanden.  Auch  sonstige  handschriftliche  unterlagen  haben 
sich  von  einzelnen  Jahrgängen  erhalten.  Die  mitteil ung  der  früheren  fassungen  gibt 
der  neuen  ausgäbe  einen  besondem  wert.  In  der  altem  handschrift  liegen  die  jähre 
^749  bLs  1793  in  einem  umschlagsbogen ,  jedes  folgende  jähr  für  sich  in  einem  sol- 
chen; der  von  1794  trägt  den  Wahlspruch: 

Let  me  enbracce  thee,  good  old  chronicle, 
Thou  hast  so  long  walkM  hand  in  band  with  time. 
Die  samlung  der  Briefe  ist  dank  der  unermüdeten,  sorgfältigen  und  kentnis- 
i^chen  tätigkeit  von  Ed.  von  der  Hellen  um  zwei   bände  vorgeschritten,   von  denen 
<fer  eine  vom  9.  august  bis  zum  31.  december  1795  reicht,  der  andre  bloss  das  jähr 
1796  enthält.    Hier  setzen  die  ersten  briefe  von  Chfistiane  Vulpius  ein;  die  fiühoren, 
Qöler  denen  die  von  Venedig  und  aus  Schlesien  geschriebenen  von  besonderem  werte 
'Ȁren,   scheinen  verloren.     Auf  erfreuliche  weise  zeigen  sie  das  herzlich  innige  ver- 
Aültnis  Goethes  zu  dem  als  gattin  treu  geliebten  mädchen,   dem  er  auch  von  seinen 
Schriftstellerischen  arbeiten  so  viel  vertraut,    dass  sie  von  dem,    was  seinen  geist  in 
Ott    leidenschaftliche  oder  begeisterte  tätigkeit  sezt  oder  dessen  gelingen  ihn  erfreut, 
Qnterrichtet  ist.    Auch  an  den  hausfreund  Meyer  sind  manche,  daiomter  einige  bisher 
na  gedruckte  briefe  gerichtet;  dazu  kommen  die  älteren  freunde  Herder,  Jacobi,  Kne- 
bel ^    dann  Voigt,  Bertuch  u.  a.,    die  in  unserer  samlung  zuerst  erscheinenden  briefe 
Vk     JYitsch,   einzelne  an  das  dioskurenpaar  der  brüder  v.  Humboldt,   seit  1794  die 
reioli  fliessenden  an  Schiller,    die  freilich  zulezt  den  hauptstrom  bilden,  aber  ohne 
d&ss  es  an  bedeutenden  andern  briefen  an  manche  ausgezeichnete  männer  und  frauen 
felilt    Leider  sind  aus  dieser  zeit  nur  zwei  briefe  an  die  mutter  und  die  herzogin 
mxitter,  nur  einer  an  die  regierende  herzogin  erhalten,  von  Karl  August  nur  ein  pro- 
menoria.    Höchst  merkwürdig  ist  der  bisher  als  verloren  geltende  teilnehmende  brief 
9^   den  Präsidenten  Karl  von  Moser,   eine  damals  sehr  herabgekommene  grosse.    Die 
z&hl  der  hier  zum  erstenmal  gedruckten  briefe  ist  höchst  ansehnlich,  manche,  in  denen 
stellen  ausgefallen  waren,  erscheinen  volständig,   einzelnes  richtiger,    auch  die  datie- 
^ög  ist  mehrfach  urkundlich  verbessert  oder  neu  gefunden,   und  selbst  unter  den 
lesarten  werden  bisher  ungedruckte  briefe,    auch  sonstige  unbekante  nachrichten  mit- 
?^eilt,   wie  z.  b.  über  Goethes  pflegling  Peter  Baumgarten  (in  2969).     So  gehören 
«Je  neuen  bände  zu  einer  der  bedeutenden  bereicherungen  unserer  Goethelitteratur, 
ue  manches  aufgeklärt  und  festgestelt,   besonders  die  Überlieferung  der  briefe  sicher 
««steh  hat. 

Bei  einer  so  schwierigen  wie  massenhaften  arbeit  ist  es  nicht  zu  verwundern, 
^«on  trotz  alles  aufgewanten  fleisses  einzelnes  übersehen  und  verfehlt  worden.  Nicht 
^  kleioigkeiten  aufzustechen  möchte  ich  hier  einzelne  bemerkungeu  mitteilen,  die 
^f  bei  sorgfältigem  lesen  des  elften  bandes  gekommen  sind.  Den  zwölften  band 
^öitle  ich  später  näher  durchgehen  und  dariiber  gleichfals  berichten. 

Die  falsche  datiei*ung  von  2930  erklärt  sich  einfach  daraus,  dass  der  brief  am 
^^-  geschrieben,  aber  liegen  geblieben  war  und  nun  gleichfals  mit  dem  datum  des 
•«^aiigs  versehen  wurde.  Krabskrälligkeit,  dem  der  herausgeber  auch  etymolo- 
P^oh  nicht  beizukommen  erklärt,  deutet  auf  die  schmerzen  während  des  bezeichneten 
^'^^tandes.  Goethe  selbst  braucht  kribskrabs.  Krabben  nud  krallen  deuten 
***^  auf  stechende  schmerzen.  Von  einem  krabs krallig  ist  das  wort  abgeleitet.  — 
*^  2946  ist  ohne  zweifei  des  grafen  Görtz,  des  erziehers  von  Karl  August,  gebaren 
*"*  raiohstagsgesanter  in  Regensburg  gemeint.  —  Dass  der  Hildebrand  in  2965 
^'^lUls  hofoieistar  im  Nesselrodischen  hause  war,   steht  schon  in  meinen  „Freundes- 


262  DÜKTZEB 

bildem*^  s.  224;   er  war  später  Oberlehrer  am  gymnasium  in  Düsseldorf  und  hat  sich 
auch  als  Schriftsteller  bekant  gemacht.    Ihm  verdanke  ich  einzelne  angaben  in  mei- 
nen 9  Freundesbildem  ^.    Der  sonderbar  herangezogene  anatom  war  wol  nie  in  Pem- 
pelfori  —  Zu  2967  ist  ^Vermerk  Jacobis  e.  d.  10.  febroar  1793,  b.  d.  13ten<^  ofEen- 
bar  verdruckt.     Man  könto  zweifeln,   wclcho  der  beiden  zahlen  unrichtig  sei.     Ich 
habe  die  bricfo  vor  vierzig  jähren  in  der  handschrift  verglichen.     Diese   gibt  hier 
„empf.  den  0.,    bcantw.  13.'*  —    Im  datum  von  2968  muss  ,^27.  (statt  22.)  febr.-^ 
hergestelt  werden.—  2970  hat  die  handschrift  s.  51,  4  „gedruckten'^  statt  ,,gedrück- 
ten*,  52,  4  „Galizin*,  13  „bösem*,  53,  6  „die*  (statt  „denen*).    Daas  „die  veriiÄlt- 
nisse  der  handschrift*    s.  53,  2  fg.  die  ergänzung   „dass  ich  nicht  einsehe*'  wahr- 
scheinlicher machen  als  „nicht  emzusehn*,   leuchtet  mir  nicht  ein;   hier  fehlen  die 
Worte,   OS  ist  keine  lücke,   nach  deren  räum  die  ergänzung  sich  richten  müste,   und 
an  sich  scheint  mir,    dass  die  ergänzung  ^  nicht  einzuschn''  natürlicher  ist  als  der 
umständliche  satz  mit  „dass*.  —    2983  s.  71,  3  steht  „macht*  statt  ,|machte**,   2965 
s.  74,  11  „gerade*.  —  Wenn  es  zu  3009  (s.  105,  20f.)  heisst:  „Auch  aus  Jacobis  brief 
geht  nicht  hervor,  welches  gedieht  gemeint  sei*,  so  ergibt  sich  doch  ganz  unzweifel- 
haft aus   Goethes   äussorung,    dass   nur  das    „allegorische   glaubeusbokentois *,   das 
er  im  gedieht   „Der  neue  Amor'*  angedeutet  hat,   vorschweben  kann.  —   Entschie- 
den irrig   ist  der  zweifei   zu  3025,   ob   nicht   Jacobis    freund   und    rechnongsfiihrer 
Schenk,    sondern  der  prosektor  Schenke  zu  Jena  gemeint  sei.    Wie  wäre  dieser  dazu 
gekommen,  Jacobis  söhn  Max  fünf  Ix)uisdor  vorzustrecken?    Hier  ist  davon  die  rede, 
dieser  werde  die  von  Goethe  Max  gegebenen  reisekosten  durch  Schenk  erhalten,  dem 
er  sie  in  rechnung  briugc.     Iloinrieh  Schenk,    der  als  junger  Schreiber   bei  Jacobi 
eingetreten,   war  damals  sein  geschäftsführcr,   dem  er  die  geldangelegenheiten  seines 
Max  übertragen  hatte.    Weshalb  der  hcrausgeber  bezweifelt,  dass  es  der  im  registcr 
zum  VII.  bände  freilich  sehr  unbestimt,   auch  ohne   vornamen,   als  Schenck  ange- 
führte   sei,    weiss   ich    nicht.      Schenk    verwaltete,   da  Jacobi   auswanderte,   d 
besitztum  in  Pempelfort,  bis  er  1799  von  Düsseldoif,  wo  er  regierungsrat  war, 
München  als  geheimrat  berufen  wurde.     Als  Jacobi  1805  dorthin  als  prüsident  dei 
akadomic  kam,    war  Schenk  bis  zu  seinem  1813  erfolgten  tode  dessen  vertrautesti 
freund.  —    Die  datiorung  von  3045  gründet  sich  auf  die  annähme,   er  deute  auf 
zu  3047  angeführte  abhandlung.   Aber  den  aufsatz,  den  er  Lichtenberg  zusenden  wol 
schickte  er  nach  den  Postsendungen  diesem  am  30.  december  1793,  und  einer  weite! 
Verbindung  mit  diesem  in  bezug  auf  die  farbenlehre  wird  nicht  mehr  gedacht:   frei 
lieh  bliebe  die  möglichkeit,  dass  er  seine  absieht  nicht  ausgeführt  hätte.  —  Brief  305^ 
wird  annähernd  in  den  aprii  oder  mai  gesezt,    während  ich  ihn  der  mitte  Juni 
wiesen  habe.     Die  beweise  v.  der  Hellens  kann  ich  nicht  anerkennen.     Wenn 
am   20.  mai    das    zweite    buch   seiner    Übersetzung   des  Lucrez  Herder   brachte, 
schliesbt  das  nicht  aus.   dass  Goethe  diese  erst  einige  wochen  später  eriiielt; 
wir  ja  nicht,    wii'  lange  llcrdor   es  behalten  hat.     Noch  weniger  kann  die 
düng  der  o<lon  Baldes  bedeuten,  die  Knol^el  nsu:h  dem  tagebuch  am  18.  april 
zurückschickte;   denn  deutlich  ergibt  sich,    dass  Herder  seine  Übersetzung  nicht 
einmal,   sondeni  in  mehreren  abteilungen  den  freunden  mitteilte.     Die  nähere 
l>estimmung  muss  sieh  nach  der  absendung  des  ersten  buches  von  ^Wilhelm  Meisto 
zum  druck  riehton.   die  gegen  den  20.  juli  erfolgte.     Es  ist  nicht  unwahncheiiili^sJ^ 
dass  zwischen  der  einholun«:  des  urtoils  von  Herder  und  Knebel  und  der 


zwei  monate  lagen;  bald,  nachdem  <Joethe  diese  erhalten  und  erwogen  hatte,  lim    flr 
die  druckhandschrift  anfertigen,   sah  sie  durch  und  sante  sie  ab.    SohlMi  all  ar 


ÜBER  GOETHES   WEBKE  (WEZX.   AVSO.)  263 

7.  joli  an  Meyer  schrieb,   der  erste  band  werde  Michael  fertig  sein,   wird  er  eifrig 

am   zweiten  buche,   das  dieser  noch   enthalten  solte,   gearbeitet  haben.     Welchen 

abdraok  der  am  7.  mai  gehaltenen  rede  Bobespierres  er  mit  der  einladung  an  Knebel 

zurückschickte,   wissen  wir  nicht;   gewiss  war  es  nicht  der  im  Moniteur;  es 

kann  ein  besonderer,  mit  einer  besprechung  verbundener  gewesen  sein.    Wenn  wirk- 

^ch  am  15.  juni  Herder  und  Knebel  nicht  zusammen  bei  Goethe  zu  mittag  waren, 

^  kann  Knebel  abgelehnt  haben,   was  v.  der  Hellen  auch  bei  seiner  Zeitbestimmung 

umehmen  muss.  —  In  3078  die  einladung  nicht  auf  die  zu  den  „ Hören *^  zu  bezie- 

W  (s.  399),  sondern  auf  Schillers  anfrage,   ob  er  den  „Wilhelm  Meister*^  nicht  in 

^6n  „ Hören '^  stückweise  erscheinen  lassen  wolle,   ist  doch  gar  bedenklich,   auch  ein 

§nmd  zum  zweifei  gar  nicht  vorhanden;   denn  Goethes  äusserung:   er  habe  „wenige 

Wochen  vor  der  einladung**  den  roman  an  Unger  gegeben,  besteht  ganz  zu  recht,  da 

^  sich  nicht  um  die  einsendung  des  anfangs  der  handschrift,   sondern  um  den  ver- 

^T^ag  mit  dem  Verleger  handelt.  —   Zu  s.  205,  13  vermisst  man  die  bemerkung,   was 

^r    ein  brief  von  Maimon  gemeint  sei,  die  ich  in  meiner  freilich  schon  1859  erschie- 

^ex^en  Schrift  „Goethe  und  Schiller'^  gegeben  habe,  deren  einsieht  auch  wol  sonst  för- 

^ox^lich  gewesen  wäre.    Weniger  bedeutend  ist  die  hier  gegebene  Verweisung  auf  einen 

^''^lieren  brief  Schillers.  —  Zu  3156  erklärt  sich  der  herausgeber  gegen  die  annähme, 

^^Xlig  sei  hörfehler  statt  gefällig,   aber  höchst  gezwungen  ist  seine  deutung:    „Die 

"*^*-^*ch  Versendung  nach  den  mittelpunkten  Jena,  Frankfurt  u.  s.  f.  eingeleitete  Verteilung 

"^^^  exemplare  wird  eine  völlige  durch  die  tätigkeit  der  an  jedem  orte  bestelten  ver- 

^^^'tder'*.     Es  wäre  abgeschmackt,   wenn  Goethe,   als  er  die  für  Jenenser  bestirnten 

^^^exemplare  des  romans  an  Schiller  sendet,   bitten  solte,   sie  „nach  der  aufschrift 

^^^Xlig  zu  verteilen**,  ja  tatsächhch  ist  diese  auskunft  nicht  wahr.     Bei  den  vielen 

^^^^^ zweifelhaften  hörfehlern  des  Schreibers  Geist   ist  es   unkritisch,   offenbar  falsches 

zu  wollen.    Eben  so  verfehlt  scheint  es  mir  auch ,  gegen  die  annähme  des  aus- 

68  eines    zum   sinne  unentbehrlichen  wortes    sich   sträuben  zu  wollen.     In   den 

^rten:    „dass  mit  dem  neuen  jahie  die  subscribenten  der  , Hören'  eher  vermehren 

vermindern  werden**  (s.  300,  17  fgg.),   den  unertnigUchen  ausfall  des  „sich**  auf 

^^^len  gallicismus  schieben  zu  wollen,  ist  doch  recht  wilkürlich.    Die  dafür  angeführten 

^'^«llen  beweisen  nichts,  da  man  über  die  eine  anders  urteilen  muss  und  der  genetiv 

^^r  andern  nichts  weniger  als  aus  dem  französischen  herzuleiten  ist.    Ebenso  wenig 

%^t  der  gebrauch  von  anderer  s.  322,  11   von  einem  gallicismus  aus,   er  beruht 

^^  einer  allen  alten  und  neuen  sprachen  sehr  natürlichen  freiheit.  —    3208  ist  der 

^  alte  freund**  nicht  der  wilkürlich  hinein  erklärte  „kleine  August^,   sondern  nach 

^iner  Ooethe  auch  sonst  beliebten  weise,  er  selbst,  ein  porti'ät  Goethes.  —  3240  hat 

^er  herausgeber  mit  recht  s.  346,  14  das  von  Bemays  gefundene  neun  statt  neuen 

aufgenommen,   aber  in  demselben  briefe  (s.  346,  8)  lässt  sich  auch  das  von  mir  frü- 

l^er  gebilligte  meine  elegien  nur  mit  gewalt  durch  die  von  Bemays  angenommene 

^eatung  halten.    In  den  lesarte n  heisst  es:  entweder  sei  der  ausdruck  meine  läss- 

lieh  aufzufassen  oder  ein  hörfehler  statt  einige  anzunehmen.    Mir  scheint  es  jezt 

CMissei  zweifei,  dass  Goethe  diktiert  hatte:  „Hier  kommen  auch  neun  elegien**.    Schon 

^or  mehr  als  vierzehn  tagen  hatte  Goethe  Schiller  geschrieben:    „Heute  habe  ich  21 

pfioperzische  elegien  von  Knebeln   erhalten;    ich   werde   sie  sorgfältig   durchgehen**. 

SohiUer  war  darauf  sehr  gespant  und  bereit,   auch  ein  höheres  honorar  zu  zahlen. 

Daher  konte  Goethe  bei  der  Sendung  ganz  algemein  von  neun  elegien   (der  eüiund- 

swaosig)  sprechen,   ohne  dieselben   näher  zu  bezeichnen.    Schiller  uent  sie  auch  in 

einfach  „die  elegien**.  —   Wir  schliessen   mit  einem  unglücklichen 


264  KAÜFIMANN,   ÜBBB  HEBBMAlf OWSKI ,  DCUTtKlUB  OdmRLlHVB 

▼ersehen,  das  dem  herausgeber  bei  3234  begegnet  ist,  wo  er  unter  der  lieben 
Christin  Aorelie  yersteht,  während  man  meinen  solte,  jeder  kenner  voo  ,|Wilhdm 
Meister*^  könne  nur  an  die  schöne  seele  denken.  Aber  der  heransgeber  moas  geghobt 
haben,  Schiller  habe  am  9.  december  noch  nicht  den  dritten  band  des  romaBS  in 
h&nden  gehabt,  für  den  er  doch  schon  am  20.  november  dankt  In  jener  iilsobBa 
voranssetzong  schlug  er  denn  im  zweiten  bände  nach  und  meinte  auf  der  aogefohr* 
ten  Seite  das,  worauf  Goethe  ziele,  in  dem  satze  gefunden  zu  haben:  ,^  adMinea 
mir  wieder  zu  ehren  Ihres  dichters,  wie  andore  zu  ehren  der  Vorsehung,  ihM 
endzweck  und  plane  unterzuschieben,  an  die  er  nicht  gedacht  hat^.  Die  stalle  passt 
so  wenig  zu  dem  was  Goethe  sagt,  wie  Aurelie  als  „liebe  christin*^  gditen  kamt 
Die  von  Goethe  nach  der  Seitenzahl  richtig  angegebene  stelle  des  dritten  bandes 
habe  ich  schon  in  der  oben  genanten  schrift  angeführt,  und  sie  war  lei<dit  zu  find«, 
wenn  man  im  richtigen  bände  suchte. 

KÖLN.  H.   DÜRTZIB. 


Die  deutsche  götterlehre  und  ihre  Verwertung  in  kunst  und  dichtos;. 
Von  Paul  Herrmaiiowski«  I.  band:  Deutsche  götteriehre.  IL  band:  Germanisdw 
götter  und  helden  in  kunst  und  dichtung.  Berlin,  Nicolai.  1891.  IV,  284  und 
VI,  278  s.    4,50  und  3  m. 

„Das  vorliegende  buch  will  die  kentnis  der  deutschen  götterlehre  auf  grood 
der  Edden  und  alten  sagen  weiteren  kreisen  vermitteln.  Quellenmässig '  soll  gezeigt 
werden,  welche  anschauungen  und  bilder  von  den  germanischen  gottheiten  bereits  der 
Überlieferung  entnommen  werden  können.  Der  zweite  band  beschäftigt  sich  mit  «den 
künstlerischen  versuchen,  die  ihre  vorwürfe  aus  diesen  gebieten  gewählt  haben* 
(Vorwort).  Aber  der  vorfasser  hat  nicht  recht,  wenn  er  fortfährt,  der  Stoff  sei  echt 
volkstümlich.  Ich  fürchte  auch,  dass  der  breitspurige  plauderton  seiner  darstelloqg 
den  Stoff  nicht  volkstümlich  machen  wird.  Volkstümlich  werden  unsere  götter  erst 
werden,  wenn  einmal  einer  so  gründlich  mit  unserem  altertum  vertraut  gewordeD 
sein  wird,  dass  er  einen  antiken  charakterkopf  deutscher  nationalität  wird  entwerfen 
können.  Das  altgermanische  leben,  nicht  die  euhemeristischen  novellen  und  legen- 
den später  epigonen  müste  geschildei-t  werden.  Wenn  dem  künstler  palette  und  meissd 
bis  auf  den  heutigen  tag  die  arbeit  verdorben  haben,  wenn  ein  verheerender  Pessi- 
mismus sich  in  dem  genialen  musikdrama  die  schreiendsten  dissonanzen  der  Unwahrheit 
in  form  und  gehalt  hat  zu  schulden  kommen  lassen,  so  selten  wir  uns  mit  der  seit 
deutlich  genug  bewusst  geworden  sein,  dass  es  mit  der  nacherzählung  einer  compo- 
sitionslosen  isländischen  götterlehre  nicht  getan  ist,  dass  eine  anschauung  des  ilt68 
lebens  not  tut.  Dafür  war  das  können  und  wissen  Herrmanowskis  unzulänglich.  Anf 
die  darstellung  selbst  näher  einzugehen,  muss  ich  mir  versagen,  denn  es  wäre  gtf 
zu  viel  zu  beanstanden  und  zu  streichen,  gar  zu  viel  nachzutragen.  Aber  ich  kann 
nicht  schliessen,  ohne  den  guten  willen  und  die  gute  absieht  anzuerkennen.  Leider 
solte  es  dem  Verfasser  nicht  vergönt  sein,  uns  in  Zukunft  reiferes  zu  bescheren. 

HALLK   A.    S.  FRIKDRICH   KAÜFFMAN.V. 

1)  HerrmannwsVi  schApft  fast  alles,  was  er  bringt,  ans  secnndftren  quellen. 


XAÜFFMANN,    ÜBER  JRLUNEK,   GERMANISCHE   FLEXION  265 

Beiträge  zur  erklärung  der  germanisohen   flexioQ.     Von  M.  H.  JelUnek« 
JBeriiD,  Speyer  nnd  Peters.  1891.    110  s.    2,80  m. 

Die  ausgezeichneten  beobaohtungen  Hanssens  (Kuhns  ztschr.  XXYII,  612  fgg.) 
über-  die  wirkong  des  geschliffenen  (circomflectierenden)  und  gestossenen  accents  auf 
die     gotischen  endsilbenyokale  werden  vom  Verfasser  s.  11  mit  den  dürftigen  werten 
abgelehnt:  ,Ich  glaube  nicht,  dass  auf  diese  weise  die  Schwierigkeiten  gelöst  werden*^ 
(übrigens  steht  s.  11"  geschnittenen   statt  geschliffenen).     S.  65  anm.  wird 
diese  selbe  theorie  Hanssens  als  ,,  beachtenswert *^  erklärt;  trotzdem  hat  sie  Jellinek 
niclmt  genug  beachtet    Die  folge  davon  ist,   dass  seine  darstellung  des  vokalischen 
auslsutsgesetzes  (s.  1 — 60)  antiquiert  war,  schon  ehe  sie  geschrieben  wurde.    Jellinek 
wixxl  nach  den  Veröffentlichungen  von  Hirt,  Idg.  forschuugon  I,  1.  195.    Eretschmer, 
Ktilkna  ztschr.  XXXI,  358.    Streitberg,  Idg.  forschungen  I,  259.     Streitberg -Michels 
in    des  ersten  Zur  germanischen  Sprachgeschichte  s.  43  sich  von  der  Unzulänglichkeit 
seiii^cr  behauptungen  selbst  überzeugt  haben.     Nach  den  Untersuchungen  von  Eock 
kafin.  es  darauf  an,  mit  energie  der  frage  nach  einem  Zusammenhang  zwischen  den  nor- 
dis<2lien  und  westgermanischen  syncopierungserscheinungen  näher  zu  treten  und  zu  den 
voirwanten  erscheinungen  des  gotischen  Stellung  zu  nehmen  (eingehender  als  es  s.  17 
anzia.  2  geschehen  ist);   vgl.  jezt  auch  Hirt,   Idg.  forsch.  I,  216.    So  wenig  die  zahl 
dar    belege  grammatischen  wechseis  gegen  die  giltigkeit  des  Yemerschen  gesetzes  im 
gotischen  zeugt,  so  wenig  wird  durch  zahlreiche  ausgleichungen  im  endungsvokalismus 
di^    giltigkeit  eines  gemeingermanischen  syncopierungsgesetzes  in  frage  gcstelt    Seit- 
dexxi  durch  Eock  nachgewiesen  worden  ist,  dass  auch  das  nordische  an  dem  syncopio- 
m^Eigsgesetze  der  westgermanischen  dialekte  teil  hat,   müssen  die  gotischen  belege  in 
derselben  riohtung  gedeutet  werden.    Die  darstellung  der  nordischen  syncopierungen 
ist    trotz  einer  tabellarischen  Übersicht  unklar.    Es  war  von  den  urnordischen  mate- 
riellen auszugehen,    es  musten  die  älteren  mneninschriften  systematisch  ausgebeutet 
werden,   es  war  das  jüngere  vom  älteren  zu  sondern  —  nicht  bloss  mit  besternten, 
zam  teil  sehr   anfechtbaren  grundformen.     Urnordisch   begegnet   gen.  sg.   godagaa, 
9^€Üas;  dat  sg.  halaiban.    Jellinek  trent  sie  zeitlich  von  JiaPu-  hart-.    Er  iässt  diese 
erst  gleichzeitig  mit  dagox-dagr,  dagas-dags  entstehen.    Das  ist  falsch,  vgl.  hafni- 
*^^^aJ2  ekuProwctR  gleichzeitig  mit  cisugas;  oder  solte  -a  in  -aR  svarnbhaktivokal  sein? 
^<2h  halte  auch  die  Voraussetzung  für  unhaltbar,  dass  gedeckte  endvokale  später  syn- 
^Piett  sein  sollen  als  ungedeckte,  weil  ich  darin  eine  Vernachlässigung  des  sandhi 
^he;   ebensowenig  gerechtfertigt  erscheint  die  ausnahm estellung  für  endvokale  der  2. 
'^^^P-   3.  Silbe,  so  lange  wir  noch  an  dem  freien  accent  der  nebensilben  festhalten. 

Die  westgermanische  syncope  war  im  gix)ssen  und  ganzen  von  Sievers  cndgil- 

^    festgestelt  worden.     Das  von  Paul  aufgestelte   erklärungsprincip  wird  s.  29  fgg. 

^^nei»  kritik  unterzogen,   die  von  flüchtigkeiten  nicht  freizusprechen  ist.    Jellinek  hat 

^tcht  bemerkt,   dass  Paul  drei  ablautstufen  und  drei  intensitätsstufen  des  nachdrucks 

^^^terscheidet  (stark,   mittel,   schwach:   hochtonig,   tieftonig,   tonlos),    e  und  a  sind 

'^^^h  Paul  mittelstufenvokale  und  warum  auf  sie  die  von  Jellinek  als  unklar  bezeich- 

^^   stelle  nicht  anwendbar  sein  soll,  werden  andere  nicht  einsehen,    e,  a  sind  häufig 

K^nug  ohne  nebenton  anzusehen.    Bechtel,  Hauptprobleme  s.  106  hat  jüngst  hervor- 

®^*^olben,   von  welcher  bedeutung  der  Panische  satz  gewesen  ist:   es  können  nicht 

^^ei   aof  einander  folgende   silben   ganz   gleiche   tonhöhe   oder  gleiches  tongewicht 

^^^*oiL    Jellinek  hält  diese  tonabstufung  nicht  für  richtig.    Die  beiden  endsilben  in 

^«Ptttd^pgf  pferd^  sollen  gleichen  exspirationsdruck  aufweisen,    einen  unterschied  in 

^^r  toDstirke  könne  er  nicht  wahrnehmen.    Selbst  wenn  die  experimentellen  messun- 


266  KAUfFMANN 

gen  hier  eine  nachlässige  Selbstbeobachtung  erkennen  Hessen,   so  spricht  doch  Fanl 
nicht  allein  von  tonstärke,  sondern  auch  von  tonhöhe:  Jellinek  verschweigt  dies  und 
versäumt  den  nachtrag  Pauls  Beitr.  XII,  550  fg.  genügend  zu  berüoksiohtigea.    Will 
etwa  Jellinek  auch  die  schwankende  betonung  der  oomposita  ohne  ^^logisches  aocent- 
princip*^  erklären?   und  ist  nicht  die  grenze  zwischen  wortableitong  und  oompositioD 
unbestimbar?   Bei  zweisilbigen  encliticis  wäre  jedesfals  das  verbum  finitum  za  erwüi- 
nen  gewesen,  es  kommen  nicht  bloss  präpositionen,  artikel  und  pronomina  in  betncht 
(vgl.  übrigens  auch  Beitr.  VI,  132  anm.).    Während  die  neuesten  metrisohen  tfaeoie- 
tiker   in   voller  freiheit   zweisilbigen   wie  —  x  einen   nebenton   auf  ultima  geben, 
erklärt  Jellinek  diese  accentuation  für  unwahrscheinb'ch.  Von  einem  widerpnich  FlnJs 
in  der  betonungsform  ^  x  :  -i  ><  kann  nur  so  lange  die  rede  sein,   als  Paul  nicht 
verstanden  wird.    Paul  sagt  ausdrücklich,   in  pansa  sei  sowol  das  Schema  ik  als  tt 
möglich,   im  Satzgefüge  treten  vielfach  modiücationen  der  pausabetonnng  ein;   in  der 
silbonfolge  aa  a  müsse  aa  a  entstehen,    weil  eine  von  den  beiden  unbetonten  sflbeo 
den   nebenton  bekommen  müsse  und  die  zweite  ihn  nicht  eriudten  könne,   weil  oe 
unmittelbar  vor  dem  hoch  ton  stehe.    Inconsequent  erscheint  mir  bei  Paul  nur,  dass 
er  für  die  regeln  der  vokalsyncope  noch  die  quantitätsverschiedenheit  berücksichtigt 
Ich  wundere  mich,   dass  Jellinek  hier  nicht  angesezt  hat  und  in  der  annähme  von 
^  Satznebenformen  "•  nicht  consequenter  und  durchgreifender  verfahren  ist    Der  ein- 
wand,   nach  Pauls  anscbauungen  sei  ein  nebenton  wie  in  kdUnru  nicht  denkbar,  ist 
ungeschickt.     Paul  hat  s.  135  umständlich  genug  hervorgehoben,  dass  für  jeden,  der 
etwas  vom  leben  der  spräche  verstehe,  selbstverständlich  sei,  dass  der  in  der  flexion 
herschende  Wechsel  zu  einer  menge  von  ausgleichungen   habe  führen  müssen;  und 
s.  136  steht:   die  dreisilbigen  Wörter  hatten  im  nom.  und  acc.  den  nebenaocent  lof 
der  zweiten  silbe.    Jellinek  liebt  es  brevi  manu  zu  verkehren:   ahd.  hlintan  ist  int- 
logiebildung  nach  einem  utopischen  acc.  sg.  *dan  (statt  den)^  in  blintemu  liege  beein- 
flussung  von  Seiten  des  artikels  vor,    in  ags.  heafodu  u.  ähnl.'  sei  -t«  ursprünglich 
gefallen,   aber  nach  volzug  der  syncope  wider  angetreten  usw.    Selbst  bei  ags.  rim 
hat  Jellinek  nicht  erkant,  dass  eine  totale  Veränderung  des  flexionstypus  zu  gründe  liegt 
^  Erfahrungsgemäss  ^  ist  nach  Jellinek  s.  52  eine  zwischen  zwei  stark  betonten 
Silben  stehende  silbe  am   meisten  der  abschwächung  ausgesezt*    Es  liegt  hier  wider 
eine  Vergewaltigung  der  tatsachen  vor,  denn  Jellinek  hat  die  verschiedenartigkeit  dff 
satzrhythmischen  formen  ganz  ausser  acht  gelassen.     Der  satzrhythmus,   dem  eine 
form  *kvdnifang  augehört,  hätte  aucli  ein  *k-vdni  bewahrt,  und  *kvdnifang  in  einem 
Satzrhythmus,   der  kvdn  hat  entstehen  lassen,    hätte  auch  kvoinfang  ergeben.    Nor 
so  vennag  ich  differenzon  wie  kvdnfang  :  demda  befriedigend   zu   erklären.     Aber 
derselbe  Jellinek,  der  s.  52  jenen  erfahrungssatz  aufgestelt  hat,  belehrt  uns  s.  53  fgi 
wenn  -»-  in  *kvd?iifang  geschwunden,    so  brauche  es  gar  nicht  tonschwach  gewesen 
zu  sein !     Das  ündo  ich  widerspruchsvoll ,  nicht  aber  die  lehre  Eocks  von  dem  zusim- 
mengesezten  accent^    bei  der   Jellinek  reduktion  der  silbe  mit  reduktion  des  silben- 
trägers  verwechselt  hat.     Jellinek  erklärt  es  geradezu   für  ein  verurteil,   dass  mw 
vokale,  die  syncopiert  worden  sind,  für  unbetont  angesehen  habe;  gerade  der  neben- 
ton sei  die  ui*sache  des  aasfalls;    das  wesen  der  germ.  syncope  bestehe   gar  nicht 
darin,   dass  vokale  schlechtweg  ausgefallen,  vielmehr  daiin,   dass  -a  -e  -»  -w  antici- 
piort  wurden,  innerhalb  der  vorhergehenden  silbe  aiükuliert  worden  seien:  gttstiB'^ 
ga'stR.     So  lange  Jellinek   nicht  die  gesamte   uralauts-  und  brechungsbewegung  der 
altgermanischen  dialekte  als  jurgernianisch  erweist  oder  auch   nur  eine  veriuiderung 

\)  Vgl.  jezt  Beitr.  XVII ,  288. 


ÜBER  JSLUNEK,   GERMANISCHE  FLEXION  267 

des  Yokalismus  in  der  richtung  auf  -a  resp.  -e  -i  resp.  -ii  wahi'scheinlich  macht, 
erkläre  ich  mich  von  der  neuen  lehre  nicht  für  überzeugt  (vgl.  übrigens  Anz.  XIV, 
219.    Beitr.  XV,  261). 

Im  zweiten  lutpitel   wird   das   Schicksal  langer,   ursprünglich   durch   dental 
gedeckter  vokale  untersucht   (s.  60  fgg.).     Nach  Jellinek   ist  ahd.  -emu  alter  dativ, 
-^fmo  alter  ablativ.     Auslautender  dentaler  vorschlusslaut  habe  lange  vokale  ebenso 
geschult  wie  auslautender  nasal  (ist  -n  kein  dentaler  verschlusslaut?).    Im  dritten 
^itel  (8.  74)  beschäftigt  er  sich  mit  dem  nom.  sg.  der  n- stamme.     Jellinek  will 
Mer  für  das   got.  nom.  sg.  masc.  auf  -o   und   fem.  -a   nachweisen.     Er  stelt  die 
flexionsformen  der  fremdwörter  bei  Wulfila  zusammen  ohne  nennenswerte  ergebnisse 
lor  eiklärung  der  Unregelmässigkeiten.     Jellinek  meint  (s.  84),   Marja  „hätte  ganz 
gut  wie  giba  deklinieren  können^.    Weil  dies  nicht  geschehen  sei,   müsten  im  wul- 
filanischen  gotisch  schwache  fem.  auf -a,  -ins  existieii  haben!    Das  richtige  ist  natür- 
lich, dass  Matja  eine  ti'ansliterierung  von  Ma^m  ist,  und  dass  es  im  wulfilanischen 
gotisch   schwache   fem.  auf  -ö,  ins   gegeben  hat.     Dass   es   kein   Widerspruch   ist, 
zvreite  glieder  von  compositis  nicht  nebentonig  sein  zu  lassen,   solte  man  heutzutage 
nicbt  mehr  zu  sagen  brauchen   (Kluge  in  Pauls  Grundr.  I,  343).     Ich  freue  mich, 
Jellinek  darin  recht  geben  zu  können,    dass  in  der  germanischen  grundsprache  die 
sclieidung  der  „schwachen*^  declinationsklassen  nach  geschlechtem  noch  nicht  durch- 
geführt gewesen  ist,  dass  der  übertritt  vieler  -ä- stamme  in  die  n-declination  daraus 
zu.   erklären  ist,   dass  fem.  stamme  -ö  schwacher  flexion  bestanden  haben.    Jellinek 
hat  nur  die  geschliffene  betonung  des  nom.  -o  nicht  berücksichtigt,   sonst  hätte  er 
^  B8  nicht  auf  ein  *hanu  verfallen  können.    Jellinek  untei-schäzt  aber  die  bedeutung 
^^^  $fin  1^- Stämme  und  versteigt  sich  zu  der  behauptung,    die  n- stamme  seien  im 
germanischen  generis  communis  geworden!    Er  behauptet  s.  94,    dass  die  trennung 
der  genera  bei  den  n- stammen  dem  leben  der  einzcldialekte  zuzuweisen  sei  —  sagen 
^^  die  ausbildung  besonderer  flexionstypen  (namentlich  im  plural)  für  jedes  der  drei 
g^öera,  so  erkläre  ich  mich  einverstanden. 

Im  vierten  kapitel  handelt  Jellinek  über  gormanische  conjunctivo  (s.  94  fgg.), 

got.    .^au  sei  conjunctivisch ,  nicht  optativisch.    Die  behauptung,  dass  got.  hairau  auf 

^^^r-cpn  beruhe,   halte  auch   ich   für   unannehmbar,    dagegen   ist  *hherö(m)   durch 

^^,   Idg.  forsch.  I,  206  wahrscheinlicher  geworden    (vgl.  auch   Collitz  Bezz.    Beitr. 

^Vn^  241  fg.    Bojunga,  Idg.  forsch.  II,  184  fgg.). 

HALLE  A.    S.  FRIEDRICH   KAUFFMANN. 


>^arl  Lachmanns  briefe   an   Moriz   Haupt.      Herausgegeben   von   J.  Yahlen. 
Berlin,  G.  Reimer.  1892.    XV  und  264  s.    4  m. 

Die  kurz  vor  dem  100.  Jahrestage  der  geburt  Lachmanns  (4.  märz  1793)  erfolgte 

^«röffentlichung  der  briefe  an  seinen  ti'euesteu  freund  und  mitarbeiter  auf  dem  gebiete 

üer  klassischen  wie  der  altdeutschen  textkritik  ergänzen  in  höchst  ei*wünschter  weise 

^lö  biographischen  arbeiten  über  Lachmann    (ich  nenne  hier  ausser  dem  schon  1851 

®^hienenen  buche  von  M.  Hertz  namentlich  den  für  Ersch  und  Grubers  encyclopädie 

^Oö  J.  mid  Y..  Zacher,   sowie  den  für  die  Algemeine  deutsche  biographie  bd.  XVII, 

^"^"^481  von  W.  Scherer  verfassten  artikol).     Mehr  noch  als  der  im  11.  bände  die- 

■tt  leitschrift  mitgeteilte  briefwechsel  mit  AV.  Grimm  über  die  Nibeluugenfrage  und 

w  die  in  Pfeiffers  Germania  bd.  XU.  XIII  abgedruckton  briefe   eröfuen  diese  jezt 


268  RRDMANK,   ÜBRB  LÄCH3IANNS   BRIEFE  AK  EA.UFT 

zum  ersten  male  an^s  licht  treteoden  uns  belehrende  einblicke  in  Laohmanns  philo- 
logische Werkstatt  und  in  die  durch  die  eigenheit  seiner  denkart  und  Persönlichkeit 
bestirnte  art  seines  arbeitens. 

Die  samlung  —  vom  herausgeber  mit  sachlichen  erlänterungmi  (namentlich 
citaten  aus  der  gleichzeitigen  wissenschaftlichen  litteratur)  und  einem  register  ver- 
sehen —  enthält  nicht  weniger  als  117  briefe  an  Haupt;  dazwischen  zwei  eingelegte 
briefe  an  Haupts  Schwiegervater  Gottfried  Hermann  (von  1840  und  1845;  über  Nibe- 
lungen und  Homer,  sowie  über  Horazstellen)  und  ein  fragment  eines  briefes  tod 
Haupt  an  Lachmann.  Der  erste  brief  ist  noch  im  jähre  1834,  die  übrigen  von  1896 
bis  1851,  also  bis  kurz  vor  Lachmanns  tode,  geschrieben. 

Die   persönlichkeit  des   grossen   philologen   tritt  aus   ihnen    in   ihrer    ganzen 
schärfe,   doch  auch  mit  liebenswürdigen  zügen  (die  auch  in  den  früher  veröffentlich- 
ten briefen   reichlich  zu  finden  sind,    vgl.  z.  b.  Germ.  XII,  242.  247  fg.)   dem  auf- 
merksamen leser  vor  äugen.    Wir  sehen  die  stark  ausgebildete  individualität  des  miD- 
nes,   der  immer  mehr  auf  eigene  band  nach  lust  studiert  (s.  40),   der  „allerlei  leote 
verachtend,   sich  auf  die  ihm  zusagenden  lager  mehr  und  mehr  beschränkt*^  (s.  51); 
der  sich  der  grenzen  seines   selbstgewählten   arbeitsfeldcs   sehr  bescheiden   bewusst 
bleibt,   auf  lexikalischem  gebiete  keine,   auf  litterarischem   nur  vereinzelte  resultaie 
(^als  blindes  huhn*^)   gewonnen  zu  haben   bekent  s.  38.  41   und  selbst  auf  gramma- 
tischem  über   abnehmende    receptionsfähigkeit  klagt   (s.  7),   der   aber   innerhalb  der 
selbstgesteckten  grenzen  und  vor  allem  in  der  textkritik  —  und  zwar  einer  solchen, 
die  in  die  eigentümlichkeit  des  autors  liebevoll  eindringt  —  meisterhaftes  zu  leisten 
sich  bewusst  war,  deshalb  gesetzgeberisch  auftrat  und  jeder  unvolkommenen  Idstnng 
abhold  war  (s.  46)  ^     Wie  scharf  absprechend  er  sich  auch  über  ihm  untergeordnete 
oder  unsympathische  leistungen  äusserte  —  auch  in  diesen  briefen  ist  mancher  beleg 
dafür  mitgeteilt  — ,   so  spricht  or  doch  gegenüber  gleichartigen  und  gleichstrebenden 
naturen  ein  so  sehnsüchtiges  liebobedürfnis  aus  (vgl.  s.  50.  51),  wie  man  es  von  dem 
Verfasser  der  frommen  und  schwärmerisch -elegischen  Jugendgedichte  (Hertz  beiUge  A) 
nur  erwarten  kann.    Eben  daher  stamte  das  enge  und  von  anfang  an  brüderlich  za 
nennende  (obwol  erst  seit  1844  die  anrede  „du''  eintritt)  verhältniss  zu  dem  manne, 
an  den  diese  briefe  gerichten  wurden.    Die  bei  diesem  innigen  Verhältnis  in  den  brie- 
fen völlig  ungebunden  sich   zeigende  neigung  zum  spielen  mit  citaten,   parodien  ^ 
sogar  Wortwitzen  verschiedener   art   ist   charakteristisch   für  Lachmann,   ebenso  vm 
manche  anderen  gelegentlich  hervortretenden  züge    (z.  b.  die  s.  52  berührte  verliebe 
für  schön  gebundene  bücher). 

Notizen  zur  äusseren  geschichte  der  philologie  enthalten  die  briefe  natürüdi 
vielfach,  ebenso  nicht  uninteressante  mitteilungen  aus  dem  leben  der  stadt  und  Uni- 
versität Berlin  in  den  politisch  bewegten  jähren.  Unter  den  germanistischen  arbeiten 
Lachmanns  gab  besonders  die  bearbeitung  von  Hartmanns  Gregorius  1838,  ebenso  die 
teilnähme  an  Haupts  arbeiten  für  den  Erec,  die  lieder  und  büchlein  Hartmanns  häufig 
gelegenheit  zu  brieflichen  erörterungcn ,  aus  denen  vieles  wertvolle  bereits  in  Haupts 
vorreden  zu  seinen  ausgaben ,  sowie  in  kleinere  mitteilungen  seiner  Zeitschrift  übe^ 
gegangen  ist. 

KIRL.  0.    ERD9IANN. 

1)  Für  ftllo  boiührton  piinkto  besonders  charnkteristisch  ist  auch  noch  dor  rorioite  brief  w« 
25.  docembor  1850  is.  211  fp.). 


WUNDKRUCH,    ÜBKR  TATIAK,   BD.    SIEYERS  269 

Tatian  herausgegeben  von  Eduard  SleTers.    Zweite  nenbearbeitete  ausgäbe.    Pader- 
born, F.  Schöningh.  1892.    LXXV  und  518  s.     10  m. 

Gerade  zwei  Jahrzehnte  sind  verstiichen,  seit  der  Tatian  erstmals  in  der  bear- 
beitung  von  Sievers  erschien,  zwei  Jahrzehnte,  deren  arbeitstätigkeit  mancher  ei-schei- 
nung  der  70er  jähre  den  boden  ganz  entzogen  hat,  für  andere  mindestens  einen  völ- 
ligen neubau  notwendig  machte.  Auch  Sievers  hat  sich  für  die  zweite  aufläge  seines 
Tatian  zu  einer  neubearbeitung  entschlossen,  aber  die  neue  arbeit  beschrankte  sich 
mehr  auf  die  Vertiefung  schon  gezogener  linien.  Die  erklärung  hierfür  liegt  teilweise 
in  Vorzügen  der  ersten  aufläge,  die  sich  schon  mitten  in  den  neuen  weg  hinein gestolt 
hatte,  dessen  endpunkte  auch  unsere  neueste  ontwicklung  noch  nicht  durchmessen 
hat;  teilweise  liegt  aber  die  erklärung  auch  in  einem  mangel  der  zweiten  ausgäbe, 
in  der  sich  eine  gewisse  einseitigkeit  neuerer  herausgeber  um  so  greller  widerspiegelt, 
je  mehr  sich  sonst  die  schliffe  verfeinert  haben. 

Die  einleitung  nach  dem  vorwort  ist  jezt  auf  64  selten  (gegen  53)  angewach- 
sen, und  hievon  sind  48  unter  dem  titel  „Sprachliches"^  den  orthographischen  Schwan- 
kungen der  verschiedenen  Schreiber  gewidmet,   so  dass  alles  übrige:   handschriften, 
qaelle    und   Übersetzungskunst  abgehandelt    wird   auf   16  selten  zusammen.     Wenn 
ich    dies   als   misverhältnis   hervorhebe,    so    möchte    ich  natürlich   nicht  gegen   die 
sorgfaltige   orthographische   darstellung  einwand  erheben.     Im  gegentcU!    Es   ist  ja 
deutlich    wahrzunehmen,   dass   die   lautforschung,    nachdem    sie   sich   aus   den   fes- 
seln des  buchstabens  endgtlltig  befreit  hat,    neuerdings  doch  im  buchstaben,    in  den 
Schwankungen  graphischer  Überlieferung,  ein  mittel  zurückgewint,  neu  sich  zu  beleh- 
i^o.     In  all  diesen  mannigfachen  versuchen,  einen  laut  graphisch  festzuhalten,   spie- 
gelt   sich  eben  doch   der   laut   selbst   wenn   auch  unvolkommen  wider,    und  darum 
gerade  sind  alle  diese  schw^ankungen  der  älteren  Orthographie  in  der  tat  von  grosser 
(>«dentang.     Für  sie  bieten  nun   die   neuen   feststellungen  freilich  ein  ganz  anderes 
<naterial,  als  es  die  alte  ausgäbe,  abgesehen  von  manchen  lücken  und  versehen  ermög- 
licht hatte.     Bis  ins  kleinste   ist   das   ganze   detail   sorgsam   verzeichnet   und,    was 
Viesonders  erfreulich  ist,   übemchtlich  gegliedei*t.     Dass  auch   die  foimenlehre  aller 
^Diten  gestreift  wird ,  braucht  nicht  hervorgehoben  zu  werden ;  wol  aber  möchte  ich  auf 
^uisätze  zu  syntaktischen  beobachtungcn  hinweisen,    wie  sie  in  §  10.  2  hervortreten. 
Sievers  versucht  die  Schwankungen  zwischen  ihie  (the)  und  Uier  syntaktisch  zu  bin- 
den und  stelt  als  hauptträger  der  einen  form  die  demonstrativ-,  als  den  der  andern 
<lie   relativfunktion   des   pronomens   bin,    während   er   besser  vielleicht  von   den 
Schwankungen  in  der  betonung  ausgegangen  wäre. 

Überhaupt  aber  liegt  hier,  auf  dem  grenzgebiete  von  syntax  und  Stilistik,  der 
piinkt,  wo  wir  den  herausgeber  einer  gewissen  dürftigkeit  zeihen  müssen.  Schon  der 
§  119  genügt  nicht,  um  die  Übersetzung  als  solche  zu  würdigen;  und  wenn  sich  die- 
ser versuch  einer  Würdigung  in  §  120  schliesslich  zu  der  frage  zuspizt,  ob  wir 
es  überhaupt  mit  einem  Übersetzer  zu  tun  haben,  so  hätten  für  die  lösung  dieser 
frage  doch  ganz  andere  hilfsmittel  zu  geböte  gestanden,  als  §  122  fgg.  angewendet 
werden. 

Es  sei  gestattet,  diese  behauptung  an  einem  beispiel  eingehender  zu  begrün- 
den. Sievers  hatte  schon  in  der  ersten  aufläge  s.  49  fgg.  einzelne  Übersetzer  zu 
scheiden  gesacht  und  war  in  diesen  versuchen  dui'ch  Steinmeyer  (Ztschr.  f.  d.  phil. 
IV,  474  fgg.)  unterstüzt  worden.  Auf  Steinmeyer  geht  Sievers  nun  hauptsächlich 
zurück,  indem  er  einige  von  dessen  trennungslinien  mit  recht  beseitigt,  andere  dage- 
gen noch  schärfer  zieht.     Am  überzeugendsten  scheint  ihm  der  einschnitt  vor  kapi- 


270  WUNDKRUCH 

tel  77  (vgl.  §122  der  einleitung),  ja  schon  der  „oberflächliche  blick*  soll  zei- 
gen, dass  dieses  kapitel  „im  gegensatz  zu  allen  übrigen  sich  so  enge  an  das  latei- 
nische original  anschliessf^,  dass  es  mit  vollem  rechte  eine  „interlinearversion*'  genaot 
wei-den  könne.  Es  scheint  fast,  dai>s  hier  der  blick  in  der  tat  an  die  oberflücbe 
gebant  blieb,  indem  die  stilistischen  beobachtungen  anf  die  statistische  feststellnng 
einiger  iinsserlichkeiten  sich  beschränkten,  während  die  frage  „was  ist  interlinear, 
was  nicht ^  weder  diesem,  noch  anderen  teilen  der  Übersetzung  gegenüber  ernstlich 
erhoben  wurde.  Hier  muss  eben  auch  die  Stilistik  aus  jenen  rüstkammem  borgen, 
die  ihr  die  Syntaxforschung  der  lezten  jähre  bereit  gestelt  hat. 

In  der  Tatianübersetzung  ist  ein  so  enges  festklammem  an  die  lateinische  vor- 
läge wahrzunehmen,  wie  bei  keinem  andern  althochdeutschen  Übersetzer.  Um  so 
lehrreicher  sind  die  fälle,  wo  auch  diese  Übersetzung  schlechterdings  nicht  mit  der 
vorläge  gehen  kann,  weil  die  spräche  widerstrebt.  Ausnahmefälle,  in  denen  der 
spräche  doch  gewalt  angetan  wird ,  dürfen ,  namentlich  sofern  sie  auf  dem  gebiete  der 
Wortstellung  liegen,  in  erster  linio  interlinear  genant  werden. 

Hierher  gehört  nun  aus  77,  1  durchaus  nicht  so  sehr  rihhi  himilo  für  regnum 
celorumy  viel  eher  dagegen  accar  ihen  in  gengit  inti  furcoufit  ellu  thiu  her  habet 
inii  coufU  accar  then  für  emit  agnim  illuni.  Allerdings  wird  das  lateinische 
regnum  celorum  durch  den  ganzen  Tatian  hindurch  mit  verliebe  durch  himilo  rihhi 
widergegeben  (vgl.  72,  1  güih  ist  himilo  rihhi  inanne  u.  a.),  und  es  ist  weder  aus 
der  Stellung  im  satzc  noch  aus  der  veränderten  betonung  oder  bedeutung  des  wertes 
in  den  verschiedenen  belegen  ein  grund  für  die  änderung  in  77,  1.  2.  3  ersichtlich. 
Aber  die  Stellung  des  attributivischen  genotivs  ist  im  Tatian  überhaupt  nicht  fest- 
gelegt; in  anderen  Zusammensetzungen  tritt  der  genotiv,  der  sonst  gerne  gegen 
die  lateinische  vorläge  voranstoht,  häufig  auch  hinter  das  regierende  Substantiv  (vgl. 
z.  b.  eine  mustersamlung  in  145,  19).  Und  in  IOC,  4,  wo  wir  doch  unmöglich  zwei 
Übersetzer  scheiden  können,  tritt  uns  ol)pn  dieses  regnum  coehrum  gar  in  doppelter 
gestalt  entgegen:  T^uar  quidu  ih  ///*,  uuanta  otag  unodo  ingengit  in  richi  himilo 
(Amen  dico  vobis,  quia  dives  difficile  iiitrabit  in  regnum  caelorum).  Infi  abur  quidu 
ih  iii  odira  ist  olhcutun  thurnh  loh  naldun  \i  faranne  thanne  otagan  xi  gan- 
ga  nne  in  h  i  m  i  lo  r  i  v  h  i. 

Ganz  anders  dagegen  zu  beurteilen  ist  die  uachstellung  des  adjekti- 
vischen proDomens,  \We  wir  sie  in  (77,  1)  accar  then  vorfinden.  Schon  das 
attributive  adjektiv  wird  im  pegensatz  zum  attributiven  genitiv  nur  selten  nach- 
gestelt.  Am  ehesten  tritt  diese  Stellung  ein,  wenn  sich  die  attribute  häufen,  vgl. 
34,  ()  unsnr  bröt  tagalihhax  -  panem  nostrurn  rotidianum  u.  a.,  wobei  immer- 
hin gelegentlich  aurh  vorsuche  gemacht  werden,  dor  ungewohnten  erscheinung  ein 
vertrauteres  gepnigo  zu  geben,  vgl.  34,  7  iuuar  fater  thic^  hitn ilisco  =  paier  rester 
caelestis.  Einfaches  adjektiv  finden  wir  dagegen  bis  zu  unserer  stelle*  im  Tatian 
nicht  nachgestelt,  nachher  aber,  und  zwar  über  die  grenzlinie  hinaus,  die  Sievers 
für  den  Übersetzer  von  77,  1  fgg.  feststelte,  zeigt  es  sich  in  88,  8  habet  Hb  euuin 
-  ritam  aeJernam;  90,  2  sun  gotcs  Ubentifjat  ---  f  11  ins  dei  riri:  97,  2  hufigar 
strengi     -  famcs  ralida  u.  a. 

Und  selbst  pronominales  attribut,  das  wir  ganz  ähnlich  ausser  in  77,  1 
auch  in  der  von  Sievers  demselben    Übersetzer   über^^iosenon   partie  von  78,  2  fgg. 

1)  Vgl.  87,  2  uuilt  tha\  stiiituirUnningn. 

*i\  Vgl.  auch  G9,  9  ntm  giknusita  ni  bMihhet  int»'  lin  riohhfnii  ni  lefh't. 


ÜBER  TATTAN  BD.    SIKVERS  271 

belegen  können  (82,  6  faier  miner  =  pater  mett^},  findet  sich  auch  in  späteren 
abschnitten  nachgestelt,  vgl.  87,  4  giiiuelih  de  dar  trinkit  fon  xiuaxxare  thesemo 
=  fiui  bibit  ex  aqua  hae.  Ja  die  ganze,  allerdings  etwas  seltenere,  relativkon- 
struktion,  wie  sie  in  87,  4  (owÄ  uuaxxar  thax  ih  imo  gibu  ist  in  i^no  brunno  = 
9ed  aqua  quam  ego  dabo  ei  fiet  in  eo  fons)  vorliegt,  ist  ohne  die  möglichkeit  einer 
nacbstellong  des  attribnti vischen  pronomens  gar  nicht  denkbar. 

Also  die  beiden  bedenklichsten  formen  attribnti vischer  Wortstellung,  die 
uns  in  77,  1  begegnen,  sind  keine  erscheinungen ,  die  sich  ohne  weiteres  aus  dem 
gefdge  der  ganzen  Übersetzung  lösen  lassen.  Noch  weniger  ist  dies  aber  mit  eioeni 
Satze  der  fall,  der  noch  kräftiger  den  indruck  des  interlinearen  macht.  Aus  thcsauro 
fibscondito  in  agro,  quem  qui  invenit  hoftw  abscondit  ist  in  77,  1  geworden:  tre- 
9euue  giborganemo  in  accarey  thax  thie  ix  findit  man  gibirgit.  Wer  jedoch 
bieran  anstoss  nehmen  wolte,  betrachte  88,  12  Inti  der  mih  santa  fater  =  Et  qui 
«iwi<  me  p€Uer;  240,  2  ikio  xi  scribanne  sint  buoh  =  qui  scribendi  sxmi  libros. 

Damit  wären  die  hauptsächlichen  erscheinungen  erledigt,  die  den  ein  druck  des 
interlinearen  hervorgerufen  haben  und  die  sich ,  was  die  von  Sievers  construierte  par- 
^^  betrift,  gehäuft  nur  in  deren  beginn,  in  77,  1  vorfinden,  einzeln  und  zerstreut 
Aber  durch  das  ganze  gefüge  der  Übersetzung  sich  durchziehen.  Sie  bilden  den  unter- 
gnmd  ängstlichsten  klebens  an  der  vorläge,  auf  den  der  Übersetzer  immer  wider  ermat- 
tet zurücksinkt,  wenn  er  schon  da  und  dort  ausätze  zu  freier  Selbständigkeit  versucht 
hatte.  Und  gerade  auch  in  jener  partie  von  77,  1 — 82,  11,  die  Sievers  unter  einem 
Übersetzer  vereinigt,  kann  die  eingehende  Untersuchung  Schwankungen  zwischen  freier 
selbstfindigkeit  und  sklavischer  nachahmung  belegen,  indess  der  oberflächliche  blick 
nur  die  leztere  streift. 

Was  dann  endlich  die  rein  stilistische  seite  betrift,  die  Schwankungen  im 
^ort  gebrauch,  so  erinnere  ich  mich  ähnliches  auch  in  Notkera  Boothius  beobachtet 
*ö  haben,  der  ja  doch  auch  von  einem  Übersetzer  stamt.  Ein  lateinisches  wort 
^''^  ziemlich  regelmässig  durch  ein  entsprechendes  deutsches  widergegeben;  auf  ein- 
°**^  taucht  dafür  ein  neues  wort  auf,  das  für  eine  zeit  im  Vordergrund  steht  und 
^ch  andere  lateinische  termini  widergibt,  bis  es  wider  ebenso  plötzlich  durch  einen 
Qduen  eindringling  abgelöst  wird.  Oder  aus  schwerfälliger  satzfügung  entwickelt  sich 
^"'^ählich  ein  gewanter  stil,  bis  an  irgend  einer  stelle  die  bewegung  stockt  und 
^e  linien  wider  plump  und  ungelenk  werden.  Man  rechnet  bei  solchen  beobachtungcn 
^1  zu  wenig  mit  den  pausen,  innerhalb  deren  sich  die  arbeitstätigkeit  solcher 
^fangreichen  Übersetzungen  volzog,  mit  dem  Wechsel  der  Stimmungen,  der  arbeits- 
"®Udigkeit,  mit  der  Steigerung  und  dem  erlahmen  der  fahigkeit  u.  a.  Auch  ist  man 
^  geneigt,  aus  irgend  einer  wol  gelungenen  konstruktion  heraus  für  solch  einen  älte- 
*^  Übersetzer  ähnliches  gelingen  auch  in  allen  anderen  fällen  zu  postulieren,  obwol 
^^  gerade  diese  Übersetzer  deutlich  vor  äugen  führen,  dass  auch  ihr  können  nur 
^okwerk  war. 

Nach  dieser  seite  erkenne  ich  auch  den  Tatiau  als  ein  Stückwerk  an,  aber  ich 
*^te  den  beweis  nicht  erbracht,  der  die  stücke  auf  einzelne  arbeiter  verteilen  könte. 
^ol  aber  halte  ich  es  für  notwendig,  dass  eine  reinliche  Scheidung  interlineai'er 
'^^KUngen  and  freier  Wendungen  versucht  werde  und  dass  man  mit  berücksichtigung 
^^  eben  dargelegten  erwägungcn  ernstlich  der  frage  nachgehe,  ob  sich  vielleicht 
^  der  gnmdlage  einer  interlinearversion  eine  freiere  bearbeitung  volzogen  habe. 

Kehren  wir  zu  unserer  ausgäbe  noch  einmal  zurück.  Der  text  hat  durch  die 
^vgfiUtige  Verzeichnung  aller  rasiiren   sehr   gewonnen.     Durch   sie  wird   auch   über 


272  RkoaxL 

manche  freiere  wenduDg  ein  neues  licht  verbreitet,  wie  wir  z.  b.  bei  31,  5  sefaflo: 
inti  80  utter  so  thih  thuinge  ihax  thu  mit  itno  gest  ihuauni  serüto  =  Et  quicHm- 
que  te  angiariaverit  miUe  passus,  wo  die  ganze  zeile  bis  giat  auf  rasnr  itabi 

Auch  dem  glossar  ist  die  erneute  arbeit  zu  gute  gekommen.  Meist  wurde  dit 
volständige  angäbe  sämtlicher  belege  durchgeführt,  so  dass  die  seitensahl  aidi  um 
mehr  als  ein  drittel  vermehrte.  Ausserdem  wurden  die  belege  genauer  Bpedaliaiat, 
die  unterabteiluDgen ,  unter  denen  sie  aufgeführt  werden,  bedeutend  vermehrt,  wodurch 
freilich  wider  die  Übersicht  etwas  litt.  Auch  wird  der  reichhaltige  ertrag,  der  ans 
den  ausführlichen  belegen  dieses  glossars  gerade  für  die  syntax  abfallen  kOnte,  durch 
die  anläge  und  gliederung  wider  beeeinträchtigt. 

HKIDBLBKBO.  H.   WUMDEBUCH. 


Studien  zu  Hans  Sachs.  Von  Karl  Drescher.  I.  Hans  Sachs  und  die  helden- 
sage.  (Sonderabdrnck  aus  Acta  Germanica  U.  3.)  II.  Dasselbe,  neue  folge.  ICar- 
burg,  N.  G.  Elwert.  1801.     Iü2  s.    Anhang  LIV  s. 

Vom  ersten  teil  der  Drescherschen  Studien  ist  das  als  dissertatioo  gedruckte 
bruchstück  in  dieser  Zeitschrift  bereits  besprochen  worden  (XXIY  s.  204);  es  bot  voo 
den  7  abschnitten  des  ganzen  den  ersten   (Vom  hürnen  SeufHd)   und  die  erste  bälfte 
des  siebenten  (Von  der  königin  Theodolinde).    Das  zweite  kapitel  verfolgt  die  gestalt 
des  treuen  Eckhart  vom  Hofgesind  Venoris  an   (diesem  fastnaohtspiel  weist  Drescher 
wegen  der  fast  gänzlich  mangelnden  reimbreohung  mit  recht  zeitlich  die  erste  stelle 
an)  durch  die  dichtung  des  H.  Sachs  hindurch  und  weist  darauf  hin,   dass  diese  der 
H.  Sachsischen  ansohauuug  so  sehr  zusagende  gestalt  almälig  den  typus  des  wplmei- 
nenden  wamers  und  beraters  erhalten  hat,   so  dass  man  dahinter  zulezt  den  dicbter 
selbst  zu   erkennen   meint     Beim   quellennachweis   für  das   zweite   hierhergehörige 
stück:   Der  fürwitz  mit  dem  Eckhart)   betont  Drescher  den  starken,   bis  jezt  noch 
nicht  genügend  erkanten  einfluss,   den  Brants  Narrensohiff  wie  auf  jene  ganze  leit, 
so  auch  auf  H.  Sachs  gehabt  hat.    (Solte  nicht  z.  b.,   um  auch  eine  formelle  ame- 
gung  zu  erwähnen,   H.  Sachs   die   anwendung  des   dreireims   zur  bezeichnung  des 
abschlusses  dem  Narronschiif  und  seinen  dreireimigen  Überschriften  entnommen  haben?) 
An  einer  reihe  von  stellen  wird  nachgewiesen,  dass  H.  Sachs  die  interpolierte  Stru^ 
burger  ausgäbe  von  1494  benuzt  hat.    Zu  den  von  ihm  unrichtig  angewendeten  stel- 
len möchte  ich  es  auch  rechnen,  wenn  er  die  Brantschen  verse  vom  unnützen  jagen: 
yfder  ander  vofU  ein  hasen  offt,   den  er  hat  uff  dem  kommarckt  koufß*'  in  eebr 
nüchterner  weise  so  wendet:  O  Fürwitx  dein  rat  ist  gar  arekf  du  kauffst  es  ndur 
an  detn  nuirck.    Die  rolle  des  beraters  und  wamers   (ohne  mythologischen  hinte^ 
grund)  spielt  Eckhart  u.  a.  in  dem  gedieht:  Ein  clagred  dewtsch  landes  und  gespnch 
mit  dem  getrewen  Eckhart,  das  Drescher  im  anhang  zum  ersten  mal  nach  der  band- 
Schrift  abdiiickt.     Schliesslich  ist  die  gestalt  des  Eckhart  so  abgeblasst,  dass  er  in 
der  komödie:    „Der  kampif  mit  fraw  Armut  und  fraw  Glück *^   am  anfang  und  am 
schluss  geradezu  als  ehrenhold  erscheint.     Nach  besprechung   einiger  bei  H.  Sadis 
nur   kurz  erwähnten  gestalten  der   deutschen   holdensage   wendet   sich  Drescher  im 
6.  kapitel  zur  geschichte  von  Alboin  und  Rosamunde,  die  H.  Sachs  einmal  behanddt 
hat.    Den  stoff  zum  spruchgcdicht  entnahm  er  aus  Paulis  Schimpf  und  ernst;  ob  er 
zu  dem   (nicht  erhaltenen)   meistergesang  noch   eine  andere  quelle  benozt  hat,  i0t 
nicht  zu  entscheiden,    zur   tragödie   ist   die   quelle  die  Dänemärkisohe  ohronika  des 
Albertus  Krantz  in  der  Übersetzung  Heinrichs  von  Eppendorf ,  deren  drittes  biieh  voo 


tbiw 


573 


<W>ii  luf^bardischcD  k^migoo  haudelt;  in  der  trngndje  ,Tlie  swölff  argen  königin'  hat 

H.  Stohs  für  'lie  RoB&miiDde  sein  eigene«  s|iriicbgei)icht  heODzt.     Im  zweiten  teil  der 

,   UDtenuctiQiit'en    ober   ixe  konigia  Theudelinde    kap,  ^  sucht  Dreiicfaer  nachnuweiBeD, 

L  laas  (Uo  boiiiglicbcu  gediobt»  bei  Caspar  von  (br  ßoeu  aad  H.  Sachs  litteivisohi» 

I  alter  aagenüberlieferangen  seien,   die  auf  eintin  niytbus  der  Herowioger 

D,  der  in  Austrosieo  entstaDden  etwa  im  12.  oder  13.  Jahrhundert  am  Nie- 

^filwriiaiii  oder  in  Niedotsacbäen  einen  nou^  aostuBs  eoi  weiterentwieklang  erhielt  and 

^l'iBi    15.  jahrhuDdert   in   Uaterfrankei)    cioe   uns    gliicblicb    erhaltene   fixieruDg  fand 

^P(CL  itia  der  Boeo).    Darch  Verbreitung  ancb  nach  Tim)  gab  diese  sagenflzierang  viel- 

^rlmibt  auoU  einem  italienischen  dichter  die  anregnng  zu  ■.■iner  seiner  novellen   (Boo. 

[     Dw.  UI.  2i.     Freilich  teilt  diese  kombination  das  sdiicksal  auch  anderer  sogenge- 

>Cbichtlichen  aufstellnngeu ,  dass  an  ihr  Scharfsinn  und  phantasie  gleiulien  onteil  haben. 

I*Mr  Kchlusafolperang,  die  I>rescher  aus  seinen  unteteuchnngen  übet  H.  Sachs  und  die 

liftldnnsage  zieht,  dass  der  dichter  die  heldenssge  im  ganzen  wenig  poetisch  verwertet 

fcat.  wird  man  wol  Eustjminen  müssen.     Aucb  bei  ihm  macht  es  sieh  entschieden 

totiiefkllch,    dasB  der  gewaltig   hereinbrechend«  ström   der  durch  Italien  vermittelten 

kliueischen   littemtur  das    immer  matter  fliesGonde  gewässer  der  beimischen  littera- 

ilBcheD   äbedirrfemng   bei   eeite   drängt;    wobei    freilich    durch   kirche    und   leben    die 

aaüonalfl  eigeuait  genügend  gc^nhüst,  ja  bei  E.  Sacbn  noch  stark  genng  war.   auch 

lU^ra  fremdea  Stoffe  heimisches  gepräge  2U  geben. 

Die  uene  folge  der  Studien  enthält  ^oichfals  hauptsächlich  quellen Coreohnn- 
eon.  dooh  daneben  auch  andere  untorsucbungen,  sprachliche»!  und  metrisches.  Die 
ersten  G  Untersuchungen  beschllftigen  sich  mit  raslnachtspielen;  es  sind  weitere  bei- 
trug in  den  von  Goetze  begonnenen  nachweisen  über  die  «quellen  der  einzelnen  spiele 
luid  diu  Verbreitung  der  bebandelten  Stoffe;  dabei  ßndet  sich  auch  manche  hübsche 
lieiiiertuog  über  die  arbeitsweise  des  H.  Sachs,  seine  charakteristischen  Veränderungen 
itnrl  urweiterungeo  der  Stoffe,  auch  verändemugeu,  die  er  gegenüber  eigenen  frühe- 
ren bearbeihingen  in  meistergesängen  vornahm  (z.  b.  Der  halb  freundt).  Gegen  den 
toxi  ilieses  gedichtes,  wie  ihn  Drescher  nach  der  handsclirift  des  H.  Sachs  gibt,  zeigt 
^•o  h«i  Oüdeko  I,  s.  249  nach  der  Weimai'schen  handschrift  M  4  gegebene  fassung 
einige  ahwoichnngen,  die  deutlich  leigen,  wie  man  sich  den  unverständlich  werden- 
<^ii  tdterea  text  sprachgerecht  zu  ma(^heo  HncUte.  z.  b.  ist  v.  46  aus:  Ich  hab  allein 
_  •'•in  trew  erferet  ^  ioh  habe  deine  treue  nur  auf  die  probe  gestelt,  folgendes  gewor- 
I  hab  ich  dein  tren  erfaren',  was  natürlich  des  reims  wegen  anch  eine 
■Igleicbfals  abschwächende)  änderung  von  v.  52  zur  folge  hat  Bei  der  Untersuchung 
«Der  uoersetlich  geitzbunger"  ist  Drescher  wol  ungerecht  gegen  den  dichter,  wenn 
hm  den  Vorwurf  macht,  durch  die  klagen  gegen  seine  fran  setze  sich  Beicben- 
ger  in  widersprach  mit  späterem,  der  dichter  habe  also  noch  keinen  kiinstleriiwhen 
I  Uwhliclc  über  das  ganze  gewonnen.  Draschor  hat  hier  den  dichter  wol  nicht  licbtig 
_.  _..  Die  klagen  des  geizigen  sind  uicht  ernst  zu  nehmen;  sie  sind  nur  aus- 
I  «Uk  des  geizBs,  der  eben  ununterbrochen  klagt  und  seine  läge  als  ganz  erbärmlich 
«UoD  sucht.  Dass  dies  vom  dichter  so  gemeint  ist.  geht  auch  daraus  hervor, 
•  dar  geizige  der  frau  gegenüber,  die  ihn  um  geld  bittet,  ganz  andere  dinge  vor- 
■•Wiiigt,  als  er  vorher  im  Selbstgespräch  angeführt  hat.  Es  handelt  sich  dabei  um 
■^MctUliiibe  schwarzffirberei,  ganz  ähnlich  wie  beim  geizigen  im  Molinre,  der  anch 
B<M|  und  andern  gegenüber  sich  als  notli^idead  darvtelt  'Wenn  H.  Sachs  den  Bei- 
n  klagen  lässt,  daas  er  lOCXl  golden  liegen  habe  und  nicht  unterbrin- 
1  niemand  9Va  dafür  gebeu  wolle,  so  sezt  er  zwar  den  geizigen,  aber 

'.   ttBDISCHX  PBU«l«ail.      BD.   ULVl.  lä 


aioht  sich  in  Widerspruch  mit  sicli  selbst.  Das  erste  hoU  den  geizlioU  charatteri- 
sieren;  das  zweite  hervorheben,  dass  ia  der  tat  <ler  baweggniud  zur  veniutreQuiig 
nicht  dio  not,  sondiim  nur  der  geiz  ,der  uneisetlich  geizhunger"  iat,  wie  er  ja  auch 
das  stück  benajit  hat.  Der  2.  teil  beschäftigt  sich  mit  zwei  spruchgedichteu.  Dou 
hauptteil  bildet  der  3.  abaubnitt,  der  eine  interessaiite  &Bge  erörtert:  Hans  Sachs  un<l 
Ovid  bis  zum  erscbeioon  der  metamorphosenbearbeittuig  des  Georg  Wickram.  Drosebet 
weist  für  den  weitaus  grösteD  teil  der  Ovidisohen  stufTe,  die  H.  Sachs  bis  in  dJMen 
z«itpanit  behiuidelt  bat,  die  <tuello  uacb.  Wenn  unter  dieBea  zu  Bocicacoios  Oenet- 
logia  deorum  noch  keine  so  Tnibzeitige  Übersetzung  bekont  ist.  und  wetui  für  einigB 
stücke,  wie  Actuon,  Midas  nnd  zum  teil  Medusa  die  quellentrage  noch  luigelost  bleibt 
so  hat  Drescher  doch  ganz  recht,  weiio  er  trotzdem  Dicht  an  eiae  beoatiang  der 
originale  deakt.  Denn  mag  dem  H.  Saclis  auch  dos  werk  Ovids  wie  auch  Miden 
werke  des  klassischen  oltertums  und  der  renaissanco  noch  vor  dem  erscheinen  ainat 
(loutschea  Übersetzung  zugänglich  gewesen  sein,  so  liegt  doch  ein  hinweis  anf  direkte 
benutzong  nirgend  vor;  und  der  umstand,  dass  H.  Sachs  die  stoBe,  die  er  e.  b.  im 
Durchlauchtigen  weibem  des  Boccaccio -Steinliüwel  entnahm,  als  Ovidisoh  bezeiehiMl, 
ja  dass  er  auch  solche  stoSe  so  benent,  die  es  wenigstens  in  der  von  ihm  gegebmuiD 
ausfülirliohen  form  nicht  sind,  erklärt  sich  nach  Dreseher  volkommen  ans  den  dwi 
einzelnen  abschnitten  bei  Bociaccio-Stoinhüwel  vorgesezten  mottos,  die  auf  Orid  lU 
i^uetle  hindeuten.  Von  algemeineroa  bemorkiingeD  sei  hier  noch  emähut  der  hinwMt 
darauf,  dass  dio  form  bei  H.  Sachs  auch  für  die  stofbeliandluug  eine  grosse  nU« 
spielt  So  zwang  das  meisterUed  mit  Beinen  drei  Strophen  oft  zu  grossen  kürznueca, 
wülirend  das  sprachgedicht  grössere  ausführlicbkeit  erlaubte,  die  denn  auch  b«  d«r 
Umarbeitung  häufig  eintrat.  So  bleibt  bei  dem  meist«rgesang  ,Die  liebhabent  Hins* 
dio  in  dem  sprucbgodicbt  von  demselben  tage:  „Die  schentlich  liebhabeot  llim  mit 
irem  vatter  Cinera"  in  13  leilen  ersählte  geburt  des  Adonis  einlach  weg.  Änch  nag 
der  reim  nicht  selten  den  grmid  für  abweicbungen  von  der  quelle  gebildet  haben,  wie 
deim  überhaupt  die  cinwirkung  des  reims  auf  die  diohtung  des  H.  Snohs  gegenstanil 
einer  besondeni  botrachtung  zu  werden  verdiente.  Auch  bildliche  darstell uogen.  »is 
die  den  quollen  vorgednickten  holzschnitte,  waren  unter  umständen  nicht  ohne  nia- 
fluse  auf  die  gestaltoug  des  Stoffes  durch  den  dichter. 

Dorubaus  anschlieasen  mnss  man  sich  der  [orderung  Dreschers,  dass  anoh  ui 
bozug  auf  den  inhalt,  wie  bezüglich  der  form  eine  wirklich  fruchtbringende  H.  SHb- 
forschung  nicbt  möghch  ist  obne  die  stete  heraoziehung  des  handschriftlich  erhalten« 
matsriale. 

Bei  dem  nachweis,  dass  di»  Zusammenstellung  für  die  tragödie:  „Die  infiT 
argen  königin''  teibt  den  vorlagen  eatnommen,  teils  von  H.  Sachs  selbst  gemaobi  ii>. 
weist  Drescher  auch  darauf  hin,  dass  H.  Sachs  bei  der  liearbeitung  einoa  frfibsM 
Stoffes  oft  nicht  auf  dio  quelle  zurückgieng,  sondern  sein  eigenes  fniharcs  gedidil 
bonuzte,  wodurch  mancherlei  iLnderungen  wider  entstanden.  In  späteren  jihteu  0t 
es  daher  nicht  immer  möglich  und  such  nicht  notwendig,  für  jede  abweichung  wt 
besondere  quelle  namhaft  zu  machen.  Denn  die  grössere  belosenheit  and  Uttanuwite 
Sicherheit  des  dichtera  lässt  daraof  sohhessen,  dass  er  da  auch  manches  aus  «gMna 
wissen  oder  gatdünken  und  erinnorung  des  gelesenen  hinzutat 

Über  die  metrik  des  E.  Sachs  spricht  sich  Drescher  gelegentlich  aas  Id  ib* 
anmerkuDg  zu  s.  C3  fgg.  Darüber  ist  man  wol  jezt  allgemein  einig,  dass  die  ffotr 
löge  derselben  die  tdlbenzählung  ist,  neben  der  die  betonung  eine  geringe  rolle  qM 
da  dio  vurtragsweiüe  der  meistersinger  die  obren  gegen  den  onlarschied  von  beliaB| 


TBIEN    Ztl    ttAN'S    SAtlHS  275 

1  Benkang   abgesinmpft    haben   musto,     Auch   daria    stimme    icli    mit  DroBcher 

rnea  uboroin,   dass  synkope  imd  silbeaeiDscbiBbang  sehr  hüuBg  dfkzu  dienen 

,  did  notigo  silbentahl  hei'zustoUen ;    die  verse.  die  ia  den  handschriften  iiiclit 

S  «der  9  sUliun  habeu,  Usseo  sich  daroh  gmiz  leichte  änderaugen  auf  diese  zahl  brin- 

pHi  imd  müssen  nuuh  so   umgestaltet  werden.  —    Die   BprachlicheD   bsmerkiui- 

pn  am  schlnsae  weisen    (wie  auch  schon  ref.  bd.  XXIV,  a.  262  dieser  ztscbr.)  iiuf 

(i(  botwendigkeit  bin,  för  die  apranhücho  haarbeitimg  das  H.  Sachs  die  handschiiften 

iD  gninde  eti  legen;    denn  der  gedrufkte  text  der  folioausgabs  iteigt  so  ^el  wilkjir- 

I  bebe  sbwMchungtin,   ians  er  nicht  kut  gmudlage  spTachücher  nnt^isuobunjren  über 

L  Sachs  genoraincu  werdim  kann.    Für  den  gebrauuh  des  nmlautes  freilich  acboicon 

1  ifie  handsohrifteu  keine  geaügende  onterlage  za  geben.    Denn  wenn  der  ein- 

u-baken  sowol  für  das  u  wie  für   den   umlant   angewendet  vriid,   wenn  das 

n  umlautHzeiohen  (")  sowol  als  solches  wie  als  bezeiohuang  für  u  verweudiuig 

t,  wtmn  e  als  umlant  für  o  den  u-haken  teils  bekomt,   teils  aach  nicht,    wenn 

(-haken  hei  o  oft  überflüssiger  weise  steht  nnd  wider  da  fehlt,  wo  er  hingehört, 

.   Sachs   umgelautet«   und   nicht   umgelnutete   formen,   wie  der  reim  zeigt, 

nandor  verwendet,   so  ist  auch  dio  handschriftliche  gmndlage  für  die  spräche 

1  H.  Sachs  keine  unbedingt  feste,   weon  aucli  freilich  eine  sicherere  und  zuverläs- 

'N,  als  die  durch  die  wilkür  der  dmokor  vetänderte  spräche  der  folioausgabe  and 

r  «Inzeldnicke. 


rdsutache  satzban  dargestoit  von  Hermann  W DD derlleh.  Stuttgart,  J,  G.  Cotta 
»ohfolger.  1892.    XTV  und  253  s.    4  ni. 

Dieses  frisch  und  lebendig  geschrichuno  buch,  dessen  ontatehung  aus  eigenem 
Wirvortrage  an  vielen  stelleo  bemerkbar  ist,  erscheint  mir  zur  orientieruog  über  das 
erbiet  und  über  viele  probleme  der  deutschen  syntai  seht  geeignet.  Der  varlasaer 
fi^hl  durchweg  von  dem  heutigon  sprachgebrauch-e  aus  (Goethes  werken  vom  Götz  bü 
"al  er  mit  vorlielM  belege  entnommen)  und  erofnct  von  dort  einblioke  in  den  iiinter' 
E'^Uid  früherer  sprach perioden.  Freilich  kann  und  will,  zumal  beim  ersten  anlauf, 
'""  4ai^t«llung  auf  diese  weise  uioht  erschöpfend  sein.  Der  Verfasser  bezeichnet 
^  Selbst  s.  20  fg.  als  eine  skizzenhafte,  die  eist  bei  der  erforschung  einzelner  dook- 
"lUer  ToUe  färbe  erhalten  könne;  doch  bietet  er  an  manchen  stellen  neben  der  orien- 
''*tviidea  nbemcht  anch  neue  beitrage  zur  1ösun£  schwieriger  fragen. 

Dio  eintoilung  des  stoffos  schliesst  sich  —  was  auch  ich  für  dos  förderlichste 
'('te  —  an  die  sonderang  der  Wortklassen  an.  Aber  nicht  nur  gegenüber  der  Becker- 
f^W]  identiücierang  des  satzes  mit  dem  urteil  liat  der  Verfasser  Stellung  genommen 
'"•2  fg..  vgl  s.  17  —  19.  108—110),  sondern  audi  an  iüteren  lebrbüoliorn  von  Schot- 
•»Uä  bis  auf  Adelung  übt  er  gelegeutlich  seine  kritik.  Im  Vorworte  wio  au  ver- 
"adeueii  stellen  dos  buehes  findet  or  veranlassung,  gegen  Wustmanns  ,aprach- 
■öinheiten"  aufzutreten. 

loh   hebe    einzelhaitou  heraus,    im   weseatlichen   der  anordnung   dos    buehes 

Klar  oad  zum  nachdenken  anregend  ist  die  erürtemog  der  sStze  ohne  vcibum 

B^  %'  i'*^  137),   sowie  die  orörtorung  dw  einzelnen  Wortklassen  s.  12  —  19.    Ülior 

^  Imipom  lies  verbams  ist  s.  3S  fgg.  manches  gut  gesagt;    zur  erkUrung  des  nhd. 

™8nitin  bm  lerrden  itb  faturumscbreibung  zieht  Wanderlich  s.  41  neben  der  analogie 

18* 


876 

der  andereo  liIUsTarba  auch  die  venuenguag  der  inflnitivrcinn  mit  dem  fl< 
psrt.  pracs.  heran. 

NioLt  billigen  kann  icti  die  «rklärung  der  DebensütKe  mit 
(>M,  en-)  s.  69  fg.,  in  denen  IVunderlioli  deu  uot^uncttv  ob  ^jussiv*  aoffutst  wi 
von  der  negatioD  meint,  dass  sie  couventiDDell  aucb  in  fügungen  hiaübergenatnmeD 
worden  aei,  mit  denen  sie  eigentücii  nichts  zu  Bchaffen  gehabt  habe  (b.  71).  Ader 
gerade  in  den  Kltesten  und  am  besten  überlieferten  fallen  iüt  die  negaäon  immer  ror 
banden,  vgl.  die  beispieUomlaug  bei  Dittmar  im  Ergänzungsbande  unserer  seitscbnlt 
(1ST4);  und  deshalb  pasat  für  diese  riille  nur  die  conditionate  oder  excipierende  bedeo- 
tung  dieser  merkwürdigen  nebensfitze.  Später  erst  zeigt  sich  die  neignng,  die  negs- 
tion  fortzulassen;  diese  fartlassung  mag  bisweilen  durch  eine  jussive  aufla-ssiing  ÜM 
oonjunotivs  befördert  worden  sein  (wie  z.  b.  Nib.  14,  4  t»  icelk  got  bekiielen  eigeol- 
tich;  wenn  Gott  ihn  nicht  boacbutzen  will,  aber  leicht  verbunden  mit  dam 
gedanken:  Gott  wolle  ihn  beschiltzenl 

Das  schwielige  problem  der  stellong  des  verbunis  am  Mtblnsse  des  nebnsitue 
wird  s.  88  —  95  bebandelt-,  Wunderlich  versucht  s.  91  fg.  eine  neue  erklining,  bden 
er  darauf  hinweist,  dass  das  verbum  im  nebensatze  deutlicher  und  bewusster  aU  im 
hauptsatze  als  trfiger  der  einbeit,  als  cotwendigo  unterläge  aller  besUmmongon  gefiad 
werde,  "Wahrend  ich  diesen  gedanken  als  geistreich  und  thiohtbar  anerkenne,  kann 
ich  keinen  genügenden  gnind  dafür  ünden,  dass  Wnndorlich  den  einen  nonnal^pni 
der  verbalstallung  im  hauptsatze  („verbum  an  zweiter  stcUc")  s.  97  in  drei  t^yv 
zerlegen  will.  Die  „Inversion"  nach  und  wird  s.  103  berührt,  ihre  vecsuhiedentu 
fälle  aber  nicht  genügend  geftondert;  vgl.  J.  Poeschel,  programm  Grimma  1891- 

Die  geuera  und  numeri  des  nomens  sind  mehr  lenikaliach  als  syntaktisdi 
behandelt;  fast  gar  nicht  besprocheE  ist  der  gebrauch  des  inflnitiTB.  Die  begriflich« 
absonderung  relativer  (d.  h.  ergituzungs bedürftiger)  substantiva  (s.  120  Ig.)  ud 
ndjektiva  (s.  167  fg.)  ist  fruchtbar  gemacht-,  festzuhalten  ist  natürlich,  doss  ancb  M 
dem  wandel  unterworfen  ist 

Bei  der  lehre  vom  accusativ  ist  die  Zusammenstellung  von  objektan,  die 
durch  die  verbaltätigkait  vergehen  («f  i^seJineitUi  die  pfeife)  mit  solchen,  üs 
durch  sie  entstehen  {er  schneidet  pfeifen)  a.  144  mindestens  aoffiülend.  Der  Si> 
litive  accusativ,  der  einen  durch  die  handlung  erst  entstehenden  oder  bewirkten  gegw- 
stand  angibt,  verdient  für  sich  betrachtet  zu  werden,  und  diese  betrachtung  iat  genl» 
im  deutschen  sehr  fruchtbar  und  lehrreich;  ihm  gegenüber  aber  noch  etwa  dttM 
«destructiveu''  abzusondern,  süheint  mir  unnütz,  da  das  vernichten  (grammatiwti 
betrachtet)  nur  eine  von  den  vielen  arten  ist,  einen  vorliegenden  gegenständ  n 
behandeln.  —  Den  doppelten  accusativ  bei  lehren  werden  wir  (ebenso  wie  deu  b» 
ahd.  heltm,  mhd.  terhein,  ceratcigen)  als  altdeutschen  Sprachgebrauch  ansetzen  nät- 
sen;  die  von  Wunderlich  s,  146  versuchte  erklärung  durch  ergünzung  eines  in^ilin 
{er  will  mich  deutsch  [spreelienj  lehren)  ist  mir  nicht  einleuchtend, 

Die  behandlnng  des  dativs  a.  151  fgg.  ist  sehr  aphoristisch.  Für  vids  OUt 
nnmeutliob  im  gotischen,  aber  auch,  noch  im  ahd.  und  mhd.,  acheint  mir  doch  41* 
ansebauung  eines  liLumlicben  gegeuiiberstehens  (aus  der  dann  anuh  leicht  lÜi 
voistellnng  eines  persönlichen  verhtUtnissea  erwachsen  kann)  ein  nicht  nbnawEiMii- 
der  erklümngsgrund  zu  sein. 

Zur  erklämng  des  satzeröfnenden  et  sind  s.  ISO  zwei  bcaclttensweite  nt- 
Hchläge  gemacht  Dass  aber  in  dem  satze  es  enltprani/  streit  diu  snbstautiv  jemab 
als  prüdikat  gegolten  habe  (a.  140),    will  mir   nicht  einleuchten.  —    Das  iironoma 


ÜBJSB   WUNDERUCfl.  DEUTSCHER  8ATZBAÜ  277 

dertelbe  ist  s.  192  mit  recht  nicht  ans  einem  ^papierenen  stil*^,  sondern  aus  einer 
sehr  begreiflichen  neigong  gerade  der  volksdialekte  zu  volleren  pronominalformen 
eikliii 

Die  Partikeln  werden  im  lezten  abschnitt  s.  201  —  248  teils  nach  ihrer 
bedentong,  teils  nach  ihrer  abstammung  geordnet  vorgeführt.  Nicht  verständlich  ist 
oür  das  s.  221  über  detm  und  dann  gesagte;  sonst  gibt  dieser  abschnitt  eine  vielfach 
brauchbare  übersieht 

Aach  in  den  hier  nicht  besonders  erwähnten  teilen  enthält  Wnnderlichs  buch 
nel  nützUche  anregnng. 

0.   EBDMANN. 


G-octhes  gedieht e.  Auswahl  in  chronologischer  folge  mit  einleitung  und  anmer- 
kungen  von  Ludwig:  Blume,  prof.  am  k.  k.  akademischen  gymnasium  in  Wien. 
[Schulausgaben  klassischer  werke  44.  45.]  Wien,  Karl  Graeser.  (1892.)  XXYI 
und  278  s.     1  m. 

Der  herausgeber,  der  1879  eine  feinsinnige  Studie  über  Hartmanns  Iwein  ver- 
öffentlichte (Wien,  A.  Holder),  hat,  wie  Mher  Goethes  Egmont,  so  jezt  eine  aus- 
▼mbl  von  Goethes  gedichten  für  lehr-  und  schulzwecke  bearbeitet  Diese  auswahl 
uiterscheidet  sich  im  umfange  wie  in  der  art  der  erklärung  nicht  wenig  von  der 
kfur^ch  von  direkter  Franz  Kern  herausgegebenen  (Goethes  lyrik  ausgewählt  und 
orldirt  für  die  oberen  klassen  höherer  schulen.  Berlin,  Nicolai.  1889.  128  s.  1,20m.). 
l^ie  eigentümlichen  Verdienste  beider  ausgaben  suche  ich  in  einer  kurzen  vergleichen- 
<iexi  besprechung  zu  charakterisieren. 

Gewiss  ist  es  wünschenswert,  dass  für  die  schul-  und  privatlektüre  eine  nicht 

2^1.    sparsam  bemessene  auswahl  von  Goethes  gedichten   zur  band  sei,   auf  welche 

Kioli  das  Studium  zunächst  concentrieren  kann;   und  zwar  eine  auswahl,  in  der   die 

S'o^chte  chronologisch,  d.  h.  nach  der  fast  in  allen  fällen  genau  bekanten  zeit  der 

Entstehung  geordnet  vorliegen,  weil  sich  so  fortwährend  die  lehrreichsten  einblicko 

'n^    das  leben  und  in  die  künstlerische  entwicklung  des  dichters,   sowie  in  die  littera- 

^^x^eschichte  seiner  zeit  gewinnen  lassen.    In  diesen  beiden  grundsätzen  sind  Kern 

^c^n.^  Blume  einig;   in  der  abgrenzung  der  auswahl  aber  (nach  der  gerade  Blume  s.  V 

sruiächst  beurteilt  zu  werden  wünscht)  weichen  sie  erheblich  von  einander  ab.   Blumes 

^xiswahl  bietet  152  nummern,  Kerns  nur  71;   seine  absieht  war  offenbar,  die  schul- 

^eVtüre  auf  die  schönsten  und  für  diesen  zweck  am  meisten  geeigneten  gedichte  aus 

OoeÜies  reifster  zeit  zu  beschränken  und  in  diese  sich  gründlich  zu  vertiefen.    Das 

^teete  gedieht  bei  Kern  ist  der  „Wanderer*,  während  Blume  schon  mit  der  „Höllen- 

^Bthit  Ghiisti  *^   (deren  echtheit  durch  den  brief  des  jungen  Goethe  an  seine  Schwester 

^m  12.  Oktober  1767  allerdings  eine  bedeutende  stütze  gewonnen  hat)   begint  und 

inch  aus  der  Leipziger  und  Strassbuiger  zeit  reichlich  belege   für  die  persönlichen 

eriebniflse   und   empfindungen   des  jungen   dichters   bietet     Auch   sonst  merkt  man 

^ibeiiü,  dass  für  Blume  die  yeranschaulichung  der  persönlichen  entwicklung  des  dich- 

^  durch  sprechende  proben  seiner  lyrik  reizvoll  gewesen  ist,   während  Kern  sich 

te  iQflBohliesalich  an  gedichte  hält,   die  auch  ohne  rücksicht  auf  ihre  Stellung  im 

MiQQggiQge  Goethes  wertvollen  stoff  zur  objektiven  betrachtung  und  Würdigung  bei 

:      d«  Uassenlektüre  im  gymnasium  bieten.   Die  meisten  von  Kern  ausgewählten  gedichte 

k     M  B  der  rabhlicheren  samlung  Blume's  ebeofals  vorhanden ;   doch  vermisse  ich  in 

lielA  nur  die  „Musen  und  grazien  in  der  Mark*^,  die  dem  Berliner  herausgeber 


ge  abgedruckt;  Blome  T«^ 
i  soodent.  BafOr  gilt  dii 
wer   nidit   bograilt,  im 

auharf  liurvorgehobeo  mi 


278 

ODZieboodBr  selu  musteo  als  dem  Wiener,  sondoro  eu  meiDW  verwand ennig  ancb 
die  elegie  ,Eu])hro3yDe'^,  die  doch  gewiss  eine  heirlii'be  pnmaaerlaktüre  hietot.  Ba- 
den gflinliuigeü  fehlt  das  schöne  nnd  lehrreiche  gediuht  ,IIaiiH  Sachseoa  poetische 
Sendung";  ebenso  , Deutscher  paniass",  das  freilioh  als  Hcbulloktfii'e  nicht  üblich  in; 
nur  Sem  bat  auE  den  , König  iu  Thule"  verziohtet.  Ohne  fra^^  ist  bei  Kern  wie  hei 
Bluinu  reichlicher  und  bildender  etoS  geboten;  es  wärB  verfehlt,  hier  über  edu  klei- 
nes mehr  oder  minder  rechten  zu  wolleo.  Nur  gewährt  Blume  zugloicL  %'ieItachM 
anhält  für  den  lebrer,  um  den  persöolichen  lobensgong  Goethes  au  die  entwiokluog 
seiner  lyrik  anzuknüpfen,  während  Kern  sich  mehr  an  die  nach  ihrem  uttJ^ktiTei 
gedanltouinhalte  woitvoisten  gedichte  hält. 

Rem  hat  die  gediohte  einfach  in  cbronologischeT  f< 
sacht,  Perioden  und  Unterabteilungen  det?9elben  z 
bemerkung  Scherers  in  seiner  Litteratui;gesohiohte  s.  751 
die  einachnitte  der  epoohen  in  der  darstellung  zugleich 
andereeits  doch  wider  verwischt  werden  müssen,  der  kent  weder  das  leben  noch  <1» 
gesohiohte.  Es  ist  in  der  tat  gerade  bei  pädagogischer  einfülirung  iu  den  gang  vn 
Uoethes  leben  und  dichtung  unerlüäslich,  scharf  markierte  abschnitte  zum  anhalte  fur 
die  übersiebt  über  den  weit  ausgedehnten  stoS  zu  bieten,  und  anderseits  doch  miYtt- 
meidliob,  daas  sidi  bei  der  betrachtung  und  Würdigung  des  einzelnen  diese  vorliullj 
angesezte  einteilung  durch  vur-  und  rückbUclie  und  übergüoge  wider  verscliiebl  lud 
verwischt.  Ich  halte  deshalb  Blumes  periodisiorung  —  ebenso  wie  den  frölierun  »«• 
such  von  Julius  Saupe  in  dein  noch  immer  seht  echätzens werten  und  bniDclihsrsa 
büchlciu  Qoethes  lelien  und  werke  in  chronologischen  tafeln  (Gera,  fi.  £i- 
nitz,  2,  aoil.  18Ö6;  preis  75  pf.!)  für  dankenswert  trotz  der  einwendungen,  die  icl 
an  uebreron  punJcten  gegen  sie  zu  machen  habe. 

Blume  macht  den  ersten  haupteiuschnitt  um  neujahr  1775  (so  dass  die  Uinln 
an  Lili  mit  der  Weimarer  leit  KUBanunengofasst  worden!),  den  zweiten  im  herbd 
1787;  von  den  di'ei  so  gebildeten  porioden  teilt  er  die  erste  nochmals  um  1769,  <lii 
lange  dritte  noch  zweimal,  uünilich  um  1797  und  1S14.  Es  ergibt  ^ch  also  folgm^ 
einteilung  der  gedicbte; 

I.    Erste  Periode  176B— 1774; 

1,  abschnitt  1765  —  1769,  beginnend  mit  der  „Uolluiifahn  Jesu  Chrisli*, 
absclitieasend  mit  gedichten  des  Leipziger  liederbnches; 

2.  abschnitt  1770—1774,  beginnend  mit  dem  Sesenheimcr  „Wjllkonun  snij 
abschied",  Hchlieasend  mit  „Künstlers  abendüed". 

n.    Zweite  Periode  1775  — 178G, 
beginnend  mit  dem  ersten  Ii1i-gedi«ht  „Neue  liebe,  neues  leben",    abschliessend  aiit 
„Mignon"  (H)  „Nur  wer  die  Sehnsucht  kent";   also  auch  schon  die  „Zueignung'  unJ 
einige  dor  älteren  epignuntne  umfassend. 

UI.    Dritte  periode  1787  —  1832: 

1.  abschnitt  1787  —  1797,  beginnend  mit  „Cupido  als  gast",  schliessnd  oft 
der  kleinen  e|iistel  „An  Bohiller-'; 

2.  abschnitt  1797— lt<14,  beginnend  mit  der  xnraguung  des  Faust,  EobUcMal 
mit  einer  auswahl  aus  den  Sprüchen  bis  1814  und  dem  schlusschor  aus  _t>M^iB»- 
uides  erwachen"; 

3.  abschnitt  1814-1832,   namentlich  proben  aus  dem  „Divaa' 
und  schon  abschliesgeod  mit  dem  „Wächterlied "  aus  Faust  (11,  11288  tgf.) 


270 

Dw  stiebon  nach  künstleriaeber  nbnmdung  und  nach  berückitichtignDg  bedou- 

roUor  erleboissB  Goethes  ist   bei   dieser  gruppiorang  vielfach  merklich,     Doch 

Ütl  sio  aauh  bedenhen  genog.  obwol  Blnme  §ie  in  der  Liinleitnog  s.  XXII  fgg.  ver- 

idjgt  hat    Eioo  wie  maniugfftche  edtwicklnag  wird  in  den  abt^ungen  I,  2  und  II 

aungedräogt!    Der  unlersohied  swisoheu  dem  l*ipzi(;er  uod  dem  Stniasburger 

a  Ooothe  ist  für  unsefe  äugen,  wie  ich  meine,  nicht  so  gros»,  wie  der  zwischen 

Htm  Strnssbui^ei'  und  dem  Wetilarer.    Die  überEiedelang  noeh  Weimar  macht  einen 

cruschnilt,   der  nicht  verwisoht  werden  darf,   trotz  der  reminieceozen  ao  Mi.    Bio 

Hitolbilhcn  in  den  ersten   10  Weimarer  jähren  auftretenden  neuen  elemente  bedürfen 

BT  sachlichen  sünderutig  u,  v.  a. 

Om  mir  nioht  den  vorwarf  einer  nur  negierenden  kritik  zuzuziehen,  will  ieh 
Kbnte  über  Blumes  eintdlusg  die  von  mir  selbst  nach  mehreren  veii^uchou 
eetelte  nnd  für  den  Vortrag  benuzte  Bnordnoug  in  skizzenhafter  form  zur  ver- 
ichnng  gegennboretoUeD,  Dass  ich  —  ebenso  wie  Blume  —  für  die  schnellerem 
de)  auagesezte  Jugendzeit  kürzere  periodon  atifgestelt  habe,  ab  fär  die  ep&tero 
vieklnng,  wird  keiner  reohtfertignEg  bedürfen,  Innerhalb  der  zeitlichen  periodeu 
n  ich  sachlich  verbundeae  gruppen  gebildet. 

I.  JugODdzoit  bia  mr  abreise  noch  Strassburg  1T70.  —  Motto:   A  /4ii  tiigili 
\i7tes  ol  naiSuJirnt, 
u)  Prwikfurt  —  1765:   Höllenfahrt  Christi.    —    b)  Leipzig  1765—68:    1.  poe- 
ibe  episteln  und  scherze.    2.  galante  modelyrit.    3.  öden  an  Behrisch.     [4.  vorlo- 
m  ,idylle',  DW.  buch  VD.].  —  e)  Frankfurt  1768  —  70:  epistcin.  [märehon?] 

U.  Studienzeit  in  Strassburg  2,  april  1770  —  28.  augnat  1771.  Motto:  Was 
S  in  der  jugeud  wünscht,  hat  man  im  alter  die  fülle. 

1.  Sesenheimer  Ueder.  —  2.  volksLed.  —  3.  Ossianüberaetzung. 

III.  Leben  in  Frankfurt,  Wetzlar,  Frankfurt  bis  tat  veröffuntlichnug  des 
ätz*  (herbst  1TT3).  Ebtritt  des  freiheitaatrebenden  Jünglings  in  das  loben  der 
t  und  geselschsft;   ringen  noch  ruhe  und  nach  klarer,    eigener  anachaaung  der 

Dttmg  nnd  knnst.     Aber  motto  dennoch:    Es  ist  dafür  gesorgt,    dass  die  bHume 
in  den  himmel  wachaoo! 

Dichtungen  (odon)  in  freien  veraon:  Wanderers  aturmlied.  Der  wandror.  Der 
ar  und  die  laabe,  Felsweihegesaog.  Elysium.  Pilgers  mergenlied.  Concerto  dra- 
lioo. 

IV.  Lezto  zeit  in  Frankfurt 
iSttBA  contra  deum,  nisi  dous  i] 

1.  allerhand  gelegenheitsgediuhte.  —  2.  lieder  und  spräche  an  Lili,  —  3.  volks- 
iliche  lieder  und  erste  bailaden.  —  4,  geniedi-ohtungen  (Maboraet;  schwagej'  Kro- 
>;  ^metheusi  Qanymed).  >-  3.  aatiriacb- humoristische  streifzüge.  —  6.  künstler- 
Itt  {im  anscbluss  daran:  Hans  Sachsens  poetische  sendung). 

T.  Erstes  Jahrzehnt  in  Weimar.     (7.  nov.  1775— juU  1786).     Weltmann 


Durebbruch  des  gonies 


t  (berhst  177H- 


1.  pereönhehe  Stimmungsbilder  (, Eislebenslied "  —  , Seefahrt'  —  „Hofftmng"  — 
Bdutatung"  —  , Sorge"  —  , Bcherzigung ").  —  2.  neue  dichtungen  in  freien 
Onoi  (oft  polioodien  zu  IV,  41):  Harzreisc.  Geatteg  der  geister.  Meine  gättin. 
ItttUohe.  Grenzen  der  menscbheit.  —  3,  lieder  der  aehnsucht  nach  mhe  (viel- 
ptUnadien  zu  lU.  IV!),  —  4.  zweite  reihe  der  bolladeo,  —  5.  neue  volle  erkent- 
fst  diditui'berufB  (Omenua.  —  Miediugs  tod.  —  Zueignung). 


L»8ü 


EBDMAMK,    ÜBKB  BLUMK,   00BIHI8  GEDICHTE 


VI.  Italioniscbo  reisen  and  ihre  nachwirkung  1786~>1797.   Klassische 

richtung* 

1.  ologiou  (ri'imischo);  dazu:  Cupido.  Amor  als  landschaftsmaler.  —  2.  epi- 
{^rainmo:  a)  antiker  form  sich  nähernd;  b)  vonetianische;  c)  xenien.  —  3.  e|U8tdiL  — 
4.  olegiün  11. 

VII.  Von  der  Schwoizerroise  bis  zu  Faust  I.  1797—1806  (1806).  Cht- 
raktoristiseh :  A  rück  kehr  zu  alten  planen  und  früheren  richtungen.  B  berähmng  mit 
mnmntik  und  woltlitteratur.    0  einkchr  und  selbstbetrachtung  (lehrhafte  richtmig). 

1.  Dout8ohor  pamass  (vgl.  jezt  Goethe -Jb.  XIV,  196  fgg.).  —   2.  leste  antiki- 
sienuide  diohtungon  (Weissagungen  des  ßakis;   vier  Jahreszeiten).  —   3.   praloge 
Faust  1.  —  4.  sonetto.  —  5.  lezte  balladen.  —  6.  epilog  zu  Schillers  Glocko. 

VIII.  Lezte  zeit  1806—1832.    Kuhig  beschauliches  alter  in  vielaoitiger  tätig - 

koit.    («Ohne  hast«  aber  ohne  rast  drehe  sich  ein  jeder  um  die  eigene  last*^.) 

1.    Di  van  und  anden>  Sprüche.   —    2.   gelegenheitsgedichte  an   peraonen.  

3.  maskonzügo  und  verwantes.  —    4.  gesellige  lieder.  —    5.  neue  lekkmaohalt 

6.  torzinon.  —  7.  lynscho  stellen  aus  Faust  II. 

Violloioht  ist  neben  oder  statt  der  periodisierung  Saupe's  und  Blume'a  auctS  ^^Ji 
manches  aus  dii^or  skizzo  für  andere  als  anhält  beim  lehrvortmge  braocfabar. 

IVr  toxt  ist  in  Hlumo's  auswahl  für  einige  gedichte  (z.  b.  Mahomets  gesan^  ..^^ng 
und  opilog  2u  Schillers  Glm'ko)    in  der  ursprünglichsten  gestalt,  für  die  meisten  ihr r  rr 

r. 

le 
e 
würdiaTun»:  hat  der  Verfasser  mit  rtvht  dem  lesenden  schüler  und  dem  zum  verstSndo 
anleitenden  lehrte  nicht  vv^nnroif^n  wollen.  Nach  Lieiden  seilen  hin  stelle  ich  Blum« 
aiin)orkur.^'n  höher  als  die  v^-n  Kern,  v^bwvl  auch  diese  manches  wertvolle  enthalte- 
Nur  für  cinrolno  i^\iiohto  •£.  K  die  .Harz reise*  s.  lt>4)  gibt  Blume  dne  dispositic 
ilo>  4^^;allkov.pi!;l^^.  Pio  füi  ias  ctNii^ht  .Ilmenau*  v.  116  fg.  voigeschlagenc  ei 
ruiu:  i>:  uvh:  K^akhtor.swt  r:.  K:::  oxcur>  s.  112— 119 >  behandelt  die  freien  rhytl 
lucn  tvvthcs.  wc^;v.  ;o::  auf  viio  schr.ft  v.^r.  A.  Gvldbeck-Loewe  (München,  BacJ= 
hv^h.  l!^^*.    :;;  vorÄ-.isor.  ist;  c:a  andcri^r    s.  171  — 174 1  cibt  eine  lehirekhe  übeisift^     -^'ht 

Kur:     vi.o   :u:  sehr   o r.'.uX^-  v^x^s  i^'rc:^ u«:  a'visvahl  Blume's  beruht  auf  ef^^ni- 
stx>R*.  uv.i  \  ers::i::xln:s\ . '.lo:r.  >:u.::uir.  Gwthe^  usi  kann  auch  ausserhalb  der  uihL    ^m\k 


ua<.'h  der  ausinilH?  lezter  band  gt^geben.    Die  anmerkungen  (s.  105 — 274)  enthalte: 
viel  giiti's  material  zur  einführung  in  die  lektürc  der  einzelnen  gedichte,   auch 
faltig^'  anjralxMi  ülvr  ort  und  zeit  der  ersten  Veröffentlichung  und  über 
kom)Hksition :   in  Ivzug  auf  die  auffassung  des  Zusammenhanges  und  die 


Sa«:^-.-.  A.;^'   T:t;*      V^-^.  Icmat  t.  ÜBcvcle.    2.  asf 

Va^r  At^stf":   •SjsjP^-  *us  ri:v.>  ^«r   Ji:i.-->    iVir^-  '.iviT:*  £r;ci»»>? 


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IJ. 


cpmaiiist  kat  adi 


i»  bencscake  der 


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CMidkaiob 


SKEBIB,    VBKR  ZIKQXBLI,    SAGEN  AUS  TIBOL  281 

aDsprach  machen.  Ich  verzeichne  ein  paar  nachtrage  für  das  Posterthal.  In  den 
«Sontagsblnmen*^,  beilage  zum  Tiroler  volksblatt  1890,  nr.  20 — 24,  teilt  F.  Lindner 
unter  dem  Titel:  «Aus  dem  Sagenkreise  Osttirols ^  folgende  sagen  mit:  die  fürger- 
hexe;  der  büssende  ritter;  das  liebfrauenbrünnl;  die  wintersennin;  die  anholden  dir- 
nen;  der  weisse  gemsbock;  die  rauschende  Petsch;  1891  nr.  1  —  4:  die  wiege  des 
antiohrist;  die  norgen  der  gand  auf  Eppan  (von  Jostina  Ralf). 

Zingerle  steht  bezüglich  der  mythologischen  deutung  auf  dem  Standpunkte  von 
Grimm,  Wolf  und  Simrock,  was  ihm  nicht  zu  verargen  ist,  da  er  ja  mit  dieser  rieh- 
tong  aufwuchs.    Für  eine  etwa  folgende  dritte  aufläge  möchte  ich  folgende  vorschlage 
machen: 

1)  die  sagen  sind  nach  landesteilen  und  mythologischen  Stoffen  zu  ordnen, 
-wobei  ähnliche  sagen  nicht  beständig  widerholt  werden  dürfen. 

2)  Bei  der  auswahl  der  sagen  soll  der  moderne  mythologische  Standpunkt  zur 
^eltung  kommen,  welcher  nicht  nach  Simrocks  manier  alle  legenden,  die  etwa  aus 
predigten  oder  erbauungsbüchem  ins  volk  gedrungen  sind,  für  die  germanische  mytho- 
logie  in  anspruch  nimt. 

3)  Die  anmerkungen  haben  nur  dann  grossem  wert,  wenn  sich  aus  ihnen  die 
Entwicklung  der  mythologischen  anschauung  bei  den  einzelnen  in  Tirol  vertretenen 
Stämmen  in  ihrem  zusammenhange  mit  den  religiösen  Vorstellungen  der  andern  deut- 
schen Völker  ergibt 

Zingerles  buch  solte  nach  der  absieht  des  Verfassers  auch  ein  Volksbuch  sein 
und  die  alten,  schon  halb  vorklungenen  sagen  wider  ins  bewusstsein  bringen.  In  die- 
sser  beziehung  wünschen  wir  der  samlung  doppelten  erfolg. 

MÄHMSCH-WEISSKIROHXN.  JOS.   SKEBER. 


MISCELLEN. 

Zn  Lnthens  sprachgebraueh. 

Nr.  30  und  38  der  von  Klaiber  gesammelten  „  Lutherana  *^  (s.  51.  56  dieses 
bandes)  erklärt  prof.  dr.  Köstlin  in  einer  freundlichen  zuschrift  aus  der  waidmän- 
nischen  beobachtung,  dass  das  wild,  wenn  es  recht  vorsichtig  gehu  wolle,  mit 
weit  gespaltenen  hufon  auftrete.  —  Zu  nr.  41  („dem  Pilatus  opfern'^)  erinnert 
derselbe  an  Job.  19,  13:  Pilatus  ...  sezte  sich  auf  den  richtstuhl;  vergl.  Grimms 
und  Heynes  Wörterbücher  s.  v.  papst  —  Zu  nr.  33  (lied  vom  habersack)  sind  die 
anführungen  aus  Mumer  s.  216  fg.  dieses  heftes  zu  vergleichen.  Eine  in  Ostpreussen 
noch  jezt  beliebte  fassung  des  liedes  steht  bei  Frischbier,  100  ostpreussische  Volks- 
lieder (Leipzig,  C.  Reisner,  1893)  s.  118. 


Zum  Engelhard. 

2730  fgg.  hat  Haupt  als  eine  „verzweifelte  stelle '^   im   texte  oSen  gelassen. 
Überliefert  ist:  cUs  ob  tüserU  hemere 

Da  klangen  in  einer  Schausen 

Es  gälte  manniehe  hausen, 
Bartsch  in  den  Beiträgen  zur  quellenkunde  der  altdeutschen  litteratur  (Strassburg 
1886)  8. 161  schreibt:  als  ob  tüsent  hemere  da  klunge  en  ebenhiuxe,  ex  guUe  tnanige 


282  8PB8N6SB 

biuxe  dax  goU  dax  dd  verreret  wart,  Eugen  Joseph  in  der  zweiten  aufläge  tob 
Haupts  ausgäbe  weist  diesen  Vorschlag  zurück,  indem  er  mit  recht  bemerkt,  das» 
sich  mit  den  werten  ex  gtdte  manege  hiuxe  in  diesem  zusammenhange  ein  passender 
sinn  nicht  verbinden  lasse.  Aber  auch  Josephs  verschlag  aU  ob  iüsent  hemere  d& 
klungen  in  dem  louge,  ex  giäte  manege  bouge  dax  goli  dax  da  perrSret  wari,  den 
er  in  den  text  aufgenommen  hat,  trift  nach  meiner  ansieht  das  richtige  nicht  TiA- 
mehr  meine  ich,  dass  von  der  durch  Wackemagel  und  Iiaohmann  vofgescfalagenen 
und  von  Haupt  in  seiner  Zeitschrift  4,  556  erwogenen  Verbesserung  des  verses  2732 
ex  güUe  manegen  bisant  auszugehen  ist,  da  sie  der  Überlieferung  am  nächsten  komt, 
und  bUant  ein  von  Konrad  gebrauchtes  wort  ist  In  dem  in  einer  v.  2731  steckt 
wol  in  ein  (enein)  „zusammen*^,  während  der  rest  des  verses  allerdings  nicht  mit 
Sicherheit  herzustellen  ist    Ich  möchte  schreiben: 

(meh  horte  man  dar  under 

von  siegen  ein  getemere, 

<Ü8  ob  ein  tüsent  hemere 

dd  klunge  in  ein  reht  dd  xehant. 

ex  gtUte  manegen  bisant 

dax  goUy  dax  da  verreret  wart. 


Zu  Walther  von  der  Togelweide. 

Lehm.  148,  1:  Ich  hoere  des  die  wisen  jehen, 

dax  ein  gerihte  sül  geschehen, 
dax  nie  deheinex  me  wart  also  strenge, 

der  rihter  sprichet  sä  xehant: 
„gilt  äne  borg  und  äne  pfant**, 
dd  wirt  des  meines  rät  vil  kurx  und  enge. 
Im  Mhd.  wb.  I,  164  wird  vermutet,    dass  v.  5  gilt  äne  borgen  unde  phant 
gelesen  und  borgen  =  bürgen,   dat  plur.  von  borge  sw.  m.  erklärt  werden  müsse, 
und  zwar  wegen  der  feststehenden  rechtsformel  bürge  unde  phant.    Pfeiffer  (nr.  89) 
behält  zwar  die  handschriftliche  lesart  bei,  erklärt  aber  die  form  borg  nicht,  verweist 
vielmehr  auf  die  anm.  zu  79,  63,  wo  pfant  noch  bürgen  steht    Nun  ist  aber  bor^ 
=  bürge  bei  Walther  nicht  weiter  belegt,   die  form  scheint  vielmehr  mitteldeutsch. 
Ich  erkläre  mir  borg  an  dieser  stelle  =  „bürgschaft*^.   Diese  bedeutung  ist  bei  Leier, 
Nachtr.  s.  97  zwar  nur  durch  eine  stelle  dos  Freiberger  stadtrechts  belegt,  war  aber 
wol  häufiger,   wie  auch  im  mnd.  (s.  Mnd.  wb.  I,  386).    Von  der  gebräuchlichen  for- 
mel  ist  also  nur  insofern  abgewichen,   als   hier  an  stelle  des  concreten   die  b&rgt 
(plural)  das  abstractum  der  bore  getreten  ist 


Zu  Friedrich  Hebbel. 

Durch  die  neue  billige  ausgäbe,  welche  jezt  im  vorläge  von  Hoffmann  und 
Campe  in  Hamburg  erscheint,  werden  die  werke  Hebbels  unzweifelhaft  die  verdiente 
weitere  Verbreitung  finden.  Freilich  ist  Hebbel  kein  dichter  für  jedermann,  und  so 
ist  es  begreiflich,  wenn  neulich  ein  viel  gelesenes  familienblatt  der  verlagshandlung 
keine  günstige  aussieht  für  ihr  unternehmen  eröfoete.  Wenn  man  aber  von  dem 
hohlen  pathos  und  den  vielfachen  geschmacklosigkeiten  des  dichters  reden  hört,  so 
erkent  man  leicht,   dass  dieses  verdammende  urteil  meist  einem  mangelhaften  ver- 


MiBcauxKN  283 

ndnis   entspringt     So  wurde   mir  neulich   eine   stelle   des  ^Diamant^  als   eine 
che  genant,   in  der  der  dichter  sich  einen  schlechten  scherz  erlaubt  habe.     Sie 
ht  in  dem  2.  bände  der  sämtlichen  werke  s.  72  (ausg.  v.  1891)  und  lautet: 
Dr.  Pfeffer.    Streckt  den  Juden  am  Boden  hini 

Block  (zu  Jörg).    Nun  werden  wir  zu  sehen  kriegen,   ob  der  Mensch 
inwendig  wirklich  wie  ein  Schwein  aussieht! 

erdings  ist  die  stelle  unverständlich,  wenn  man  nicht  weiss,  dass  die  anatomen 
;  mittelalters  häufige  Sektionen  an  Schweinen  vornahmen,  weil  sie  deren  inneren 
1  filr  dem  des  menschen  sehr  ähnlich  ansahen.  Auch  der  amerikanische  dichter 
Qgfellow  erwähnt  diese  anschauung  der  mittelalterlichen  medicin  in  seiner  „Golden 
gend*^  (The  poetical  works  of  H.  W.  Longfellow.    Tauchnitz  ed.  vol.  n  s.  129): 

After  ihia  ihere  are  five  yeara  more 

Devoted  wholly  to  medietney 

With  lectures  an  ehtrurgieal  lore, 

And  diaseetiofis  of  the  bodiea  of  swine, 

As  likest  the  human  form  divine. 
ngfellows  kontnis  beruht  auf  Kurt  Sprengeis  Versuch  einer  pragmatischen  geschichte 
r  arzneikunde.    3.  aufl.   Halle  1823.    Hebbel  schöpfte  dagegen  wol  aus  dem  volks- 
luben  seiner  heimat  Ditmarschen,   wie  ja  anschauungen  der  mittelalterlichen  medi- 
i  noch  vielfach  in  der  heutigen  volksheilkunde  bewahrt  werdend 

Zu  „Siegfrieds  tod*^,  5.  akt.  7.  scene  (Werke  5.  bd.  s.  120). 
Eriemhild  spricht:  Fandet  Ihr? 

Was  sprach  er  da?    Em  Wort!    Sein  letztes  Wort: 
Ich  will  dir  glauben,  wenn  Du's  sagen  kannst, 
Und  wenn's  kein  Fluch  ist.    Aber  hüte  Dich, 
Denn  leichter  wächst  dir  aus  dem  Mund  die  Rose, 
Als  Du's  ersinnst,  wenn  Du  es  nicht  gehört. 

ISS  rosen  aus  dem  munde  lebender  menschen  wachsen,  berichtet  die  mittelalterliche 
;ende.  Hebbel  kante  wahrscheinlich  die  kleine  mhd.  erzählung,  welche  v.  d.  Ha- 
n  Oesamtabenteuer  HI.  bd.  s.  599  fgg,  abgedruckt  hat.  Auch  in  Kirchhofs  Wend- 
mut herausg.  von  H.  Oesterley  bd.  5,  32  wird  erzählt,  dass  rosen  aus  dem  munde 
les  betenden  Karthäusers  fallen,  wozu  der  herausgeber  auf  Luthers  tischreden  351b 
rweist  Zu  vergleicheo  ist  auch  die  bemerkung  J.  Grimms  zu  einer  stelle  des 
V.  Neuenstadt  in  den  Altdeutschen  wäldem  bd.  1,  (Cassel,  bei  Thumeisen  1813): 
^em  ersten  beispiel  vom  rosenlachen  liegt  ein  noch  nicht  ganz  verschollenes 
ihrchen  unter.  Begabte  glücksleute  lachen  blumen  und  rosen,  weinen  perlen  und 
Id  (wie  Freyja)*^.  Möglich  ist  also  auch,  dass  Hebbels  anspielung  auf  volksttLmliche 
erlieferung  sich  gründet. 

Wnrmlocli. 

Wurmloch  stn.  wird  in  Lexers  band  Wörterbuch  IQ,  s.  1010  ohne  weitere 
[lärung  mit  einer  stelle  aus  Heinrich  Mynsinger  von  den  falken,  pferden  und  hun- 
a  herausg.  von  Hassler  (Stuttgart  1863),  s.  78  belegt:  das  pulver  werfen  in  die 
irmlöcher  (des  kranken  pferdes).    Yen  einer  derben  speise  pflegt  man  noch  jozt 

1)  [Vgl.  aachFr.  Reuter,  üt  mine  fostungstid ,  cap.  5  (SHmtl.  werke,  Tolksausg.  1878,  bd.  IV 
283).  B«L] 


284  6PSBX0KB 

in  Norddoutsohland  zu  sagen,  dass  sie  sich  vor  die  Wurmlöcher  setxe.  Hier 
net  der  ausdmok  offenbar  die  gedärme,  die  wol  wegen  ihrer  warmförmigeo  bewegiu- 
gen  so  genant  werden.  Dieselbe  bedeutung  scheint  vonEuliegen  in  Jeremias  GottfaelfB 
Uli  der  knocht,  13.  kapitel  (ausgäbe  von  Ferdinand  Vetter,  Leipzig,  Philipp  Beclim 
jun.  8.180):  „Aber  heiss  ihn  kommen*^,  sagte  die  mutter,  «es  düecht  mi,  d'  Wurm- 
löcher solten  ihm  aufgegangen  sein*^.  So  in  der  ausgäbe  von  1841,  wihrand  in  der 
von  1850  mit  rücksicht  auf  nicht  schweizerische  leser  geschrieben  ist:  der  appetit 
Holte  ihm  gekommen  sein. 

Za  WoUhuns  Pani?tfl. 

147,  28  got  was  an  einer  süexen  xmM, 

do*r  Parxivälen  tcorhte, 

der  preise  wSnec  vorhte. 
Diese  stelle  ist  nachgeahmt  von  Rudolf  von  £ms  im  guten  Gerhard  2174  gol  wu  im 
tjüetllckcr  xuht,  do  er  dir  tnensehltehex  leben  geruoehte  in  sölhen  tilgenden 
Bartsch  bemerkt  zu  dieser  stelle:  y^xuht  ist  hier  das  schaffen,  bilden;  es  war  «i-  ^-«n 
liebliches  schaffen,  als  Oott  Parzival  schuf *^.  Nun  lässt  sich  aber  für  xvkt  dS  .Edie 
bedeutung  ^das  schaffen,  bilden *"  nicht  weiter  nachweisen;  bei  Lexer  m,  1170  iflk-f  ist 
sie  zwar  vorzeichnet,  al«r  auch  nur  mit  unserer  stelle  belegt  Dass  anoh  hier  d§.AE:^ie 
bedeutung  ^höflichkeit«  liebonswürdigkeit*^  anzunehmen  ist,  geht  auch  herrc^-^pvor 
aus  der  vei^leiohung  von  Parz.  464,  28: 

got  selbe  antlütxe  hat  getwmn 

ftdeh  der  ersten  meide  frukt: 

dax  tras  sinr  hohen  art  ein  xuht. 
Zwar  hat  Ikn^h,  Germania  VU,  212  luhi  an  dieser  stelle  =  suboles  lassen  wolle  ^^fen 
aber  hier  hat  Bartsch  unzweifelhaft  das  richtige  getroffen,   wenn  er  übersezt:   «df»    .dai 
war  bei  seiner  hohen  abkunft  eine  feine  rücksicht,  die  er  dem  menschen  erwies^K^^es* 
Man  vergleiche  über  die  höreseheit  gotes  die  anmerkung  Haupts  zu  Erec'  3461. 


Kindh.  Jesu  herausg.  von  Kochendörffer  2340  fgg.: 

er  fpraeh  ^herre  nnd  fiebim  fromte  min 

und  dN,  rii  saligei  kint^ 

Hnd  alle,  die  mit  in  kie  sinty 

ftM  Sit  ir  gote  triUekomen 

Hl  ereezt  den  imperativ;  deshalb  ist  das  ir  der  Wiener  hdsclir.  (94,  55),  wtkhM   ^9^^  ii 
kttner  der  übrigen  handschriften  übeiüefert  ist,   anstössig.     Ich  Tcnmto,  das  ^  ^ 

sohTVMben  ist :  ftn  ^f7  aitr  gi4e  triUeiomem  . , . 

Die  HNiensart  gote  ttillekomen  sin .  entspnetcbend  dem  Hebekdien  bis  iner  fohnkes^'^'^^T 
noch  V.  ITSö.  Vgl.  auch  Enin^lhait  7^  so  sint  mir  triitekmmem  goie  uid  andp  J  i^Jeie 
sieUen  im  Mhd.  wK  und  bei  Lex«. 


Zu  den  veK>eR  X"4  ic.  in  SiK^t«  Vronwen  Zuhu 

Ja  ieJk  hlz  sine  kaixe  J/m 
tnd  fianie  sinen  ksimt  Rim* 


MISCIUJ07  285 

Zingerle,  Germ.  Vn,  197  müs  und  I^n  als  ^verkehrte  benennungeii''  verstehen 
»,  habe  ich  in  Bezzenbergers  beitragen  III,  85  fg.  an  Reinke  1770,  2517  erin- 
,  wo  Rin  ebenfals  als  hnndename  erscheint  H.  Lambel,  der  den  yerweis  auf 
laert  2678  und  2681  hinzufügt,  hat  diese  erklärung  in  der  zweiten  aufläge  seiner 
ihlungen  und  schwanke  (Leipzig,  Brockhaus  1883)  s.  345  gebilligt  Ich  füge  dazu 
D  beleg  aus  oberdeutschem  gebiete,  der  beweist,  dass  dieser  hundename  noch 
euerer  zeit  gebraucht  wurde.  In  den  Deutschen  sagen  der  brüder  Grimm  l.ausg. 
in  1816  lesen  wir  auf  s.  151  unter  nr.  92  (Blümlis  Alp):  „Des  hirten  geist,  samt 
3m  hausgesinde  sind  verdamt,  so  lange,  bis  sie  wider  erlöst  werden,  auf  dem 
rg  umzugehen;  „icA  und  min  hund  Rhyny  und  mi  ehu  Brandli  und  mhie 
krtfy  müssen  ewig  uf  Klaride  syn!'^^  Als  quelle  zu  dem  stücke  sind  genant: 
mchzers  Naturgeschichte  der  Schweiz  (bekantUch  auch  eine  der  quellen  Schillers 

Teil)  und  Wyss,  Volkssagen  1815. 
Dass  aber  der  name  des  Bheinflusses  auf  den  hund  übertragen  sei,  wie 
L  Lexer  im  Mittelhochd.  band  Wörterbuch  n,  441  für  imsere  stelle  (=  Ga.  1,  54, 
I  annimt,  halte  ich  nicht  für  wahrscheinlich.  Jüngst  hat  Selmar  Kleemann  in 
er  Schrift  über  die  familiennamen  Quedlinburgs  (Quedlinburg,  H.  C.  Huch  1891) 
I  den  dort  mehrfach  vorkommenden  familiennamen  Riehn  (Biehn)  aus  der  kose- 
i  Begino  gedeutet;   und  diese  erklärung  möchte  ich  auch  für  den  hundenamen 

schon  deshalb  annehmen,   weil  auch  andere  tiernamen   im  Beinke   (Hennink, 
ze,  Metke)  als  koseformen  zu  erklären  sind. 


Zum  Melker  Marienliede. 

MSD'^  39,  6,  1   Ysdyas  der  uüssage 

der  habet  din  gewage, 

wie  rane  Jesses  stamme 

uniehse  ein  gerten  imme, 

dd  vone  seoÜ  ein  hluome  varen: 

diu  hexeiehint  dich  und  dün  bam, 
Saneta  Maria, 
imme  in  v.  4  ist  von  jeher  eine  crux  interpretnm  gewesen.    Die  anm.  in  den 
kmälern '  berichtet  darüber:  „nach  Pezens  umme  vermutete  Lachmann  ehedem  ger- 
\ne,  aber  die  ableitung  gertunne  oder  gar  gerteunne  hat  keine  Wahrscheinlichkeit, 
im.  2,  318  fg.     Hoffmann  vermutete  gimme;   dass  aber  ghnme  auch  wie  lat 
ma  die  bedeutung  „ knospe '^  hat,  scheint  unerweisliclL    Wackemagel  liess  imme 
Brändert;  möglich,  aber  nicht  sicher  istZachers  üffe  (Ztschr.  f.  d.  phil.  IV,  461).*^ 
Ich  vermute,   dass  imme  durch  assimilation  aiis  impe  entstanden  ist,   einer 
eutschung  aus  mlat.  impotus  (pfropfreis,   schössling).    Vgl.  aengl.  mengl.  impe, 
»ngl.  imp  (hier  z.  b.  bei  Spenser  auch  von  menschlichen  sprösslingen),   schwed. 
y  dän.  ympe. 

Zu  Ztschr.  XXY,  142  trage  ich  nach,  dass  der  stoff  unter  dem  titel  Est,  est, 
auch  von  August  Kopisch  als  „weinlied^  behandelt  ist.    (Vgl.  die  answahl  der 
chte  Eopischs  von  Franz  Brummer.    Leipzig,  Philipp  Beclam  jun.    S.  311  fg.). 
reten  hier  ein  abt  und  sein  mundschenk  im  wechselgesange  auf. 


NEUE   ERSCHEINUNGEN. 


Bartsch,  Karl,  Deutsche  liederdicliter  des  12.  — 14.  Jahrhunderts.    3.  aufl.,  besorgt 

von  Wolfgang  Golther.    Stuttgart,  G.  F.  Göschen.  1893.    LXXXVI  und  407  8. 

5  m. 
Dtintaser,  H«,  Friederike  von  Sesenheim  im  lichte  der  Wahrheit    Stuttgart,  J.  G.  Cotta 

nachfl  1893.     152  s.    3  m. 

Entgegnung  auf  die  schrift  von  Froitzhoim  (Gotha  1893). 
Ewert,  Max,  über  die  fabel:  der  rabe  und  der  fuchs.    Rostock,  diss.  1892.     124  s. 
Franek,  Joh.,  notgedrungene  beitrage  zur  etymologie.    Bonn,  F.Cohen.  1893.  49  s. 
Erwiderung  auf  die  recension  von  Francks  Etymologisch  woordenboek  der 

Nederlandschs  UmI  im  lit.  ctralbl.  1893  sp.  51 — 54. 
Frlsehbler,  H.,  hundert  ostpreussische  Volkslieder,  gesammelt  und  mit  anmerkuiigeQ 

versehen.     Aus    dem    nachlass    herausgegeben    von  J.  Sembrzycki      Leipzig, 

C.  Reissner.  1893.    VIT  und  152  s.    3  m. 
Gneisse,  Karl,   Schillei-s  lehre  von  der  ästhetischen  Wahrnehmung.    Berlin,  Weid- 

mannsche  buchhandlung.  1893.    XI,  236  s.    4  m. 
Ck^mbert,  Albert,  weitere  beitrage  zur  altersbestimmung  neuhochdeutscher  wortfor- 
men  mit  besonderer  berücksichtigung   des   Heynischen   deutschen   Wörterbuches. 

Progr.  des  gymn.  zu  Gross -Strehlitz.  1893.    20  s.    4. 
Jahresberichte  für  neuere  deutsche  Uttoraturgeschichte  herausgegeben  im  verein  mit 

Max  Herrmann  und  Siegfried  Szamatolski  von  Julius  Elias.    I.  band  (Jahr 

1890).    Stuttgart,  G.  J.  Göschen.  1892.    10  m. 
Jessen,  £.,  dansk  etjrmologisk  ordbog.     Udgiven  paa  Carlsbergfondets  bekostning. 

Ejebenhavn,   Gyldendalske  boghandel.    1893.    lY,  291  s.    4  kr.- 

Jönsson,  Finnnr,  den  oldnorske  og  oldislandske  litteraturs  historie.  Udgiven  p& 
Carlsbergfondets  bekostning.  Ferste  binds  ferste  h»fte.  Eebenliavn,  i  commis- 
sion  hos  univorsitetsboghandler  G.  E.  C.  Gad.  1893.    240  s.    Kr.  3,50. 

Bas  werk  ist  auf  drei  bände  berechnet,  von  denen  der  erste  die  norwegisch - 
isländische  poesie  bis  zum  jähre  1100,  der  zweite  die  Uüteperiode  der  islindischen 
prosa  (1100—1300)  und  der  dritte  die  iitteratur  von  1300—1450  behandehi  wird. 

Kahl,  Wilhelm,  mundart  und  Schriftsprache  im  Elsass.  Zabem,  druck  und  vorlag 
von  A.  Fuchs.  1893.    (VUI),  62  s. 

Kettner,  Gustav,  Schillers  Warbock.    Progr.  von  Schulpforta  1893.    28  s.    4. 

M6moires  de  la  societe  neo-philologique  a  Helsingfors.  I.  Imprimerie  centrale  de 
Helsingfors  1893.    412  s. 

Aus  dem  inhalt  dieses  bandes  verzeichnen  wir:  Gustafsson,  das  stndium 
der  neueren  sprachen  in  Finland.  —  Wallensköld,  das  Verhältnis  zwischen  den 
deutschen  und  den  entsprochenden  lateiniscken  liedem  in  den  „caimina  Burana''.  — 
Joh.  Ohquist,  über  einige  Schwankungen  im  deutschen  Sprachgebrauch  [enthalt 


286  NEUE  KRSCIUEINUNOKN 

Zun  pfkffen  Amis« 

2013.   Sit  er  mich  verstSn  liej^.    Zu  meiner  erklärung  von  verstSn  =  verfal- 
len (ursprünglich  von  einem  versezten  pfände  gebraucht)  in  dieser  ztschr.  Vlll,  215       | 
vgl.  auch  Strickers  Karl  3368  fg.  swä  er  Sine  triutce  versetzet  hat,   ich  gesekafftf 
da^  si  niht  verstät,  wo  Bartsch  verst&t  ebenfals  durch  „verfält*'  erklärt 

NORTHEDC.  R.   SPRBÜOIB. 


treffende  bemertimgeD  über  die  Bt.  und  sw.  aäjelitivfLexioii).  —  W.  SodDrhjelni, 
über  einige  ritUe  sogonanter  foiinaler  auiigleicbuDg  [mit  besonderer  rücksiobt  auf 
doDtschen  sprach  gebrauch].  —  M.  geiliog,  svetioismen  ia  der  deutsoheu  umgangs- 
aprache  iu  Finlaad. 
Hnndonu,  ein  englisches  dramn  hus  Sliakespeares  zeit  übersezt  von  Ludw,  Tieck. 
Hersosgegeben  toh  Johannes  Bulte.  Berlin,  Wilh.  Gronau.  1S93,  XXXIX, 
67  8. 
Nesbuir,  L.,  nene  mitteilungen  über  die  sage  vom  ewigen  Juden.  Leip- 
zig, J.  C.  HiurichB.  1893.    24  s.    0,60  m. 

Enthalt  eine  reihe  von  nachtrugen  zu  der  1884  in  gleichem  verlago  erschie- 
nenen abluuidlung  des  Verfassers. 
OUert,  A,,  algemeine  raethodik  des  sprach untomchts  in  kritischer  begriindung.    Riji 
hilfsbnch  für  lohror  und  studierende  aowia  zum  gebrauche  in  pädagi^ischoii  eemi- 
I  uarien.    Haiiiiover,  G.  Meyer.  1893.     Tu  uad  293  s.    3  m. 

'    KADolt,  Ilermanii,   Lenz  und  Shakespeare.     Kin  beitrag  zur  Shakespearomanie  der 
aturm-  und  drangperiode.     Berlin,  Emil  Apolnnt   1892.     110  8.     3  m. 
Bester,  F.,   die  Erlanger  freunde  F.  Rückert  und  J.  Kopp  in  den  jalireii  1634  — 
1836.     Nach   familienpapieren  dargestelt.     Altena,   programm   des   gymn.    1893. 
86  sp.    4°. 

Fortsetzuug  und  erg&nzutig  der  pragi-amiaabhandlung  Altena  1888  {sueh  in 

komm,  bei  H.  Seippel,  Homburg). 

Sdildter,  W>,  Untersuchungen  lai'  gcschichto  der  altsäciisischen  spräche,  L  t«il.   I)ji< 

schwache  declination  in  der  spräche  des  Heiland  und  der  kleineren  as.  denkmäler. 

Göttingen,  R.  PeppniüUer.  1892.     XV,  263  s.     G  m. 

[  Sclunedcs>  Jnllns,    untersuclinngen  über  den  stil  der  epen  Rether,  Nibelungenlied, 

Gudrun.  Kiel  (diss.)  1893.  IV  und  59  s. 
I  Sekflddekopr,  0.,  Gedichte  von  Job.  Nie.  Götz  aus  den  jähren  1745— 17Cr>  in 
ursprüDgUcher  gestalL  [D.  Litldkn.  des  18.  und  1 9.  Jahrhunderts  nr.  42.)  Stutt- 
gart, 0.  J.  Gäsehen.  1893.  XXXVI  und  89  s.  2,40  m. 
Seliuli,  Bernkud,  auswabi  aus  den  gedichton  Waltbers  von  der  Vogel- 
weide,  herausgegeben  rait  anmerkungen  und  glossai'.  3,  auü.  Leipzig,  Tenbner. 
1893.    1,20  m. 

Die  anmerkungen  erläutern  immer  von  neuem  auch  die  ein&chsten  dinge, 
lassen  aber  bei  wirklich  schwierigen  stellen  oder  auffallenden  eigentumlichkelten 
des  aosdrucks  grnndllchkeit  der  erkläning  gar  sehr  vermissen. 

,  Willehalm,    rittergedicht  aus  der  2.  hälfte  des  13.  Jahrhunderts  von 
Ulrich  von  dem  Türliu.    Prag,  Verlag  des  Vereins  für  gesohichte  der 
Deutschen  in  Böhmen.     (In  komm.  \m  E.  Doniinicus.)   1893.     T.XTtXnC  und  410  n. 
IlStndlen  rar  Utteratnrgeschichte.    Michael  Bernaus  gewidmet  von  achülem  luid 
freunden.    Hamburg,  K  Voss.  1893.    330  s.    S  m. 

Aus  dem  iahalt  dieser  festschrift  verzaichnen  wir:  R  W.  Singer,  einige 
englische  urteile  über  die  diamen  deutscher  klassiker.  —  Max  Koch,  ein  brief 
Goethes  [an  Sabbe  "Wolff,  mutter  des  Schauspielers  Fius  Alexander  Wotff;  vom 
1.  soptbr.  1803)  nebst  auszügen  ans  briefon  P.  Ä.  Wolffs.  —  K.  Borinski,  die 
überföhning  des  sinnes  über  den  versschluss  und  ihr  verbot  in  der  neueren  zeit  — 
U.  Wöirriin,  die  herzensergiessungeu  eines  kunstliebendeu  klosterbraders  [von 
W.  C.  Wackenroder].  —  G.  Witkowski,  Ooethe  und  Faloonet  (vgl.  Der  juuge 
Ooetlie  m,  688  fgg.].  —  W.  Bormann,  über  Schillers  „Künsüer*.  ~  E.  Kuh- 


288  NACHRICHTEN 

nemann,  Herders  lezter  kämpf  gegen  Kant.  —  H.  Schnorr  v.  CaroUfeld, 
briefe  Georg  Rodolf  Weckh  erlins  [4  lateinische  briefe  an  Camerarios,  schwediscbeD 
gesanten  in  Holland;  vgl.  den  in  dieser  Zeitschrift  I,  350  fg.  abgedmckten  brief 
Weckherlins].  —  W.  Golther,  die  Jungfrau  mit  den  goldenen  haaren.  —  H.  Bod- 
mer,  die  anfange  des  zürcherischen  Milton.  —  H.  Wunderlich,  der  erste  deat- 
sche  Terenz  [Übersetzung  des  ^fEunuchus*^  von  Hans  Neithart,  gedruckt  in  Ulm 
148C].  —  J.  Elias,  fragmente  einer  Shakespeare -Übersetzung  [von  J.  G.  Begis, 
t  1854]. 

Uppsalastndier  tillegnade  Sophus  Bugge  pa  hans  60-ära  fodelsedag  den  5.  januari 
1893.  Uppsala,  Almqvist  &  Wiksells  boktryckeri-aktiebolag.  1892.  (VUI),  2368. 
Inhalt:  L.  Fr.  La  ff  1er,  bidrag  tili  tolkningen  av  Tune-stenens  runinskrifl  - 
£.  Brate,  sjöi. —  M.  Lundgren,  bidrag  tili  svensk  namnforskning. —  R  Arpi, 
tili  „GrägÄs**.  —  F.  Tamm,  anmärkningar  tili  östgötalagen  (textkodex). —  A.  Scha- 
gerström,  läksikaliska  och  stilistiska  notiser  ur  Gustaf  11  AdolfiB  skrifter.  — 
K.  F.  Johansson,  tili  läran  om  femininbildningen  i  sanskrit  —  E.  Liden, 
smärre  spräkhistoriska  bidrag.  —  R.  Steffen,  n&gra  strövärs  i  vär  folklyrik.  — 
0.  Klockhoff,  konung  Harald  och  Heming;  försök  i  jämförande  sagoforsfadng. 
[Wichtig  für  die  geschichte  der  Tellsage.]  —  E.  H.  Lind,  värsifikation  i  Onla- 
tingslagen.  —  E.  Wad stein.  Alfer  och  älvor.  En  spräkligt-mytologisk  under- 
sökning.  —  P.  Persson,  om  betydelsen  och  härledningen  af  det  gr.  äfiav^ 
(ufiavQoü))^  fiaüQog  QiavQÖa))  jämte  en  exkurs  om  den  grekiska  resp.  indoenro- 
peiska  ««-epenthesen.  —  A.   Noreen,  mytiska  best&ndsdelar  i  Ynglingatal. 

Yelthnls,  H.  J.,  de  Tegemseeör  glossen  op  Vergilius.  Groningen,  J.  B.  Wolters. 
1892.    (Vin),  XLIV,  116  s.     [Groninger  doctordissertation.] 

Wllmanns,  W.,  Deutsche  grammatik  (gotisch,  alt-,  mittel-  und  neuhoch- 
deutsch). 1.  abteilung:  lautlehre.  1.  und  2.  lieferung.  Strassbuig,  KarlJ. 
Trübner.  1893.    160  s.    3  m. 

Der  Verfasser  beabsichtigt  in  vier  abteilungen  von  je  20 — 25  druckbogeo 
lautlehre,  Wortbildung,  flexion,  syntax  durch  das  gotische,  ahd.  und  mhd.  bis  n 
unserer  heutigen  Schriftsprache  zu  vorfolgen  und  darzulegen.  Die  beiden  ersten 
lieferungen  enthalten:  Übersicht  der  laute.  Geschichte  der  consonanten:  L  ger- 
manische lautverschiebung;  n.  hochdeutsche  lautverschiebung;  ÜI.  «-laut,  nasale, 
liquidae,  halbvokale;  IV.  algemeine  Veränderungen  der  consonanten.  Geschiebte 
der  vokale:  ablaut,  vokale  in  betonten  silben  got.  ahd. 


NACHRICHTEN. 


Der  ordentliche  professor  dr.  Fr.  Kluge  in  Jena  folgte  einem  rufe  an  die  Uni- 
versität Freiburg  i.  B.;  sein  nachfolger  in  Jena  wurde  prof.  dr.  F.  Eauffmann  aus 
Halle. 

An  der  Universität  Heidelberg  hat  sich  dr.  A.  Waag  für  germanische  phiiolo- 
gie  habilitiert;  ebenso  an  der  Universität  Greifswald  dr.  J.  W.  B ruinier. 


Halle  a.  S.,  Bachdrackerei  des  Waisenhauses. 


DEÄUMÄ-JONS  SAaA. 

Für  die  kritische  herslellung  des  textes  der  Drauma  -Jons 
i,  die  hier  ximi  ersten  male  vernffentUckt  wird,  sind  vier  islän- 
\itche  pergamenthandscfmften  der  Aniamagnäisehen  samlm»g  benutt 
porden,  von  denen  jedoch  nur  xwei  (A  =  AM.  335,  ■P'  und  C  =- 
iM.  510,  4")  Dolständig  sind,  während  in  B  (^  AM.  657,  4°)  der 
tehbtss  fehlt  —  der  codex  bricht  ab  mit  den  worten:  gerMz  meö  S* 
-  und  von  D  (=  AM.  567.  4")  nur  ein  einziges  hlatl  erhalten  ist, 
IS  mit  den  worten:  ]>ü  ert  vanr  2*"  begint  und  liereits  4'*  mit 
H  Worten:  Nä  U3a  svi  (iag[ar)  nchüessi.  Über  alter  und  inhalt 
eser  handschriften  genügt  es  jezt,  auf  Kdlunds  treßichen  Katalog 
er  den  Arnamagnoianskc  händskriftsamling  (Kbh.  1889  fg.)  zu 
nveiseH:  vgl.  danelbsl  I,  574  fg.  670.  721  fg.  und  II,  68  fg.  Die 
hh'eicken,  meist  sehr  jungen  chartaeei,  die  in  den  bibh'otheJcen 
i  Kopenhagen,  Stock/iolm  und  London  sich  finden,  wurden  nicht 
rwksiehtigt. 

Von  den  vier  genanten  membranen  ■•tteht  untweifelhaft  A  dem 
trlornen  archetypus  am  nächsten.  Der  schreiber  hat  im  ganzen  sehr 
yfältig  copiert  und  nur  wenige  fehler  und  auslassungen  sich  zu 
dulden  kommen  lassen.  Die  amiern  drei  handsetiriften  gelten  auf 
'.  gemeinsame  vorläge  luriick,  da  die  gleichen  lacken  und  verderb- 
te  in  ihnen  begegnen.  So  steht  t.  b.  3'  i«  BCD  die  einlöse  lesart 
l  (1)  vftg  at  ftera,  während  A  allein  das  richtige  bietet.  Den  hsa.  BCD 
einsame  auslaasungen  sind  2"^  sem  —  ert,  .V^  sem  —  til,  4*- ' 
sem  —  fengit,  ■<"  (  siSferM,  4*'  eftii;  datu  kommen  aus  den  tei- 
i  der  erxähhiruj,  die  in  D  nicht  erholten  sind,  2'^  b&ska  ok,  2"* 
5i  —  miiiG,  2**'  '*  aila  —  landit  u.  a.  m.  B  und  D  scheine»  näher 
mit  einander  vertcant  x,u  sein,  vgl  2^  tveggja  BD  —  beggja  AC, 
"  se^r  harni  BD  —  f  AC,  2^'"'  gat  BD  —  gat  til  AC,  4"  beri 
jßfiJ  —  berr  AC  u.  a.  C,  die  jüngste  der  trter  membranen.  ist  auch 
tkrvf»  vierte  naeh   die   schlechteste:    der  schreiber  hat  oft    wilkürlifhe 


290  OKSINO 

änderungen  und  xusäixe  sich  erlaubt  und  mitunter  seine  vorläge  gar 
nicht  verstanden,  sodass  sein  text  zuweilen  baren  unsinn  enthält  (vgl 
X.  b.  5^7-  3^-  7*J.  Völlig  wertlos  für  die  kritik  ist  jedoch  C  nicht: 
es  hat  auch  in  ihn,  wen?i  auch  selteiier  als  in  B  und  D,  die  echte 
lesart  sich  mitunter  allein  erhalten,  und  es  haben  daher,  obschon  A 
ab  gmndlage  festgehalten  ward,  auch  die  andern  drei  /iss.  zur  ergän- 
xung  von  lücken  uiid  in  den  fällen,  wo  der  i?i  A  überlieferte  text  xu 
bedenken  Veranlassung  gaJj,  bei  der  constituierung  des  textes  verwetk- 
düng  gefunden.  Die  Varianten  sind  sämtlich  verzeichnet;  Wörter,  die 
in  der  Orthographie  der  handschrift  tridergegeben  wurdest,  habe  ich 
durch  anführungsxeichen  kentlich  gemacht 

Der  Inhalt  der  saga  ist  in  kurxen  warten  folgender:  Ein  reichen' 
grundbesitxer  namens  Asgautr  hat  einmal  einen  merknnirdigeti  traufn^r^^ 
und  begibt  sich  infoU/e  dessen  xu  dem  jarl  Heinrekr  in  Saarland  (d,  i^'^e:  t- 
Deutschland),   da  dieser,    ein  Schwager  des  sächsischen  kaisers,    tvegen^^^^^ 
seiner  gäbe  die  träume  xu  deuten,  in  aUen  landen  berühmt  ist.     Un —  -a*- 
terwegs   trift   er   einen  jungest   bauern,   Jon  geheissen,    dem   er  au^^'^^^t 
befragen  den  xireck  seiner  reise  mitteilt,  worauf  dieser  seine  verwun —  ^^*' 
derung  darüber  ausspricht,  dass  alie  leute  xu  Heinrekr  pilgern,  da 
doch  nicht  der  einzige  sei,   der   die  genante  gäbe   besitze, 
fragt  Asgautr,    ob  Jon  vielleicht  der  gleichen  kunst  sich  rühme,   uwÄ"^^"*' 
fordert  ihn  auf,  den  traiim,  den  er  gehabt  habe,  xu  erraten  und  dan/nF^^-^^^ 
auch  die  deutung  ihm  vntxuteilen.     Jon  eruidert,   dass  Asgautr  vons^^^^^^ 
ihm  etwas  fordere,    was  von  Heinrekr  noch  niemals  verlangt  wordew^^^^'^^ 
sei  (denn  keiner  wisse  etwas  davon,  dass  der  jarl  ^ungesagte^  träume^^^^^ 
xu  deuten  verstehe)   —   gleichwol  aber  wilfafirt  er  dem  ansuchen  und^St:^^^i 
erzählt  den  träum  des  Asgautr,  den  er  dann  auch  sofort  auslegt.     Der^^^^^ 
reisende  ist  xu:ar  hierüber  höchlich    erstaufit,   will  aber  doch   seinen  ^^^ 
v»orsatz,  den  jarl  aufzusuchen,  nicht  aufgeben,  da  er  deti  warten  eines 
unbekanten  mannes  nicht  ohne  weiteres  glauben  beimessefi  köfine.   Bei 
Heinrekr  angekommen,  trägt  er  diesem  den  inhaÜ  seines  traumes  vor, 
und  der  jarl  deutet  ihn  genau  ebenso  wie  Jon.     Darauf  erxählt  ihm 
Asgautr,  was  ihm  mit  J6n  begegnet  ist.     Heinrekr  gerät  in  die  höchste 
venvmiderung   und  befiehlt  dem   Asgautr,   auf  seiner  rückreise  wider 
bei  Jon  vorzusprechot  und  ihn  au fxu fordern,  an  seinen  hof  zu  kon^' 
men.     Der  junge  mann    leistet   diesem    rufe   folge,   und  nun   wächst 
Heinreks  ruf  noch  um    ein    bedeutendes,   da   er   ?nit   hilfe  Jons  jezt 
aüer  leute  träume  deutet,   ohne  sie  vorher  erfahren  xu  haben.     Sein 
unifisch  ist  es  jexioch  die  gäbe,   die  er  a?i  J&n  mit  neid  bewundert, 
selber  zu  erlangen,  und  er  bittet  den  jüngling,  ihn  die  kunst  zu  faA- 


J6n  erklärt  darauf,  dass  er  daxu  nicht  im  stände  sei.  da  diene 
^Shi^keit  nicht  eitte  priemte,  sondern  eine  atigetjortme  sei.  Der  jarl 
kllU  dies  aber  nur  für  einen  Eoruand,  -und  da  Jon  ihm  seine  kentnis 
tickt  guttmUig  abtreten  will,  so  beschlieast  er  mit  gewaU  sie  xu 
wJangen.  Er  befieltU  nfimUch  seiner  gemaldin  Ingitijorg,  Jon  im 
'aMafe  XU  ermorden,   daranf  das  herx  ihm  ausxnschneiden  und  dieses 

speise  xuxubereiten:  durch  den  gettuss  des  fierxetis  denkt  er  die 
-wünschte  gäbe,  die  Jon  eigen  ist,  für  sich  zu  erwerben.  Durch  die 
•Drehungen  ihres  gatten  eingeschüchtert  begibt  sich  Ingibjorg  in  das 
tehlafzimmer  Jons,  vermag  aber  den  lauten  atisbrucb  des  seitmerxes 
.nicht  xuruckzuhalten.  J6n,  der  wach  im  belle  li^t.  fordert  sie  auf, 
'4em  geheisse  des  jarls  nachzukommen:  derjmiige,  der  ein  verbrechen 
tcusführe,  sei  weniger  strafbar,  als  der;  welche  die  tat  befohlen  habe. 
•Ingibjorg  entgegnet,  dass  sie  um  keinen  preis  der  imtat  sich  schuldig 
maehen  werde:  Jon  möge  eine  tist  ersinnen ,  durcii  die  der  jarl 
getäuscht  werden  könne.  Er  heissl  darauf  die  frau  einen  grossen 
twnd  herlmscliaffen,  tötet  ihn,  schneidet  ihm  das  herx  aus  und  gibt 
M  ihr,  damit  sie  es  ihrem  manne  als  speise  vorsetxe.  Er  selber  fer- 
tigt aus  wachs  ein  ebenbild  seiner  eigenen  person  an;  dies  -wird 
htgraben,  während  er  seUier  coh  Ingibjorg  versteckt  gehallen  wird. 
Her  jarl  %ferspeist  das  hundeherx,    natürlich  ohne  den  gehoften  erfolg. 

Inzwischen  hat  auch  der  kaiser  von  Saxland  einen  seltsamen  träum, 
träumt  ihm,  dass  seine  hauptstadt  von  einer  grossen  ilberschtvem- 
immg  heimgesucht  werde,  doch  war  das  auffallende  dabei,  dass  die 

'  der  Strasse  befiruUichrn  menschen  nicfit  alle  gleich  tief  im  ivasser 
einigen  reichte  es  nur  bis  an  die  knöchel  oder  bis  an  die 
anderen  bis  an  die  hüften  oder  den  gürtet,  einzelnen  aber  bis 
«n  die  achsein  oder  den  mund.  Um  zu  erfahren,  was  dieser  träum 
bedeute,  macht  er  sich  auf  den  weg  xu  seinem,  schtoager,  von  dem  er 
dass  er  seil  kurxcm  träume  nicht  nur  deuten,  sondern  auch 
frraten  könne,  und  fordert  ihn  auf,  seine  kunst  jext  an  ihm  xu 
bewähren;  der  jarl  abpr  erwidert,  dass  die  gäbe  bereits  wider  von  ihm 
■gewichen  sei.    Der  kaiser  erktindigl  sich  darauf  nach  J6n,   von  dem 

ebenfats  gehört  hat,   worauf  Ileinrekr  antwortet,  dass  der  jüngUng 

w  kranhlieit  erlegen  und  begraben  sei.  An  detn  benehmen  seiner 
tehwesier  merkt  jedoch  der  kaiser.  dass  der  jarl  mit  der  Wahrheit  xu- 
,riickhalte;  er  führt  sie  daher  bei  seile  und  fie/iehlt  ihr,  den  wirkliehen 
taehverhalt  ihm  mitzuteilen.  Nachdem  dies  geschehen  ist,  lägst  der 
tkoiser  Jon  vor  sieh  kommen,  der  sogleich  anzugeben  vermag,  was 
geträumt   hat,    und  auch    die   deulung   des   Iraumes  ihm  nicht 

19» 


292  &KRIHO 

vorenthält     Die  beiden  personen,  denen  das  wasser  bis  an  den  mund 
reichte,  seien  die  kaiserin  selbst  ufid  ein  höfling  gewesen,  den  sie  aus 
ihrer  heimat  Flandern  mitgebracht  habe  und  mit  dem  sie  ein  strafe 
Uches  Verhältnis  unterhalte;    die  übrigen  leute,  die  mehr  oder  weniger 
tief  im  wasser  standen  —  je  nachdem  sie  begünsiiger  oder  nur  mU- 
toisser  des  ehebrecherischen  bundes  seien  —  gehörten  teils  dem  rate  des 
haisers,    teils  dem  hofgesinde  an.     Der  kaiser  rüstet  hierauf  J6n  mii 
einer  volmacht  aus  und  sendet  ihn  nach  der  hauptstadt  um  gerieht 
zu   halten.     Es  gelingt  Jon,    die  schuldigen   in  flagranti   zu  über- 
raschen,  worauf  er  sie   auf  ein   schiff  bringen  und  nach  Flandenm^ 
zurücktra7isportieren   lä^st.     Auch   der  jarl  Heinrich   uird  von  deif 
kaiser  des  landes  vertviesen  und  J&n  erhält  die  hand  der  Ingibjorg. 

Der  Verfasser  dieser  interessanten  kleinen  geschickte,  der  vermut- 
lich in  der  ersten  Mlfte  des  14.  Jahrhundert^^  in  Island  lebte, 
geschickt  ^u  erzählen  verstanden;  der  ström  seiner  rede  fliesst 
behaglicher  breite,  ohne  hi  Weitschweifigkeit  sich  zu  verlieren.  Mass  — =- 
voll  auch  hat  er  des  althergebrachten  schmuckes  der  alUterierende^^sn 
forrneln  sich  bedient,  die  nicht  nur  die  tiddarasqgur  und  cevent^i  m  S 
sondern  auch  manche  werke  kirchenhistorischen  oder  legendarisehe^^^ 
inhaltSy  tvie  z.  b.  die  Hwngrvaka  und  die  ältere  porläkssaga  zu  käu 
fen  lieben;  die  meisten  dieser  verbiiidtingen  werden  sich  auch  ander  — - 
tvärts  nachweisen  lassen:  2^  räövandr  ok  röttviss  (.^.  9^);  2^  liiiul  ^s 
ok  lagar  /'Cfar.  iSH  Grett.  164^^^.  .^.  m^^) ;  2^«  häska  ok 
indum;  2^^  hüsi  ok  herbergi  (Fms.  I,  104^^);  2^^  g(jrt  ok  greil 
4^'^  mjükr  ok  ra&ldjarfr;  4^5  spa^  ok  spiz;  6^  rjöör  ok  reWr  (Clor.  7*V 
e«2  Uf  ok  limu  (Karlam.  209^^);  7«  sujallt  ok  satt;  7«  meira 
minna  (Vsp.  V.  Fms.  I,  275^^).  Sprichtoörter  sind  nur 
eingeflochten:  2^^  {)angat  veltr  hvat  sem  vera  vill  und  5*®  d;^ 
dröttins  orö ;  beide  finden  sich  in  Oudm.  Jönssons  Safn  af  islefixkuf 
ordskvidum  (Kbh.  1830)  s.  63  und  348. 

Dass  der  isländischen  erzählung  eine  fremde  quelle  zu 
Hegt,  ist  fiöchst  wahrscheinlich  (ivenn  aiich  der  umstand,  dass  sie 
jySaxland^   hcalisiert  ist,   als  zivingender  beweis  nicht  gelten  kami^  J- 
Meine   nachforschungen   haben   bisher   noch  nicht  zum  ziele  gefühw^^l 
doch    werde   ich   hoffe?itlich  bald  in  der  läge  sein,   hierauf  in  eine^^ 
besonderen  artikel  xurückztikominen. 

KIEL,  APRIL  1893.  HUOO  QERINQ. 


if  Brauina -Jäni. 

1.  Heiorekr  er  Illa^r  iiefndr,  jarl  at  tign  ok  siit  f  Saxlandi; 
hacii  var  forvitri  oc  OQkkiit  haräniär;  draumamaSr  svä  mlkill,  at  |iat 
•l£ree^iz  um  qU  iQod,    at  sä  draiintr  mundi  engi  fyrir  bann  koma,    at 

i  r68i  eigi  aem  eptir  gekk.  Af  (leasi  siuni  speki  l'ekk  hann  pA 
'{nrnkreemd ,  at  bann  m^gSiz  vi^  sj&lfan  keitmrann  i  SaxJaDdi  ok  fekk  5 
Vystur  bans  er  ItigibJQrg  bSt.  Yäru  {tau  ekki  mJQk  skaplik  jarl  ok 
dnisara  eystir,  |ivlat  hon  var  binn  mesti  heUbugi,  kristin  vei  ok  guö- 
linedd;  llktiz  hon  I  pessu  ijUu  keisaraDum  bröBm-  siniim.  Keisarinn 
flar  ok  kvaantr:  var  hüsfrü  kynjuö  veatr  af  Fländr,  baröla  vsen  ok 
Üguboriu;   benni  hafSi  fylgt  beiman  eiun  ungr  uiaBr,  leiksveinu  beun-  10 

!r  benni  )>j6na6i  i  b^Il  keisaran& 

2.  Nu  vlkr  s<jgunni,  at  norQr  1  sjötitni  nijkkuru  sat  eion  Ibrrfkr 
Mndi  er  Äsgautr  h6t,  vel  at  sör  gt^iT  um  alla  hluti,  mildr  ok  gestris- 
|Dn,  rÄÖvandr  ok  rfittvfsa,  göör  örlausna  vi5  ))ä  er  haus  purttu;  enda 
ftorti  hann  ekki  til,  pvlat  haue  rlkdömr  sti^S  &  niQrgum  fötum  btebi 
knds  ok  lagar.  Ht  &  sjöinu  fyrir  bQfuÖbffiuuni  Ifigu  ,111.  eyjar  er  hann  5 
itti,  hver  üt  af  annarri;  var  par  1  IfenaJir  lians  eöa  akrar  ok  JraisHg 
1tk&   til   ävinnings.     Nu   kemr  svä  tima,    at  ärferB  hallaz  mjijk  (  land- 

.n;    geriz  venrä.tta  k^ld  sv&  at  koruit  frjiivaz   ekki,    en  sakir  {}esB  ftt 
)  Bhkum  lijndum  er  pat  mest  almennings  matr  sem  jijrtiin  gefr,  varö 
jött  bit  mesta  hall^ri  ok  öäran,   svä  at  rfkir  menn  b^fSu  varla  mat  1  10 
tonn.     Eom   |>etta   tilfelli  svk  til  Äsgaul«   bönda  sem  anuarra  manua; 
^sti   bann   jiil   margra  mauna  vandkru^^Si   um   eiua   hrlQ,    pviat   hann 

Obertehriß:  Af  Drautun-Jöiu  rot  B,  Drauma-Jüos  saga  vmi  junger  hanä  Ä. 
1,  2  hacD  f.  Ä  (nark  var  eine  liicke  im  xeilmgchluat,  die  wol  für  den  rubri- 
«w  einiragttTig  der  Überschrift  freigelaase»  uar).  liuin  var]  maArB.  laf<n\jBC. 
jRrfirUr  AB,  orundBJübr  var  haaii  iiqkkut  hnrträCir  G,  mikill  avü  BG.  3  alfra.'gt>ix  A, 
IfhegJK  fi,  „ olfiffiddiz '^  G.  at  sä  niyndi  engi  draumi'  BC.  koina  AG,  boiinii  B. 
»m  eptir  AB,  eptir  jivi  sem  C.  \iä,  AB,  hvä  mikla  C.  9  biuia  sjstur  C.  bans  — 
ipbjgrg  /.  A.  7  harfila  gnohnndil  B.  8  ük  liktiz  C.  keisara  G.  0  ok  kvientr  AB, 
nentr  nuiSr  0.  büsfm  AB,  haos  frü  C.  vestr  A,  vwUui  C,  utan  B.  10  liafSi 
■DBi  B.  ,flugt''  beiman  A,  beimaD  fylgt  C.  leiksveinc  beanar  f.  G.  11  {y6tL 
noi  B.  2,  1  Vlkr  A,  er  at  vikja  BC-  at  AG,  aUt  B.  ajötüoi  nqkk.  AB,  q&- 
|fa>tim  /aol  als  orlsnante  gefaett/  G.  2  böndi  AB,  maUr  ok  böedi  at  alekt  C. 
liOboUr  C.  4  Ibtum  f.  C.  5  lagar  AB,  lauaaQitr  C.  i  Bjäaum  C.  Gif.  C. 
I  AO.  e6r  B.  7  aWoDinga  BC,  atv.  A.  svä  A,  {«r  flC.  «jgk  /l  B.  i  lyiid- 
iiuu  C.  8  ok  gerajK  C.  hijid  JS,  hijrfi  (7.  koroin  C.  fgova»  .i(7,  fiiovabiz  B 
gi  SC.  uo  ^,  ok  G,  f.  B.  9  Igadum  AB,  st^Bum  C.  uieat  /".  B.  jgrtJin  AR 
*it  C.^  10  fljött  AB,  skjütt  C.  at  f.  C.  varla  JB,  eigi  C.  11  muea  sör  C.  tU- 
C  Aegautar  C  bünda  f.  C.  sum  til  C.  1 2  [m  ,ÜJ.  [>ä  C  margra  manna  A, 
purgH  mannä  BG.    vaudkviL'öi)  „  vieiikviudi'  A,  vaudrjjiJi  BC.    eiua  hrid  iß,  tuna  U. 


284  ataasa 

haßi  büit  (  djöpaia  lagi  beetSi  körn  ok  aunan  kost.    Var  ok  sv&  komit 
gi5zi  landsunacDa,  at  ^at  var  mJQk  strokit  üt  til  kaupmanna  me^aIl  peir 

15  hQfSii  iigkkut  til  at  kaiipa  fyrir  sik.  Ok  sein  menn  eru  ätaddir  I  svä 
miklum  liiiska  uk  haröitiditni,  dr(.'ymir  As^aut  bönda  draum  eiiin  er 
honum  fannz  mikit  um.  Hann  sepir  eiigum  maunj  drauminD,  [n'Ial 
pat  var  rlkra  maniia  hÄttr  i  Saxlandi  ok  nü  lujijk  alltföa,  at  Heinrekr 
jarl  skyldi   einn  räSa   drauma   alla   fiä  sem   iiQkkurs   väru   veröir.     I'vl 

20  bugsar  Wadinn  svä  gera  at  so-kja  hans  fund;    tekr  sinn  fylgd   ök  ferr 
I  veg.     Honuni  var  nijtjk  tttt  utu  teröina,  svÄ  at  n^liga  ferr  bann  bicM 
dag  ok   nött,    pviat  forvitni   di'auDisins   flutti  hann.     Bar  (»at   til   eiuti_ 
moi^in  ärla  sem  hanu  liefir  enn  eigi  hfUfsött  veginn,  at  hann  rJSr  fr 
t  eitt  Utit  porp.     T'ar  var  eilt  n,-ftt  büs  t  rSf  reist,   ok  smiör  at  verl 

25  slnu.  RtSr  böndinn  naer  fram  hjö  l)vl  n^ja  hüsi  ok  Uerbei;gi,  ok  saki 
pess  at  hann  var  mikillitefr  mai^r  uk  alfrsegr  at  gö&mn  hlutum,  la;l 
smi&rinn  bvilaz  exina  ok  kastar  pegar  orSum  ä  hann  nieS  eignarnafei 
svä  segjandi:  „Hvert  skal  rföa  bondi?"  segir  bann.  Böndj  segir 
„Hvcrr  spyrr  at?"     SmiÖrinn  segir:  „Ek  heiti  Jiin".     Böndi  spyrr  [jj 

30  enn:  „Hverr  er  Jon  fyrir  sör?"     Hann  segir:  „LItill  böndason  er  ht 
sitr  I  {»orpinn".     Bändi  spyrr:    „Hversii  beitir  faöir  J)inn?''     ,Vall 
heitir  bann",  s^ir  smil5rinn.     „Er  bann  rlkr  maör?"  sagöi  bdndi.    ,h 
ferr  fjarri,   eegir  Jon,   utan  pi'i   vjlir  {lat  rikdOm  kalla  at  eiga  bqmi 
"^^''S''-     n^)^  pikkjumz  pat  sjä,  segir  böndi,  at  ^ü  munt  miküs  Q&r  afllH 

35  f  hveijum  m^aSi  meS  bandaverkum  ])[ntmi,  ef  pd  hefir  smiSat  kspelL 

14  lausagözi  BC.    strokit  -45,  stokkit  C.    lit  AB,  allt  C.     15  fyrir  sik  ko^^l 
inn  B.    gvk  sem  B.    menn  eru  (vfiru  B)   Htaddir  AB.   laodit  stütt  C.      16  biaka  ^c=il 
f.  BC.    einn  f.  0.       17  um  mitit  B.     Hann  dopprll  C.     sogFÜ  O.      18  hittr  f.       <: 
nii  AB,  var  du  («t  C.    alltifta  A,  aleiOtt  orsit  B,  alf»:f6u  mSl  (7,     19  diimin  rite      ■^. 
n^Itkure  —  veröirj  draumum  jwilli  skiptn  r.     t'vi  AB,  Nii  C    20  Iwndi  C.    at  Ken    — Ä 
s»kja  u  bftDs  lund  0.    lekr  hann  C.     ,.Sugd''  ./l-       <il  i  veg  f.  C.     Honaiii  var    —4 
ok  er  honum  C.    titt  A,  anal  O.     21.  22  Honuui  —  nött  f.  B.    niUiga  —  nott]  hi-«™ 
reifi  näliga  nitt  seiii  dag  C.     22  forvitni  AB,   fjstin  (7.    bimn  B,   lionum  C,  /,     --J. 
Ben-  |»«t  Bvli  tu  BC.    23  enn  f.  B.    24  i  J,  um  BO.    ofit  Ä,  liüt  C,  f.  B.    i  lif    -A 
i  upp  j1,  upp  G.    25  nier  vi,  rett  B,  /.  C    iyA  AC,  med  B.    nyja  huai  ok  herb.  — Ji 
litla  hüai  ok  n.f-ja  herb.  C,  n^ja  herb.  B.    ok  BC,   nü  A.      26  mikilhtofr  maSr  A^ 
mikill  »nininör  C.    at  güönni  C,  i  göham  B,    at  güäum  |  i  göftum  .i.      28  segir  <^) 
AB,   sagfti  0.     Bondi  aegir  vi,    B.  svarafii  ß,   f.  C.       2»  at  AB,    at  fwaim  »^ 
böndi  C.       30  Hann  segii  A,   Ennn  segii  veni  C,   SmifiriDn  svarar  B.     litill  JJS 
liUls  bättar  C.      3t  spyrr  A,  segir  C,  spyrr  [td  enn  B.    nach  |iinn:    Smittrinn  mgif 
add.  C.     VallliiT  B.    32  amiftr  B.    waör  /;  C,    segir  BC.     33  Jjarri  {.vi  C    JAn  -A 
amiör  BC    |>ii  —  kallal  [)at  nt  f*r  vilift  kalla  {lat  rikdum  C.     33.  34  mgrg  bpra  BC 
34  {nkiü  AB,     [lat  f.  C.    m&Ct  BC,       35  k  hv.  B.      35,  36  ka|«llu  ^easa  AB.  bb 
[wtta  C.    nach  |>eB8s;  Jö»  sogir  C,  JCm  svaiuöi  B. 


„t'ptta  er  ekemma  UtU,  segrir  Jon,  at  faSir  uiinn  sofi  i,  ea  I 

«igi  bapella.    Mentan  min   oi-  oh  nijijk  Util,   fa  ek  {ivl  gmätt  at  gQii; 

en  |h),  IxJiidi,  sHtt  at  segja,  heldr  (tat  iiil  iipp  räM  fcjöur  mlns  1  n^kk- 

uni  lagi  er  ek  vi!   eigi  epara  iiiik   lü  starfe  aeni  veröugt  er.     Nu  ])6tt 

ek  86  maflr  i'irfkr,   er  kiiiinig  hfeverska  {ilu,   ok  [ivl  muntu  vUja  segja  40 

m6r  Htjkkut  af.  hvert  ]iä  tptlar  at  fara,  {»viat  {lö  ert  eigi  gjarii  til  naiiß- 

K'synjalaust  at  rekaz  um  li^nd".     Biindi  segir:    „Pat  er  mitt  creiidi  sein 

nijijk  er  tftt  !  landi  t>otisu  ok  ijdriuQ  DäJaigjiiiD  rtkjum  at  sa^kja  fund 

Heinreks  jarls".    Jon  sagir:  „86tt  er  jnA  erindit:  fiik  mun  dreymt  liafa 

nqkkut  nierkiligt;  e&a  mim  ^at  Iqgtekit,  at  engL  matlr  I  Saxlandi  kiuini  45 

drauma  at  rä?a  nema  Heinrekr  jarl".     „Hejr,    segir  böndi,    er  Jiat  tu, 

at  ])il  {likkiz  f  n<jkkunmi  viPitdum  hjä  f)v{likum  spekiugi  seni  jarl  er'i"^ 

„Eigi  ein  J>at  inlii  orö,  segir  Ji5n,   at  ek  ])ikkiz  jafbviti-  jarJi;    enda 

iKundi  jiat  svi  fara,  [iiitt  ek  fÄtsekr  ]>fitii  dramn  eigi  verr  eu  bann, 

I*A    miindi   engl  trila  fyrir   mamia  niun  af  |ivl  at  lians  fr^gd  tlytz  um 

tili    li^ml,  eil  ck  ligg  ä  iitliim  kolbte  f  hdsi  fijdiir  mias",     „Vanligt  er, 

r  bi5ndi,    at   svä   fari    sem    ^i\  segir,    en  kost  sd  ek  heiz  tii  at  {)il 

niz  milli  manua,  ef  J>it  hefr  svä  upp  at  sogja  Jivat  mik  Iiefir  dreymt 

stöan   pyöingina  J>ar  eptir".     Smi?ir  svarar  |)d:    „Meinfanga  |)ikkiz 

ui^   leita   m6r,    bijndi;    s'^mz   m6r   ok   undartigt,   ef  {iil  i£tlar  annan  55 

».nn  ritrara  en  jarl  i  |>esai  list,   {>v(at  I>at  hefir  engl  af  boniim  sagt, 

36  BBgii'  Jon  f.  BC.    Bt  AB,  er  C.    sofi  i  Ä,  bafl  (hefii'  C]  tyrir  svefahiis  BC. 
*.    37  en  —  kap.  f.  BC.    37  llentan  J,  oii  meutan  B.  en  viona  C.    ok  /:  BC.    nijyk 
C    ok  f*  C.    aaiätt  AB,  litit  C      38  [lo  ^,    Iw  oü  B,    |iä  er  |*r  uü  C.    lieldr 
-  DU  Ä,   at  ]>\i  lialdr  ß,   ^ft  hcldr  [)at  C.     rM  —  mius  /.  BC.      39  vil  —  atnrfe] 
i  mik  eigi  (til  add.  C)  BC.    Nu  /.  C.    40  mafir  /".  J.    er  mer  C.    41  at  fara  Ä, 
t  Ü,  f.  C.    fin  —  gjam]  |Mit  er  [)6r  eigi  gjarnt  C    li!  f.  C.    42  stegir  jiO,  sva- 
*.    42.  43  si-m  —  rikjniiij  uii  aem  fleHtra  Bonarrn  C.    43  ok  —  oiUiegj.  in  A  durch 
1  loelt  xeritörl.    at  /■,  J.    ä  fumi  C.      44  segü'  AC,   svarar  B.     &itt  J5,   Au»- 
erinilit  AB,    [lat  erindi  C.     [ük  mim  ^IS,   ok  mmi  Jiik  6'.     hafii  (ireyint  C. 
i  —  kauiii]   engl  skaua'   ma&r  i  S.  ,4.     4ö  at  /■-  Ä      nema  AB,    utaa  A 
ir,  jarl  AB,  liann  einu  C.    Heyr  herm  ß    eegir  /tC,  aagfli  B.     iagautr  Ixiodi  C. 
mA  er:  Jon  svarar  J5.  Jon  segir  C.    48  eru  B,  evA,  iiiunu  C.    segir  Jon  f.BC. 
1  jIB,   tnuni  |)ikkjaz  C.     Heitireti  jarli  BC.        49  [lat  /■.  Ä      mundi  —  fai'a] 
du  f«ri  hn,  til  bans   Ü.     ek  f&t  J ,    ak  Kt.  mfiOr  B,    ok  vieti  Tut.  aveiiui  G. 
li  dr.  J.    al  {f.  B)  [j^aa  nokkum  dr.  BC.     oigi  J,    eogu  BC.      50  [jvi  tröa  C 
:  BC    flyta  Aß.   er  O.      51  Igud  -i,  rUi  B,  lijnd  ok  riki  O.    kotbie  A,   kodda 
5ä  sugir  iH'mili  naeh  Tari  C     segir  AC,    ssgäir  B.    en  kost  se  ek  J    {»thr 
1  ojlt  veit  ek  [lo  B,  er  [tat  C.    ö2.  53  at  |>ü  —  manna  f.  Ä.    53  manua  i 
svi  /.  B.    segja  A,  segja  riier  B,  j)ä  segir  iner  C.    54  si5aD  f.  C.  optir  A, 
t  flC    tJft-  —  eptir  in  A  fast  gam  erioachm.     Bmiftr  —  fA  B,   Jon  segir  (^ 
löT  C,  mik  A,  f.  B.     IwQdi  f.  C.     ok  syn.  C     annan  /■.  B.    56  vitrari  0. 
I  jarUlii)  B.    li  [«stiä  list  C.    vn^  —  sagtj  cigi  af  lioaura  Üaz  B.    sagt  ^,  Uult  C. 


296  OEBINO 

at  hann  rÄ9i  ösagSa  drauma.  En  ^6  mun  ek  svä  djarfr  at  pr6&  til 
heldr  en  vi^  skilim  svä  büit''.  Böndi  jätar  t)essu.  Jon  segir  {>&:  jf'Pik 
dreymdi  at  t)ü  vserir  genginn  af  sseng  |)inm  ok  st8Bt5ir  fynr  karlsdymm 

60  ä  I)lnum  hQfaSbae,  en  |)6r  er  kunnigt  at  ^ax  liggja  üt  undan  .IIL  eyjar 
er  t)ü  Ätt  S^diz  {)6r  sem  1  landnoi^r  &  ^ztu  eyjunni  gysi  upp  logi 
mikill,  en  sakir  veSrs  er  &  stö^  lagbi  logann  til  peirar  eyjannnar  er  1 
mi^ju  var,  ok  sem  hann  kom  |)ar,  spruttu  upp  .11.  eldar  i  |>eiiTi  ey  i 
landnor^r  ok  ütnorSr.     Fellu  logarnir  nü  saman  ok  gengu  inn  at  |)ri6ja 

65  eyjunni;  en  er  t)ar  kom,  hlupu  upp  1  henni  .111.  eldar  af  ütnor^ii 
follu  norSri  ok  landvet^ri,  ok  geystuz  sföan  allir  samt  upp  &  meginland 
me$  svä  h^rSum  flug  ok  eldligum  sveim  f*allar  aettir,  at  |)ti  bugl$ir 
allt  rfkit  mundu  brenna.  Yartu  t)vl  akafliga  hrseddr,  at  {>e9si  y&^i 
stfT6i  fyrst  Ä  l)inn  bügarS,   en  dreif^iz  sl^an,   sem  ek  sagt^a  tör,   alla 

70  vega  um  landit;  en  svä  vltt  sem  t)essi  ögnareldr  rann  yfir,  brendi  hann 
eigi  eitt  hit  minsta.  Nü  er  kunnigt  ef  draumr  t)inn  er  nc^kkut  I>ann 
veg  fallinn**.  Böndi  segir  at  aldri  bar  orb  I  milli:  ^ok  ertu  afbor^ar- 
maör  meö  undarligri  vizku:  eöa  hversu  reeör  {)ü  nü  drauminn?*  Hann 
segir:    „P^Öing  draums  J)essa   er  mikil  ok  eigi  Iqng.     I  |)e88um  .VI. 

75  stQ^um,  1  s6rhverja  aett  er  eldrinn  kom  upp,  leyniz  jar^fölgit  f6  er 
hermenn  hafa  fölgit  eptir  fomum  sit5,  sem  tltt  er  ät$r  menn  heyja  har5- 
ar  omistur  ok  bera  fö  ä.  land,  en  gijöt  ä  skip.  Nü  er  'pat  Ijöst, 
böndi,  at  I)etta  f6  allt  er  t)in  eign;  ok  ^ri  lag^i  logann  fyrst  at  I)fnum 

57  at  pr.  til]  vera  at  ek  man  til  rÄ6a  C.  58  ski^um  sy4  bünir  C  |>e68n  ÄC^ 
{)vi  B.  Jon  AC,  Smiör  B.  ^  f.  C.  58.  59  fik  dreymdi  AB,  I>at  dreymdi  f>ik  C. 
59  veerir  geng.  A^  {>6ttiz  ganga  üt  BC.  staeöir  A^  standa  uü  C.  60  a  be  {ooum  C 
en  BC,  ok  A.  er  {wr  C.  üt  (/.  B)  undan  liggja  BC.  61  er  —  dtt  f.  C.  Spid.  — 
logi]  ok  i  norÖQStu  eynni  s^ndiz  {>6r  sem  logi  gysi  npp  C.  62  en  A^  ok  BC. 
62.  63  i  raiö  C.  63  {)ar  upp  C.  ey  A,  eynni  B,  er  M  C.  63.  64  i  ütnortr  ok 
landnor5r  C.  64  Fellu  A,  feldu  BC  nü  A,  sik  BC.  hinni  |>riöju  B.  65  eyimi  C. 
{mit  kom  AB,  jwir  komu  Jyar  C.  66  fullu  —  landv.  f.  A.,  noröri  —  landy.  f.  C. 
geystiz  B.  megiiüand  AB,  landsmeginit  C.  67  svk  miklum  ok  h^rOom  C,  ^flaug**  C. 
ok  eldl.  sveim  A,  ok  eldingum  B,  f.  C.  svä  at  C.  68  allt  —  brenna]  at  likit  alU 
brenna  mundi  C.  {>vi  AB,  {)u  C.  at  AB,  {>viat  C  69  8t;^i  AB,  stefiodi  C 
bügart  ^,  biegarö  B,  bse  C.  69.  70  alla  —  landit  f.  BC.  70  en  A,  ok  BC.  ^eui 
ögnareldr  A,  l)essi  ognarligi  eldr  B,  hinn  ogurligi  eldr  C.  70.  71  brendi  —  eitt] 
brennandi  mütti  hann  eigi  brenna  C.  71  hit  minsta  strä  C.  er  kunnigt  A,  er  ^ 
kunnigt  B,  heti  ek  |)er  kunnigt  gprt  C.  71.  72  (>ann  veg  (7,  st4  BC.  72  b«ri  (7. 
\  A,  k  C,  f.  B.  73  nü  rnicA  drauminn  B,  f.  C.  73.  74  Hann  segir  A,  Jon  aagirC^ 
Smiftr  svaraöi  B.  74  {)essa  draums  BC.  ok  ^,  en  BC  .VI.  AB,  .IH.  C  75  er 
(1)  ^,  sem  BC.  leynaz  jaröfolgin  B.  76  folgit  A,  grafit  niör  BC.  er  A,  tm*  BC 
äör  en  C.  76.  77  heyja  —  orr.]  hpföu  bardaga  C  77  ok  AB,  at  C.  fiat  /*.  BC 
78  fe  allt  f.  C.    ok  f.  A.     78.  79  h  |)inn  bse  C. 


|W,   en  sitiui  dt  I  rlkit  beggja  ve^na,   at  ^6  munt  finna  ok  app  grafa 
1  oi  tu  l)(n  heimflytia  ok  siöan  dreit'a  sem  [lü  ert  vanr  til  beggja  handa,  SO 
1  STÄ  at  mai^r  mnn  i'ulJsa>ll  veröa  af  iiinni  eign;    eiiiiu  er  nü  lij^ingin 
1  'ein   jafnegiin    som   dftr    vai'   draumrinn".      BOndi    svarar:    „  fii   segir 
nitkla  hluti,    sv&   at   ek   veit   varla   hvat  ek   skal    upp   taka.     P&t  man 
tikkja  üvit^iit  stefnt  minnar   handar,    ef  ek  gef   svd   inikilin   gaum    at 
Irrtum   [ilDiim   Akunnigs  luauns,    at  ok    seti   aptr  mlna  ferb,    ok  munu  SS] 
,  oi™n  lilteja  at  mfer,    ef  ek   treysti  svä  mj^k  [linum  vlsärtm  en  fino  ek 
I  ^^i  Heinrek  jarl  eptir  allra  mauna  si?),    einkanliga  cf  {)at  prdfaz  Qdk 
■■flitt  er  Jiü  segir  mör".     Smi^^  segir:    ^Ekki  er  um   ])at  at  tala,   at  jjö 
■iDtinir  aptr  hverfa,  {»riat  mör  vseri  |>at  hugfeldra,  jjvlat  {langat  veltr  hvat 
sem    vera  vill;    en   jiö  muu   [tat  svä  fara  at  üvilja  [ilniini,    at  \>\\  munt  { 
g^tTt  mör  mein  Ti5  Heinrek  jarl  meö  orfium  f)(nuni  ok  geta  ortia  ükk- 
"rra.,    ok   Ijkast  at  ]iä  s6  gijrt  ok  greitt  um  f)at  at  jarl  raun  gern  m6r 
da&iiir.  ok  at  Jivf  erindi  niunto  geraz  sendiboSi;   he&'  pü  1»&  litlu  betr 
ea     cb".     Btjndi  segir  at  eigi  86  ervient  at  ßvA  fari:  ^mun  fiÄ  ok  miklu 
bc'ti*  at  sllkr  maSr  sem  liü  ert  feliz  eigi  lengr  fyrir  mQnnum".     Skilja  95^ 
[■öir  eptir  pat;   geugr  Jietta  eptir  \ivl  alla  leiö  sem  nii  var  sagt  ok  Jon 


79  ut  —  vegnft]  beggja  vegna  üt  i  M  i  rikin  C.  fyrat  fiona  C  80  en 
»i*w*  C.  |)ll  ertl  mit  diesen  trortfn  btymt  D.  beggj»  AC,  tveggja  BD.  %l  mun 
wmti  die  ernten  ticei  ImeAslabm  pon  fnUsiEill  erlosehen  />.  ver5a  af  BD^  tS  ver5a  Ji 
it^-rnt,  nf  at  C  (rfucA  wi  liiireh  leseteicken  angedeutet,  riaaa  s(  verÖa  af  geteeen  vier- 
df^*  lalt).  eign  ÄBD,  eigu  C.  mi  AB,  üti  C,  nü  üti  /;.  82  veitt  B,  rett  AD,  ok 
<^r  ^.  drauinriDn  var  ft5r  ZI.  uvarar  BD,  üegir  ^,  aag4iz  Dii  i  mikiun  vaodii  iLom- 
inn  C.  82.  83  K  —  Uuti  ^.  C.  83  at  /!  J.  upp  toka  A£.  at  lata  i>,  af 
«aa  C.  84  stafnt  f.  BCD.  gaom  at  C,  trünan  BZ),  trnnn»  i  C.  85  ek  sHti  JflO, 
sBÖa  C  mann  |»  C.  86  8  in  ek  «»  />  xeralöri.  [treylsta  D  (dte  enfnt  4  buchst. 
""^tehtnV  9vd  ^  viad.]  [>er  svft  Z),  svA  mjpk  fwr  B,  {>er  svii  vel  ü.  en  linn  ek 
^'^-  %a  finnag  £).  st  finaa  G.  87  ra  tn  allra  x^atört  D.  luaniis  in  D  erloschen. 
^''- 88  ISük  «itt  dB/),  f41s  a  88  segir  M-ii^fAcn  D.  rapr/:  Cfl.  Smidr  JB,  Jon  G,  «er- 
"**"  Z>.  segir  JC,  8vara^i  (Bva  arfrf.  ö)  BO  (svara  in  D  erlo»cken].  tala  bondi  B. 
^  'iverfi  .4,  sniia  BCD  (sn  m  D  xersUirt).  hvat  /■.  B,  itO  vill  ^.  TK  j>at  /■.  BGB. 
"  "Jv.  jiinmn  /".  C.  91  vi6  H.  jarl  f.  C.  ok  A,  {lü  mant  BZ>.  |ivi8t  [,»  mant  G. 
"**•  okk.  J,  talB  okkars  ECB.  92  ok  (1)  AB,  er  ö,  g^rt  ok  f.  BD.  greint  B. 
■^  likast  —  nni  jjat  at  f.  C.  at  (2)  f.  A.  jarl  muu  ißü,  ok  mnn  jarl  C.  93  öniS 
■  meft  [ivi  BCD.  muntn  eriodi  C  {dorh  ist  die  richtige  Wortfolge  durch  leeetd- 
'''«H  angedeutet).  sendiboOi  bans  B.  ok  liefir  C,  ^  BC,  [i.j  ß.  [>A  —  betr  in  A 
**•■«(*/.  94  ruielt  ek:  segir  Bmifir  add.  B.  at  f.  CD.  se  AB,  er  C.  f.  B.  üvient  B. 
'toi  iBB,  SR  C  mun  fia  ok  itBO,  ok  mau  ]>&.  C.  95  betr  /■,  D.  ror  af:  segir 
*>»wi  add.  BD,  segit  böndi  nrfrf.  C.  slär  .i(7ö,  {>vilikr  B.  sem  —  ert  /".  BOÜ. 
'^  ABC,  leyniz  G  mqDmim  erlorchen  D.  Sibaa  skilja  G.  96  ok  gengr  G.  |>ettB 
I  ««UCi).  epör  ^vi  .^,  elm  B.  svd  til  GO.  alla  leiö  (IdB  in  G  <i»i  ramh  naeh- 
■  AMr^  ABC,  at  •aas'*  Inachher  im  \eiUHanfange  einige  buekil.  ieratörl}  D. 


298  GSBING 

gat  tu,  at  Äsgautr  böndi  kom  fram  ok  sagt^i  jarli  draum  sinn,  en  hann 
r6«  svä  at  hvergi  greindi  ä  vrö  Jon.  Äsgautr  r^  I>&  trdnaWnn  ok 
segir  jarlinam  alla  sQgu  |)eira  Jons.     Fylliz  |)ar  af  hugr  jarls  mikilli 

100  undran,  ok  b^r  Äsgauü  at  1  aptrreit^inni  skal  hann  finna  Jon  ok  bjöt^a 
honum  me5  allri  virkt  ok  saemd  ä  jarlsins  gart$;    segir  at  hans  Iftilli 
aett  skal  |)at  vera  til  mikillar  uppreistar.     I^etta  erindi  berr  Äsgautr  sein 
t)eir  finnaz,   en  Jon  segir:    ,,Nü  er  svä  komit,   böndi,   sem  ek  gat  til, 
at  |)ln  or$  mundi  m6r  meina,   {)vfat  eigi  mun  sett  min  efling  h]jöta  af 

105  Heinreki  jarli,  heldr  mun  ek  msota  t)eim  tunga  {xStt  ek  fari,  at  fal^ir 
ok  mö5ir  mundi  eigi  orb  eptir  senda;  en  t)ött  ek  viti  |)etta,  mun  ^ 
fara  eigi  at  slör,  |)vlat  |)at  er  forsjä  |)ess  er  qUu  rajör**. 

3.  Er  nü  t)vf  naest  at  segja  af  ferQum  Äsgauts  bönda,  at  brätt 
sem  hann  kemr  heim,  ferr  hann  til  eyjanna  meS  hüsk^rlum  slnum  ok 
finnr  |)ar  fö  1  svä  mqrgum  st(}(3um  sem  fyrr  var  visat  til,  ok  svä  mikit 
er  saman  kom,    at  |)at  nenti   ongi  ma^r  ä  bak   at  bera.     Yar^  t>etta 

5  eigi  hans  eins  gle^i,  heldr  alls  rlkisins  umhver&s,  sem  draumrinn  spä^i. 
Er  |)at  svä  üti. 

4.  Nü  skal  vlkja  til  Jons:    hann  segir  Valtara  fq^ur  slnum  olc 

96.  97  nü  var  sagt  ok  Jon  gat  til  C,  Jon  gat  ÄB^  nü  var  sagt  7>.  97  at  f.  C^ 
Asg.  —  Bagdi  A,  Asg.  fram  kemr  ok  segir  B^  Asg.  kemr  fram  ok  segir  />,  kemr^ 
Äsg.  fram  ok  sogir  C.  jarli  draum  sinn  ABD  (jarli  draum  in  D  erloschen)^  dran^ 
minn  jarli  C.  98  greindi  h  AB^  greindi  orö  ä  Z>,  bar  orö  k  milli  C,  Asg.  bondi  C. 
r^'fr  AB,  rauf  CD.  trünaöinn  ABD^  trüuaö  viö  Jon  C.  ok  f.  B,  99  {)ä  jarlinam  i), 
jarli  {)ä  0.  SQgu  AB,  ra)öu  O,  x^stört  D.  Fylltiz  C.  ^  A,  t>a6an  BCD,  hS  f.  B 
hugr  jarls  (jarlsins  BD)  ABD,  Hoinrekr  jai-1  C.  ki  in  mikilli  verstört  D,  99.  100 
mikillar  undranar  C.  1(X)  Asg.  bonda  C.  aptri-eiö  sinni  BCD,  ftnna]  in  D  nur  der 
erste  buckstabe  erhalten.  101  med  —  garö  AB,  k  sinn  fund  me6  allri  virkt  (lias  leUe 
wort  uyisicher)  D,  meö  ast  sinni  ok  makt  a  minn  fund  C.  segir  J.,  segir  svi  BD, 
ok  seg  honum  sva  C.  hans  x.  t.  Tier  stört  D,  ebenso  [Htjelli.  102  }>at  ABD^  honum 
C.  ver6a  BD.  uppreistar  mikillar  D.  er.  borr  erloschen  D.  Asg.  ABD^  i.8g. 
bondi  Jöni  aptr  C.  102.  103  sem  —  segir  A,  en  Jon  svarar  til  sem  (er  0)  \ek 
linnaz  BCD.  103  bi'»ndi  AC,  bondi  segir  hann  BZ),  til  /*.  5i).  104  mundn  AD. 
meina  ABZ),  at  meini  koma  C.  min  AB,  minni  CD.  t4j6ta  A,  leifta  BZ),  af  leite  C 
105  faöir  minn  C.  106  myndi  B,  mundu  AC,  munu  A  en  ABD,  nu  (7.  viä 
{»tta  A,  vita  {»tta  fyrir  BC7).  107  at  AC,  {)vi  BZ),  forsja  ABD,  {»  C.  8,  1  & 
ABZ),  En  C.  {)\i  nsest  A,  fyrst  BCD.  af  ABZ),  fra  C.  Asgautz  A,  Aagavtar  BD, 
abgekiirxt  C.  bonda  f.  CD.  2  eyjarinnar  C.  3  ))ar  —  stQÖuni  AD,  fe  [mut  sem  til 
var  visat  ok  i  sva  m^rgum  stQöum  C,  fo  i  sva  m^rgum  stQÖum  B.  sem  —  tu]  sem 
„furr""  visar  til  A,  /*.  BCD.  4  er  saman  kom  ABD,  var  saman  komit  C7.  a  «bi^ 
at  bera  A,  a  (i  Z))  vag  at  faera  BCD.  Varft  ABZ),  Var  C.  5  at  eins  hans  ißM  d 
heldr  —  rik.  ABD,  „hf  K  allz**  0.  umhverfis  AB,  umbergis  CD.  s  «Pi  tptfi  «r- 
«töW  Z).  6  t)at  AD,  [)ctta  B,  /*.  0.  sva  f.  A.  4,  1  M  skal  A,  ok  ad  aU  S,  Ai 
nü  skal  Z),  £n  nü  er  at  C.    at  hann  C.    feör  AD  (e  in  D  xentäri^  ! 


Ii^ki  hvat  talat  var,  segir  at  öf^rt  er  nt  tdtja  orbsendii]^'  jarls, 
\  })V^f  gerir  hann  sik  räMim  at  rfSa-  Var  [lar  skji5tltga  mikill  grätr  i 
[  bdfii,  ])vlat  allt  )mt  fölk  \t6tüz  nä.liga  tapat  hafa  Efnii  llfi,  ef  honiiru 
fei  nf^kkiit  ül  meiiis.  Ferr  Jon  ok  fraiii  kemr  ok  er  tokinii  af  jarli  5 
bliSu  aem  lieimuligr  vinr  ok  trü^la^a^lla5r;  ok  sem  jarl 
])enna  la&iin  fengit,  breytir  hann  ä  ^ann  hätt  me&  hoiialigum 
at  hvern  tima  sem  draumaiuenii  koraa,  ]>&  ferr  hann  1  ein- 
bli  vi»  Jrtn  ok  la>tr  hann  aegja  s6r,  hvat  ^lenna  ok  i>ann  hefir  dreynit. 
r  h6r  sA  manna  munr,  at  Jon  16t  jarliuii  hafa  sik  iindir  hendi  s^r.  10 
lka?(iz  jarli  eun  f^a1g^io  af  o^ju  yfir  q11  li^nd,  at  nCi  beri  {»at  yflr 
I  fyrri  spekt,  at  bann  r6Si  aü  alla  draama  ösag&a.  OeisaSi  hans 
i  af  ^üäsi  n.fjiing  svä  hätt,  at  jafovel  kom  hon  tram  til  själfs  keis- 
Kluttiz  f)al  ok  hör  mefi,  at  einn  ungr  maör  var  kominn  Hl 
rtar  jarls,  ok  BQg&u  sutnir  at  bann  vseri  forvitri,  {lött  ]iat  fieri  lägt  15 
Si  far  1  vitrir  menn,  hversu  {icnna  sefint^  haf^i  saman  borit,  jiviat 
Jon  reyndiz  einkanligr  maör  f  siöferöi,  hitverskr  ok  lltillitr.  mjükr  ok 
ildjar&  ok  as  hallr  til  hins  betra  hvar  sem   hann  var  viö  staddr  mfU 

I.  2  ok  —  b>-Bki  f.  A.  hyski  sinn  Ü.  2  talat  XBC,  „talla"  D.  vw  AG, 
SD.  Kpr  Ä,  segir  üvii  BD,  ok  sagOi  C.  ei  ABD,  nuri  C.  s  in  mija  un-- 
I  D.  3  rtiaiiiQ  i  C.  [mu-  BCD  (die  beiden  l&iien  bvcl,«labm  in  D  x.  t.  xerglöri), 
Wa.  stjMiga  Ü,  skjAtlißi-  BG,  f.  Ä.  mikiU  /TB.  4  allt  ^  J)6ttiK  ABD,  a!lh' 
nÜigft  f.  C.  5  Ferr  AD,  ;Nü  ferr  C,  Ei6r  fi  ok  er  BCD,  er  hann  A. 
Ö  nieitri  AB,  mosti:  D,  »hinnu'  mestu  C.  23,  24  aem  —  tnjn.  B,  sem  „heniolegs- 
^t".  eL  .tmnaSr  in-  J,  sein  nhoiinuligs  vins  ok  trunadar  maiiz'  /),  sem  hariD  vteri 
jpl»  ttuuaflarmattr  oär  hinn  mesti  vin  C.  6.  7  ok  ((em  —  fengit  f.  BCD.  1  lireytir 
■kt  i  Ä,  he&r  jarl  nii  £2),  hafa  JMii:  oü  G.  k  uie5  C.  beimligom  ABC  (Ate  abge- 
^nUa  mdvnn  in  A  nicht  dfotlieh),  beimalignui  D.  8  metoabi  ABD  (ia  A  ata 
Bwk  ttaehgetragen),  vitoiM  C.  hvern  ^ßZ>,  [>aiin  C  hbiii  ABD,  er  C.  |)ä  f.  A. 
'Qaiui  MgJB  ser  ABD,  J6n  hauii  segja  C  jieDna  ok  |jann  AB,  |i&  D,  Jieüsa  ineiiD  (7 
'p^SSft  hoiir  menn  C,  ifocA  »f  die  nchlige  icortfhlge  durch  Uaexeichen  antterieutet), 
">  b4  jißC,  sjä  D.  maona  ^B£»,  mAla  C.  sik  sv.i  imdir  BD.  11  AukaöLs  ^a 
^Vki  Ü,  Äiikai  Uli  C.  jarli  —  fnegöin  („fra>gd  ou")  J,  Heiureki  sva  fnegfi  oiin  Ä 
Höinreki  jaiU  svfi  (ra-gö  ü.  hana  ft»KÖir  C.  af  ABC.  at  D.  at  nü  bari  BD,  at  nü 
'W*  J,  ok  upp  berr  C.  12  fjTri  /:  C.  n-öi  nü  B,  segi  mi  A,  segBi  i),  neör  C. 
t  f.  C.  fyrit  ^ilfan  kasarann  A.  14  Flutüi  {)«t  ^BD,  FljtK  [»tta  C.  hör 
,  t«r  G  var  ABD,  vajri  C.  15  jarlaDS  BD.  sogfli  C.  sumir  meon  C.  bann 
lorritr  fi.  tt  m  pott  Tu^xtÖH  D.  fiat  ACD,  hann  &  lä  Sa  |iar  i  BD, 
ii  J,  Saa  (»at  (?.  menn  hvet-  in  B  cdyeriesen.  |»enna  AD,  |>038i  ß,  [letta  C. 
reliirl),  beflSi  C.  17  reyndiz  ACD,  profaÖiB  ß.  einkanligr  J. 
,  f.  CD.  mB&r  /■.  CD.  i  siMarhi  /".  JCi).  IT.  16  haav.  —  mS!4j.  Ä, 
r  ok  litillntr,  uijiilur  ok  B,  hsvcKkr  ok  litillätr  mjtikr  (ukr  xcratört)  ok  D, 
i  wjäkUtr,  hieverKkr  ok  litiilatr  C.  IS  olt  «>  f.  B.  »  f.  C.  til  baUr  A. 
r  BDC,  ,bü'  A.     Die  -i  k%im  buchtl.  in  aladdi'  xerHüri  D. 


300  aisBiNG 

manna.    Herbergi  haf^i  hann  s^r  ein  til  sve&s  ok  |>eira  sinna  gerSa 

20  er  honum  llka^i,  {)yiat  hvat  er  hann  tök  sinni  hendi  var  forkunligt 
yfir  fram  abra  menn.  Yar  hann  af  |)essu  efni  qIIu  saman  sy&  vinsaall, 
at  engl  ma5r  talat^i  honum  1^,  en  margir  vel.  Nu  ll^r  sv&  h^^ 
at  Heinreki  jarli  llkar  eigi  at  lüta  Jöni  svä  opt,  heldr  vill  U,  f^essa 
speki  sem  meö  eign,  ok  by^r  homim  at  kenna  s^r  sagda  list  fyiir  ssi 

25  mikit  f6  ok  ssemdir  sem  själfr  vill  hann;  en  svä  opt  sem  hann  leitar 
eptir  blltt  e^a  stritt,  svarar  Jon  83  sama  til,  at  hann  feer  eigi  keat 
honum,  |)vlat  hann  segiz  me^  gJQf  pegit  hafa  |>etta  14n  en  eigi  m^ 
list  I'ar  kemr  at  jarl  reit^iz  dauöliga,  |)vlat  hann  trüir  at  Jon  fyiir- 
muni  honum  listarinnar;  ferr  nü  til  räös  met3  honum  er  aldri  er  dyggr 

30  n6  Tel  dugir,  at  hann  skal  at  komaz  listinni  hvat  er  kostar.  l^vl 
kve^r  hann  |)at  upp  einn  morgin  ärla  sem  hann  vaknar  i  sinni  sesng^ 
at  hann  b^ör  frdinni  er  fyrr  nefndum  v6r,  at  hon  skal  taka  I>at  sax 
sem  t)ar  hekk  uppi  ok  ganga  lägliga  i  svefhhüs  Jons  ok  drepa  hann 
sofanda,    kryfja    hann    sföan    ok    taka   or   honum   hjartat  ok   raalgera 

35  honum  t)at  sama  me9  spab  ok  spfz  1  dagv^erQ   um   daginn,   en  lykja 
herbergit  sföan,   svä  at  {)ar  megi  engl  koma  utan  hon  ein,   |>vlat  STji  33 
skal  flytjaz,  at  Jon  hafi  sött  fengit  ok  andaz  or  henni  ok  grafaz.   PettB. 
bo$  allt  saman  angrar  svä  särt  früinnar  hjarta,  sem  hon   vseri  iQgS  i 
gegnum,  en  met5  pvl  at  viö  Jiggr  hennar  lifljön  af  illzku  jarlsins,  dregr 

19  ein  f,  C.  ^irsL  ABD,  til  G.  20  er  ^C,  sem  BD.  hvat  er  ABD,  \inr 
sem  C.  hendi  til  C.  forkunnigt  G.  21  fram  /*.  BGD.  efhi  /*.  BCD,  saman  /.  P'v 
saman  sva  f.  G.  22  talaöi  ABG^  maolti  Z).  1^  —  vel  ABD^  l^s  66a  maignuei' 
is  C.  Nü  —  heöan  Aß,  Nü  liör  svä  ok  fram  kemr  (7,  Nü  liöa  svä  dag  [ar]  D  (mi^ 
dag-  bricht  D  ab).  23  Heinreki  f.  G.  vill  hann  G.  {iessa  AB,  ^  C.  24  sem  i^ 
af  Jöni  G.  eign  AB^  eigu  G.  b^ör  —  at  AB^  biör  hann  Jon  G.  fyrr  sagte  (7- 
fyrir  AB^  ok  b^6r  honum  G.  25  själfr  vill  hann  AB,  hann  vill  mest  luggjft  ^-> 
opt  f.  G.  26  meö  stritt  eör  blitt  G.  svarar  AB,  segir  G.  se  f.  BC.  samt  C- 
27  l^tta  f.  B.  27.  28  t>etta  —  list]  en  eigi  meö  list  numit  hafa  {>etta  lan  C  & 
reiddiz  G.  trüir  A,  trüir  sva  B,  trüöi  G.  28.  29  at  —  fyrirmuni  AB,  sem  J«*^ 
mundi  fyrirmuna  G.  29  ferr  nü  AB,  fyrir  {)vi  tok  hann  C.  er(l)]  sä  er  BC,  sii- 
er  (2)  A,  var  BG.  30  ne  vel  dugir  A,  sinum  vinum  G,  f.  B,  hann  skal  A,  n^ 
skal  hann  B.  30.  31  hann  —  sseng  f.  G.  31  ärla  f.  B.  i  saang  sinni  B.  32  fitv' 
inni  AB,  sinni  frü  G.  nefadum  ver  AB,  var  nefhd  G.  |>at  /*.  C.  33  aem  — 
uppi  AB,  er  liggr  hjä  henni  G.  34  sofanda  —  siöan  f.  G.  taka  si&an  (7.  ittA- 
büa  G.  35  honum  B,  siöan  A,  mor  C.  sama  /*.  G.  um  daginn  AB,  i  dag  ^• 
36  herb,  siöan  AB,  siöan  aptr  herbergi  G.  inn  koma  G.  utan  hon  ein  ^,  atvi 
hann  einn  B,  nema  ()ü  ein  G.  ()viat  /l  (7.  svä  f.  A.  37  hafi  A,  hafOi  C,  skii 
hafa  ^.  fengit  AB,  fangat  G.  hafi  andaz  G.  ok  grafaz  A,  en  si6an  gnhi  B^  ^ 
siöan  hafi  hanu  grafiz  G.  En  {)etta  ^C.  38  saman  AG,  samt  ^.  frdariDnar  T. 
iQgö  C,  lagiii  .4^  (lagin  i  doppelt  B).  38.  39  i  gegnum  meö  sver6i  C.  39  n«* 
2^C,  viö  J.     lif^on  heunar  G.    {>ä  drogr  5C. 


;; 


1  8i)c  At  af  lirtsinu  ok  fmm  (  )ifi  skommii  er  Jfin  liggr  I.  Eanu  ls>tr  40 
]  bimii  eofi,  on  hol!  stendr  &  goifinu  uk  grietr  nijijk  s&rt  {lar  tu  er 
bn  vfkr  oröum  at  henni  ak  segir  svä:  „Frrt  min,  segir  bann,  gr&t 
i,  ger  heldr  {)Ut  er  ji6r  er  boSit;  ek  skal  hvergi  flfja.  Vit  ok  jiat, 
»4  hefir  meiri  6byrg^  er  b_*!5r  glatpinn  en  hinn  er  gerir  nauMgr". 
a  svarar  ok  svßrr  viö  giibs  rtafu  at  eigi  skal  bon  spilla  haas  blüSi,  4:i 
i  |«r  Ugi  viö  hennar  llf:  „Iivfat  oiei^  vizku  ^intli,  segtr  hou,  er  ^tr 
äfritt  at  vit  beituni  svi  jarlinn  brQgSum,  at  J»ii  Iiafir  Iff,  en  liaun 
kkiz  hafa  sinn  vilja".  Jiin  segir:  „Hvat  er  Jjä  aimat,  sfban  |ni  ert 
Bin  1  at  gera  ni^r  ekki  mein:  ek  veit  ]>ann  staS  er  visl  er  at  hgndla 
Bn  Bti^iran  rabka,  tak  bann  ok  tser  mf-r".  Sem  jiat  er  g(jrt,  drepr  50 
an  rakkann,  tekr  bjiirtat  or  lionum  ok  bf-ftr  henni  jtat  matgera  jaj'l- 
Svä  gerir  hon,  atrengir  slban  akemrauna,  ok  ui^  fleytir  lU  f 
9iDn,  at  Jon  haS  s<3tt  fengit.  Kemr  nü  jiar  mdli,  at  bjartar^ttrinn 
borinß  jarli  um  daginn,  ok  bann  etr,  en  eb  f  miUum  sem  bann  tekr 
l^ttinnm,  s6r  haiin  niör  (  gaupnir  eör  sem  prötandi  hver  vizka  hlypi  55 
honum  til  draumspekinnar;  en  fiat  i6r  svä  at  bann  lykr  hunds  hjar- 
lu  ok  er  at  eogii  vitrari  en  äbr.  Er  |)es8u  niest  vikjanda  til  Jons, 
bann  gern  oitt  inanultkan  meft  vax  [me^]  svä  forkunligum  hagloik 
.  llkt  sjÄlfum  s6r,  at  Jtar  mätti  bann  sjiilir  kennaz.  Segiz  nd  fljött 
»s  andtät  eptir  f4  daga;   gengr  frrtin    niest   hans    naiiBsynjum    ok  60 

iO  Üt  AB,    i  buri  C.     af  hüsinu  A,    or  biisiau  B,    af  loptiau  C.    ttiutx  f.  C. 

iB,  .Tön  d    41  en  er  hon  C.    a&rt  tnj^k   C.    42  at  becni  AB,  til  heODar  C 

AC,  talw  B.    segir  Aü,  sagfli  B.     43  Ji^r  ov  (er  f.  B)  boftit  AB,  jarl  bJör^C. 

Bk  C    livargi  JB.    ok  f«t  J.  ok  B,  tyrir  vist  C.      44  aS  hefti-  AB,  |>eBS  er  C. 

Spinn  b^r  C.    hinu  ,4.  bä  5,  hins  C.    nauftigr  gern  5C'.     45  svarar  ok  B,  segir 

A,  f.  C.    guftfi  uafn  J,  guft  BC.    hon  skal  eigi  C.    bli'ifli  Aß,  lifi  C.      46  sagBi 

;  fl,  /:  a    47  ^jWfvald  B.    beitini  J,    svd  jacünn  B,  avi  jarl  C,  .u»  J.    47.  48 

n — hafa  AB,  jarl  hitfi  |)6  C.    segir  .4  C",  svarar  {imdeutl.)  B.    [>i  /".  B.    at  siflan  0. 

^  B.    49  at  gera  —  mein  f.  AB.    er  vist  B.  at  viat  C,  at  rfiSinn  A.    50  stör- 

nldta  AB,  liimd  sturao  G.     51  ok  tekr  or  hontim  bjartat  C.    [tat  at  C.     51.  52 

bmin  AB,  fytir  Jarl  C.    52  jiarA  bon:  sem  Jon  b«u6  henni  aäd.  C.    aptr  sitan  B. 

irtir  üt  A,  Üeytir  B,  Uyti  [»t  n«  C.     lit  /".  B.      53  Jon  JB.  hami  C.    fengit  AC, 

S  (uncfruff.)  B.     mMinn  C.      !i4  borina  jarli  AB,  inn  borinn  ok  settr  fyrir  jarl   C. 

O   otr  AS,    im  otr  bann   r:'.      sem   hano   tekr  AB,    er  bann  At  C.        55   ser  AB, 

C.    pröfandi  A.   efanili  C  (in  H  isl  der  an fntuj  de»  vi/rtnt  abgttchmtten  u-nd 

-odi  frbattfn).  iiö.  56  at  hooum  blypi  C.  5ti  draumspekuinar  AB,  dmumanna  C. 
A  8*4:    me6   yUu  luM.    C.      r   in   för   wnii  svä  at   in   B  abgejiehnitttn.     lauk   (.'. 

7  l««rtanu  J,    „hjtrtteno-  (sie)  C,  hjarla  B.      57  ok  er  AB,   en  bann  var  C. 

iJ.,  visari  B,  nnrr  C.    en  4&r  JB,  en  lifir  am  draumuTiEkuna  C.    Er  —  vi^- 

AB,   Bu  nü  er  [«ssa  n»at  at  vikja  C     58  at  f.  A.    eitt  /:  A.     ine»  (2)  /*.  AB. 

I  Weö  {2|  —  ok]  svä  forkunliga  P.      59  nü  tljott  AB,  ok  llj-tz  C. 


fiveipar  Ukit  iiöi-  nienn  koma  (il  at  gera  Ifkfor^iiia,  on  36n  hefir  l>i  ri 
f  lientior  trilnaM  sem  leynir  alla  meiin.  UrSii  \<c^s\  UftenJi  luijrgtkKu 
ril  hrygöar  er  Jon  trüBiz  tU  grafar  borino  uk  oiSpsettr,  svft  at  mar^ 
var  gr&tandi  at  peiri  fijÖDiiatu. 

5.  Nd  er  ]>ar  til  m&b  at  taka,  at  keiearaDn  f  Saxlandi  drvyniir 
drauui  einn  er  liomim  s^niz  merfciligr,  en  vill  [mI  piiwiim  s^a,  [ivJat 
Heinrekr  inägr  hans  var  ml  svä  gseddr  {lossi  frtegö,  at  hann  sti^i 
drauma  alla  en  räSi  slSan,  ok  ]itI  metr  keisarinn  eigi  {lann  mnn  af 
5  bjöf^a  jarli  ä  sinn  fiind,  lieldr  rtßr  hann  sjiilfr  n\ef>  sitt  hoffiMk  ok  rnm 
kemr  ä  jarlsins  garö.  Ve^^^  früin  systir  bans  bjartaliga  fegin  hins 
kvätnu,  en  jartina  sfnir  sik  nijbkut  glaflan  ok  bylr  raeh  9(Jr  bnnlil« 
samvizku,  fivlat  hann  ^iVViz  vfat  vita  at  koiwarinn  hefir  ä  einliTem  hiH 
raikit  erendi,   sfäan   bann   sjölfr  reifi.     Fdr  [jat  fram   meS   honnm  waa 

10  skrifat  er,  at  engi  blutr  wvlkr  br&Öara  manninn  en  i!l  mUlacfhi.  SflOO 
l^jeir  taka  tal  nin  k  milli  m%amir,  segir  keisarinn  sik  ba5i  drormt  ]i$i 
er  honum  s<niz  merkiligt:  „ok  {ivl  viljum  v6r,  m&gr,  at  Jul  ^Air  os* 
rizfcu  ptna  er  n\\  ferr  land  af  landi  ok  segir  draum  niinn,  on  I)tBÜ' 
sf&an   sem   eptir  gengr*".     .Tarl    kennir  nü   at   hann  hefir  sjÄlfr  egnt  f>Ä 

15  snijru  fjrir  sfnwni  Wtuni,  at  övfst  ot  hversii  hann  forSaz;  verSr  n<* 
hljöbr  ok  fordjarfaz  allr,  segir  [lat  län  skanim»;tt  liafa  verit  ok  nü  mff^ 
ijlln  aik  fyrirlätit     Keisarinn  s&r  meS  sinni  vizku  at  jarl  vard  illa  ri*^' 

61  Mr  en  0.  eo  J<3ii  AB,  Jons  C.  «2  tninBAi  lioanai  ß.  tmaaAw  C  lefTV- 
ix  C,  mQrgmii  /■.  A.  63,  64  er  .Ion  —  var  f.  C-  04  «l  ,iC,  af  ß.  [wiri  [ijÖBMta  i^^ 
|>Wgi  lik^lflu  C.  6,  1  inÄls  J,  Msaguar  B,  f.  C.  nach  taka;  ok  M  M  «f^^ 
add.  C.  at  1,2)  AB,  er  ('  teisaranu  J,  keissrinu  B,  rfü?  tttdung  aigdHint  C^ 
drejrmdi  it.  2  eina  AB,  mikiDn  C  merkiligr  vera  nie  rill  C  3  nü  mri  fi,  m 
Rvi  O.  gneddr  S.  [lessi  fi-ingb  £,  )iein  iist  A,  (wssamr  fraigOar  C.  wgir 
4  ncAr  r^  hann  keissrion  ^ilfr  C  eigi  /l  ^.  [noii  mnn  J,  Jmuid  mnDiDn  B,  m 
lüa  0  jnrliuiim  B.  6  haDs  s}-stir  harbia  C  6.  7  d  jarisins  ~  tm  f.  A.  7  kvinra 
tundi  C.  jarlinn  J,  jarl  BC.  sjnir  AB,  gerir  (?.  nijkkiH  ;'.  JA  ok  hylr  BC, 
befir  A.  8  vist  /.  A.  keisari  C.  Ä  /:  C.  9  sjÄlfr  hann  B.  \»t  AC,  hör  Ä  n 
hoamnf.B.  10  Kkrifat  stendr  a  in  ikr  BC,  sfkii  A.  hrASan.  AB,  avk  C.  «i  J 
Bern  C.  malaetui  A,  niilefni  BC.  tiach  milai-fni:  Liiia  syslir  kciisarans  vtutr  hJH 
liga  fegtD  ban»  kvilma  .1.  11  taka  tal  .1,  tala  B.  taka  ouUe&ii  ok  lala  C.  A  milli 
{  milli  B,  i  inilluin  C.  droj^it  liafa  C.  12  or  f.  A.  ^vi  f.  A.  nach  Btigr-.  *tf^-^~ 
hasu  B.  13  tand  af  landi  AB,  um  i^U  l^tid  C.  segir  oss  C.  draium  mim  <" 
draumitm  BC.  13.  14  |>«Air  — sem  AB,  rA6  sifian  aem  [)feir  ok  (7.  14  kmnfr  Ji 
s*r  a  sjillfr  hollr  Ä.  U.  15  ogot  —  fyrtr  AS.  lengit  J™  sooypn  a  IJ  hTia 
at  B.  verSr  haun  nii  C,  16  hljAftr  ir^ok  C.  fordjai-far  A.  tjnr  ^vha  H,  (bni*b 
(,F*lnlaxt*)  C.  ok  segir  C.  akammiBtt  B.  ekammoitt  A.  skamt  C.  ««tit  kalk  A 
17  sik  fjrriiUtit  AB,  fyrirltntr  liaiui  sik  (!)  C.    >mt  ou  C.    Hitini  vütkv  AB,  iirtl 


saAinu-JoNa  sasä  303 

r^vf  tekr  hann  nieS  s6r  st^Äugt  at  hann  er  bitinn  af  vdndri  samviit- 
in  talar  fiä:  „Oss  var  flutt  at  h6r  vteri  einn  iingr  maSr,  Jon 
tbrvitri  ok  vinsa'll;  hvar  er  bann  nö?"  Jar!  segir  at  hann  20 
er  dauSr  ok  grafinii.  Eii  er  JK;ssar  rtDÖui'  fara  frani ,  sör  keisarinn  at 
fhlin  systir  hans  hylr  sinn  liarm  ok  grtetr  fiü  särt.  Pvf  ondar  hann 
fyrst  at  sinni  Jietta  mal  en  tekr  sißan  systur  sfna  meß  einnueli,  bji'iB- 
aadi  henni  upp  &  sina  kurteisi  at  hon  liiti  upp  sannindi  fyrir  bonum: 
,I>vrat  v6r  {»ikkjumz  sjä,  segir  bann,  at  >it  bj('in  erut  üllkrar  samvi/,kii  25 
[  ^essu  mdli,  ok  pvi  beriim  vär  trauet  ä,  at  fiil  mnnt  oss  sannara  segja 
en  jarlinn".  Pniin  meS  slniim  gi^Meik  var  nü  sett  niilhtm  {>eira  boi^a 
er  eigi  vorn  lägir.  Hon  sä  fyrir  bversu  hennar  böndi  var  h&ßnliga 
stetndr  (  sfnuni  glrop;  sft  hon  ok  bversu  hon  var  skyldug  satt  at  boöa 
ok  &3&lsa  saklausan.  II6r  kemr  niAli,  at  hon  leysiz  pvi  af  seni  minnstu  30 
mWti  via  knma,  segir  Jon  lifa  ok  vera  I  sluu  valdi.  Ketsarinn  krefr 
liä  oh  ekki  franiarr  af  hemü,  utan  btbr  I  sta?^  at  Jon  leiMz  ii  lians 
fiißd.  Sera  {)at  er  gijrt,  talar  keisarinn  beldr  stutt  I  fyrstu  ok  segir 
BvA:  „Ev(  forr  fiü  svä  mer>  |>6r  lifandi  maßr:  grefr  |)ik  sjjUfr  I  leynd, 
endÄ  triiiz  dau«r  ok  grafinn  af  QÖnira?  Seg  oss  |jat,  I)Vfat  v6r  bjööuni  35 
tfe,  ok  ger  engan  manna  mnn  at",  segir  hann,  Ji5n  svarar  ^esatim 
Ekran»  oröum  rajcjk  göÖmanUga,  sem  hans  nÄttiira  var  tÜ:  „Herrn 
n,   segir  hann,  ef  ek  skal  greina  I>ann  litla  (efintfr,    biß  ek  at  |i^r 

16  [ivi  —  atijä.  AB,   fieiikir  meS  ser  stqSugt  aanivit  C.     at  bum  BC,    radlUi 

-at  liQ  gebessert,    das  r  aber  nick!  radiert  B,     bltiun  af  vtludii   samvtzku  A-,    tut. 

nättiiru  B,  liundiDn  af  illum  andn  ok  vaudri  sanivizku  C    20  forvitri  A,  for- 

\  forviU  B.      21  ei-  AB,  so  C.    giafinn  .^l-Ö.  ,grauftur''  C.     Eti  BC,  Ok  A. 

AC.    |«ira  B.     fara  AB,    füni  C.       22  hylr  ^LS,   hl.yr  C.    Ki  AC,    H  B. 

tyrat  -^  taäi  AB,  sitt  mäi  ^'rat  at  siuoi  C.    en  BC,  ok  A.    siOan  f.  C.     24  upp 

kurteisi  J,  kwrliga  tniD,  tristiliga  trü  C.     läti  upp  ,.16,  lüti  uppi  C    25  seg- 

Ji  Z".  .d.      hjÜD  AV,  jailioD  biindi  |)mii  £.      erut  ulikrar  .IS,    vib  ykkra  C. 

'tvi  f.  A.    oss  {.  C.     Begja  A£,   hafa  C.       27  jarünn  iß,  jnrl  C.     En  &iiin  C. 

'  AB,  sÖtt  C.     i  mtllum  C.     28  er  JC 

B.      29  3>i  hou  ok  AB,  huD  si  C.     Ii 

'■      30  saklaiisan  manu  C.    at  /.  Ä,    t 

af  C.       30.  31  sem  minustu  ta&tti  jB,  : 

■iKm  mAtti   C.     31   ok  segir  C.     32  ok  f.  C. 

Uuui  bjflr  C.  i  ataa  /:  C,  33  stutt  BC.  „stugt"  J.  34  avu  (1)  /.  B.  Hvi  Aß. 
a  tarda  XÖC'.  \>er  liraadi  Aß,  ^iau  miUaefni  C.  sj&lfr  B,  själfan  C,  oiftr  A. 
BBdaAB.  en  {lü  C.  dauör  ok  /",  C.  ijörum  mqnQum  C.  |«t  /".  AC.  35.  36  tuüö- 
{ler  AB,  tnium  [»r  ok  bjiiöum  ver  [)er  undir  hlföni  C.  36  ger  AB,  beiß  C. 
ist  mun  AB,  man  mana  C.  segir  biuin  A,  sag^*)!  Ltiuu  B,  f.  C.  ^ufanm  f.  C,  37 
im  keisaraus  '1.  it^qk  f.  A.  baua  nfittüra  Aß,  navei-a  (!)  bana  C.  38  minn 
L  rwcA  greina:  segir  hann  ailil.  C.  fiatt  litla  BC.  38.  39  (wr  gefit  AB,  [lü 
■  C. 


n  A  h&buliga  .4,  biBugÜga  C,  harb- 
Bu  skyldug  bou  var  A.  boSa  Aß,  seg- 
.iz  JB,  lyair  C.  [.vi  af  B,  af  fivi  .^, 
1  hon  matti  miou&tu  .4,  atuoi  samvizku 
framarr  ß,  ineiraA,  frekah  C.    utan 


gefit  ni6r  valil  >'fir  eins  manns  Kfi".     Keisarinn  svarar:   „!*ii  ert  skytd- 
40  bundinn  upp  ä  f)iiin  h4ls  at  segja  satt,  ^ött  v6r  kaupim  I>at  ekki  vtan 

rIkiBstjörn ".  Jon  hefr  |iä  fräsQgn,  })ött  eigi  vaert  fqgr,  ok  vertlr  )i 
mikill  munr  {leira  hjöna,  seni  i'it  gekk  fräSQgmn.  Keisarinn  variS  sri 
rei!)r  vi?^  fr&SQgn  fiessa,  at  saklr  niEeg^a  vii)  jarlinn  |i6ttiz  hann  sjilfr 
skemdr  1   ^vflfkuin   glcep   ok   fordEPPaskap,    {»vtat  Ifkt  m&tti  e^az,  tSi 

45  nQkkat  sefaMz  til,  at  logi  brennandi  mundi  jarli  heim  bjöl^a;  en  eptir 
Utinn  ])agDartfina  talar  keisarinn:  „Seg  nü  draum  |)ann  er  fyrir  oas  bv 
ok  OBS  s^udiz  merkiligr,  fvfat  pröfat  er  hver  vizka  me5  fi6r  w  oi 
hvert  högömafals  meö  Heinroki  jarli".  Jon  segir:  ^D,^rt  er  drtfttiiB 
orö.     Yör  dreynidi,    sem  fiftr  vterit  heima  i  j'Övarri  Li^fiiöborg,   tt  \6t 

50  gengit  upp  f  einn  turn  ok  litit  ni5r  yfirstaöiun:  sjndiz  y9r  Bern  vatiW' 
gangr  gejstiz  svä  mikill  i  Iivert  pla>;,  at  staTtarins  fötki  var  hvargi 
fffirt  me8  |iurrum  ftPti,  heldr  var  allr  lyilr  A  vaSli;  en  |id  Kr  {«t  und- 
arliga,  Jivlat  pat  sama  var  Jicim  (niisligt:  sumum  tök  eigi  mein  en  l 
ijkla,  sumum  til  knfe,  sumurn  f  mjaBmir,   ijSrum  f  beltisstaS,  jjfi  «in 

55  6.  axlir,  ni^kkurum  allt  til  mnnns,  svä  at  vatnit  feil  ilt  ok  inn-  Er 
nrt  draumrinn  i'iti,  herra",  segir  bann.  Keisarinn  segir:  „Frftbsera  vlata 
hefir  guC  gefit  jj^r,  pvlat  hvargi  vlkr  af  r^ttu;  en  seg  nü  Ijösligi. 
hverir  j)eir  väru  er  hs^tan  hijföa  vaSilinn".     „Pat  var  drottning  yflni, 

39  yflr  AB,  til  C  Bvarar  C,  svara&i  fl,  segir  A.  iO  k  f.  C.  saUiB. 
Jon  O.  kaupum  O.  eigi  C.  40.  41  vftiri  (undeiillieA  O)  rikiBstjäm  BC,  »t  [»er  i. 
41  I>4  frdajgn  AB,  [tä  upp  itäsqga  [jessii  C.  Vieri  AC,  se  B.  ok  /".  C  42  mnnr  m i 
tjA«'  der  xeile  naehgetrage» .  fräsi^gDin  .1_8,  friisQgiintii  C.  vurS  JB^  vftr  C.  IStti' 
sqgn  AB,  gl»p  ok  fordseSu  C  at  dB,  ofc  O.  Jarlinn  .iC.  Heinrek  B.  by» 
Bjilfr  -Ifl,  keisBrinn  C.  44  akemdr  vera  C.  [iviliku  C.  gl»p  ok  ford.  f.  C  ^li* 
(svÄ  at  B)  —  Bjnaz  JB,  sem  [liktja  mfttti  C.     44.  45  Ä8r  —  til  /■.  r.  "      ' 

juli  AB,  hoDtim  G.  nach  bjoSa:  sem  verkin  sfoiu  til  add.  C.  en  f.  C.  46  vA 
keis.  AB,  mslti  keisarinn  til  JönB  C.  dranminn  [>ann  C.  bar  /".  J.  47  ok 
afnii  A,  ok  afndii  oss  C,  er  oss  virBiz  B.  47.  48  pröfat  —  jarli  (jarli  er  A)  A0 
ver  vilJQm  vita  hier  vizba  er  me6  {ler  ok  Tiyum  ver  vitn  hvärt  n^kkot  ^r  „ 
e8r  fiOa  i  C  48  segir  AO,  svarat  B.  49  naeh  orS :  herra  add.  A.  som  AB,  »t  C 
vierit  BC,  vAiat  A.  i  AB,  «  0.  hqfuS-  /:  ^.  50  gengit  AB,  ]^t6t  gugs  '^ 
litit  AB,  litot  C.  sjndii  —  sem  A,  {>er  »yndin  at  C,  at  B,  50.  51  vatxgwigt  d 
51  geystii  sva  mikill  B,  gengi  svi  mikili  J,  vieri  mjqk  geystr  C.  i  bvort  pUi  A^ 
yftr  allau  sta&inn  ob  hvert  plaz  ynr  füllt  T  at  AB,  stä  at  C.  hvergi  C.  52  hrrt  H 
tax  A,  friSr  fl.  meft  /:  C.  53  firiat  /■-  B.  sama  —  ^ialigt  BC.  nto  lök 
fmisliga  A.  B4  sumnm(2)  JB,  «u  sumum  0.  54.  55  jia  enn  h  A,  qtrum  .  _  , 
&  C.  55  n.!kkiiniiii  .4,  ok  nqkknrum  C,  i(6rtini  B.  munns  JB,  miBs  C.  av4  at  — ^ 
inn  f.  V.  56  draumrinn  J,  dmumr  B,  dranmrinn  yKvar  C.  segir  (2)  JC, 
iS6.  57  Frftbfera  —  rettu]  hvergi  frft  hera:  „ok  heflr  gab  gefit  («r  mikit  iH  ok 
Itviat  hvergi  vikr  af  neinu  C.  57  {>er  gefit  B,  seg  —  Ijöaliga  AB, 
58  vaialiiin   C. 


Jfin,   dk  »&  t1»'iii»ki  iiiaür  er  htiiiii  l^lgili   lieiman,   sfCan    margir 
af  hfllinni  ok   yJSviirt  räS".     „Satt   er  {»ettu,   segir  keisarinn,    m  60 
nA  dniiimiim'^.     „Ef  ek  skal  räM  draum  f)enna,  segir  Jün,  vilda 
gJaniK  fä  valil  tt'&ggjn  nianna  lf(s,  jivfat  stA  Eettu  ek  at  ambana  gu8i 
f  sfna,   at  veröa  engum   raarnii   tÜ   raoius".     Keisarinn  spgir  at  vt'l 
Ör  Ijdst,   liverr  umör  lianii  er:    ,en  (lö  miintu  draiiminri  f\^Öu  veröa 
B  (jllu  kauplaust".    Jon  segjr:    „Wj   er  verr  at  drauinr   sjä   hefir  65 
gta  tjJ'JÜDg,  Bvä  at  mi'ir  |iikkir  mikit  fyrir  upp  at  kveöa;  eii  meö  >vl 
gnS  hatar  rtlift'fiir  allar,   niiin  yfir   af  fvl  sjnt   liafa  verit,    at   eigi 
üi  8VÄ  lengr  fram  fara.     Eigi  er  betra  um  at  taia  t)at  er  frü  y^var^i 
nir  til,   en   hon   svfkz   frÄ  ySr  ok   heSr  um   langaii   Uma  legit  meß 
fliemska   maniii,   sinum   kumpfin;    er  ok   eigi   fegra  en  margir  af  70 
stürmenoi    eru    sanivitandi    [leasa   IJtis:   sumir   meirr,    en    siimir 
if,   eo   sumir    nieö   griin   af   Ifkinduni   hversu   |)au    fara,     Tuk    I>vf 
it  ^misliga.  at  samvitand  ok  samfiykt  jiessarrar  öhtefii  er  meß  sv& 
il^ra  8t6ttum;   en  Jieim  tük  djüpast  eeni  hqfuSsmenn  eru  svä  Iji'itrar 
^w:    j)vfat  I  livem   tinia  sem   ^dr  erut  braut  samrekkja  Jian  niett  75 
.    Er  nü  {i^ingin  liti  J»6tt  eigi  s6  gleöüig". 

0.  Keisarinn  verSv  ba-Öi  rjöSr  ok  reiSr  viS  r^tiu  fiessa,  teraprar 
[>6  Tel,  |)vlat  bann  var  gu^hncddr  maßr.  JiSn  fellr  fiä  fram  meB 
im  lyrir  liann  ok  mtclir  svä:    „Herra  minn,   segir  bann,    bafit  vftrs 

69  segir  Jiin  BC,  herra  A.  flieuiski  maör  AB,  flokir  niaona  C-  fylgdi  AB, 
E«  0.  heisiaD  /.  C.  CO  ok  /".  Jß.  ySvart  räa  SC,  yfirir  mann  [nirhl  gaiix 
*«•)  J,  »egir  ;'.  A.  öl  draumino  Jicnna  B.  02  gjarna  —  valJ  JB,  ais»  ri]ÜB- 
>  >t  ribtt  C  lifi  (7.  auibooB  AC,  kuua  B.  03  Eiim  gjff  C  vor^a  —  uianni  AB, 
ma  vnri  C  til  meitis  BC,  at  nieini  j1.  Gl  veriir  AB,  yiüi  C.  (k)  muiitu  drauiuiun 
tt(räfia  iJ)  vcrS«  AB,  segja  verSr  [)ü  draujn  jjenDR  C.  6ö  segir  AC,  svarar  B.  -Iraunir 
^,  dr.  |<eBBi  it.  bann  C  Cft  ötagra  (gv»  üfitgraS)  li^Cing  AS,  ägorliga  |i^fiiug 
tkgoi  0-  66  Bvä  /■.  BCi  tnitit  «w  C  ülnfr  der  xeile  nachgetragen,  (.  B,  upii 
krata  jIB,  i  at  segja  barm  C.  67  allar  AB.  mntina  C.  y6r  at  [ivi  fl,  yflr  C, 
lengr  AB,  guQ  viU  at  eigi  se  sva  lengr  lata  C.  68  Eigi 
B,  En  ejgi  C.  {at  is.  {«r  C.  M  erhi»eheti  A.  69  til  heyrir  C.  en  (at  B) 
■«  —  jr8r  AB,  hin  sTikaligaata  M  yfiar  C  legic  A ,  gengit  C,  f.  B.  70  manai  — 
O-  Ml  A  trloaehen.  er  Aß,  en  er  C.  71  (>es3a  l^-tia  AS,  [leira  svika  C.  71.  72 
ÖT  —  meö  »rt  A  sehr  verbUehe».  eamir  meir  —  minnr  en  f.  C.  72  mionr 
f.  B.  med  A,  ai  B.  af  A,  meS  B.  meS  —  faraj  hafa  gniii  af  |)eira  meSferlt  C. 
-ga  U  ü)  A  erloschen,  ok  äBm|>ykt  B,  ok  aimdrtiykki  C,  f,  A.  {jeasan-ar  ,IB, 
■i  G-  Oluefa  C.  er  svti  ine6  O.  74  mgrgiun  stettum  A,  nigrgum  stett  B.  margri 
H  C  eani  BC,  er  A.  pru  A,  eru  orftnir  B,  Tiru  C.  74.  75  svä  Ijütrar  ödjg  ar 
ä,  gkapsins  C.  75  i  /".  A.  sem  Aß,  er  C.  i  bartu  C.  ^i  samrekkja  C.  76 
Ailig-B,  glaalig  Ä,  glnaiigt  C.  6,  1  verfir  bsdi  AB,  vord  C.  neSa  [leaaa  A, 
in  (i(«)  t>essH  B,  [lesaa  iii^u  C  2  [id  A(\  [mi  B.  3  mielir  BC,  talar  A.  segir 
u  (7,  Wgt>i  bnao  B,  /.  A. 

.ouüüu,    Uli.  XXVI  20 


306  euoNO 

herra  |>oliDm8e^i  fyrir  augum  y^r  ok  Ifkiz  honum  1  |)Yi  at  befna  y^var 
5  eigi,   {)6tt  |)6r  megit,   heldr  llknit  at  hans  dsemi  ok  Ij&it  ^im  til  um^ 
bötar  llf  er  dauba  eru  veröir:   |)vlat  sv&  megi  I)6r  mest  Tinna,  at  yfimr 
skapraunir  seti   |)6r  miskimn   ok  {)oliDin8BM^.     Keisarinn   Imgnar  vi' 
tQlu  Jons  ok  m^kiz  svä  fyrir  gu^s  vitjan,   at  hann   tärfeliir  ok  tal 
slt^an:   ^I^ött  ek  vaera  grimmr  1  m6r,  maetta  ek  8j&,  Jon,  hverr  t>ü  e: 

10  viö  |)ann  er  |)lnu  blööi  eptir  leitatJi,  ok  I)vl  er  |)at  Ijött  fyrir  guW  et 
mQnnam,  ef  ek  skal  verr  gera  en  t>ü,  svä  miklu  sem  m6r  er  vandanBi^ 
fyrir  f)at  mikia  l&n  er  minn  dröttinn  veitir  m6r,  ok  t>yl  skal  tu  f>iggj«A. 
t)lna  bsen  bä^um  okkr  til  säluhjälpar;  |)ar  met$  gerz  formaler  at  iieiiyflB. 
|)ä  llkn  f  hverjum  stat3  sem  v6r  viljum  skipa^.     Yar   nti  dagr  mjq 

15  lokinn.     Stendr  {)ä  keisarinn  upp  or  {)vl  litla  berbergi  ok  hefir  Jon 
ferS  me^  s6r.     S^niz  h6r  nü  undarligr  hlutr,    sem  hann  86  af  dauSi 
reistr.    Keisarinn  er  hljöSr  ok  harmandi  me5  själfam  86r,  ok  sem  n»si 
nött   Iför  af ,    byi3r   hann   at  jarlinn   s6   gripinn  ok  leiddr  fyrir  hanim . 
S^nir  keisarinn  honum  |)ä  undirstgt^u  slns  mälefiiis,    bjö)5andi  honuncM 

20  upp  ä  sitt  h&lsbein  at  segja  allan  veg  {)eira  Jons,  hversu  farit  hefiir. 
Er  nü  svä  drengt  at  jarlinum ,  at  hann  segir  opinberliga  f>ött  Ijött  vaeri.  ; 
ok  sem  |)at  er  endat,  bi^r  Jon  |)Ä  enn  fyrir  honum,  at  hann  fäi  llf  o^ 
limu.  Keisarinn  segir  at  |)at  skal  |)iggjaz  fyrir  hans  baen;  jätar  at  ^m^t 
muni  satt,   at  Jon  eigi  mest  vald  ä  Ilfi  jarls,   ok  |)vf  skal  hann  btk^ 


4  herra  BC^  druttins  Ä.  5  liknit  AB,  likna  C.  5.  6  til  ombotar  lif 
lif  t.  u.  B^  til  ambota  C.  6  er  AB,  sem  C.  dauda  em  verdir  ÄBy  daufiamesrnJi 
Yseri  C.  megi  Ä,  mogu  B,  megit  C.  mest  AB,  heizt  C,  at  f.  C,  7  skapiaon  ^• 
seti  [>er  AB,  som  {)er  hafit  meiri  C.  nach  t>oliiimsedi:  vid  overda  menn  add,  ^• 
8  Jons  Aß,  })essa  (7.  fyrir  AB,  vid  (7.  9  vaeri  BC,  grimmr  madr  C.  mstta  -A 
maatti  ^,  |>u  maetta  C.  10  eptir  {)inu  blodi  C.  Ijött  B,  l^ost  A,  ^öst  ok  1^  ^- 
11  flach  yandara:  um  en  {)er  add.  G.     12  er  minn  dröttinn  AB,  sem  dröttinn  minn  ^' 

13  säluhjälpar  ^B,  saemdar  ok  salubötar  C     ok  ))ar  C.    gerz  A,  gerztu B,  «gi^'z*  ^* 

14  likn  Jß,  hluti  ok  likn  C.    hverjum  AC,  hv4rum  B.   skipa /*.  C.    14. 15  Var  —  lokifi^ 
f.  C.      15  lokinn  ^,  ^lutinn^  B,    \k  keis.  upp  B,  nü  keis.  upp  J.,  keis.  \ik  npp  ^' 
or  BC,  gengr  üt  af  ^.    {»vi  litla  herb.  AB,  ))vi  saeti  er  hann  sat  i  ok  4  bort  af  ^^^ 
herbergi  C.      15.  16  i  ferd  B,  i  f(?r  C,  f,  A.      16  S^z  AC,  S^ndiz  B.    nu  /l  ^ 
undarligir  hlutir  C.    hann  ^B,  Jon  C.     17  reistr  J^B,  risinn  (7.    er  AB,  yar  ngQk  ^* 
harmandi  B,  harmadi  AC.    sor  själfum  B.     19  S^nir  keis.  honum  \k  (^  nodb  8^1»^ 
B)  AB,  Keis.  segir  honum  \k  C.    mälefnis  B,  raälsefnis  C,  m41s  A.    aina  nach  mil^' 
efnis  C,  e/oeÄ  ist  die  ricfUige  Wortfolge  durch  lesexeiehen  angedeutet.     20  upp  f, 
sitt  AB,  {)itt  (7.    at  hann  skal  segja  C.      21  at  hann  —  yseri  BC^  |>6  at  ^dtk 
at  hann  hlj'tr  opinberliga  at  segja  alla  SQgu  {>eira  Jons  A.     22  ok  /*.  J3L    sem  Jül  ^ 
J.^,   sidan  {>at  var  C.    enn  t>a  (7.      23  limar  BC.     [>iggjaz  AB,   üi  CL    jittf  AR 
ok  segir  C.      23.  24  at  |>at  —  saU  f.  C.      24  muni  A,   man  J3L    «gl  AB^  «ttl  ^ 
jarlsins  B.    {)vi  /".  ^i.     hann  /*.  B.    lata  bua  ^i. 


^^^^^^^^^^  DRirnu-n^Ns  307 

um   eitt  Alp  av6.  ulvarliga  brott   or  Snxlandi.    at   hann    komi    ]}ar  25 
1  9lnum  fffiti.    Sem  |iat  er  g^rt,   skipar  keisarinu  Jiliii  at  sEPkJa  til 
ur  h<;fuBboi'gar  ok   taka  raa*   skilrtkum   vättum  }iä  ülllfismenn  aom 

•na  frÄ  sagt,  ok  fÄ  {»oim  akip  ür  lantli  heim  til  sinnnr  ivt^arbar; 
ieisarinn  segiz  muim  Möa  I  saiiia  stu^,  [wtat  bann  vill  oigi  t'yrr 
IK  f  slna  borg,  en  hon  lireiiisaz  li^^  af  svft  raiklu  grandi.    Vil  liann  30 

[»it  apara  at  ekripta  fieim  eptir  atvikum  ok  mäkvoxti  er  samiietjaz 
i  gmndri  illzku.     Skipar  hann  Jiini  |)ä  menn  af  sinni  iVlgd  til  vsettis 

honum  h'jfÄu  aldri  brugSiz  (  tninaPi,  Ferr  J6ii  ok  Tram  kerar, 
Ur  8vA  kli'iklign  sinn  veg,  at  &  nftttarpeli  kemr  bann  f  staOinn:  gengr 
I  1  |)at  lüptbüs  sem  drottniiigin  var  vijn  at  sofa  I  epHr  tilsQgn  keis-  35 

;  manna.     !>,f^ddiz  8va  vaSillinn  seni  Jan  hafbi  sagt,  at  {lar  lAgu 

vaneignun  baiöi  samt:  {)ar  tekin,  haldin  ok  ft  skip  rekin  eptir  foi^ 
i  koisarans.     Svfi  fdru  })au  ok  kömu  aldri  aptr, 
7.    Eptir  ]mt  Itetr  Jüd  blÄsa  keisara  lüör  ok  boöar  ijitum  borgar- 

ü  eitt  möt:  |)ar  steudr  hann  iipp  ok  talar  breSi  snjällt  ok  satt  erindi 
5>eim,  bversu  skemdir  [leir  väru  (  Ijötri  ödygi5  viB  sinn  herra;  segir 

i  ^ö  verst  sama  er  mestan  hei^r  halda  af  själfum  honum  <.>k  bann 
^ti  bezt;   kveSr  A  slöan  mann  af  manni,    hvat   hann  hefir  eignaz  5 

i  eBr  minna  af  fessum  vantnÜnaSi;  segir  jieim  enga  aßra  llfe  tau, 

I  fieir  ausi   sitt   h<jfuS   moldu  ok  dupti  ok  gangl  berfa-tür  üt  ei 

25  svi  f.  BO.  «Ivarl.  AC,  siijüttliga  B.  25,  26  hann  —  foti  A,  bann 
Jux  Hidan  aldii  Tteti  B,  aldri  komi  bano  f^  niilan  C.  26  uk  üeoi  C,  er  AB, 
'.  27  hQtüdborgar  sinnar  (7.  sem  jLS,  er  <7.  28  Fyrr  ßC,  Mr  J.  ti:&AC,aIB. 
AB,  burt  C  29  eigi  AB,  ekki  0.  fjtt  /■.  C.  30  koms  J9C,  lieim  A.  on  — 
'ilB,  fyrr  en  liou  er  hreiusut  C.  31  atvikum  »k  niälav.  ÄS.  mabligleikuin  ok  at 
~  lam  C.  Bamnefja*  A ,  sameignaz  B.  31 .  32  er  —  illzku  f.  C.  32  |<ä  Jöni  menn  B. 
■  JB.  vitnia  C.  33  sem  AB,  er  C.  honum  BJiUfnm  C.  Siflan  ferr  C.  34  ok 
O.  klükl.  —  veg  AB,  tit  sinum  veg  klükliga  C.  bann  kemr  ü  nuttarlieli  C. 
35  ok  gengr  {*gar  upp  P.  35  lopt-  f.  C.  seni  JB,  er  C.  drotttiiug  C.  var 
s(  Bofa  i  J,  var  vijn  i  at  sola  B,  svaf  i  C.  ti!  sijgu  B.  Sfi.  30  eptir  ~  moDiia 
I.  keisaraas  B.  konuiigsiriH  A.  36  ^Jdi^  G  vadilliDU  AB,  M  ill  G,  hafdi 
:  AB,  s(agdi)  C  37  bicdi  roDfiiguuil  (7.  aatnt  /*.  A.  [)ar  J,  sidan  väru  pau  C, 
l  baldlD  .4,  ok  haldio  B,  f.  C.  7,  1  [tat  SC,  [letta  A.  lüdri  B.  1.  2  borgar- 
AB,  keisara  1yd  (7.  2  Jim  dB,  ])Ä  C.  hann  BC,  Jon  d.  talafli  C.  liaHli  — 
di  J,  anjallt  biedi  ok  satt  mudi  B,  snjalit  erindi  ha<Si  ok  hätt  C.  3  ^eir  vArn 
Bäir  A.  Binn  herra  AC,  kebai'a  B.  4  [leim  —  sama  AB,  \A  jietta  mest  sanna  (t) 
tulda  AB.  hofa  haft  O.  5  treyati  BC,  treysür  A.  hezt  AB,  til  C.  A  —  manni  -4. 
n  1  mann  ok  mana  B,  A  aidau  mann  fyrir  mann  C  G  af  AB,  i  C.  fiessum  AC, 
i  ft  ok  »egir  C.  adra  lifs  vän  j1,  lifs  vän  adra  B,  lifs  vfio  standa  mega  C. 
rMa  ok  dupti  .4,  med  dupti  P,  „diiptn"  B.  ot  ganp  BC,  gaogandi  A.  7.  8 
^  —  atadiium  B,  banim  fdlnm  butt  iJ  stadnuui  C,  titau  staflar  berfsettir  A. 

20* 


S06  otBXm 

ätannum  m6ti  keisarauuni  sem  Lann  kemr  nierri;  ok  sakir  ^esB  at  tteuil 
skildu  sina  sekt  ok  säu   meS   ^essuIn   manni  Ji'iiii   bceSi  vizku   ok  bi- 

10  bferau  gödvilja,  tahu  allir  fognir  bans  räS.  A  Jon  {»ar  ekkt  leugiidv^ 
vikr  aptr  til  koisarana  ok  segir  honum  sin  erindislok.  Lyptir  keisarinn 
|)A  siiini  ferS,  ok  er  bann  iifilgaz  staSinn,  fara  borgarmenn  alla  leü 
meS  slnu  ni&li  seiu  Jün  baföi  til  lagt:  falla  fram  berfeettir,  härklffiddir 
cik  askaöir  bünum  til  föta,  jätandi  sinn  gliep,  en  beJRa  miskunnar,  (i 

15  haca  fö  fieir;  |>vlat  gott  hjarta  var  fyrir,  sföan  3vä  var  leitat  Var  od 
|)v(  Ukt,  sem  bdtiB  risi  upp  eptir  dJmnia  nött,  Jivtut  aakaSir  vÄru  leyit- 
ir  ok  til  pess  frelsiR  aptr  leiddir  sem  [leir  hQf$ii  tnpat  fyrir  sfna  syod 
f)k  dvizku.  Fekk  Jöti  svä  mikla  smmd  af  fiesBuiu  mälum  (i]l\im  Bunt 
sem  dO  bafa  sggS  verit,   sem   eigi  er  auSvelt  at  greina.     Gaf  keisuiun 

20  honum  jarldöm  uk  rlki  eptir  Heinrek  ok  (lar  meS  aystur  sfna.  Vir 
l>at  eiunifelt,  at  nii  vteri  hon  betr  gipt. 

8.    Ä   eiubvem   tfma  sem   peir  s&tu  büMr  gamt  keisarlou  ok  jart- 

inn,  spyrr  keisart  jarl  beimoliga,  hyaftaD  af  haiin  hefM  ]>6git  av&  mikla 

gjgf  fräba^rrar  vizku  yfir  a^ra  menn.     Jarlinn  segir  at  [less  bättar  litnb 

hefCi  legit  i  m63urtett  hans,  at  Jafuau  hefSi  iiQkkurr  verit  foispir,  „J^dtl 

5  ek  bafa  ttar  meira  af  I}egit  en  ek  veit  nQkkum  bafa  baft  ininna  seit- 


8  Diüti  A,  i  moti  C,  inöt  B.  mem  stadiram  C.  9  ok  sin  A,  en  aiu  C 
„visB*  B.  vizku  AC,  vitru  B.  (rttb-ceran  AB,  fräbEerligan  C.  10  fegnir  bans  rii  AB. 
[letta  ntil  ok  verda  [ivi  Tegiiir  C.  Ä  Jüd  Jior  BC,  ^ar  a  Jan  A.  ekki  BC,  eigi  J. 
lengri  ^,  longr  B,  mein  C.  11  vikr  liaoa  C.  12  ok  Aß,  en  C.  12.  13  ilU  - 
m&M  AB.  med  Muna  mali  aJla  leiä  C.  13  lagit  BG.  (üb.  frnai  £,  falla  B,  Mt.  («r 
frajn  f ,  Tara  fram  A.  bürkloEddir  Zt,  ok  herklseddir  C,  i  klieddir  A.  14  ok  ist- 
adir  f.  G.  honum  til  füta  AB,  til  füta  koisara  0.  jataadi  AB,  jätudu  |»eir  honiuD  C, 
beida  AB,  beiddiz  af  lionutn  C.  15  (i  AC^  Tengu  B.  var  bjarta  C,  doch  Ut  Üi 
ricbtigE  Wortfolge  durch  Usexeiciwa  angedeutet.  16  tisi  upp  AB.  snem  C.  «fi 
dlmma  AB,  af  -Jimmri  C.  askadir  AB,  allir  C.  17  ^ess  f.  A.  aem  —  ^«1  BC 
[less  sem  >eir  väru  adr  frä  leiddir  A.  17.  18  synd  ok  f.  C.  18  avA  —  samt  (jifc- 
samt  Jt  JB,  af  (»essuin  hattum  qllnm  samt  svä  mikla  viidiog  C.  J9  Min  ai  - 
vorit  /:  C.  20  honum  AB,  Jörn  C.  Heinrek  jarl  C.  ok  (2)  f.  B.  21  einramll  -t(; 
nd  melt  B.  nu  —  gipt  A,  bon  vieri  l)etr  gipt  B,  hon  vor  nu  betr  gipt  on  f;s  f' 
8,  !  dnbvern  A,  einn  B.  situ  4,  aitjo  B.  1-  2  Ä  —  beimoL]  ok  |)Ti  sitj«  t« 
bidir  samt  keiaari  ok  .g"  Jon  jarl  talandi  sem  beimngbga  til  bans  sni  «^andi  C 
jariinn  B,  jarl  J.  2  jarl  f.  B.  eS  AC,  at  A  bann  bef.ti  AB,  hefir  tni  f .  3  »■ 
bterrar  vizkni  .4B,  ok  fribiera  C.  nach  menn:  fnun  add.  C.  Jarlinn  AB,  IIa  C. 
Bagdi  B.  )>ess  —  Uulr  AB,  svä  fallin  nättüru  gjgf  C.  i  i  BC,  k  A.  m&iia-  f.  C 
nijkkiirir  B.  at  jafn.  —  toreiiir  f.  C.  forsp&r  A.  foraynir  B.  Jtott  fl,  ^4  ■!  C 
|n>  J.  5  [lar  af  C.  »ach  [wgit:  sagdi  bann  ihW.  I 
f.  A,       5.  6   miima  sttmauua  BO,    mina   xttmenn  A. 


dba.üma-j6n8  saoa  309 

Qna,  ok  |)yl  ok  sem  ek  sag^a  fyrriim  mä  ek  {)at  engum  kenna^. 
rla  fekk  jarl  orlof  heim  til  slns  rlkis,  sv&  var  keisara  keert  til  hans, 
I)ö  fekkz  |)at  Slöan  üti  var  brü^laups  tlmi,  gei^iz  |)eira  höf  meö 
i  heimsins  mekt  ok  vir^ingu.  Tök  bann  si^an  fagra  landsstjörn 
rör  af  hverri  tungu  fyrir  sitt  frelsi  ok  fräbeera  vizku.  Skiptu  |)ä  10 
4tt  faöir  ok  mööir  büstgtJum:  16tu  lltit  |)orp  en  töku  I  möt  vsönasta 
5tala  meö  rikum  eignum,  ok  l^kr  svä  |)e8si  SQgu,  at  hon  gefr  gööum 
»nnum  {)at  dsemi  at  |)ola  ngkkut  en  hefna  sfn  eigi  f  hverjum  hlut, 
dr  bi^a  svä  gu^s,  |)vfat  bann  mä  um  sI6tta  {)egar  bann  vill;  bans 
11  s6  blezat  at  eilffu.  15 

6  ok  sem  —  fyrnini  f.  A,     ok  sem  —  mä  ek  B^  ma  ek  ekki  sem  ek  sagda 

C.    |)at  engum  A^   {)at  eigi  C,   engiim  Ä       7  Varia  /*.  C    jarl  A^  jarlinn  B, 

C    rikis  sins  A.    8  ea  {)6  —  {)at  AB^  sem  sidan*  er  sagt  C.    Sidan  —  timi  J., 

LD  brudlaups  timi  {)eira  keisara  systur  var  um  genginn  B^  ok  er  nü  komit  at  brud- 

»8  tima  i  samgangi  {)eira  Jons  ok  keisara  systor  G.    er  gerdiz  B.    |>eira  höf  /*.  B. 

t]  mt7  diesem  worte  bricht  B  ab.  ^  8.  9  gerdiz  —  virdmgu  f.  C.      10  sitt  frelsi 

ielsi*^  A)  ok  /*.  C    frabsera  ^,  sina  C.    Skiptu  (>&,  Skipta  {»au  C     11  s]g6tt  /*.  C. 

r  hans  (7.     sinum  büst^dum  (7.    i  mot  /*.  (7.     vaenan  (7.     12  med  A^  i  C,    {)es8i 

1  A,  {)essarri  fr^Qgu  C.      14  heldr  «n  A  erloschen.    Statt  des  Schlusses  (von  at 

in  X.  12  ab)  hat  C  nur  folgende  worte:    at  gudi  [lies  gud)  se  lofstdr  um  allar 

r  alda  veralda.    Amen. 


DEE  NAME   GERMANEN.  ^ 

Die  frage  nach  dem  Ursprung  und  der  bedeutung  des  namens 
rmanen,  der  um  das  jähr  80  v.  Chr.  in  Rom  bekant  wurde  ^,  beschäf- 
te  schon  die  antiquare  des  Augusteischen  Zeitalters.  Wir  würden 
3r  die  ergebnisse  ihrer  forschungen  genügend  unterrichtet  sein,  wenn 
vom  älteren  Plinius  verfasste  geschichte  der  kriege  mit  Germanien 
ht  verloren  wäl-e.  Denn  in  diesem  werke  hatte  der  unermüdlich 
imelnde  Verfasser  ohne  zweifei  auch  alles,  was  bis  dabin  über  her- 
ift  und  bedeutung  des  namens  Germanen  geschrieben  worden  war, 
ammengetragen.     So  aber  haben  sich  von  der  antiken  litteratur  über 

1)  Wir  haben  dem  nachstehenden  aufsatze  unseres  geehrten  herrn  mitarbeiters 
aufnähme  nicht  versagen  wollen,  weil  seine  bedenken  gegen  die  bisherigen  erklä- 
gen  des  namens  Germanen  uns  begründet  und  beachtenswert  erscheinen,  erklären 
)ch  ausdrücklich ,  dass  sein  eigener  erklärungsversuch  uns  nicht  überzeugt  hat   rbd. 

2)  Vgl.  Roth  „Über  das  alter  des  Oermanennamens  *^  in  der  Germania  I,  156 
.  and  Müllenhoff,  Deutsche  altertumskunde  ü,  161.  176.  180.  189. 


310  jämosl 

diesen  namen  nur  zwei  knappe  bemerkungen ,  die  eine  bei  Strabo,  die 
andere  bei  Tacitus,  erhalten. 

Für  die  gelehrten  des  mittelalters  ist  stets  diejenige  erklärong 
des  namens  Germanen  massgebend  geblieben,  welche  Isidor  von  Sevilk 
in  seinen  Origines  (XIV,  4,  4)  gegeben  hatte  ^,  wonach  derselbe  römi- 
schen Ursprungs  und  von  germinare  abzuleiten  wäre.  Übrigens  kam 
es  im  mittelalter  wol  nur  selten  vor,  dass  jemand  sinn  und  herkanft 
jenes  namens  zum  gegenstände  seines  nachdonkens  machte. 

Dagegen  haben  sich  in  neuerer  zeit  zahlreiche  forscher  mit  dem 
namen  eingehend  beschäftigt  Sie  giengen  bei  der  Untersuchung  korrek- 
ter weise  von  den  ältesten  Zeugnissen  über  den  namen  Germanen  aus, 
konten  sich  jedoch  über  die  auslegung  gerade  des  hauptzeugnisses,  des 
Schlusssatzes  von  Tacit.  Germ.  2,  nicht  einigen.  Was  sie  aber  aos 
dieser  vielgepeinigten  stelle  der  Germania  herauslasen,  machten  sie  zur 
grundlage  von  Schlüssen,  durch  welche  die  einen  das  Germanentum, 
die  anderen  das  Keltentum  des  namens  erwiesen  zu  haben  glaubten. 
Auch  die  bisherigen  versuche,  den  namen  Germanen  etymologisch  zu 
deuten,  lassen  die  strenge  der  methode  vermissen.  Denn  ohne  sich 
erst  klar  zu  machen,  nach  welchem  princip  Kelten  und  Germanen  ihre 
ethnographischen  gruppennamen  bildeten,  um  so  einen  sicheren  ans- 
gangspunkt  für  die  deutung  zu  gewinnen,  suchten  die  einen  sofort 
nach  germanischen,  die  anderen  nach  keltischen  wortstämmen,  mit 
denen  man  den  namen  zusammenbringen  könte.  So  spizte  sich  schliess- 
lich die  ganze  diskussion  zu  einem  erbitterten  streite  darüber  zu,  ob 
der  name  keltisch  oder  germanisch  sei.  Dieser  streit  hat  mit  einem 
non  liquet  geendet;  nur  haben  sich  die  mit  der  historischen  gram- 
matik  vertrauten  forscher,  weil  ihnen  die  unhaltbarkeit  der  bisherigen 
deutungen  aus  dem  deutschen  ganz  besonders  einleuchtete,  daf&r  ent- 
schieden, dass  der  name  keltischer  herkunft  sein  müsse.  Aber  positiv 
beweisen  konten  sie  dies  ebenso  wenig  wie  eine  völlig  einwandfreie 
deutung  aus  dem  keltischen  liefern. 

Um  mich  zu  vergewissem,  ob  man  sich  wirklich  hinsichtlich  der 
bedeutung  und  herkunft  des  Germanennamens  bei  diesem  non  liquet 
zu  beruhigen  habe  oder  nicht,  unterzog  ich  zunächst  die  wichtigsten 
der  bis  jezt  unternommenen  erklärungsversuche  einer  eingehenden  prü- 
fung  auf  ihre  methode.  Es  ergab  sich,  dass  auch  nicht  einer  dieser 
versuche   in   rücksicht  auf  seine   methode   einwandfrei   ist     Zugleich 

1)  Propter  fecunditatem  gigoendorum  populorum  Oermania  dicta  est;  vgl.  dun 
Ztschr.  f.  d.  a.  IV,  480. 


311 

6lte,  nach  welcher  seite  die  bisher  gewöhnlich  angewendete  melhode 
bericiitigung  bedarf.  Ein  erklariingsvei'such,  den  ich  sodann  nach 
ter  berichtigten  mcthode  anstehe,  führte  nicht  zu  einem  nun  liqaet, 
idem  zu  einem  bestirnten,  klaren  ergebiUB.  Da  dieses,  wie  ich 
Bbe,  auf  algemeinere  zustinimimg  anspruch  erheben  darf,  will  ioh 
Ine  DQtei'Guchung  hier  vorlegen. 

Der   erste   versuch,   sinn    und    Ursprung   ries    namens   Germanen 

fcustcUen,    röhrt,   so  viel   wir  wissen,    Ton  Strabo   her.     Öeogr.  TU, 

l  bemerkt  er:  ätö  äf/  xai  (tot  doxoüai  'Piofimoi  toCto  ai'zoig  {näm- 

(  den  Oermanen)  itiaitat  tovvofia,  lüc;  Sv  yvrjohvg  FaXätai^  ffQ<i'Ceiv 

\X6fievQi'    yvi'jaioi    yäq    6i    Fegfiaroi    xarä   TTjy  'Ftof-iaiwy   didXexzor. 

e  ansieht,  dass  der  name  von  den  Römern  ausgegangen  sei  und 

„echten"    oder  die    „brüder"    bedeute,    hat    in    der    neueren    zeit 

'  noch   hier  und   da  anklang  gefunden'  und  ist  jezt  mit  recht  ganz 

^geben,      Denn    für   eine    derartige   entstehung   eines   volksnamens 

B  jede  anslogie  fehlen.     Überdies  fanden  die  Römer,  als  sie  nach 

,lien  kamen,   den  namen  schon  bei  den  keltischen  bewohnen)  dieses 

des  im   gebrauch,    die   ihn  also   nicht   erst  von   den   Römern    über- 

,nien  haben  können.     Die  sache  verhält  sich  vielmehr  gerade  umge- 

rt;    die  Römer  haben  den    namen  von  den  üalliem   äberkommen. 

je  bezeichneten,   wie   wir  aus  Beda'  wissen,   die   angehörigen    der 

ifremden   nation,    die    östlich   von    ihnen  sass,   als   Gamiani.     Die 

JBP  machten  sich  aus  diesem  worte,   das  für  ihr  Sprachgefühl  nicht 

littelbar  verständlich  war,    ihr  Oennarä  zurecht;  und  zwar  ist  die 

ische  form  des  namens,  wie  kaum  noch  gesagt  zu  werden  braucht, 

it  die  lautgesetzliche  lateinische  eutsprechung,    sondern   eine   voiks- 

fJologiBclie  latinisierung  der   keltischen    form   Oarmani.     In   raetbo- 

lier  hinsieht  ist  der  erkläriingsversuch  Strabos  von  grossem  interesse. 

behauptete  nämlich  lediglich  auf  grund  der  alti'ömischen  form  Ger- 

i  die  römische  herkunft  des   namens.     Für  ihn   war   die   namens- 

ftilein    und    ohne    weiteres    ausschlaggebend.      Ihr    echtrömisches 

Vi  Wii6  lue  <ou  aeuereu   geäussertea  auslohten    über   den  naiuen  GeimaDeii 

gt,  w  wi  bisr.  weil  ich  ilire  Vertreter  nicht  sätntlioh  beeonderB  namliaft  machen 

■af  die  von  liaumatark.  Äuaftihtl.  eilüutcrung  des  algsm.  teila  der  Oetmania  des 

(1875)  s.  95— 1411,  Waitz,  Dentfiche  vorfassuugsgesch.  I",  s.  2ö  fgg.  und  Hül- 


,   Deutsclie  nltertiuusliundu  11, 


gg.  citierte  umfangreiche  Utteratur  hiuge- 


!)  Biator.  eccles.  V,  D:  ,in  Germania  plarimas  esse  natjones,  a  qiiibus  Angli 
]ai  asDO  Britantuom  incolunt,  genna  et  originetn  diixisse  noBouiitur; 
a  vicina  gente  Britonnin  ooirapte  Oirmani  nasoapAntur'. 


318  lAJucn 

geprüge  nahtn  ihn  ganz  gefangen.  Er  schloss  aus  ihr  nicht,  wontv 
berechtigt  gewesen  wäre,  dass  der  name  römischer  herknnft  Sita 
könne,  sondern  dass  er  römischer  herkunft  sein  müaao.  Aus  diesem 
grundfehler  entsprang  der  weitere  fehler,  dass  er  zu  fragen  untertieK, 
ob  die  erklärung  des  namens  aus  dem  lateinischen  mit  den  nachridi- 
ten  über  sein  frühestes  vorkommen  vereinbar  und  ob  das  lateiniadie 
appellativum  germani  vermöge  seiner  bedeutiing  zur  neubenennDiig 
einer  nation  geeignet  sei.  Man  wird  sich  über  diese  fehler  bei  eiflOD 
manne,  der  die  gallische  form  jenes  namens  nicht  kante  und  von  deD 
wirken  der  Volksetymologie  noch  nichts  wüste,  nicht  gerade  wiindflisj 
verwunderlich  aber  ist  es,  daas  diese  fehler,  wie  wir  sehen  werden, 
in  den  Untersuchungen  der  neueren  forecher,  die  über  Straboe  erkit- 
riingsversuch  lächeln,  widerkehren. 

Während  man  die  erklärung  Strabos  getrost  zu  den  akten  lef;«) 
kann,  wird  man  der  ansieht,  die  sieh  einige  seiner  Zeitgenossen  übet 
die  entstehung  des  ethnographischen  gesamtnameos  Germanen  gebiWel 
hatten  und  die  Tacitus  Germ.  2  —  offenbar  nach  Plinius  —  überliefcrt 
hat,  sorgfältige  beachtung  schenken  müssen.  Mit  gutem  gründe  itl 
sie  in  neuerer  »eit  von  jeder  Untersuchung  des  namens  zum  auagaii)pt- 
punkte  gewählt  worden.  Tacitus  berichtet  an  jener  stelle:  „quiduu 
atSrmant  ...  Germaniae  vocabulum  recens  et  nuper  additum,  quosiim 
qui  primi  Rheaum  transgressi  Gallos  expulerint  ac  nunc  Tuugri,  liuc 
Germani  vocati  slat;  ita  nationis  nomen,  non  gentis  ovaluisse  paulaliBi, 
ut  omnes  primum  a  victoro  oh  metum,  mox  etiam  a  se  ipsis  invaito 
nomine  Germani  vocarentur".  Ins  deutsche  übertragen  besagt  dieser 
satz:  „Einige  behaupten,  der  name  Germanien  sei  jnng  und  erst  jn 
neuerer  zeit  beigelegt,  weil  die,  weiche  zuei-st  den  Rhein  Uberechiittto 
und  Gallier  aus  ihren  sitzen  vertrieben  hätten  und  jezt  Tungem  hiessen, 
damals  Germanen  geheissen  hätten;  was  der  name  elnee  Stammes,  viiM 
der  des  gesamtvolkes  gewesen  sei,  habe  seinen  geltungsbereich  alnlUi' 
lieb  in  der  weise  erweitert,  dass  die  gesamtheit  zuerst  von  dem  Biegltr 
aus  angst,  dann  auch  von  sieh  selbst  mit  dem  vorgefundeoen  nUM 
als  Gormanen  bezeichnet  wurde". 

Keiner  der  bisherigen  forscher  hat  es  zu  einem  vollen  »erettmi- 
nis  dieser  einfachen,  klaren  werte  des  Tacitus  gebracht,  über  diw 
sinn  niemals  ein  zweifei  hätte  bestehen  sollen.  Für  alle  aosleger  W 
der  ausdmck  oh  metum  zum  steine  des  anstosses  geworden.  Die» 
beiden  worte  bedeuten  nach  dem  lateinischen  Sprachgebrauch  all«  tti- 
„aus  furcht",  „vor  nngsf^,  und  dass  Tacitus  mit  ihnen  genau  dw- 
solben  sinn   verbindet,    ersieht    man    zum    übertluas  aus  den  beiJ«« 


^H  inderen  stellen  seiner  schrifteu,  au  denen  die  wendiing  noch  begegnet, 

^1  aus  Ann.  I,  1    {res  ob   ineium  falsae    „ans    angst    talsoh    dargestelte 

^B  g^icliichte")  und  I,  08  {milite  quasi  ob  mehim  defixo  ^weil  der  soldat 

^1  vor  angst  gtoiclisam   starr  war").     Die  orblärer  meinten   nun   aber, 

^H  Yrsus  furchf  pnsse  nicht  auf  den  sieger,   sondern   nur  auf  den  besieg- 

^H  ten>;    man   miisse  daher  entweder  die  worte  oh  meium  anders  deuten 

^P   oder  den  text  der  stelle  ändern.     So  weiten  denn  die  einen  das  hand- 

~    schriftliche  a  «Worß  in  a  viclo  ändern;    aber  da  die  sämtlichen  hand- 

»ohriftcn  nbereinstimmeiirt  a  vkUtre   haboti    und    dieses  genau  in  das 

STntaktiäche  Satzgefüge  passt,  ist  eine  «ierartigo  änderung  nicht  erlaubt. 

Andere  erkl&ror  iiessen   zwar    die   hämisch rlftliclie    lesart    unangetastet, 

I         renuchton    sich    aber    in    abs'indor liehen    anslegungen.      Die    meisten 

[behaupteten,  ob  metiim  bedeute  hier  nieht  „aus  furcht",   sondeni   „um 

furcht  zu  erregen",  was  es  bei  Tacitus  sehr  wol  bedeuten  könne.    Dies 

ist  schlechterdings  nicht  richtig.     An  den  beiden  anderen  stellen  des 

^acituB,  an  denen  noch  ob  meium  begegnet,  bedeutet  es,  wie  wir  sahen, 

*U8  furcht",    und  oh  gibt  überhaupt  bei  Tacitus  stets  den  grund,   nie 

absieht  an.     Wenn  Baumstark   (Ertäuter.  d.  alg.  teils  der  Germania 

118)  für  die  bedeutung  „nm  furcht  zu  erregen"   die  wendnug  nihil 

imltti  „nichts  furchterregendes  iu  der  miene",  welche  Tacitus 

ricol«  44  gebraucht,  ins  treffen  führt,  so  beweist  dies  flir  die  worte 

*>&    metum"   noch  nichts.     Allerdings   kann   inetus  in   activischem  und 

jMasivischem    sinne   gebraucht  werden,    wie   Geilius  9,  12,  13    und 

Pl^intiUan  6,  2,  21  ausdrücklich  bemerken  (metus  utroque  versuni  dici 

tnetns  duplex  intelligi  potest,  quem  facimus  et  quem  patininr),  und 

[•^o     forderung    lIüllenhofFs    (D.  A.  II,   199),    dass   der   zusammenbang 

fcfr*tjher  entscheiden  solle,   ob  der  eine  oder  der  andere  sinn  vorliege, 

i  sich  gerechtfertigt;   aber  an  unserer  stelle  passt  der  passivische 

*»i  von  mehis,  wie  wir  gleich  sehen  werden,   eben  so  gut  wie  der 

""ti^iscbe-    Die  entscheiduug  kann  also   tm  vorliegenden  falle  nicht  durch 

'■<'»*    Zusammenhang,    sondern  einzig  und  allein  durch  den  Taciteischen 

*P**achge brauch  gegeben  werden,  und  dieser  verwendet  im  einklang  mit 

"*■*    gesamten   latinität  die   worte   ob   mvhim    sonst   nur   in  dem  sinne; 

'■■Vm  furcht",  „vor  angst".  '' 

Einige   von    denen,    welche    bei    den    worten    oh   met?im   an    die 
"lischt  der  Oallier  dachten,   glaubten    nun   noch  den  schtuss  ziehen  zu 
imens  Germanen   selbst    etwas 
jseii   einfall,    den   schon   Zoass 


•"^Äböcti,    dass   iu    der  bedeutung    des 
•^^wkliafteB  gelegen   haben   miii 


Ui 


t«,  Verfassunt'sgeafL,  I",  s.  S7;  Jlnllönhoff,  D.  Ä    II,  l'.t!). 


314  MUH, 

(Die  Deutschen  s,  60  anm.)  hatte  und  zulezt  wider  Laistner  (Ztschr.  f, 
ti.  a.  XXXII,  336)  vorgebracht  hat,  kann  man  ruhig  mit  der  taeinung, 
ob  nieiiim  bedeute  hier  flUm  furcht  zu  erregen",  zu  grabe  tragen,  di 
nicht  die  angst  der  besiegten  Gallier,  sondern  die  des  germanischea 
Siegers  gemeint  ist 

Andere  ausleger  wollen  die  worte  a  Victore  durch  „nach  dem 
Sieger"  übersetzen.  Allein  dies  ist  schon  wegen  des  folgenden  a  m 
ipsis,  das  dem  a  victore  entspricht,  unmöglich.  Ritter  ändert  in  Eeioer 
ausgäbe  der  Germania  a  rictore  in  e  victore.  Aber  dies  ist,  da  all« 
bandschriften  übereinstimmend  a  haben  und  sich  dies  in  den  satzbiu 
genau  fügt,  nicht  gestattet;  es  wäre  auch  unnötig,  da  „nach  dem 
Sieger"  bei  Tacitus  ebenso  gut  a  rictore  wie  e  victore,  boissen  köDle 
(Baumstark  a.  a.  o.  s.  118  fg.).  Dederichs  künstliche  Übertragung  „an- 
fangend von  dem  sieger"  (Julius  Caesar  am  Rhein,  1870,  s.  81)  pNOt 
nicht  einmal  in  den  Zusammenhang  des  Satzes. 

Die  stelle  bedarf  eben  weder  einer  änderang  noch  einer  küDst- 
heben  Interpretation;  es  ist  vielmehr  einfach  nach  dem  Wortlaut  lu 
übersetzen,  dass  die  gesamtheit  zuerst  von  dem  sieger  aus  furclil 
als  Germanen  bezeichnet  worden  ist.  Nicht  die  tiesi^en  Gallier,  Bon- 
dem  der  siegreiche  deutsche  stamm  hegte  die  hier  gemeinte  beeoi^ni». 
Der  deutsche  stamm,  der  sich  zuerst  über  den  Rhein  hinüber  in  das 
Keltenland  wagte  und  an  der  peripherie  desselben  sich  festzusetz«! 
suchte,  muste  —  dies  ist  die  meinung  der  gewährsmänuer  dee  Tad- 
tiiB  —  ob  seiner  eigenen  geringen  kopfzabl  gegenüber  der  grossen  g»l- 
lischen  nation  besorgnisse  empfinden,  und  diese  besorgnis  veranlafite 
ihn,  auch  die  Transrhenanen  den  Galliern  gegenüber  als  seine  specid- 
len  stammesgenossen  hinzustellen,  um  so  in  den  augeu  der  Galliu 
mfichliger  dazustehen.  Da  nun  jener  stamm  den  namen  GermaDUfl 
getriigen,  hätte  er  eben  den  Galliern  gegenüber  auch  die  Transrhenanen 
als  Germanen  bezeichnet 

Auch  die  worte  invento  nomine  kann  man  sich  noch  immer  niriit 
entschhessen  ohne  künstele!  zu  übersetzen.  Die  dem  Zusammenhang« 
des  Satzes  allein  entsprechende  und  mit  dem  Tsciteiscben  Sprachgebrauch 
im  einklang  befindliche  Übersetzung  „mit  dem  vorgefundenen  namen* 
ist  zwar  schon  von  vielen  vorgeschlagen  worden,  aber  diejenigen  fn^ 
scher,  welche  den  namen  für  keltisch  halten,  glaubten,  diese  ihre  mo- 
nung  gerade  durch  eine  absonderliche  autfassung  der  worte  tmwrifl 
nomine  stützen  zu  können.  So  erklärten  denn  einige,  zulezt  Hülln- 
hoff  (D.  A.  II,  199),  ^invento  tioTnine"  bedeute  hier  „mit  erfundeneni 
namcQ".     Jene  gewahrsmänner  des  Tacitus,  meinte  man,   hätten  si(^ 


liie  Gallier  als  die  erfinder  des  Oermnneuuamens  gedacht;   während 
□ach    UttileDhoff  der    name    deswegen    „inventum"    heissen   soll,    weil 
„seine  anwendnng  auf  die  'fi-ansrhenanen  neu  und  für  diese  erfunden" 
sei.      Gegen    diese    Übersetzung    bat    Ijaistner    (Ztschr.  f.  d.  a.  XXXII, 
334  fgg.)    mit  recht  Verwahrung  eingelegt.     Er  selbst  sebiiesst  sich  der 
erkläruiig  Baumstarts  (Jahrb.  f.  philoIogie  1862,  s,  775,    Erläuterung 
s.  122  fg.)  an,    wonach   „invenire  nomen"  hier  wie  bei  Cicero  Tusc.  IT, 
22,  49,  De  fin.  I,  7,  23  „einen  nanien  überkommen,  erhalten,  empfan- 
gen •*    bedeute.     Aber  dieser  Sprachgebrauch   lässt  sich   eben   nur  als 
ciceronisch,    nicht    als    taciteisch    nachweisen!      Laistuer    bezieht   nun 
inveuto  nomine  irriger  weise  nicht  nur  auf  n  se  tpsis,   sondern  auch 
auf  a  t-ictore  und  wird  dadurch  zu  einer  ganz  unnatürlichen  und  gegen 
'iie     latoinisciie    Grammatik    verstüssenden    erklärung    des    Tuciteischen 
satees  gedrängt,    deren    unhaltbarkcit   G.  Kossinna    (Anzeiger  f.  d.  a. 
I  X.VI,  31   anm.  2)  ausfiihi-lich   dargetan  hat.     Nach  Laicjtners  auEfassung 
(  »oll    nämlich  die  steile  hosagen,  dass  „alle  mit  einer  benennung,  welche 
I  nierst  der  Sieger  angst  halber,    später   auch   die  gesamtheit    überkam, 
L'Gernianen  hiessen".     Natürlich  ist  Laistnor  der  ansieht,  dass  die  angst 
f  "ßr   gallischen  namengeber  gemeint  und  dass  der  Urheber  jener  bypothese 
I  *on    der  annähme  ausgegangen  sei,   dass   der  name  „Germanen"  einen 
J_Äti6<lnick    der  furcht   enthalte.     „Was    immer  aber  Tacitus",  schliesst 
ftistner  {s.  336),  „mag  im  sinne  gehabt  haben,  die  von  ihm  mitgeteilte 
ypothese  sezt  als  bekant  voraus,   dass  die  Denischen  sich  selbst  nicht 
*®rnianen   nanten,    und   lehrt,    wie  sie   den    namen    empfangen    (nicit 
Unden)    haben".      Diese   Schlüsse   beruhen    auf    der    falschen    bezie- 
hUng  der  worte  ab  metum,   auf  der  schon  aus  rhetorischen  gründen 
*"l möglichen    Verbindung   der   woite    inveuto   nomine   mit   a   se   tpsis 
L?***^   R  Victore,    endlich   auf  der  mit   dem   Tnciteiscben   Sprachgebrauch 
'^cfet  stimmenden  Übertragung  des  ausdrucks  inveuto  nomine,  der  wei- 
üichts  besagt  als  „mit  vorgefundenem  namen". 
Dass  alle  bisher  versuchten  erklärungen  jener  Germaniastelle  mehr 
Ser  weniger  verfehlt  sioil,  folgt  schliesslich  auch  daraus,  dass  mir  die 
uns   gegebene    auffossung,   die  weder   einer  änderung   des   textes 
^'^oh  einer  künstliehen  Interpretation  bedarf,   den   Satz  in  rhetoriscb- 
Tiatjscbor  hinsieht  zu  seinem   rechte  kommen   läsat,     Denn  in  dem 
**3Be  „ut  omnes  priraum  a  Victore  ob  metum,  mos  etiam  a  se  ipsis 
ruine  Germaui  vocAreutur"  entsprechen  sich,   wenn  man  ihn 
i  unserer  anlTassung  interpretiert,    1)  zwei  Zeitbestimmungen    (pri- 
^''^m  —  mox),  2)  zwei  subjektsbestimraungen  (a  Victore  ^  a  se  ipsis) 
""^  3)  zwei  causalbestimmungen  (ob  nictum  —  invento  nomine).    Wer 


316  JABKSL 

„ob  metum"  final,  „invento  nomine"  causal  erklären  oder  gar  mit 
Laistner  „invento  nomine"  zu  „a  victore"  und  „a  se  ipsis"  ziehen  will, 
zerstört  den  streng  harmonischen  bau  des  satzes.  Also  fort  mit  allen 
künstlichen  Interpretationen ! 

Die  von  Tacitus  mitgeteilte  ansieht  einiger  römischer  antiqaare 
gieng  also,  um  es  noch  einmal  zu  sagen,  dahin,  dass  der  erste  deut- 
sche stamm,  der  sich  über  den  Rhein  in  das  keltische  land  gewagt, 
„Germanen"  geheissen  habe,  dass  dieser  stamm  aus  angst  vor  der  über- 
zahl der  Gallier  seine  jenseit  des  Rheines  verbliebenen  Volksgenossen 
ebenfals  als  Germanen,  d.  h.  als  seine  speciellen  stammesgenossen 
bezeichnet  habe,  und  dass  dann  von  den  Transrhenanen,  als  sie  im 
verkehr  mit  Galliern  und  Römern  das  bedürfnis  nach  einer  gesamt- 
benennung  empfunden  und  eine  solche  gesucht  hätten,  jener  name  vor- 
gefunden und  daher  angenommen  worden  sei.  Wer  jene  Germaniastelle 
unbefangen  liest  und  sich  dabei  die  in  ihr  angedeuteten  Verhältnisse 
vorstelt,  wird  sich  leicht  überzeugen,  dass  diese  erklärung  die  einfachste 
und  natürlichste  ist. 

Ob  übrigens  jene  ansieht  von  der  entstehung  des  ethnographischen 
gesamtnamens  Germanen,  eine  ansieht,  die  Tacitus  nicht  als  seine 
eigene,  sondern  als  die  einiger  gelehrten  hinstelt,  die  ihm  aber,  da  er 
von  den  mancherlei  erklärungsversuchen  nur  diesen  einen  mitteilt,  als 
die  annehmbarste  erschienen  sein  mag,  in  allen  stücken  das  richtige 
trift,  ist  eine  andere  frage.  Dass  die  furcht  in  der  hier  angenommenen 
weise  bei  der  entstehung  eines  volksnamens  eine  rolle  spielen  solte, 
hat  weder  eine  analogie  noch  die  Wahrscheinlichkeit  für  sich.  Die 
eigentliche  bedeutung  des  namens  Germanen  lässt  diese  hypothese  ganz 
unberührt,  und  nur  bei  Voreingenommenheit  konte  dies  verkant  wer- 
den. Dagegen  behauptet  sie  klar  und  deutlich,  dass  der  name  deut- 
scher herkunft  sei,  ursprünglich  aber  nur  einen  teil  der  nation  und 
zwar  den  westlichsten  bezeichnet  habe  und  erst  infolge  des  zusammen- 
stosses  der  Deutschen  mit  den  Galliern  zu  einer  benennung  für  die 
gesamte  nation  geworden  sei.  Dieser  zusampienstoss  hatte  nach  den 
gewährsmännern  des  Tacitus  am  Niederrheine  statgefunden.  Man  darf 
ihnen  aus  diesem  irtum  keinen  zu  schweren  Vorwurf  machen.  Sie 
stüzten  sich  ja  auf  Caesars  geschieh te  des  gallischen  krieges,  in  der  die 
Germanen  als  anwohner  des  Rheins  aufgeführt  werden  und  von  den 
früheren  sitzen  der  germanischen  Völker  keine  rede  ist  Auch  die 
neueren  forscher  haben  ja  sehr  lange  an  der  ansieht,  dass  Kelten  und 
Germanen  zum  ei*sten  male  am  Niederrheine  zusammengetroffen  wären. 


feaigeJiiäten ',  und  ca  liat  wst  MüUeiiLuff  (Ü.  Ä.  U,  207  —  236)  ausfiihiv 
,        ticb   und    überzeugend    (krgetan,    dsiss    die    erste    berßhnitig   »wischen 

iOenuaneii  um!  Kelten  viel  weiter  östlicli,  wie  ermeiiit,  zwischen  Weser 
nnH  Elbe,  als  noch  dio  Volcae  den  östlichsten  stamm  der  Gallier  bil- 
deten, erfolgt  ist,  Die  urheber  jeuer  hypotheso  irten  sich  auch  insofern, 
hls  Kie  glaubten,  dass  sich  die  Transrhenanen  selbst  jemals  als  Germa- 
Don  bezeichnet  hätten.  Sie  haben  dies  ebenso  wenig  getlian,  als  sich 
die  Kelten  jemals  als  "Walchen  bezeichnet  haben.  Aber  bei  der  nian- 
I  gelliatten  kiinde,  welche  die  Römer  um  den  anfang  unserer  zeiti-ech- 
nung  von  den  inneren  Verhältnissen  Germanieus  hatten,  falt  ein  solcher 
irtiim  nicht  ins  gewicht. 

Die  von  Tacitus  überlieferte  hypothese  enthält  also  drei  irtümer: 
I        sie  schreibt  der  furcht  eine   rolle  bei  der  entstehung  des  namens  Ger- 
'        Manen  zu;    sie  verlegt  den  ersten  zusammenstoss  zwischen  Kelten  und 
Qermanen  an  den  Niederrheiu;  sie  nimt  an.  dass  sich  die  Transrhena- 
I        nen  selbst  als  Germanen  bezeichnet  hätten.     Eliminiert  man  diese  drei 
j        fehler,  so  bleibt  als  rest  ein  gedanko  übrig,   der  grosse  innere  Wahr- 
scheinlichkeit   hat,    iler  gedanke  nämlich,    dass  der   name   Germanen 
I        •'eutscher  herltunft  und  ui-spriinglich  nur  dem  westlichsten  teile 
«•ir  Deutschen ,  also  denjenigen  Germanen,  dio  den  Kelten  zuerst  bekant 
*Urden,    zugekommen    sei    und   erst   infolge    des  zusammenstosses  der 
^«nnanen   mit  den  Galüem,    also   durch   die  Gallier,    zur  bezoichnung 
^öf   gesamten   nation   verwant  worden    wäre.     War   doch    ganz   analog 
^^f    name  Graeci,    unter  dem  der  Römer   die  gesamten  Hellenen   ver- 
^*aDd,   von  haus  aus  nur  der  narae  einer  kleinen  Völkerschaft,   die  an 
^er  Peripherie  der  Griechenwelt  sass;  bezeichnete  doch  auch  der  name 
"^alchen,    unter  dem   der  Gerraane  die   gesamtheit  der  Kelten   begriff, 
*öRinglich   nur  einen  kleinen,    und   zwar  den   östlichsten  teil    dieser 
■^Ation*,     Jene   erklärung   der  entstehung  des  ethnographischen  gesamt- 
^ainens  Germanen  ist  in  der  tat  sachlich  so  ansprechend,  dass  sie,  fals 
andere  quellenangaben  nicht  im  wege  stehen   und  sich  eine  ein- 
•"«üdfreie  deutung  des  namens  Germanen  aus  dem  Germanischen  lie- 
.  lassen  solt«,  für  die  richtige  anzusehen  sein  wird. 

Woher  wüsten   denn   aber  jene  gewährsmiinner  des  Tacitus,    dass 

Tangern  zuerst  unter  den  Germanen   den  Rhein  überachritten   und 

nals  Germanen  geheissen  hatten?     Sie  schlössen  es  aus  Caesars  Com- 

"ent  de  hello  Gallico  IT,  4.    An  diese  stelle  erinnern  zunächst  einige 

1)  Dm  tut  z.  b.  Doch  Waits  a.  a.  o.  l\s.  29. 

2)  Äooh  ist  Dani  im  ma,  bezeicbiiutig  der  Skimdiiiavier  überbau|it;  All-JuiMiids 
^  fttiu.  die  dor  I 


318 


ausdrücke  im  schlusssatzc  von  Tac.  Germ.  2,  wie  folgende  nebeneinan- 
derstellung  ergibt^: 


Tacitu8:  «,quoniam,  qui 
primi  Rhenum  trans- 
gressi  Gallos  expu- 
lerint  . . ." 


Caesar:  „plerosqiie  Beigas  esse  ortos  ab  Ger- 
manis Rhenumque  antiquitus  traductos 
propter  loci  fertilitatera  ibi  consedisse  Gal- 
losquo,  qui  ea  loca  incolerent,  expulisse". 

Sodann  erkent  man  die  abhängigkeit  der  von  Tacitus  überliefer- 
ten hypothoso  von  jener  stelle  Caesars,  wenn  man  sich  bei  der  lek- 
türe  der  lezteren  die  Wohnsitze  der  Tungern  vergegenwärtigt 

Die  Tungern  werden  zuerst  bei  Plinius  (N.  H.  IV,  §  106  Tungri 
und  XXXI,  §  12  Tung^ri  dvitas  Oalliae),  femer  bei  Tacitus  (Agric.  36, 
Eist  II,  14.  15;    IV,  16.   55.   66.   79),   Ptolemaeus   (II,  9,  9  ToCyyQOi 
KLal  Ttolig  ^^covcLMvvov)^  im  Itiner.  Anton,  (s.  378,  5:  Ädtuuxi  Tungro- 
rum)^  bei  Ammianus  Marcellinus  (XV,  11,  7;  XVII,  8,  3;  gehören  die 
iHww^rri^am  XXVI,  6,  12;  XXVII,  1,  2  hierher?)  und  späteren  Schrift- 
stellern genant;    ihr  name  begegnet  sodann  auf  zahlreichen  inschriften. 
Sie  wohnten  an  der  mitleren  Maas  um  Maastricht  und  Tongeren.     Der 
leztere  ort,   von  Caesar  VI,  32  Aduattica  genant,   heisst  später  Ädua- 
iuca  Tu7igronnn  oder  bloss  TungrL     Von  jenen  inschriften  ist  beson- 
ders Coi-p.  Inscr.  Lat  VII  nr.  1073  interessant.     Sie  fand  sich  auf  einen 
altar,  der  vom  pagus  Condrustis  mililt(ans)]  in  coh(orte)  II  Tufigro- 
rum  gesezt  worden  ist.     Mau  sieht  daraus,   dass  die  Gondrusi,   voi 
denen    der  pagus    Condrusiis,    die   heutige   landschaft   Condros    (nri        i 
rechten  ufer  der  Maas  gegen  Huy ,  Namur  und  Dinant  hin)  ihren  namei=:Ä 
hat,   in  militärischer  beziehung  zu  den  Tungri  gehörton,   Tungri  alsc3rir> 
eine  art  von  gruppennamen  war,  der  die  Maasvölker,  die  auf  den  öst 
liehen  Ardennen  und  von  diesen  abwärts  nach  dem  Rheine  zu, 
westlich  von  den  Ubiern  sassen,  umfasste  (vgl.  Waitz  a.  a.  o.  I^,  &  27^^ 
Nun  lag  nach  Caesar,   der  den  namen  Tungri  noch  nicht  nent,   Ad 
tuea  ziemlich  in  der  mitte  des  landes  der  Eburones,  gegen  die  C 
bekantlich  in  den  jaliren   53   und  51    einen  Vernichtungskrieg  führti 
Die  Eburones  müssen  also  einst  in  das  land  der  Aduatuker  ein 
gen  sein.     Nachdem  sie  selbst  von  Caesar,  wenn  auch  nicht  vemieh 
wie  er  prahlt,   so  doch  stark  geschwächt  worden  waren,   verschwind 
ihr  name.     An  ihrer  stelle   erscheinen    die  Tungern,   bei   denen 
nicht   an    einen    frisch   eingewanderten  stamm   (denn  es  werdra  soi 
nirgends,  weder  in  Gallien  noch  in  Germanien,  Tungern  genant!) 


1)  Dies  hat  zuei*st  Watterich,  Der  deutsche  name  Oermanen,  1870,  8.47  b^^^r- 
vorgehoben. 


Hnm  nur  an  eine  in  den  kriegen  mit  Caesar  wenig  mitgeDommunii 
nbteilutig  der  Ebnrniies  denken  kann.  Nun  berichtet  Caesar,  der  sonst 
Ü.  2;  E,  4;  VI,  "^1)  den  uamen  (jermaoen  als  othnograpliisclie  gesamt- 
benennung  im  gegensatze  zu  den  Kelten  verwendet,  ini  4.  kap,  des 
n.  bucLes,  dass  vier  am  oatrande  Belgiens  wohnende  völkei-schaften, 
ilie  flJmidrusi,  Eiurones,  Caeroest,  Paemani ,  ?,u  flenen  er  VI,  32  noch 
'he  Setjni  fügt,  uno  nomine  Oermani  appeUanhtr.  Diese  fünf  volker- 
scbaften,  von  denen  die  Segni  Condrusique  am  südlichsten,  die  Ehii- 
f^nes  am  nördlichsten  sassen,  wohnten  auf  und  nördlich  von  den  Är- 
dennea  vou  der  Mosel  und  Maas  bis  zum  Rhein,  der  sie  von  den 
istvaeUoheu  Ubiern  schied,  hatten  also  den  nstrand  Belgiens,  d.  h.  das- 
splbo  land  inne,  das  wir  als  !and  des  militari  seilen  Verbandes  derTun- 
gern  kennen  lernten.  Ihre  namen  haben  sich  ausser  dem  der  Ebiirones 
in  laDdschal'tlicben  und  in  Ortsnamen  sehr  lange,  zum  teil  bis  auf  den 
heutigen  tag  erhalten,  wie  zulezt  MüUenhoff  (D.  A.  II,  196  %.]  ausfUhr- 
lif^h  dargetan  hat. 

Nach  Caesar  (LI,  4  und  VI,  32)  diente  also  zu  seiner  zeit  der 
ituiie  Germanen  als  zusammenfassende  bezeichnung  von  fiinf  an  der 
™lgisch -germanischen  grenze  wohnenden  Völkern,  die  sieh  derselben 
abkunft  rühmten,  nebeneinander  sassea,  also  durch  nachbai-schaft  ver- 
''untien  waren,  und  ihre  truppen  vereint  ins  feid  rücken  Hessen,  d.  h. 
•^r  war  kein  völkerschafts-,  sondern  ein  gruppenname.  Während  nuu 
diut  ganze  altertum  die  stelle  Caesai-s  so,  wie  wir  sie  erklärt  haben, 
^'erstanden  hat,  dass  nämlich  jene  fünf  Völker  den  namen  Germanen 
S'^ftihrt  haben,  bat  Georg  Kaufmann  1874  in  seiner  schrift  „Ein  rais- 
^'erstündnis  dos  Tacitus"  behauptet,  dass  Caesar  uiclit  dies  mit  seinen 
*ort»ti  gemeint,  sondern  nur  habe  sagen  wollen,  dass  jene  fünf  Völker 
^^rrnanen  seien.  Wenn  dies  richtig  wäre,  so  müste  sieb  Caesar 
Sorade  hier  wider  seine  gewohnbeit  ganz  dunkel  und  verwon-eu  aus- 
Setirückt  und  mit  den  worten  nomen  und  appdlare  einen  sinn  ver- 
I  **U>ldeD  haben,  der  ihnen  sonst  nicht  eignet;  es  müsten  femer  seine 
^buschen  leser,  namentlich  auch  jene  gewahrsmänner  des  Tacitus,  und 
)  bisherigen  forscher  Caesar  falsch  verstanden  haben.  Dies  hat  denn 
,  Kaufmann  als  notwendige  folgerung  seiner  anslegung  angenom- 
Äber  soweit  ich  Caesars  Schreibweise  kenne,  kann  ich  ihm  eine 
unklare  ausdrucksweise  und  dass  er  beim  niederschreiben  jener  stelle 
sen  haben  solte,  was  nomen  und  was  appeUare  sei,  nicht  zu- 
Den  gedanken,  jene  fünf  Völker  seien  Germanen,  würde  Cae- 
Wol  einfach  durch  eine  wendung  mit  esse,  ausgedrückt  haben.  Ich 
pBlte  daher   mit   dem   gesamten   altertum   und   mit  sämtlichen  neueren 


forschem  »usser  Kaiifmniin  dai-aii  ft^at,  dass  Caesar  nacli  seinen  eigeneD 
Worten  den  namen  Germanen,  den  er  sonst,  wie  seine  zeitgenoseeat, 
als  otlinograpliische  gesaratbenenniing  verwendet,  an  der  bolgisdi-gei^ 
manischen  gi'enze  von  fünf  Völkerschaften,  deren  gröste  und  wich- 
tigste die  Eburonea  waren,  als  gruppennamen  gebraucht  fand. 

Wenn  nun  aber  jene  fünf  Völker,  die  in  einem  militärischen  vet^ 
bände  standen,  zu  Caesars  zeit  den  js;emeinschaftlichen  namen  Germtuie-n 
führten  und  derselbe  militäriache  verband  zu  des  Tacitus  zeit  den  nanteu 
Tungem  trug,  so  ist  es  klar,  dass  jene  quidam  des  Tacitus  die  angäbe 
Caesars  vor  äugen  hatten,  was  ja  auch  die  obeu  nachgewiesene  Über- 
einstimmung tu  einigen  ausdrücken  ergab.  Man  hat  also  bei  einer 
Untersuchung  des  namens  Germanen  jene  hypothese,  die  Tacitus  Oenn.3 
vorträgt,  mit  der  150  jähre  älteren  angäbe  Caesars  zu  verbinden;  uoil 
zwar  berechtigen  uns  die  nactirichten  der  beiden  schriftstelter  zuD&dut, 
folgende  tatsachen  als  quellentnässig  verbürgt  hinzustellen: 

1)  dass  die  zwischen  der  mitlereu  Maas  und  dem  Rheine  sitaeail« 
Völkerschaftengruppe,  die  etwa  seit  dem  beginn  unserer  Zeitrechnung 
als  Tungern  bezeichnet  wird,  schon  vor  Caesars  zeit  über  den  Rhein 
gedrungen  wai-  und  sich  am  ostrande  des  alten  belgischen  lande« 
fes^eaezt  hatte,  und  dass  sie  noch  zu  seiner  zeit  den  gruppeunainen 
Germanen  führte,  der  aber  als  solcher  nach  der  aufreibung  ihm 
hauptvolkes,  der  Eburones,  verschwand; 

2)  dass  zu  Caesars  zeit  die  IVansrheiianen  schon  längst  mit  deni 
ethnographischen  gesamtnamen  Germanen  bezeichnet  wurden;  dass  o 
also  eine  zeit  gegeben  hat,  in  der  die  gesarate  nation  von  den  Kelttn 
und  Römern  mit  einem  namen  benant  wurde,  den  zugleich  fünf  a« 
der  belgisch-germanischeu  grenze  wohnende  Völker  als  boGondonW 
gruppennamen  fülirteii; 

3)  dass  eben  dieser  doppelte  gebranch  des  namens  Germanen  jm 
von  Tacitus  überlieferte  hypothese  veranlasst  hat. 

Dieser  hypothese  haben  die  berufensten  neueren  forscher  durdi- 
w^  insoweit  zugestimt,  als  auch  sie  die  ethnographische  gesamtbeneo- 
Dung  Germanen  aus  dem  besonderen  gruppennamen  jener  fünf  Mus- 
Völker  hervorgehen  lassen.  Dagegen  wird  über  die  natlonalität  dex  fiinf 
völkerBchafton  noch  heute  gestritten.  Der  älteren  ansieht  gegenüber, 
die  in  ihnen  beigisierte  Germanen  sah,  hat  namentlich  MüllenhofT  ain- 
führlich  zu  beweisen  gesucht,  dass  wir  es  hier  mit  echten  Beigen  m 
tun  haben.  Es  ist  für  uns  unerlässlich ,  hier  näher  auf  diese  streit&v* 
einzugeben,  weit  mit  ihr  die  frage,  ob  der  Germanenuame  kel^dV 
oder  deutscher  herkunft  sei,  im  innigsten  Kusammenhange  stehl 


Es   fcommen    zunächst    drei    stellen 


Caesars  Cummentani   <Ie 


ellu  Gallien  in  betracht: 
Nach  U,  3  erfuhr  ei 


i  jähre  57   von   den   hol 


,iretiquos  omnes  Beigas  in  aruiis  ciase  Gorma 


isquc, 


ischen  Remom: 
(jui  eis  Rhe- 


Nftoh  VI,  2   beobachtete 
s,  Äduatucos  ac  Menapios  adiiinc- 
esse  in  armis".     VI,  32  erzählt 


i 


11  lim  iticulant,    sese  cum  bis  coniu 

er    itu  anfange  des  Jahres  53:  „Nervk 

Üa  Cisrheuanis  omnibtis  Germani) 

«r   bei  demselben  jähre;  „Segni  CondruBiquo  ex  gente  et  numero 

Germanorum,    qui  sunt  intor  Eburones  Treveroaque,  legatos  ad  Cae- 

sarem  niiserunt  oratum,  ne  se  in  hostiiim  nnmero  duceret  nevo  omnium 

Germanorum,  qui  essenl  citra  Rhenuni,   unam  esse  causam  indi- 

caret". 

Nach  der  ersten  stelle  hielten  die  belgischen  Remer  jene  fünf 
Kaasvölker  nicht  flir  Beigen,  sondern  sezten  sie  als  Germanen  den 
B*ilgeii  entgegen.  In  der  dritten  stelle  nent  Caesar  den  clsrhenan Ischen 
BDHtnerus  Gerraanonim"  ansdrücblicb  eine  gens  und  spricht  es  damit 
*leut!icb  aus,  dass  sich  dieser  „nnmerii»  Germanorum"  auch  durch  seine 
Abstammung  von  den  keltischen  Völkern  Galliens  sondere.  Und  wenn 
die  Segni  Condrusiquo  ex  gente  et  numero  Germanorum  sich 
^Ibst  zu  den  Germani,  qui  essent  citra  Rhenum  zählen,  so  müs- 
*ßi  sie  sich  als  teil  eines  volkes  betrachtet  haben,  dessen  anderer  teil 
jetiseit  des  Rheines  sass.  Dasselbe  muss  Caesar  gemeint  haben,  da  er 
'•'e  fünf  Völkerschaften  als  Germani  Cisrbenani  bezeichnet.  Hätte 
®*"  wlbst  diese  Völker  für  Beigen  gehalten,  so  mtiste  es  ihm  doch  auf- 
S^fellen  sein,  da^  sie  als  gesamtbenennung  einen  namen  führten,  der 
ff»oichzeitig  zur  bezeichnung  einer  n ich tkel tischen  nation  vei-want  wurde, 
"•itl  er  würde  ganz  sicher  über  dieses  merkwürdige  zuaanimentrefTen 
'**ö    wort  verloren  haben. 

Wenn  nun  Müllenhoff  (D.  A.  II,  197)  behauptet,  daas  „nach  Cae- 
^»J^  ansieht  und  darstellung  (V,  27-29;  VI,  5.  35  —  42)  und  den 
'^Utredenden ,  von  ihm  berichteten  tatsachcn  zwischen  deu  Germani  eis 
**l>Olium  und  den  Trnnsrhenanen  keinerlei  stammesgeroeinschaft  noch 
™^  ^aube  daran  bestanden  habe",  si>  vermag  ich  diese  bebauptung 
*Unäch8t  mit  den  soeben  angeführten  stellen  Catsars  nicht  in  einblang 
*•*  bringen.  Wenn  die  Germani  eis  Khenum  von  Caesar  I,  1  stil- 
*^h.-weigend  unter  den  Belgae  mitverstanden  werden,  so  hat  dies  seinen 
id  darin,  dass  diese  Germani  sich  in  der  Belgica  festgesezt  hatten. 
'■it^recbetid  lüsst  Tacitus  der  zu  seiner  zeit  herscbenden  ansieht  gemäss 
lügemeinen  Germanien  im  Westen  bis  an  den  Rhein  reichen,  wäb- 
'd  docti  damals  auch  auf  dem  linken  ufer  des  Stromes  reiugermanische 

21 


322 

Völker,  z.  b.  Yangiones,  Triboci,  Nemetes,  übii,  sassen  (Müllenh.,  D.  A. 
II,  3).     Wenn  ferner  Caesar  (V,  27)  den  Eburonenkcmig  Ambiorix  sich 
und  die  seinen  einmal  mit  zn  den  Galliern  rechnen  lässt,   so  erklart 
sich  dies  hinlänglich  ans  der  damaligen,  von  Caesar  selbst  treflich  skiz- 
zierten politischen  läge.     Ambiorix  will  den  Bömem  b^reiflich  machen, 
warum  die  seinen  nicht  anders  gekont  hätten,   als  sich  der  erhebuog 
der  Gallier  g^en  die  Römer  anzuschliessen.    Wie  hätte  es  ihm  in  die- 
sem augenblicke  in  den  sinn  kommen  können,   sein  Germanentam  zu 
betonen   und   nicht  vielmehr  hervorzuheben,   dass   sich   die  EburoneD 
angesichts   der   von    Caesar   drohenden    gefahr   mit  den   Galliern  eins 
wüsten?    Dass  die  Remer  Caesar  über  herkunft  und   nationalität  der 
belgischen    Germanen   falsch    berichtet    haben    selten,    ist   eine    blosse 
annähme,   der  ich  nicht  beipflichten  kann;   sie  werden  sich  doch  nicht 
verhehlt  haben,   dass  Caesar  ihre  aussage    über  die  nationalität  jener 
Völker  leicht  auf  ihre  Stichhaltigkeit  prüfen  konte.     Müllenhoff  legt  ein 
ganz  besonderes  gewicht  darauf,   dass  Caesar  die  fünf  Völker  als  0er- 
mani  eis  Rhenum,  Cisrhetiani,  dira  Rhenum  von  den  Oermani  Trans- 
rhefiani    (V,  2)    unterscheide.      Aber    darin    kann    man   doch    keinen 
hinweis  auf  Stammesverschiedenheit  der  eis-  und  transriienanischen  Ger- 
manen, sondern  nur  einen  hinweis  auf  ihre  Stammesgemeinschaft  sehen. 
Oder  solte   jemand,    wenn   er  die   Deutschamerikaner    als    „Deutsche 
jenseit  des  Oceans^  bezeichnen  würde,   glauben,   dass  er  ihnen  damit 
die  Stammesgemeinschaft  mit  den  Deutschen  diesseit  des  Oceans  abge- 
sprochen  habe?     Die   alten   haben,    wie  jene   von   Tacitus    berichtete 
hypothese   beweist,    Caesars   bemerkungen    ebenfiüs    dahin   verstanden, 
dass  jene  fünf  Maasvölker  germanischer  herkunft  seien,  und  man  wird 
doch  nicht  annehmen  können,   dass  Caesars  landsleute  den  sinn  seiner 
Worte   nicht    richtig    erfasst    haben    selten.      Wer   Caesars    darstellong 
unbefangen  liest,   wird  nur  sagen  können,    dass  nach  Caesars  ansieht 
und   darstellung   zwischen    den  Germani  eis  Rhenum  und  den  Trans- 
rhenanen  keinerlei  Stammesverschiedenheit  noch  ein  glaube  daran  bestan- 
den habe. 

Von  Wichtigkeit  für  die  frage  sind  auch  Caesars  zerstreute  beme^ 
kungen  über  die  inneren  zustände  jener  fünf  Völker.  Die  einzelnst 
Züge,  welche  Caesars  nachrichten  erkennen  lassen,  hat  Müllenhoff 
(s.  202)  zu  einem  bilde  zusammengesezt:  „Das  königtum  war  bei  ihnen 
der  menge  gegenüber  machtlos  (bell.  GalL  V,  27),  von  einer  reichen, 
mächtigen  aristokratie  und  der  abhängigkeit  des  niederen  Volkes  ist  bei 
ihnen  nicht  die  rede.  Städte  scheinen  sie  gar  nicht  zu  kennen,  selbst 
Aduatuca  ist  erst  von  den  Römern  befestigt  (VI,  32);  den  krieg  führao 


■nnp 


w 


sip  (VI,  33)   in  einzelnen  zoi-streiitt-n  liaiifen,   nicht  in  geschloseeneni 
bä«nj,  wie  sonst  die  Gallier".     Demnach  unterschieden  sich  diese  fünf 
röUter,   die  den  besonderen  gruppennamen  Germanen  führten  und  von 
sich  selbst,  von   den  Oalliern    und   von  Caesar   für  Deutsche    gehalten 
woriien.  in  ihren  inneren  veihältnissen.  aufe  schärfste  von  den  GalÜern. 
MülWihoff  erklärt  dies  durch   die  abgelegenheit  jener  Völker  von   der 
südlichen  kiiltur:    alte,  einfachere  zustände  hätten  bei  ihnen  noch  fort- 
ff^daiiert,    als  Caesar  mit  ihnen  Kusammentraf,  ja  in  diesem  verharren 
in    den  alten  zuständen  und  Sitten   könne    „locht   der  grund  gelegen 
liabon,  dasedie  südwestlichen  fortgeschrittenen  Beigen  einmal  ihre  nord- 
ästiiclicn  nac.hbarn    und   stamracsgenossen   durch  einen  besonderen  bei- 
nonien  von  sich  unterschieden".     Wärp  ihes  richtig,  so  müsten  andere 
'>'-'Tgisrhe  volkerschaften,  z.  b.  die  Menapier,  die  von  der  südlichen  kultur 
noch  weiter  ablagen,  zu  Caesars  zeit  nördlich  von  den  belgischen  Ger- 
^nanen    und    noch    zu    beiden    seiten    des   Rheines    wohnten,    oder   die 
texajid Tischen  völkerschiiften ,  ebenfals  alte,  einfachere  zustände  aufgewie- 
sen  haben,  also  auch  als  Germäni  bezeichnet  worden  sein.     Es  müste 
ferner   das  von   Milllenhoff  —    und   zwar    mit   recht  —    vorausgesezte 
l^eit  appellativ  *i/ar»ianos,  wenn  es  von  fortgeschritteneren  völkerschat- 
ten   zur  bezeichnung  solcher,  die  in  iler  kultur  zurückgeblieben  waren, 
*^bere  zustÄndc  und  sittcn  bewahrt  hatten,  vorwaut  worden  wäre,  ver- 
flöge seiner  bedeutung    einen   tadel    oder   eine   geringschätzung,   etwa 
^e  unser  ^der  wilde",  ausgedrückt  haben'.    Dies  war  aber  nicht  der 
•aU.     Das   kelt.  'gamianos  wurde  vielmehr,    wie  wir  bald  sehen  wer- 
den, von  den  Beigen  im   I.  Jahrhundert  v.  Chr.  als  ehrendes,  rühmen- 
•les    beiwort    verwendet    und    zwar   königen    beigelegt.     Wir   müssen 
'loh«'  den   Müllenhoß'schen  gedankengang  ablehnen   und   die  erkJärung 
jener  anstände  bä  den  belgischen  Germanen    auf  anderem  wege  ver- 


n  D&hor  spreclieii  -Jie  anhüngor  lier  MülleDhol^clieQ  erldüriing  von  dem  ,iiul- 
tntTUmrn"  oder  „kultiirelleu  nomen"  Oermuien,  und  0.  Kosainna  stell  ihu  (West- 
"^atache  «eitanhr,  9.  9.  'i\Q)  uebeu  den  ^kiühircamen'  Suebou.  Kr  scbÜeBt  sich  iiäm- 
Ibh  (ior  von  It.  Uucli  (Zsitactir,  f.  d.  a.  32,  407  fgg.J  gegebenen  dcutung  des  Sueben- 
"amsuE  im,  wunaoh  derselbo  „die  schlärrigea'-  bedeutet.  Auf  die  Hchwereu  sachliolien 
li'-*deni;,,n ,  denen  diese  denlnng,  unterliegt,  hat  schon  A.  Riese  in  dec  Westd,  Ktsclir.  9, 
'■  343  fg.  nnd  10,  s.  293  fg.  hingewioseo.  In  spr«chlicher  liinsioht  ist  nur  als  sicher 
""  Wrnchten,  daas  dar  name  Sueben  zn  oltn.  »rtfa  „schlafen,  storben"  guliört,  darsos 
'sl  nber  noch  nicht,  dasa  er  gerade  „scldäfrig"  hedeaten  mass.  £b  sind  bei  diu- 
^^  'lorlüiliui);  noch  andere  bedeutmigen  möglich.  Zwischen  dan  verschiedenen  müg- 
"'o^ij  lii'iluntungen  aber  wird  man  sich  auf  grund  sachlicher  örwägungeii  zu  eutschei- 
*•  haben.  Eine  (.■rwiesene  tatsacbo,  aur  der  man  weiter  hauen  könto,  ^sX  es  also 
^''***   keineBni>gs,  dnsa  der  name  Sneton  ein  ^kultamame*  sei. 

21' 


324  JAKKBL 

suchen.  Wer  die  Verhältnisse  der  westlichsten  Germanen,  namentlich 
die  der  istvaeischen  und  inguaeischen  Völker  genauer  kent,  dem  kann 
es  meines  erachtens  nicht  schwer  fallen,  in  jenen  bei  den  belgischen 
Germanen  herschenden  zuständen  echt  deutsche  zustände  widerzuerken- 
nen. Denn  schwaches  königtum,  das  fehlen  einer  reichen,  mächtigeD 
aristokratie,  Unabhängigkeit  der  grossen  masse  des  volkes,  scheu  vor 
dem  wohnen  in  Städten,  kämpf  in  häufen  sind  ja  eigentümlichkeiten, 
die  wir  durchweg  bei  den  westlichsten  Germanen  widerfinden!  Die 
zustände  der  belgischen  Germanen  sind  also  nur  ein  weiterer  beweis 
für  die  deutsche  herkunft  dieser  Völker. 

Müllenhoff  hat  ferner  diese  fünf  Maasvölker   durch  den  hinweis 
auf  ihre  volks-,   personen-,   fluss-   und   alten   Ortsnamen    als   keltisch 
erweisen  zu  können  geglaubt  (D.  A.  II,  s.  196  fg.).    Allein  das  Kelten- 
tum  der  fünf  volksnamen  ist  mit  nichten  erwiesen.     Der  name  Ebu- 
rones^   also  gerade  der  name  des  hauptvolkes  der  gruppe,    kann  nach 
Zeuss  (Die  Deutschen  s.  212  anm.)  keltisch  oder  germanisch  sein,  weil 
sich  der  personenname  Ebur,   von  dem  er  den  volksnamen   herleitet, 
bei  den  Germanen  ebenso  findet  wie  bei  den  Kelten.     Zu  dieser  her- 
leitung von  dem  personennamen  Ebur  stimt  auch  das  sufßx  des  volks- 
namens.     Dagegen  wäre  das  auftreten   gerade  dieses   sufißxes   in  dem 
namen  Eburones  schwer  erklärlich,  wenn  man  ihn  mit  Glück  (Die  bei 
Caesar  vorkommenden  keltischen  namen  s.  116)   von  einem  gallischen 
*ebur  ==  ir.  ebar,   eabar  „schmutz,   kot"   herleiten  wolte.     Der  name 
Paeniani  könte  schon  deshalb,   weil  er  mit  p  anlautet,   kein  keltischer 
name   sein;    es   lässt  sich   aber   mit   diesem   namen   überhaupt  nichts 
anfangen,   da  er  offenbar  verderbt  ist.     Denn  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  hat  er  sich  in  dem  namen  der  landschaft  Famen ne   (südöstlich 
von  der  landschaft  Condros),  die  im  mittelalter  den  pagus  Falminenm 
bildete,  erhalten.     Mag  man  nun  den  namen  für  keltisch  oder  für  ge^ 
manisch  erklären  wollen,  so  ist  doch  immer  die  annähme,  dass  sich  in 
ihm  der  Übergang  eines  p  z\x  f  volzogen  habe,  unmöglich   (Müllenhoßi 
D.  A.  n,  196  fg.).     Die  namen  Segni,  Ckmdrusi  und  Caeroesi  hat  man 
bis  jezt   weder   auf  germanische   noch   auf  keltische   wortstämme  mit 
Sicherheit  zurückgeführt.     Denn    dass  man   Condrusi  mit   dem   eigen- 
namen  Drusus^   der   „libidinosus"  bedeutet   (Zeuss  a.  a.  o.  s.  212  anm^ 
Glück  a.  a.  o.  s.  64),  und  Caeroesi  mit  dem  gallischen  Ortsnamen  Cirt- 
sium,    Ceresium  (Zeuss  a.  a.  o.)    oder  mit  ir.  cdir,  jezt  caor  „schaf* 
(Glück  a.  a.  o.  s.  40  fg.)   zusammenzubringen  habe,   will  mir  nicht  ein- 
leuchten.    Das  sufßx  'Oes-,    welches  der  name  Caeroesi  enthält,  lässt 
sich  sonst  in  keinem  keltischen  namen  finden,  wie  Glück  selbst  zage- 


DIEB  .VAHe    OBnUANEK 

Davon  also,  dass  das  Koltentiim  jener  fünf  rolksnamen 
Bewiesen  wäre,  kann  ebenso  wenig  die  i-ede  sein  wie  davon,  dass 
dio  fünf  namen  als  germanisch  erwiesen  seien.  Aber  selbst  wenn  man 
für  den  einen  oder  andern  dieser  namen  eine  einwandfreie  deutung 
aas  dem  keltischen  vorbringen  könte,  wäre  dtiiuit  dns  Keltentnm  des 
betreffendon  Volkes  noch  uiclit  dargetan,  weil  nnchgewiesener  niassen 
einzelne  deutsche  vftlkerschaften,  die  sich  auf  altkeltischem  boden  ansie- 
dellpn,  keltische  namen  erhielten.  So  haben  bekanüich  die  Nemeter 
U-nd  Triboker,  »wei  Völkerschaften ,  deren  Deutschtum  qnellenmässig 
feststeht  und  noch  von  keinem  besonnenen  forecher  bezweifelt  worden 
ist,  namen  f!:allischen  Ursprungs  (Gluck  a.  a.  o.  e.  16,  75  nnd  158  fg.)! 
JeTie  fiinf  vnlksnamen  können  demnacli  die  frage  nach  dem  Kelten- 
'**lor  Germanentum  der  fünf  Maasvölker,  die  zu  Caesars  zeit  den  grnp- 
[»«'iiuamen  Qermani  führten,  nicht  entscheiden.  Ebenso  wenig  künnen 
'Uns  die  kelb'ächen  flussnamen  der  gegend,  welche  die  fünf  völker  inne 
'»atien.  Denn  sonst  dürfte  man  z.  b.  aus  dem  keltischen  namen  der 
^ieg  oder  Ijahn  folgern,  dass  ihre  anwohner  zu  Caesars  zeit  Kelten 
gewesen  seien.  Desgleichen  folgt  daraus,  dass  dio  ältesten  Ortsnamen 
jfiner  gegend  keltisch  sind,  für  das  Keltentnm  der  bewohner  zu  Caesars 
^«'it  nichts;  denn  anch  in  den  strichen  am  rechten  ufer  des  Nieder- 
'"hcins  tragen  die  ältesten  orte  keltische  namen,  und  doch  wird  es  nie- 
"^andem  einfallen,  deshalb  die  Völkerschaften,  welche  zu  Caesars  zeit 
'las  rechte  ufer  des  Niederi'heins  bewohnten,  wie  die  Ubier,  Sugam- 
"Prn,  Tenkterer,   Ußipeter,  für  keltisch  zu  erklären.     Was  schliesslich 


^•e  Personennamen  jener  fiinf  Völker  anlangt,  die  alle  heltisch  seien, 
*o  kennen  wir  deren  nur  zwei,  Ätnbiorix  und  Catnvoleus,  deren  trÄ- 
S^r  könige  waren.  Von  diesen  beiden  namen  könte  Caluvolcits,  dem 
i  ®*n  ahd.  "Hadu-miakth  entspräche  (Mailenhoff.  D.  Ä.  11,  281),  auch 
1,  da  deutsche  personennamen  mit  fmdu-  als  erstem,  und  solche  mit 
!  als  zweitem  komposition steil  häufig  begegnen,  ein  keltisierter 
Rutscher  name  sein,  Ämbiorix  dagegen  ist  sicher  ein  rein  keltischer 
•me  (Glück  a.  a.  o,  s,  18).  Aber  aus  diesem  einen  namen  auf  das 
^Olttotam  jener  Völker  zu  schUesaen  wäre  misslioh,  zumal  wir  gar 
it  wissen,  mit  welchen  familien  das  kfmigliche  geschlecht,  dem  Am- 
ix  angehörte,  verschwägert  war.  Der  name  veranlaset  uns,  die  wir 
>  den  schon  angeftihrten  und  den  noch  anzuführenden  gründen  von 
1  Oermanetitum  der  fünf  Völker  überzeugt  sind,  lediglich  zu  dem 
,  dass  diese  Völker  zu  Caesars  zeit  schon  auf  dem  wege  waren, 
t  zu  keltisipren.  Da  es  feststeht,  dass  die  den  Rheinstrom  zuerst 
reifndcn    rjernianen    in    keltiacliea    land    drangen,    sich    unter 


326  JAIKIL 

Kelten  festsezten,  so  hat  die  ganze  auf  die  eigennamen  sich  stützende 
deduction  MüllenhofEis  keine  beweiskraft.  Er  hat  sodann  (s.  198)  noch 
geltend  gemacht,  dass  man  die  Wallonen  im  westlichen  teile  ihres 
gebietes  nicht  gut  für  ursprüngliche  Deutsche  halten  könte.  Dies  ist 
auch  gar  nicht  nötig.  Man  kann  ruhig  die  westlichen  Wallonen  för 
reine  Beigen,  die  östlichen  für  belgisierte  Deutsche  halten.  £ine  Schwie- 
rigkeit vermag  ich  darin  nicht  zu  finden.  Nach  allem  wird  man  6.  Kos- 
sinna  (Anz.  f.  d.  a.  XVI,  31)  recht  geben  müssen,  wenn  er  zu  der 
behauptung  MüllenhofPs,  dass  die  belgischen  Oermanen  nicht  gallisierte 
Oermanen,  sondern  ihrer  herkunft  nach  reine  Gallier  gewesen  seien, 
bemerkt,  dass  er  in  MüllenhofFs  gründen,  dass  alle  ihre  volks-,  per- 
sonen-  und  Ortsnamen  keltisch  seien,  sowie  dass  die  heutigen  Wallonen 
nicht  gut  romanisierte  Deutsche  sein  könten,  das  zwingende  nicht 
finden  kann. 

Schliesslich  führt  aber  auch  die  meinung,  die  belgischen  Germa- 
nen seien  reine  Kelten  gewesen  und  es  habe  zwischen  ihnen  und  den 
Transrhenanen  keinerlei  Stammesgemeinschaft  noch  auch  bei  ihnen  selbst 
oder  bei  den  Galliern  ein  glaube  daran  bestanden,  zu  einer  unhalt- 
baren folgeruDg.  Wenn  man  nämlich  glauben  soll,  dass  die  Kelten 
ihre  stamfremden  östlichen  nachbarn  mit  dem  namen  einer  keltischen 
Volksabteilung  benant,  dabei  aber  gewusst  hätten,  dass  jener  name  der 
gruppenname  für  fünf  keltische  Völkerschaften  sei,  so  müste  man  fol- 
gern ,  dass  die  Kelten  zwischen  den  angehörigen  jener  keltischen  gruppe 
und  den  Deutschen  nicht  zu  unterscheiden  gewusst  hätten,  was  man 
doch  verständiger  weise  nicht  wird  annehmen  können.  Um  dieser 
konsequenz  aus  dem  wege  zu  gehen,  hätte  MüUenhoff  am  liebsten  die 
schuld  an  der  Übertragung  des  namens  Germanen  vom  linken  auf  das 
rechte  Rheinufer  von  den  Galliern  abgewälzt  „Die  südlichen  händler 
und  kaufleute'',  meint  er  (s.  206),  „die  mit  ihren  waaren,  wein  und 
andern  produkten  und  fabrikaten  des  Südens  nach  norden  vordrangen 
und  dafür  namentlich  sklaveu  eintauschten,  sind  geradezu  für  die 
hauptfaktoren  wenn  auch  nicht  der  ersten  anwendung  und  Übertragung 
des  namens  auf  die  Transrhenanen,  doch  seiner  raschen  Verbreitung 
und  herschaft  in  dieser  anwendung  zu  halten  und  dazu  mag  die  bedeut- 
samkeit,  die  er  im  lateinischen  hatte  oder  durch  die  latinisierung  in 
ihrem  munde  erhielt,  nicht  wenig  mitgewirkt  haben".  Aber  die  rasche 
Verbreitung  des  namens  Germanen  komt  für  die  frage  nach  seiner  her- 
kunft und  bedeutung  nicht  in  betracht,  sondern  lediglich  seine  erste 
anwendung  auf  das  gesaratvolk  der  Deutschen,  und  diese  kann  Müllen- 
hofiT  den  südlichen  händlern  nicht  zur  last  legen,  auch  er  musssieden 


CrCklliern  zusolireiben.  Seia  gedankengang  fuhrt  also  io  der  tet  zu 
der  ft)tg(?niiig,  dasa  dio  Gallier  bewusst  (!)  ihre  atamfremden  nachbam 
loit  dem  namen  einer  gallischen  volk^abteiluiig,  d.  h.  als  Gallier 
Waseichnet ,  mit  anderen  worten,  dass  eie  zwischen  Kelten  und  Gorma- 
aeo  keinen  rttammesunterschied  bemerkt  hätten! 

Auch  dio  ansieht,  zu  der  Müllenhoff  iobetreff  der  zeit  dor  ent- 
stehung  des  namens  Germanen  gelangt  ist,  führt  zu  einer  felgening, 
dei"  niemand  beipflichten  wird.  Müllenhoff  hat  nämlich  fostzusteüen 
ffoeiicht,  wann  jene  fiinf  Völker,  die  er  für  reine  Kelten  hält,  von  den 
Böigen  den  kollektitischen  heinamen  Germanen  erhalten  hatten,  und 
wann  man  diesen  namen  auf  die  Transrhenanen,  also  die  Deutschen, 
üu  übertragen  begonnen  habe.  Er  hält  es  (s.  204)  für  wahrscheiulioh, 
iaes  Nordgallien  einmal  vom  rechten  Rheinufer  her  einen  teil  seiner 
Bevölkerung  erhatten  habe,  die  belgischen  Germanen  also,  fast  die  iez- 
^n  und  nördlichsten  der  gallischen  tluBsanw ebner,  von  Jenseit  gekom- 
inen  seien'.  Aber  dass  die  lezteren  bei  ihrem  einrücken  und  vor  dem- 
selben auf  der  rechten  seite  des  flusses  den  namen  Germanen  geführt 
"^tten,  sei  eine  blosse  annähme,  für  die  nichts  spreche.  Freilich,  die 
MiJllenhotfeche  bebanptung,  dass  jene  fünf  Völkerschaften  erst  auf 
*lem  linken  Rbeinufer  den  namen  Germanen  erhalten  hätl«n  (6.202), 
ist  ebenfals  eine  bloBse  annähme,  gegen  die  sehr  vieles  spricht!  Nichts 
"lötige  uns,  so  führt  Müllenhoff  weiter  aus  (s.  205),  und  nicht  die 
(?eringBto  spur  spreche  dafür,  den  namen  auf  dem  rechten  nfer  des 
'Rheins  viel  früher  hinauf  zu  rücken  als  die  Zeugnisse  dafür  begännen. 
'^io  hauptursache  für  die  Übertragung  des  namens  sei  das  bedürfnis 
**e'r  unterscheidimg  der  beiden  benachbarten  grossen  natjouen  gewesen, 
**»s  sich  mit  dem  einbruch  der  Kimbern  und  Teutonen  aufgedrängt 
•*n<i  noch  zugenommen  habe,  als  nach  demselben  der  handelsverkehr 
■'in  Gallien  einen  neuen,  stärkeren  aufsohwuug  genommen  und  sich 
^.^•rftber  hinaus  nach  Germanien  ausgebreitet  habe.  Dass  der  name  bei 
«n  Galliern  zur  zeit  des  einbruchs  der  Kimbern  und  Teutonen  noch 
^iolit  üblich  gewesen  sei,  dürfe  man  daraus  scbliessen,  das8  sie  den 
Äten  grossen  heerhaufen  noch  mit  dem  alten  collectivum  für  die  Nord- 
^©Bvfilker,  den  ersten  aber  ganz  neu  benant  hätten,  denn  der  gallische 
öisprung  des  Kimbemnamens  werde  um  so  mehr  einleuchten,  ja  mehr 

II  TrefTend  bemerkt  hierbei  MiincDhoFT,    dass   dio  Stellung  der  belgischen  0er- 
1  am  (•ebirgt!  nicht  von  der  art  sei,  dass  mau  sie  fiir  einen  äberrest  der  filteren 
keruct-  liiilteii  nud  »utiehmeD  müste,  dnss  der  straoi  der  einwaDderung  an  ibaen 
P*^b«JIBeg»ngeii  sei. 


328  JAEKXL 

man  sich  von  der  späten  Verbreitung  des  OermanennamenB  überzeuge 
(s.  206). 

Fast  jeder  dieser  Sätze   fordert   zum   Widerspruch   heraus.     Der 
name  Kimbern  kann,  wie  Müllenhoffs  eigene  ausführungen  (s.  116  %g. 
und  besonders  s.  118  anm.  1)   zeigen,   ebenso  gut  aus  dem  keltischen 
wie  aus  dem  germanischen  erklärt  werden^,   und  genau  dasselbe  gilt 
von  dem  namen  Teutonen  (MüUenhoff,  D.  A.  II,  113  %g.).     Den  einen 
etwa  für  keltisch,   den  andern  für  germanisch  zu  erklären  kann  natür- 
lich niemandem  einfallen.     Beide  sind  entweder  keltisch  oder  germa- 
nisch.    Die  entscheidung  hängt  wesentlich  davon  ab,  ob  der  name  Ger- 
manen keltisch  oder  germanisch  ist  und  ob  dieser  name  als  ethn 
phische  gesamtbenennung  schon  vor  oder  erst  nach  dem  einbrach  d 
Kimbern  und  Teutonen  bei  den  Oalliem  im  gebrauch  war.     Dass  derr 
Massaliote  Pytheas  den  namen  Teutoni  als  ,,gesamtnamen  für  die  nicht 


keltischen  be wohner  der  Nordseeküste  **  verwendet  habe   (vgl.  MüUenb 
D.  A.  I,  476  fgg.,  485;    II,  114)    und  Teutoni  nur  als  eine  altgalliseh 
benennung  der  inguaeisehen  Nordseevölker  zu  betrachten  sei  mit 
lieber  entwicklung  der  Wortbedeutung  wie  xä  td-ptj  im  neuen  testamei^&t 
(MüllenhofT,  D.  A.  U,  115),   wird  nur   derjenige  glauben   können,    d^^-r 
mit   MüUenhoflF  (D.  A.  I,  479)   in   Plinius,  N.  H.  XXXVII,  §35   da^s 
handschriftliche  Outonibiis  bez.  Omonibus  in  Teutonihua  ändert,   eii».^ 
änderung,  die  ich  mit  Waitz  (Verfassungsgesch.  P,  s.  3  anm.^)  und  and^^»- 
ren  für  durchaus  ungerechtfertigt  halte.     Wenn  solche  änderungen  fiÄ-r 
stathaft  gelten,    gehen   wir  der  festen,   quellenmässigen  grundlage  fi^r 
unsere  forschung  verlustig.     Aus  unseren  quellen  ergibt  sich  nicht  mel 
und  nicht  weniger  als  dass  der  name  Teutoni  ebenso  wie  Cimbri  benei 
nung  eines  germanischen  Stammes  war.    Wenn  man  aber  einmal  anneB- 1** 
men  weite,   die  MüUenhoSsche  ansieht  von  den  namen  Oermani,  Te«i--t- 
toni  und   Cimbri  sei  richtig,   so  würde  man  sich  vorzustellen  bab^  «><< 
dass  die  Gallier  den  ersten  einbrechenden  Germanenhaufen  ganz  neu 
mit  einem  gallischen  namen  —  benant,  den  zweiten  dagegen  mit  d< 
alten   gallischen   gesamtnamen   für    die   nichtkeltischen    Nordseevölk: 
benant  hätten,  gleich  darauf  aber  auf  den  gedanken  gekommen 
zur  gesamtbezeichnung  der  germanischen  nation   den  gallischen  Dam* 
einer  kleinen  gallischen  völkergnippe  zu  benutzen,  und  dass  aiob 
neue  gesamtbezeichnung  augenblicklich  nicht  nur  über  die  Keltonw^^l'^ 
sondern  sogar  bis  zu  den  Römern  und  Griechen  verbreitet  haba 
scheint  dies  alles  so  schwer  denkbar  und  unnatürlich  verwickelt, 

1)  Vgl.  hierzu  auch  die  bemerkuDg  Tomasoheks  in  OGA«  1888,  ■.  901. 


ich  diesen  ganzen  gedankenbau  als  verfehlt  betrachten  muss.  Er  ent- 
liUlt  aber  ubgeselien  davon,  dass  er  von  der  wükürlichou  Änderung  des 
bandHcUrifUichen  Giilonibits  in  Teudmibus  ausgebt,  noch  t^inen  fehler. 
So  lichtig  es  nämlich  ist,  als  bauptursache  für  die  entstsbung  dos 
j^L^aintnamens  Germanen  das  bednrfnis  der  Unterscheidung  dieser  nation 
von  der  keltiechen  hinzustellen,  so  falsch  ist  die  moinung,  dieses  bedürf- 
nis  habe  sich  eret  seit  dem  einbriiehe  der  Kimbern  und  Teutonen  ein- 
festelt  Nur  für  die  Römer  trift  diese  datiening  zu,  insofern  diese 
pi-st  seit  jenem  einbnicb  Germanen  kennen  lernten,  folglich  vor  dieser 
t^it  das  bedürfnis,  sie  ron  den  Kelten  zu  unterscheiden,  gar  nicht 
kecken  konten.  Aber  ihr  Öermani  ist  ja  nur  eine  volksetymologische 
latjüisierung  des  kelt  Gannani,  sie  haben  also  die  gesomtbonennung 
jener  uatton  von  den  Galliern  entlehnt,  mitbin  haben  wir  nur  zu  fra- 
pon,  seit  wann  die  Kelten  mit  den  Germanen  in  berührung  gekom- 
ii"»en  sind  und  das  bedürfnis  empfunden  haben  müssen,  ilire  ostnacb- 
l>ani  mit  einem  nnterscheidenden  nameu  zu  bezeichnen.  Für  diese 
ft"«?«»  aber  ist  der  einbruch  der  Kimbern  und  Teutonen  ohne  alle 
Bedeutung.  Denn  der  erste  zusanimenstoss  zwischen  Kelten  und  Ger- 
manen war  ja,  wie  Müllenhofi'  selbst  gezeigt  hat,  schon  Jahrhunderte 
frfiher  und  zwar,  wenn  nicht  noch  weiter  östlich,  zwischen  Elbe  und 
"t-sor  erfolgt,  als  die  Volcae  den  nordöstlichsten  stamm  der  Kelten 
•bildeten.  Wenn  die  Oerraanon  gleich  damals  bei  der  ersten  berüb- 
"■«ng  der  beiden  nationen,  wie  der  name  Wnkhen  beweist,  das 
"ediärftiis  einer  gesunitbenonnung  für  die  starafrcnide  nachbamation 
'ählten,  wenn  sich  femer  bei  den  Romern  sofort  nach  ihrem  ersten 
*  "sammenstüss  mit  germanischen  stammen  das  bedürfnis  einer 
B'OsHmtbenennung  der  gerraaniscben  nation  einstehe,  so  wird  niemand 
ernste  ^''^nben,  dass  die  Kelten  bei  ihrer  ersten  berührung  mit  den 
^rnianen  dieses  bedürfnis  nicht  empfunden,  sondern  mit  der  umfas- 
Qden  benenuung  der  stamfremden  nachbamation  noch  ein  paar  jahr- 
ttderte  gewartet  hätten.  Das  widerspräche  der  Vernunft  der  dinge 
t  wäre  ohne  jede  nualogie.  Müllenhoös  aufstellungen  verlangen  aber 
der  tat  diese  fulgeruug.  Denn  nach  ihm  sollen  erst  die  Beigen 
r  den  Rhein  gerückt  sein,  sodann  ein  teil  von  ihnen  auf  dem  lin- 
Rheinufer  den  beinamen  Gemianen  erhalten  haben,  hierauf  die 
Sehen  vom  herkyuischen  Waldgebirge  (Harz,  Thüringer  wald  usw.) 
I  Rheine  vorgedrungen  und  jezt  erst  ^  zur  zeit  der  Kimbern- 
I  Teutonenkrioge  —  der  name  Germanen,  ein  keltischer  name  einer 
l  Völkergruppe,  auf  sie  übertragen  worden  sein'.  Wer  an  der 
D  Tomfuuliek  UGA,  18S.S  h.  3U2  Jiimt,  Mülleubuß'  vertrete  im  liiubliuh 


330  JAKKEL 

Müllenhoffschen  ansieht  festhalten,  jene  folgerang  aber  vermeiden  wolte, 
müste  annehmen,  dass  die  Kelten  vor  den  Kimbern-  und  Teuton^- 
kriegen  einen  anderen  ethnographischen  gesamtnamen  für  ihre  stam- 
fremden  östlichen  nachbarn  gehabt  hätten.  Aber  da  von  einem  solchen 
nichts  verlautet  und  sich  gar  kein  grund  für  den  Wechsel  in  der  benoD- 
nung  angeben  Hesse,  so  wäre  diese  annähme  hinfallig.  Somit  ist  der 
schluss  nicht  zu  umgehen,  dass  die  Kelten,  sobald  sie  überhaupt  die 
germanische  nation  mit  einer  gesamtbenennung  zu  bezeichnen  uifien- 
gen,  als  solche  von  anfang  an  den  namen  Germanen  verwanten,  dasß 
also  diese  gesamtbenennung  entstand,  als  Oallier  und  Germanen  zwi- 
schen Elbe  und  Weser  oder  noch  weiter  östlich  zum  ersten  male  auf- 
einander stiessen.  Man  hat  nun  von  jeher  richtig  erkant,  dass  jene 
fünf  Maasvölker,  welche  einst  den  gruppennamen  Germanen  fahrten 
und  zu  Caesars  zeit  neben  den  istvaeischen  Ubiern  auf  dej:  scheide 
zwischen  Germanen  und  Galliero  sassen,  bei  der  entstehung  des  gesamt- 
namens  Germanen  die  entscheidende  rolle  gespielt,  also  schon  zur  zeit 
der  entstehung  dieses  gesamtnamens  an  der  keltisch -germanischen  grenze 
gesessen  haben  müssen.  Daraus  aber  folgt  mit  notwendigkeit,  dass  sie 
keine  Beigen  und  überhaupt  keine  Kelten  waren,  denn  die  Germanen 
grenzten  damals,  wie  der  name  Walchen  beweist,  nicht  an  die  Bei- 
gen, sondern  an  die  gallischen  Volcae.  Jene  fünf  Völker  können  also 
überhaupt  nur  von  der  germanischen  seite  her  die  anwohner  i& 
keltisch  -  germanischen  grenze  gewesen  sein,  d.  h.,  sie  waren  Ger- 
manen. 

Für  die  ansieht,  dass  die  in  Belgien  zu  Caesars  zeit  sitzenden 
Germani  Cisrhenani  keltischer  herkunft  gewesen  seien,  lässt  sich  also 
kein  durchsclilagender  grund  beibringen.  Sie  steht  überdies  mit  den 
nachrichten  der  alten  im  widersprach,  vermag  die  zustände,  welche 
bei  den  fünf  Völkerschaften  herschten,  nicht  zu  erklären  und  führt  xu 
unhaltbaren  folgerangen.  Wir  haben  daher  an  dem  bestimten  und  kla- 
ren Zeugnisse  Caesars,  der  mit  diesen  Völkerschaften  widerholt  verhan- 
delt, gefochten,  sie  in  ihrem  eigenen  lande  aufgesucht  hat  und  sich 
wahrhaftig  aaf  den  unterschied  zwischen  Germanen  und  Kelten  ver- 
stand,   durchaus   festzuhalten.     Waitz   sagt   (a.  a.  o.  s.  26)    mit   vollem 

auf  den  ui*spruDg  der  kolIektivbczeichDung  Germanen  die  römische  überliefenmg, 
wonach  damit  zuerst  verschiedene  belgische  stamme  an  der  Ardaenna  bezeichnet 
worden  seien,  so  ist  dies  insofern  nicht  richtig,  als  nach  der  römischen  überliefenmg 
nicht  belgische  stilmnie  zuerst  mit  diesem  namen  bezeichnet  wurden,  sondern  die 
zuerst  in  Belgien  einrückenden  germanischen  Völkerschaften  diesen  namen  als  grap- 
peunamen  trugen. 


recht,   äans   kein   griiiid   ist,   den  fünf  villkorn  den  duiitei'hen  Ursprung 
abzustroiten '. 

Uro  die  hartnäckigkeir,  mit  der  sich  Millleniioff  abmiilito,  aus  den 
aogefUlirten  steilen  Caesars  etwas  anderes  herauszulesen,  als  was  ihr 
blHrer  Wortlaut  fUr  den  unbefangenen  aussagt,  zu  hegrelfen,  niuss  man 
Jie  Überzeugung,  von  der  dieser  gelehrte  bei  seiner  nntersudiung  des 
Qormauennnmens  beherscht  wurde,  ins  äuge  fassen.  Da  er  nümlicti 
die  ansieht,  dass  die  Reimer  den  uamen  von  den  Oalüern  überkommen, 
sicJ)  also  erst  ihr  (icnnßni  aus  einer  galUscheu  naniensform  zurecht 
?eniBcht  haben,  durch  die  von  Beda  überlieferte  keltische  form  Oar- 
tftani  bestätigt  fand,  kam  er,  wie  so  viele  andere  lorscher,  zu  der  iiber- 
^öugung,  dsss  diese  keltische  form  Qarmani  die  originalfomi  des  namens, 
dieser  also  keltischen  Ursprungs  sein  müsse,  Der  echtkeltisehe  Cha- 
rakter dieser  nainensform  machte  es  für  MüUenhoflf  von  vornherein  zur 
gGwissheit,  dass  der  name  keltischer  berkunft  sei,  gerade  so  wie  einst 
f^trabo  durch  das  echtröraische  aussehen  der  namensform  Gentiäni 
bewogen  worden  war,  den  römischen  Ursprung  des  namens  ku  behaup- 
ten. Der  tirieche  versäumte  es,  die  berechtiguug  seiner  deutung  nach- 
zuweisen, und  übersah,  doss  dati  Int.  appellat.  germäni  vermöge  seiner 
otHteutiing  zm-  neubezeichnung  eines  volkes  ungeeignet  ist.  Müllenhoff 
•^Pliante  (D.  Ä.  U,  2.3tl  anm.  l),  dass  es  bei  jeder  deutuog  eines  volks- 
'^Hmona  zuerst  darauf  ankörnt,  eine  berechtigung  für  sie  zu  schaffen. 
"«  ihm  nun  aber  das  Keltentum  des  namens  Germanen  von  vornherein 
'^Btstaud,  80  muste  er  jene  fünf  MaasvöJker  als  keltisch  erweisen.  Denn 
'Witt©  er  das  Germanentum  dieser  fünf  Völker  zugegeben,  so  hätte  er, 
die  germanischen  völkergruppen  besondere  gruppennamen  führten, 
*<Jh  die  trage  stellen  müssen,  welchen  namen  denn  diese  gruppe  gehabt 
Er  hätte  also  die  zulässigkeit,  ja  notwendigkeit  anerkennen  müs- 
binter  Uarntaiii  zunächst  den  deutschen  gruppennamen  die- 
fiinf  Völker  zu  suchen,  der  sich  mit  namen  wie  Inguaeones,  Ist- 
»nes  auf  eine  linie  stellen  würde.  Dieser  f'olgerung  wolte  er  aus 
,  wege  gehen.  Daher  Idieb  ihm  nichts  übrig  als  die  angaben  Cae- 
I  absonderlich  zu  interpretieren,  um  üulezt  behaupten  zu  können, 
I  fünf  Maasvölker  seieu  weder  Germauen  gewesen  noch  von  sich 
>ib8t  oder  von  den  Galliern  oder  von  Caesar  dafür  angesehen  worden! 
"ii  haben  gezeigt,  dass  dieser  versuch,  für  die  deutung  des  namens 
*ormanen    aus    dem   keltischen    eine    quellenmässige   berechtigung  zu 

I)  Diester  ansieht   ist  offenbar  auch   MommBon,   da  er   (Ilormps  XIX,  1884, 

li)  die  Tuiigerii    oebeii   [IhlerD,  Vanglonon,    Npmntnni,    Nerviern,   Siigamberu. 

.,  Trovcreru  lu  deo  germoiiischoD  oder  haltt^erinsuiBcheu  vöUera  i«chnet. 


332  JABKKL 

schaffen,  an  dem  klaren,  einfachen  worüaut  unserer  Zeugnisse  schä- 
tert  Und  es  wird  ein  derartiger  versuch  immer  scheitern,  wofern 
man  unsere  quellenangaben  nicht  nach  vorgefassten  meinungen,  son- 
dern unbefangen  aus  sich  selbst  erklären  wird. 

In  methodischer  hinsieht  ist  es,  wie  kaum  gesagt  zu  werd^ 
braucht,  falsch,  daraus,  dass  sich  die  Römer  ihr  Oermäni  aus  Gor- 
ma7ii  zurecht  machten,  zu  schliessen,  Oarmani  müsse  die  original- 
form des  namens  gewesen  sein.  Müllenhoff  hätte  daraus  nur  schliessen 
sollen,  dass  kelt  Oarmani  die  originalform  des  namens  gewesen  sein 
könne.  Denn  es  gibt  noch  eine  andere  möglichkeit  Eelt  Ourmani 
köute  nämlich  auch  die  keltisierung  einer  germanischen  originalform 
sein,  sich  zu  dieser  ebenso  verhalten  wie  lat.  Oermäni  zu  kelt  Gar- 
mani.  Hätte  Müllenhoff  diese  möglichkeit  erkant  und  durchdacht,  so 
wäre  seine  Untersuchung  des  Germanennamens  zu  einem  gane  anderen 
resultate  gelangt.  Wir  werden  dieser  möglichkeit  weiter  unten  zu 
ihrem  rechte  verhelfen. 

Was  man  ausser  den  besprochenen  angaben  an  litterarischen 
nachrichten  aus  dem  altertum  zur  aufhellung  des  Ursprungs  des  namens 
Germanen  beigebracht  hat,  ist  bedeutungslos.  Inbetreff  der  angeblichen 
Oermäni^  welche  die  von  Augustus  aufgestelten  triumphalfasten  beim 
jähre  222  nennen,  genügt  es,  auf  die  bemerkungen  von  Waitz  (a.  a  o. 
s.  26)  und  Müllenhoff  (D.  A.  II,  s.  194  fg.)  zu  verweisen.  Über  die 
iberischen  Oretani  qui  et  Oet'mani  cognominaniur  des  Plinius  III, 
§25,  in  deren  gebiet  die  von  Ptolemaeus  II,  6,  59  aufgeführte  Stadt 
^'Qqtjtov  Fegfiaviov  (beim  heutigen  Granatula  am  Jabalon,  einem  linken 
nebenfluss  der  Quadiana)  lag,  handelt  Müllenhoff,  D.  A.  II,  s.  193  %. 
Er  vermutet,  dass,  „wenn  nicht  ehedem  die  Oretaner  überhaupt,  doch 
die  in  imd  um  Oretum  wohnenden  von  ihren  keltischen  nachbam  so 
benant  wurden".  Dies  ist  freilich  sehr  unwahrscheinlich,  da  die  Rö- 
mer, wie  die  bozeichnungen  anderer  iberischer  Völker,  z.  b.  Meniesani 
qui  et  Oreta^ii,  Mentesani  qtii  et  Bcusttili  cognominaniur  (Plin.  IH 
§25),  Calagurritani  qui  Nasici^  Calagurritani  qui  Fibularenses  cogno- 
minantur  (§  24),  lehren,  die  beinamen  spanischer  Volksgemeinden  dem 
voiksmunde  entlehnten,  der  eben  in  der  gegend  und  an  dem  orte  von 
einem  volke  dieses  namens  sprach.  Bei  jenem  namen  der  Oretaner 
dürfte  man  also  in  erster  linio  an  einen  iberischen  volksnaroen  zn 
denken  und  seinen  gieichklang  mit  dem  ethnographischen  gesamtnameo 
der  Deutschen  dem  spiel  des  zufals  zuzuschreiben  haben,  vorausgesezt 
dass  jener  iberische  nanio  mit  dem  deutschen,  der  in  keltischer  form 
Oarmani  lautete,  wirklich  genau  übereinstimte.     Dass  übrigens  die  von 


UkerC  (OermanioD  s.  Tä)  nusgesprocheue  veriuutiitig,  daas  in  Üretnm 
ainoial  eine  gemiantsclm  trupponabteilung  gelogen  habt-,  eine  Vermu- 
tung, der  itrandes  (Kelten  und  Germanen  a.  172),  Waitz  (a.  a.  o.  s.  30 
unni.  1)  und  andere  ziigestimt  Laben,  „ganz  ins  blaue  eebiestje",  wie 
klüllenhuff  (s.  194  aum,)  beliauptet,  dürfte  sieli  schwer  beweisen  lassen. 
l^Clr  die  frage  nacli  der  licikunft  des  etlintigrapbischen  gesamtnainens  ' 
tJermanun  scbeiiien  mir  aber  die  seit  Plinius  genanten  iberisi;lien  Ore- 
let-rii,  qui  et  Qerma>ii  copiominaniur,  gar  keine  oder  wenigstens  keine 
g7-£jssere  bcdeutung  zu  Ilaben,  als  etwa  die  italiechen  Mai-si  für  die 
fra^f  nach  der  entstehung  des  istvaeischen  gruppeunamens  Marsi.  Ich 
het-lte  es  daher  nicht  für  gerechtfertigt,  weon  0.  Bremer  {LittemturbJ. 
germ.  und  roman.  phil.  9,  437)  meint,  dssa  gerade  der  gebrauch  des- 
s^ll)en  namens,  hier  für  ein  keltisch- iberisches  grenzvolk,  dort  für  die 
l>^1gi^hen,  grcnzvülker  darauf  hinweise,  das»  die  deutung  dos  namens 
ikis  „nachbarn"  die  richtige  sei.  Dass  diese  deutung  wirklich  fatscli 
ist,  wird  sich  aus  dem  folgenden  ergeben. 

Von  entscheidender  Wichtigkeit  für  die  Untersuchung  des  namens 
|Oerinane.n  sind  die  vou  MüUenhoff  übersehenen  autschriften  einiger  gal- 
I  uschen  münzen.  Es  haben  sich  nämlich  mehrere,  durchaus  römisches 
IftUgiiehen  zeigende  münzen  von  einem  Trevererfürsteu  Germanns  Indu- 
%f*äi  ffiU^M)  gefunden'.  Ferner  steht  auf  den  münzen  jenes  Comviios, 
■den  Caesar  bei  den  Atrebalen  als  könig  einsezte  (bell.  Oail.  IV,  21): 
f^^mmtos  Garmano\  wozu  stimt,  dass  sich  von  einem  seiner  oachfol- 
W,  dessen  name  auf  einigen  münzen  ÄNDOB,  auf  anderen  ANDOBRV 
*Htet.  eine  münzsorte  erhalten  hat,  lüo  auf  der  Vorderseite  nur  den 
Paoien  ANDOB,  also  eine  stark  abgekürzte  form  zeigt,  wahrend  auf 
■em  revers  ein  pferd  dargestelt  ist,  zwischen  dessen  Vorderbeinen  das 
•"■ort  Oanna  steht^,  sodass  wir  es  hier  offenbar  mit  einer  stehenden 
**«ixennung  der  AtrebatenkÖnige  nu  tun  haben.  Die  französischen  und 
'**dgischeo  numismatiker  haben  dieses  GarmajGarniano  zu  Onnnanos 
vervolständigt,  und  dass  sie  damit  recht  haben,  beweist  das  treverische 
^«rmanus,  das  nur  die  iatinisierung  eines  keltischen  namens  auf  -os 
^in  kann. 


1}  Vgl.  E.Hacher,  L'art  gaulois  1  (imi)  8.41  uod  Uf.5U  ur.2;  ferner Suhnee- 
'**'utD  iu  den  Jahr))!!,  il.  ver.  voq  altertumsrieiuiden  im  Rlieinlaude  21,  a,  71  fgg.  uud 
■^o  hier  angeführte  numismatiBohe  litteratnr. 

')  Statt  Commios  begegnet  auf  oioigeD  exemploren  Comioa,    statt  Oarmano 
t   Oarmano.     Auf  gatlischeD    münzen   steht   bekantiich  Öftei«  C  f^r  G,    sei- 


I.  3t   uiiil  Uf.  C2  1 


,  11  (1874)  9.  100— lOS 


334  JAKKSL 

Es  war  ganz  natürlich,  dass  man  das  vorkommen  des  namais 
Oa7inanos/Oerma?itis  in  den  königsfamilien  der  gallischen  Treverer 
und  der  belgischen  Atrebaten,  also  zweier  Völkerschaften,  die  nahe  der 
germanischen  grenze  und  in  der  nachbarschaft  jener  fünf  Maasvölker 
Sassen,  mit  der  gut  verbürgten  nachricht,  dass  sich  die  Treverer  ebenso 
wie  die  belgischen  Völkerschaften  germanischer  herkunft  rühmten, 
in  Verbindung  brachte.  Denn  da  der  ethnographische  gesamtname  der 
Germanen  in  keltischer  form  Qarmani  lautete,  so  ist  der  gedanke 
unabweisbar,  dass  zwischen  jenem  gallischen  namen  bez.  beinamen  und 
dem  Germanennamen  irgend  eine  beziehung  obwalten  muss.  Nur  bitte 
man  nicht  bei  jenem  Oarmanos/ Oermahius  an  eine  ethnische  bezeich- 
nung  denken  sollen!  Denn  fals  sich,  wie  wir  auf  grund  der  angaben 
Caesars  annehmen  können,  Commius  und  sein  volk  für  abkömlinge  der 
Germanen  hielten,  so  würde  es  doch  gar  keinen  sinn  gehabt  haben, 
wenn  sich  dieser  fürst  seinen  Untertanen  gegenüber  durch  einen  beson- 
deren beinamen  als  Germanen  bezeichnet  hätte.  Wenn  man  aber  auf 
jene  angäbe  Caesars  keinen  wert  legen  und  glauben  wolte,  die  Atre- 
baten hätten  sich  für  Kelten  gehalten,  so  würde  man  erst  recht  nicht 
begreifen  können,  wie  Commios  zu  einem  derartigen  ethnischen  bei- 
namen gekommen  sein  solte.  Einige  forscher  haben  jenes  Garmams 
für  einen  auf  eine  besondere  abstammung  hinweisenden  famiiienbei- 
namen  der  Atrebatenkönige  erklärt.  Aber  dann  wäre  es  darcbaos 
unverständlich,  wie  derselbe  name  als  personenname  in  der  königs- 
familie  der  Treverer  zur  Verwendung  kommen  konte.  Es  bleibt  nichts 
übrig  als  in  jenem  Oarmaiios  einen  appellativischen  beinamen  oder 
titel  der  Atrebatenkönige  zu  sehen,  also  anzunehmen,  dass  sich  aas 
einem  keltischen  appellativum  "^garmanos  ein  stehender  beiname  oder 
titel,  aus  diesem  ein  personenname  entwickelt  habe.  Daher  ist  es  viel- 
leicht richtig,  wenn  der  belgische  numismatiker  Hermand  in  Oarmanos 
einen  ehrentitel  sieht,  den  Commius  geführt,  ganz  unsicher  aber,  wenn 
er  meint,  dass  sich  Commius  selbst  diesen  titel  verliehen  habe,  und 
falsch,  wenn  er  dazu  bemerkt:  „comme  les  Teutons  se  T^taient  attri- 
bu6  par  Tappellation  de  Germains  "^ 

Für  unsere  Untersuchung  ergibt  sich  aus  den  atrebatischen  mün- 
zen zunächst  die  wichtige  tatsache,  dass  die  spräche  der  Gallier  ein 
appellativum  besass,  das  mit  der  keltischen  form  des  Germanennamens 
laut  für  laut  übereinstimte,  sich  also  zu  dieser  genau  so  verhielt,  wie 

1)  lobetiefP  der  angeführten  vci'suche,  den  beinamen  Oarmanos  zu  erilireiL 
vgl.  E.  Hucher  II,  s.  101  fg.  Huchers  meinung,  kolt.  Oarmanos,  lat  Oermamu 
könne  der  deutsche  personenname  Hermann  sein,  ist  natürlich  unhaltbar. 


lateinischen  gennäni  zu  Geimani!  Wir  bomei-kteii  schon  oben, 
J  die  ecbtkeltieche  namnisfonn  Garmanif  welche  zu  den  keltischen 
DUcsirainen  C'cnomani,  Sepfimani  usw.  stimt,  die  üborwiogeBde  raehr- 
Jll  der  neueren  forscher  zu  der  ansieht  gebracht  hat,  der  naiue  müsse 
eltiBcbeu  Ursprungs  sein,  dass  es  aber  den  Vertretern  dieser  ansieht 
acht  geUin^n  ist,  eine  queileomässige  berechtigung  filr  die  deiitung 
»  nsnienti  aus  dem  keltischen  zu  schaffen,  dass  uns  viehnehr  unsero 
I  l|o«lien  nur  zur  deutimg  des  namens  aus  dem  germanischen  berecli- 
tig«n'.  Jene  forscher  haben  sich  nun  auch  widerholt  nachzuweisen 
bemüht,  dass  das  kelt.  appellat.  *garmanos  vermöge  seiner  bedentung 
xor  neubezeichnung  einer  nation  geeignet  gewesen  sei.  Indes  haben 
aiieli  diese  beraühungen  kein  algemein  befriedigendes  resultat  erzielt; 
und  man  schwankt  noch  heute  swisclien  ganz  verschiedenen  erklä- 
rungrn.  Die  wenigsten  anhiiuger  fand  die  in  sprachlicher  hinsieht 
"öhaltbare  deutung,  die  Pott,  Etymologiache  foraehungen  II*,  873  auf- 
nestelt hat,  wonach  der  name  Germanen  ,,0Btleute''  bedeute.  Die  jüng- 
sten alt*irttimsfürscher,  auch  MültenhofF,  haben  sich  bei  der  algemoineo 
öhorzeugnng,  dass  der  name  keltisch  söi,  beruhigt,  da  sie  nicht  wis- 
•len,  ob  sie  der  von  Zeuss  oder  der  von  Leo  und  von  Urimm  gegebe- 
nen dentung  zustimmen  sollen.  Wie  es  mit  diesen  beiden  deutungen 
«teht,  ersiebt  man  am  besten  aus  Müllenhoff,  D.  Ä.  II,  203  aiim..  wo 
^  heisst:  nGegen  die  zuerst  von  H.  Leo,  Haupts  ztschr.  (1845)  5,  514, 
dann  auch  von  J.  Orirara,  GDS.  787  gegebene  erklärung  jioijv  dyai^ös 
prhebt  Zeuss  bedenken  und  stell  ihr  die  andre  „vicinj"  entgegen,  Gr.*  773. 
821.  825;  vgl.  Glück  s.  59.  Die  bedenken  sncht  Mahn  (Über  den 
Hamen  Germanen  1864  s,  18)  zu  beseitigen,  hat  aber  andre  nnd  weicht 
m  der  erkläiiing  ohno  not  von  Zeuss  ab,  in  einer  weise,  dass  die 
historische  grammatik  dagt^en  Verwahrung  einlegen  muss,  Ebel  liSlt 
in  den  Beiträgen  zur  vergleichenden  Sprachforschung  (1863)  3,  230 
Leos  und  Grimms  erklHnmg  für  annehmbarer  und  Zeuss  bedenken  für 
ingerechtfertigt ".  Ein  durchschlagendes  resultat  haben  somit  die  deu- 
lungsrersuche,  die  auf  das  keltische  zurückgreifen,  nicht  ergeben,  und 
Baumstark  (a.  a.  o,  s.  105)  bemerkt  mit  recht,  dass  die  möglichkeit  sehr 


I]  ßi  ist  geradezu  dmv,  wcon  Wnitz  (n.  a.  o.  s.  29)  für  den  galliachen  ui-si>riing 

'*  QtirtnaDenflaineiiD  den  umstand  ^Itend  macht,  ^dasH  die  Gallier  EueraC  das  bmliirr- 

•  «npflndwi  musfon,    die   nsclibam   mit  aiaam   antersclipideuden   namen   nu   l^neii- 

Dtases  bedürfnis  warde  ja  durch  eine  gosonitbeDeiiniing  deutscher   lierkunft 

B  bifriedigt  wie  durch  eine  solche  keltischer  horkuoft!    Befriadigten  denn  nicht 

«  Cermcmiin  das  (■«düj'fnis,    dio  koltischsD  nachbam  mit  einem  unlcrecheidea- 

]  EQ  boaennen,  durch  eiae  beneaaung  gailischer  herkunft? 


336  JAIKKL 

verschiedener  ableitiingen  und  erklärungen  aus  dem  keltischen  kein  __^ 
beweis  besonderer  Sicherheit  sei^  Müllenhoff  hatte  nach  dem  ansfiEdL^^ 
dieser  deutungs versuche  eigentlich  recht  wenig  grund,  jeden  versus 
den  namen  aus  dem  germanischen  zu  deuten,  als  lächerlich  und  voi 
vornherein  unberechtigt  hinzustellen  (a.  a.  o.  s.  206).  Es  leuchtet  übri- 
gens ein,  dass  man  bei  dem  versuche,  kelt  ^garmanos  etymologisch  zl 3 

erklären,  durch  berücksichtigung  des  atrebatischen  Oarmanos  zu,  grosse-  _ 
rer  Sicherheit  gelangt  wäre.  Denn  wenn  bei  den  Atrebaten ,  wie  wk^  j 
sahen,  Garmanos  zur  bezeichnung  eines  ihrem  könige  zustehende 
amtes  oder  einer  hervortretenden  rühmlichen  eigenschaft  ihres 
gedient  hat,  so  kann  das  wort  natürlich  nicht  „  ostmann  ^  oder  „nacl 
bar^  bedeutet  haben;  und  es  bleibt  dann  von  jenen  deutungen  (L:xe 
Leo- Grimmsche,  welche  auf  corn.  arm.  garm,  ir.  gairm  „clamor**  zmj- 
rückgeht  und  ßofjv  dyad-ög  als  sinn  des  wertes  feststelt,  als  die  sack- 
lieh  allein  mögliche  übrig.  Und  wenn  nun  bei  Homer  gerade  (Ler 
heerführer  die  bezeichnung  ßofjv  äyad^dg  erhält,  so  tut  man  mein, 
erachtens  am  besten,  das  gleichbedeutende  kelt  Oarmanos,  die  stehea 
bezeichnung  der  Atrebatenkönige,  auf  den  feldhermberuf  dieser  fürst^jn 
zu  beziehen.  Dann  ist  aber  klar,  dase  sich  das  kelt  appellativLHU 
*  garmanos  zur  neubezcichnung  einer  nation  nicht  geeignet  haben  kann- 
Denn  es  wird  niemand  im  ernste  glauben,  dass  die  Gallier  dasseH>^ 
wort,  das  eine  königliche  befugnis,  das  feldherrnamt,  bezeichnete,  sstir 
unterscheidenden  benennung  der  stamfremden  nation,  die  östlich  von 
ihnen  sass,  gewählt  haben  solten.  Und  dies  wird  man  auch  dann  nic^b^ 
annehmen  dürfen,  wenn  etwa  *  garmanos  einmal  noch  anders  gedeia*et 
werden  solte.  Denn  immer  bleibt  die  tatsache  bestehen,  dass  dieses 
wort  ein  königliches  amt  oder  eine  königliche  eigenschaft  bezeichne^^  - 

Der  gallische  Ursprung  des  Germanennamens  ist  also  wegen 
Sinnes,  der  dem  kelt  *  garmanos  zukomt,  ebenso  unmöglich  wie 
von  Strabo  behauptete  römische  ui-sprung  des  namens  w^en  der  bed^**' 
tung  des  lat  germänus.  Deswegen  und  weil  unsere  quellenangat>^^ 
nichts  enthalten,  was  für  den  römischen  oder  den  keltischen  UTspmoS 
des  namens  spräche,  ist  jeder  versuch,  den  namen  aus  dem  römiscb^^ 
oder  keltischen  zu  deuten,  als  unberechtigt  zu  bezeichnen;  dageg^^ 
festzuhalten,  dass  die  beiden  formen,  in  denen  der  name  überliefert  i^^ 
Qerynäni  und  Garmaniy  ungermanisch  sind. 


1)  Nach  Waitz  (s.  30)  „kann  die  deutung  zweifelhaft  sein*^.    Alte 
selten  durclisichtig;   nur  sehr  wenige  der  deutschen  namen  könten  wir  mit 
Sicherheit   erklären.      Man   dürfe   zufrieden   sein,    die   herkunft    im 
wissen ! 


i 


^.  "Wenn  nun  aber  der  namo  Germanen  weder  römischer  noch  kel- 
■■tischer  herkiinft  sein  kaiin,  so  muss  er  germanischen  Ursprungs  sein. 
Dass  die  deutung  des  namens  aus  dem  germanischen,  und  nur  sie, 
nach  dem  klaren  Wortlaut  unserer  quellen  eine  berechtigte  ist,  haben 
■wir  oben  ausführlich  erörtert.  Aus  den  dort  besprochenen  Zeugnissen, 
Iaqs  der  analogie,  welche  die  entstehung  des  gesamtnamens  "Walchen 
'darbietet,  und  aus  einer  reihe  sachlicher  erwägungen  ergab  sich,  dass 
die  ethnographische  gesamtbenennung  Germanen  1)  beim  ersten  zusam- 
menstosB  zwischen  Kelten  und  Germanen,  also  gleichzeitig  mit  dem 
gesamtnamen  Walchen;  2)  aus  einem  westgennanischen  gruppennamen, 
und  zwar  3)  in  derselben  weise,  wie  der  namo  Walchen,  d.  h.  dadurch 
entstanden  ist,  dass  die  Kelten  den  namen  derjenigen  gormanischen 
abteiluug,  die  ihnen  zufi'iihst  benachbart  war  und  sich  zuerst  mit 
ihnen  nachhaltig  berührte,  auf  die  ganze  uation  bezogen,  und  dass 
4)  dieser  namo  von  don  Kelten  den  Römern  überliefert  wurde.  Unsere 
Untersuchung  wird  also  zunächst  die  germanische  gestalt  des  namens, 
sodann,  da  der  name  urspiüaglich  ein  westgermanischer  gruppeuname 
■war,  das  bihlungsgesetz  der  ältesten  westgermanischen  gruppennamen 
festzustellen  und  von  diesem  gesetze  ausgelieud  den  etymologischen  sinn 
des  namens  Germanen  zu  ermitteln  haben. 

Die  bisherigen  versuche,  diesen  namen  aus  dem  Oennani&chen  zu 
deutschon,   kunten  kein  befriedigendes  resultat  erzielen,  weil  man  sich 
sofort,    ohne  erst  sorgsam  zu  prüfen ,   welcher  art   denn    dieser   name 
eigentlich  sein,   wie  seine  originalform    gelautet    haben  müsse   und  in 
I  welcher  richtung  die  bedeutung  zu  suchen  wäre,   auf  die  philologische 
[  deutung  des  namens  seihst,  und  zwar  seiner  nicJitoriginalen  form  Ger- 
mäni,    warf.     So  erklärte  man   denn   die  Germanen   nach  einander  als 
I  speermänner,  wehrmänner,  heormäuner,  kriegsmannen ,  pllüger,  irmins- 
söbne,   voUtsgenossen.     Da  «liose  imglücklichen  doutungsversuche  schon 
oft,    zulezt  von  MüUenhoff  (D.  Ä.  II,  20C  anm.)   widerlegt  worden  sind, 
brsache  ich  hei  ihnen  nicht  zu  verweilen.     Itinen  allen  lag  die  richtige 
erkentnis  zu  gründe,   dass  die  angaben    der  alten  für  den  namen  Ger^ 
maneo  deutschen  Ursprung  behaupten,    dass  uns  also  unsere  quellen 
nur  zu  einer  deutung  des  namens  aus  dem  Germanischen  berechtigen; 
dagegen  verkante  man,    dass  die  überlieferten  namensformen  OennOm 
und   Oarmani  ungermanisch  sind,    also   nicht  ohne  weiteres   aus  dem 
Oermanischen    gedeutet    werden   dürfen.     Seit  huigerer   zeit  sind   die 
Teisache,  den  namen  aus  dem  Germanischen  zu  deuten,  oingestelt  wor- 
den.    Man  hätte  nur,   gestüzt  auf  die  Zeugnisse   der  alten,   an  seiner 
imTSomurr  r.  deutschk  rumiLaaiE,    ud.  rxvi.  22 


^SB  lata. 

deutschen  horkuntt  festhatten  und  sich  sagen  sollen,  dass  ncräätldl- 
tjge  erklärungsmethode  noch  nicht  gefunden  sei. 

Um  die  germanische  originalform  des  GermaneDnameDS  mit  hilfe 
der  keltischen  form  festzustellen,  haben  wir  von  dem  verhältniB,  du 
zwischen  der  keltischen  und  der  lateinischen  gestalt  des  namens  obffkl- 
tet,  auszugehen.  Wir  sahen,  dass  sich  die  Römer  aus  der  keltiscben 
form  Oarmani,  die  für  ihr  Sprachgefühl  nicht  mehr  unmittelbar  fö- 
ständlich  war,  mit  Verlängerung  des  sufGxvokals  (Zeuss,  Gr.  Celt*  8. 825| 
ihr  Ocrmäni  zurecht  machten.  Dieses  Oermäni  ist  nicht  die  IboI- 
gesetzliche  lateinische  entsprechung,  Ständern  die  volksetymologiKbe 
latinisierung  des  kelt  Ganiumi.  Wenn  wir  nun  aus  der  kelt  lorra 
Gannani  die  germ.  gestalt  des  namens  erschliessen  wollen,  au  sind, 
was  das  Verhältnis  der  kelt.  form  Oarviani  zu  der  germ.  originalform 
des  namens  anlangt,  zwei  fälle  denkbar.  Entweder  haben  nämlich  die 
Kelten  die  wahre  bedeutung  jenes  westgerm.  namens  gekant  nnd  ilim 
die  dieser  bedeutung  entsprechende  kelt.  form  gegeben,  oder  sie  habeu 
diese  bedeutung  nicht  gekant  und  den  uamon  ihrem  appellat  plm. 
*gar7nam  angeglichen,  sich  also  den  namen  in  derselben  weise  mund- 
gerecht gemacht,  wie  sich  die  Römer  das  keltische  Oartnani  durch 
angleichung  an  ihr  appellat.  ptiir.  gerrriäni  mundgerecht  machten.  In 
ersten  falle  hätten  wir  in  kelt.  Oarmani  die  lautgesetzliche  kelt 
entsprechung,  im  zweiten  falle  eine  volksetymologische  keltisierung 
der  germ.  originalform  des  namens  zu  sehen.  Im  germanischen  musa 
nun  aber  der  name,  da  er  nur  die  wesÜichste  gruppe  der  deutscbeo 
völfcerechaften  bezeichnete,  selbstverständlich  die  gestalt  der  Slteiteii 
westgermanischen  gruppennamen  gehabt  haben.  Bekantlich  sind  die 
ältesten  gruppen  der  westlichsten  Germanen  wie  die  gruppen  der  ge^ 
manischen  urzeit  überhaupt  verbände  sacraler  natur  gewesen.  Ans  der 
sage  von  dem  erdentsprossenen  gotte  Tuisto  und  seinem  söhne  Manncm, 
die  uns  Tacitus  Germ.  2  überliefert  hat,  wissen  wir  auch,  wie  die 
namen  der  ältesten  westgermanischen  gruppen  gebildet  waren.  Such 
dieser  sage  waren  nfimüch  die  drei  söhne  des  Mannus  die  Eponymider 
Ingiiafone^ ,  Istuaeottes  und  nermi(n)i»if^.  Wenn  also  der  name  Go'- 
manen  ein  westgennanischer  gruppeuname  war,  so  werden  wir  schliess« 
müssen,  dass  seine  germanische  originalform  nach  demselben  princip  wie 
jene  drei  westgermanischen  gmppennamen,  d.  h.  von  dem  nainen  oini« 
göttlichen  Eponymus  gebildet  war  und  das  suffix  -au-  onÜiidt 
Da  aber  dieses  sufhx  in  der  gallischen  form  Oarmani  nicht  vorliegt 
HO  kann  diese  nicht  die  lautgesetzliche  entsprechung,  sondern  nur  die 
volksetymologische  keltisierung  jenes  westgermanischen 


L  gruppeDoamaU 


sßiD.  Seine  germanische  origiuHSfurm  muss  die  Gallier  an  ilir  appella- 
tivTim  'gamiani  erinnert,  mit  diesem  also  dem  klänge  nach  ziemlich 
S^nau  übereingestimt  haben.  Da  sie  sich  aber  von  diesem  keltiseben 
Worte,  wie  wir  eben  sahen,  im  suffix  unterschied,  eo  muss  es  das 
stamwort  gewesen  sein,  worin  der  geraianiscbe  name  und  das  keltische 
appellativuni  Übereinstimten.  Diese  tibereinstimmiing  muss  eine  buch- 
stäbliche gewesen  sein,  Denn  wenn  die  beiden  worto,  die  im  suffix 
«■on  einander  abweichen,  auch  noch  ira  stamwort  eine  wenn  auch  noch 
so  geringe  Verschiedenheit  aufgewiesen  hätten,  so  wäre  ihre  volksety- 
niolügische  Verschmelzung  nicht  möglich  gewesen.  Demnach  ergibt 
sich  als  genn.-got-  entsprechung  für  das  gallische  Gm-mnnd  die  form 
^Oarm-ana  und  für  den  mythischen  ahnherm  der  gruppe  der  name 
istgerm.  *(iarm,  got.  'Garmi,  altn.  Oarmr,  urgerm.  *Oarmas. 

Den  germanischen  namen  *fjarm-ans  gilt  es  nunmehr  mit  hilfe 
■  historischen  gramniatik  zu  deuten  und  damit  die  probe  «u  machen, 
die  ansieht,  dass  der  name  Germanen  deutscher  herkunft  sei  und 
Bpriinglich  nur  die  westlichste  Germanenabteilung  bezeichnet  habe, 
P8<sljtig  ist  Denn  diese  ansieht  wird  für  riclitig  angesehen  werden 
,  wenn  sich  für  *Giwmans  eine  für  einen  wcstgerra.  grnppen- 
■^«■öien  passende  bedeutung  ergibt 

Urgerm.  *Oarmax    entspricht   nun    einem    iiidog.   *ghm-m08,    das 

'^'i-f  die  Wurzel  y)ter  „brennen,  glühen"   zurückgeht  und  in  altind.  (/Äaf- 

*****    „glut,  hitze",   zend,  garenui    „wärme",    „heias",    altpreuss.  gorme 

n  hitze",    ir.  garm  in  raad-gt/nn,    lat.  fonniis  „heiss",   griech.  ^eg^rfg 

s"  vorliegt',   also,   wie  man  sieht,   sowol  substantivisch  als  auch 

jecüviscb  gebraucht  wui-de.     Demnach  bedeutet  *Qarmax  so  viel  wie 

BHPr,  gllit,  hitze"   oder  „der  feurige,   glühende,  heisse".     "Wenn  also 

.  mythisches  oder  göttliches  wesen  diesen  namen  trug,  so  muss  das- 

■|I611)B  eine  beziehung  zum  feuer  gehabt  haben;    mit  anderen  werten: 

tergott,  von  dem  die  fiarmen  stamten,  kann  nur  der  gott  des  feuere 

"der  eine  hypostase  desselben  gewesen  sein.     Dass  in  der  altnordischen 

mythologiü   ein   hund    den    namen    Oarmr   führt,    ist   bedeutsam,    weil 

pferade    die   gottlieit   des   feuers   den  hund    zum    diener   und   begleiter 


1)  Vgl.  Fick  I',  40.  204.  416;    CortiuB,  Grundzügo'  8.493.     Nicht   hierlier 

gehurt  liaa  vou  Cartius  und  von  Fiok  I',  40  noch  bemugoKogene  gemi.  tearm,  weil  vor 

K*»^.  a  ^  indog.  o  der  labial  sich  nicht  hatte  baltou  Itönueu.    Fick  hat  denn  ancli 

■  *lß  wegen  icarra  wider  an  lit.  virli  „koohea",   ksL  tarü  „hitie"  erinnert.     Des- 

^^iohmi  tront  aneh  Bezaenberger,  Beiträge  XTI,  s.  257  wnrm  vun  gharmd  und  atelt 

I  in  armen.  Fofem  „anzünden",  aal.  rarü  ^gluf,   rarili  , kochen",  liL  teirti 


310  uxaa. 

hatte  und  in  der  germanischen  mythologio  öfters  die  gottheit  und  das 
sie  begleitende  und  symbolisiei-ende  tier  einen  und  denselben  nanjpji 
trugi. 

Die  *Oarm-ans  sind  also  ihrem  namen  nach  abkömlioge  des 
glühenden,  feurigen.  Dass  dies  eine  durchaus  paasendn  bedeutung 
filr  einen  westgermanischen  gruppennamen  ist,  lasst  sich  daraus  erse- 
hen, dass  der  gruppenname  Istvaeones  etwas  ähnliclies  bedeutet  ffjts 
nämlich  den  Eponymus  der  Istvaeon  angeht,  so  wurde  sein  name  tor 
Mimenhoff  (Ztsehr.  f.  d.  a.  XSni,  9)  auf  die  würze!  is  (Fick,  V^  wb. 
I*,  113  und  Curtius,  Grundz.''  s.  402  nr.  617)  zurückgeführt  und  ob 
„der  erwünschte,  verehrte"  oder  „der  zu  wünschende,  zu  verehreiide' 
gedeutet  Aber  diese  deutung,  nach  der  spracldichen  Seite,  wie  sieb 
Mülleiihoir  keineswegs  verhehlte,  nicht  ohne  bedenken,  ist  auch  in 
sachlicher  hinsieht  nicht  haltbar,  weil  sie  einen  viel  zu  algemeinen, 
farblosen  sinn  für  den  nameu  des  gettes  ergeben  würde.  So  abstrakl 
wurden  von  den  völkem  die  nanien  und  beinamcn  ihrer  götter  nicht 
gebildet  Dagegen  ergibt  die  Scherersche  deutung  des  namens  (Hist 
zfachr.  N,  F.  1,  160)  aus  der  wurzel  idh  ^brennen,  entzünden,  eüt- 
tlammen",  die  in  ahd.  eU,  eid,  ags.  ad  „glut,  brand",  mhd.  eilen  „bren- 
nen", lat  aed-es  „feuerstätte",  aestus  „glut,  brandung"'  (Fick  I*,  113, 
Vaniöek,  Etym.  wb,  der  lat  Bprache»  s.  277  fg.),  aber  nicht  m  f«fl 
(vgl.  Osthoff  in  Paul -Braune,  Beiträge  XUI,  398)  vorliegt,  einen  duidh 
aus  passenden  sinn.  Nach  dieser  sprachlich  und  sachlich  onanfecht- 
baren'  herleitung  war  der  Eponymus  der  Istvaeen  ein  Agni,  Vulci- 
nuB,  "Hrpaiarog,  ein  Feuer-  und  Herdgott*,  d.  h.  die  istvaeiBcheo 
Völkerschaften  betrachteten  sicli  als  abkömlinge  des  feuergottOft 

Die  Garnien  und  die  Istvaeen  hegten  demnach  inbetreff  ihw 
abstamniung  ein  und  denselben  glauben,  nämlich  dass  sie  von  der 
gottheit  des  feuers  stamten.  Diese  Überzeugung  muss  einst  die  gesamt* 
beit  der  Germanen  beherscht  haben,  denn  der  glaube,  dass  die  gott- 
heit des  fouers  und  blitzes  den  menschen  erzeugt  habe,  war  ursprüng- 
lich allen  Indogermanen  gemeinsam.  Bei  den  Germanen  hatte  daoD 
diese  indogermanische  anthropogonie  eine  besondere  beziehung  zum 
Ursprung  des  eigenen  volkes  erhalten:  es  hatte  sich  aus  Ihr  eine  ethno- 

1)  Vgl.  darüber  diese  Ztsehr.  XXIV,  299  fg. 

2)  Die  Hpnchliohe  Unanfechtbarkeit  dieser  herleitung  heX  Müllenlioff  mlbt 
(Ztsehr.  (.  d.  a.  XXHt,  4  fgg.)  nachgewiesen. 

3)  Die  Sdiererscho  herleituug  des  namens  am  der  wurzel  ütt  haben  uuh  uit 
Uoiroi-y  [Gott  Ol-I,  iiaohr.  1888,  s.  437J  uoil  Mogk  (Panls  niundriss  I,  105ÖJ  «u  ä 
geinaclit. 


^ 


DGB   HAMK   OEBUint!«  341 

ische  sage  entwickelt',  von  der  üu  des  Flinius  und  Tacitus  zeit 
chiedene  vcnsionoa  umliefen  (Germ.  2).  Die  göttlichen  nhnheiren, 
denen  die  sage  die  einzelnen  völkergruppen  herleitete,  hatte  sich 
mythenbüdende  phantaüie  unseres  volkes  offenbar  dadurch  geschat- 
sio  altu  beinamen  des  jneuschen  erzeugenden  feuer-  und 
Bgottes  hypostasterto  und  die  s»  entstandenen  wesen  für  söhne  des 
auäah.  Deswegen  werden  wir  mit  Elard  Hugo  Heyer'  auch 
er  den  stauiTütem  der  Inguaeones  und  Hei'nii[n)oneB,  deren  namen 
nicht  bcfriüdigead  gedeutet  sind,  feuer-  und  blitzwesen  zu  suchen 

L. 

Die  von  Taeitus  überlieferte  ansieht  einiger  römischen  altertunis- 
Icher,  dass  die  ethnographische  gesamtbenennung  Gormanen  deutscher 
kunfl  sei  und  sich  beim  ersten  zusammenstoss  zwischen  Kelten  und 
nanon  aus  dem  namtii  der  westlichsten  germanischen  gruppe  ent- 
^t  habe,  winl  also  nicht  nur  durch  die  ganz  analoge  entstehung 
lerer  voUtsnamen,  wie  Walchen,  Oraeci,  imd  durch  Caesars  bericht 
r  die  zu  seiner  zeit  zwischen  Maas,  Mosel  und  Rhein  sitzende  völ- 
(ruppe  gestüzt,  sondern  wird  auch  dadurch  als  richtig  erwiesen,  dass 
der  name  Germanen  aus  dem  Germauischeu  in  einer  sachlich  und 
achlich  befriedigenden  weise  deuten  lässt 

Dass  der  westgermanische  name  *Gamums  von  den  Galliern,  wenn 
Beinen  sinn  verstanden  hätten,  nicht  durch  Garmani,  sondern  durch 
rmones  widergegeben  worden  wäre,  braucht  kaum  noch  gesagt  zu 
Jen.     Die  almahtiche  herausbildung  des  namens  Germäni  kann  man 

nur  dann  votkommen  begreifen,  wenn  man  das  wirken  der  volks- 
nologie  gehörig  in  betnicht  zieht.  Denn  wie  lai  Gmnani  eine 
ih  das  lat  appellat.  germäiU  veranlasste  volksetymologische 
iUdling  von  kelt  Gartnani,    so   ist  kelt   Garmani  eine  durch  das 

'^ormöm  veranlasste  volksetymologisehe  Umbildung  von  germ. 
rnians. 

Üher  das  alter  des  namens  Germanen,  auf  das  wir  schon  mehr- 
xa  sprechen  kamen,  kann  man  nunmehr  ebenso  wenig  im  zweifei 
wie  über  die  gegend,  von  der  aus  sich  die  benennung  über  die 
mwelt  verbreitet  hat.     Denn  waren  die  Garmen   die  ersten  Qerma- 

welche  den  Kelten  bekant  wurden,  und  waren  andererseits,  wie 
name  Walchen  zeigt  (Müllenhoff,  D.  A.  11,  279  —  282),  die  Volcae 
Itrsten  Kelten,  welche  den  Germanen  bekant  wurden,  so  muss  die 

berUhrnng  zwischen  Kelten  und  Germanen  in  eini 

1)  TgJ.  Vfuti  a.  B.  0.  s.  11  aom.  3. 

JE)  imlogeaiiauüoliQ  mfthaa  n,  648. 


etoBS  zwischen  Volcse  und  Garmen  bcstandon  haben.  Lettero  mfisseB 
damals,  was  aucli  die  Isge  ihrer  späteren,  linkarheioischcD  sitze  nodi 
anzeigt,  die  westliclie  vorhut  der  Germanen  gebildet  und  vor  ihrer 
Westfront  die  keltischen  Volcae  gefimdcn  haben.  In  dieser  «eit  ßntetao- 
den  aiis  den  gnippcnnamen  Vo/ear  und  'Oarmans  die  vulksoamen 
Walchen  und  Gomiaaen.  Dies  kann  natürlich  nicht  am  Kheine,  wo  die 
Garmen  belgische  Völkerschaften  vor  sich  hatten,  sondern  nur  wtiter 
ftstlich  geschehen  sein.     Hier  bestand  einmal,  wie  Miillenhoff,  D.  A.  H-^ 

207  f^,  dargelegt  hat,  die  keltisch -germanische  grenze  in  dem  Urwald 

gürtei,  der  sich  über  den  Harz,  die  Thüringer  und  die  weiter  natwftr 
streichenden  höhen  hinzog.  Von.  der  keltischen  seite  her  war  die 
grenze  durch  die  Volcae  bosext,  während  ihnen  gegenüber  in  der  obeoi 
die  Garmen  als  westlichste  Germanenabteilung  gewohnt  haben 
Es  haben  also  offenbar  die  Weserkelton  damit  begonnen,  den  gi'u^ 
pennanien  Garmen  auf  die  gesamte  germanische  natlon  aaszudehn«^ 
und  zwar  zu  derselben  zeit,  als  die  Germanen  den  grappcnnamun  Volc^^ 
der  speciell  den  Weserkelten  zukam ,  auf  <lie  ganze  keltische  nation  ^"^ 
bezieben  antiengen.  Die  ethnographische  gesamtbenennung  German^^ 
Ist  somit  an  der  Weserlinie  entstanden  und  genau  so  alt,  wie  der  ethm.  ■« 
graphische  gesamtname  Walchen,  und  beide  können  nicht  jünger  eftJa 
die  wende  des  4.  Jahrhunderts  v,  Chr.  sein. 

BRESLAU,   WEmSACirTES    1892.  HCOO   JAKEEL. 


ZU  KONEADS  VON  rUSSBSBEUNNEN  KINDHEIT  JEStT- 
Was  von  den  geistlichen  dichtungen  Im  atgemcinen  anzuDehii*-^^» 
ist,  dass  sie  nämlich  (gleich  denen  aus  der  helden&age)  wilkärlic-t»*^" 
änderungen  und  Interpolationen  mehr  unterworfen  waren  als  die  i»t-a» 
den  hiifischen  Sagenkreisen,  das  gilt  auch  von  Konrads  von  Fussoshn* »»" 
nen  Kindheit  Jesu.  Sie  ist  in  drei  bandschriften  erhalten,  von  dei^»«?* 
keine  direkt  von  der  anderen  abhängt,  Dazu  kommen  noch  vier  klei***' 
bnichstiLcke  und  die  erzählung  der  flucht  nach  Ägypten  aus  dem  P***" 
sional,  in  welches  ein  teil  unseres  gedichtes  bearboitet  aufgDOonuE»^*' 
wurde  (vgl.  Bartsch,  Germ.  V,  432  fgg.).  Karl  Kochendnrffer  t»** 
seine  ausgäbe  des  gedlchts  Straesburg  1881  (Quellen  und  fr  '  —•" 
XT'TIT)  liauptsäcblich  auf  B  als  die  relativ  hoste  handschrill 
sich  aber  doch  genötigt  gesehen  hier  und  da  einige  verse  lii 
Schrift  zu  streiclien,  auch  solche,   die  nicht  in  B  überliefert  .■iinJ 

1)  äobon  duawugen  darf  man  nicbt  Üvrmani  ^  ,  bergt» wotuav*  i 


t  anzti erkennen.  Wenn  man  aucL  seinem  britiBohen  grundsab.e, 
I.  iass  nämlich  bei  der  reconstniierung  des  textes  FAC  zusammen  B 
höchstens  gleichwertig  sind,  im  algemeinen  zustimmen  kann,  scheint 
mir  doch  nicht  genügend  beachtet,  doss  uns  in  B  ebenfals  keine  origi- 
nalbandschrift  des  umarbeiters  vorliegt,  wir  es  vielmehr  mit  einem 
rielfach  entstellen  texte  zu  tun  haben.  Es  wird  demnach  an  einzelnen 
stellen  vielfach  der  kritischen  erwägung  unterliegen,  ob  Konrad  wirk- 
lich so  habe  schreiben  können,  wie  in  B  überliefert  ist.  Glücklicher- 
weise ist  dies  meist  nicht  so  schwer,  da  wir  in  Konrad,  wie  ja  auch 
Kochendörffer  bemerkt  hat,  einen  dichter  von  entwickelter  technik  vor 
uns  haben,  der  seinem  vorbilde  Hartmann  von  Aue,  dessen  sprach- 
und  verskunst  wir  ja  genau  kennen,  möglichst  nahe  zu  kommen  suchte. 
So  auch  in  den  zahlreichen  bewuaten  entlehnungen  aus  diesem  dich- 
ter, besonders  aus  dem  GregorJus,  über  die  ich  die  schon  von  Gom- 
bert  in  seiner  dissertation  De  tribus  carminibua  theotiscia  Halle  1861 
geäusserte  meinung  teile,  dass  bei  diesen  stellen  diejenige  handachrift 
den  besten  text  gewährt,  welche  dem  Hartmanns  am  nächsten  komt 
Schon  bevor  Kocbendörffers  ausgäbe  erschien,  war  ich  mit  einer  kri- 
tischen besrbeitung  des  textes  beschäftigt,  zu  der  mir  das  gesamte 
material  noch  vorliegt.  Ich  habe  dann  meine  absiclit  aufgegeben,  bin 
aber  in  den  verflossenen  elf  jähren  immer  wider  zu  dem  lieblichen 
gedichte  zurückgekommen.  Ich  teile  nun  von  dem  dabei  aufgezeich- 
neten mit,  was  mir  zur  kritik  und  erklarung  dienlich  zu  sein  scheint 
40.  mtck  fiäst  uTtit,  herre,  für  geleit 

in  di/ieyn  evangiliö. 
für  legen   vormiasen   wir  ein   objekt     Da   in   hdschr.  C   statt  hfrre 
"6  überliefert  ist,  so  vermute  ich: 

oiich  hast  uns  merre  für  geleit. 
I.   niht  sd  schreibt  B,  und  es  ist  keine  Veranlassung  diese  wort- 
>llung  zu  andern. 

60.   Da  ujiser  (iunser)   in  B  und  C  überliefert  ist,    so   lese   ich: 

dax  in  der  ivirl,  unsr  herre  Christ. 
120.    Für  da  von  (AC)  statt  van  danne  (B)  spricht  auch  die  ver- 
l^eickimg  mit  Greg.  994,  eine  stelle,  die,  wie  such  Kochendörffer  be- 
—  :kt  hat,  hier  nachgeahmt  ist 

126.  nemen  „zum  manne  nehmen",  vgl.  Tristan  12831  fgg.:  und 
mtn  frmtwe  her  kam,   den  kimec  ir  herren  genam  und  xfw  im 
i%n  soUe  gäm,  — 
307  ist  zu  lesen: 

nv   rernemet  ander  (nämlich  rede).,  diech  in  sage. 


d 


344 

dieeh  statt  tue  ich  ist  eine  zuGainmeiiziehuiig,  die  sich  selbst  HntnuD 
Lied  11,  12  erlaubt  Kochendörffer  bat  das  in  B  überlieferte  & 
gestrichen,  doch  üjadot  sicli  für  die  auskssuDg  des  relatiTpronomeot 
kein  beiBpiel  bei  unserem  dichter. 

226  fgg.  schreibt  Kocbendörffer: 

ein  enget  sckosne  unde  Ueht 

ersctiein  ir,  da  si  dü  sa^. 

diu  frouice  des  wcrkea  vergaz, 

ir  hende  enpbielen  in  die  sckoz: 

vil  sSre  si  daz  siune  verdroz, 

wati  si  wände,  ex  wäre  ein  man. 
229  hat  B:  ufi  enphielen  ir  die  hende  l  die  sckox.;  Schererwoltt 
dies  mit  viersilbigem  aiiftakt  lesen,  der  als  zeichen  des  schrecken« 
stehn  soll.  Möglich  ist  aber  auch  unde  enphieln  ir  h&nde  In  die  schäx. 
V,  230  ist  dax  sinne  eine  konjektur  Scherers,  gegen  die  zu  bemerken 
ist,  dass  sinne  in  der  hier  allein  passenden  bedeutiing  =  visio  nicbl 
belegt  ist,     B  liest:  vil  sere  si  dar  inne  r.;  ich  vermute: 

vil  s^  si  sin  dar  inne  verdröx 
„es  verdroHS  sie  sehr,  dass  er  darin  {in  der  kammer]  war"  nach  heltt- 
ter  elliptischer  redeweise,     Tgl.  Greg.  793  fg.  dax  uinigesttexe  wart  Ȋ 
grSx,  dax  si  üf  dtm  se  rerdrdx. 

244  vermute  ich  nacL  dem  zusammenhange  und  nach  der  lentt 
von  C,  dass  es  ursprünglich  gelautet  habe: 

ich  ziuhe  %e  nieman  wan  %e  ijote 
„ich  nehme  keinen  geringerea  als  Gott  zum  zeugen  dafür  in  ansprach'. 
Statt  xiuhe  hat  B  gihes;    die  cntstcllung  erklärt  sich  aber  leicht,  di 
besonder  g  und  x-  im   anlaut  oft  verwechselt  wurden    (vgl.  ^«»ecA  etitt 
gevech  v.  517). 

258.  Es  ist  nicht  wahrscheinlich,  dass  Eonrad  hier  von  den 
schriflworten  abgewichen  sein  solte.  Luc.  I,  38  dixit  Maria:  Ecoe, 
ancilla  Domini;  fiat  mihi  secundum  verbum  tuura.  Solte  nicht  fro  aus 
frö-n  =  dem  herren  gehörig,  geweiht  entsteh  sein?  Eine  Bich«" 
Verbesserung  weiss  ich  allerdings  nicht  anzugeben.  S.  auch  Kocheo- 
dörfTers  anmerkung. 

285  ir  spise  ist  unklar,  da  es  sich  auch  auf  das  von  den  «offÜB 
gebrachte  himmelsbrot  beziehen  könte;  ausserdem  raaclien  die  in  C 
nach  284  iiberüeferton  verse  durchaus  den  oindruck  der  ochtheiL  Wi 
vermute,  dass  v.  28^  fgg.  ursprünglich  etwa  folgeiidennassen 
haben:  wan  si  helen  wol  gesellen, 

dax  ir  die  enget  bnlMen  dar 


-massen   g<iw*t  j 


a  xanBxa  j£BU 


StS 


von  hhnel  ib'e  Hpnar, 
von  liem  vrönen  paradise. 
irdischer  sptse 
si  vil  kleine  nö»,- 
91  erkaitdens  aller  süjide  blüx. 
296.   benenien  wird  mit  dativ  der  persoa  und  accus,  der  sacha 
ionstmiert;    das  fehlende  ir  ist  aber  nach  bekanter  nachlässiger  rede- 
veise  ausgelassen  und  aus  dem  s^i  t.  295  herauszunehmen. 

375.  dö  er  heim  kam  und  si  rani.  C  schiebt  ein  so  (in  dem 
oben  geschilderten  zustande)  hinter  si  ein;  und  dies  verlangt  der  zusani- 
meobang.  dorl,  welches  B  einschiebt,  ist  meines  erachtens  hierher 
gekommen,  indem  das  äuge  des  schreibors  auf  die  vorhergehende  zeilo 
labirte  (s.  auch  Kochendörffers  anni.). 

380  lies:  die  xe  Oelbö  e  (einst)  tvurdett  erslagen. 
432.  im  ist  nihl  s6  wie  B  hat,  ist  meines  erachtens  nicht  mhd. 
C  hat  63  statt  im,  das  wol  nur  ein  Schreibfehler  für  ixii  {ix  mit  ange- 
BchliSener  negation)  ist.     Wir  lesen:  exn  [oder  esn?]  ist  niht  sd. 

438  fgg.  lese  ich,   nachdem  ich  hinter  437  einen  pwakt  statt  de» 
zt  habe: 

dax  weUe  wir  Urkunden 
und  bestaten  mit  der  teärkeit. 
hat  aber  iu  ieman  geseit 
von  ir  aiiders  danne  guot, 
der  Unget,  nnde  ir  missetuot, 
dax  ir  si  vclschet  äne  schult. 
Y.  439  fg.  sind  in   R   umgestelt,    in   C  fehlen  sie.     Die  richtige 
anordnung  ergibt  sieh   aber  schon  daraus,   dass  v.  440  fgg.  auch  in  C 
in  dieser  reihenfolge  überliefert  sind,     u^rheit  bedeutet   hier  „eidliche 
Versicherung"  wie  571   „reinigungseid". 

477.  swax  ir  dö  seht,  dax  ist  von  gote. 

ir  cnhät  wan  er  und  stn  böte 
nieman  anders  gepklegen. 
«denken  erregt  hier  er  und,    da  auch  die   anderen   handschriften  nur 
Ton  der  ersclieinung  des  engels  berichten.     D  hat:  ir  hat  nieman  ivan 
böte  unxe  herre  (d.  i.  unxc  her  „bis  jezt")  sit  gephlegen.     leb  vor- 
lute  deshalb:       ir  enhdt  unx  her  wan  sin  hole 
nieman  anders  gephkgen. 
496  fg.     Vgl.  Rudolf  V.  Ems,  gut  Gerb-  1819;  von  herxen  ich  got 
rief,    unx   ich   mit   dem   gedanke    entslief.      Auch    dem    Gerhard 
leint  darauf  ein  engel  im  träume. 


346 

514  ist  zu  lesen:   er  gunde  ir  xe  füexen  vollen.     Über  gundm.^ 
statt  begunde  s.  Haupt  zu  Erec  23  und  unten  zu  1688. 

517  lies:   er  wände,   st  wcer  im  gevich.    Vgl.  die  lesarten  uü' 
die  bemerkung  zu  v.  224. 

531  lese  ich:  man  sol  in  nceten,  da^  er  sage.    Denn  dafür, 
hier  die  conjunction  ausgelassen  sein  solte,  bietet  mir  die  yerstümmel 
lesart  von  D  nicht  anhält  genug. 

543  fgg.  lese  und  interpungiere  ich: 

ivir  stn  des  schiere  äne  wän, 

ez  emaürde  niemer  sin  ergän, 

ex  wcere  an  ir  danc  geschehen, 

und  wcllenz  üf  dich  selben  jehen. 
und  wellenx  üf  dich  selben  jehen   d.  h.   „wir  wollen   dir   selbst 
schuld  davon  zuschreiben".    V.  547  —  551  sind  als  rhetorische  frage     zu 
fassen,  auf  die  die  fragesteller  v.  552  fgg.  sich  selbst  die  antwort  gel>^ri. 

568  fgg.  interpungiere  ich: 

heizet  iwer  decreie  lesen: 

swaz  mir  ze  tuonne  geschihi, 

daz  ich  mich  dirre  inziht 

unschulde  mit  der  wärheit, 

des  bin  ich  hie  ze  stete  bereit. 
Über  wärheit  „reinigungseid "  vgl.  zu  v.  439. 

Nach  576  würde  ich  lieber  kolon  statt  komma  setzen. 

614  fgg.  lese  ich: 

woldet  ir  michs  erläzen, 

ir  hat  da  von  sd  vil  gereit, 

daz  ich  doch  der  wärheit 

ungerne  tcete  deheinen  kranc. 
„Selbst  wenn  ihr  mir  den  reinigungseid  erlassen  woltet,  ihr  habt  soV'i^^ 
von  meiner  schuld  geredet,  dass  ich  ungern  unterlassen  würde  ihn    ^^ 
leisten  **. 

622  fg.  ist  zu  lesen: 

diz  wart  im  vervangen 
für  ein  michel  zeichen. 
„Dies  ward  ihm  für  ein  grosses  wunderzeichen  (Gottes)  angerediafi^   * 
D  hat  vor,  G  für.    Das  Durch  der  hdschr.  B  entspricht  dem  zaBUDMa0^' 
hange  nicht 

652  fgg.  ist  die  Überlieferung  in  sämtlichen  hdadir.  entstaÜ    1^ 
glaube,  dass  es  ursprünglich  gelautet  hat:  j 


t  wern  hästu  dix  hint 

i  wer  i^t  stn  vnier?  wtsr  herre  got. 
f  und  D  überliefert  und  deshalb  nicht  in  ihr  ku 
se  ich  mit  B:  des  siver  exn  ist,  indem  ich  auslassi 
proDomcns  wie  in  ynein  =  mein  ich  annehme. 
cA   bringe  ex-,    sicie  ich  sol.     bringet  =   „beweisen 
I*)  ist  in  der  dichtung  des  13.  jh.  bisher  nicht  weiter  nachge- 
i  nächsten  berührt  sich  damit  die  bedeutung  „volbringen,  zu 
n"  in  den  von  Haupt  z.  Erec'  9504  gesammelten  stellen. 
r.  lese  ich: 

^^  Ir  liabet  wal  vemomeri  dax, 
^^krvne  J&sep  geriht,  noch  michele  tax 
^^Iferihie  bi  diu  reine  vmt, 
^^  dax  si  nihl  war  was  an  gescit. 
8  überliefert  ist,  steht  für  da  bl.    Über  die  form  ist  zu  vet- 
ipts  anni.  zu  Erec'  1060  und  Über  die  bedeutung  „in  ver- 
."  Iwein  7360  fgg. :  sttie  leide  dem  biderben  man  von  dem 
'äht:  kiimt  ex  voti  vmotwiüen  niht,  ob  er  den  unUen  trücge, 
eme  slüege,   sone  ist  er  im  doch  niht  gehax  ttnde  behaget 
vne  da  bl  ein  bcese  vum,  des  er  nie  schaden  gcwan   mit 
rkung. 

5.     Vgl.  Diemer  z.  Genesis  113,  20. 

Das  st  m.  murmer  „gemurr**,  welches  von  B  überliefert 
inet  reichlich  belegt  ist,  war  nicht  in  mtirmcln  ku  ändern. 
Ober  mit  scltaüe  rani  vgl.  Jünicke  zu  Wolfdietr.  B  229. 
i  Gudr.  161,  1;  Wigal.  M,  35;  230,  26. 
g.  Hier  ist  deutlich  die  art  und  weise  zu  erkennen,  wie 
Der  Schreiber  nabm  an  m  heidn  anstoss  und  schrieb:  ^^_ 

De  er  fwr  sieh  ufi  für  de  \dni  ^^^^| 

IT  vers  gefüllt,  und  er  fährt  fort:  ^^^H 

Und  für  die  iTowen  hale  gedaht.  ^^^^k 

t  aber  da«  unbedingt  nötige  xe  xinse  vergessen.    Dass  die  1 

oaoti  V.  726:   und  (%Dr  a»ne/i  sinen   knefit.    dis  wc  bi  den  I 

Knm  Schreiber  von  C  hinzugefügt  sind,  geht  sclion  daraus  J 

Ir -    j 


748.  dax  heil  z'oti  disen  gähßt  kann  nur  heissen  „das  heil  «at- 
feriit  sich  eilig  von  ihnen,  (vgl  Trist  18499).  C  hat  hien  statt  diaea, 
was  walirscheinlich  aus  ienen  entstelt  ist 

774.  unt  sack  näeh  gelabede  hin  ist  nicht  möglich.  B  bat  nh  statt 
saek.  Der  flüchtige  schreiber  hat  hier,  wie  öfter,  ein  wort  auegdts- 
aeu;  es  ist  üu  schreiben:  unt  huop  sich  iiack  g.  k.;  vgl.  v.  713.  2101. 

810.  Vgl.  Lob  Salomonis  in  Müllenhoff  u.  Scherer,  Denlonälet 
XXXT,  16,  8  in  sitiem  hovi  wirt  nimmir  tiachi.  dd  ist  imä  liat 
eiüigi  licht,  des  niwirt  xiganc  hini  vwdir  nickt,  nachgeahmt  im  Bo- 
landsliede  des  pfaffen  Konrad;  s.  die  anm. 

624.   B  hat  anders   statt   wunders   [wnders  C),    und    dies 


richtig    sein 

„übrigens". 

837. 


der    Iw.  425    und    sonst    erschoinendon    bedeutani 


„jd  s3  ist  unser  wtbe  site, 
dax  ir  genuoge  homent  da  mite 
des  libes  in  vil  gröxe  not. 
Hier  ist  offenbar  nachgeahmt  Erec  3848:  «««  ex-  ist  iuwer  manne  « 
dat  ir  ntis  armiu  fip  da  mite  vil  gerne  triegent.     Dieser  anklang  ist 
Haupt  entgangen;    sonst  würde  er  ihn  in  der  annierkung  zu  der  rtdl 
erwähnt  haben. 

864.  nu  greif  st  müexeclicken  kine 

über  den  back  an  diu  bein. 

jniiexeclichen  „langsam'^  passt  nicht  recht  in* den  Zusammenhang.    C  tut 

missectichen.     Danach  scheint  misseltchen  „in  verschiedener  weise'  dtt 

ursprüngliche  zu  sein. 

889,  Diu  frouwe  erbaldete  dö 

und  gie  dar  und  vani  also, 
als  diu  hete  gesaget, 
diu  als  demonstrativ  ist  nicht  wahrscheinlich;  auch  hier  bat  der 
her  wol  ein  wort  ausgelassen.     Ich  lese:  also  diu  ander  Af'te 
912  fg.  lauteten  ursprünglich  wol: 

der  werlt  ich  gar  verphlac, 
Sit  dax  min  lieber  man  verschiet; 
oder  ist  stt  =  später  und  daz  =  weil? 
Zu  941  fg.  vgl.  Greg.  2526  fg. 

947  lies  gctoube.     Vgl,  Er.  2534  ir  sit  geiicuen,  gcloubei 
973  lies  kreftiget  mögen. 
1012.  stn  gotheit  si  erkanden 

an  dem  engelischem  lobe; 

der  stiebte  ein  michel  teil  dar  obe. 


mgeHschen  ist  engel  zu  versteiin.  Beispiele  solcher  wendim^D, 
uer  nacbl^si^keit  mündlicher  rede  cntsprecheD ,  bat  Haupt  zu  Erec 
t  gesammelt;  vgl.  besonders  Senratius  1584:  da  horitms  ein  stimme 
r  von  englischem  gesange:   die  trerlc  uk'i  lange  dnt.  si  (die  engel) 

;  leären  lüt.    Unsere  stelle  ist  Haupt  entgangen. 
1016.  suie  er  hie  enerden  «■(Wr, 

sin  alter  doch  enmakle 
tiietmm  xe  gnnxer  ahte 
den  jAren  geliehen. 
Ut  statt  enerden:    ain  »Aktig   und   mincktec   „eine  nacht  alt"   ver- 
l  der  gegensatz.     Dar  seltene  wort  ist  noch  belegt  in  des  Strickers 
{also  ebenfals  aus  Östen'eicb)  8764,   wo  der  Schreiber  der  Mün- 
Ötr  papierbdschr.  H   os  ebenfab  nicht  mehr  verstanden  und   dafür 
▼erständlieh  einfeldig  gesezt  hat. 

1036  vermute  ich: 
ni)eh  enwfus  ex  \ea'^'\  niht  yemioe  mite 

.  Haupt  z.  Erec»  1060.     B  ergänzte  zu  mite  hie,  C  da. 

1037  igg,.     Ein    änb  yiotyoB  ist   bei    dem    höfischen   dichter  nicht 
Peinlich.     Ich  vermute; 

die  himel  sanden  i/m  mich  dar 
ein  lieht,    unx  an  deyt  morgen  gar 
dax  utinneclichen  drohe  sehein. 
•  ist  hier  demonsb-ativ.     Auch  im,  das  von  C  überliefert  ist,  scheint 
fc  durch  den  Zusammenhang  geboten. 

1058.    Wahrscheinlich  ist  dieser  nur  in  B  überlieferte  vers  gleich- 

nd  mit  Greg.  795  zu  lesen:  diu  state  enmohte  in  niht  geschehen. 

Zo  1071  ^g.  vgl.  Erec  8591  fgg.  d(l  mite  giengm  si  enwee  släfen 

fiemenätcn.   diu  ivas  wol  beraten  mit  ricker  betteuwte  und  anderm 


1076.     Es  ist  wol  mtwtennaget   als   kiompositum   zu  lesen,    da  es 
I  hier  nicht  um  die  jnngfränüche,  sondern  um  die  gehurt  in  armut 
niedrigkeit  handelt. 
1098.   Vielleicht  ist  hier  tirel  einsilbig  (s.  meine  dissertation  über 
9  Tondalus  s.  18)  und  der  vei^  ohne  auftakt  zu  lesen. 
1153,  JVw  stuant  ex  unz  an  die  frist, 

als  dö  sfl  iva^  und  nach  ist 

4t  auch   in  Hahns  ubdruck  80,  68,    doch    ist  unzweifelhaft   sile 

Die  lesart  von  C  <lo  me.  bi  den   ziten  aitte  stimt  fast  wört- 

yzu  Iwein  3429.     Über  den  ersten  kirchgang  der  „sechswöchnerin" 

r^ristati  19.')3  fgg.:   Nu  dax  diu  giiote  luarschaikki  der  nüt  genesen 


350  spsweiR 

solte  sin  und  nach  ir  sehs  wochen,   als  den  froutven  ist  gesprocker^^ 
des  suns  xe  Idrchen  solte  gän,   von  dem  ich  her  gesaget  hän,  si  sd^^e 
in  an  ir  arm  nam  und  truog  in  suoxe,   als  ir  gexam,  mit  ir  xe^rm 
gotes  hüse  also.    Vgl.  auch  Weinhold,  D.  frauen  im  ma.  &  79;  Schals, 
Höf.  leben  I,  113. 

1174.  der  aÜherre  wol  gesaeh, 

der  e  was  blint  sö  lange. 
Diese  angäbe  der  apokryphischen  evangelien  beruht  wol  auf  missv^r- 
ständnis  von  Luc.  2,  26.    Besponsum  acceperat  a  spiritu  sancto,  ^ton 
visurum  se  mortem,  nisi  prius  videret  Christum  Domini. 

1184.    Der  in  B  verstümmelte  vers  ist  von  Kochendörflfer  niolit 
befriedigend  ergänzt     C  hat  den  vers  nicht,  und  wahrscheinlich  hal>^ii 
wir  hier  eine  schon  alte  lücke  von  mehreren  versen. 
1187  ist  zu  lesen: 

also  amest  du  mit  dem  smerxen, 

daz  von  manegen  herzen 

die  gedanke  werdent  goffenöt 
Vgl.  Luc.  2,  35  et  tuam  ipsius  animam  pertransibit  gladios,   ut  rev^e- 
lentur  ex  multis  cordibus  cogitationes.     Auch  C  hat  De,   wo  in  B  €ic 
steht     Der  fehler  erklärt  sich  aus  der  bekannten  abkürzung. 
1195  fgg.  lese  ich: 

die  friunt  volgten  ime  mite, 

unt  wart  ez  fidch  der  kinde  site 

in  die  wiegen  geleit 
Für  die  Umstellung  von  wart  spricht  Eonrads  stil  und  die  lesart  von 
C;  für  den  einschub  von  ime  in  v.  1195  ausserdem  die  vergleichnng 
mit  Greg.  939.     Vielleicht  ist  auch  nach  geleit  komma  statt  punkt  2^ 
setzen  und  mit  C  fortzufahren: 

under  ujide  über  gespreit 

gewant  reine  unde  wtz. 
Für  diese  lesart  spricht  wenigstens  die  vergleichung  mit  Greg.  636:  da 
tvart  daz  schcene  kindelfn  mit  matiegem  trahen  in  geleit,  under  uft^ 
über  gespreit  ah  rtchiu  sidtniu  wät,  daz  nieman  bexzer  hdi, 
1217.  D6  tvurden  drt  künege  enein, 

in  der  lande  daz  lieht  erschein, 

s^-  ncemen  kreftic  guot, 

U7id  kam  in  vaste  in  den  muot, 

si  tvolden  iemer  vamde  stn, 

in  Ußte  gotes  genäde  schtn, 

uxix  disiu  zeichen  lerten. 


J 


[218  ist  die  lesart  beider  hdschr.  tatit  nicht  zu  beanstanden, 
iavftic  dagegen  krefüg&x  zu  lesen,  wie  die  vergleichiing  mit  Erec 

zeigt  Der  vers  ist  dann  mit  einsilbigem  auftakt  zu  lesen.  Eochen- 
>r  bemerVt  mit  recht,  v,  1221  fgg.  widersprächen  1242  fgg.  Viel- 
t  ist  der  widersprach  dadurch  veranlasst,   dass  Konrad  zu  eifrig 

verse  Hartmanns  sich  aneignete,  denn  v.  1220  —  23  sind  fast  wört- 
aus  dem  Greg,  entlehnt.  Vgl.  ferner  527  Nil  kom  in  vaste  in  den 
(  und  1630  fgg-  ich'n  geruowc  niemer  tne  und  ivil  iemer  vanille 
mim  tuo  noch  gotes  gnäde  schtn,  voti  wanne  ich  si  ode  wer. 

1249  hat  Kochendörffer  vergessen  zu  t)emerken,  dass  B  vfter  statt 
'  hat,  eine  noch  öfter  (a.  Lexer  I,  24)  belegte  form. 

1288.   den  wec  si  belitaideji,   den  .«'  d^i  wären  kamen  dar 

Viotdens  aber  k^en  hin.  Über  die  auslassung  des  relaüvpron.  vgl. 
,  wb.  I,  319a,  34  und  Becb  zn  Erec  1226. 

1287.    Da  auch  C  x^  Umde  :  bekanden  reimt,  und  die  formel  stets 

xe  lande  (vgl.  v.  2073  und  2535)  heiast,  so  dürfen  wir  uns  nicht 
len  einen  übrigens  auch  bei  anderen  dichtem  dieser  zeit  nicht 
wohnlichen  unreinen  reim  anzunehmen. 

129S.  in  gotes  geißle  sie  riten 

mit  frihiden  in  tr  lant. 
vermute,   dass  heim  (nach  hause)  vor  in  aaegefallen  ist,   wodurch 

der  vers  gebessert  wird.     C  hat  sogar  u-üier  futin  in. 

1334.  kfeftic  velt  unde  hart, 

gdrirgc  nniie  Heide 
mamige  lageweide 
zwischen  den  landen  teüeste  lac, 
da  ndemen  deftetnes  hoves  phlac. 
Lesarten  von  A   (powes)  und  C  (biiwes)   sowie  der  zusammonhaug 
isen,  dass  hoves  aus  boues  cutstelt  ist.     Es  ist  zu  lesen:  da  nie- 

dehänee  iriiwes  phlac  „wo  niemand  das  feld  bebaute".  Aach  vcU 
134  scheint  gegenüber  dem  von  AG  überlieferten  waä  nur  ein 
tibfehler,   da  es  hier   nur   „unbebaute  fläche"    bedeuten   kann,    die 

dchon  durch  heide  v.  1335  vertreten  ist,  während  die  begrifto  wall 
hart  sich  nicht  genau  decken. 

1340.  Weil  dd  „daJiin  wo"  bedeutet,  so  scheint  es  mir  bewser 
komma  hier  und  im  Greg.  3052  zu  tilgen. 

1346.  si-  aäiien  dd  ein  krefiic  bioc 

nirtster  unde  griulich, 
dar  üx  trocken  vreisUeh 
spalten  argen  dent  kinde. 


352  SFBINOKB 

Ich  bin  fest  überzeugt,  dass  spiln  in  B  widerum  eine  der  zahlreichen 
flüchtigkeiten  des  Schreibers  und  dass  mit  AC  spiUen  zu  lesen  ist 

Zu  1360  fg.  vgl.  meine  bemerkung  in  Bezzenbergers  Beitragen  6, 
158  und  Strauch,  Anzeiger  f.  deutsches  altert  Vlil,  s.  220. 

1389.  Ich  zweifle,  ob  die  lat  endung  in  natura  dem  dichter 
gehört;  von  natüre  würde  dem  höfischen  stil  besser  entsprechen. 

1406  fgg.  interpungiere  ich: 

er  künde  ir  niht  verirtben 
mit  stner  gewarheit: 
ez  wcere  im  Uep  oder  leit, 
si  entwichen  im  niht  durch  keine  not, 
um  in  dax  kindeltn  gebot 
Hierüber  hat  Bech  zu  Iwein  8114  gesprochen.     Er  vermutet  wol  mit 
recht,   dass  Eonrad  diese  stelle  hier  nachgeahmt  habe.     Er  liest  dort 
mit  allen  hdschr.  gegen  A:   st  sprach  y^ich  hän  es  gesuH)m,   ez  wcet 
mir  liep  oder  leit,   dax  icfis   mit  mtner  gewarheit  niht   underkumen 
künde"',  und  übersezt  mit  mtner  gewarheit  durch  „ohne  meine  Sicher- 
heit zu  gefährden"..   Diese  bedeutung  würde   sich   auch   hier  in  den 
Zusammenhang  vortreflich   fügen.     Über  gewarheit  vgl.   auch  Benecke 
zu  Iwein  1777. 

1409.  durch  keine  not  „durchaus  nicht";  vgl.  durch  alle  M 
„unbedingt,  auf  alle  fälle".     Sommer  zu  Flore  1455;  a.  Heinr.  223. 

1423  schreibe  ich:  in  wart  von  müede  nie  so  we.  Für  von  (A) 
statt  vor  (B)  spricht  die  vergleichung  mit  Greg.  818  uns  u^art  von  we- 
ter  nie  so  we.     C  hat  den  vers  nicht 

1429.  Durch  die  einschiebung  von  vil  vor  guoten,  das  auch  A 
und  C  haben,  würde  der  auftakt  hergestelt. 

1431  lese  ich  mit  AC  nach  ir  arbeit,  da  ir  in  B  vom  Schreiber 
leicht  übersehen  werden  konte. 

1437  fgg,  lese  ich: 

sih,  mahtu  beginnen 
des  obexes  uns  gewinnen, 
des  cBxe  ich  gerne,  dunket  mich, 
B  hat  sih  mohstu,     Kochendörffer  schreibt  mohtest   dü  des  begmnen- 
Aber  abgesehen  davon,   dass  dann  der  accent,   der  logischen  betonung 
entgegen,   auf  di2  fallen  würde,   dürfen   wir   das   charakteristische  sih 
nicht  streichen,     mohstu  ist  aber  nicht  Schreibfehler  für  mohtestu,  son- 
dern eine  seit  dem  14.  Jahrhundert  aufkommende  nebenform  der  2.  sg. 
prs.  ind.,  vgl.  Weinhold,  Alemann.  gr.  §  325,  Bair.  gr.  §  378.    des  in 
v.  1437,   da.s  nur  B  hat,   ist  dagegen   offenbar  erst  von  dem  Schreiber 


dem   die  konafriikticrti   von   beijiniien   niit  dem   Inf.   ohne  Xf 
{  mehr  gelauBg  war. 

\  1440  lautet  in  C:   Kr  sprach  rr&we  es  i.3t  unmugeUch.     Da  na« 
I  D  frottwe  bat,  so  wird  es  wol  nur  vom  Schreiber  der  hdschr,  B 


.  lauten  bei  KochendörfPer: 
leider  ja  gedtmke.  ich  mi're 
umb  unser  Uule  und  umb  dax  jiVip. 
dax  ich  vor  durste  sterben  d}m; 
und  dax  wir  ni/it  selbe  haben 
waxxers,  dd  toir  uns  mit  laben, 
dax  ist  min  meiste  not. 
unter  gedenke  ist  von  KochendÖrffer  ergänzt,  doch  erregt  die  iesart 
bedenken,    da  yvxlenken   nicht   in   der    bedeutung  „sich  sorge 
'  belegt  ist.     Der  schrelher  von  B    hat  gedenke  wol  als  inipe- 
gefasst,   so  dass  Joseph  sagen  würde:    „Maria,   denke  lieber  an 
r  vieh  und  unsere  leute".     AB  hat  sorge  ich,  C  nach  müeget  und 
ein  ausdruck   der  furcht   oder   besorgnis   muss    hier  gestanden 
Las  von  Kocliendörffer  v.  1447   eingesezte  dax,    welches  in  A 
B  fehlt  (C  hat  die  verse,  wol  weil  der  Schreiber  an  der  konatruk- 
aastoss  nahm,  ausgelassen),  ist  zu  streichen;   unde  ist  in  nachlSä- 
wortfügung  gesezt  ähnlich  wie   im  a.  Heinr.  1088  ich  xiuhe  dich 
tkte  bldx .   und  teirt  din  schäme  harte  grdx  diu  du  von  schulden 
ie  liäsl  unde  naeket  vor  mir  stäst.     Tgl.  darüber  Haupt  z.  Erec' 
'  durste  hat  C  von  d.,  was  die  ältere  Verbindung  ist. 
1449  schreiben  A  und  D:   dax  ist  mPn  aller  vieiste  w.,    was 
I  des  Versbaus  den  vorzug  verdient 
1458  fg.  dannoch  He  sine  talden 

der  bomn  teider  erde  sweften. 
»ratliche  hdschr.  ausser  B  bt  der  erdett  haben,  so  ist  iHder  unzwei- 
ein  Schreibfehler,  um  so  mehr,   da   b  und   w   im   anlaut  im 
jabriiundert  schon  oft  verwechselt  vrarden;   vgl.  Weinholds  Bair. 
136. 
1461  ist  mit  B  und  ('  zu  lesen:    dti   riht   er  sich  iif  und  stnoid 

Der  herausgeber  hat  uf  aus  metrischen  gründen  gestrichen. 

1469.   Statt  tr^b  in  B  haben  alle  übrigen  hdschr.  tribe,  was  dem 

nmenbange  besser  entspricht.     Vgl.  Pfeiffer,  Deutsche  mystiker  I, 


1484.   Die  Iesart 
lenhaoges  wegen 


1  ACD  ; 


wol  ist  dem  heint  von  ] 


t  f.  DKüisoHB  pBaoLosm. 


354 

1492.   Wir  sind  nicht  berechtigt  gegen  die  übereinstimmende 
art  sämtlicher  hdschr.   (denn  heint  ist  doch  nor  eine  andere  form 
hinacht)  hie  in  den  text  zu  setzen.     Vielleicht  ist  zu  lesen:   als  wi 
htnt  dar  bt  stn  beherberget  schöne, 

1499.  der  engel  xuhte  einen  ast, 

dax  er  also  lüte  brast, 

dax  aber  Jösep  erschrac. 
aber  „widerum^  widerspricht  dem  zusammenhange.  Die  lesart  d< 
übrigen  hdschr.:  da  von  fuhrt  darauf,  dass  dar  abe  zu  lesen  ist 
Gregor.  2356  nü  wart  Gregorjtts  dar  abe  vil  harte  riuwec  unde  m 
vrö.  In  der  Zimmerischen  chronik,  citiert  bei  Uhland  in  der  abhai^<i- 
lung  über  die  pfalzgrafen  von  Tübingen  (Gesammelte  werke  5.  bd.  s.  l^O) 
heisst  es:  darab  erschrok  der  graf  nit  wenig  und  er  solU  darab  9-^^i 
erschrecken,  und  1500  sich,  da  verdirbest  du  abe, 

1503  fg.  vgl.  Trist  16765  von  disem  berge  und  disem  hol  so  tf:?^w^ 
ein  tageweide  wol  velse  dne  gevilde  und  taüeste  unde  wilde, 

1507.    xwen  ist  ofTenbar  ein  Schreibfehler  für  xwelf,   wie  särr&t;- 
liehe  hdschr.  ausser  B  haben. 

1517  und  1518  stimmen,  wie  auch  EochendörfTer  bemerkt  kmfiLt, 
zu  Tund.  43,  42  (Wagner  201  fg.),  doch  muss  zugegeben  werden, 
die  lesart  von  A  über  riche  noch  über  armen  besser  in  den 
menhang  passt  Es  könte  dem  Schreiber  hier  die  bekante  formel  sti^xs 
der  erinnerung  in  die  feder  gekommen  sein.  Freilich  ist  auch  die  l^fS- 
art  von  C  gleichlautend. 

1523  hat  A  und  so  statt  also.     Das  und  scheint  mir  für   d^T^ 
Zusammenhang  durchaus  nötig.     Ich  schreibe  1520  tgg.: 

swenne  aber  ieman  durch  dax  lant 

fuor  mit  geseUeschaft, 

Ü7id  si  die  so  w^hdft 

und  diso  biderbe  Hute  fanden, 

dax  si  in  niht  genemen  künden,  usw. 
1541.   Die  übereinstimmende  lesart  von  AG  so  si  ihi  gewinn^^ 
brühten  verdient  den  vorzug. 

1547.  A  schiebt  hinter  getoinne  ein:  des  tages,  C:  kkUe,  D^^ 
lezte  verlangt  schon  der  gegensatz  zu  morgen  v.  1551;  ebenso  ]&i  gcf^ 
mit  C  wegen  dne  teil  1549  einzuschieben.     Ich  lese  1544  fgg.: 

nu  berieten  si  sich  xeiner  stunt 

dax  si  saxten  ir  löx: 

ex  waere  klein  oder  gröx 

s^wax  in  xe  geteinne  hiute  kam, 


^^^^H  da»  den  einer  gar  narrt  fl 

^^^^P  und  in  hMe  äne  teil  ^ 

HttiJl   „an  (lemselben   tage"    und   morgen    „am  folgenden   tage" 
Sommer  z.  Flore  3322. 

1563.  dax  fihe  vor  in  al  ezxetid  gie 

Ü  allex  ex-xe-fule,    B  alicz,    C  alsanfte.     Ich  vermute:    iJax  inh  vor 
ilx-ane  ffie.    Über  ähnliche  entstellungen  des  alten  oücx  o»  oder 
»  B.  Haupt  z.  Erec  4178. 
1572.  einer,   wie  B  hat,  kann  richtig  sein,     fö  steht  hier   im 
eines  demonstr.,  e.  Paul  h.  Bnrnne,  Beitr.  II,  518  %g. 
1576  fg.  sind  nach  C  zu  vervolstandigen :  ir  müexet  iuwer  wette 
I,  ween  ich,  von  andenn  bejage.     Ebonso  muss  es  1578  nach  ÄC 
Bn:  ich  enmuote  an  iwer  deheines  tage  nie  deheines  teiles. 
1586  fgg.  vermute  ich: 

und  ml  sicherlich  nü  l*ben 
xe  gemache  und  nach  eren 
und  teil  der  mite  keren 
etwa,  da  guote  Hute  sint. 
'verbessei'ung  des  handschriftlichen  mhi  in  nii  wird  durch  AC  gestüzt. 
Bchreiber  gebrauchte  wahrscheinlich  schoo  die  form  nun,  wodurch 
der  fehler  noch  mehr  erklärt 

1602.  Hier  haben  die  andereu  hdscbi-.  gegen  B  misverständhcb 
jdert,  denn  mit  diseni  nvo  kann  nur  heissen  „von  diesem  augen- 
I:  an". 

1620  vermute  ich:    wan  dicke  widergeÜ  geschiht.    Das  seltenere 

srgett,  das  in  AC  überliefert  ist,  konte  leicht  in  das  gebräuchliche 

,T6räadert  werden,  wähi'end  das  umgekehrte  nicht  wahrscheinlich  ist. 

1626  wird  die  Lesart  von  A  xe  rehier  mäxe  durch  Greg.  1075  fg. 

I  tiröude  und  sin  klagen  kund  ei'  xe  rehter  mäxe  tragen  bestätigt 

1651  lese  ich:  dax  fdndeHn  ist  mir  relit.  Da  dnrxuo  in  A,  der 
Igen  bdschr.  ausser  B,  welche  diesen  vers  überliefert,  fehlt,  so  ist 
itchtiger  dies  zu  streichen,  als  die  abkürzung  ki/ndel  zu  setzen. 

Auch  1666   ergibt  sich   das  richtige   nur  durch   kombinafion  der 
Khiedenen  handschriftlichen  leearten.     Ich  lese: 
sus  xöch  er  in  sinn  geivatt 
disen  Huren  geivin 
itnd  treij}  in  tnit  unwrrden  hin 

sin  hüs,  da  in  (den  fremden)  gexcJmch  ...  h 

gemach  mide.  reste.  ^M 


366  SPKiNcaB 

Statt  in  haben  zwar  alle  hdscbr.  inne;  dass  dies  aber  schon  ein  ait^r 
fehler  sein  muss,  beweist  die  vergleichung  mit  Greg.  487:  Nu  fuor^^^ 
dirre  tutse  man  ^ne  juncvrouwen  dan  in  sin  hüs,  da  ir  geschac^^ 
michel  guot  unde  geinach.     Diese  stelle  hat  Konrad  Yorgeschwebt 

1674  liest  KochendörflFer:  der  vmotgrimme  noch  allez  gie.  Da  es  in 
AC  der  wirt  grimmic  lautet,  so  ist  anzunehmen,  dass  wt  m  ^  ebexx- 
fals  eine  abkürzung  für  vdrt  ist  Ausserdem  ist  der  yersbau  fehlerhs^A. 
Ich  vermute:  der  tvirt  grimme  cUxane  gie.  Über  alxane  vgl.  zu  15Q3, 
Zu  1676  fg.:  sin  herze  begunde  wanken  umbe  stne  gevangen  ^^\, 
Gregor.  313:  Nu  begund'  ^tn  herxe  wanken  in  manegen  gedanken. 
1678.  er  blicte  ie  belangen 

die  frouwen  und  dax  kint  an. 
Über  belangen  an  dieser  stelle  handelt  Haupt  zu  Erec*  8407.   Er  meint: 
„Die  bedeutung  scheint  „„nach  langer  frist"",   was  im  Erec  und   clor 
Kindheit  Jesu  einem  „„zögernd*'*'  nicht  fem  steht**.  Vgl.  auch  W.  Grimm, 
HZ.  in,  272;  W.  Müller,  Germ.  VII,  137.     Nach  meiner  meinung  ver- 
langt hier  der  Zusammenhang  die  bedeutung  „von  zeit  zu  zeit**    [^g*/. 
1681    (er)  vant  ex  xe  aller  stunde  d.  h.  jedesmal].     Diese  bedeutung 
hat  über  lange,  welches  an  dieser  stelle  in  C  überliefert  ist     Dass  hier 
in  B  ein  Schreibfehler  vorliegt  ist  um  so  wahrscheinlicher,  als  ie  „im- 
mer*' sich  nicht  recht  in  den  zusammenhaug  fügt     KochendörflFer  (s.  1  7) 
meint  ohne  grund,  dass  die  lesart  von  C  „recht  unsinnig''  sei. 
1680  fg.  lese  ich  mit  C: 

nu  vant  der  schaxegiric  man 

dax  kint  xe  aller  stunde 

mit  laehundem  munde 

und  mit  spilnden  ougen, 
Für  die  richtigkeit  dieser  lesart  spricht  die  Übereinstimmung  mit  6r&^* 
3122.     Die  folgenden  verse  lauten  bei  KochendörflFer: 

als  im  wcere  tougen 

dax  ditxes  tville  wcere, 
C  liest  als  im  wäre  tSgen.     Des  mannes  Übeln  gebaerde;    B  hat  tpor^-' 
A  ix  wesse.    Die  lezte  lesart  könte  etwa  erklärt  werden:  „als  ob  es  i^^ 
stillen  die   Sinnesänderung  des  mannes   erkant  hätte".     Voigeschwe^*^* 
haben  Konrad  die  verse  aus  dem  Gregor.  863  fgg.: 

Der  eilende  weise, 

watid  er  deheine  vreise 

gefürhien  niene  künde, 

mit  einem  süexen  munde 

so  lachet  er  den  abbet  an, 

i 


ihreibe  dtmacb:    als   hn   was  tmigert  tUtx  tb'lxes  unUe  wtsre  „wie 
n  (als  einem  unverständigen  kinde)    die  böse  absiebt  des  man- 
trborgon  war". 

1688  ist  mit  B  zu  lesen:  under  wäen  begunde  er  schouwen, 
mau  die  wähl  bat,  üb  man  guude  oder  begunde  lesen  will.  VgL 
t  zu  Krec*  V,  23.  Der  auftakt  ist  kein  schwerer,  um  so  mehr  als 
id  ancb  die  synkopierte  form  undr  gebraucht 
1695  fgg.  Wie  die  teilweise  verwirte  lesung  der  handscbrüten 
ist,  die  alle  stark  von  einander  abweichen,  hat  hier  keine  der 
die  echte  lesart  bewahrt.  Dieselbe  ist  nach  der  vergleichung 
Bregor.  3174  fgg.  aus  den  verschiedenen  hdsfhr.  etwa  folgender- 
m  herzustellen: 

n«  vermute  er  an  im  nie, 
em  sähe  ime  ie 
diu  vugen  über  walhrt, 
die  heizen  xäker  vaÜen 
aber  den  hart  her  ze  tat 
nach  ein  ander  86  gexal, 
dax  ein  xaher  den  andeiii  sluoc, 
sivoz  er  gewandes  ane  iruoc 
um  er  daz  alles  vor  beiffix. 
lefügcs  weinen  zu  schildern  heben  die  mittelhochdeutschen  dich- 
bervor,   dass  die  trähnen  das  gewand  benezten.     Vgl.  Sommer 
ire  1350.     Iwein  6226  wati  in  die  irehene  %'ielen  von  den  ougen 
wdt.     Das  vor  vor  begd^  in  v.  1701,   welches  in  OF  fehlt,  wird 
durch  Rudolf  v.  Ems,  gut.  Gerb.  6641  sin  weinltch  jämer  was 
da^  er  üf  stner  brüst  t>ego$  vor  im  in  jämer  dof  geivant. 
1711.  Der  die  IsrakefHen 

bt  Fharadnes   xilen 
üx  Effijpto  leite 
und  in  trucken  wec  bereite 
durch  dax  wilde  jner 
unde  ir  tiimule  her 
dar  inne  lie  beliben  tat 
und  Sil  dax  himelische  brät 
in  der  wüeste  regetien  Uez 
und  üx  dem  Herten  steine  hiex 
lüter  waxxer  rinnen, 
der  geruochte  den  werden  innen 
einer  barmunge  ttrsprino. 


Gb  ist  dies  eine  von  den  stollon,  auf  welche  EochendÖrfTer  (s.  IS)  des 
Vorzug  von  B  allen  andern  bdschr.  gegenüber  begründet.  Der  üsn 
der  V.  1722  fg.  soll  nacli  ihm  eeio:  „Der  räuber  gedachte  der  grossen 
bami Herzigkeit  gottes  und  witrde  dadurch  selber  zur  milde  bewegt', 
Diese  künstliche  erkläning  ermöglicht  er  aber  nur,  indem  er  annimt, 
dass  in  der  verlorenen  urhandschrift  statt  werden  innen  das  alte  in- 
bum  imien  „in  erinnerung  bringen"  gestanden  habe,  das  er  jedoch 
selbst  nicht  in  den  text  zu  setzen  wiigt  Der  sinn  der  verse  1722%., 
wie  sie  in  fi  überliefert  sind,  kann  nur  sein:  „Gott  Hess  dem  ränbar 
seine  barmherzigkeit  zuteil  werden".  Das  passt  aber  offenbar  nidit  in 
den  Zusammenhang.  In  ACF  lauten  die  verso  1720  fgg.: 
der  üz  dem  herten  steine  htei, 
liiter  waxxer  fiiexen, 
der  geruochte  ouch  disem  entsUexen 
siner  bamtunge  ursprmc. 
Kochendörffer  meint  den  vrsprinc  dt^r  barmutige  einem  cnisliexen  heisse 
„barmherzigkeit  an  jemand  Üben"  und  verwirft  deshalb  diese,  wie  er 
selbst  gesteht,  poetisch  schöne  lesart.  Nun  ist  aber  seine  auslegung 
nicht  richtig.  Der  dichter  vorbleibt  vielmehr"  im  bilde;  „So  wie  et 
einst  Moses  wasser  aiis  hartem  felsen  fliessen  liess,  so  eröfiiete  er  auch 
den  quell  der  barmherzigkeit,  der  in  dem  harten  herzen  dieses  sündure 
verschlossen  lag".  Kochendörffers  irtum  ist,  dass  er  barmunge  vi 
Gott  bezieht,  während  es  sich  unzweifelhaft  um  das  erbarmen  handelt, 
welches  der  räuber  an  den  fremden  übt 

1734.    hin  %e  mir,  wofür  C  von  mir  liest,  scheißt  das  richtige. 

1738.  vart  alUx  sanfte  itdck  mir.  Anch  hier  führen  die  va- 
schiedenen  losarteu  auf  das   alte  ahane;   vgl.  zu  1563. 

1745.  als  rehte  liep  als  ich  dir  si.  Buprecht  von  Wauihatf, 
Von  zwein  kaufleuten  Ztscbr.  f.  d,  phil.  VII,  65  fgg,     V,  869. 

Zu  1749  fg.  vgl.  Erec  1120  fg.  ivaz  ir  geschach  xe  leide  von  dm 
riUer  üf  der  heide  und  Erec  932  %g. 

1755  lies:  dax  ich  dirs  immer  likte.  Nur  B  hat  dir,  was  nnzwti- 
felhaft  ein  Schreibfehler  ist. 

1763.  Der  zu  kurze  vers  ist  mit  F  durch  den  zusatz  vor  (vmfi 
alier  zu  ergänzen.  Vgl.  Lanz.  8834  Ji^lt  vor  aller  sni'ivix  und  274% 
dö  saeh  er  sitxen  da  einen  man,  der  was  gni,   sin   hür  von  aUff 

1764  fgg,  lese  ich  {v.  1766  nach  der  übereinstimmenden  lesUl 
von  ACFG); 


ob  er  die  frotiwen  Üit  beste, 
des  enweixr  ich  ah  noch  an. 
er  ist  lihte  ir  valcr  oder  ir  man. 
te  ist  durch   „vielleicht,  möglicher  weise,  etwa"  zu  übersetzeo.     An 
3  alte  Itcheii  —  „äbnlich  sein"  {vgl.  Kochendörffer  s.  17)  ist  nicht  zu 
uken. 

1767.    Ulan  ist   wahrscheinlich   mit   AGCi   zu  streichen   und   iiiicli 
766  ein  [luokt  xu  setzen. 

1770.  ob  si  dnz  lci?it  udle  baden 

des  hilf  in  so  du  beste  megcst. 
wie   ACF  hat,    ist  allein   richtig;    sonst  mrtste  es  ja  ir,    nicht 
lauten. 

1780  lies  mit  ACG:  ab  ex-  ir  triieu-en  tohte. 
1789  lies;    in  ir  herzen  sl  des  jacli.     Für  die  einschiebung  von 
f   mit  P  spricht  der  gebrauch  Hartmaans,  vgl  Greg.  508  und  1772. 

1794.   Wenn  hier  B  hegunde  statt  gunde  schreibt,   so  kann  dies 
1  mit  für  einen  beweis  gelton,  dass  man  im  13.  Jahrhundert  hin  und 
der  gunde  für  begiinde  schrieb  und  spracli.     Denn   nur  so  läast  sich 
»  entstcUung  erklären.     Vgl.  Haupt  zu  Erec'  v.  23  und  oben  zu  514. 
Nach  1805  setze  ich  koion  statt  ktimiUB  und  schreibe  weiter: 
die  hende  vuoren  im  vil  gerade, 
um  da%  ex  sehä/men  began: 
der  jesl  oben  üx  dem  schaffe  ran. 
eine  bände  bewogten  sich  sehr  schnell  hin  und  her,  bis  es  (das  bade- 
Mser)    zu  schäumen  begann",     ruoreti    habe  ich  aus  ra/ren  in  B  mit 
igleichung  der  lesart  von  C  giengen  hergestelt,     F:   mm  waren  d.  h. 
g.  scheint  gerade  in  der  noch  jezt  üblichen   bedeutung   gefasst  zu 
tboD,  was  aber  dem  zusammonhange  widerspricht. 

1811  für  manx,  statt  man  sprechen  alle  bandschriften  ausser  B. 
1819,    an  ein  gras  „auf  eiuen  grasplatz",    wie  A   und  C   haben, 
t  offenbar  dio  echte  lesart 

1825  {gg.  der  udrt  iwte  läien  bourne  s6  xe  ?näxen  umbe  den  hof 
leitet,  ir  este  gebreitet  usw.  Über  das  pari  prüt.  nach  laxen  in  der 
deutung  des  inßnitiv  s.  Grimm,  Gr.  4,  126  tgg.  Schon  früher  ist 
ox  diese  konstruktion  gehandelt  von  Lat^hmann  zu  NibeL  585,  6  und 
aiecbe  zu  Iweln  3142.  Dass  sie  den  schreibem  nicht  mehr  geläutig 
ip,  beweisen  die  Änderungen;  nur  B  hat  hier  das  richtige  erhalten. 
t  den  Bchatten  spenden  den  bäumen  und  dem  klaren  quell,  die  in  der 
ibung  des  gartens  Erec  871S  fgg.  fehlen,  vgl.  Tristan  16734  Igg. 


1836.  Zu  under,  wie  B  richtig  für  dar  under  hst,  ve^eic^ 
sich  mite  für  dar  mite  und  14  täi  da  bi;  vgl.  Haupt  zu  Erec  1060 
und  oben  und  under  MSH.  2,  386";  3,  101';  Troj.  3751. 

1838,  Ausser  Erec  8735  vgl  Iwein  609  der  te  geutsen  von 
ein  tötriuwvsmre,  des  herxe  wiere  da  ffei'röut.  Flom  4424  tr  Aw/I 
(die  K.  der  edlen  trauter  in  eiuem  baumgarten)  schinet  dar  an,  iea 
sie  köchgemtieie  gcbent  allen  den  die  smäre-  lehent  und  dar  timie 
koment  dar:  swax  den  ungetnüeies  war,  des  werdetits  danne  ergebä; 
und  2087  dar  itffe  was  der  vögele  sanc  (in  numeger  wfse  tixu  tr  timt 
dem  grabe  xe  beiden  nUen)  so  süexe  %6  alleti  Atten  dax  ein  frätideläm 
man,  der  nie  fröude  geunm,  stner  swan-e  verg<exe,  ob  er  da  slütnii 
od  scexe. 

1855.  Es  ist  wol  besser  da  mit  AF  su  streiehen  und  gebresk  la 
schreiben,  wie  auch  B  hat. 

1857.    aJs  iimbc  ir  llp  ,als  wenn  es  ihr  leben  gälte". 

1877.  Ob  ergangen  oder  vergangen  zu  schreiben  ist,  wird  ticJit 
auszumachen  sein,  da  jenes  in  AB,  dieses  iu  CF  tiberliefert  ist 

1885  lies:  traf  her  unde  enbixe  wir.  vrid,  welches  in  B  Mlll, 
ist  in  AC  überliefert. 

1892.  Ich  glaube,  dass  wir  in  diesem  veree,  der  in  B  nicht  nbe> 
liefert  ist,  mit  Iwein  1222  gächspise  zu  lesen  haben.  Das  in  C  ftber- 
lieferte  gdhe  spisc  ist  nicht  weiter  belegt,  und  ähnliche  ändeningOi 
finden  sich  in  C  öfter. 

1900  fg.  »I  Iciiste  dicker  denne  iwir  des  süeien  kindetines  miail 
Ähnlich  a.  Heinr.  1427  fg,  si  kiisten  ir  fokter  munt  etewax.  mi  <toi 
dri  stunt.  Vgl.  auch  R.  v.  Ems,  gut  Oerh.  3531  fgg.  für  mtru  teer- 
den  vrouiccn  reit  mtn  sun  dicke  schouwen  sin  herzeclfchex  Uep  an  ir- 
dax,  muoste  et  dicker  danne  xivir  mit  süexen  blicken  dar  gesduhm. 
Ausserdem  erscheint  die  formol  dicker  denTie  xwir  nach  dem  Mhd.  wb. 
in,  955  auch  in  der  Weltchronik  49,  a. 

1902.  Auch  im  guten  Gerhard  wird  der  segenswunsch  von  4m 
scheidenden  an  die  zurückbleibenden  gerichtet  6579  tg%.  Du  icir  htrri- 
ten  uns  xe  wege,  in  die  vil  suchen  gotes  pfUege  gap  ich  die  vroKtn 
:  ir  man. 

1912  lies:  ex  was  s3  wiltUch  da  gestaÜ.  dd,  welches  nur  in  B 
feUt,  ist  nicht  zu  entbehren. 

1917  ist  emcesie  wol  druckfehler,  da  in  den  leaartcD 
)en  ist,  duss  B  eriwesse  hat;  auch  A  liest  wesse. 


'elches  nur  in  B  1 
LTtco  nicb^|M 


1923  ist  zu  lesen;  ahtts  äniumrt  tn  der  man.  Vgl.  Iwein  543 
I  antwurt  er  im  da.  Weitere  beispiele  der  apokopierton  form  a»/- 
'■  siefao  bei  Haupt  /..  Erec",  s.  414  fg. 

1935  liest  B:  hl  dem  mere  bi  d'  x,ejiu-v.ien  hant.  Kochen dÖrfFer 
üer  statt  U  der  geschrieben,  wol  um  die  widerholung  von  bi  zu 
meiden.    Diese  ist  aber  nicht  aiistöysig. 

1951,  xehant  räumlich  wie  2455.     Vgl  Haupt  zu  Erec  590,  wo 
1  Ürst  114,  73  nachzutragen  ist 
1965.  Nu  kete  nmnege  xU  dd 

ijebrhiwen  als  oui-k  anderswd  

der  leide  Uuvel  stnen  spot. 
Ut  gebrm-et,  d.  i.  ijebrüevel  „bewiesen". 
1971  fgg.  lese  ich: 

als  ex  im  o«eh  da  vor  ergie, 
da  in  da  (jot  durch  sin  höchvart  Ue 
mit  sinen  nötgestallen 
in  da%  ahgrüride.  vollen 
und  vaUeitt  immer  jn^re. 
,  1791    hat  AC.     vallent,    wofür  Kochondörffer   vollen   schreibt, 
B.     DasB  die  leaart  richtig  ist,    lässt   sich  auch  aus  der  lesart  von 
iaüet  schliesson.     undf  ist   in   nachlässiger  Wortfügung   gesezt    wie 
,  1088,  worüber  Haupt  zu  Erec  7028  zu  vergleichen  ist 
1978  fgg.  lese  ich: 

die  gote  aturxten  Iter  .te  tat 
mit  alie  üf  den  esterieh, 
(si  müesen  (hdschr.  viusen)  aller  tegelick 
xe  stückeltnen  brechen) 
ab  ob  si  solden  sprechen  usw. 
tt  siurxteii,  wie  A  hat,  bietet  B  stiexxe,  was  KochendöilTer  in  stie- 
I  geändert  hat.  Da  aber  das  intranait.  siöxen  in  der  bedentung  von 
eipitare  nicht  belegt  ist,  so  müssen  wir  wol  annehmen,  doss  der 
reiber  in  seiner  vorläge  stiex  er  fand.  Diese  lesart  ist  aber,  wie 
,  vergleich  mit  der  quelle  beweist,  nicht  richtig.  Für  alkr  teegelich. 
■  B  und  C  haben  (A  hat  alle  gnneinUeh),  schreibt  Kochendörffer 
iegeltch  (olle  iegelich  vormutet  Gombert  in  seiner  dissert.  s.  22). 
aber  diese  Verbindung  nicht  belegt  ist,  so  werden  die  verse  wol 
eingeBchaitete  reflektion  des  dichters  (möchten  doch  immerfort  die 
nbilder  zu  stücken  brechen!)  zu  fassen  sein.  Dass  viit  alle  in  A 
[kotige  lesart  gegenüber  nach  einander  in  B  ist,  schliesse  ich  auch 


362  8FBBNGEB 

daraus,   dass  G  an  entsprechender  stelle  vallen  hat,   offenbar  eine  ^t- 
stellang  aus  7nitaüe  oder  betaue.  |  "^ 

1994  fg.  daz  si  ir  gote  solden  sehen  gestceret  und  xebrotken.  A 
und  G  schreiben:  so  lasterlich  x.,  und  diese  lesart  scheint  allerdings 
die  richtige,  da  dem  Schreiber  dieser  ausdruck  wol  zu  stark  schien.  |   «^ 

Auch   1997  sezte  der  Schreiber  von  B  mit  zome   wol  nur  der 
deutlichkeit  wegen  für  mit  schalle  (schallen)  wie  in  GA  überliefert  ist       i  v 
2025  fg.  lese  ich:  \.'^ 

der  bedcehtige  man 

viel  nider  unde  bette  an 
B  hat  das  fi/ra^  eiQtjfiivov  behaftige,  was  durch  „vom  teufel  besessen- 
erklärt  wird.     Da  aber  hier  nach   dem   zusammenhange   ein   lobend« 
und  nicht  ein  tadelndes  epithcton  am  platze  ist,   so  liegt  unzweifelha^-rft 
ein  Schreibfehler  vor.     Die  übrigen  hdschr.  haben  dem  sinne  nach  üb^  :ä*- 
einstimmend:  G  vil  bedahti^e,  B  vil  bedachte,  A  der  gnote  tvol  versuw^^^ 
nefi  m.     Die  lesart  von  B  bettet  in  bettex  zu  ändern  scheint  mir  nic"Äit 
unbedingt  notwendig. 
2036  fgg.  lese  ich: 

dem  mnc  ex  vil  lihte  ergän 

als  wtlen  Pharaöne, 

der  dises  landes  kröne 

vil  gewalteclichen  truoc, 

tmt  got  Egyptum  durch  in  shcoc 

mit  xefieri  egesUciieri  siegen, 
unt  V.  2040  (in  BAE)    ist  das  relativ  temporale   „als,   da*'   und  nicB^ 
in  unx  zu  ändern.     Vgl.  darüber  Haupt  z.  Erec  7028.     egeslichen  sta^"^^ 
engestclichen  in  B  setze  ich  vermutungsweise  wegen  eisUchen  A  (C 
üchen).     Doch  kann  auch  engestlicheti  richtig  sein. 

2051  —  54.  Diese  nur  in  B  überlieferten  verse  scheinen  mir  v( 
dächtig. 

2057.  der  wärheit  AG  ist  wol  gegenüber  des  toären  in  B  di-^^® 
ursprünglichere  lesart,  da  lezteres  dem  späteren,  noch  jezt  üWichec^^ 
Sprachgebrauch  entspricht 

2069  fgg.    Auch  hier  haben  die  hdschr.  wilkürlich  geSndert, 
dass  keine  den  völlig  richtigen  text  erhalten  hat     Ich   glaube, 
nach  V.  2068  ein  punkt  zu  setzen  und  dann  mit  G  ein  absatz  zu  madie^^'' 
ist     Sodann  lese  ich: 

Ak  schiere  dö  er  erstarp, 

die  boteschaft  der  enget  tvarp  i 

in  Egyptum  von  Juded. 


^^^^^^V  zua  KIMDHEIT  JESU  363 

Vgl.  Gregor.  2973:  als  schiere  dö  er  erstarp,  ein  ieijlich  Römeere  tvnrp 
besundcr  stnem  künne  durch  die  gotes  wünne  unibe  den  selben  i/cwalt. 
£inen  kleinen  absoJiiiitt  von  10  rersen  haben  wir  auch  2093  —  2102. 

Zu  2073  vgl.  a.  Heior.  1356  dÖ  (uor  er  gar  dräte  wider  heim 
,fe  lande. 

3103  fg.  Die  fibereinstimmung  mit  Greg.  751  fgg.  Nu  laxen  dise 
rede  hie  und  sagen  tu  une  ex  ergie  dirre  vrmiwen  kindo  beweist,  dass 
hier  der  lesart  von  C  der  vorzug  zu  geben  ist  Es  ist  demnach  zu 
lesen:  JVil  läx,en  dise  rede  hie 

und  sage?i  iu  une  ez,  detn  ergie, 
der  usw. 
B  hat  ahten  statt  sagen,  was  ein  lieblingswort  dieses  schreibeis  scheint; 
TgL  1740,  wo  es  an  stelle  von  schaffe  in  AC  steht,  u.  Ö. 

2107  fgg.  Da  diese  verse  iu  der  lesart  von  AC  2323  genau  wider- 
tehren  und  solche  widerholungen  in  den  höfischen  gedichten  gebräuch- 
lich sind,  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  dass  der  Schreiber  von  B  hier 
wiUrürlich  geändert  hat;  v.  2108  macht  ganz  den  eiadruck  eines  flick- 
)e8.  Der  Schreiber  nahm  au  dem  seltenen  Uixen  „sich  gegen  einen 
]>enehmen,  ihn  behandeln",  welches  sich  noch  Farz.  11,  28  och  hat 
mich  der  kiinir.  hin  als  im  mtn  dienest  danken  sol  und  Iw.  2025 
teb  kdn  si  übele  Ulxen-,  sowie  4570  herre,  ir  liabet  misselän,  weit  ir 
den  Hier  alsits  län  findet,  auätoss.  An  allen  diesen  stellen  nahmen 
die  orklärer  (vgl.  Bartsch  z.  Para.  11,  26;  Benecke  u.  Bech  z.  Iwein 
2025)  bisher  die  bedeutung  „  entlassen "  an,  die  sich  aber  schwer  in 
den  Zusammenhang  fügt;  auch  wird  unser  „entlassen"  mhd.  durch  ver- 
iäxen  ausgedrückt.  Das  richtige  hat  schon  Lexer  im  Hodwb.  I,  1843  fg. 
■Zu  vergleichen  ist  auch  nhd.  „einen  anlassen",  das  in  älterer  zeit  auch 
iin  gutem  sinne  gebraucht  wurde.  Durch  die  einführung  der  losart  von 
^C  wird  auch  die  änderung  von  2109  bedingt  Es  ist  nach  2108  punkt 
SQ  setzen  und  forzufahreu:  dax  kam  int  sH  xe  stalen. 

2117.  Da  gcleiie  auch  „den  zoll  für  das  geleite,  das  geloifsgeld" 
bezeichnet,  so  ist  die  Ironie  des  ausdnicks  [anspieiung  auf  1525  fgg.) 
klar  und  eine  Änderung  ijicht  geboten. 

2118  lies:  und  dise  teilten  ir  gerinn.  Für  ir  AC  gegen  den  B 
«pricht  die  vergleichung  mit  Erec  3301,  Es  mag  noch  bemerkt  wer- 
den, dass  Bowol  hier  als  bei  der  abfassung  des  abschnitts  1503  fgg. 
Beben  der  lat.  quelle  die  rauberepisoden  aus  Hartmanns  Erec  3106  fgg. 
als  vorläge  gedient  haben;  vgl.  besonders  Erec  3190  fgg,  mit  Kindh. 
1672  tgg. 


364  8FBBNGEB 

2122.   Es  ist  hier  kein  grund  von  der  lesart  von  B  disem  unsm 
Herren  gastgeben  abzuweichen. 

2129.    schuxgendxe  halte  ich  noch  jezt  für  einen   Schreibfehler 
statt  schäehgendxe ,  s.  meine  bemerkung  in  Bezzenbergers  Beitr.  I,  53. 
2141.    B  liest  mit  gröxen  taunden,   AC  mit  starken  w.    Wahr- 
scheinlicher ist,  dass  später  starken  in  gröxen  verändert  wurde,  als  das 
umgekehrte. 

Zu  2151  vgl  auch  Mai  und  Beaflor  13,  38. 
2160  lies:   hie  ein  slac,  da  ein  stich.    Für  diese  in  AC  und  im 
Pass.  41 ,  26  begegnende  lesart  spricht  auch  die  rergleichung  mit  Iwein 
3734. 

2167  fg.  (92,  52)  lauten  in  B  entstelt: 

JcemerUchen  schrcei  we 
mit  armen  owe 
EochendörfTer,  der  s.  9  über  die  stelle  spricht,  stelt  folgendermassen  her: 

jcB7nerlichen  schrei  er  j^we, 
we  mir  armen,  6  we. 
Aus  der  vergleichung  der  übrigen  hdschr.  und  der  hier  nachgeahmten 
stelle  des  a.  Heinr.  1299  fg.  Vil  bitterlichen  st  schre  ^we  mir  vü  armen 
unde  owe.  (vgl.  auch  R.  v.  Ems,  gut  Gerh.  2087  ir  ieglicher  an  midi 
schre  anders  niht  dan  .^we  owe  . .)  geht  hervor,  dass  schr^  im  reime 
gestanden  hat.     Es  ist  zu  lesen: 

JcemerUchen  er  schre 
y^we  mir  annen,  Ö  we^. 
2169.    lätj  herre,  stän,  ir  tcetet  mich,     lät  stdn  „unterlasst  das" 
vgl.  Trist  11574,  11750,  15607. 

2193.  die  hende  huop  si  dicke 

mit  manegem  üf blicke 
xe  himel 
Vgl.  Greg.  2220  und  bot  sich  an  stniu  knie  mit  venje  vü  dicke  mit 
manegem  üfblicke. 

Zu  2211  fgg.  vgl.  Iw.  3475  mit  der  vil  edelen  salben  bestreich  si 
in  allenthalben.    Ich  lese: 

Nu  si  die  salben  hete  bräht, 
sie  streich  mit  guoter  andäht 
dem  man  in  die  tvunden, 
nu  wart  er  kurxer  stunden 
ganx  und  äne  mäsen  heil: 
Über  kurxer  stunde  „in  kurzer  zeit**   s.  Haupt  zu  Erec' 2300.    Vgl- 
auch  kurxer  tage. 


zun    KCÜIBBIT   .TEST'  36B 

2218  ist  mit  AC  ah  schiere  zu  schreiben, 
2224.  si  sitraeli  „du  MM  yenflde  sagen 

gote,  der  dich  erlccsei  )täl 
ler  blosse  infin.  bei  hohen  weder  im  althochd.  nucb  im  mhd.  üu 
iftt,  liegt  offenbar  ein  Schreibfehler  von  B  vor.  Ich  vermute, 
hast  aus  malmt,  einer  nebenform  iar  mala  (s.  Weinhold,  Alemann. 
378,  Bair.  gr.  §  325)  entstanden  ist  vmi/pn  hat  hier  die  bedeu- 
niireache  Laben,  sollen". 

2239.  si  gtebe  se  in  und  luetue  ir  habe 

Mfl  rugm  in  B  steht  in  allen  übrigen  lidschr,  mnlip..     Icli  vermute 
Ib  einen  Schreibfehler  und  setze  uvthe  in  den  text 
Die  nur  in  B  überlieferten  verse  2161  fgg.  lese  ich: 
dax  dinem  ein  senfte  wtere, 
detn  riuwc  und  iierien  swcbts 
trä/ren  umle.  Strien  ffll, 
dat.  dühte  jenen  ein  hertiu  xit 
dem  nie  nikl  leides  geschach, 
wand  er  habet  gemach  für  ungemach 
einschiebung  von  }tahet  =  hält  verlangt  der  Zusammenhang,  wände 
ie  Kochendörffer  schreibt,  ist  mir  unverständlich. 

Za  2275  vgl.   a.   Heinr.  1420    si   enwesten   iffie  gebären,    sowie 
d.  3031.   3916.     Kudr.  454,  1, 
2277  ist  UUent  siunt  wio  AEF  haben,  wol  das  richtige;  B  änderte 
weil  ihm  der  auadrnck  zu  stark  schien. 
2294.  (lax  si  in  machte  gesunl 

und  in  heilte  als  ir  man. 
sämtliche  hdschr.  ausser  B  die  taiitologie  und  in  heilte  nicht  haben, 
lürfen  wir  sie  wol  nicht  dem  dichter   zurechnen,   sondern   müssen 
n  B  schreiben:  d.  s.  i,  m.  g.  als  gälies  als  da  vor  ir  man. 
2396,  dax  triben  si  imx  si  gewau 

Sre  linde  rtcheit. 
BD  die  lesart  von  E  spricht  schon  der  nmstand,  dass  es  sich  hier 
zusammenhange  nach  gar  nicht  um  aaisseres  ansehn,  sondern  nur 
Teichtom  handelt.  D^m  Schreiber  ist  hier  eine  gebräuchliche  for- 
in die  feder  gekommen.  Ich  schreibe  mit  samtlichen  übrigen 
•hr,  von  gtiote  soUch  richeit. 
2298  feg.  lese  ich: 

ir  vletxe  dax  was  e  beleit 
mit  teken  bi  dem  viure. 
siracten  nü  vil  Hure 


pfi£lle  dar  unde 
unt  tepch,  dax  nieman  vutide 
dekeines  vürsten  kemenülen 
mit  wate  bax  beraten, 
stracken  sw.  v.  „ausgebreitet   Hegen".     Dass  UTuk  vor  ilar  Htidt-  (,<!» 
unten,  am  boden"  öfter  im  Parz.)  in  die  folgende  zeüe  gehört,  bewcisl 
die  lesart  von  F. 

2305.  ir  ivende  uruk  ir  stangen 

die  sehineii  alsQ  bevangen. 
Ich  lese  T,  2306  mit  allen  übrigen  hdaclir.:  die  warn  also  bthangm, 
obgleich  die  äodening  von  benangen-  „bekleidet"  in  behangen  auf  den 
ersten  blick  leichter  erscheint  als  das  umgekehrte.  Doch  bieten  vaA 
die  lesarten  zu  Greg.  3271  bevangen  neben  dem  richtigen  behäng«^ 
Tgl.  auch  Erec  8596  fgg.  si  (die  kemenfite)  was  wol  bchuiigen  mitguo- 
t&n  umbehangen:  der  genuek  was  vmi  gulde  rieh,  dar  zuo  icas  der 
estcrlch  mit  guoten  teppechen  gespreit  als  ex  des  wirtes  richeit  mal 
bringen  {für  bringen  Bech)  tnohte. 

2312  fg.   Vgl.  Greg.  1042  dii  hextin-ten  sich  starke  alle  ^nesaehe. 
2328.  in  yol.    Für  diese   Wortstellung  spricht  die  Übereinstim- 
mung von  AEF. 

Nach  2330  ist  der  punkt   zu    tilgen    und  2331  mit  ACEF  wul 
statt  er  (B)  zu  setzen. 

Zu  2343  Tgl.  meine  bemerkung  in  der  Ztschr.  f.  d.  a.  bd.  36,  16! 
und  Beneckß  zu  Iweiii  7400. 

Nach   2347   ist  eine   stärkere  interpunktion  zu  setzen   und  2310 
dt«  mit  ACF  zu  streichen. 

2350.  dax.  mr  nu  guot  und  vre  hän, 

iuwer  eigen  kneht  und  itiwer  diu, 
des  enjehe  wir  niernan  wan  von  iu. 
In  V.  2352   ist  i'on  mit  AF  zu   streichen.     Es  ist  zu  übereelzpii; 
„Bass  wir,  euer  tnecht  und  eure  magd,  mm  gut  tmd  ehre  haben,  i 
schreiben  wir  nur  euch  zu". 

2353  fgg.  lese  imd  interpungiere  ich : 

Nu  wol  )ier  ntinven  an  dax  gra 
wie  wunneeUeh  der  garte  was, 
da  von  ir  S  hörtet  sagen. 
Vgl.  1827  fgg.    Dom  schieiber  von  C  falt  ein,  dasa   dort  hof  pxoA 
wurde,  was  hier  ein  garte  genant  wird.     Diese  lesart  wird  aber  darcli 
die  anderen  hdschr.  gesichert 

Zu  2363  fg.  vgl.  Urst.  116,  59  /mi   tmig  fx  aJb-i 


ereelzPii; 

ben,  das  I 

r  genn*  *, 

niiu  ttuer  dorch  i 


t  367 

93  fgg-  verstohu  ich  Koehendörffere  tcxt   nicht     Ich  lese   mit 

rer  snlebnung  an  A:    23S6   die  •wlle  man  dar  truM kophe 

r  Wide  glas,  ko  pH  des  gesjudes  was,  als  ob  si  mafielßti  soMen. 
■  diener  wareu  ao  viel,  als  üb  man  eiue  grosse  hochzeit  halten 
)".  Dem  Schreiber  von  B  war  wol  d<ir  phir.  glas  nicht  gelSufig, 
iha  zu  dem  znsatz  von  vax  veranlasste. 

2402.    Auch  hier  ziehe  ich  küele7i  (AC)  vor.     Siehe  zu  1825  fgg. 

2407  lies:  r/iV  ez  abtö  diihle  guot 

2416,  Über  die  form  tele  (und  spanbete  2570)  vgl.  Lachmann  zu 
B  1212,  Ich  lese  mit  F;  rUtcft  Franxoiser  sUe;  franteis  ist  wahr- 
inlich  aus  ftanxeis*  entstelt. 

2422  fg.  lies:    dnz  diu  sch-ux^el  (schiUit  ief)   tif/srhcn  m  hrtcu 

genuoge. 

2466  lese  ich :  wan  ei-nex,  ist  mir  u-n/  hekunt.    Das  biMchränkeode 

„nur"  auch  2367.  Der  fehler  in  E  {rin  anderx)  erklärt  sich 
BO  Idehter,  wenn  wir  uns  erinnern,  dass  wan  später  mit  wandv 
fecbselt  wurde. 

2464  lese  ich,  indem  ich  das  zweite  und  in  B  streiche  (in  A 

^oty.  kuiisi,  guot  unde  bedieklckeil  und  fasse  j^ho^  als  subst  „ver- 
in,  beeitz". 

2483  lese  ich:  er  sprach  „dtircli  got,  war  tlet  ir?  Diese  lesart 
t  ausser  AG  anch  Pass.  47,  93. 

2513  bietet   unzweifelhaft  die  lesart  von  C  swaz  man  siki  und 

gesehffn  ma^  „sichtbares  und  unsichthares  (geister)"  das  richtige. 
Schreiber  von  B  hat  man  widerum  nur  aus  flücbtigkeit  ausgelas- 

Vgl.  R.  v.  Ems,  gut.  Gerhard  306  fg.  d^s  dn'valtigiu  vteisierschaft 
drin  kreften  werden  hiex  swax-  sieh  ie  gesehen  b'^t  und  dax-  mich 
f/eseheti  wart,  und  353  fg.  auch  lobeni  sttelecltchen  dich,  swax  mit 
kreften  sich  verborget  fuit  sd  taugen  vor  menschlichen  ougen, 
CS  itamei-  alle  vrist  von  menschen  ungesihtic  ist. 

2614.   Ueht,  vinster  unde  tac.     C  hat:  viristri  lieht  naht  un  tag. 

einschub  von  naht  verlangt  der  umstand,    dass  wie  das  licht  dem 

,   so  die  nacht  der  finstemis  entsprechen  muss.     Auch  in  der  ein- 

Dg  von  Rudolts  von  Ems  Weltchronik  (s.  Haupt  «,  gut.  Qorh.  333) 

m:   in  der  wisheät  —  mit  der  din  goteUchiu  maitt  vinster  lieht 

nde  naht  gescheidcn  hat  .... 

2521  fg.  Auch  hier  hat  B  wahrscheinlich  geändert  Statt  erbarme 
A  und  G  gcde^nke  min,  und  für  die  richtjgkeit  dieser  lesart 
instand,   dims  din  worte  des  Djsmas  wörtlich  übereiostim- 


mend  mit  der  lesart  von  A  auch  in  der  Urstende  127,  64  fg.  Untea: 
Heire,  nü  ffeiknke  min,  s6  rfrt  kamst  in  dax.  rS^h  din.  Vgl.  LuaS3, 
42:  Et  dicebat  ad  Jesum:  Domine,  memento  mei,  cum  tmeri»  in 
reffnum  tuum. 

2534  ist  noch  nach  AC  xxi  streichen.  Dagegen  machen  die  TcmS 
eingeschobenen  verse:  daz  Jdfnelriche  er  vor  Itesax.  die  nu  wirk  «in, 
die  merken  dax  durchaus  nicht  den  eindruck  der  nnecbtheit  Ebeneu 
nimt  der  dichter  2335  sd  nü  ist  maneges  tuirtes  site  auch  rncltsidit 
auf  die  Verhältnisse  seiner  zeit. 

2538  Bolte  kern  in  B  wirklich  eine  art  dittographie  von  hm- 
dis  sein? 

2551,  Statt  ertcnrp  ist  ivarp  zu  sclireiben,  wie  auch  in  C  fil»- 
liefert  ist,  was  Kochendörffer  in  den  lesarten  nicht  bemerkt  hat 

2554  fg.  Ps.  127,  2.  Labores  manuum  tuarum  qtiia  numduaäit: 
beatiis  es  et  bene  tibi  erit. 

2564  ist  iivel  einsilbig  zu  lesen,  wie  öfter  in  bair.-öBteir.  didh 
tungen;  vgl.  meine  dissert  über  Albers  Tiindalus  s.  9  ig. 

2636  fg.  Anklang  an  a.  Heinr.  263  fg.  in  klageten  elUu  diu  M 
da  er  inne  was  erkant. 

2651.  Die  lesart  von  B  wird  bestätigt  durch  Greg.  2701  M  wir 
dax,  zc  gewalie. 

2668.  Für  aber  ergibt  sieb  liier  die  bedeutung  „wider  einmal*. 
Diese  passt  auch  2923  (s.  Haupt  z.  Erec  6806  und  Eochendörffeis  beml 
Es  braucht  damit  nicht  auf  etwas  bestirntes  vorher  erzähltes  nicksiulil 
genommen  zu  werden. 

2675.    und  mel  xe  tode  sich  her  abe.     Die  lesart  von  A  ist 
zuziehen,  weil  eher  die  auslassung  von  sich  als  der  zusatz  wahrs^ra* 
lidi  ist 

2681.   sis  statt  si  (B)  ist  nicht  unbedingt  nötig. 

2711  ist  wol  zu  losen:  unt  leiten  daz  ivaxxer  drin. 

Nach   2712  ist  komma,    nach   2713  punkt   zu   setzen    und   dann 
fortzufahren:        s6  aoü  uns  weseii  vil  gäeh 
verlaufen  in  die  rinnen, 
so  mugen  se  uns  mht  entrinnen. 
Die  koush'uktion  von  mir  ist  gäch  mit  dem  infin.  (lesart  von  A)  obw 
%e  wie  gdheii    (vgl.  Orimm,  Gr.  4,  98)    ist   unzweifelhaft   das   richtig 
Der  änderung  in  B  vergleicht  sich  die  von  2712, 

Zu  2737  %g  vgl  Gregor.  2177  fg.:    Sich,  ja 
Wide  }Wul  mir  da  mite  gemachet  tna?iege  sweere. 


ist  vor     , 


ja  ums  ex  ie  (Iftufl^J 


2751.    Ich  halte  diese  nur  iu  B  überLieferteo  verse,    auch  wegeu 
at-    eltfnul,  das  dorn  (juten  mild,  nicht  ^niäss  scheint,  t'Hr  unecht 
277ß  fgg.     den  M/  er  anders  niht  erwarp, 
uan  dax  er  im  ^nc  furch  brach 
lind  uns  dräte  dar  uns  leilrkeri  sack. 
De-B  eirischub  von  drötc  {Neidh.  39,  15)  gebietet  der  Zusammenhang,  da 
der  jilngiing  nur  Jesus  seine  „furch"  zerstört,  die  anderen  kinder  aber 
bedroht,   vgi,  2741.     Zur  herstellung   einer  singemässen   betoniing  in 
I  T.  27T7  Ist  däxer  (einsilbig)  oder  dA-  zu  lesen;  vgl.  Lachmann  z.  Iwein  504. 
'  2784.   fuddi;  wie  BA  bat,  scheint  eine  schon  für  das  gute  mhd. 

geltende  form  von  fiirdfr. 

2794  lese  ich:  hit  di'itn  süh  ddx-  enn  gnadic  ni'.  er  im  hat 
AG,  er  B. 

2817.  ir  vike  weide  „futter  für  ihr  vieh",  nicht  viheweide  als 
komposit.  ist  zu  schreiben. 

2878  lies:  nu  seht,  welch  ein  kindea  spil.  ir,  weiches  in  B  ntelir- 
niala  falschlich  hinter  dem  imperativ  gesezt  ist,  fehlt  in  ÄC. 

2892.  Zu  dax  leben  enwäge  setzen  „aufs  spiel  setzen"  vgl.  Erec 
5478  du  sehest  eninlge  dinen  lip  vil  ^m.  2.  büehl.  Iü7  iliie  friuiide 
f*'tige  saite  si  enwiige  ir  lip  und  ir  ere. 

2901  ist  zu  lesen:  sit  aber  ich 

mich  her  x.uo  iu  geneigte 
und  iu  mit  wcrkeii  xeigle. 
üie    vergleichuBg   der   lesarten  zeigt,    dass  mich  in   ß   sich   aus  2902 
"'  tlio  folgende  zeilo  verirt  bat 
2912  lies  jmwA  statt  doch. 

2952  fg.  lese  ich:  ^^m 

nu  wer  imx,  S  der  iumbe  ^^^H 

etwoüen  trerdc  xe  ntan.  -^^P 

"Wehre  ihms,  bevor  er  völlig  zum  manne  heran  wächst"  (und  du  iHn 
''aoo  nicht  mehr  zwingen  banst)  e  der  t.  haben  A  und  C,  aber  auch 
"'«^  in  B  ist  deutlich  aus  e  eulstelt  Vgl.  Gregor,  577  unirtle  er  irmmer 
^-  fiian.  Zu  der  lesart  von  C  stimt  genauer  R.  v.  Erna,  gut  Gerb. 
**  fg.  wis  uiid  wwatidelbtere  was  er  geioalisett  xdnetn  man,  wo 
**<^schr.  B  ebenfals  xe.  man  hat 

2970  wird  der  fehlerhafte  versschluss  (s.  Lacbmann  z.  Iwein  4098 

**■  -lÖS}  vermieden,  wenn  wir  schreiben  seistä  mir  r4ht,  so  i 

m^^    ouch,    weiches   in   A   überliefert,    ist,    konte   vor  ich    in   B    leicht 


370  SPANIKB 

2978  vermute  ich:  des  enwil  ich  künnen  daz  ich  kan  ^daram 
will  ich  nicht  erst  kennen  lernen,  was  ich  schon  weiss,  kunnen  ist 
die  lesart  von  AC,  das  in  B  nach  späterem  gebrauche  in  chunden  (s. 
die  wörterb.)  entstelt  ist. 

2990.  wäre  als  schelte,  von  Lachmann  Iwein  4924  mit  berufuDg 
auf  unsere  stelle  (s.  die  lesarten  und  Beneckes  bem.  z.  d.  st)  eingesezt, 
wo  aber  mit  Bech  ttoerc  zu  schreiben  ist 

2992  lies:  die  Jiabe  dir  eine  „die  behalte  für  dich  allein **.  Das 
in  B  zu  arte  entstelte  eine  fehlt  in  AÖ. 

3006  fg.  lese  ich:  disiu  starken  mcere  dühtn  in  ungeloupUck 
Vgl.  a.  Heinr.  1073:  Daz  dühte  in  ungelotiplich, 

NORTHEIM  IM  OKTOBER  1892.  ROBERT  SPRENGER. 


EIN  BEIEF  THOMAS  MUENERS. 

In  der  NB.  und  SZ.  versichert  Murner  widerholt  ^  dass  er  ,in 
der  gemein"  geredet  habe  und  bestimte  personen  mit  seinen  strafen- 
den werten  nicht  habe  treffen  wollen.  Auf  der  kanzel  in  Frankfurt 
wo  Murner  1511  und  12  auch  über  die  NB.  predigte,  hat  er  diese 
seinem  Charakter  widerstreitende  Zurückhaltung  gewiss  nicht  geübt 
Es  bezeugt  dies  auch  ein  brief  Thomas  Murners,  den  ich  hier  zur 
Veröffentlichung  bringe  2.  Die  Vorgeschichte,  soweit  sie  sich  aus  dem 
briefe  selbst  ergibt,  ist  folgende.  Mumer  hatte  von  der  kanzel  über 
die  frau  des  Hans  Mey  —  wahrscheinlich  über  deren  sitliche  führung 
und  am  ende  gar  über  ihren  verkehr  mit  Barfüssermönchen  —  sich 
äusserungen  erlaubt,  durch  welche  der  gatte  sich  beleidigt  fühlte.  Hans 
Mey  verklagte  deswegen  Murner  bei  seiner  ordensbehörde.  Die  ange- 
legenheit  wurde  verhandelt,  und  auf  grund  des  ihm  vorliegenden 
berichts  war  der  provinzial  (Georg  Hoffmann  in  Strassburg)  nicht 
geneigt,  sich  auf  die  seite  Murners  zu  stellen.  Dieser  wolte  jedoch 
seinen  vorgesezten  zu  einer  andern  meinung  bringen  und  den  Wahr- 
heitsbeweis  für   seine   behauptungen  antreten.     Inzwischen   verbreitete 

1)  Vgl.  Narrenbeschw.  2,  107  fgg.;  90,  20fgg.;  97'''*;  97,  27  fgg.;  Schelmen- 
zuuft,  Entschuldigunoj  2  fgg.;  41  fgg. 

2)  Ich  hatte  mich  mit  einer  anfrage  nach  Murner  betreffenden  Schriftstücken 
an  horrn  stadtarchivar  dr.  R.  Jung  in  Frankfurt  a/M.  gowant,  der  mir  darBufliin 
mitteilte,  dass  sich  unter  den  Barfüsser-akten  des  Stadtarchivs  derartige  papiere 
bofiinden.  Die  Veröffentlichung  derselben  hat  mir  dann  der  herr  stadtarchivar  gütigst 
überlassen.  Hierfür  wie  für  die  freundliche  Unterstützung,  die  mir  herr  dr.  Jung 
wähnend  meines  arbeitens  im  Stadtarchiv,  besonders  bei  der  eutzifTerung  undeutiidi 
geschriebener  woiie  angedeihen  Hess,  sei  ihm  an  dieser  stelle  herzlicher  dank  gesagt 


RDS  Mey  in  Frankfurt  einen  schmahbrief,  in  dem  ee  liieas,  duss  Mur- 
jr  vor  seiner  ordensbeiiürde  seine  beleidigenden  äusserungen  wider- 
nfen  habe.  Nun  sante  Murner  folgenden  brief  (Stadtarchiv,  Baifüsser- 
(rk.  88)  an  den  rat  der  atmlt  Frankfurt  a.  M.': 

I         Edlenn  /  vestenn  /  ersamen  /  weyseon  lieben  herren  /    Hnnß  mey 

tob   wort  willonn  /  so   ich   vß  wamung   fruramer   herren   zÖ  ere  dem 

plen  /  vnd  nutz  diasem  gotzhnfl  /  Hyii  bußfrouw   antroffenn  /  mit  der 

forheyt  gethon   hab  /  hatt  sich   wider   mich   erhabt  /  mit   treSeliehen 

leawortcn  vnd  falschem  erdichten  /  eyn  erlognen  /  erlassenn  /  schmacli 

pfiff  mengküchen  zö  zeygenn  /  eyn  widerräff  antreSenn   so   ich  syner 

(pawen  solt  getlion  habenn  vor  vnser  giuiteer  provintz  /  des  sieh  mit 

rorheyt  nymmer  erfinden  mag  noch  kan  /  des  ich  mich  erbdt  vff  myn 

IkDtze  provintz  /  wie  ich  vff  syn  auclag  /  myn  wort  beharret  hab   mit 

pbietuug  erlicher  kundtschafft  die  by  zu  bringenn  /  vnd  ob  schon  myn 

Fürdiger  vatter  der  provintial  vß  falschem  bericht  vereiglet  liptt  /  des 

^  mich  nit  zfi  jm  versühe  /  So  byn  ich   in  wiUen  vnd  hofl'enn  in  mit 

'orheyt  eyns  andren  zu  vnderrichten  /  vnd  solchs  bandelß  hanß  meyen 

kit  recht  nit  zfl  crlossenu  /   Ich  hoff  ir  myn  gnedigen  hen-en  lasst  mich 

g   vwrem   myncm   armen   dienst  nit  also   mit   der  worbeyt   erloß  wer- 

pn  /  vnd   tassen   zft   hertzen  das  ich   ucb  myu  gnedigen  herrenn  vnd 

^nor  frummcn  geraeyn   zön   ereu  here   byn   gesandt  wordenn  /  vnd 

elffendt  myr  so  fer  ich   recht  hab  zÖ  synen  ziten  zö  eynem  erlichen 

vnd   frundtlichenn   absoheidt  /  Ist  myn  gentzlicher  fflrsatz  vö   solchem 

dienst  zö  wichen  dorj'n  beroubung  der  eren   myn  Ion  soll   syn  /  oder 

^darin  von  vch  myn   herrenn   getrrist  zä  werdenn  /  denen   ich  mit  wil- 

Bln   gern   lang   dienen   wolt   so   fer   ich    mit   recht  by  eren    bclibenn 

lacht    bitt  vwer  gnad  /  eyn   solchen   schmach    brieff  Tngewarnet   syn 

•nder  uch  zfl  nemmon  /  das  er  nit  ettwas  zft   dt»  brieffs  vorendrnng 

icbte  /  vnd  myr  do  von  eyn  cnpy  lassen  werden  biß  zfl  vßdrag  der 

lohen  /  vnd   myr  darin   alB   vwrem  armen   gewilligen   dienor  /  raten  / 

Iffen  /  vnd  gebietten  /  myn  ore  zft  rettenn  so  fer  icii  recht  hab  /  Ich 

iQt  mich  ouch  aller  volge  vnd  gehorsam  vch  myn  gnedigenn  liebenn 

/  den   mich   der  erlogen   erloß   handel  schier  vmb  alle  vemunfft 

Bd  syn  bringt 

Thomas   nnirner  leßmeyster   zilm   barfüssenn   vwerer  ensamen 
wißheyt  armer  gewylliger 


I)  Die  interpunktioD  und  nrlhograpliJe  diesoH  briofaH  habe  icb  nicbt  gtiüiid^rt, 
r  die  abkiirouugeii  siad  aufgelost  Bei  den  jjq  weiteren  mitgoti>ilten  äclirinslüukcn 
fhe  ich  jeiloch  zur  Verdeutlichung  moderno  interpuuktioaszeichen  eingeBcxl. 


(Auf  der  riickseite   von   der  band    des   stadtschi'eibers :    Bruiler  Tliüni» 
iiifirnür  schribt  vber  hanssen  meyen.) 

Dieser  brief  ist  nicht  datiert.  Ich  finde  jedoch  im  Frantfortcf 
börgermeisterbiich  von  1511  s.  tiSb  eine  eintragung,  durch  welche 
die  zeit  genau  genug  bestirnt  wird: 

Feria  Quinta  post  Exaltationem  Crucis.  (19.  Sept  1511.] 
AIh  Thomas  mnrnor,    leßmeist^r  zu  den  Barfusseii,    bj^,    die  brieff,  so 
hans  mey  hinder  ime  hat,  —   den  leßmeister  betreffen  —  her  fnrthun 
vnd  dem  rat  anzeigen:  sollen  burgormeister  darin  handeln. 

Der  rat  scheint  also  dem  wünsche  Murners  folge  geleistet  n 
iiaben.  Inzwischen  hatte  der  rührige  Franciskaner  gewiss  alles  ao^ 
boten,  nm  seinen  provinzial  für  sich  günstiger  zu  stimmen.  Hans  Mey 
bekam  nun  von  diesem  einen  brief,  worin  ihm  wahrscheinlich  auch 
vorwüi-fe  über  sein  verleumderisches  vorgehen  gegen  Mumer  gemaolrt 
wurden.  Murner  hätte  nun  gern  genau  den  Inhalt  dieses  briefes  ffr- 
kant.  Er  wante  sich  deshalb  an  den  rat  mit  der  bitte,  ihm  eine 
abschritt  desselben  verschaffen  zu  wollen.  Ich  ersehe  dies  ans  folgen- 
dem vermerk  im  bürgermeisterbuch  s,  69a: 

Feria  Quinta  post  Bemigii.    [6.  Oktober  1511.| 

Als  doctor  Thomas  nnirner,  leßmeister  zu  den  Barfussen,  bitt 
vmb  abschriÖt  hansen  meyen  brielTs,  so  er  von  dem  provincial  bekomen 
liat:  Jme  abslagen. 

Aber  auch  Haus  Mey  wolte  gern  den  (oben  veriifFentlichten)  brirf 
Muruers  sehen,  der  dem  bürgermeister  veranjassung  gegeben  halle, 
gegen  ihn  einzuschreiten.  Uuter  demselben  datum  wie  oben  ist  fel- 
gender  beschluss  eingetragen: 

Hansen  meyen  doctor  mornei-s  brieff,  er  Jn  den  Rat  gethan  bat, 
abslahen. 

Die  ablehnende  haltung  des  rats  in  beiden  lallen  wird  luu 
nur  berechtigt  finden  können.  Es  war,  wie  man  deutlich  sieht,  <lffl 
Stadtbehörde  dai-um  zu  tun,  die  unangenehme  angelegenbeit  zur  ruh« 
kommen  zu  lassen.  JiaBu  übrigens  die  frau  des  Hans  Mey  nicht  at 
den  bffltbeleumdeten  gehörte,  scheint  mir  aus  einer  kurzen  aber  tid- 
sagenden  eintragung  im  bürgermeisterbuch  s.  124a  hervorzugehen: 
Feria  Tertia  in  die  sancti  mathie.     [25,  febr,  1512.] 

Als  hans  mey  bitt  fnr  syn  hußfraüwe  zu  eyner  Bere  ammen  uff 
zu  nemmeu;  beruhen  laisßen  vnd  naeh  redelichen  amraen  ateeiL 

Wie  sehr  der  streithandel  mit  Hans  Mey  den  leidenschafUicboii 
Murner  erregte,   geht  ans   dem  tone  seines  briefes  deutlich  genug  ba^ 


EIN   BRIEF   MÜRNEBS  373 

vor.    Es  ist  doch  nun  nicht  mehr  als  natürlich,   dass  er  in  der  NB., 

mit  deren  abfassung  er  damals  ja  noch  beschäftigt  war,  seinem  unmut 

ansdruck  zu  geben  nicht  versäumte.     Ich  vermute,  dass  er  im  31.  ka- 

pitel  auf  die  ganze  angelegenlieit  angespielt  hat    Hier  findet  sich  jene 

drollige  Unterhaltung  Murners   mit  dem  wachsamen  hunde,   der,    den 

ehemann  warnend,  belt,   als  die  frau   („die    ist  erst  kurtzlich  zu  im 

kummen")  nachts  den  „klostersteg''  wandeln  will.    Nun  soll  der  hund 

das  leder,  das  die  frau  verbuhlt  und  verkauft,   gefressen  haben  ^  und 

deswegen  totgeschlagen  werden.     Mumer  tröstet  den  hund  damit,  dass 

auf  der  erde  treue  dienste  nun   einmal  so  belohnt  würden  —  wie  er 

es  selbst  erlebt  habe: 

Zw61ff  iar  dient  ich  in  einer  statt. 

Das  yederman  gefallen  hatt, 

Vnd  feiet  nun  ein  mal  vmb  ein  wort, 

Do  strafft  man  mich  als  wers  ein  mort; 

Der  langen  iar  gedacht  man  nie, 

Darumb  ist  kein  belonung  hie!     (NB.  31,  52  —  57.) 

Dem  armen  treuen  Weckorlin  bleibt  nur  die  aussieht  auf  das 
himmelreich  der  hunde.  Am  Schlüsse  des  kapitels  macht  Murner  von 
der  geschieh te  des  hundes  auf  sich  einen  Übergang: 

So  sich  die  reden  also  gyt, 

Mag  ich  warlichen  schwygen  nit, 

Wie  man  vns  armen  predigern  lont. 

Wann  wir  nit  glych  hondt  wol  geschont. 

Mit  straff  ein  wenig  laster  treffen. 

So  flftchendt  mann  /  die  wyber  beffen. 

Ich  thü  myn  bests  vnd  straff  die  lugen, 

Ich  schilt  das  laster  /  lob  die  tugent, 

Dir  zu  gut  vnd  anders  nit. 

So  sagent  sy:  „das  der  ritt  schitt 

Den  münch  in  synen  hals  hin  yn ! " 

Vnd  lonendt  mir  wie  weckerlvn. 

Hab  ich  nit  das  leder  fressen. 

So  bin  ich  übel  sunst  gesessen. 

Die  weit  bricht  vrsach  ab  dem  zun, 

Wol  an!  was  sol  ich  darzü  thün?     (NB.  31,  83  —  98.) 

1)  Marner  gebraucht  die  bekante  sprichwörtlicho  redensart,  von  der  Simrock 
"  *iiier  nbertragODg  des  NS.  s.  335  eine  reiche  Zusammenstellung  gibt,  in  diesem 
*'W«l  i»wdeiitig,  vgl.  NB.  39,  76;  LN.  980;  4571. 


Wenn  auch  durchaus  nicht  anzunehmen  ist,  dass  Murner,  wenn 
er  in  seinen  Satiren  in  der  icih-fonn  zu  uns  spricht,  iinmer  von  sich 
selbst  erzählt,  so  scheint  doch  in  diesem  falle  die  ganze  art  der  ds^ 
Stellung  darauf  hinmweisen,  dass  er  in  eigener  sache  das  wort  fiilirt, 
und  die  gewiss  nur  symbolisch  zu  deutende  leiden  sgeschichte  des  aimai 
treuen  huudos  hat  wol  nur  den  zweck,  —  den  prediger  selbst  im  beeteo 
lichte  erscheinen  zu  lassen. 

Man  würde  sich  nun  täuschen,  wenn  man  glaubte,  dass  der  kon- 
flikt  mit  Hans  Mey  Muniers  Stellung  erschüttert  habe.  Ich  Terßffenl- 
liehe  im  folgenden  einen  briefwechsel ,  aus  dem  hervorgeht,  daes  to 
Frankfurter  im  frühjahr  1512  den  hochgelehrten  und  geistlichen  nunn 
noch  gern  zur  ehre  ihres  gotteshauses  behalten  wulteu: 

Der  provinziai  Georg  Hoffmann  in  Straasburg  schreibt  dem  lU 
der  Stadt  Frankfurt; 

Mein  demMtigs  wijligs  gbett  boüor:  Strei^n,  Testen,  Eisonion, 
gunstigen,  lieben  Herrn!  Nach  dem  vnd  ir  mich  vor  joren  ern&tlidi 
vnd  vleißlich  geholten  haud,  doctor  Murner  euch  zfl  gefallen,  einer 
gantzen  gmäin  zü  trost  vnd  vnserem  vnd  eüwei'em  gotzbuss  zA  aHt 
lassen  hüben  in  franckfort  fdr  ain  leßmeister  —  des  icli  gaatz  gutvil- 
lig  was  vnd  noch  bin  —  wo  ich  das  mecht  verston ,  euch  meiDen  pJ^ 
digeu  Herren  zu  gefallen  sein,  wo  dem  also  ist,  lond  mich  das  gesclirifi- 
liehen  wissen,  will  ich  euch  zu  gefallen  komen  in  dem  vnd  anderem, 
so  mir  möglich  ist  Alß  meinen  günstigen  lieben  herm,  denen  got 
Tcrleyh  all  zeit  einen  gluckliaffiigen  stand  vnd  wesen. 

Datum  zfl  Stroiiburg  auff  mittwoch  noch  Jiidioji  nnun  domini  radli) 
[31.  märz  1512.] 

Doctor  Georgias  Hoffmann 
^^^^H  Barfiisen  ordens  provincial 

^^^^H  in  ober  di'itsch  laudenn.    (Stadtarc^hiv,  Barfüsser-uiiL^ 

^^^^^P  Über  diesen  brief  wurde  (nach  dem  bürgermeisterbuch)  folgeoilff 

V  beschiuss  gefasst:  Tertia  post  palmarum  [7.  april  1512]  Als  doctor  ßeot- 

I  gius  Hoffmann,   barfusßer  ordens  prouincial  jnne  ober  dutsch  laud«i. 

I  schribt,  wo  sie  doctor  morner  für  eyn  lesemeister  nu  behalten  begeim 

I  syn  wurden:  widder  fnintlich  schriben  vnd  uff  sin  wolegebllcDS  atetlsD. 

W  Auch   das  konzept  dieses  briefes  ist  erhalten    (Barf.-urt,  87): 

L  Hern  Georgen  HofFman,  Barfiißen  ordens  provincial  in  oberdntsHi 

H  landen. 

■  Vnnser  willig  dinst  sin  ewrer  Erwirdigkoit  zuuor  aubereir.  cmt- 

H  diger  gunstiger  lieber  her!    ewrer  wirde  schrifft,    vris  itzt  von  wigw 

H  des   bochgelerten   vnd    geistlichen   Bruder  Thema   muniers  dcKton  «tt 


iiif;<ü8chicl[t,  haben  wir  iiihiilts  verBtanden  vnd  Insson  es  zit  Ewror 
virde  gofallon,  durch  du»  das  gotzbnß  bi  ws  vnd  der  predig  stiil  mit 
ayiiein  frommen  gelorton  man  versehen  wirde;  das  wollen  vnib  diosolb 
E-wre  wirdß  wir  mit  willen  gern  verdienen. 

Datum  Üonrstags  nobst  niich  dem   heiligen  palraotag  anno  doniini 
XV'  duodecimo.     [8.  april  1512.) 

aEIDBI^ERG,   FKBRCAK    1893.  M,    SPAKIKlt. 


1»IE   BRIEFJ!:  VON  GOETHES  MÜTTER  AN   IHKEN  SOHN, 
ALS  QUELLE  ZU  SEINEN  WERKEN. 

Die  briefc  der  fraii  rat  Goethe  an  iliren  söhn,  deren  vcröSoiit- 
lic-hung  durch  die  Ooethegeaelschaft  im  jähre  1889  unsere  littei'atur 
"Hl  einen  wahren  schätz  vermohrl  bat,  wurden  auch  von  Goethe  selbst 
pObiihrend  gt^würdigt,  nicht  bloss  aus  pietiit,  sondern  auch  aus  inlerosse 
des  inenscheubeobacbters  an  der  liohenswürdig-uaiveo,  kraftvollen  indi- 
'^iUualilät,  die  in  ihnen  zur  ausspräche  gelangte.  Auch  Schiller  urteilte 
über  einen  ihm  zugesendeten  brief  in  ähnÜeliem  sinnet  Sorgfaltig 
'Wiwahrto  Gouthe  diö  briefe  der  rautler  auf  —  wenigstens  die  seit  endo 
1792  eingeJrtufeoon,  während  die  frfiheren  dem  beklagenswerten  ver- 
'*ronnnngsakfc  vom  2,  und  9.  juli  1797  zum  Opfer  gefallen  sind;  und 
'*^i  seinen  späteren  geschichtlichen  und  biographiscboti  werken  waren 
•*'«    ibm  oine  gern  benuzte  quelle. 

In  sniner  1821  —  22  ausgearbeiteten  Campagne  in  Frankreich 
'-■fzäblt  fioethe  nuter  dem  28.  oktuber  1792,  wie  mitten  in  dem  kriegs- 
'utuulte  ein  verspäteter  brief  seiner  nintter  angekommen  sei,  mit  der 
"^li  ttt'ilung,  dass  ihm  die  stelle  eines  "Frankfurter  ratsberrn  angetragen 
"•^r<te.  Nachdem  er  die  gefüblo,  die  dieser  antrag  in  ihm  erweckt 
''*^>*;,  gescbildert,  skizziert  er  den  inhalt  seines  absagebriefes  a»  seine 
iiutti'r,  „welche  sieh  auch  wo!  nicht  anders  erwartete",  und  fügt  hin- 
^  -  „Freilich  mag  dieser  brief  spät  genug  ?m  ihr  gelangt  sein".  Diese 
"^  sich  nebensächliche  bemerkung  wird  in  ihrem  Ursprünge  nur  dann 
''^»^(Sodlich,  wenn  man  ilio  gleichzeitigen  briefe  der  frau  rat  vergleicht. 
^^r  ei^le  „verspätete "  hrief  der  rautter  ist  zwar  nicht  mehr  vorhan- 
sgen   ist  vom    14.  decbr.  1792   ein    nach   Weimar   gerichteter 


dO)-] 


•"'IjaH^n,   in   dem    die   mutter    auf   die   ratsherrnstello  zurückkomt   und 
I  5^tUioh   um    cino   entscheidende    antwort   bittet.      Am    1.  Januar  1793 


boscheinigt  sie  dann  den  euipfnng  der  ablubuendOD  antwort  Ooöl 
den   Worten:    „Vielen   Dank   vor   deinen  Bcliönen  Brief  der  ist 
sein  soll  ich  werde  bey  deinen  Freunden  Gebrauch   davon  loachen''- 
So  waren  zwigcben  dem  miitterlicheu   briofe  mit  dem  antrag«  und  dia 
ankunft  des  absagenden  sehreibens  in  Prankfurt  mindestens  lü  wi 
verstrichen.     Goethe    ersali    bei    der  aiisarbüitung  der  Catnpogiic 
tatüAche  aus  dem  vorliegenden  briefe  »einer  mutter,  und  darauf 
sich  seine  benierkung. 

Auch  die  unmittelbar  vorausgehende  bemerkung,  dam  seine 
tor  sich  wol   nicht  anderes  als  eine  absiige  erwartete,    erklärt  sieb 
der  benutzung  desselben  briefea  vom  14.  derbr.  1792,   worin   sie  d*f' 
annähme  dee  ratshermpostens  in  verständiger  crwiigung  der  verhilinisae 
ebensu  entschieden  widerrät,   wie   sie  schon  früher  einer  verauchung; 
Morcks,  ihren  söhn  aus  Weimar  zurückzuholen,  eine  herlicho  vericuguunj 
ihres  mütterlichen  eguismus  ent^egengesezt  hatte'.    Ja  beinahe  wörtlich 
hat  Goethe  an  dieser  stelle  die  briefe  seiner  mutter  verwertet     Frau  m- 
mahnt  ihn  am  4.  decbr.  1792  von  einer  reise  nach  Frankfurt  ab;  „dut-IV  i 
tluit  mirs  leid,   dich   aus  deiner  ruhigen  Lage  heraus   zti   ziehen,  i«: 
eine  Gegend,    wo  mann  in  beständiger  Angst  lebt  und  athmet  .... 

Ich  bin   eine  schlechte  Gcograpliin  —  will   dir  also  nur  moldttn   

dass  der  guntze  Landstrieb  von  Speyer,  Worms  nnd  Mainlz  unHicher 

und  du  auf  dieser  Ruthe  nicht  her  kommen  kanst".  Sie  hat  grw»»_^ 
besorgnis  um  das  Schicksal  Frankfurts  und  schreibt  am  H.  decbr.  170S  -li 
^Solange  Maintz  noch  nicht  wieder  in  deutschen  Uuiiden  ist,  schwi'bt— •= 
wir  immer  noch  in  Furcht  und  Unruhe  —  Zunialil  da  auf  unsere  gut^* 
Stadt  von  Maintz  und  Strassburg  aus  so  infame  Lügen  auKguoticiK^' 
werden  ....  nnderdessen  sind  die  Francken  jetjst  erhosttt  —  und  küme  ' 
sie  zurück  Gott  weiss  ob  nicht  diese  Veriäumdungen  doch  Unkrat^^ 
unter  den  Waitzen  gesäJit  hätten''.  Damit  vergleiche  man,  was  Goc 
als  einen  grund  seiner  absage  anführt:  „. . .  zugleich  die  aussicJit  m 
der  Vaterstadt  getrübt,  ja  verfinstert  Mainz  in  französischen  händv 
Frankfurt  bedroht,  wo  nicht  schon  eingenommen,  der  weg  ilorttÜL. —  0 
versperrt,  und  innerhalb  jener  mauern,  Strassen,  plätte,  wohnnngi!^i 
Jugendfreunde,  blutsverwandte,  vielleicht  schon  von  demselben  unglüc^rrt 
ergriffen,  daran  ich  Longwy  und  Verdun  so  grausam  hotti;  leid£?Ji 
sehen:  wer  hätte  gewagt,  sich  in  solcJien  zustand  zu  stürKon".  Wi-nn 
sonach  die  weitgehende  benutzung  der  mütterlichen  briefe  au  dicsKY 
stelle  unzweifelhaft  ist,  ohne  die  Goethe  sich  nacJi  -iO  juliri'n   iniiiiiLt-ltr.* 

1)  Vgl,  ihren  brief  au  Ouelhe  vom  17.  juiu  1781,  j 


^H  HIUSM    VON    ÜOETHKH    MCTTTER   iLS    QUELLE    XC    .SKIN'KK    WIRKEN  377 

^B    gen&u  und  lebendig  der  damalij^en  verhültnisse  in  seiner  tilteu  hel- 
^Bat  hätte  entsinnen  können,  so  i»t  es  anderseits  interessant  fustzustellen, 
■Ibss  er  seinen  eigenen  absagebrief,   dessen  inbalt   er  eingt^liend  wider- 
I  gibt,  nur  wiikiirlich  und  oberttächlich  beniiKt  hat.     Denn  dass  ihm  sein 
I  One    erhaltener   brief  an    die    mutter   vom   24.  decbr.  1792   vorgelegen 
Pkat-,   beweiäl   die   genaue    Übereinstimmung   in    einigen    gedanken   und 
■  Ititsdrücken.     Aber  gerade  der  passus  fehlt,    den   er  in  der  Canipagne 
r  ds     den    ausschlaggebenden    hervorhebt:     „so    hatt    ich    nddi    andere 
lg:«*ünde|    hinzuztit'ügen,   die  auch   das  wohl   meiner   Vaterstadt   borück- 
"iobtigton   und    meine   dortigen  gönner  überzeugen  konnten"   usw.      Es 
,  Scheint,    als  ob  Ooethen  im  jähre   1821   sein   brief  von   1792   zu  ein- 
■teitig,    gevrissermassen    »u    egoistisch    erschien,    und    er    das    bedürf- 
I*i«   hatt«,    vor   der  Öffentlichkeit   die    gründe  seiner  absage  zu    ver- 
diene  nicht    bloss  durch    das   eigene,   sondern   in  erster  linie 
lUrch    das    interesso    an   seiner   Vaterstadt   zu    motivieren.   —     Ferner 
Brüht  jene    bemerkung:     „Freilich    mag    dieser    brit'f  spät    genug   »u 
i»r  gelangt  3cin"  auf  einer  (lüchtigkeit  Goetlios.     Hütte  er  das  datiim 
absagpbriefes :    den  24.  decbr.  1792   genau  mit  dem   datum  des 
Ikütterlichen    antworUchreibens:    dem    1.  jannar    1793    verglichen,    so 
^rde    er   eingesehen    haben,    dass   dieser    durchaus   pünktHch    beför- 
worden   ist.      So  aber   übersah   er   dies  datum.      Wälirend  er    in 
Wahrheit  «wei   monate  hatte   verstreichen  lassen,   ehe  er  seinen   lands- 
uten   auf  ihren   antrag  antwortete,    nahm  er  1821—22   an,    er  habe 
K>fort  abgeschrieben,    und   die  spate  ankunfl  des  brieles  sei  durch  die 
damaliger  kriegSKOJt   unaiehern   postvorhältnisse   verachuldet  worden, 
toch   kann   diese  ungenauigkeit  auch   nuf  absieht  beruhen.     Vielleicht 
npftmd  G.  bei  abfassuug  der  Campagne  dies  lange  schweigen  auf  den 
tirenden  antrag  als  eine  unhöflichkeit  gegen   seine  Vaterstadt,    und  er 
rermiod  es,  ihren  schlechten  eindruck  vor  der  Öffentlichkeit  zu  erneuem. 
ist  dies  ein  instruktives  beispiel  d;ifür,  in  welcher  weise  Goethes 
[äographigche   werke  sich  aus   Wahrheit  und  dichtung  zusammensetzen, 
ind  was  für  faktoren  bei  dieser  mischung  wirksam  waren. 

In  den  Annalen  oder  Tag-  und  jahroshef ten ,  die  1823  begonnen 
Trurden,  handelt  der  bericht  vom  jähre  1794  in  längerer  ausfübrung 
Hber  die  läge  seiner  mutter  an  der  spitze  des  väterlichen  besiztums  in 
Pnuikfurt  wälirond  der  hin-  und  herschwankenden  kriegsereignisse. 
|Di6ser  abschnitt,  der  ungefähr  den  neunten  teil  des  ganzen  jahresrefe- 
!  ausmacht,  beruht  fast  satz  für  satz  auf  den  mütterlichen  briefen 
ücsünders  ausgiebig  verwertet  wird  der  brief  vom  1.  aprij 
p<gewiflB  wegen  seiner  famosen,  dramatischen  tonn  noch  1823 


die  helle  freude  des  sohnee  «rweckte  und  diesen  so  gew 
bestach,  ihn  nicht  unbeachtet  zu  lassen.  Nur  so  erklärt  es  sid 
Goethe  die  unausgeführt  gebliebene  und  deshalb  bedeutungslose  l 
der  trau  von  La  Roche,  Weimar  zu  besuchen,  überhaupt  crw&hnle. 
Auch  zum  jahro  1795  hat  er  die  mütterlichen  briofe  nachgelesen.  Kr 
deutet  auf  diejenigen  „noch  vorhandenen  bricfe"  anderer  personen  und 
auch  seiner  mutter  hin,  die  ein  urteil  über  den  damals  erscheinenden 
W.  Meister  enthalten,  wie  denn  wirklich  frau  rat  mehrfach  auf  dieseo 
roman  in  ganz  interessanter  weise  zu  sprechen  komt.  Auch  den  Tor- 
kauf  des  väterlichen  besiztums  schildert  er  in  demselben  verlaufe,  wie 
es  ihm  die  briefo  an  die  band  gaben,  und  besclireibt  zum  sohluss  dis 
„neue  lustige  quartier  seiner  mutter  an  der  hauptwache",  wozu  ihn  die 
hübschen  briefe  vom  16,  mai  und  24.  august  1795  veraulassteo.  — 
Für  das  jähr  1796  ist  an  einer  stelle  ein  briof  von  fi-au  rat  direkt  lU 
qucUe  angegeben.  Goethe  skizziert  die  politiscli- kriegerischen  Verhält- 
nisse vom  juli  und  verweilt  bei  dem  unglücklichen  Schicksale  Pranl- 
furts  und  den  gefahrvollen  etlebnissen  seiner  mutter.  „Ihr  brief  des- 
halli  verdient  beigelegt  zu  werden".  Damit  ist  der  brief  vom  22.  joli 
1796  gemeint.  Aber  genauer  hätte  G.  deu  phira!  setzen  müssen;  denn 
nicht  einen,  sondern  drei  briofe  hat  er  hierbei  benuzt  Der  anf«B(t 
dieser  stelle:  „Dio  östreicher  gehen  über  die  Lahn  zurück,  bestehni 
bei  anniiherung  der  Franzosen  auf  dem  besitz  von  Frankfurt;  die 
atadt  wird  bombardiert,  die  Judengasse  zum  teil  verbrannt,  sonsl 
wenig  geschadet,  worauf  dann  die  Übergabe  erfolgt"  ist  nämlich  aus 
dem  folgenden  briete  vom  L  august  genommen,  in  dem  frau  rat  auf 
bitten  ihres  sohnos  einen  genaueren  borioht  von  dem  Unglücke  der  sladi 
schickt  und  so  den  vorigen  ergänzt:  „Im  engsten  Vertrauen  sage  dif 
also,  daes  die  Knyserlichen  die  erste  ursacb  gewessen  sind  —  da  sie 
nicht  im  stände  waren  die  Frantzosen  zurück  zu  halten  —  da  dieee 
vor  imsereo  Thoren  stunden  —  da  Franckfurth  keine  Festiuig  ist  — 
so  war  es  Unsinn  die  Stadt  ohne  dass  sie  den  minsten  vortheil  (Utuu 
haben  konten  ins  unglück  zu  bringen",  usw.  SobliessUcb  beruht  du 
folgende  in  den  Annalen:  „Die  Frankfurter  flüchten,  meine  nuitter  kill 
aus  ...  In  den  Rhein-  und  Maingogenden  fortwährende  Unruhen  und 
flucht",  auf  dem  briefe  vom  2L  juni  1796,  der  eine  anscbiuliclie 
Schilderung  von  der  kriegspanik  der  beviilkerung  enthält,  dem  gef:<ni- 
über  die  gottvertrauendo  coui-age  der  alten  dame  in  holste  boIeucbtnD)! 
rückt:  „Hier  war  wieder  eininahl  alles  in  grossen  SchwulitÜten  —  ein- 
gepackt  —  fortgegangen  —  Pferde  hestelt  —  täglich  vor  ein  Vkri 
11   gülden  bezahlt  damit  es  parat  wäre  —    manches  tiauss   brauchle  fi 


Brist 


jUlch  noch  mehrre  —  war  also  alle  Tage  so  viel  Pferde  so  vioi  Caro- 
fnea  —  die  Kutscher  haben  wieder  ihren  Schnitt  gemacht  —  auch 
■e  Schreiner  —  Packer  u.  d.  g.  Hey  diesem  Specktackei  bliebe  ich 
irie  die  gantze  Zeit  her  ruliig  —  packte  nicht  —  regte  mich  nicht  — 
Basen  —  Trincken  und  Schlaf  bekamen  mir  wohl  —  Erfahrung  brachte 
lung  —  der  3  mahl  geholfen  hat,  hats  nicht  vorlernt  —  Er  kan 
^h  jetzt  helfen'^  .... 

Viel  interessanter  als  dieser  quellenzusammenhang  zwischen  den 

bliefen   der  fran  rat  und  späteren  biographischen  werken  ilires  Sohnes 

ht  das  Verhältnis  zwischen   den   briefen   und   einem  gleichzeitigen  poe- 

ÜBchen   werke    desselben,    nämlich   Hermann  und  Dorothea.     Frei- 

icb  kann  hier  der  nachweis  eines  einflusses  jener  auf  dieses  nicht  so 

Mrikt   geführt    werden.     Dort   handelt   es    sich   um   direkte  entlehnung 

äes  Stoffes  und   dessen   Übertragung  aus   einem  historischen  dokumente 

das  andere;    hier  überwiegend  nur  um   anregungen,   die  den  dich- 

ischen  Intentionen  durch  die  briefe  zu  teil  wurden,  und  wo  wirklich 

mich  Übertragung  des  stolfee  in  frage  kommen  solte,  so  wiire  dies  doch 

Äbertragung  in  eine  ganz  andere  weit,    aus  dem  bereiche  des  lebens 

1  das  der  dichtung,   nnd  damit  notwendige   Umformung  und  abklä- 

ing  dieses  Stoffes.     Wir  müssen  uns  daher  hier  mit  einem  mehr  oder 

feniger  grossen   grade   von    Wahrscheinlichkeit  begnügen.     Ich   holle 

(her  doch  den  wahi-scheinlichkeitshewels  in  dem  masse  führen  zn  kö»- 

ten,  das8  er  künftig  in  betracht  komt.     Dazu  muss  ich  die  entsteluings* 

ät  des  gedichtes  und  alle  umstände,  die  auf  die  oonception  von  ein- 

iss  waren,  auf  das  genaueste  feststellen.     Deshalb  sehe  ich  mich  gonö- 

Igt,  manches  bekante  über  die  entstehungsgeschichte,   besonders  aus 

aiiisatze  Hermann  Schreyers:   Ooethes  arbeit  an  Hermann  und 

[torothoa:  Goethe -Jahrbuch,  bd.  X,  1889   und  aus  H.  Düntzers  kom- 

lentar  zn  H.  u.  D.  erweiternd  zu  widorholen. 

Die  quelle  zu  H.  u.  D.  ist  schon  1809  mit  Sicherheit  erkant;  es 
M  jene  erzäiilung  der  Salzburger  emigranten  von  1731.  Aber  sie  hat 
den  rahmen  hergegeben;  der  ganze  Inhalt  ist  eigentum  des  dich- 
Ibis.  Die  wichtigste  Veränderung,  die  Goethe  vorgenommen,  ist  die 
rlegung  des  Stoffes  in  die  französische  revotutionszeit,  die  i^rsetzung 
le  veralteten  konfessionamotives  durch  das  aktuell  politische.  Dadurch 
kt  die  dichtung  erst  ihre  seele  bekommen;  sie  hat  den  Stoff  aus  der 
jBchränkten  Sphäre  der  Idylle  in  die  weite  des  nationalen  bürgerlichen 
Ipos  erhoben,  und  der  augenblick,  in  dem  Goethe  den  entschluss  zu 
Umgestaltung  und  erwoitoning  fasste,  kann  als  die  eigentliche 
^ebortsstunde  der  dichtung  bezeichnet   werden.     Wie    ist   der  dichter 


dasu  gekommen?  Cboloyius,  desson  kommentar  zu  H.  u.  D.  auf  den 
höheren  schulen  noch  die  herschaft  führt,  greift  auf  Goethes  eigene 
erlebni880  in  der  campagne  in  Frankreich  und  bei  der  beiagerung  rnn 
Mainz  zurück;  er  weist  die  tibereinstiranmng  in  einer  reihe  einzeln« 
Züge  nach,  erinnert  an  den  gleiciien  sitlichen  und  künstlerischen  Stand- 
punkt, der  in  dem  gedifhte  und  in  seinen  beiden  biographisch-histo- 
rischen werken  gleichormassen  zum  ausdruck  käme  imd  zieht  folgenden 
8clilu8s:  „Diese  reminiscenzen  sind  hinreichendes  zeugnis,  dass  flneüie 
wirklich  das  gedieht  im  bewusatsein  jener  Vergangenheit,  in  der  unmit- 
telbaren erinnerung  an  seine  tTlebnisse  bei  jenem  wilden  kriegs-  und 
Huchtwesen,  das  gleichsam  die  kehrsuite  der  idyllischen  zustände  bil- 
det, verfasst  hat  ....  Die  damals  gewonnenen  eindrucke  bewirkten, 
dnas  er  die  geschichte  der  Salzburger  in  die  gegenwart  verlegte;  sio 
bestirnten  aiiffassung  und  behandlung  des  Stoffes,  geist  und  tundenz 
dos  gedichtes;  darum  können  wir  mit  recht  von  einer  zweiten  quelle 
desselben  sprechen.  Ja  diese  quelle  hat  eine  höhere  aatiir,  als  diu 
andere;  denn  ihr  verdankt  das  idyjl  die  gestalt,  die  seele  und  viel- 
leicht den  ersten  Ursprung.  Es  ist  wahrsehclnlich ,  dass  Goethe  mitdonr 
entwürfe  der  handlung  und  mit  der  ausbilduug  mancher  einzelheitm 
gleich  nach  seiner  rückkehr  beschäftigt  war,  und  Schiller  wusto,  da» 
er  sieh  bereits  mehrere  jähre  mit  der  idee  getragen  hatte",  (Brief  u 
Körner  vom  28.  Oktober  1796.) 

Die  Unrichtigkeit  dieser  ansieht  lässt  sich  durch  zwei  getionderte 
beweisgänge:  durch  eine  litteraturgeschichtliche  betraehtung  und  durch 
die  eigenen  Zeugnisse  des  dichters  auf  das  sicherste  dartun. 

Ooetbes  poetische  Produktion  ist  erst  1796  fQr  das  idyllische  epoa 
reif  geworden.  Goethe  ist  in  dem  bereiche  der  poesie,  die  das  episdte 
umfasBt  oder  wenigstens  nach  Inhalt  oder  form  an  dasselbe  gr«iizt, 
systematisch  von  gatt.ung  zu  gattung  geschritten.  Von  den  Römischen 
elegien  1790,  in  denen  das  epische  nur  erst  ein  mittel  zum  auxdniclLO 
des  eigenen  gefiihls  war,  geht  der  weg  über  die  episteln  1794,  deren 
erste  in  dem  eingefügten  märcheu  das  idyllisch -epische  schon  rein  zum 
ausdruck  bringt,  zu  der  herlichen  Idylle  Alexis  und  Dora  im  mai  1796. 
Der  glückliche  wurf,  den  er  hier  getan,  ermunterte  ihn  zu  weiteren 
proben  auf  diesem  gebiete.  Wir  wissen  sicher,  dass  auch  nach  Vollen- 
dung von  Alexis  und  Dora  der  nun  erst  hervortretende  plan  zu  H«ir- 
mann  und  Dorothea  nichts  mehr  als  eine  weitere  idylle  bezweckte, 
zumal  da  der  etoff  der  quelle  nur  die  reinen  elemente  der  idylle  bot 
Anderseits  halte  Goethe  den  weg  der  opik  schon  1784  mit  dem  be^Biv 
von  Wilhelm  Meister   beschritten,    ihn   aber  wider  verlassen,    nm  mS 


1793  auf  ihn  zurückzukehren.     Die  etjippen  sind  hier  Reineke  Fuchs 
1793;  die  Unterhaltungen  deutscher  ausgewanderter  1794  —  95;  Wilhelm 
Meister  1795  —  96.     Erst  bei  der  ausarbeitung  und  vullendun^  dieses 
prosaischen  epcw  konte  ihm  der  gedanke  kommen,  die  nun  gewonnene 
einsieht  In  das   wesen   der   epik  an   einem   stofTo   auch   in  gebundener 
form  zu  bewähren.  —    Auch  Vossens  Luise  ist  als  Vorläufer  Ton  Her- 
mann und  Dorothea  nicht  zu   üherBehen.     Ihrer  gedenkt  Goethe  dank- 
bar in  seiner  ulegie  Hermann  und  Dorothea;    während  der  arbeit  au 
H.  u.  D,  erklärt  er,  das  ganze  werde  so  stark,  wie  die  Luise  von  Voss 
(brief  an  öchiller  vom  26.  Oktober  1796),  ein  howois,  dasa  ihm  dieses 
.  gedieht  tingefähr  als  muster  für  den  umfang  dos  seinigen  vorgeschwebt' 
Im   briefe   an  Schiller  vom   28.   februar  1798  bestätigt  er,    dass 
'die    Lnise  ihn  in  die  idyllische  gattung  gelockt  und  am  ende  auch  den 
Hei-mann  erzeugt  habe^    Xnn  aber  erscheint  Luise  als  geschlossenes 
azos  erst  1795.     So  ruckt  Vossens  Luise   den  terminus,  a  quo  0. 
5.     u,  D.  als  grösseres  gedieht  geplant  haben  könte,  auf  das  jähr  1795. 
Durch  Alexis  und  Bora  würden  wir  bis   in  den   mai  1796  und  durch 
ilhelni   Meister,    der   erst   am   26.  juni   1796    beendet    wurde,   sogar 
*i«    zum  juli  1796  binautgefdhrt.     Deo  einwnrf  aber,    dasa  der  dichter 
*2hon   vor   iler   beendigung  W.  Meisters   den   plan   zu   der  erweiterten 
®l*i8chen    dichtung,    wie    sie   dann    in    H.  u.  D.    zum    Vorschein    kam, 
*'*»beobei   iu   sich  getragen   und  ausgebrütet  haben  könne,   müssen  wir 
stimt  zurückweisen,  schon  allein  durch  einen  überblick  über  Goethe 
*-tigkoit   von    1796.     Gerade    tlieses   jähr   fülten    grosse   aufgaben    aus, 
*^  nicht  bloss  des  dichters  zeit,   sondern  auch  seine  seele  gänzlich  in 
^spmch    nahmen:    die    Xenien    und    vor    allem    W.   Meister,    dieses 
^bmerzenskind   vieler  jähre.     Die   briefe   an   Schiller   aus    dieser   zeit 
öaeugeu  aji  vielen  stellen,   wie  sauer   ihm  gerade  das  geschäft  wurde, 
i  weitsclücbtige  und  tiefe  werk  zu  vollenden,   wie  es  alle  seine 
^^■Äfle  forderte,  und  wie  er  es  ohne  Schillers  fortwährenden  ermuntern- 
den und  ratenden  Zuspruch  vielleicht  gar  nicht  zu  stände  gebracht  hätte, 
^och  in   den  annalen  nent  er  W.  Meister  eine  höchst  lieb  und  weile. 


1)  WiJnii  Ooethe  an  der  lezten  etella  nicht  do.^  gany.e  gcdjcbt  iit>ut,   soudem 
Oitt   der   bexeiehuiiQg   „Der  pfarrer  von  Gi-ünau'   nur  dia  dritte,    araprüngliuh   üelli- 
I  «lylle  inoiot,    die  1TB4  im   „Teatsoheo  Herkur'  arscbieo,  so  wldorBpricht 
i   tmaeret   Bunalimo,    womuili  erst   die  xum   ganzen   vereinigte   form   der  Luise   als 
\  Torbild   Kit  UörmanD  uuJ  Doruthea  anzusehen  istt,  durchaus  nicht    Denn  an  dieser 
I   liegt  der  ganze   uAchdruck   auf  dem  vergleiche  zwischen  der  aufnähme,   die 
I  Goethe  den)  Vo»«<i8chon  gedichte  beim  ersten  erscheinen  bereitete,  uud  der  aurnahme, 
I  Vooa  der  üoelhisohen  dichtung  zn  teil  werden  liesa. 


aber  auch  schwer  lastende  bürde.  Die  stundeo  batber  arboitskraft  iH- 
»endete  er  fleissig  und  unausgesezt  auf  die  Übersetzung  von  CelSnl 
Bazwiächon  fält  als  maiepisode:  ÄJexis  und  Dora.  Da  bleibt  nJdlt 
einmal  die  psychologische  möglichkeit,  dass  der  geist  des  dichtare,  eo 
mächtig  er  auch  war,  noch  einen  andern  grossen  plan  in  lobendigeni 
waclistume  beherbei^t  habe. 

Nun  wenden  wir  uns  zu  den  haudstliriftlicheu  Zeugnissen  des 
dichters,  die  den  hisherigeu  erwagiingeu  völligen  halt  geben,  »Dil  zwtr 
zunächst  zu  den  tagebiichern  und  dem  sie  ergänzenden  briefwediiwl 
znjscbeu  Goethe  und  Schiller,  der  reichsten  quelle  für  das  Innenleben 
des  dichters  in  Jener  zeit  Iiu  tagebuche  steht  unter  dem  9.  september 
1796:  „Neuer  antrieb  zur  grossen  Idylle";  vom  II.  sept  an  ist  m 
in  voller  tätigkeit  der  ausarbeituug  begriffen.  Der  ausdruck:  nenet 
antrieb  sezt  einen' vorfaei-gegangenen  antrieb  voraus.  Diesen  dürfen  trir 
auf  anfang  juli  legeu,  also  kurz  nach  Vollendung  W.  Meisten.  Desii 
am  7,  juli  schreibt  er  an  Schiller;  „Ausser  Hero  und  Leander  liabe 
ich  eine  bürgerliche  Idylle  im  sinne,  weil  ich  doch  so  etwas  Midi 
muss  gemacht  haben".  Natürlich  ist  unter  dieser  bürgerlichen  idjlU 
Hennann  und  Dorotliea  gemeint;  aber  damals  handelte  es  sich  nur  cnt 
um  ein  gediclit  beschränkten  umfanges,  als"  mu  die  reine  idylle,  nicht 
um  das  epos  Hermann  und  Dorothea.  Denn  unmittelbar  vorher  klagt 
er  über  die  ausgedehutheit  des  W.  Meisters  und  tährt  fort:  .„Ich  werde, 
insofern  man  in  solchen  dingon  herr  über  sich  selbst  ist,  micli  käJiftif! 
nur  an  kleinere  arbeiten  halten,  nur  den  reinsten  stofi'  wählen,  od 
in  der  form  wenigstens  alles  tun  zu  können,  was  meine  kräfte  w- 
mögen".  Noch  am  2.  august  kann  von  einer  solchen  bedeutendm 
conception,  wie  sie  das  bürgerliche  epos  Hermann  und  DoroÜiea  mil 
modern  -  politischem  hijitergrunde  sein  niUste,  nicht  die  red«  saa 
Verstimt  über  das  scheitern  sebies  reiseplanes  nach  der  Schwell  vti 
Italien  schreibt  er:  „und  dass  ich  jezt  keine  »rheit  vor  mir  aefaB,  di* 
mich  beleben  und  erheben  künte,  macht  mich  auch  verdriefisUch*^.  fiA 
jene  notiz  im  tagebuche  vom  9.  septbr.  spricht  von  dem  erwtitvW 
plane:  nun  war  es  die  grosse  idylle  geworden. 

Nun  kommen  noch  als  leztes  und  durchschlagendes  gUed  du 
beweises  zwei  stellen  in  betracht,  in  denen  sich  der  dichter  selbst  öbf 
die  entsteh  ungsgeschichte  von  Hermann  und  Dorothea  mit  wtlnscho»' 
werter  klarheit  ausspricht:  der  brief  an  H.  Meyer  vom  5.  dechr.  17M, 
und  die  Annalen  über  das  jähr  1796.  Der  erste  beansprucht  als  gleiduKi* 
tiges  Zeugnis,  das  Ooethe  noch  in  voller  erinnerung  an  alle  momeote  det 
entstebung  niederschrieb,   autoritativen  wert  um!   wird  ja  auch  HbvA 


H  wo  TDD  der  Torgcsckichl»  von  H-  u.  D.  die  rcdo  igt,  in  solchem  sinne 
H  uiurkant.     Die  t>iuHctilU|^ge  xtelle  lautet:    „Durch  meine  Idylle   (cl,  h. 
r  Alexis  and  Dura)    bin    ich  in   das  vcrwanle  e|>ische  fach  gefüliil  wor- 
doii,    iotleni    aicli    ein    gegenständ,    der   zu   einem    kleineren    gi^dichte 
btwtimt  war,   za  einem  grösseren   auegedelint  bat.     Ich  habe  daa  reJn- 
nieiisefiliclie  und  üuglcioh  die  grosse  bewegujig  und  voräiideruiig  des 
welttheaturs  aus  ejiwni  kleiuön  spiogul  zurückzuwerfen  getrachtet.     Üio 
zeit  der  bandhing  ist   ungefähr  im  vergaugencn  aiigust,   und  ich  habe 
die   kiihnhoit  meiner  Unternehmung  nicht  ehor  wahrgtiQummen ,  als  bis 
das    achwersic  überwunden   war  .  .  .  ."      Sie  lehrt   uns:    I)  Alexis  und 
I'ora  ist  die  v-orstufe  zu  Hormanu  und  Dorotliea,  und  auch  dies  gedieht 
war   ursprünglich  uur  als  blosse  idyllc  gedacht;    2)  die  ereignisse  dos 
augiists  lT9t(,  d.  h.  die  nnmittelbai-en  zeitverhältnisse  haben  dem  dich- 
ter   als  hintergruüd  dos  gediclittis  vorgesehwobt;  3)  der  entschluss  diizu 
War  nicht  von  langer  band  vorbereitet,  sondern  fassen  und  ausfühning 
waj  eiQ  und  dasselbe.    Die  Intention  zu  dem  gedichte  kam  so  plötzlich, 
<la»H  Goethe  sich  nicht  die  zeit  nahm.,    berechtigte  bedenken  über  die 
Ausführbarkeit  dieses  poetischen  planes   aufkommen  zu  lassen,   sondern 
*ni.t  genialer  naivotät   die    aufgäbe   ergriff  und    sie  mit   genialer   kraft 
wste.    Seine  bemerkung  über  die  kübnheit  des  Unternehmens  bezieht 
I  gewiss   Eura   teii    auf   die   Schwierigkeit   der  aufgäbe,    in   kleinem 
Pi-<^1    gewaltig    grosses    aufzufangen,    zum    teil    aber    aucJi    auf   das 
JBkliche  mich  wildfliissige,   in  ihrem  ziele  und  aiisgangn  unsichere 
'itereignisse   in   die  feste   form  poetischer  Verwertung  überzuleiten,  — 
'>Q  stelle  aus  den  Annalen  lautet:    „Kaum  aber  hatte  ich  mich  durch 
*ec«88ive  herau^abe  (dos  W.  Meisters)    davon   befreit,    als   ich  mir 
)  neue  last  auferlegte,  die  jedoch  leichter  zu  tragen,   oder  vielmehr 
feine  last  war,   weil  sie  gewisse  Vorstellungen,   gefühle,  begriff«  der 
öit  auiueuspreclieii  gelegenheit  gab.   Der  plan  von  Hermann  und  Dorothea 
'^ar  gleichzeitig  mit  den   tagesläufleu   ausgedacht   und  entwickelt;    die 
IkijgfUhning    ward    wührend    des    Septembers    begonnen    und    vollbraciit 
Dieser  bericht  deckt  sich  volstäudig  mit  jenem  briefe.     Auch 
;  beweist,   iliiss  die  unmittelbar  gleichzeitigen  ereignisse  als  der  hin- 
teigrund  des  gedichtcs  godacht  sind;    auch  aus  ihm  geht  hervor,   dass 
{der  plan  zu  Hermann  und  Dorothea  erst  nach  herausgäbe  W.  Meisters 
P'Antstand;    als  treibendes  moment  zur  Abfassung  wird  hier  der  umstand 
hervorgehoben,    dass   das  gedieht   ihm   gelegenheit  gegeben  habe,   Stel- 
lung zu  der  zeitlage  zu  nehmen.     Eine  koutmllo  für  die  walirheit  der 
bebanptuujf.    duss   der    plan   des    gedit'htes    in    abhängigkeit   von    den 
SiXullon  ausgedacht    und    entwickeil   worden   soi,   gewährt  uns   der 


brief  Goethes,  der  damals  mit  der  Vollendung  der  dichtung  Iwetjiifti^ 
war,  an  Schiller  vom  13.  mai  1797:  „Auch  mir  komt  der  friede  {<& 
priüiminarlen  zu  Leoben  vom  18.  april  1797)  zu  statten,  und  meto 
gedieht  gewint  dadurch  reinere  einheit".  So  nahm  Goethe  die  tagss- 
ereignisse  nicht  bloss  zum  anlnsse,  sein  gedieht  in  sie  hineinzugtellai, 
sondern  er  liess  auch  die  fortlaufenden  ereignisse  der  Weltlage  auf  im- 
SCO  fortgang  einwirken,  indem  die  damalige  friedensaussicht  ihn  to 
einem  beruhigteren  abschlusse  bewog. 

Diese  Zeugnisse  erheben  es  zu  volkommener  gewisbejt,  daes  ia 
august  und  anfang  September  1796  der  geburtsmonat  der  dichtung  «w. 
Aus  ihnen  können  wir  noch  deutlich  die  Stimmung  des  dichtera  erken- 
nen, die  den  plan  des  politisch  erweiterten  und  vertieften  idylls  wi- 
tigte:  Zwei  seelen  wohnten  damals  in  seiner  brüst.  Die  eine  drin^ 
ihn  zu  weiterer  betätigung  auf  dem  gebiet©  der  epik  und  idylle;  die 
andere  mahnte  ihn  zu  einer  poefischen  entlastung  von  den  dröckendai 
und  spannenden  empfindungen,  in  die  ihn  die  augenblicklichen  zfflt- 
ereignisse  versezten.  Von  diesen  beiden  Strömungen  eriasst,  suchte  « 
naturgemass  nach  einem  bette,  beide  zu  vereinigen.  In  dieser  suohs 
bildet  der  9.  septbr.  entschieden  eine  epoche;  Honst  würde  jene  bedea- 
tnngsvolle  notiz  nicht  im  tagebuche  stehen.  An  diesem  tage  kam  er 
wahrscheinlich  zur  klarheit  darüber,  wie  die  Vereinigung  zu  erzielen 
sei:  hier  wird  er  den  pian  gefasst  haben,  die  Salzburger  emigranten- 
geschichte  in  die  franzosische  rcvolntionszeit  zu  verlegen.  Gedacht, 
getan;  schon  zwei  tage  später  war  er,  die  äugen  ge^en  die  tühnbeil 
des  Unternehmens  vereehliessend ,  in  voller  arbeit  So  möchte  ich  dw 
9.  septbr.  1796  als  den  geburtstag  von  Hermann  und  Dorothea  bfr 
zeichnen. 

Danach  ist  die  auffassung  von  Cholevius  zu  berichtigen.  NiÄt 
die  ereignisse  von  1792  —  93  haben  den  anlass  zur  transponiernng  d« 
Stoffes  in  die  gegenwart  gegeben,  sondern  die  vom  sommer  1196. 
Sieher  Ist,  dass  Goethe  unsere  grosse  idylle  Hermann  und  Dototlio» 
niemals  geschrieben  haben  würde,  wenn  die  revolutionswirren  mit  ila 
eroberung  von  Mainz  1793  zu  ende  gewesen  wären.  Seine  persSnlicbei) 
erlehnisse  haben  ihm  zwar  manchen  einzelnen  zug  geliefert,  und  ilw 
(he  fahigkeit  lebendigster  schildorung  gegeben;  für  die  wähl  dt«  gtnMn 
zeitpolitischeu  hintergrundes  sind  sie  ohne  einfluss  gewesen;  sie  mi 
nur  quellen  für  kleine  einzelheiten. 

Dieses  auf  grund  von  Goethes  eigenen  ^.eugntsseu  gewonnew 
resultat  würde  unbefriedigend  bleiben,  wenn  nicht  als  etT^äuzung  di» 
frage  antwort  fände,    wieso   der  dichter  gerade  damals  von  dem  kriegt 


i8i;iien  dorn  rripublikuiiisutlieii  Frankroit^h  und  Deutäcblaiid  in  Diuoui 
flrgrilTen  worden  koiite,  welches  für  ihn  eine  pnßtisclie  löaung 
spaunuti^  nüüg  inachta  Gerade  iiu  Eoramer  1796  iiahmoD  die 
»pfe  einen  so  bedrohlichen  und  zugleich  so  abschoulicben  Charakter 
dadiirc'li  die  ereignisse  der  vuraufgclieuden  jabro  weit  über- 
urden.  In  zwei  heeressäulen  unter  Joiirdau  und  Moroan  iii 
Der  gesanitstärke  vnn  über  150000  mann  stürzten  sich  die  Kranzusen 
B  juni  von  Neuwied  und  Strassburg  her  auf  Deutsi^hland,  Kwangen 
;  erzherzog  Kai'l  zum  rüokzuge  und  ergossen  sich  über  die  wehr- 
1  Rhein-  und  Mainlaude  und  Süddeutachlaud ,  indem  pliinderungeu, 
iresHungeJi,  bi'andstiftungen  und  entsetzliche  gewalttaten  ihren  weg 
«icboeten  (vgl.  Ludwig  Häusscr:  Deutsche  geschieht«  II.  60  —  63). 
1«  Algemeine  flucht  dor  bevolkerung  vom  fürsten  bis  zum  schlichten 
'ger  ins  innere  Deutschlands  begann;  bis  in  den  fränkischen  und 
mStihsiscticn  kreis  reichte  der  juinische  schrecken.  Zum  ersten  male 
sich  Thüringen,  dessen  Staaten  zu  Ostreich  hielten,  von  dem 
zeckeu  der  rovolutinnskriege  bedroht;  zum  ersten  male  sah  Guethe  die 
vcrhasste  zerstörende  bewegung  gegen  seinen  eigenen  lebeuskreis 
Eiifsweific  vorgehen;  zum  ersten  male  war  er  in  der  notwendigkeit 
■  fraiwüsischen  revolution,  über  die  er  bisher  als  conservativer  staats- 
1  und  ästketiker  abgeurteilt  hatte,  alä  deutscher  famiUeuvaler,  des- 
;  teuerste  guter  in  gefahr  kamen,  entgegenzutreten.  Seine  waffe  war 
poesio,  und  seine  natur  drängte  ihn  dazu,  sie  «u  gebrauchen'.  — 
«r  öicht  bloss  die  besorgnis  für  sieh  und  seine  familie  in  Weimar 
Irückte  ihn.  War  er  von  der  heranschäumenden  brandung  nur  erst 
Iroht,  so  war  ein  teures  glied  der  famtlie  von  den  wogen  gleichsam 
verschlungen;  seine  mutter.  In  der  ersten  hälfte  des  juli  war 
irdan  von  imrden  her  gegen  das  von  den  östreicJiern  besezte  Frankfurt 
f;edrUDgen.  Am  12.  und  13.  juli  ward  die  reiche  handelsstadt  von 
Franzosen  bombardiert,  ein  um  so  schrecklicheres  ereignis,  da 
tfikfurt  als  unbefestigte  reichsstadt  gegen  solche  eventualität  nicht  gerü- 
I  war.  Feuersbrünste  brachen  aus,  die  einwohner  flüchteten,  so  viel 
konten;  die  frau  rat  rettete  sicli  während  der  beschiessung  nach 
abaob.    Gewiss  waren  diese  tatsacheu  dazu  angetan,  Goethes  bcsorg- 

l)  Am  deutlicbsteo  l.ntt  nm  sclilnnse  des  güdiclitos  seioo  beileatmig  als 
lnil|Sinittel  für  Juti  Jiuhter,  als  waffe  ttegun  die  feiade  heivur.  Denn  indem 
lUttS  DiSunliuh-entsohiedea«  stuUuuguahins  gegen  dio  rcvulatiou  den  nicg  aber 
tjncWutUub-leidmiKuhattlidhe  anteilnohnie  d«s  ersten  lirikutigains  dnvoDtrIigt,  atelt 
*'  ' '  r  BeiD  eigenes  urteil  über  die  li{i«ogiiiig  aus  sioh  heraus  iiq<I  malmt  sein 
I  äto  seiner  uotur  goiiiNsse  und  soiner  stärko  zu  kommen  de  ort  der  »bwnlir. 

25 


t  r.  iiKurauBK  phiwlogik. 


380  A.   SCHMIDT 

nis  um  seine  matter  aufs  höchste  zu  steigern,    und  dies  vereint  mit 
der   gefahr  für   die   eigene   Umgebung  musten  ihn  so  tief  g^en  die 
revolution    erregen,   wie   noch    nie   zuvor.     Wertvolle   belege  für  die 
Stimmung   des   dichters    diesen   ereignissen  gegenüber  gibt  wider  der 
briof Wechsel   mit  Schiller.     Dieser  ist   bis   mitte  juIi   1796    sogar  von 
anspiehmgen    auf  die  Zeitverhältnisse  so  gut  wie  frei.     Vom   13.  juli 
aber  bis  zu  Goethes  reise  nach  Jena  am  18.  august  tritt  der  politische 
gegenständ   in    den   Vordergrund,   sehr  wider   den  willen   der   dichter. 
Schiller  schreibt  am  25.  juli:  „die  politischen  dinge,  denen  ich  so  gern 
immer  ausweiche,  rücken  einem  doch  nachgerade  sehr  zu  leibe**.    Beide 
dichter   haben   ihre   verwantcn    in   gegenden,    die   von   feinden    über- 
schwemt  wurden,  Goethe  in  Frankfurt,  Schiller  in  Stuttgart     Sie  tau- 
schen ihre  besorgnisse  und  nachrichten  aus.     Schiller  nimt  zarten  anteü 
an    der   sorge   des   freundes    um    die   mutter.      Er   zuerst    tröstet   am 
22.  juli:    „die  Frankfurter  begebenheiten   sollen  Sie    und  Ihre  mutter, 
wie  ich  hoffe,  nicht  so  schwer  betroffen  haben,  noch  betreffen**.    Goethe 
schreibt  am  selben  tage:    „Frankfurt  hat  doch  mehr  gelitten,  als  wahr- 
scheinlich war";    am  folgenden  tage  teilt  er  näheres  über  die  brand- 
schatzung seiner  Vaterstadt  mit  und  macht  seiner  sorge  um  die  mutter 
in   der   bomerkung   luft:    „Von    meiner   mutter   habe   ich   noch   keine 
nachricht;  sie  wohnt  auf  dem  grossen  platze,  wo  die  hauptwacbe  steht 
und  sieht  gerade  die  zeil  hinauf;    sie  hat  also   den  ganzen  halbkreis 
der  Stadt,   der  bombardiert  wurde,   vor  äugen  gehabt**.     Am   28.  juli 
schickt   er   an  Schiller   einen    brief  seiner  mutter  —    es   ist  der  vom 

22.  juli,  dei-selbe,  den  wir  als  hauptquelle  seiner  annalen  für  die 
Schilderung  jener  Zeitverhältnisse  kennen  gelernt  haben  —  den  Schiller 
zurückschickt  mit  den  Worten:  „Für  den  brief  Ihrer  mutter  danken 
wir  schönstens;  ausser  dem,  was  er  historisches  enthält,  interessierte 
uns  die  naivetät  ihrer  eigenen  art  und  weise".  Rechnen  wir  zu  die- 
sen Zeugnissen  noch  die  tatsache,  dass  er  in  den  lezten  julitagen  zwei- 
mal an  seine  mutter  schreibt  und  noch  im  September  sie  auffordert 
nach  Weimar  zu  kommen,  so  sehen  wir  zur  genüge,  wie  sehr  firau  rat 
Goethe  damals  im  Vordergründe  seines  interesses  stand. 

Die  grosse  sorge  beider  dichter   um   ihre   eigene   g^end   erhelt 
ebeiifals   aus    mehreren    brieflichen    äusserungen.     Goetlie    schreibt  am 

23.  juli:  „das  Schicksal  unserer  gegenden  beruht  bloss  darauf,  ob  es 
möglich  sein  wird,  zeit  zu  gewinnen  .  .  ."  Nachdem  er  einige  gün- 
stige momente  aufgezählt  hat,  fahrt  er  fort:  „dies  zusammen  Üsst  am 
einige  hofnung  schöpfen,  wenn  nicht  diese,  wie  so  viele  andere,  so 
nichte  wird".     Am  26.  juli:    „Thüringen  und  Sachsen  Ittty  80  aduint 


^pt,  frist  sich  7M  be^inoen,  und  das  ist  schon  viel  gh'iek''.  äi'hüier 
^BUtvortet  am  28.  Juli:  „der  liimmel  weiss  es,  wie  es  uns  nuch  ergehen 
^■rird".  öoethe  am  30,  jiili:  „das  französische  ungewitter  streicht  noch 
^■xnmer  jenseits  dos  Thüringerwaides  bin;  wir  wollen  das  geblrge,  das 
^kuB  sonst  die  kalten  winde  schickt,  künftig  als  »ine  gottheit  verehren, 
^■weiin  m  diesmal  die  oigenschaften  einer  Wetterscheide  bat".  Noch  am 
H^ä  nugiist:  „.  . .  dem  ungeachtet  wird  wol  dm  beste,  was  zu  hülfen  ist, 
^bliebt  von  macht  und  gewalt,  sondern  von  hühern  verhültnisseii  und 
^Bcvastellationen  abhängen".  Noch  der  berioht  aus  den  Anualoo  spiegelt 
^pn  seiner  priignanteu  lebhattigkeit  die  dauialige  furcht  und  erregung. 
^Bh'cM  war  der  geeignetste  moment,  um  Goethe  eine  antirevoliitioiiäre 
Bficlitung  einzugeben.  Und  tragen  wir  mm.  wann  nach  den  creignissen 
Bieser  Zeitpunkt  tiefster  erregung  Hegen  muss,  so  kommen  wir  wider 
^■nf  ende  Juli  und  august  1796,  wohin  auch  schon  die  bisherigen 
^porteningen  die  ctmccption  des  gedichtes  festgelegt  hatten.  Denn  am 
Bj^-  — 14.  juli  borabardement  Frankfurts,  worüber  Goethe  erat  im  lezten 
^pittel  des  monats  uochricht  erhielt;  und  den  ganzen  jull  und  die 
^p^teri  beiden  drittel  des  augusts  über  weiteres  vordringen  der  Fran- 
^P^Sen:  erst  vom  20.  august  an  gieng  der  orzherzog  zu  seiner  berühm- 
^PA   offensive  über, 

^V  Wüdun^h  erhielt  nun  Goethe  nacbricht  von  den  ihn  tief  eiregen- 

l^ti  ereignissen?    Er  gibt  in  den  Ännulen  selbst  seine  quollen  an:  „so 
HUrvh  fliichtlinge,   briefe,   boten,   staffeten  strömt  der  kriegsalarm  ein- 
P^d  das   andrenial    bis   zu    uns".     An   zweiter  stelle  nent  er   briete. 
Pptese  briefo  sind  vor  allem  natürlich  die  seiner  muttor,   die  er  natur- 
pS'^tliäss  mit   dem   allerhöchsten   Interesse   erwartete   und   sich   einprägte. 
[  **Onn  ihr  Schicksal  liekümmerte  ihn,  wie  wir  sahen,  am  meisten.    Dies 
"*blte  such  frau  rat     So  schickt  sie  am  22.  juli,  sobald  sie  wider  zur 
''*^l)e  gekommen    ist,    ausführlichen   bericht   an    ihren   solin,    mit  der 
"Gründung:    „Aus   den   Zeitungen   wirst    du    die  jetzige  Lage  Deiner 
'  «tterstadt  erfahren  haben  —  da  aber  das  Tagebuch  von  Frau  Äja  zu- 
verlässig nicht  darinnen  steht  und  ich  doch  mit  Zuversicht  glaube  dass 
^  Dir   nicht  gleichgültig   ist  wie   ich   diese  Epoche  überstanden  habe; 
80  wenle  eine  kleine  Relation  davon  abstatten  .  .  ,  ."     Inzwischen  hatte 
Uuetlie  sie  nra  genaue  nachrichton  gebeten;   sie  erfiUt  diese  bitte  am 
I.  august.     Am   7.  august  übersendet  sie  ihm  berichte   über  die   über- 
gäbe und  einnähme  der  stadt  und  verspricht  alles,    was  ferner  heraus- 

■  komme  zu  sammeln  und  ihm  zu  schicken.  So  erhält  Goethe  von  sei- 
H^aOr  mnttcr  während  des  Julis  und  augusts  nicht  bloss  eigene  prächtig 
^KöadHOiliche    briefe    über  ihr   und  Frankfurts  Schicksal,    sondern  auch 

■  25* 


388  A.   SCHMIDT 

gedruckte  berichte  und  manifeste.  Frau  rat  ist  in  jenen  wochen, 
er  den  plan  zu  dem  antirevolutionären,  bürgerlichen  epos  fasste,  unstrei- 
tig wie  der  hauptgrund  zu  seiner  erregung,  so  auch  die  hauptquelie 
seiner  informationen  gewesen. 

So  hätten  wir  ein  gewisses  Verhältnis  zwischen  dem  gedichte  und 
den  brieten  gefunden :  Goethe  wurde  zur  Übertragung  seiner  idylle  in 
die  Zeitgeschichte  durch  seine  tiefe  erregung  veranlasst;  der  grund  sei- 
ner erregung  war  zum  guten  teil  seine  mutter  und  ihre  äusserst  gefähr- 
liche läge;  er  erfuhr  diese  durch  die  briefe  seiner  mutter.  Aber 
freilich  dies  Verhältnis  ist  recht  indirekt  und  wenig  greifbar  und  könte 
auch  nur  die  briefe  betreffen,  die  unmittelbar  aus  jenen  wochen  stam- 
men. Erfreulich  wäre  es,  wenn  dieser  ätherische  Zusammenhang  durch 
irgend  einen  anschaulichen  zug  bestätigt  würde.  Wenn  Goethe  diese 
briefe  aus  den  monaten  juni  —  September  in  den  annalen  als  quelle 
benuzt  hat,  warum  nicht  noch  viel  eher  damals,  wo  er  sie  eben  empfan- 
gen und  daher  noch  in  frischem  gedächtnisse  hatte,  als  quelle  für  seii\ 
gedieht,  das  doch  dieselben  kriegsbedrängten  gegenden  schildern  solle, 
aus  denen  jene  kamen? 

Gerade  diese  briefe  sind  voll  der  lebendigsten  Schilderungen  i^^ 
kriegswirren,   die  über  die  Maingegenden  sich  verbreiteten;    sie  ware"^ 
daher  wol  geeignet  Goethes  phantasie  mitten  in   den  tumult  hineinzt^ 
vei-setzen   und   seine  eigenen   erlebnisse  von  1792 — 93  in  ihm  wide^ 
wachzurufen.     Freilich   haben    die   eigenen   erlebnisse   den   untergrun-^ 
zu  der  Schilderung  des  zuges  der  vertriebenen  im  I.  gesange  gegebec:^ 
Aber   wenn   der   apotheker,    glücklich    darüber,    in    diesen   tagen   des^ 
flucht  und  Verwirrung  allein  für  sich  sorgen  zu  können,    erzählt,   m^ 
er  öfters  schon  auf  flucht  gedacht  und  die  besten  Sachen  zusammen 
gepackt  habe,    das  alte  geld  und  die  ketten  seiner  seligen  mutter,  s^ 
bieten  die  erwähnten   briefe  gleich  mehrere    parallelstellen.     Die   aus 
führlichste  Schilderung  der  fluchtvorbereitungen  im  briefe  vom  21.jun 
1796   wurde  schon   oben  citiert.     Am  22.  juli  1796  schreibt  frau  rat 
„nun   fieng  ich  an  auszuräumen,   nicht  vor  den  Franzosen,   aber  wo- 
vor dem  Feuer  —  in  ein  paar  Stunden  war  alles  im  Keller " 

am  1.  aug.  1796:  „noch  andre  Leute  folgten  dem  unglücklichen  Bey  - 
spiel  —  trugen  aus  ihren  sicheren  Wohnungen  alle  ihre  Sachen  — 
(leld    -    Silber  —  Betten  —  Geräthe  —  Möbel  in  dieses  unglückselig^ 

Hauss  —  und  verlohren  alles "     Dazu  vergleiche  man  aus  deu 

vorhergehenden  jähren   die   briefe  vom    13.  Januar  1794,    vom  26.  ju// 
1794,  vom  24.  sept.  1795,  und  man  wird  begreifen,  warum  der  dich- 


den  apotlieker,  den  frau  rat  einen  hasenfuss  neriuen  wiii-di.',  sagen 
t:  „Öfters  dacht  ich  mir  auch  ächon  die  flucht  .  .  ." 

Nun  aber  kann  man  die  briefe  noch  in  viel  weiterm  sinne  als 
Inello  ansehen.  Goetho  schrieb  in  Hermann  und  Dorothea  gewisser- 
passen ein  epos  seiner  eigenen  fiimilie;  eine  ganze  reihe  von  äusseren 
Ind  inneren  anlehnungen  an  die  Verhältnisse  seiner  heimat  sind  st^bon 
Iwkant.  Insbesondero  steht  seine  absiebt,  in  der  luwenwirtln  seine 
p9Utter  zu  zeichnen,  durch  eigenes  zeugnis  fest  Seine  niutter  schreibt 
am  n.  juni  1797:  „Auf  das  Werk  worinnen  eine  Frau  Äja  vor- 
kommen soll  freue  ich  mich  sehr".  Natürlich  ist  dies  die  antwort  auf 
mitteilung  ihres  sohnes.  Für  die  diirchführuug  dieser  absieht  sind 
|ber  die  briefe  der  fi-au  i-at  als  eine  wichtige  quelle  anzusehen.  Goethe 
in  den  21  jähren  mit  seinem  eintritt  in  Weimar  niii'  viermal  in 
l^nkfurt  bei  seiner  mutter  gewesen,  im  ganzen  4'/,  wuchen.  Da  ist 
natürlich,  dass  trotz  lebendigster  jugenderinnerungeu  das  bild  der 
n  hinter  der  fülle  der  neuen  gestalten  etwas  verblas.st  sein  wiii-de, 
wenn  nicht  der  stete  briefverkehr  geblieben  wäre,  in  dem  sich  die 
■nichtige  frau  in  Hebens  würdigster  urspriinglichkoit  abspiegelt  Jeder 
ffief  war  ein  portrait  ilires  innorn.  Je  mehr  Übereinstimmung  wir 
Biiscfaen  der  schreiberin  der  briefe  and  der  löwenwirtin  finden,  um  so 
dürfen  wir  diese  als  quelle  —  bewusst  oder  unhewusst  verwer- 
ete  —  ansehen.  Von  diesem  gesichtspunkte  aus  komt  natürlich  der 
aze  briefwechsel  bis  1796  in  botracht,  wenn  auch  die  übereinstim- 
inden  züpe  in  den  briefen  um  so  grössere  beachtung  verdienen,  je 
pher  an  1796  sie  sich  finden.  Aber  selbst  für  de»,  der  diese  bedeu- 
BDg  der  briefe  als  quelle  für  Hermann  und  Dorothea  nicht  zugeben 
Uli,  bleibt  doch  ihr  wert  als  belege,  inwieweit  der  dichter  seiner  aut^ 
sprochenen  absieht  gemäss  die  lüwouwirtin  nach  seiner  mutter  gebil- 
it  hat  In  diesem  sinne  verdient  überhaupt  der  ganze  briefwechsel 
lO^agezogen  zu  wei-den.  Denn  ein  oder  der  andere  charakterzug  der 
tau  rat  könte  zufällig  erst  in  einem  späteren  briefe  einmal  zum  aus- 
Intck  gelangt  sein,  während  ihn  Uoethe  an  seiner  mutter  schon  von 
iräher  her  kante  und  ihn  von  dort  aus  seiner  löwenwirtin  verlieh, 
sdes  halte  icb  an  dem  direkteu  einllusse  der  briefe  auf  das  gedieht 
|Bt  und  beschränke  mich  daher  auf  die  briofe  bis  1796  —  97. 

Ich    echliesse    mich    in    der   gegen ilbersteUung   der   gemeinsamen 
(ige  dorn  gange  des  gcdichtes  an. 

lesang  1.  Trefflich  hast  du  gehandelt,  o  tVau,  dass  du  milde  den  söhn  fort 
Schicktest  mit  altem  linnen   und  etwas  essen  und  trinken, 
Um  es  den  armen  zu  spenden  .  .  . 


Dieser  mitdtätigkeit  entspricht  fraii  rate  gute  gegen  ihre  niannigf&chi' 
einquartierung  iiiid  ihre  opferwilligkeit  gegenüber  der  kriegsnoL  Am 
25.  juni  1793  lobt  sie  Ihre  einquartierung;  „Freylich  thut  ihnen  «udi 
das  gute  Essen,  und  die  weichen  und  reinlichen  Betten  Überaus  gut 
.  .  .  ."  Am  13.  Januar  1794:  „die  [soldaten  der  ein  quartierung  | 
glauben  nun  wenigstens  im  Paradiess  zu  seyn  —  aber  was  die  auch 
fressen!!  Die  waren  so  ausgehungert,  dass  es  ein  Jammer  war!  Üesttm 
liosse  ich  ihnen  einen  Schweinebraten  zu  Tische  tragen  —  das  war 
dir  eine  Königliche  Pläsir  .  .  ."  Am  2.  februar  1796  teilt  sie  dwi 
küchenzettel  für  ihi-e  einquartierung  mit:  „Heute  bekommen  sie  bey 
mir  Fleischbrüh  Suppe  —  Weisskraut  und  Rindfleisch,  das  ihnen  sehr 
wohl  behagen  wird".  Höchst  bezeichnend  ist  ihr  stolz  auf  den  palno- 
tismus  und  die  opferwilligkeit  ihrer  Frankfurter,  dem  sie  am  23.  decbr. 

1793  luft  macht:  „Hierbey  kommt  ein  stück  von  uuserm  AnzeigblStt- 
chen  da  sehe  und  sey  Stolta  dass  du  ein  Franckfurter  Bürger  bist 
Wöchendtlich  sind  schon  3000  fl.  beysammen,  die  jede  Woche  biss 
zum  ersten  Mertz  vor  fvebensraittel  vor  unsere  Brüder  die  braven  Deut- 
schen bestimmt  sind.  Das  beisse  ich  doch  deutsches  Blut  in  den  Adern 
haben  .  .  ."  usw.  bis  zum  ende  des  briefes,  Dass  freu  rat  unter  den 
Spendern  mit  oben  an  stand,  bezeugt  das  lob  des  Frankfurter  magistnls, 
sie  habe  in  schweren  zeiten  mehr  getan,  als  sie  zu  tun  schuldig 
gewesen  sei. 

Die  praktische  Sparsamkeit  der  löwenwirtiu,  die  abgetragene  [Pin- 
waud  nicht  gern  verschenkt,  da  sie  zu  manchem  gebrauche  und  ßr 
geld  nicht  zu  haben  sei,  wenn  man  ihrer  bedürfe,  erinnert  an  einen 
früheren  brief.  Am  10.  juli  1793  übersendet  sie  Uirem  sohoc  naokin 
zu  beinkleidern  imd  weste,  »nur  daran  muss  du  dich  nicht  stossen, 
dass  es  ein  Überrock  von  mir  -war  —  wenn  alles  gemacht  ist  —  wird« 
ihm  wohl  niemand  ansehn,  was  es  vorher  war".  Am  25.  mai  17M 
schickte  sie  batist  „nicht  vom  gantzen  Stück,  sondern  aus  lauter  Lip- 
pen", weil  so  „die  Hälfte  zum  allerwenigsten  gespart'  sei.     Am  14.  «ept 

1794  als  nachschrift:  „Hier  ein  Stückgen  Bordüi-e  die  in  einem  d« 
Mereurc  gelegen  hat  —  mann  kan  immer  so  was  brauchen ". 

Eine  Uebenswürdige  schwäche  der  wirHn  ist  ihre  Ungeduld.    Si« 

fiilt  dem  pfari-er   ins  wort,    als   dieser  sich  in  philosophischen  belrwh- 

tungen  ergeht  (Oes.  1);    und  heim  langen  ausbleiben  ihres  sohnes  iirf 

der  brautwerbung  vermag  sie  nicht  ruliig  auf  dem  platze  zu  bleiben: 

Ungeduldig  betrat  die  mutter  zum  dritten  mal  wieder 

Schon  das  zimmer  der  männer,  das  sorglich  erst  sie  verlassen. 


In  vortrellicher  überöiaatimimiiif,'  hiermit  steht  das  beuehmen  der 
1  rat,  wenn  sio  ihren  söhn  zu  besuch  erwartet.  Schon  ihre  mah- 
ig  vom  26.  april  1793  „.  ,  ,  lasse  mich  ja  nicht  vergeblich  warten  — 
was  kan  ich  durchaus  nicht  vertragen"  ist  charakteristisch;  noch 
lir  ihre  bitte  am  16.  uktobijr  1795  an  ihren  söhn,  ihr  jn  den  tag 
iflr  abreise  mitzuteilen,  „damit  ich  nJL-ht  Tagelang  (wie  seit  Sontag 
Fall  war)  am  Fenster  mich  bald  bliud  gucke  und  jode  Postscliüsee 
die  deinige  halte".  Noch  zwei  jähre  spater  hat  sie  ihm  die  damals 
Etuschte  erwartung  nicht  vergessen.     Vgl,  brief  vom  20.  juÜ  1797. 

Freundliche  geschwätzigkoit  äussert  sieh  bei  der  wirtin,  wenn  sie 

jra    eheherrn    behende   das   wort  abschneidet,    um    ihre   verlobungs- 

ühichte  ausführlich   zu   erzählen    (Ges.  JI).     Auch   frau   rat  hebt  mit 

lendem    eigenspott   ihre    lust   zum    schwatzen    und    unermüdüdikeit 

in  hervor.     Y\m  19.  juiii  1781   schreibt  sie  über  einen  besuch  des 

rinzen  Constantin:    „Wir   waren   ungemein  aufgeräumt   und   behaglieh 

immen.      Frau   Aja   Äjate    das    kanat  du   leicht  denken,    doch   alles 

ibsch   mit  Uass  und  Ziel  —   Sie  wird  ja  eiiunahl  gescheid  werden"; 

td  am  1.  juli  1797  gibt  sie   ihrem  söhne  die  humoristische  versiche- 

ng:   „Dein  Aufenthalt  bey  mir  wird  eine  wahre  Erholung  vor  Deine 

irage  soyn    —   denn  Frau  Aja  fühlt  sich   so   rodeselig  —   dass  Du 

[fihe  haben   wirst  ein  ja  oder  nein    schicklich    anzubringen''.     Diese 

alle  fält  freilich  schon  nach  Vollendung  des  gcdichtes.     Bei  der  schil- 

'itng  des  kühleren  sälchens  und  seiner  einrichtung  bildet  glänsende 

iberkeit  die   woltuende  grundlage.     Derselbe  rein  lieh  keitssinn  äussert 

Moh  bei  frau  Aja  am  22.  Januar  1793,  wo  sie  über  die  ein  quartierung 

klagt:   „Wenn  diese  Menschenkinder  nur  nicht  den  gantzen  Tag  Tuback 

rauchten   meine  Zimmer  sehen   aus  wie  eine  Wacbtstubeü";    und  vor 

allem  am   7.  febrnar  1T93;    „Die  Ordnung  und  Buhe   war  in   meinen 

jungen  .lahren  schon  mein  Element    —   und  jetz  da  ich  alt  bin  ist  es 

mir  gantz  und  gar  Bedürfnüss  ....     Mein  Hauss  sieht  zum  Erbarmen 

irig  aus"  usw. 

Die  beiden  frauen  gleichen  sich  in  gediegener  haiisfrauenhoriich- 

Wie  Goethe   im  IV.  gesange    der    wirtin   eine   Aristeia    bereitet, 

lern    er   sie    auf   ihrem    tätigen   gange    durch   Wirtschaft    und   gärten 

Iderl,    so   sind   auch   in   diesem  sinne    die   briefe   der  frau  rat  eine 

isteia  für  ihre  Verfasserin.     Sie  ist  die  sorgliche  gattin  für  den  allern- 

rat,  die  gute  mutter  für  ihren  söhn,  dem  sie  jahraus  jahrein  grosso 

■n  mit  allerlei  nützlichem  für  haus  und  küche  sendet,  die  zärtliche 

imuttor  für  enkel   und   urenkel,   sie   ist  femer  die  umsichtige  her- 

lerin   in   ihrem   reiche,    die  nicht   bloss    ihr  banswesen   in  schwöret 


kriegsKeiten  in  Ordnung  hält,  eondern  auch  ihr  ganzes  veraiögen  mit 
klugiißit  verwaltet.  Bei  der  anläge  von  kapitalien,  bei  dem  verfcatift 
ihres  bauses  und  ihres  grossartigen  weinlogers  beweist  sie  rutüpta 
geachäftsgeist  Nicht  ohne  grund  hat  Goethe  die  wirtin  in  besoixlm 
nahes  Verhältnis  zu  weinhau  und  weiupflege  gesezt  Denn  lusi  der  umtlur 
war  CS  genau  ebenso;  dass  sie  ihren  ehrennainen  frau  Ajs  in  ihrem 
amte  als  liebenswürdige  wirtin  und  woinspenderin  erhalten  hat,  ist  ji 
aus  Wahrheit  und  dichtung  algemein  bekant.  Auch  in  den  briefni 
spielt  der  Weinkeller  eine  grosse  roile.  Besonders  iustmtctiT  ist  itt 
brief  vom  25.  mai  1794,  in  dem  sie  trobi  ihrer  hohen  jähre  als  anf- 
opfernd  fleissige  Verwalterin  des  woinlagers  auftritt:  ^ich  bin  der  Kel- 
lersitzerey  müde  und  satt  —  Vorgestern  musste  wiederum  alles  k^ko- 
füllen  —  Trinckwein  zu  breelieu  usw.  5  Stunden  unter  der  KrdoÄgm'. 
Dass  gerade  der  dreiiindachtxiger,  den  die  wirtin  auftischt,  %'on  der 
rätin  mit  besonderem  jubei  begrüsst  wird,  sei  hier  erwähnt 

An  einer  stelle  entwickelt  frau  rat  ihre  aufiassuog  von  den  pflich- 
ten und  dem  werte  einer  echten  hausfrau.  Es  ist  im  briefe  an  Chri- 
sdane  Vulpius  vom  23,  sept.  1797,  der  fftr  die  sehreiberin  obcnwi 
ehrend  ist,  wie  für  die  emptängerin:  „mittlerweile  wir  nun  hier  g^m, 
klaffen  und  ein  wahres  Schlaraffen  Leben  führen  —  Sind  sie  mflio*' 
Liebe  arbeitsam  —  sorgsam  —  wirthschaftlich  —  damit  wenn  da 
HäscholhanH  zurück  kommt  —  Er  Kammern  und  Speicher  angefüllt  vnn 
allem  guten  vorfinden  wird  —  nehmen  Sie  auch  davor  meinen  beslw 
Danck  —  denn  ein  wirthschaftliches  Weib  —  ist  das  edelste  Oesdieiui 
vor  einen  Biedermann  —  da  das  Oegentheil  alles  zerrüttet  und  TJogWii 
und  Jammer  über  die  gantzf»  Familie  verbreitet  —  Bleiben  Sie  bcjf 
denen  Ihnen  beywohnenden  Edlen  Grundsätzen  —  und  Oottt  und  Men- 
schen werden  Wohlgefallen  an  Ihnen  haben  —  auch  wird  die  Kmde 
die  Mühe  reichlich  belohnen''.  Es  sind  dieselben  gruudsätxe,  die  ßiwthe 
in  der  wirtin  und  in  Dorothea  verkörpert.  Man  vergleiche  den  gwjj 
der  wirtin  durch  ihr  besiztum  Des.  IV  und  das  schöne  bekentuis  Dwft- 
theas  Ges.  VII  über  die  pflichten  der  frau: 

Dienen  lerne  beizeiten  dns  weih  nach  ihrer  bestimmang  usw. 

I)  In  der  2.  epiKtol  entwirft  Goethe  ein  eingohenileB,  poetiauhes  bild  Toa  4« 
arlwit  der  Imusfroti  otid  baostoübtor  im  woinkeller,  Soine  Schilderung  hnt  ein*  irai' 
linotreibende  gcgend  xiir  grundlagei  ako  bejnibt  sie  auf  jugendeind rücken.  Sidw 
scbwebt  ihm  auch  hier  frnu  Äjas  tätigteit  vor.  Dabei  könten  widerum  dio  brieh  £> 
rolle  der  anregung  und  labendigh&ltung  Beiner  jugendbilder  gespielt  habt^n.  Deen  A« 
eiiifitel  ist  Im  decomber  ITU4  vorrnsat,  und  fmu  rata  niitteilun),'<rn  übvr  ihn  fV 
uud  {ilutje  um  den  weinschafz  etanunen  aus  d^m  Jattuiii  und  nini  Juisolbno  jabiH- 


1  bostcht  liii}r  ctne  merkwürdig  pamllcile  xtvisolion  den  persouen  iles 

idichtes   lind  denen  der  briefe.     Die  wirtin    und  Dorothea  Bind  als 

fcernliafte  doutsche  frauen  einander  wesensgleich;  deshalb  verheisst  Her- 

taunn   der  Dorottii?«   das   beste   Verhältnis  zur   niutter,   und    Dorothea 

'  etimt  zuvereichtlich  ein: 

„Denn  dw  mutter  sinn  ist  wie  mein  eigenes  wesen*. 

Khensn  haben  sich  fran   rat  und  Christiane  Vulpins   mehr   und 

L      m>lir  i^enShert  scliliesslicb  bis  zur  innigsten  freundschaft,   da  aneh  sie 

^L    die  gleichhoit  ihres  durch  und  durch   tücbtigun  wesens  erkant  haben. 

^m    In  nnsrer  briefetelle  steit  fran   mt  ihrer  schwiogertotihter  du»  wärmste 

W     ):e>ligiii!!   ihivr  Kufricdt'iiheit  aus,    das  ohne  weiteres   in   den   mund  der 

r      w/rtin  gelegt  werden  könte.     Nun  kommen  auch  nnklänge  im  Wortlaut 

'       und  in   den  gcdanken   vor:    vgl.  ges.  IV:    „denn  ein   gesfhäftiges  weib 

"»m  kuine  sohrittfi  vergebens"   mit  den  oben  angeführten  worten:   „denn 

«in    wirthsdiaftlicheB  Weib   ist  das  edelste  Geseheuk  vor  einen  Bieder- 

nie^nn",    und  ihre  fortsetzung:    „da  das  (Jegentheil  alles  zerrüttet  und 

tr«»Klä»:k  lind  Jammer  über  die  gantze  Familie   verbreitet  usw."    im 

^^*>rtlaiit  und   gcdanken   mit  ges.  VII:     ^Billig  seid    ihr,   o    freund,   zu 

"^E  guten  Wirten  zu  zahlen  usw.",  wobei  die  beiden  verKc: 

^B      -Aber  den  menschen,  der  alles  erhält,  wenn  er  ttichtig  und  gut  ist, 

^V      Und  der  alles  zerstreut  und  zerstört  durch  falsches  beginnen  .  .  . 

^^^^«ondere  hervorhebung  verdienen.     Auch   dem   im   gedichte   widerhoit 

"" ^^Tkommonden  hinweise  auf  die  künftige  belohnung  Dorotheas  für  ihre 

'^^^ue  dienste  entsprechen  ft'au  rats  wertet    „Auch  wird  die  Emde   die 

**fihe  reichlich  belohnen",  wobei  an  die  freudo  erinnert  werden  möge, 

I  ^^It  der  sie   die  spätere   kirchliche   weihe   des  bnndes  zwischen   ihrem 

^hno  und  Christiane  aufnahm'. 

Ein  zufalt  scheint  mir  hier  ausgeschlossen.     Wie  ist  aber  das  ver- 

ÄSltnis?     Ära   2.1.  sept.   1797,    dem   datum   des   briefes,    war  Hermann 

«d  Dorothea  schon  seit  monaten  vollendet;    also   ist  abhängigkeit  des 

«lichteB  von  diesem  briefe  unmöglich.     Anderseits  war  Hermann  und 

lorothea   im   September   1797    noch    nicht   veröffentlicht.      Erst    mitte 

^>tober  erschien  es*,     Und  erst  am  5,  novhr.  1797  dankt  frau  rat  ihrer 

ichwiegertochter   für   die   Obersendung    zweier  exemplare    und    äussert 

ibel   ihr  höchstes  entzücken   über  das  gedieht.     Danach  scheint  auch 

umgekehrte    abhUngigkeitsverhaltnis    nicht  vomnliegen.      Dennoch 

butfen  und  müssen  wir  annehmen,  dass  fran  rat,  als  sie  den  brief  vom 


j^'BrieT  vorn  •!!.  oktol>or  180e, 

U  bti«f  äubUlvrn  ui  UueUio  v 


r 


304  A.  scuiUOT 

23.  septbr.  scliricb,  Uei-niann  und  Dorothea  schon  kaiite  und  zwar  das- 
selbe erst  jüngst  in  eindrucbsvülstor  weise  kennen  gelernt  hatte,  liir 
solm  halte  ihr  im  Juni  das  gedieht  angekündigt  und  ihre  hohe  span* 
nung  erregt'.  Ende  Juli  trat  er  seine  geplante  Scbweizerreise  über 
Frankfurt  an  und  verweilte  bis  ende  augast  bei  seiner  mutter  Dass 
ei-  eine  abschrift  seines  epischen  gedichtes  bei  sich  hatte,  beweint  seine 
Tübinger  mitteilung  an  SchiUer  vom  ]2.  septbr.,  er  habe  in  StullgKit 
seinen  bekanten  den  Hermann  vorgelesen.  Bei  diesen  tatsachen  ist  die 
schlussfolgemng  geradezu  zwingend,  dass  er  auch  seiner  mutter  das 
gedieht  nicht  vorenthalten  hat ,  auf  das  er  sie  selbst  als  spi^;el  ihrer 
eigenen  person  kurz  vorher  hingewiesen  hatte.  Müssen  wir  dies  ein- 
mal zugeben,  so  können  wii'  aneh  den  zutuuumenhang  zwischen  de-ni 
gedichto  und  jenem  briefe  nicht  mehr  leugnen.  Unbedingt  hat  ihn  fmu 
rat  in  friseher  eriniicrnng  und  unter  dem  lebendigen  eindrucke  des 
gedichtes  geschrieben  und  ihr  lob  auf  Christiane  aus  der  erinnerung 
an  ähnliche  stellen  des  gediclitos  augelehnt,  So  hätten  wir  in  diesein 
falte  eine  plötzliche  umkehnmg  des  Verhältnisses:  die  dichtung  ist  xut 
quelle,  der  brief  zum  empfangenden  gefosse  geworden.  Aus  der  fnu 
rat  des  lebens  und  der  briefe  wurde  die  wiitin  des  gedichtes,  und  die 
wirtin  des  gedichtes  wirkte  wider  auf  die  trau  rat  der  briefe  zurück. 
Aber  einen  rUckschluss  auf  die  Intentionen  Goethes  bei  der  abfassun^ 
der  dichtung  dürfte  auch  diese  nachträgliche,  scheinbar  ganz  zufällig« 
Übereinstimmung  erlauben.  Wenn  frau  rat  sich,  wie  natürlich  ist,  mit 
der  wirtin  identificiert,  so  wolle  sie  Christiane  der  Dorothea  gleicb- 
gesezt  wissen.  Damit  hat  sie  gewiss  den  sinn  des  dichters  getroffen, 
Ich  bin  in  der  tat  der  ansieht,  dass  Goethe  bei  der  dichterischen 
Schöpfung  Dorotheiis  zum  teil  seine  Christiane  im  äuge  gehabt  bat 
Wie  Dorothea  ist  auch  sie  auB  ärmlieber  Sphäre  in  höhere  verhJiltnis&e 
hinübergeführt.  Wie  Dorothea  ist  auch  sie  eine  tüchtige  hatistmu. 
vielfach  ähnlich  der  mutter;  und  wie  Dorothea,  wird  auch  sie  von  der 
mutler  wilkommen  geheissen,  und  je  nälier  sie  sich  kenne»  lemeu,  ntn 
so  höher  gesehäzt 

Wenn  die  wirtin  nach  der  mutter  Goethes  gebildet  ist,  so  liejj 
es  nah  in  dem  wirte  ein  abbild  seines  vators  zu  vermuten.  In  d« 
tat  gleicht  er  ihm  in  dem  Verhältnisse  zum  söhne.  Dort  wie  hier  ver- 
kent  der  vater  das  wesen  des  sohnes  und  sucht  ihn  auf  einen  seiod 
natur  widerstrebenden  lebonsgang  zu  drangen,  und  dort  wie  hier  Inl 
die  einsichtige  mutter  das  schwere  amt  der  vermittehing  und  ausgleiditpif 


1)  Vgl,  den  schon  oben  imgefülirteN  hrief  v 


1  17.  juai  17B7. 


'  g^eosütza  Auch  tlor  wünsch,  „dusB  tier  8ohn  dorn  vtiter  nicht 
blaidi  sei,  sondom  ein  beaarer",  ist  beidoB  gemeinsam.  SohliesBlich 
riniiort  Auch  die  bedächtige  würde  dett  Wirtes  im  äussern  an  die 
iedanÜHche  grandezza  des  rata  Guethe.  Abi-r  dumJt  dürften  mich  die 
er^Ioichungspunkte  erschöpft  sein.  Im  panzen  Inhalte  dos  wosens  ent- 
brictit  der  wirl  ebenso  wenig  dem  nttu  Ooethe,  wie  der  schwerfällige, 
■Inseitige,  ernste  Ueniiauii  dem  genialisch-übermütigen,  beweglichen 
txd  vielseitigen  jungen  Goethe.  .la  sogar  als  ausgesprüohene  gegen- 
I  darf  man  beide  männer  bezeichnen:  der  rat  ein  grämlicher,  an 
(einer  Untätigkeit  krankender  pessimist,  der  sich  aus  sorgen  ein  geschäft 
'macht;  der  wirt  ein  leberisfrohor,  tatkräftiger  uptimist,  dem  die  sorge 
mehr  alt;  selbst  das  übel  verhasst  ist  Charakteristisch  für  ihn  ist  seine 
atelliing  ZI)  den  drohenden  kriegsgefahreu.  Er  kümmert  sich  nicht  viel 
darum,  Er  vertraut  den  wackern  Deutschen,  und  vor  allem  er  vertraut 
«lern  üobcn  Gott,  „wer  weite  töricJit  vorzagenV"  Wüi'de  wol  der  alte 
rat  81.  ruhig-fröhlich  gedacht  und  gehandelt  haben,  wenn  er  die  wiri«n 
der  revolutionskriepe  noch  erlebt  hätte?  Bei  erwagung  seines  aus 
AWalirbeit  und  dithtung*  bekanten  veriialteus  im  siebenjährigen  kriege, 
ilaH  man  geti-ost  mit  „nein"  antworten.  W'olte  man  für  den  rat  Goethe 
nach  seiner  geraütsverfassung  ein  abbild  im  gedieht«  suchen,  so  f^de 
nian  keinen  andern  als  den  apotheker;  und  wolle  man  für  den  löwen- 
wirt  ein  urbitd  in  der  famiiie  des  dichtere  auffinden,  s<»  wäre  es  nie- 
"»«mi  anders  als  widorum  frau  rat  Goethe.  In  Wahrheit  ist  die  ähn- 
'urhkeit  beider  personen  in  den  hervorstechendsten  cbarakterzügen  auf- 
"*llend  genug,  um  die  annähme  zu  rechtfertigen,  dass  frau  Aja  auch 
*U  dem  bilde  des  fröhlich-liebenswürdigen  löwenwirta  manche  Züge 
S^boten  hat  Es  wäre  dies  nur  ein  neuer  beleg  für  das  ja  sonst  hin- 
•ÄBglich  nachgewiesene  verfahren  des  dicbters,  eine  person  des  lobens 
I  Kwei  porsonen  der  dicbtung  zu  zerlegen.  In  diesem  fallt!  um  so 
Weniger  verwunderlich,  als  fi-au  rat  wahrhait  die  sonne  ihrer  famiiie 
die  den  gatteti  völlig  verdunkelte.  ludem  der  dichter  zu  seiner 
kI«11  deutschen  wirtsfumilie  seiue  eigene  famiiie  möglichst  als  vor- 
;  verwBrton  wulte,  wurde  ihm  seine  mutter  zur  repräsentantin  der 
1  famiiie;  um  ihr  reiches  wesen  aufzufangen,  war  die  löwenwir- 
i  oin  zu  ertger  rahmen,  so  bekam  denn  auch  der  wirt  einen  teil  von 
r  mit  —  sehr  zu  seinem  vorteile.  Widerum  sind  es  die  briefo,  die 
r  annähme  halt  geben.     Der  wirt  ruft  aus: 

^  laaat  uns  nicht  mehr  die  traurigen  bilder  erneuen, 
PS  bnschleichet  die  furcht  gar  bald  die  herzen  der  menschen, 
IJnd  die  aurgo,  die  mohr  als  selbst  mir  das  übel  verhasst  ist." 


mß 


Das  ist  jreiiau  der  »tamlpiinkt  der  fmii  rut,    den  mio  in  dem  küstlidieD 
briefe  vom  13.  jimuftr  1794  entwickolt:    „Ein  pantacher  Schrt-ckeo  hat 
ach  freylich  über  gante  Kraiicbfiirtli   verbreitet  —    und    (js   wäre  lein 
Wunder,   wenn   man    mit   dem   ätriidel    fortgerissen    würdo   —    FuTCbt 
steckt  an  wie  der  Sdinupfen  —    ich  hüte  mich  daher  bo  viel  ich  hO 
den  Mpmmen  iiueziiweicheii  —  um  mir  den  Kopf  aiclit  auch  vcrdjriwff- 
zu  tttssea"  uaw.     Ära  Sfl,  august  1794:   ^Unruhe  im  Gemüthe  ist  loi^' 
ärger  als  (ich  schriebe  das  sdion  einmahl)  als  alle  ohne  Honen  bey  d 
guitzon  Armee-.     Die  haben  mir  noch  keine  ein^i^  schlufloHO  NubC 
gemacht  .  .  .  ."    und  su   noch  sehr  olt   —    Die  »iin'tsicht  des 
beruht  auf  festem  gottvertrauen: 

,,Frisch  hi^rr  iiachbar,  getrunken!    Denn  noch  bewahrte  vor  un^ 
Ctott  uns  gnädig  und  wird  auch  künftig  uns  also  bewahren^   i 
„Sollt  er  fernerhin  nicht  uns  schützen  unri  hülfe  bereiten? 
Denn  man  sieht  es  erst  recht,  wieviel  er  vormag,  in  gefahren" 
„Seht,  140  schützt  die  natur,  so  schützen  die  wackern  Dotitscboi 
Und  so  schützt  uns  der  hcrr!   wer  wollto  thoricht  vorza^jen?" 
Überreich  sind  die  briefe  au  belegen  für  den  beherzten  niiit  der  wM 
fraii  und  für  ihr  iinorschfittcrliches  gottvcrtraueii,  anf  dem  jcnor  ben 
Wegen    grosser   Übnlicbkeit   der    godanken    hebe    ich    heraus  den   brie 
vom  l.  januai'  1793:    ,Qott  bewalire  unsere  Stadt  vor  einem  Bombi 
toraent  —  denn  dann  könnton  wir  alle  arm  und  elend  werden  . 
das  wollen  wir  nun  niolit  hofeii   —  sondern  Oott  vertmuen   —  i 
den  Deutschen  Glück  und  'Sec^gon  wünschen". 

7.  Januar  179^:  „Vor  der  Hand  habe  ich  noch  guten  UnUl 
Einmahl  glaube  ich  steif  und  fest,  sie  kommen  nicht  wiodur  zu  v 
und  daim  habe  ich  glauben  an  tiott  —  der  hat  auch  hey  der  I 
noch  was  zw  Hagen  . . .  ."  Icli  verweise  noch  auf  die  briu&i  ( 
19.  dec'br.  1792,  20.  juni  1793,  13.  janiiar  1794,  14.  Boptbr.  J 
5.  oktbr.   1794,  19.  Januar  1795. 

Von    gn'ist^'m    und    unmittelbarstem    interossc   für   unBam  xm 
sind   aber  die  belege  auf>  den  briefen  vom  sonimer  1796,   die  fld 
unmittelbar  vor  oder  während  der  abfaBsung  von  HentiMiii  und  ] 
tboa  erhielt,     21.  Juni  1796:    „Hey  diesem  Specktaket  bliebe  icb  vm.-*l 
die   gantze   Zeit  her  ruhig    —    packte  nicht   —    regte    mich    nicht  - 
Eüsen   —   Trinken  und  Schlaf  bekäme  mir  wohl  —    Erfahrung   bncbV 
Hoffnung  —   der  ;imahl   geholfen   hat,    hats  nicht  rerlenit  —    Kr  fc»" 
auch  Jolzt  helfen,   und  Er  tliats  durdi  die  braven  Sucbüxun,  diu  lulteti 
une  wieder  vordissmübl  befreyt  ....■*      1.  august  1796:  „Unser  jetnfP 
Lage  ist  in  allein  Beü-acht  fatal  und  bedencklich  —  doch  vor  dw  iSo" 


397 

grämen  oder  gar  vorzRgen  wai'  uie  meine  Sache  —  auf  Gott  ver- 
ittsuen  —  lien  gegenwiiitigen  Augenblick  nutzeu  —  den  Kopf  nicht 
Verliebren  —■  sein  eignes  werthes  Selbst  vor  Kiancklieit  .  .  zu  bewah- 
im  —  da  dieses  alles  mir  von  jeher  wohlbekomraeo  ist,  bd  will  ieb 
dftbey  bleiben  .  .  ."  17.  aept.  1796:  „So  weit  wären  wir  nun  wieder  — 
Gottl  wird  ferner  durcLhelfen  .  .  .^  Auch  der  brief  vom  1.  okL  179ö, 
in  dem  ihr  gottvertrauen  rührenden  atisdruck  findet,  kaun  noch  in 
betracht  kommen,  da  Uoetiie  noch  im  Oktober  mit  der  durcharbeitung 
der  im  September  gedichteten  6  ersten  gesange  beschäftigt  war '.  Auf  die 
grosse  ähnljchkeit  dieser  briefstellen  mit  den  angezogenen  versen  des 
gedichtes  noch  im  besonderen  hinzuweisen,  ist  überflüssig.  Frau  rat 
und  der  wirt  sind  volkommen  gleich  in  ihrer  gesinnung  gegen  gutt 
und  in  ihrem  heitern  mute  gegen  gefahren.  Wenn  der  pfarrer  diesen 
I  Standpunkt  des  wirtes  lobt: 

„Haltet  am  glauben  fest  und  fest  an  dieser  gesinnung! 

Denn  sie  macht  im  glücke  verständig  und  sicher,  im  unglück 

Reicht  sie  den  schönsten  trost  und  belebt  die  herlichste  boffiiung  .  . ." 
io  ist  unbedingt  sicher,  dass  diese  verse  dem  dichter  durch  den 
l^anken  an  seine  rautter  eingegeben  worden  sind.  Denn  sie  war  ihm 
Ifohon  jähre  lang  das  herlichste  und  vielleicht  einzige  beispiel  für  die 
Wahrheit  dieses  satzes;  und  gerade  zur  selben  zeit,  als  er  diese  verse 
dichtete,  erneuerte  jeder  brief  vor  ihm  das  köstliche  bild  dieses  gott- 
.uenden,  im  glücke  fröhlich  -  verstandigen ,  im  Unglücke  ti'ostberei- 
ten,  hofmingsvüllen  meuschenkindes.  Noch  in  den  annalen  über  1794, 
Wo  Goetlie  den  fui-chtiosen  mut  der  matter  gegen  die  kriegsgefahren 
d>enfals  rühmend  hervorhebt,  bezeichnet  er  als  den  grund  dafür  ihren 
j,a]ttestamentlichen    glauben".     Hat   somit    auch    der  löwonwirt  seinen 

iverzagten   Optimismus  von  frau  rat   überkommen,    so   ist  damit  fest- 
jgestelt,  dass  der  ganze  zuversichtliche  ton  des  gedichtes,  der  in  bemer- 

iüswertem  kootraste  zu  den  oben  geschilderten  kriegsgefatii-en  steht, 
Wesentlich  dun/h  die  briefe,  die  für  den  dichter  die  einzigen  Zeugnisse 
jene  haltung  der  mutter  waren,    bestirnt  worden   ist.     Zugleich   hat 
Utürlich    zu   der   behaglichen,    gewissermassen    siegesfrohen   Stimmung 

r  dichtung  auch  der  umstand   beigetragen,    dass  Goethe  das  gediclit 

it  niederschrieb,   als  erzherzog  Karl   die  Franzosen   schon   unaufhalt- 

n  zurückwarf. 

Noch  auf  einen  punkt,  der  nicht  die  pereon,  sondern  die  örtlicb- 
fUiit  betrift,   möchte  ich  hinweisen.     Man   weiss  schon   lange,   dass  der 


1) 


gl.  briof  au  Schiüar 


1  17.  oktLr.  1796. 


ilichter  auoti  zur  scliilderung  der  firtliehkpit  im  gedichte  znge  sau  vain- 
ata<]t  und  väUvrhauH  benuzt  liat  Dor  brunimn  vor  dem  gnsüi&iiiw,  dor 
garten  hinter  ilcm  iiaiise,  das  pfürtolipn  in  der  Btadtmaiier,  der  WOD- 
borg,  der  bimbaiim  verdanken  walirstheinÜcti  jii^ndorinDtmnigtm  to 
dasein  im  gedichte.  Die  daclikaramer  Hermanns  enlsi|iricht  d«  woh- 
nunf;  de»  jungen  Onethe  im  olter1ii.-tien  huDse.  Aber  datt  haus  itelbit 
ist  von  dem  hii-schgraben  a»  den  markt  versezt  werden.  Nichts  tiKtür 
lidier  aU  das,  mag  man  denkt>n,  dn  ein  ^stbaii^  in  kleiner  stadt  kniM 
besseri*  läge  haben  kann,  als  »ni  mnrhte!  Ich  würde  mich  anrfi  AmAr- 
aus  bei  dieser  erkläning  ans  dem  praktischen  leben  bernhigen,  woio 
nicht  gerade  das  gomiitlicho  gvnrebild,  mit  dem  das  gedieht  bf^Jnt: 
das  wirtapaar  nnter  dem  tor  doa  bauses  sitzend,  sich  der  anmidifc  flNr 
den  markt  erfreneitd,  neugierig  das  treiben  der  rilckkehrenden  rrwu- 
scheu  musternd,  in  den  brieten  sein  pendant  ffinde.  Kran  tat  haM 
nach  langen  Verhandlungen  und  Schwierigkeiten  im  mai  17i)5  ihr  faaai 
am  birBi'hgraben  verkauft  und  eine  wohnung  am  rossmarkte  Iwxogen. 
Sc^hon  vorher  hatte  sie  gut«  aussieht  als  uuerläsalit^he  eigenschatl  ihm 
neuen  logis  gerordert;  und  diese  wohnting  erfülti^<  ihren  wuusch  llh«r 
alle  erwartung.  Ihr  jube!  über  diesen  Vorzug  ist  rubrem!:  „wie  irfi 
aber  in  die  Zimmer  kam,  so  kann  ich  Dieb  auf  Bhre  versiohom,  da« 
ich  da  stunde  wie  simpel  vor  Erstaunen  —  nein  eine  solche  Aussieht  — 

eine  solche  Lage  ist  in  der  ganlzen  Stadt  nieht  mehr  anzulreffen * 

(16,  mai  1795).  Sie  wird  nicht  müde  gerade  diese  eigenschaft  zu  rüh- 
men und  ansi.:baulJche  beschreibungen  von  den  belebten  marktbildem 
unter  ihren  fenstern  zu  entwerfen  (z.  b.  24.  aug.  1795),  Sic  wünecht 
widerholt  ihren  söhn  zu  sich,  nur  damit  er  mit  ihr  zum  fenster  tÜDanv- 
gui'ken,  das  getümmel  beubachtan,  diewachtpurode  aufziehen  («eben  kOol» 
24.  eopt  1795;  16.  okt.  1795.  Daher  denkt  Goethe  bei  der  nachrichl 
von  dem  humbardement  Frankfurts  sofort  an  die  exponierte  mjtrktwoh- 
nimg  der  mutter^  ebenso  wie  diese  selbst  in  dem  vun  der  beschreibung 
handelnden,  schon  widerholt  verwerteten  briefe  vom  22.  juni  1706 
die  weite  aussteht  von  ilirer  wohnung  aus  hervorhebt,  dicfimal  aborab 
nachteil,  da  sie  nun  „all  den  Specktakel"  habe  mitanaeben  milsaen. 
Wenn  dei-  dichter  also  in  der  lowenwirtin  eine  frau  Äja  zeichnen 
wolte,  und  wenn  er  nacliweiabar  auch  sonst  lokale  züge  aus  Frankfurt 
in  sein  gedieht  verwebte,  so  ist  es  wo)  wahrscheiulioh,  das«  er  in  dw 
eiogangsscene  der  diebtung,  die  uns  die  löwenwirtin  zum  erstsBinile 
vorführt,  durch  eine  so  charakteristische  Situation  aus  dem  leben 
mutier  geleitat  worden  ist. 

I)  Vgl.  ilie  früher  citierte  steÜL-  aus  iletn  brietL*  an  Kfliiller  «oni  28. 


Noch  einpti  ziiänmmen  klang   zwischen   gedieht   und   briefen   will 

I  wenigstens  erwölinon.     Hermann  blauiiert  sieh  beim  kaufmaun  und 

inen  töchtera,  weil  ihm  die  Zauberflöte  von  Mozart  ganz  uul)ekant 

l>lieben  ist.     Nun  wird  in  den  briefen  kein  theaterstiick  häufiger  tinil 

mehr   vurliebe   erwähnt,    als   die  Zauberflöte.     Kran    rat   berichtet 

ilerholt,    wie    oft   sie   sclion    in   Frankfurt,   gegeben   worden   sei,    wio 

(  der  heifall,  wie  erstickend  voll  das   haus  immer  sei  (6.  sept.  1793, 

febr.   1794,    5,  mal   17(14).      Am    9.  novbr.    1793   entwirft    «le    eine 

imuristische  schüderiiu^  dieses  zudranges:    ^  Neuen  giebts  hier  nic^bt», 

I   dass  die  Zaiiberflüte   ISmabl   ist  gegeben  worden  —  und  das.s  das 

IU93  immer   gepropht  voll   war   —    kein    Mensch    will    von    sieh 

,gen  lassen  -~    er  hätte  sie  nicht  gesehen  —  alle  Handwereker 

Gärtner  —  ja  gar  die  Sachsenhäusser  —    deren   ihre  Jungen  die 

ffen  und  Löwen  machen  gehen  hinein  so  ein  Spet^ktackel  hat  man  hier 

[fch  nicht  erlebt"  usw.     Dnverkeiibare  ahnlichkeit  zeigt  diese  stelle 

it  jenen   versen   des   IL  gesangcs  von   Hermanu  und  Dorothea;    aber 

ist  doch   kaum   ein   direkter  znsanimenhaug  zwischen  beiden  anzu- 

llimen.     Der  brief  ist    bei   abfassung    der  dichtung  schon   drei  jahro 

und   die  Zauberflüte,    die  am    16.  Januar   1794    zum    ersten    male 

Weimar  aul'geflUirt  wurde,  war  179ti  ein  allgeraeingut  der  gebildeten 

■worden,  woraus  die  crflndung  des  diditers  ganz  natürlifh  auch  ohne 

eitere  speciolle  anregung  abgeleitet  werden  kann, 

Ich  fasse  nochmals  das  Verhältnis  zwischen  den  briefen  und  dem 
jichto  zusammen,  wie  es  sich  ergebeu  hat:  Aus  Goethes  tiefgehender 
ilnahme  an  den  ereignissen  des  sommers  1796  erklärt  sich  die  vor- 
bsang  seines  Idylls  in  die  gegenwart;  diese  teilnähme  gründet  sich 
ossonteilH  auf  besorgniw  nm  seine  mutter;  ihre  bricfe  vom  sommer 
96  vermittelten  ihm  ihre  gefäbrüclie  läge.  Dieselben  briefe  haben 
I  anregung  zu  einigen  zügen  aus  der  Schilderung  der  zeitlage  im 
»dichte  gegebon.  Sie  sind  die  direkten  quellen  für  wichtige  cbarak- 
Kflge  der  Wirtin  und  des  wirtes  geworden.  In  seiner  bedeutung  als 
arakterspiegel  der  frau  rätin  kernt  der  ganze  briefscbatz  bis  1796  in 
itracbt,  durch  den  vielleicht  auch  die  Örtlichkeit  in  der  eiugangssvene 
(  ^edichtes  bestirnt  worden  ist. 


HAOitEBinin, 


ALWIN    SCHMIDT. 


400  DETTER 

BERICHT   ÜBER    DIE   VERHANDLUNGEN   DER   GERMANISTISCHEN 
SECTION   DER   XXXXII.  VERSAMLUNG   DEUTSCHER   PHILOLOGEN   UND 

SCHULMÄNNER  IN  WIEN. 

In  der  koD8tituiei*eDden  vcrsamlung  der  germanistischeD  Sektion  am  24.  mai 
gedenkt  der  leiter  der  vorbereitenden  geschäfte,  prof.  J.  Minor,  der  Verluste,  welche 
die  deutsche  philologio  seit  der  lezten  versamlung  zu  München  1891  erlitten  hat  Er 
iient  die  verstorboueu :  Karl  Gustaf  Androsen,  Friedrich  Zarncke,  Gustav  v.  Loeper, 
Anton  Birliuger,  Ernst  Ludwig  Rochholz,  Ignaz  v.  Zingerle,  Reinhold  Köhler;  aiu 
benachbarten  gebieten  Ernst  v.  Brücke  und  Rudolf  Westphal. 

Darauf  tragen  die  anwesenden  ihre  namen  in  das  goldene  buch  ein.  Es  sind 
97  mitglieder  verzeichnet,  so  dass  die  section  —  obwol  die  romanisten  diesmal  geson- 
dert verhandelten  —  nur  hinter  der  Iicipziger  von  1872  (mit  117  mitgliedem)  aozahl 
zurücksteht.  Darunter:  E.  Schmidt,  R.  M.  Meyer,  Pniower,  Bötticher,  Kinzel  (Ber- 
lin); Michels  (Göttingen),  Köster  (Marburg),  Sievers,  Hirt  (Leipzig),  Martin  (Strass- 
burg),  Streitberg  (Freiburg  i/Schweiz),  Kelle,  Hauifen  (Prag),  Seemüller  (Innsbruck), 
Creizenach  (Krakau). 

Zum  ersten  Präsidenten  wurde  prof.  Johann  Kelle  (Prag),  zum  zweiten  prü- 

sidenton  gymnasialdirektor  Gustav  Waniek  (Bielitz);    zum  ersten  Schriftführer  dr. 

Siegfried  Szamatolski  (Berlin),    zum  zweiten  Schriftführer  dr.  A.  Stern  (Wien) 

gewählt. 

Erste  Sitzung,  am  25.  mai  (8  —  10  uhr  vorm.). 

1.  K.  Kraus  (Wien)  begann  mit  dem  angekündigten  vortrage  über  die  auf- 
gaben der  forschung  auf  dem  gebiete  der  litteratur  des  11.  und  12.  Jahr- 
hunderts und  die  mittel  zu  ihrer  lösung. 

Nach  einigen  einleitenden  werten  über  die  notwendigkeit  engster  Verbindung 
von  Philologie  und  litteraturgeschichte  zeigt  der  vortragende   an   einigen   beispielen, 
dass   das  princip,    bei  jeder   betrachtung  von   einer   eingelienden  Untersuchung  des 
äussern  der  handschrift  auszugehen,  noch  immer  nicht  alseitig  beobachtet  werde.    & 
fordert  nachdrücklich  die  feststellung  verwantschaftlicher  beziehungen,  die  nicht  bloss 
für  die  datierung  einzelner  gedichto  von  weit  sind,    sondern  auch  über  die  strömioi' 
gen  der  litteratur  unter  umstöuden  aufschlüssc  bieten.    Bezüglich  der  quellen  bandelt 
es  sich  teils  um  auffindung  noch  unbekanter,    teils  um  die  genaue  Untersuchung  der 
bereits  bekauten.     Weiter  bespricht  der  vortragende  die  kautelen,    die  bei  gramma- 
tischen Untersuchungen  zu  beobachten  sind,    weist  auf  die  lücken  in  unserer  kentnis 
des  Wortschatzes,  der  syntax  und  des  Stiles  hin  und  führt  einige  beispiele  aus  jedfliB 
der  drei  gebiete  an,  um  zu  zeigen,  wie  solche  Untersuchungen  auch  zur  feststelloBg 
der  lokalisicrung  und  datierung  von  nutzen  sein  können.    In  bozug  auf  die  beartet* 
lung  der  reimkunst  der  einzelnen  gedichte  empfiehlt  er  schärfste  individoalisieraiig 
und  bemerkt,    dass  sich  über  die  metrischen  fragen  vielleicht  durch  eine  betrachtung 
der  Wortstellung,  sowie  durch  die  vergicichung  mit  den  quellen  bei  solchen  dichtsEB. 
die  sich  an  das  original  mit  ängstlicher  treue  anschliessen ,    manches  entscheiden  las- 
sen  dürfte.     Der  vortragende  betont  die  notwendigkeit,    zwischen  litterarischer  und 
sprachliciier  hcimat  zu  scheiden,   und  bemerkt,    dass  die  zahlreichen  verwantschaft- 
lichen  beziehungen  eher  aus  dem  regen   verkehr  der  klöster,    als  mit  der  annahine 
verloren  gegangener  kompendien   zu  erklären  seien.     Eingehender  verbreitet  er  aidi 
über  die  fragen  nach  dem  zweck  der  geistlichen  dichtung;  auch  hier  fordert  er 
sondenmg  der  individualitäten ,    boobachtung  des  wechselnden  gesohmackes  und 


ffifläie6B»VKRwm.TOQ  js  1 


■.gehendes  atadimn  der  kiemeren  iGgenden  des  14,  jekhrhondertft,  um  über  einige  gediclite, 
i  deren  datierang  man  zwischen  doiii  12,  und  H.  Jahrhundert  schwankt,  beatimto 
eDtBcbeidiiDg  eu  gewinnen.  Die  frage  aaali  dem  urspraugs  der  geistlichen  poesie 
irird  wol  algemein  auf  die  gleiuhe  weise  boantvcortat;  es  handelt  sich  aber  anah 
ilaruin  die  faden  aufzuzeigen,  die  von  dem  12.  ins  13.  Jahrhundert  btniiberfabren. 
Der  vortrageode  scidiesst  mit  der  bemerkung,  dasa  die  notwendige  Toranssetzuag  zur 
lösnng  der  angodenteten  aufgaben  TOrurteilsfrei  und  im  engsten  ansdilnsso  an  die 
baodsobriften  bergestelte  texte  jedes  einzelnen  deukmales  seien. 

2.  Es  folgt  Erich  Schmidt  (Berlin)  mit  emigen  bemerkuugen  über  Les- 
fings  fragmeut  „das  horoskop". 

Kenner  der  polnischen  goachichte  und  sage  leugnen  mit  bestiintheit  das  Vor- 
handensein polnischer  ijnollen.  Auch  das  von  Schiller  für  den  Demotrius  benuzte 
bncli  des  leibmedikoB  Counor,  dessen  uamen  der  arzt  bei  Ijessiug  führt,  ergibt  nichts. 
Schmidt  zeigt,  einem  winke  Ä.  Brückners  folgend,  wie  das  bauptmotiv,  der  verhäng- 
nisvolle orakelsprucb ,  der  Fatricidageschichte  im  mathematicas  des  Uildebertue  luro- 
Qenais  (ed.  Beangendro,  Paris)  ontaommeu  ist 

Creizenach  erklärt  darauf  Qnintilians  IT.  dekUmatiou  fiii  die  auch  von  Les- 
nng  unmittelbar  benüzte  quelle  Hildeberts. 

3.  Sievera  (Leipzig)  ergreift  das  wort  xu  seinem  vortrage  iZor  rbythmik 
nad  melodik  des  neahochdeutscbeu  apreohverses". 

Sievera  plädiert  füi-  erweitemng  dos  herkämlicheu  begrifa  der  metrik,  und 
«war  zuuSchst  mit  anwendang  auf  die  modernen  litteraturen,  welche  atlein  eine  solohe 
erwoiteruDg  auf  gruud  direkter  beobachtung  zulAsseu.  Erst  wenn  daa  feld  hier  geeb- 
net ist,  kann  man  auf  die  Ulteren  Perioden  zurückgreifen.  Da  der  metriker  die  auf- 
gäbe bat,  den  auteil  festzQstellen ,  welchen  die  lautfonn  der  gebundenen  rede  im 
gegeusatz  zur  ungebundenen  an  der  eigentümlichen  Wirkung  der  dichtnug  hat,  so 
kann  die  metnt  nicht  nur  die  lehre  von  den  zeitmafisen  sein;  und  auch  die  berbei- 
tiehung  der  bet«uungsachemala,  wie  sie  Jezt  geübt  wird,  reicht  nicht  aus.  Es  iat 
notwendig  nüt  lebeadigea  teilen  des  kunstwerkee  und  nicht  mit  blossen  Schemen  za 
operieren.  Eigentlich  ist  nur  das  gesprochene  dichtwerk  ans  dem  munde  des  dichters 
masagebend ;  ,ila  aber  die  werte  der  dichter  gewöhnlich  durch  bucbstaben  überliefert 
and,  so  müssen  dem  metriker  gute  nachempGitdungen  vorliegen",  um  die  eigen- 
scbaflen  der  gebundenen  rede,  welche  für  den  metriker  entscheidend  sind^  richtig 
■nsanBOndem,  gebt  Sievers  von  dem  fostatubeEiden  satze  aus,  dass  alle  dichtung 
Drsprunglich  gesang  war.  Jedes  musikstück  sozt  sich  aus  zwei  wesentlich  verschie- 
deoen  elementen  zusammen:  rhythmus  und  melodie.  Im  rhythiuos  versolilingen  sich 
wider  zwei  eleraente,  zeit  und  kraft  (nachdrack).  Aber  nicht  nur  für  den  gesang- 
ten,  sondern  auch  für  den  sprechvera  sind  rhythmus  und  melodie  wesentlich.  Der 
nnterscbied  ist  nur  ein  grad unterschied,  kein  Wesensunterschied.  Tor  allem  mnss 
man  aich  von  der  vojstcllung  Ireimachen,  die  aus  der  herkömlicben  bezeichnunga- 
weise  des  sogenautou  musikalischen  taktes  geflossen  ist,  unser  taktstrich  schei- 
det im  princip  weder  rhythmische  noch  melodische  tetlstücke  aus-,  er  dient  nur  der 
abetrakten  Zeitmessung.  £ine  rhythmische  oder  melodische  figur  entsteht  erst  dadurch, 
dass  eine  reibe  von  einzelschällen  dadurch  zu  einer  einheit  bSheren  grades  gebunden 
werden,  dags  man  sie  mit  einem  gemeinschaftlichen  willensinipuls  berv»rbringt.  Daa 
ein-  und  absetzen  dieser  Impulse,  nicht  der  taktstrich  scheidet  die  einzelnen  gruppen 
van  einander.  Der  Wechsel  von  fallendem  und  steigendem  rhythmus  findet  sich  im 
gesaags-  wie  im  sprechverso   (vgl.  dos  crescendo,   decrescendo  der  vcrse  mit  weib- 


inrSOBIUTT   F 


26 


iich«r  cisur  und  deo  gleichl&nfendeD  rhythmuB  det  milen  mit  n 
eing&DgsmoDolog  der  iptügeoia). 

Ferner  komt  in  betracht  dor  umbng  und  die  innere  gliederuDg  dtr  gr^ifM. 
Sieve«  unterscheidet  podisohe  und  dipodische  bindnng,  TgL  Beitr.  13,  124  fgg.  In 
podisclien  veno  sind  die  einzelnen  rhytlimusgruppeD  oder  füsse  coordiniert,  der  m 
druck  wectiselt  nur  nach  den  Abstufungen  des  siunesAccentes.  Im  dipodischen  «ad 
iwei  rdsse  dersit  eu  einer  eioheit  verbunden,  dnss  der  eine  dem  aadem  im  udr- 
druck  untergeordnet  ist  (podiscb:  Xennil  du  das  Idnd,  irv  die  eitröntn  bliilutf 
dipodi&cb:  Sah  ein  Imdb  ein  rö' stein  alihn).  Dem  dipodifichen  vei«c  hAftet  hu 
gewisse  leichtiglieit  au;  er  ist  der  vers  der  volksdiRbtang.  Der  podisohe  ven  eignet 
sich  zum  Busdraot  schwerer  gedunkeii fülle,  weil  kern  fuss  hinter  dem  andnn  n 
naohdruck  lurück zubleiben  brauclit;  er  ist  unser  kunstvers. 

Sievers  handelt  weiter  über  die  inelodie  des  sprechverses.  Die  dipodiedMi 
verse  sind  notwendig  die  einrörmigeren  in  melodischer  hinsieht,  ia  der  schnlobere 
[u3s  muukaliscb  tiefer  liegt,  als  der  stärkere.  Schwierig  ist  es  die  grosse  mannip 
faltigkeit  der  melodischen  formen  der  (KHÜschen  verse  annähernd  lu  bestimmfai;  ab«r 
es  sind  doch  mehrere  haaptgruppeo  zu  uoterscbeideu:  k.  v&ise  mit  mehr  oder  weniger 
volfitändiger  durcbfühmng  des  princij>s  der  gleich berechtigung  der  einielnea  fasse  socli 
in  melodischer  beziehong;  sie  haben  getragenen  oharakter  (Fkten,  Grab  im  Bosento). 
B.  verse  mit  stUrkorom  und  angeordnetem  Wechsel  der  tonhöhe.  Eier  eine  gnaas 
fülle  von  müghchkeiten.  Die  regellosesto  art.  neet  Sievers  verse  mit  BpruDgiotea,  «u 
^selne  icteo  sich  eprun^aft  über  das  sonstige  niveau  des  verses  hinaus  oriiobMu 
Am  stärksten  zeigt  sieh  der  Charakter  solcher  Terse,  wenn  nur  ein  solcher  sprang 
iotus  darin  vorkomt.  Den  gogensats  za  den  verseu  mit  sprungioton  bilden  die  sca- 
len-verse,  wo  der  vers  in  nachdnick  und  in  tonhöhe  Btufenweise  za  einem  liöb«i> 
puidite  aufsteigt,  oder  von  ihm  herabsteigt  (vgl.  die  scalenverse  Wagners  und  dJt 
verse  Fansts  mit  sprungideo).  Ton  einem  bewustea  sobaCTen  der  rhythmischen  ori 
melodischen  formen  kann  nicht  die  rede  sein;  aber  unwilkürlicb  bildet  sieh  bei  den 
dichter  ein  gefühl  heraus,  welche  von  den  verschiedenen  möglichen  formen  die  pi»- 
sendste  ist,  und  er  trift  darnach  die  answahl.  Das  seigt  sich  a.  b.  deutlich  im 
Faustmonolog,  wo  die  wechselnde  Stimmung  Fausts  in  so  wunderbarer  weise  udi 
rhythmisoh  melodisch  eom  auadruck  komt 

8iovers  nent  seine  ausfübrungcn  bloss  baosteine  zn  einem  erst  anSEnführeiwleB 
gebände.  Soll  dieses  wirklioh  einmal  erstehen,  so  braucht  es  der  hlngebaiKba 
Zusammenarbeit  vieler,  uni  durch  reichlicbo  beobnchtung  der  nis  mustergiltig  eiiaa* 
ten  interpretationsformen,  wie  wir  sie  aus  dem  mun<ie  erfahrener  tünstler  hören,  du 
subjektive  moment,  das  die  Wertschätzung  des  oinEolnen  mit  sich  bringt,  nach  kiif- 
ton  einzuengen,  und  so  ahnablich  zu  einer  objektiven  gnindlage  zu  gelaagen,  wo  dw 
wir  uns  rühmen  dürften  eiuen  neuan  Schlüssel  für  das  Verständnis  der  rode  nuanr 
grossen  dichter  und  ihrer  Wirkung  gefunden  zu  haben. 

Zweite  aitiung  am  26.  mai  (8—10  uhr  vorm.). 

1,  M.E..!ellinek  (Wien)  spricht  über  die  nntwendigen  vorarbeiton  (n 
einer  geechichte  der  mhd.  schriftdialekte. 

Wer  sich    mit  dem  problem    der  mhd.  Schriftsprache   beschäftigt, 
frage  zu  beantworten:  haben  die  mhd.  dichter,  vornehmlich  die  der  blütesot,  dient    1 
ihnen  gebrauchten  Worte   anders   ausgesprochen  wissen    wollen,   als   ihrem   i 
geniüKs  war?    Muu  kann  aber  das   wort  Schriftsprache  auch    im   eigentlichen  tmt 


■nun  uuil  Rieh  ilie  Trage  vnrlegeD:  wie  wareo  tue  rogeln  aad  tnulitioiiea  besclinr- 
,  ilia  sich  fiir  din  aafzeichmmgim  inlid.  gedichte  herausgebildet  liaben?  Boss  es 
[iesatn  ninue  eina  mhi.  achriftapraohe,  oder  besser  njhd.  Schriftsprachen  gege- 
hat,  di«  den  einzelnen  Schreiber  wenigstens  zam  tml  von  seiner  inondort  eman- 
nipht  IQ  bezweifeln.  Eine  genaue  kentnis  der  soliriftsysteme  wäre  nicht 
an  ftiuh  von  bedeutung,  söodem  auch  sehr  wichtig  Für  die  historisrhe  sjiracbfor- 
,  für  die  textesconstitution  mhd.  gedichte,  auch  für  die  gesohichte  der  nen- 
fcd.  Bchrifteprache.  Bisher  ist  aber  wenig  in  dieser  richtung  goscheheu.  Wir  icunan 
J  die  hBDptontei^chiede,  welche  die  grösseren  dialcb  (gebiete  Dentschlauds  charak- 
dei^D',  aber  für  die  genaue  bestiaiinung  der  orthogtapliischen  typen  nnd  Systeme 
noch  sehr  viel  zu  tun  übrig.  Bio  buchhandachriftfln  sind  TeraachlfiBaigt  worden 
r  dsT  unteraoobung  der  Urkunden.  Allein  es  ist  durchaus  nicht  a  priori  sicher, 
I  litteratur-  und  Urkunden  Orthographie  an  demsellien  ort  sich  immer  gedeckt  haben. 
lioh  würde  die  nut^rsuchung  siUntlicher  buchhandsobritten  die  träfte  eines  ein- 
m  w>it  äbersteigen.  I)er  vortragende  macht  den  verschlag,  dass  eine  Vereinigung 
gelehrten  die  saohe  in  die  band  nehme.  Zunächst  müston  die  principien  der 
mDCbung  genau  festgestelt  and  insbesondere  die  reihenfolge,  in  der  die  orthogra- 
lehan  eisoheinungen  zu  vorzeichnen  sind,  genau  bestirnt  werden.  Dann  wären  die 
totheken,  die  mhd,  handsohriftea  besitzen,  den  einzelnen  mitarbeitern  zuzuweisen. 
V  mitxrbeiter  miiste  das  von  ihm  gesammelte  material  einer  vorläufigen  untor- 
■  unterziehen  und  jede  von  ihm  leobaohtete  handaohrift  kurz  obaraktensieren. 
ai  wfre  insbesondere  darauf  rücksiebt  zu  nehmen,  oh  ein  gedieht  von  mehrem 
Eabani  aufgezeichnet  wurde,  oder  ein  Schreiber  mehrere  werke  verschiedener  her- 
kimft  in  ein  corpna  zusammengetrageu  hat.  Besondere  beaobtung  verdienten  Jene 
liilie,  in  denen  ein  manuscript  aas  einem  andern  uns  ebenfals  erhaltenen  abgesobrie- 
tttD  worden  ist.  Die  mitarheiter  hätten  dann  die  bogen  au  eine  centralstelle  einzu- 
endgUtige  vei^rbeitimg  erfolgen  miiate. 
Es  folgt  der  vertrag  von  Ä.  Eanffen  (Frag)  über  das  deutsche  volks- 
1  Österreich-Ungarn, 

Der  vortragende  fuhrt  aus,  dass  es  kein  österreiohisobes  Volkslied  gebe,  das 
I  teilen  des  reiches  gleidiartig  sei  und  »^ich  von  dem  übrigen  liederschatii 
inds  abhebe,  Wol  abor  gibt  es  in  Österreich  landstriche,  die  durch  hocb- 
Irge  und  fremde  voltsstUmme  vom  verkehr  abgeschnitten,  durob  ihre  hesonderon 
andschaftlicben  und  erwerbs-verhBltnisBe  noch  ein  eigenartiges  Volkslied  entwickelt 
laben.  So  zeichnet  alle  Österreich  Ischen  Volkslieder  aus,  dass  sie  mundartlich  sind, 
tröhTeod  in  Mitteldeutschland,  am  Rhein,  in  umgabung  grösserer  stfidte  das  Volkslied 
lohriltdeatscli  ist.  Die  üeder  lokaler  färhung  sind  in  der  regol  in  mundart,  dagegen 
di«  bolladen  und  dichtungon  heberen  etiles,  die  fast  überall  gleiohlauteud  sind, 
Bobriftdentsch.  Hauffen  gibt  eiue  übersieht  der  gattongen  des  Volksliedes  in  ÜKler- 
reiob  (almlieder,  wildschüteenlieder,  sobnadahüpfeln  usw.).  Er  handelt  darauf  über 
die  Sprachinseln;  Siebenbürgen,  Oottaohoe  in  Krain,  Euhliindohen ,  Deutsch böhmen. 
ESne  ausgäbe  noch  ungedmokter  Gottacbeer-voltslieder  ist  von  IlaulTcn  im  herbst 
l_  erwarten,  HaulTeD  bospricht  dann  die  historischen  Volkslieder  und  Soldatenlieder, 
feTolkslied  der  Slovenen,  Ungarn,  Tacheohon  ist  national  eigentnmlii;h  und  hat  auf 
1  deutsche  Volkslied  nicht  eingewirkt. 

r  (Wien)  betont  die  notwendigkeit,  auch  die  musikalische  Seite  des 
9  ta  beachten.     FriedlSnder  (Berlin)  unterstflzt  diese  ansieht  nnd  weist 
1  nDteiscbicd  des  norddeutaohon  und  ästerreichischen  voIkBliedcs  hio. 

■26* 


404  DCTTMl 

3.  £a  folgt  der  vartnig  von  Szamat^'iUki  (Berlin)  iibar  dk"  Jalireibsriftklt 
ffir  neuere  litlorator.  Szamatolski  legt  die  eDb^tehuogsgetu^ichte,  dta  «ntäliu; 
und  xiele  (loa  BHueo  uutornohmeDS  dar.  E.  Kiosel  spricht  seine  vorwvsdanuig  nu, 
dass  dos  aaue  aaternebmaD  das  16.  Jahrhuadert  mit  eiabenabe,  welahcs  im  iitrat- 
boricht  der  Berliner  geaelschiifl  für  deatsohe  philologie  liinroivhßod  bsrüukKiditi^ 
werde.  £i'  verteidigt  die  einrichtung  des  gemanten  jaliresborichtG,  wnfnuT  Sfini- 
lÖlski  bura  erwidert 

Dritte  sitiung  am  27.  mai  (8—10  idir  rorm). 

1.  Gotthold  Bötticiier  (Berlin)  erhUt  das  wort  au  dem  vortrage  üli«ril> 
mittelhochdeutsche  lektüre  »n  den  gymnasien. 

Böttioher  bespricht  die  preusBiacheu  lehrbestiminQDgen  und  hebt  die  nnUaiW^ 
des  gBsetzcs  bervor,  welches  vielfaeb  dahin  aasgelegt  wird,  dass  dum  aohtiler  bot 
eine  Übersetzung  des  Nibelungenliedes  vorzuliegen  habe,  und  vom  original  dut  eu' 
Keine  proben  mitgeteilt  werden  soUon.  Die  versamlnng  nimt  die  aulgeatältiui  ttwg* 
an,  welche  betonen,  dass  die  schüler  unbedingt  mhd.  t^xte  in  li&iideti  iiabon  «eU«K^ 
und  in  selbsttätiger  mitarbcit  vom  lebrsr  auf  inductivem  wego  in  die  poetische  oigM  — 
art  und  sprachliche  form  der  originale  eiazuführeo  sind.  Als  sU>a  der  lektün  emfifidi 
Icn  sich  Nibelungenlied  and  Walther. 

2.  Der  Vorsitzende,  prof.  Kelle,  ergreift  aelbgt  das  wort  und  zeigt  im  anw.hla« 
an  den  von  E.  Eraus  in  der  ersten  sitaung  gehaltenen  Vortrag  na  dem  baispido  da 
Eitoliedea,  auf  welebe  abwege  die  subjektive  kritik  altdeatacher  denknülar 
wenn  sie  nicht  die  lateiui.sohon  quellen  berückHichtigt.  äoheror  und  Vilinanaa  kabe^ 
das  Exxolied  für  ein  meiatcrwerk  der  kcmipoaition  gehalten;  eij  «rgibt  sich  abnr  al^ 
eine  armselige  bompilntion  aus  Hrabanus  Maaras  De  laudibus  S.  Craois  und  den  deda  — 
tatjones  dazu.  In  dieser  quelle  stehen  auch  die  lateintscben  Duadriicke,  weteho  ii^ 
gedieht  vorkommen.  Das  seltsame  citat  der  Oenests,  von  welchem  HüUmihiiff  aagM 
d«EU)  es  keinen  sinn  gebe,  erklärt  sieb  gteichfals.  ürabanus  Hauras  xlhlt  TüLnili(-.M 
im  prooeniium  die  quellen  auf.  Von  den  17  alttostamentariscben  geachiclitsbQrlieT^ 
nent  er  6,  als  erstes  die  Oenesis  und  ab  leztes  den  Liber  n-gain.  Dm  dtnitauh  - 
diahler  kante  nicht  alle  6  bnachen  und  erwühnt  deshalb  nur  1  und  6,  OenmÖK  w^-^ 
I.iber  regum.  Der  vergleich  mit  der  quelle  zeigt,  dass  gerade  die  wenigen  nnuMKgv« 
originalstollou  des  dichtera  von  der  kritik  als  unecht  erklärt  wurden,  wXhrend  "t*  "* 
aus  den  fast  wörüieh  aus  Urabonns  entlelmtau  particn  die  grosse  uetateraohaft  4^ 
diuhterB  dedacierte.  £s  ergibt  sich  Corner,  dass  da»  EztoUed  mit  den  knumnlfai» 
gar  nichts  zu  tun  hat,  sondern  ein  lohgedieht  auf  das  heilige  kreuE  ist 

3.  Darauf  folgt  der  vertrag  von  Hax  Friedlündor  (Berlin)  Qbsr  olnif 
volkstümliche  Üeder  dos  18.  Jahrhunderts. 

Friedländer  zeigt,   dass  das  liud  .Morgenroth*  von  W.  Hauff  (1834)  maf 
.Wie  gedacht'  von  Job.  Chr.  Günther  (1T15)  zurückgebe.    Das  zwiaohoiigllad  fiodM 
FriedlUnder  in  v.  Atnim^  aamlung  von  volksliadem  ans  fliegendim  bUttem  aus  des 
jnliren  1T!>0  und  1H17.     Günthers  quelle  ist  Uenantes  (1702).    Die  melodie-ijoi^t 
Ht  ein  Paderbiu^sohos  geistliches  lied  (1770).    Friedländer  bespricht  auob  daa 
vom  kaoaiiee"  als  ein   modemea,   aber  von  alten  ahnen  ahstamm 
aus  dem  jalire  1740.    Der  vortragende  zeigt  die  emtwieklnng  der 
proben  in  trefUchem  geaange. 

4.  Auf  antrag  von  prol.  Oombart  beschlicast  ibo  seotion  nia 
gramni  an  Uudoll  Uildebrand  in  Loipzlg  aliHueauden. 


5.   Per  Yorsitzeadä  prof.  KoIIq  scliliosst  die  beratougeD  der  eoctdoa  mit  der 
Hg,    dBAS  die  peisöDÜche  annäheruDg  der  beteiligten  bleibende  wirkaegou  Italien 


E.  Schmi-lt  6|iriclit  [irof.  Mic 
Beinen  irärmstea  danic  aus. 


:  für  die  besorgung  der  vorberoitondon  arbet- 


VoD  den  vortnigen  in  der  englisubon  Boction  (vorsitxendor  prot.  dr.  Eül- 
ji  Breslau),  waren  zwei  von  algoniain  germanistisohem  interessa. 

1.  lo  der  ersten  aiUang  sprach  Ferd.  Detter  über  die  Heaäobearden 
ovrnlf.    Der  vertrag  ei'sobeint  mit  andern   sagengesobiobtliobeu  untersachun- 

im  QöchBten  bofte  der  Beiträge.    Detter  zeigt,  dass  die  sage  nicht  historisch,  ist, 
UüUcnliofi'  angenommen  hat,  sondern  dass  hier  der  KagnaT^k'niytlius  vorliegt. 

2.  Darauf  folgte  der  vertrag  des  oberlehrara  dr.  Hartmann  (Insterburg  in 
lassen):  Zum  eiDflusse  der  englischen  litferatnr  aaf  die  doutsohe  im 

[■Urhandort.   William  Wyoherley  und  Christian  F.  "Weisse. 

Der  vortragende  behandelt  nicht  alle  beziobungen  zwischen  Chr.  F.  Weisse 
yfyahtffley,  sondern  nur  den  oiaflusfl  des  Engländers  auf  Weisses  Amalia.  Nach 
F  eingehenden  analyse  des  englisoheo  stüclces  (The  Countrywife)  zeigt  Hartmaun, 
sioli  Weisse  sehr  früh  mit  engüschar  und  französischer  titteratar  boschäfb'gt  hat, 
dasa  die  besch&ftigung  zunahm,  als  er  sich  mit  Lessing  in  der  ersten  Lolp^^iger 
befrsundstc.  Weisse  envähat  das  englische  stück,  und  Lessing  besitt  es  sogar. 
fcriefWi  ist  Dachzuwelsen,  dasa  Weisse  das  stück  von  Lessing  für  einige  zeit  ont- 
hatte,  Der  vergleich  einzelner  scenen  des  deutschon  und  enghschcD  Stückes 
,  ilie  abhüQgigkeit  Weisses  von  Wyaherloj  gaoz  deutlich.  Weisses  stück  spielt 
Dgland,  in  einem  gasthofe,  die  namen  sind  mit  Überlegung  gewählt,  zwei  kommen 
Pb^D-Dealer  vor  (Uanly  und  Freentan).  Weisse  muate  aber  die  gestalten  des 
Stuckes  in  anderem  gewaiide  vorführen.  Die  englischen  personen  sind  roh 
Folguader  zog  ist  beiden  diobtem  gemeinsam:  MaiJy  (im  eng- 
itüoke)  wird  mittellos;  Fidelia  reist  ihm  in  mäimorkleidung  nach,  am  ihn 
nnwärdigen  Obvia  zu  entreissen.  Auch  bei  Weisse  findet  sich  das.  Amalia 
rt  lioh  ihrer  nebenbuhlcrin  Sophia,  um  sie  zu  prüfeo.  Yergleicht  man  die 
len,  80  sieht  man,  dass  Manly  gemildert,  aber  doch  noch  zu  erkennen  ist; 
UBSt  bei  Weisse  Freeman,  während  Manly  das  psoudouym  der  verkleideten 
ia  ist  Hanly  klagt  (bei  Wyuherley),  dass  er  der  frcundschaft  keinen  wort  boi- 
aoch  Freeman  hat  durch  die  froundsubaft  matorieil  schaden  erlitten.  Eine  wei- 
flhnlichkeit  besteht  darin,  dasa  Olivia  und  Sophia  dem  kartenspiel  gleich  ergeben 
Beide  frauen  besitzen  Juwelen,  welche  die  tuänner  zurückverlangen,  sie  kün- 
aber  diesem  verlangen  nicht  naohkommoD,  Endlich  geben  sich  in  beiden  stücken 
rerU^dcten  frauen  za  erkennen.  Zwei  gestalten  in  Weisses  stück  finden  sich 
fiobOD  bei  Wycherley.  Eine  boeinllussang  Weisses  durch  Lessmgs  Uiss  Sara 
^eea  hält  Hartmann  für  aasgeschlossen.  Beide  dichter  {Geisse  und  Lessingl 
B  in  der  ersten  Leipziger  zoll  gomelnaara  Wyohorley  studiert,  und  ähnlichkeiteo 
■tSake  sind  auf  diese  gemeinsame  beschiLTtigaog  mit  derselben  quelle  zurück- 


UTTEBiTÜK. 

über   das   gediotit    vom    könig   OTendol.     Von  Rlcbwd  flelniel. 

berichte  der  ku§.  a^ademJe  der  msseaBchaften  bi  Wien;    philos.-hlstor.  U.  kai 

OSXTl,  1].     Wien,  Tempsliy  in  komm.  1892.    ÜU  s.     1,80  m. 

Vorliogetide   arbeit  suclit    die   Orendelfrage    darchweg    in    niüglicbitt    vuffia 
anschloss  an  das  Ijttorarisoh  überlieferte  la  löseii.    Die  abfossangBeeit  das  godidil^ 
wird  deijeaigen  dor  vortiegendeD    teste  mögliclist  nahe  gerücVti    dio  iotegriüU  wi 
oiuboit  aeiner  überlieferten  faBsong  wird  gegeo  die  vermotuag,   das§  e«  Ititsj 
und  aas  Tersobiedeoea  elomontea   zusainmeageatückt  sei,   tunlichst  vuiteidf^; 
Inhalt  wird,    anter  ablehuung  der  beziebnng  auf  mjthuB  und  uationBlsago, 
angeht,  auf  litlerarisohc  traditionen  legendarischen  and  ausländischen  ura| 
rtickgeführt,    En  ist  gewiss  fordedicb,  den  gegenständ  einmal  in  dieser  richtang  nf- 
Tolgt  za  sehen,   nachdem   dio  entgegen geseste   in    allen    drei  punkten    zum  eitnni 
getrioboD  war.      Ich  freue   mich,   den    verehrten    Verfasser  daboi  iu  uianubtui  lehi 
woBontlicbon  dingen  mit  den  bd.  XXn ,  468  fgg.  dieser  xeitschrift  gegebenen  aasfäbnui- 
gen  in  ü  herein  Stimmung  xu  finden,    in  anderen  neue  ausbVuke  durch  ihn  sa  gowiD' 
nen;  keineen'egs  aber  kann  ich  mich  seinen  BufsteUniigen  üborall  onsclilieswu. 

Die  entstohung  des  Orendul  sest  tluiniet  mit  Hüller  lHogem  xoit  nach  1! 
an.  Dass  die  Vorstellungen,  die  der  dichter  vom  heiligen  lande  hat,  mit  ciaer  «nl — 
chcD  annähme  recht  wol  ru  vereinigen  aoin  würden,  dnss  sie  sich  aber  siiidi  aus  dea 
leit  um  1190  oiklären  lassen,  habe  icb  a.  a.  o.  s.  483  fg.  bomockt,  Ebcudgrl  hab^ 
iuh  dann  auf  einxciheiten  dos  inhalteg  und  des  spracligehrauubes  biugewitnen,  di^ 
aus  siäterer  zeit  stammen.  Dass  meis-ter  Isea  rittersL'hlag  nicht  vnr  d«iii  14.  Jahr- 
hundert eiBonnon  sei,  mochte  ich  jezt  bestunter  behauptoa.  Wie  ftvindanig  de^ 
Deutschon  noch  gegen  mitte  des  13.  JahrhandeTts  Jio  sitle  des  ritIorschlaf{«a  übet- 
baupt  war,  zeigt  Ulrich  von  Türhuim,  wenn  er  im  WiUehalm  bei  der  unililuag  w^ 
ßnnoewarts  sobwertloito  den  boricbt  der  französischeu  iinella  von  dem  um  I  nim  lilit,!»«  ~l 
den  Bainouart  dabei  erbUt,  ganz  fortljjsst,  vgl.  diese  ztsohr.  XIII,  103  (g.  Die  mr 
dieser  corimonio  verbundeno  Verleihung  der  rittcrechoft  am  heiligen  grabe  aber,  ms 
die  es  sich  im  Ürendel  liandelt,  ist  überiiaupt  vor  dem  14.  Jahrhundert  niaht  nMdi — -^■ 
suKcisen.  Die  fabel  von  der  gründuiig  des  ritterordons  vom  heili([cn  grabe 
Gottfried  von  Bouillon  int  längst  widerlegt  Dagegen  ac:hoint  der  glaub«,  dnu 
im  jähre  11Ö7  graf  AdolTIIl.  veu  Schaacuburg  xum  rittor  des  hoiligen  grabi«  gcoiKk'^ 
sei,  noch  nicht  eudgültig  zerstört  zu  sein.  Wenigstens  huldigen  ihm  noch  Iludf . 
Deteriptiott  (ks  tombeaux  (U  OotUfrojf  d»  Bouillon  1855  I,  164  and  Barineat, 
iler  Onien  norn  Iteil.  Qrabg'  SÜln  18TD  s.  21  fg.  Die  einsige  stutu  dsßr  i«  Aa 
bebaoptung  Muibonis  in  den  ootun  zu  seiuem  Btnun  Üermantearum  tom.  ni  (Habn* 
stAdt  1688)  a.  531:  legi  in  qttodam  iitanu*criplo  chronieo  inceiii  ...  teriphrü, 
Äilolphum  Srhauxnburgentem  in  hac  ejjii^iticne  {H^"!)  a  primoriht*  qtiibumlaat 
efcleeiattici*  equUem  tine  tniltlem  ul  cooabant  ijreatum";  das  aoi  wi^«o  anna 
«nteils  an  den  kfimpfen  gegen  die  Sarazenen  geschehen,  und  er  habe  tnfblgo  dnaa 
in  sein  wappen  eq  dem  [lesselhlatt  noch  'i  kreuznifgel  aufgenommen.  A.bw  ontMa 
sagt  nicht  einmal  Uvibora  in  dieser  vagen  angäbe,  dass  Adolf  am  buili^n  grabe  cid 
überhaupt  in  Jenisatem  die  rittorwiirda  erhalten  haho;  cwoitens  ist 
nie  der  graf,  über  dessen  hervorragend«  boteüigung  an  den  . 
Städte  baschrSnkten  Unternehmungen  der  jähre  1197/93  wir  dimh 


407 

.  Sl,  203  tgg.  gut  unterriobtct  sind,  wähiBud  dea  briegcs  in  das  von  den  Smik- 

beeexto  Joruaaleiu  hinein gekonuneD  sein  soll;  und  drittouM  wird  die  ganxe  it&cb- 

ÜB  eioe  aus  dem  Schauenbnrg-Holsteiniscbea  wa|tpea  apU  abgeleitete  erfindiiog 
sage  ilailiirch  erwiesen,  dass  dies  wappen  in  der  ältesten  fomi,  die  wir  durah  ein 
1  Aduifs  IV.  vom  jabre  1224  und  durch,  eines  des  grares  Koucad  vom  jähre  1237 
w»dor  das  nt-sselbUtt  noch  die  nSge!,  sondero  einen  löwoli  zeigt:  siehe  A.  v.  As- 
,   Uriiuadliches  mat^Tial  zur  gescluobto  und  goDoalogie  dar  grafeu  voe  Scbauon- 

bd.II  s.  CI.  07  und  taf.  1.     Das  ue«sell>latt  führt  auerst  Jobann  I.  auF  dam 

eiDer  utkonde  vom  jalire  1342  [a.  a.  o,  s.  99  aod  taf.  II);  die  drei  nilgel  alier 
B  aiah  weder  bei  ifam  ooeh  io  der  DöuhGtrolgetLden  »eit;  sie  sind  erst  spüter  aus 

Terlingerten  form  der  3  eekapitzen  des  nesiulblattes  hervorgegaogon,  mo  sie  sich 
■D.  tnf.  V  nr.  10  und  taf.  VIU  nr.  3  zeigt,  vgl  auoh  a.  a,  o.  s.  21 1.  Das  meiues 
älteste  beisptel  für  die  verleihong  der  ritterwürdc  am  hedigen  grabe  bietet 
Mb  Wilhelm  von  Baldousel  im  jähre  1318,  a.  Hody  a.  1Ü8;  Tobler,  Golgatha 
Alniäbliob  norde  es  eine  beliebte  sitto,  <Ia£s  die  adlioben  pilger  diesen  akt  dort 
vülueheo  heseen,  mochteti  me  niui  sclion  ritlor  sein  oder  mohl.  ITelix  Faber 
ptorium  II  8. 4j  erzählt,   wie   sie  sieb  suhorenwois  unteroiuauiier  am   heiligen 

in  rittera  schlugen  in  der  weise,   dass  imnner  der  vomohmere  dem  ibm  im 

siiDächfit  folgenden  den  schlag  erteilte.  Ein«  verworrene  Vorstellung  vou  sol- 
unoeseniieteiligung  an  dieser  art  von  ntteracblug  mt^  im  OrendeL  der  erzfihluug 
tinde  liegen^    noch  welcher  jeder  der  anwesenden  beiden  dem  mmster  Ise  bei 

oerimonio  einen  kräftigen  schlag  gibt  {Or.  2202). 

Die  aohilderuDg  von  Meatwins  abentauerliohem  helmschmucb  wird  wol  trotz  Ber- 
bemerkaag  in  dieser  steobr.  XXIV,  12U  fg.  nicht  in  einer  zoit  gedichtet  sein,  in 
oiUit  in  Dentsohland  weder  dio  üichtong  noch  die  bildende  kunst  das  belmzimier 
Bs  werden  wol  überhaupt  nicht  viele  mit  Bergor  für  „eioe  ziemlich  belang- 
te' halten,  ob  dinge,  die  das  ganz  vou  überliafei'ten  formetn  und  motiveu 
Bobte  gedieht  besehreibt,   zu  der  zeit,    in  die  er  ee  setzen  möchte,    dem  deut- 

leben  und  der  deutschen  litteratur  und  kunst  noch  fremd  waren  oder  nicht, 
i ftbendländiachen  und  was  wichtiger  ist  osteui-otäiscben  parallelen",  die  Vosn- 
nach  Heiniel  a.  29  „zn  dem  automatiscben  achmuck  voo  Mentwins  holni'  bei- 
cbt  hat',  betreffen  nicht  etwa  den  hBlmschmuck ,  sondern  nur  autouiatisuho 
werke  überhaupt  and  ergeben  für  dio  deutsche  litteraturgeschiohto  keine  neuen 
IltüHSO.  Was  ich  GoiUicb  in  dieser  Kteclir.  XSH,  486  über  den  spaten  urspnmg 
i  der  Mentwincpisodc  im  reime  gebrauchteo  fin  bemerkte,  gilt  umsomebr,  als 
r  dort  erwähnten  glosse  des  10.  Jahrhunderts  nicht  finlieho  sondora  einticha  zu 

ist;  vgl  Steinmeyer,  Ahd.  gU.  1,  310,  1  uod  Ztschc.  f.  d.  a.  34,  28ä  fg.,  wo 
ms  f\i»  im  höfischen  epos  zuerst  bei  Berthold  von  Holle  belegt  wird. 

Kach  alledem  glaube  ich  nach  wie  ^'ür,  dass  die  uns  erhaltene  Orendeldich- 
nioht  ans  früherer  zeit  stamt,  als  ancb  HeinEol  nnd  Müller  annehmen;  aber  ich 
such  dio  Überzeugung  nicht  aufgeben,  dass  sie  ans  keineswegs  in  ihrer  arsprüng- 
I,  sondern  oui'  in  einer  stark  veränderten  und  mit  zuefitzen  vermehrten  fassuog 
<g^     iSns   bestimto   datiemng   des  Originals   muss   ich    jezt   noch    ebenso   wie 

XXII,  4S7  ablebneo;  nur  dass,  wie  ich  dort  ausführte,  kein  grund  besteht, 
r  das  ende  des  12.  Jahrhunderts  zu  setzen,  während  die  entatebung  der  gattung, 


1]  Ein«  wutUhiliol 


40e  F.  TD«  ^^^^^^^H 

der  es  angetört.  in  Westdeatsctüand  gegea  1200  sohr  wnl  dcnlibu  isL     ^^^H 
niedere  fortbildong  der  durch  den  Rother  vertretooeD  dlohtaitgsweiso  darf  dic^^^H 
Orendel  und  Uorolf  in  der  litteiftrhiBtoriscben  beuitoilung  vom  Bother  oialit  fHV 
werden.     Daas  sie  andrerseits  auch  sehr  nahe  beziehiuigeu  lu  godictitan  wie  OitM 
und  die  Woirdietriciie  xeigt,  glaube  ich  im  Morolf  zitr  genüge  uacbgewiwiaa  su  hitia 
Nor  it'igea  doch  auch  die  niederen   volkaepen  des  13.  Jahrhunderte  irmner  irgnd- 
welche  einflüsse  der  von  den  Nibeliingen  eingeluitetHi  höhoron  volluopil:  oder  anck 
des  konetepos  oder  der  beiden  Engleich,  wahrend  sieh  davoa  im  Oretidel  auil  im  UoroU 
keine  spur  findet.     Dass  diese  beid»n  epielniauiu^diohto  dangen  beiiehiuig&n  mm 
ßolandsliede  aufweisen,  verdient  liei  dieser  Sachlage  doch  mehr  heachtung,  nie  Siaoer 
A.  I.  d.  a.  17,  124  nun.  «uninit     Aas  dem  HokndaUede  wird  wul  im  Murolf  tfefU 
6S.  I  slammcD    (vgl.  Konradü   Bolud  42,  22  NabUi,    273,  30  NobiUs;    Cluamm 
OxI.  V.  1775  NopUi);    femer  Marsiiie  69,  2   (rgL  Rol.  96,  1«)    und    Btliän.      Ba 
Suriiln  findet  sieb  Mor.  755.  758   und    Hol.  270.  30;   Uodelger   Mor.  730/31    bihI 
llol,  &H,  17.     Hinter  dem  Sarpe  Hat.  69,  4    vgl.  CXrV    (Varr.  »fJiarpp,   tdmtp, 
larant)  könte  Sorbe*  Rol.  273,  32  stecken,   und  das  rniilii;li  nur  m  E  und  tu  oinwm 
vermutlich  jüngonin  stücke  des  MorolT  üiiorliafertu  Funde  OJiS,  1  mag  auf  BoL97,  Il_ 
(vgl.  auch  Bol.  125,  23)  zurückgehen,    ^en  Selian  des  Orendal  fuhren  Singcir  &.&■_ 
und  Heinzel  s.  17  auf  den  BaligatU   des  Itolaitd,   den  McrtUian  des  OmuJel  Itiliifll 
Heiazel  anf  Marsiliet  im  Boland  zurück.    tTber  den  formfUen  untriachltK)  nrlsd 
Morolf  und  den  volkaepen  des  13.  Jahrhunderts  vgl,  Mor.  L'IX.  Ebenda  sowie  a.  CXIO.^ 
s.  CXrV'  und  bd.  XXU,  482  dieser  xeitachrift  sind  ober  auch  momimte  angödtFDbA,  di^ 
zur  reuhtfertignng  einer  jüngeren  daüerung  UDseror  sirtelmaunsgcdichto  verwertet  wm— HJ 
den  k5nten,    um  so  mehr,   wenn  man  erwOgt,   dass  so  wenig  wie  das  hCihor«  voUa— i 
epos  aach  die  höfische  kuist  im  13.  Jahrhundert  in  Eheinftanken  and  Bipuarien  fd^pv 
fand.    Über  die  beiden  tatsacben,   dass  gnr  manches  in  Stoff,   stil  and  rciin  d)iw»r 
gedicbtc  trodition  des  12.  Jahrhunderts  ist,   dass  aber  die  nüchste  gnuuiUge  dasaan, 
was  uns  von  ihnen  erbalten  ist,  nicht  übor  das  14.  jahrbundeH  EDräckreicbt,  werden 
die  chrono! ogiscben  bestimmuDgen  schwerlich  hinsusznfShren  sein. 

Bezüglich  der  komposition  und  der  ontstehungsart  unseres  gediohtw  vorwirll 
auch  Heinzel  Bergeis  hypotbese,  dass  demselben  twei  [larallellioder  von  Otvndrii 
heimkeht  zu  gründe  gelegen  hätten.  Er  etimt  mit  mit  in  der  ansieht  übenda,  dm 
das  epos  ursprünglich  so  gut  wie  ia  der  vorliegenden  fassung  luoht  von  dea  taatdn 
rückkanft  zu  seinem  eheweibe,  sondern  von  seiner  hrautfahrt  gehandelt  bat«,  od 
dass  der  zweite  teil  nicht  ein  nrsprüngliob  selbständiges  gedieht,  sondern  jwia  ^fjath 
fortsetzung  der  hanpt^chichte  ist,  die  im  Kother  and  im  Uorolf  Qtro  DttchM  ua- 
lope  findet.  Aber  Heinze!  geht  in  der  Verteidigung  der  originalltit  des  flbcoUnfeiM 
noch  viel  weifo^r  und  sucht  mehrfach  widersprüclie  durch  interpreUtioa  tu  keaii- 
tigen,  die  andere  als  Zeugnisse  für  die  Verwirrung  des  textes,  für  mtcrpotatioti  wal 
für  das  znsammenfügen  verachiedenartigor  bestandteile  auflassten. 

Mit  erfolg  ist  das  in  bezog  auf  die  geechichto  von  der  achlie«sUolieii  wite- 
gewinuung  des  heiligen  giaboB  (v.  3TSß  fgg.)  geschehen,  indem  Heinzel  das  aohelBte 
widerspruchsvolle  beuebmen  Durisna  gegen  Beers,  Borgers  und  mein«  fmfhfOTnt 
auf  eine  list  zurückführt    Nur  moas  man  doch  wol  auch  bei  dieser  OTkUrong  ■iinit 


1)  loh  b 


Iiielt.    Slocsn  aagiba  ■. 


s  dort  nickt  nnc,   <Uk  die  omUnniis  von  KasIbI  «nl  d) 
»  ouna  iioli  etil  in  Sa  lliulal,  irUimiil  G  vinsD  gini  uiili 
L»  gmndl^s  in  des  lialnffSDdea  m»  (TS,  *l  Ul0()uB|>(  t 
.  0. ,  du  dio  iBopliD  all  iatspoUan  ■ugMati«!  wwd« , 


Ubbb  b 


409 


^■eu,  dA8A  die  (irühlniig  nrsprungliRli  etwas  volstandiger  und  ileuUiulier  war.  —  Fitt 
Bbinifiglieh  lialle  lab  dagegen  die  doiitung,  «inrok  welche  Heinzol  don  schrofFeo  wider- 
M|inicb  iwisoheu  den  beiden  angaben  des  pilgera  6b«r  Brides  gefcuigensohaft  3299  fgg. 
■biii  33(H  fgg.  wegKuacbaflen  giautit  An  ereter  stelle  wird  JerusaiBui  als  der  ort 
^■enml.  wo  fromi}  Brtäe  gefangen  ist,  an  »weiter  „das  heidniacha  land";  und  zwar 
nti  sie  anf  dio  barg  Himteral  gehrodit  Da  soll  con  zunaohat  iTerusalem  iiickt  die 
Mbdt,  Hondern  das  land  bwimiten;  aber  das  ist  nirgend  ini  ganzen  gedichte  der  fitll, 
Bnmi  niulit  auadrliokltch  Jerunaiem  den  lai*l  gesagt  wird.  Ja  selbst  bei  dieser  Ijezeiob- 
^■tang  wird  diioh  aitoli  immer  in  erster  linie  an  die  stadt  gedacht,  vgl.  i.  b.  448 — 50, 
mpffl—ßS;  so  sagt  auch  Bride,  als  sie  die  Wanderung  von  lokers  nach  der  stadt 
Hhnisslam  antritt;  u>k  kü  uallen  gen  Jentnalim  in  dat  lant.  Auf  dieser  pilger- 
^Uit  gtn  Jtrwfolim  in  dav.  lanl  war  sie  gefanpu  genommen  nml  über  die  wüste 
Bibilunie  nach  Mtintoval  in  den  kerker  geführt:  diese  tatsache  kann  doch  unmöglich 
Hinit  den  Worten  sie  tat  luo  Jerusalem  gefartgen  belichtet  werden.  Überdies  müste 
Rhum  das  hfidcnisi-he  lant  v.  3303  sohlechtweg  (tas  „land  Jerusalem"  bezeichnen, 
Bpas  doch  trotz  der  vorangegangenen  ongalw  von  der  abgötterei,  die  äugen blioklicb 
WfKt  heiligen  grobe  gntriebon  wenle,  höchst  auffiUUg  bleiben  würde.  Bei  alledem  setze 
Hbh  vomuB,  dass  HeJnzel  im  gegeasatze  zu  Berger  und  mir  die  worte  ist  gefangen 
nur  auf  die  pfangonnahme,  nicht  auf  die  gefanf^uschaft  beziehen  will.  Freilich 
Bpteht  er  dos  nicht  aus,  und  so  ist  es  oiuht  ganz  sicher,  oh  er  uioht  etwa  dem 
Begriff  des  Isodes,  an  welches  er  bei  Jerusalem  denkt,  eine  so  weite  aiisdubnung 
Bteban  will,  dass  es  auch  Munteval,  den  ort  der  gefangen  sc  baft,  mit  umfuäsou  könte. 
^■fcer  tliese  auslognng  wSre  vollends  nomöglicJi.  Nicht  nur  Fuhrt,  wie  wir  sahen, 
Bir  «ng  DB6'b  Unuteval  über  die  wüsle  Babibnie;  Munteval  gejiört  auch  selbst  iwei- 
BUlos  EU  diesem  heidnischen  lande  (3231.  3378),  und  während  man  von  Ackers  usch 
BHuaalem  geht  oder  reitet,  betragt  der  weg  von  Ackers  nach  Munteval  700  meilon 
naafahrt  (3338  —  41;  und  7  lange  lageiceide  landreise  (3362  fg,  36S1  fg.).  8o  mnss 
Hb  dean  bei  meiner  aufTassung,  doss  in  der  rede  des  pilgers  die  parallelniotive  Bri- 
nea  gefiugensuhaft  bei  Minolt  und  Brides  gcfangonschaft  zu  Jerusalem  mit  einander 
Hennischt  seien  (Ktschr.  XXtl,  487),  stehen  bleiben.  Als  ursprüngliobe  parallcterzäh- 
■ongen  betrachtet  auch  Heinzel  s.  43  die  gefangaoscbaft.  Brides  bei  Hinolt  tmd  die  in 
ntauealetn;  dass  ein  bmelistück  der  ursprünglich  Eelbständigen  fassung  lezterer  erzüh- 
hng  in  den  vere«n  3293  fg.  stehen  geblieben  sei,  scheint  mir  nach  wie  vor  deren 
«nfachste  erklärung  zu  sein. 

Als  eiue  reihe  zusanunengehoriger  Interpolationen  tiatte  ich  a.  a.  o.  s.  487  fg. 
lue  stellen  Dachwoiseo  zu  können  geglaubt,  »□  wolch<:<n  Ises  weih  eine  rolle  spielt 
(Hier  welche  mit  dieser  Persönlichkeit  in  irgend  welchem  zusammenhange  stehen, 
HeinzeJ  euoht  auch  hier  überall  die  Überlieferung  zu  rechtfertigen.  Ich  muss  es 
andern  überlassen,  seine  gründe  gegen  die  meinigen  abzuwägen,  muss  nur  auch  hier 
widerbole«,  dass  die  stellen  nicht  einzeln,  sondern  im  zusammenhange  beurteilt  sein 
woQen;  es  ist  etwas  anderes,  ob  eine  auflege  ersoheinung,  die  sieb  zur  not  weg- 
inlarpretteren  lässt,  in  einem  einzelnen  falle  vorkomt,  oder  ob  sich  dergleichen  immer 
r  gerade  in  iiestimten,  inhaltlich  zusammengehörigan  und  aus  der  Umgebung  min- 
a  teioht  aiiszuscheideuden  stücken  der  dicbtoog  findet.  Sonst  bemerke  ich  nur 
)  Heintel  s.  24,  dass  in  Verbindungen  wie  naektnt  minder  kleit  das  naefxnt 
)  lediglich  pleonastisoh  ist,  wie  er  anzunehmen  scheint  An  der  stollo 
tibeo  wQrtei'bnches,  auf  welche  er  sich  tiemft,  ist  für  naeket  minder 
IS^  1  (ätierti   das  gibt  in  diesem  Falle  das  einfache  muhu  der  hibel 


410  F.    TOST 

(Hattb.  35,  30)  wider,  es  ist  also  trirkliube  nacktheit  gemeiut;  ob  dio  ebcndnt^ 
der  MartiDB  angezogenen  worte  tiacket  ttatder  vmle  etwas  oaderos  bodoaten  icBl^ 
ergibt  eich  nicht  aus  dem  Eiisammenhang.  In  dem  aas  Bari.  159,  19  beigebnolitn 
belaß  naekent  äne  nah  gewant  ist  »aob  PfeifTers  aasgaba  sUtt  rieh  sn  lesaa  raU. 
und  es  ist  damit  der  hämo  non  ventitus  ceste  nuptiaii  MatUi.  159,  19  I 
Hüglicb  doss  hier  cur  die  wurto  wm  veslitiis  zur  wähl  des  nacket  geführt  b 
möglich  auch ,  dasB  hier  eine  hyporbolisclie  anwendung  des  wortea  vorliegt  wie  üe 
UWb.  ?,  247  belegt  wird.  Dass  aber  ein  dichter  bei  völlig  freier  wohl  du  aua- 
drackes  von  einem  mit  mantel,  hose  und  schuhen  bekleideten  gesagt  haben  aulbi 
,niao  sab  ibn  ohne  den  grauen  rack  nacket  stebn"  wird  mir  dadurch  noch  diinfa- 
aos  nicht  wahrscheinlich.  —  Was  Eeinzel  s.  22  fg.  über  reiche  fischer  beibrin^ 
kann  doch  <Ua  unvermittelte  nebonoinander  von  kleinen  uod  grossen  Verhältnissen  1d 
der  erzählung  von  meister  Ise  uooli  nicht  erklären,  wahrond  mit  der  auch  dontb 
andore  gründe  gestuEten  annähme,  v.  G2S  habe  sich  ursprünglich  an  v.  587  aa 
schlössen,  die  Schilderung  von  Isea  prächtiger  bürg  und  fiirstUcb  geUadeter  f 
und  damit  anch  jener  widersprach  fortfallen  würde.  Denn  gegen  Heinzela  «nwi 
düng,  dass  dann  immer  noch  Isos  vornehme  vorwantschaft  bliebe,  bemerke  iah,  ilv 
der  erste  und  meinos  eiachtens  (a.  a.  o.  470)  inhaltlich  älteste  teil  des  gediohtM  m 
dieser  durabaus  nicht«  weiss,  dass  wir  von  ihr  vielmehr  erat  von  v-  2931  ab  in  t» 
sen  hören,  welche  Ises  erhebung  zum  bcrzog  voraussetzen.  Diese  aber  hato  U 
s.  470  als  „eine  wilkürUcbe  erweiterung  dos  Stoffes'  bezeichnet.  Hit  rückaiofat  sd 
sie  worden  eret  die  verae  588—627  eingeschaltet  sein,  Auch  bei  bemteihiDg  te 
Interpolation  2207—2230,  2235—2248  beachtet  Eeinzel  nicht,  dasa  ich  a.  &.  o.  naj 
s.  488  die  eizfihlnng  von  Ises  abSndung  durch  Bride  und  die  von  äeiaer  bemfong  is 
den  hof  veracluedenen  entwioklungsBtufon  des  inlialtes  unserer  diobtong  SUiriM:  il» 
erste  motiv  entnahm  der  dichter  seiner  quölle,  das  zweite  fügte  er  hinzu  —  ungesolüakti 
wie  ich  bemerkte,  aber  Aach  nicht  ungescIiiekteT  als  manche  andere  niderbolung  BBd 
Variation  von  mottven  in  der  poesle  der  spielleate.  Dass  er  der  überliebrton  enit 
lung  von  Ises  aufiorderong  an  Bride  noch  eine  solche  von  der  gleichen  anffonlaiB^ 
Orendela  anfügte,  und  dnss  et  der  eisten  belohnung  Isea  noch  eine  iweita  folgen  lios. 
entspricht  ganz  dieser  manier.  Später  wui'den  dann  erst  Jene  veise  eingefügt,  duni 
die  der  offenkundige  widetspnich  hineinkomL  So  sehr  ich  sonst  im  princip  Hcianli 
vorsichtiger  behandlung  der  teste  bcistiimne,  so  verbieten  uns  doch  aodraeraeiti 
schon  die  in  den  vei-schiedenen  recenaioneii  volksmiissiger  e])eu  urkundlich  bcatlbg- 
ten  Eahlreichen  ünderungen  und  erweiterungen,  der  späten  Überlieferung  einer  soldin 
diohtung  zu  grosses  vertrauen  entgegenzubringen.  Die  drucke  des  Orendel  sind  jüa- 
ger,  die  handsohrift  igt  wenig  älter  als  der  Strassbuiger  druck  des  näckstvetwut« 
gedichtes,  des  Morolf;  wie  roich  dieser  text  an  interpolationen  ist,  lehrt  sdiw  fm- 
gleichung  mit  den  hondsohriften  auf  den  ersten  blick. 

Den  interessantesten  teil  von  Heluzels  arbeit  bildet  der  s.  46—90  gemaohtanc 
Buch,  den  Ursprung  des  Stoffes  unserer  diohtung  zu  bestimmen.  Heinzel  raubt  ihm  atlia 
mythologischen  sohimmer;  er  führt  ihn  auf  oine  besondere  form  der  legende  von  der  fl(- 
dungdes  krouzes  Christi  durch  Helena  und  einen  ritterlichen  belTer  zurück,  wie  er  m 
aus  einer  vergleichnng  des  Orendel  mit  dem  mittelniederländischen  SegheliJQ  tid 
Jberasalom  und  mit  dem  ungedruckten  prolog  zu  einer  oltfranzösiscben  VengeiDti 
(Tindicta  Salvatoris)  erschliesst.  Die  überaus  reiche  und  vielseitige  litteratautfiabHi 
welche  dem  Verfasser  bei  derartigen  Untersuchungen  stets  als  grundlogc  seiner  (eioM 
and  überrasohenden  oombinabonen  dient,   zeigt  sich  auoh  bier,  aowol  bai  der  dnicb- 


dvr  einiolDen  niotive   der  goaanteu  dichtungon  wie  bei  der  aogewibloasonoii 
nidit  über  die  entwickelang  der  legende  tod  Heleoas  kreiufiuduag.    Bei  dieser 
ioh  DOT  die  iienatzuDg  von  Sauerbods  Trierer  gescbiditsquellen,  wo  s.  57  fg. 
titEgo  erOrtetoagen  üt)er  die  \an  Heiniol  s.  73  fg.  bebandelte  Vita  der  Heleaii  voa 
DDd  Über  die  ältesten  traditiooen  Tom  heiligen  roclt  in  T/ier  goboten  werden, 
übvrdies  die  selir  bemorkens werte  doppclvita  der  Helena  und  des  Ägritius 
«tugugeben  int.    In  Alttniuma  vita  scheint  mir  otoe  von  HoiDnoi  nicht  erwähnte 
besondere    bonchluti^   zu    verdienen.     Nach  ilir   (vgl.  Sauerland  s.  <J3)   hatte 
als  HJo  voij  Jerusidoin  imoh  Born  heiiuf^kehrt  wer,   vun  dort  eine  Idate  mit 
Iquien,   uuter  ihnen  auuh  das  \oa  Gbdstus  beim  Abendmahl  benuxte  messor,   noch 
r  heimal  (d.  i.  Tiiur)  abgL'sant.    Das  schiff  aber,  wulchea  dru  Eohati  trug,    gieng 
dem  fluBse  Dnubs  unter,    ond   dort   lag  nnn   der   reliquieDsehrein   sehr 
|;q  nntor  dorn  wassor,  bis  sein  Inhalt  endlich  doch  ooch  wider  herausgefordart 
i  teilwoJB  in  BeBan^-on  geborgen  worde.    Saueiland  hat  (a.  81)  gezeigt,  wie  in  &Xt- 
ana  Ug&bon  über  deu  iohalt  joner  von  Helena  Tür  Trier  bestirnten  kistc  200  jalire 
der  Tita  Agridi  noch  eelerae  relvjuiaa  doraini  hineininterpoliert  werden, 
lor  denon  nuiu  suhun  damals  anch  den  nngenäliteD  rock  Christi  vennutete  (a.  a.  o. 
I9&.  137.  91.  116  fg.).    Diese  erweiterten  nachrichten  aber  Helenas  reliqoiensohrein 
Ml  ihn  allerdings  niobt  mehr  im  wasaer  vendnlieii,   sondern  ohne  einen  den-artigon 
bohenEall  itaeh  den  heiligen  Agricios  nach  Trier  gelangen;  aber  eine  von  Heinnd 
Bgentliub  gemachte  beinerkung,    dass  ältere   Stadien  von   legenden   und    romanen 
neb  jängerr  nicht  ans  der  weit  geschaft  werden,    läe«t  sich  auch  hier  anwenden; 
i  wenn  wir  demnach  onnebmeo,   dass  die  ältere  sage  vom  achiclual   der  durch 
kioB  nach  Trier  abgeschickten  reliquieukiste  auch  in  der  seit  noch  fortbestand,  wo 
uüim,   dass  sie  den  heiligen  rock  enthielt,    so  ist  der  ursprnng  des  nur  im 
überlieferten  tnges  erklärt,   dass  jener  ro«k  Christi  jähre  lang  in  einem  stel- 
len sarge  unter  dem  wnsser  verborgen  gewoaen  sei,    bis  er  aof  wunderbare  weise 
IT  ans  liebt  kam, 

Eine  gewisse  vorwautschaft  des  Oreudel  mit  dem  Segholijn  nnd  dem  prolog 
Vungeauoe  ist  nicht  zu  verkennen.  Es  finden  sieh  üboreinsümmungen  im  ganzen 
im  einEelnen;  viellrächt  ISüst  sich  sogar  den  von  Heiniel  bemerkten  noch  einiges 
So  wird  im  Seghel^jn  erzilhlt,  wie  der  held,  aufgefordert  das  von  den 
aa  oingeschlosGone  Born  zu  entsetzoo,  mit  den  Christosreliquian,  die  er  aus  dem 
geolande  bringt,  vor  die  stadt  komt,  und  wie  ihm  da  die  ganze  einwohnersobatt 
tief  ende  auUij'n  entgi>genzieht  (Segh.  T124fg.  7349  fg.).  Dieser  demütige  aufXng 
Tor  allem  jenen  reiiquien,  nnd  er  widerholt  sich,  als  Helena  und  Seghelijn  das 
ue  nach  Jerusalem  bringen  (Bagh.  11379  fg.),  Im  Orendol  wird  dem  beiden  durub 
o  eogel  befohlen,  das  von  beiden  belagerte  Trier  au  befreien;  und  ob  er  nun 
seiner  Christusreliquie,  dem  heiligen  rock,  aus  dem  morgeulande  vor  die  stodt 
igtn  komt,  da  geht  ihm  anob  eine  gewaltige  menge  trulltn  und  auch  barfuon, 
^gen  —  aber  hier  ist  es  das  grosse  heidniacho  heor,  welchos  sich,  sowie  es  nur 
Orandal  hört,  ihm  unterwirft  Das  sieht  ganz  wie  eine  äbertreibendu  umgestal- 
[  des  im  Seghelijn  in  ursprünglicherer  gostalt  uberllefeiten  xuges  aus. 

Dio  hauptfrage  Ueibt  aber  doch:  war  die  Belenalegende  geeignet,  der  ganzen 
üddsage  als  einzige  wesentliche  grundlage  ta  dienen?  Diese  frago  muss  ich  im 
UBte  «1  Heinzsl  verneinen.  Der  hauptinhalt  jener  legende  bleibt  doch  in  allen 
ieaH  der,  dass  die  kaiserin  Helena  mit  grossem  (kiiegeriscben)  gefolgu  nach 
■diB  sieht,  um  dna  kreuz  zu  suchen,   welohee  sie  denn  anch  sdtliesalidi  uoh 


'(12 


ftllcrlei  zwisolienQlUtin  findet  und  feierlich  transferiaren  ISsst  Im  Oreudel  soll  oni 
der  heilige  rock  dna  kreun,  Bride  die  Helena,  Grandel  deren  kriegerischeD  be^eitn 
auf  dor  pilgerbhrt  vorti'eteD.  Aber  Bride  bat  mit  der  aufiiDduag  des  rockeB  pa 
niclite  zu  tun;  Ürendel  kernt  auf  seiner  fahrt  nach  JeroEalem  durch  zobU  in  MUn 
besitz,  ebe  ei  mit  ürid«  anch  nur  EuüammeDtrift*,  Bride  hat  auch  oii  der  bhit  oid 
Jeruaalom  gar  keinun  Anteil,  sie  weilt  vielmehr  von  vornherein  dort  als  ongeatamtc 
königio,  tochter  des  königs  David,  d,  i.  natürlich  des  biblischen,  der  hier  dkedb« 
ohristliche  metamorpboso  durchgemacht  hat  wie  Salomo  im  Salraan  nad  Morolf,  lud 
den  mit  einem  im  prolog  der  Vengeance  als  gemahl  der  Helena  auftretenden  Darid 
von  Troja  in  besondere  beziehung  zu  setzen  doch  ziemlich  fem  liegt  Fol  die  vei- 
loderte  Stellung  der  Bride  bat  Hemzel  eine  recht  kompliciorte  erklämng.  ZonikilMt 
sei  die  kaisorin  Helena  zur  känigin  voo  Jerusalem  gemacht,  neil  sie  mit  einior  köni- 
gin  Helena  von  Adiabene  verwochsalt  sei.  War  sie  aber  einmal  Inhaberin  doa  thniiiM 
von  Jerusalem  gewoideo,  so  muste  ihr  hetfur  bei  dor  kreuzfindung  die  fahrt  donhia 
jezt  allein  antoroehmcn;  da  in  der  legende  nun  andrerseits  der  zug  feststand,  da» 
sie  mit  jenem  bolfer  zusainniea  kiiogerisRbe  taten  volführte,  so  niuEto  sie  in  konfiifcl 
mir  ihren  eigenen  Untertanen  gesezt  werden,  um  so  räum  für  gemeinsame  toten  n 
gewinnen,  wie  sie  denn  im  Orendel  geachitdert  werden.  Dagegen  ist  jedoch  söboi 
einzuwendeu,  dass  Helena  von  Adiabene  weder  königin  vou  Jerusalem  war,  noch  Kt 
eine  solche  gehalten  wurde.  An  den  stellen  bei  Oildemeister-Sybel  und  bei  lipaioi. 
auf  welche  sich  Heinzel  a.  13  (vgl.  e.  B3)  zur  stütze  seiner  kombinationen  beruIL 
wird  nur  vermutet,  dass  die  legende  die  kaiserin  Helena  deshalb  zu  einer  jndln 
gemacht  habe,  wei!  man  sie  mit  jener  gleichnamigen  königin  Ton  Adiabone  verwach- 
selt  haben  werde;  diese  war  nämlich  zum  Judentum  übergetreten,  hatte  wie  ihre  bi- 
serliohe  DBUienssoh wester  eine  pilgerfabrt  nach  Jerusalem  gemacht  und  war  toc  du 
toren  Jenisalems  begraben.  Dieser  lezte  umstand  bietet  Heinzel  den  einzigen  mball 
für  die  annähme,  die  adiabeniscbe  Helena  sei  in  der  tradition  zur  königin  y>m  Jtn- 
s^em  geworden-,  einen  beleg  dafür,  dass  dies  wirklieh  irgendwo  geschehen  sw,  lnii(l 
er  nicht  bei.  Dagegen  beruft  er  sieb  allerdings  für  die  übertiagung  jener  würde  auf 
die  kaiserin  Helena  s.  83  auf  eine  syrische  handscbrift,  welche  Lipsins  Abgamg* 
s.  SO  heranzieht.  Ks  ist  dies  eine  «lyrische  Version  der  auch  in  lateinischer  Ensnig 
vorliegenden  Acta  Cyriaci  (oder  Judao  Quiriaci),  in  welcher  Helena,  gans  dar  alg» 
meinen  tradition  entsprechend,  als  kniserin  und  mutter  des  Constantin  nach  JoirtBiln 
zieht  und  dort  das  kreuz  findet  Im  ansohluSB  an  die  anordnungen,  welche  ae  dOK 
dort  trift,  heisst  es  aber  am  ende,  sie  habe  in  Jerusalem  regiert.  Dieser  dor  lata- 
niaelien  &ssung  fremde  zuaatz  erklärt  sich  ans  dom  Zusammenhang,  ohne  dass  mV 
Helena  von  Adiabone  heranzuziehen  braucht  Ist  er  wirkhoh  so  zu  deuten,  daes  HM 
immerhin  doch  spooiell  syrische  tmditjon  der  kreuzfindorin  die  würde  einer  köu^ 
von  Jerusalem  beilegte,  ao  beweist  das  nur,  dass  dies  geschehen  konte,  ohne  dw 
sie  deshalb  von  ibrar  feststehenden  rolle  als  kaiserin  und  kaisermutter  sowie  ill 
Unternehmerin  der  fahrt  nacli  dem  kreuze  irgend  etwas  einzubüssen  brauchte,  dos 
also  zu  der  völligen  Umgestaltung  der  legende,  welche  durch  die  beilegang  der  jon- 
salemitischen  königswürde  bedingt  sein  solte,  keine  veranlassung  vorlag.  Eine  todiR 
Helena  oder  Oleina  lebte  nach  angäbe  der  Toledoth  Jeschu  als  königin  Ton  Rüittint 
ZOT  zeit  Jesu,  wie  Binger  in  Weinholds  Zwtsrhrift  für  Volkskunde  2,  295  aaolttmt- 
Drsi  die  angaben  dieser  niclit  vor  dem  13.  Jahrhundert  entstandenen  jüdiatdioa  IWS* 
■ohrift  für  die  Orendelsage  verwertet  werden  können,  bezweifle  ioh.  Aber  mM 
wenn   dsa   zulüHiig  wäro,   so  würde   doch  jene  Holona,    die  als  witvre   dM  Üüfi 


413 


r  Jmiuieiu  imd  oIh  eine  ältere  verwante  .lesa  anftritt,  mir  mit  Sioger  in 
äetiang  zu  der  ü^leDa,  welche  nacli  naB^rem  gedichte  deo  rook  Christi  wirkt, 
bt  ftber  in  bexiehimg  zu  ii'au  Bride  gebracht  werden  köniieD, 

Die  eiasigo  beriihning  zwischen  der  kreozÜDderin  Helena  und  Bride  bloilit 
Mslioh  die,  dsgs  uacli  der  daretellniig  des  Seghelijn  und  des  praloges  zur  Voii' 
»  luch  Helena  mit  den  liämpren  ihres  ritterlichen  helfers  gegen  die  Sontxenen 
verbindong  steht  Im  Seghelijn  beschrankt  fii(^h  ihre  («ilnahine  freilich  darauf, 
B  sie  für  den  in  der  schkcht  bedrängten  Schwiegersohn  Seghelijn  Ijetet  (v.  10422  fg. 
.  10934)  und  sodann  bei  der  nnbludgeD  verfolgnng  der  beiden  durch  ein  engelhoer 
624)  mit  Seghelijn  und  seinen  gesellen  hinter  diesem  herreitel  (v.  1053B),  Ea  ist 
1  Hiebt  xotreSecd,  wenn  Beinzel  mehrfach  bemerkt,  dass  Ilelena  in  diesem  geditilite 
mpfo;  es  wird  im  Begbelijn  nirgends  auch  nur  gesagt,  dass  sie  eine  waffe  führe. 
1  beteihgt  sie  sich  im  prolog  der  Vengeanoe  nach  Heinzels  angaben  auf  s.  Ol 
trdiiigs  titig  am  kämpfe  ihres  gatten  David  vor  Jerusalem.  Eine  andere  rolle  als 
'  ctesanstarke  heldonjnngfran  Bride  spielt  aber  Helena  doch  wol  auch  hier.  Ich 
e  in  dieser  ztacbr.  22,  474  hervorgehoben,  nicht  dass  Bride  (wie  Heinzel  s.  32 
irtj  eine  riesin,  aber  dass  sie  von  riesischer  natnr  sei,  dass  ihr  auftreten  in 
irem  gedichte  noch  sparen  einer  aatFassnng  z:eige,  nach  welcher  sie  sum  riesen- 
whlecht  gehörte;  dafür  hatte  ich  mich  neben  den  änsseruogen  ihrer  gewaltigen 
'perbraft  auch  anf  ihre  ausrüstung  mit  der  stählernen  stange,  der  typischen  rie- 
itraffe,  bemfen.  Die  beispiele,  durch  welche  Heinzel  das  lezte  argiunont  zu  ent- 
ften  sucht,  sind  nicht  glücklich  gewählt.  Wenn  die  unbewafnete  Guibor  einmal  einen 
B  xwei  kämpfenden  hinteiTÜcks  mit  einem  stocke  schlägt  oder  wenn  sonst  eine  frau 
mal  einen  stock  schwingt,  oder  wenn  Uirabel  dem  neben  ihr  stehenden  geliebten  die 
nUxt  entreisst,  am  ihm  im  kämpfe  beizustehea  (vgl.  die  a.  a.  o.  cilierten  stellen), 
e  natürlich  deshalb  „keine  riesinnen"  zu  sein,  so  wonig  wie  der  mstroso 
a  riese  ist,  weil  er  im  Gaufrey  als  waff«  einen  mörserstössel  ergreift  (nicht, 
I  HMniel  angibt,  „die  Stange  führt").  Es  handelt  sich  aber  bei  Bride  nioht  um 
1  beliebigen  znra  angriff  oder  zur  Verteidigung  ergriffenen  gegenständ,  sondern 
.  eine  EU  ihrer  volstandigen  ausi'üstung  gehörige  waffe,  die  sie,  von  köpf  bis  zu 
I  gewapnet,  sogar  noch  neben  dem  Schwerte  fuhrt;  und  es  komt  darauf  an,  dass 
I  gerade  genan  die  waffe  ist,  welche  nach  der  iiberliefcrnng  deutscher  dichtnng 
j  und  allein  die  riesen  tragen.  So  geschieht  es  im  Hother,  im  Nibolungon- 
de,  im  Laurin,  im  Sigenot,  im  Goldemar,  in  den  25  riesen- 
r  Tii^al,  so  nuoh  b  erfundenen  epen  höfischen  stiles,  die  zugleich  von 
D  elementen  durohsezt  sind,  wie  Strickers  Daniel  und  Fleiers  Oarel.  Es 
I  nicht  eine  wafie,  wie  sie  durch  das  fremdartige  kostüm  eber  kdnigin  von 
k  veranlasst  werden  konto  (Heinzel  a.  b.  o.);  es  ist  vielmehr  die  charak- 
BOhe  waffe  der  übermenschlichen  ungefügen  kraft  So  wird  sie  denn  auch  von 
I  gehaodhabt,  wenn  diese  mit  ihror  stahlstajige  eine  weite  Strasse  durch  16000 
tden  bahnt,  und  wenn  ein  schlag  mit  ihr  genügt,  einen  sclüld  in  drei  stücke  und 
l^^eich  seinen  Inhaber  vom  roHse  zu  baden  zu  schroettem. 

Niolit  aus  der  Holonalegonde   zu   etkläreo   ist  auch  die   biautfahrt  Oretidels, 

I  Bcbifbraob  und  seine  knecbtaohaft  bei  Ise.     Zu  der  leztgenonten  findet  Heinzel 

1  Seghehjn  ein  entsprechendes  motiv  und  in  diesem  zugleich  den  keim- 

t  fär  die  erzäblnng  vom  sohifbraoh  des  beiden.     Seghelijn  wird  nämlich  gleich 

I  seiner  geburt,  um  deu  nauhstellungen  seines  vaters  entzogen  zu  werden,  einem 

:  mu*  erzichung  übergeben,   der  deu   knabcn   dann   auoh    ' 


boDUEt,  bei  deocn  disser  onritterlicb  am  hofe  aoftriti  Trotedam  erwiriit  Oru 
al*  er  bald  nachber  zu  ehre  und  aosehen  gelangt,  eine  rente  ala  lotm. 
sich  nan  eine  ühnlichkeit  mit  dem  gnechiechen  mman,  apecieU  mit  dem  J 
ergeben,  dessen  einfluBS  auf  den  Oreadel  Bej^r  nodiKQweiBen  Bachte.  Dmm  Im 
A[iolloDius  wird  der  schifbrüohige  held  von  einem  fiacher  anfgenommcni  and  AütfSf 
bekleidet,  eraobeint  an  in  finuliehem  anfinge  bei  hote  und  belohnt  Bchlic>6sliRb  »ach  i 
flscher.  Das  babe  daiu  geführt,  dass  der  Apollomus  „auf  jenen  Iftgenduisdten  ramui 
Beinen  einfluss  aoBüben  konto"  (s.  80),  d.  h.  doch  wol  dozD,  daas  der  Iteld  (OnniMI 
von  dem  fisohor  nicht  mebr  aufenogen,  aondem  gerottet  wird,  unü  ■ 
einen  scbifbruch  zu  leiden  hat.  Soite  wirklich  auf  diese  weiee  daa  oino  motiv  da* 
andere  an  aiob  gezogen  haben,  so  solte  man  meinen,  du»  das  im  Segbntijn  Aber- 
haupt nur  auf  die  sohnespfticht  gegründete  dieDStrerbgltuis  des  hddon  zum  GstJm 
darob  die  ApoUoniassage,  die  von  einem  soloben  ILberhanpt  nichts  weiita, 
wäre,  während  es  im  Orendel  vielm^r  zu  einem  niemaU  in  TOi^Büechcit  gcnt«od«t 
lmeehtSGhaflaveiii£ltnis  gesteigert  ist,  dessen  bedeutun;;  üeinzel  muinua  eranhten«  d«4i 
nnterschätt  Aber  das  vermittelongsgliod  zwiacbeu  der  Seghelyn-  und  dw  Apdl*- 
niostradition  sdieint  doch  überbaupC  ein  recht  schwaches,  um  so  schwäoher,  wwu 
man  bedenkt,  dass  jener  fiacher  im  Apotlonins  eine  ganz  nebensieblicbe  rjUb  apUl 
and  dass  das  fisohermotiv  überhaupt  ein  sehr  verbreitetes  war.  In  dim  Seglttliji 
mag  es  in  der  charaktoristischen  form,  dass  der  Tomehme  findling  von  oio><m  IbelMr 
aufgezogen  wird,  ans  der  Omgorlegendo  gekommen  sein,  din  anch  auf  den  soblnM 
des  gedichtet  eingewirkt  hat,  vgl.  Eeinzel  s.  60.  Wenn  auch  die  von  Qeinial  mit 
angoführto  orzählnng,  dass  Seghelijn  einer  Prophezeiung  tsnisprooheni]  etune  beidra 
eitern  tötet  {Se^.  11906  fg.),  der  Oregorlegende  &emd  ist,  so  untspricht  diuaer  dodi 
angenscheinlioh  die  etzlUilung  von  der  walil  des  schuldbeladenen  büMen  som 
papsta;  und  bemerkenswert  bleibt  es,  dasa  sowol  Segbelijns  schuld  wie  die  ^nra- 
chende  des  Oregorins  an  die  Oedipugaago  gemahnen  (vgl.  üeinzel  s.  SO  fg.).  daw 
vergleicbung  auch  bezüglich  der  votbersagnng  der  unheillat  des  beiden  und  tKinvi 
dadurch  venusachten  anssetzong  nikher  liegt,  als  die  herbeiziehnng  der  Piinmig*^ 
der  Heinzel,  unter  annähme  einer  Vermischung  der  kaiserin  Helena  mit  der  ttnjt- 
niBchen,  auf  gnind  überfeiner  kombinationen  einen  einflnss  auf  die  amgc<8t^hu)g  iU 
Helenalegende  beimisst.  In  der  faagung,  wie  sie  im  Sogbelijn  US15  fg.  ertUilt  iriri, 
gebort  aber  die  unbewusste  volführung  des  prophezeiten  elteramordss  Ttaüiushr  tut 
l^nde  vom  heil.  Jiitianus  HospitaLor  an;  s.  Acta  BS.  Januar  11  s.  074,  ],egeiwla  Kinl 
od.  Qrässe*  142:  wie  dio  ottero  den  söhn  suchen,  wie  ihnen  in  dessen  ihirinnnW 
aein  sfaebett  ala  mholager  angewiesen  wird,  wie  er  dsnn  die  achlummei 
meinong,  sein  woib  und  einen  bnblen  vor  sich  zu  haben,  oniiordet  und  i 
alte  Weissagung  erfült,  der  er  sich  hatte  entziehen  wollen  —  das  alles  wird  | 
legende  wie  im  Segbelijn  berichtet 

Die  widemm  recht  komplicierte  entstehungsgesohiohle  der  btantCahct  4 
welche  auf  a.  84  vorgetragen  wiid,    fuast  auf  der  üben   schon   abgolabntMV 
Setzung,   dass  eine  überliefsnmg,    welclu-  Helena  zur  königin  von 
ihren  rittoiüchen  helfer,    der  nun  such  iiir  mann  werden  solto, 
nach  JeniSBlom  kommen  Inasen  miissoa     Nimt   mtui    zu    aDediMn    lunm, 
nameo  der  hauptperaonän  imsores  gediohtes,  Orendel  küoig  Ougels  aahn,    '. 
gar  keine  boriihrang  mit  der  nolunaleginide  zeigen,   so  wird  diese  t 
die  erklAnmg  dnr  sntstehnng  seines  inhaltes  anarachen.     Den  namMi  DtiriH 
Heinxal  allerdings  mit  dem  Prides,  der  im  Segholün  ab  vater  des  fa 


416 


lenaabringen;  aber  es  fehlt  an  einer  erllärung  dafür,  wie  der  angeblich  ant 
Helena  übertragene  name  Bride  von  dieser  auf  einen  mann  übergehen  kante,  der  in 
der  einzigen  quelle,  welche  den  narnea  Fndi?s  überliefert,  als  vatcr  ihres  Schwieger- 
sohnes doch  in  sehr  entfernter  beziehuag  zu  ihr  steht;  nad  es  ist  voUends  unortUr- 
Ueh,  wie  der  name  Helena  dnrch  Bride  eisest  sein  soll.  Nach  Helnsels  konatrak- 
tioiien  (s.  63)  müste  da»  schon  in  einer  Version  der  kroiizfindungslegende  geschehen 
sein.  Ais  kreuzünilerin  war  aber  die  hell.  Helena  doch  so  algemein  bekaut  und  in 
dieser  beziehno^'  stimmen  alle  traditionen  so  überain,  doss,  so  lango  es  sich  wirklich 
noch  um  die  legende  vom  heil,  kreux  handelte,  ihr  name  meines  erachtens  unmi^g- 
lich  durah  einen  beliebigen  andern  ersezt  werden  konte.  —  Dem  gedanken  lae  für 
Jesos  Christus  zu  erklüren  (s.  23)  wird  Heinzel  selbst  kein  Rouderlicbcs  gewicht  bei- 
legen wollen.  —  Von  traditionen  über  einen  Oreudel  endlich  wissen  wir  nichts  wei- 
ter, als  dass  der  name  gern  ein  germanisch  ist,  daas  die  Skandinavier  und  die  Angel- 
sachsen nach  ihm  einen  glänzenden  stom  benanten,  dass  die  Snorra  Edda  diesen 
umstand  mit  einem  mythns  in  Verbindung  bringt,  nach  dem  Orendel  über  ferne  fluten 
ins  riesenland  gekommen  war,  und  dass  eine  dänische  sage  von  seiaen  kämpfv^n  als 
seeheld  ond  von  seiner  Vermahlung  mit  einer  konigatochter  erzählt,  unter  diesen 
nmstfindea  scheint  es  mir  Immer  noch  das  nächstliegende,  anzunehmen,  dass  ea  eine 
loT  mythischer  grundlage  ruhende  dentsohe  heldenaoge  von  Orendels  seefahrt  und 
seinen  ahentenem  im  riesonlande  gab,  welche  eineiseils  die  aus  fremden  überliefe- 
mngen  nicht  erklärten  rüge  enthielt,  andrerseits  aber  auch  gelegeaUeit  bot,  kronz- 
EUgsmotive  und  insbesondere  auch  traditionen  aus  der  romanliaft  erweiterten  Helena- 
k^ende  in  Vermischung  mit  fabeln  vom  heiligen  rock  an  sie  zu  knüpfen. 

I       -  '- 

■ur  Sünden  widerstreit  Eine  geistliche  dichtung  des  13.  Jahrhunderts,  hentus- 
r  gogeben  von  Victor  Zeldler.  Graz  (Styria)  1802.  114  s.  3,40  m. 
^  Die  litterftrhintorisülio  bedoutung  der  allogoriachen  dichtung,  die  lünr  zum 
'testen  male  veröffentlicht  wird,  lernen  wir  nach  wie  vor  am  hosten  ans  Oervbus*  U, 
B.  302  ermessen;  der  heransgeber  hat  keinen  versuch  gemacht,  sie  ins  licht  zo  rücben. 
Dagegen  komt  er  den  phllologisohen  ansprücben,  dio  man  an  eine  textausgahe  zu 
atellen  gewöhnt  ist,  ziemlich  weit  entgegen.  Wenn  an  anderer  stelle  (littenu'.  ccn- 
tralblaU  1892  nr.  21)  das  nrtcil  aasgeE|irochen  wird,  dass  in  diesen  partien  die  dar- 
stellaug  sich  durchaus  „in  tmditioneller  weise"  bewege,  , welche  in  tnanchor  bezie- 
hltng  anfechtbar  ist,  namentlich  was  die  metrik  botrift",  so  ficheiuen  uns  die  einzelnen 
ptel  doch  nicht  so  gleichartig  zu  sein,  und  gerade  in  der  metrik  sind  einige  sehr 
dienstliche  nouerungen  hervorzuheben. 
Allerdings  stört  hier  das  festhalten  i 
hohe  abteilung  eines  überladenen  vet? 
I  «abwar  belasteten  auftakt,  wie  z.  b.  i 
lUIrt)  da»,  hiimelisehe  erbe  gus  bejagen 
üielten,  in  himclixche  den  ton  v 
■tübigen  auftakt  construiert  i 


der  schwebenden  belonung  nnd  die 

363  in   4  correct  geliaute   hebungen   und 

in  2324   (nicht  2319,   vno  Zeidter  s.  34 

Q  Zeidler  statt  mit  Synkope  und  elision 

D  der  bauptsilbe  auf  das  sofTu  riiokt  und  einen 

Aber  auch  wenn  man  sieh  an  solchen  piinci- 

i  punkten  stösst,  wird  man  darüber  doch  nicbt  das  gate  übeisehen,  zu  dem  der 

r  auch  von  soIcJibd  aosgangspunkteD  gelangt    Und  ich  muss  gestehen,   dass 

I  nidit  leioht  im  metrischen  teile  neuerer  textausgabcn  so  hübschen  beohachtnngen 

r  das  yerhftltnis  von  satzbau  und  vcrsbaa  begegnet  bin,  wie  sie  Zeidler  hier  gibt 


r 


416  voNDUiuia 


Sie  metrische  Tarweitbarkeit  miiEelner  wortfclaaaeu  i 
sich  deutlich  in  der  Verwendung,  die  sie  biet  im  verse  geFunden  habi 
dienatliohe  dieses  teils  der  nntersnokungea  tod  Zoidler  wilnls  nncix 
treten,  ivenn  er  sieh  kräftiger  vom  schematisraoB  befreit  nod  an 
Btumpfoin  und  klingendem  Schlüsse^  die  er  g^trent  babaudelt.  dut  dae  ahgeKoäist 
hätte,  was  den  eiuen  wirklich  im  gegensatz  zn  den  aoderu  bt-suoUor«  nigäs  ftt  (■ 
vgl.  RuI  B.  37  die  bemeikoDg  unter  B.  1.  b.).  Ähulioher  BebcmstiBinuii  bat  inüh  fie 
darBtellaag  des  hnudBchriftenverhältnisses  angoschwelt,  ohno  den  nnsffihnuism  doi 
verfassen  damit  mehr  vei^tüidlioUk'eit  oder  übe rzeoguugs kraft  zu  verteihsti.  Zndia 
geht  von  der  Oiesaener  handschrift  (Qj  aus,  deren  dialekt  oberhe«ai£^  iat,  «fli- 
rend  eine  Heidelberger  baodsohrin  (H),  deren  dialekt  dontlii^b  ,  milloUeulsoH«* 
gejiiäge  zeigt,  und  eine  ausgesprochen  bairiacliu  hondsehrift  (W)  beide  gloiohM  irtae 
auf  eine  voriage  zurückgehen  solieo,  die  ihrerseits  mit  der  Giesscnor  au«  tarn 
gemeinsamen  absuhiift  «Iob  originsJä  floss.  Den  dialekt  des  Originals  Mdbrt  baatiBl 
Zeidler  auf  grund  der  reime  als  tburiogiBch,  und  er  hat  nicht  auf  den  versucb  >«• 
dchtet,  ihn  widerherzuateUen.  Wenn  xidi  auch  natürlich  bei  der  Duuig«liitliaL  bewäif- 
f^obeit  oneorer  bÜfsmittel  im  algom«inen  und  bei  den  zerflieBSendea  grouiUnien  Mi- 
schen .thüriDgiach'  und  .oberheBaiach"  keine  absolut  sicheren  ergebniüso  «uxinla 
liossen,  m  war  doch  der  versuch  die  nufgabe  zu  lösen  vordienstlidi .  und  er  m|I 
(Ion  beorbeiter  auch  durchaus  vertraut  mit  den  vorkeDtnissen.  Irtüinor  und  W- 
stöttso  Bind  uatiii'bcb  auch  hier  mit  imtergciaufeti,  einige  Bind  in  der  oben  erwüiiln 
recenfflon  verseiubnet,  andere  ergeban  sich  in  der  syntax  aus  der  ooigung,  «in|n»- 
ses  schuIinBssiges  mittelhochdeutsch  gegen  die  handschrifton  ziuecht  xn  ibitHk 
Wonig  gelangen  scheiut  mir  die  verzeichnueg  des  kritisolieu  apparatse,  di*  v 
grosser  weitachveiligkeit  leidet,  ohne  die  eigenart  der  oinzolnen  handaclirifban  fan- 
gend zn  kenzeichnen.    Aus  der  Heidelberger  handeohrift  wenigstens,    die  ich  ni/ii- 

prüfen  koote,  sind  die  abweichungen  recht  wilkörlieh  angegeben.    Vr^r  .-"r *- 

ich  bei  denjemgen  erBcheinungen ,  die  sich  in  gewisser  regelmöasigk'  n 
handB«hrift  oeben,  an  geeigneter  stelle  einen  vermerk:  denn  die  V- 1 
darstoUung   du   dialuktes   (s.  22—24)   xeratreuten   bumerkungou    r-.i< 
Hioher  gehören  nomoutliob  die  abbürznngen,   die  im  nppamt  doch  ^i..^ijiU.  :>  i< 
geführt  werden  und  dann  den  eindmck  der  ausnähme  machen.    SoilariN  irM'  i:  .'l  ■<■'■ 
chuugea  irio  trarb  (i)  gegen  ivarji;    oueh  (H)  gegen  ueh  u.  a.     Falbel»  k'^'I"i-'<i  '•''' 
allein   auf   der    ersten   tieite    formen    wie    gdrutvecliehin    (t.  i    gelrüu-etiehi),  ji^ 
lichiu    (x.  0  gulliehin];    rreitndcn    (fohlt  z.  16);    volginge    (z.  32   wnlginge)   u.  i- 
vebei  teilweise  druckfchler  vorliegeo  mögen,  die  sivh  anch  sonst  ziomlich  bonittUw 
machen. 

Anmerkungen  hat  Zeidler  seiner  nnsgabe  elienaoweuig  mitgegelm,  lää  <■> 
litterarhistoriBche  Würdigung.  Es  ist  das  um  so  bedaueriiebcr,  als  in  dar  tat  !■<' 
sehr  interesBante  ergebnisse  mitgenommen  weruen  konten.  ZunAchst  mum  woeal^ 
metksomen  leser  hier  die  verquickung  alter  und  neuer  sttlfermea  «nlUI» 
OoiBÜiche  poeaie  hier  und  dort,  hat  aie  ^ob  doch  in  einzelnen  teilen  gase  in  M 
verrostete  tüstnug  höfischer  stüistit  gehOlt,  wilirend  sie  in  andoreo  iiartiii'n  l-ni* 
die  neugeprtgten  formela  der  beginnenden  mystik  aufweist  Besood'i ^ 
sieh  zum  lieispel  aus  einem  modern  gefärbten  znaBnunenhiuigo  143 
aatuis  heraus,  der  über  die  person  Christi  allerlei  mitt«lungen 
ine  rarainiscenz  an  eine  hSIlscho  chrlstolugie 
alaohnitte  Eagleicb  die  »u&llende   einachiinkung  doit 


:^^^^_J 


417 


1  hervurKuheben.  rtir  deHBeu  ciitwlckIuugs),'i>echichUi  üWhaupt  ann  uiittenini 
knul  «Qurl«  fiiignnceig«  xu  cutnelimBii  Bind,  luunnDtlJuli,  wo  es  Toin  raim  begiiii- 
%  tS3l)  (iilnr  xnninkgnilr&Qgt  wurde  |1456.  57). 

Aodi  sonst  k<iiit«u  j^-eradö  die  schwniikungcn  dos  krlKschon  app&rate«  allerlei 
itaktlsoliti  aualieute  gewähreu,  so  i.  b.  wudu  in  1232  gogea  unwer  liebe  hrrre. 
0.)  dia  Imidnu  aoderii  hatidsuhririen  Ktwk  ttubtieran  (umer  tiebir  /http),  udur 
n  in  367  tml  in  rr  vil  tilee  nuin  tdLmtli<;lie  bnodsL-lirilten  ti'ol  im  zeigi'u, 
nwnd  in  230.  2313,  ST01  u.a.  gerade  G.  W.  vou  U.  sich  abheboo,  dos  stnmp?  an 
I  vprmatlic.h  auch  durch  das  orifpcal  gebotenen  dativ  fosthült,  In  ein  andoreü 
iet  (ahn  1'291  und  otirh  »hl  l/nider  min  her  Nil.  Es  ist  ja  gelegentlicb  der 
le  IL  Fr.  218,  19  die  fr^()  erliobeu  wordeu,  inwieweit  di«  r^gung  min  her  auch  in 
miUuHioolideutsdiHD  spraube  sich  zu  einem  compositum  vtu^ichtet  bat,  das 
esalioh  naf  den  boileutungsgebalt  des  einfachen  aimplex  l,h«r)  hembainben  konte. 
(  fragn  ist  für  iHe  Chronologie  Hartmanns  v.  Ane  von  bedeatnng;  hior  liegt 
IT  Andetnn  bolegeo,  di«  mir  sonst  begegneten,  eb  mittel  der  lüsung.  0.  and  W, 
uea  die  rorbinduiig  min  her  ganz  als  siinplex  xu  fühlen;  dem  sulimber  von  H. 
pn  kam  der  liedtintangBgehalt  des  poBsessivuinB  mm  bewosstsoin,  qt  lieas  bh 
A-Unb  BODüt  wären  noch  maucbo  orsi^beinuDgen,  namentlich  des  wortsohaties, 
IwAolitnng  wert  gewesen;  ku  Urs  scbwaulten  zwischen  tiebe  and  minne,  das  allur- 
)  sohr   vom  roimzwnnge  liccintluast  ist,    odnr   8pit*ne   1-nlego  wie   1331  ri>n  nldrr 


llohnlni.  Ein  ritbTgüdichl  aas  der  zweiten  liätfte  des  droiiiehnUin  jahthuiidurts 
»oo  ineiätflr  Ulrich  von  dem  Türlin.  Herausgegeben  wo  S.  t^lni^r.  Im 
dea  vereiiiH  für  geacLichtc  der  Deutsohon  in  Böhmen.  Frag,  Doininicusvor- 
[.  1893.    LXXXIX  und  4iÜ  s.    H  m. 

Die  bftitrtojlung  der  älMrliefeniug,  welche  dar  heraosgeber  des  nunmehr  im 
>  vorliegenden  Willehalin  dos  Ulrioli  von  dem  Türlin  m  gründe  legt,  beruht 
im  weeentliohen  anf  der  seiner  xeit  von  H.  Suchier  in  der  babililiktionsaahiilt 
(lis  quelle  LUricbs  von  dem  Tiiriin  (Paderborn  1673)  gegebenen,  bat  aber  die 
ioH  Doob  tmgelcJst  gobliebenen  fragen  mit  glück  beantwortet  und  dabei  zugleich  einen 
iDtorasonlen  einbück  in  die  arlieiteweise  des  Verfassers  eriJfnet  Suchier  auterscbied 
titat  recensiooen,  von  denen  die  erste  A,  ausser  einigen  brucbstücken  tmr  durch  die 
Hmdi'lbtirger  bandscbrid  (Cod.  pal.  germ.  395)  überliefert,  allein  die  ursprüngliche 
gentatt  biete.  B  eine  freiere,  vielbch  erweiternde,  doch  auch  stellenweise  kürzuudu 
beftriiettimg,  C  und  D  dagegen  stark  kürzende  aoszüge,  der  eine  von  A,  dei'  andere 
B,  äHieu,  iJchlieesUch  E  ein  prosaischer  aiiszug  von  A.  Daran  bat  auob  der 
ImniisgelHT  nichts  geändert.  Dabei  bleibt  aber  unaufgeklärt  die  Stellung  der  fori- 
ectsUD;;,  welche  allein  die  Hoidelborger  liaudsclirift  hinter  dem  310.  abschnitt  auf- 
wiust,  weiche  uuverkenbar  von  Ulrich  selbst  berriibrt  Da  führt  nun  die  entdeckung 
des  h<.'rausgel>ers,  dnss  im  onfang  des  gedichtes,  im  7.  abschnitt,  ein  akrostiohon 
■ntballeii  ist,  zur  richtigen  einsieht  Es  beisst  in  Ä:  ii«iatvr  elriek  von  dem  tvrlin 
hat  mih  getnochH  ihm  i>deln  emtieh  von  beheim;  in  B  fehlen  die  verse  hinter 
j/fmndtel,  in  denen  die  anrede  an  den,  mit  nsme»  genanten,  küuig  littakor  erat 
bo^ot.    Trotedeui  nun  in  dem  vcrbeiigebendcn  teile  der  text  nicht  unerheblich  vou 


418 

dem  in  A  abwoiobt,  sogar  iwoi  veree  amgestolt  s 

teil  das  akrostiohon  maititer  vtrirk  von  dem  iprlin  hat  vtick  gemadiet.    So  bumcckl 

mau  <lie  abiiioht;  e&  LTgibt  siuli,  daas  auch  A  nkht  Axo  uisprttoi;liohu  füttii  dis»  gedidi- 
tos  ADfwt^ist,  andern  eine,  vom  liiahtor  sulbst  rerfeitigte,  Uuirbcituag,  vulub«  dam 
könig  Ottokar  gewidmet  wurde  und  dcmu  handtung  durch  eine  fortsetiiiag  nAher  an 
diö  dos  Wolf  ramschen  godichlea  heraagefiilirt  wurde.  Diiiso  tatsaiiho  linilm  nun  t-iae 
vorzüglicbo  bestätigutig  dadurch,  ätaa  diu  verlereu  ^'eglaable  uod  iisuerdinga  wider 
anfgefuDdene  Groutesishe  handu^lirin  in  Köln  (tiocbier  a.  o.  o.  b,  II  nnd  in  dlicrr 
xtschr.  XXJV,  462)  oIe  vertreteria  einer  bnsomleren  nus  O,  der  urstiMi  fosMung,  din-kt 
abKoleite&den  receosion  anzneelieD  iät.  Diese  hdsclir.,  g,  geht  mit  der  reoenaioo  B 
überall  nicht  zusaainieu,  wo  dies«  ia  »rkeiibai'er  absieht  (Siiohier  a.  9,  Sü^ar 
B.  LXXVI— LXXSI)  erweitert  uud  guaudert  hat;  dias  hat  Jur  heranageW  In  4u>- 
kenHwcrter  weise  im  u[)i>arat  immer  lieaoQders  bervergelioben.  Wo  sie  ab«r  iiiBaui- 
mengebn.  kümmeo  wir  fast  immer  auf  einen  lesbaren,  zusammi'nliimgiindon  worthut, 
boi  dem  wir  auch  meist  in  diT  log«  sind,  die  abweii;hung  in  A  aus  der  dieser  xvcn- 
ÜQM  eigenen  tvndeoii  zu  (•rklaifu.  AllerdingB  babou  B  und  g  aueb  fohicriiafla  losailMt 
gemoiD;  dem  stehen  aber  aueh  gemeinsame  fehler  von  g  uud  A  uud  von  alleii  dn^en 
gegenüber.  Eine  rnilie  dieser  fehler,  besondere  soiehu  die  A  mit  einigen  der  bdaebr. 
von  B  hat,  durfte  auf  lufal!  beruhen  (wie  nimt  für  mini  7^  23;  lülerbierer  für /<U^ 
biarnr  S7,  29).  Boi  iuid«ni  braucht  man  sich  nicht  zu  Bcheaon,  vrrsehon  im  itrigin^ 
uimnehmeD,  wie  die  art  dieser  feliler  es  nahelegt  (Singer  s.  II  — IT.)  Aus  dionm 
drei  patallelen  rocensiooeu  ABg  lässt  siuh  0  aber  nicht  im  ganzen  umfange  ennit* 
telu,  da  g  nur  bis  187,  15  reicht.  Dies  genügt  aber  um  die  uinarbeitunic  dee  ditJi- 
tets  noch  in  einer  diitten  beziehung  zu  cbamkturisiereu.  Die  oiguntümliube  form  de* 
godichtos,  welche  Wolframs  uud  Wirnts  mustcr  kombiniert,  die  3lKnilignn,  auf  dnl- 
Kim  ausgebenden  abschnitte,  diese  form  war  in  0  noch  nicbt  gant  darchgwfttfart, 
weil  aiD  dem  diehtor  zu  sohwierig  war.  Die  Umarbeitung  bat  sie  dann  Ubwall  her- 
gestelt,  bis  auf  vier  abschnitte,  weloho  mit  33  versen  steben  gebheben  ainiL  Hier 
jed«smn]  mit  Suchier  (s.  6)  an  interpolation  ta  denken,  verbietet  schon  die  gescbtobte 
d«r  Überlieferung.  Eben»o  zeigt  auch  schon  0,  soweit  erkenbar,  diewlbu  fnrtbildung; 
in  den  ersten  27  abschnitten  ist  die  länge  noch  sehr  verschieden .  von  da  ah  ist  die 
SlxeOtge  die  bersobende.  Wie  »ehr  die  arbtnl  des  dichter«  unter  dem  zwange  diesM 
Hohemas  steht,  leigt  nun  ganx  besonders  die  wunderliebe  lurm,  in  der  die  furtsettu^ 
in  A  ütierliefert  ist,  für  die  dor  herausgober  die  richtige  erkUruug  gefuntku  bat. 
Der  dioht«r  leiste  üch  ein  scbema  voji  je  31  Zeilen  au  und  fehlten  ihm  die  vokaMa, 
dann  liess  er  platz  frei.  Die  hdschr.  A  gebt  also  auf  ein  exemjiiar  d«a  diohlM 
zurück,  dae  noch  unfertig  war  (s.  liSI  fgg.  vgl.  Sucbier  s.  7).  Die  überwrafMda 
zahl  der  Auslassungen  tiift  den  schluss  der  abschnitte,  eutweder  fehlt  die  lette  iMife 
attoin  (I4mal)  oder  die  drei  leiten  (llnial),  gegen  10  andere  Ihlle  (a.  LXIII). 
9t>mrJie  war  keine  lebendige,  sondern  eine  angelernte,  i 
spräche  redete  und  dai.'hte  nur  in  reiinpaarcn;  sobald  der  dreireun  komt,  iat  d 
lecunheit  da  und  begiot  das  Htettem, 

Alles  «rürtemswerte,  was  den  dichter  mul  sein  werk  angeht,  t 
beaprecbnng  der  Utesten  fassnng  (1)  gebracht     Dadurch  ist  as  sachber  o 
detntUiart«n  nachwfös  der  autnreehaft  TTlricJiB  fhr  die  fortsetEung  t 
fgg.)    Dws  Ulrichs  spräche  uicbt  unprünglicb  sdiSpferiscb ,   sondimi  i 
wni>n  twdentende  geistor  dos  werk  vorgotau,  Ittterarisaheii  votbildera  n 
wird  auafubrlidi  dargestelL    Doch  int-  n  Qnt«aclieid"n.    Diu  ankl 


4IB 


id  Wlrct  (s.  XXXI  —  XXXHD  und  ondare,  die  bertibruagen  hiuriiin  und  daliin, 
i  ioaea  kma  bestirntes  vorbild  oaohznwoisen  ist,  soodeni  die  znm  algemeingut 
hären  (XU  —  XLTT),  dime  bilden  die  uuimiie  seiuer  duruh  leoen  imd  vorleseD 
vconeneii  apnchlicheo  bilduug,  die  er  ohne  sbaioht  anwendet  Anders  ist  es  mit 
olfram;  dieeoD  nachzubitden  war  seine,  ilim  selber  verderbliche,  abmoht  (a,  XIX  — 
SXJ).  DesMD  gediobto,  bcsoaders  den  WiUebalni,  moss  Ulrich  anuähenid  aua- 
mdig  gekont  Iinhen.  Iiieser  auaführliohe  natshweis  muss  jedes  bedenken,  da«  imcb 
bttndigem  beweise  (8.37 — 3d)  über  die  oatatehung  des  Stoffes  ungetes 
iiditea  noch  gehegt  werden  künte,  endgiitig  beseitigen. 

Sb  viBiv  nun  aber  der  mähe  wart  gewesen^  etwas  genauer  za  verfdgeo,  wie 
I  d«n  aadeutuüf^n  bei  Wolfram  die  fabel  Ulrichs  sich  ausgebildet  hat.  Das  mal«- 
1  dasa  int  vom  heraosgeber  hcigehracht,  aber  nicht  deutlich  heransgebobou.  Es 
rfte  doch  zweckdienlicher  sein ,  die  entlehnuiigon  tuid  bonihruDgeD  der  darstcllungS' 
ttel  gesondert  von  denen  der  motive  der  handlung  zn  besprechen  Die  ansführun- 
a  dss  heraosgebers  haben  in  ei^r  linie  im  äuge,  welche  Schriftwerke  Ulrinh 
kant  haben  kann  and  welche  scbriftsteUer  ihn.  Das  wesentliche  für  die  erkentnis 
r  {ihnntasietätigkeit  des  dicbters  ist  nun  bereits  durch  Suchier  gegeben  {s.  41), 
las  eine  heidenkönigin  im  fernen  osten  (xe  Arait  W.  W.  192,  7.  294,  21}  den 
hngenen  Christen  ans  seinen  eisenbaaden  lost  und  sich  von  ihm  entführen  lüsst, 
naerte  den  dichter  an  die  spielmannsgedichte,  die  gani  den  gleichen  stoS  behon- 
b,  Diese  gaben  für  die  gefangenschaftü-  nnd  eutfübrungsgeBuhiobte  den  faden  und 
[orten  noch  daxu  das  niotiv,  dass  der  konigin  die  obhut  des  gefangenen  besondere 
vertraut  wird,  sowie  die  Insel  als  Station  aof  der  enlführungsfahrt  und  platz  des 
unimentreffeus  mit  den  Verfolgern.  Auch  dass  die  königin  beim  schachspielo 
t  dem  firemden  mann  sich  verslündigt,  dürfte  aus  der  gleicbeci  qaelle  entnommen 
n.  Die  insel  und  der  kämpf  dabei,  dies  motiv,  das  ans  derfiildesage  in  dieapiel- 
nns^ohtong  üIwrgegaLigen  ist  (vgl.  Edzardi,  Unt«rsuchnngon  über  das  gedieht  von 
Osrntld  8.  20,  und  auch  W.  Meyer,  zur  Hildensage  Beitrüge  17,  154  fgg.),  kann 
n  oioht  wol  auf  die  Kudron  lurüokgeführt  werden  (s.  XXXVTI);  dort  fehlt  ja  grade 
t  orientalisnhe  und  die  befreiung  des  gefangenen.  Der  dichter  des  Willehalm  hat 
M  inotiT  benuzt,  um  die  geschütztechnik  seiner  zeit  zu  Schilden).  Es  findet  kein 
mpf  mehr  auf  der  inael  statt,  wie  in  der  sage,  sondern  die  gewaltige  tlotte  der 
ideu  wird  mit  anltrerken  nnd  bilden,  autih  mit  feuer  beschossen  (absclm.  16!^)  und 
mt  gar  nii'lit  an  die  iusel  heran,  bis  sie  ein  nnwetter  völlig  auseinandertreibt. 

Der  heransgeber  findet  in  der  erzühlung  von  der  gefangennähme  und  befreiung 
a  Willehahn  eine  kaum  znTalligo  ähnliohkeit  (s.  XXSIV)  mit  der  analogen  [rnrüe 
9  Tandarais  vom  freier,  wobei  aber  unentsohiedec  bleibt,  wer  geber  und  wer 
ipQnger  ist,  Die  Khnliclikeit  beaohränkt  sich  aber,  gensa  besehen,  auf  einzctheiten 
BHadruek  nnd  nebenslthliche  motive  der  erz&htung.  Ton  vorne  herein  war  bei- 
D  dichtem  ein  ühnlicher  atoff  gegeben.  Ulrioh  aus  Wolfram,  dem  Fleier  aus  einem 
Dass  Hill  ftlso  beide  , durch  Übermacht  gezwungen  werden,  Sicherheit 
geben",  besagt  für  das  verhältnii^  zwischen  den  beiden  autoren  nichts.  VerstAnd- 
1  ist  es,  dasB  bei  gleichen  oder  ähnlichen  Situationen  der  eine  den  ausdruck  des 
leni  widerholte,  wenn  er  ihn  kante;  und  das  ist  hier  ohne  zweifel  der  fall.  Die 
lehnnng  eines  motivs  fOr  die  hondlnng  dangen  ist  kaum  zu  erkennen,  wenn  nicht 
oaem  pmücte.  Die  ercählung  von  der  befreiung  Wilhelms  zeigt  nooh  melir  als 
at  dAS  gedieht  Unklarheiten  des  beriubts,  onstcherheit  dar  Vorstellung.  Die  äussere 
KÜang  war  dem  dichter  neben  den  glänzendeu  beachreibungen  und  den  langen  bald 

27« 


420  ROSENHAQEK 

zierlich  minniglichon,  bald  mystisch  erbaulichen  reden  offenbar  nebensache.  Auch 
vergass  er  sie  wol  zwischendurch  bei  seinem,  wie  es  scheint,  sehr  langsamen,  kurz- 
sichtigen arbeiten.  Z.  b.  bei  Willehalms  ankunft  fangen  Arabels  äugen  sofort  feuer, 
und  sie  lässt  es  sich  angelegen  sein,  dem  markte  seine  pri^ün  etwas  behaglichei  zu 
machen  (abschn.  59  —  62).  Nach  8  jähren  aber  erst  wird  er  herausgeholt,  und  die 
beiden  lernen  sich  kennen.  In  Willehalms  eigenbericht  nachher  macht  es  auch  den 
eindruck,  als  ob  erst  in  diesem  momento  der  coup  de  foudre  gezündet  habe.  (Abschn. 
233.)  Dann  ist  die  erzählung  auch  viel  folgerichtiger.  Ebenso  ist  es  mit  dem 
berichte  von  der  gefangonschaft  und  der  befreiung  WiUelialms.  Hier  kreuzen  sich, 
wie  es  scheint,  zwei  verschiedene  Vorstellungen.  Bei  Wolfram  ist  er  in  hoyen  und 
isefibant  festgeschlossen,  deren  ihn  Arabel  entiedigt  (W.  W.  220,  27.  294,  14). 
So  erscheint  er  auch  bei  Ulrich  in  ketten,  am  stein  des  kerkers  festgeschmiedet 
(61,  9);  wenn  er  hinausgelassen  w^ird,  schliesst  man  die  kette  auf  (102,  17)  und  vor 
der  flucht  muss  er  sich  krank  stellen,  damit  Arabel  dem  emeral  befehlen  kann,  zur 
orleichterung  ihm  die  ketten  abzunehmen  (122,  5  fgg.).  Bei  derselben  gelegenheit 
steckt  sie  ihm  eine  feile  zu,  womit  er  sich  üxvtlen  soll  (122,  15.  127,  10  fgg-)*  ^^ 
heraus  aber,  wird  nicht  erzählt;  an  einer  spätem  stelle  sagt  der  markis  selber,  er 
habe  sich  aus  der  hoye  herausgefeilt  (236,  25).  Das  passt  hier  aber  nicht,  da  er 
wegen  seines  „  siechtuoms  **  frei  von  den  ketten  ist.  So  scheint  die  feile  ursprüngiicii 
dazu  bestimt,  dass  er  das  schloss  der  tür  seines  kerkers  damit  durchfeilen  soll.  Denn 
eine  reihe  von  stellen  setzen  durchaus  voraus,  dass  der  ort,  in  dem  er  sich  befindet 
durch  eine  verschlossene  tür  zugänglich  ist  für  andere.  Der  emeral  schliesst  ihn  im 
gefängnis  fest,  da  er  von  der  königin  zurückkehrt  (102,  17).  Auch  die  scene,  wo 
Arabel  zum  schein  sich  von  ihm  verabschiedet  und  ihm  die  feile  zurücklässt,  sezt 
voraus,  dass  sie  sich  in  demselben  räume  mit  ihm  befindet  (128).  Domgegenüber 
ist  imn  die  vorwiegende  anschauung,  dass  Willehalm  sich  in  einem  unterirdischen 
verliess  befindet,  dass  nur  oben  eine  öfnung  hat,  durch  die  er  herausgeholt  und 
widor  hineingelassen  wird.  Dann  befinden  sich  die  andern  menschen  über  ihm  (62,  14. 
102,  16.  103,  1.  129,  14).  Beide  anschauungen  sind  unvereinbar,  doch  schreckt 
der  dichter  davor  nicht  zurück.  Er  lässt  den  emeral  mit  Willehalm  einfahren,  ihn 
unten  im  loch  festschliessen  und  wider  hinauffahren  (102,  16.  17).  Und  wie  Arabel 
es  macht,  da  sie  ihm  die  feile  zusteckt,  darüber  macht  er  sich  keine  sorge.  An 
einer  stelle  aber  sucht  er  die  beiden  dinge  zusanunenzuflicken,  den  charehcer  hiex  st 
oben  beslie^n;  niden  g4e  oueh  ein  tür  darin  (123,  2.  3).  Das  gibt  aber  ebenso- 
wenig ein  bild.  Wenn  wir  nun  uns  erinnern,  dass  die  eine  anschauung  der  bei 
Wolfram  angedeuteten  entspricht,  die  zweite  der  erzählung  im  Tandareis,  so  Hesse 
sich  vielleicht  folgende  erklärung  versuchen :  Ulrich  legte  sich  die  geschichte  zunächst 
nach  Wolfram  zurecht;  dann  lernte  er  neu  kennen  oder  rief  sich  ins  gedächtnis  die 
gefangenscluifts -  und  befreiungsgeschichte  des  Tandareis;  darin  gefiel  ihm  ausneh- 
mend die  romantische  scene,  wie  die  dame  mit  ihren  mädchen  bei  nacht  den  ritter 
aus  dem  kerker  ho  rauszieht  v.  11481  fgg.;  sie  gab  gelegenheit,  die  starke,  mannhafte 
Aral)el  Wolfranis  Schilderung  gemäss  zu  zeigen,  indem  sie  ihn  alleine  tix  tnii  kref- 
ten  zieht  0'«^^  -•^^'  Diese  scene  also  mit  der  dazu  gehörigen  Vorstellung  des  ker- 
kers würde  Ulrich  hier  dem  Tandareis  entnommen  haben ;  dabei  wären  dann  manche 
t^tellon  stehen  geblieben  (wenn  auch  nur  in  seinen  gedanken),  welche  in  der  auf 
Wolfram  beruhenden  anschauung  gedacht  waren,  und  die  erwähnten  Widersprüche 
entstanden.  Des  Fleiers  lebenszeit  würde  sich  so  etwas  genauer  bestimmen;  er  ist 
jedesfals  ein  Zeitgenosse  Ulrichs  gewesen. 


nimm  421 

Wio  duui  aaoli  khi,  diu  vorllogetitle  uui^gubo  luiil  ihm  dnloitung  gibt  raiohlicb 
nult,  was  man  zum  Studium  diosor  diobtiuig  budarf,  unil  für  wi'itorgehenda 
itcrear.himgpn  noregonde  imd  nutzharo  gntttdlegung.  Es  sei  nocb  vcratattet,  aut 
'ei  Susserlicha  diogo  Eurückzulomnien.  Die  bezaicIiQung  strot'bu  Hubeiut  mir  Tür 
I  31»iUgeo  abachüitto  wenig  angamasBen  xix  seiu.  Diu  ai>isolieu  (IiubtuDgeu  dus 
intsdiea  jnittul&ltera  xei'lalleti  nuu  eioma]  (onutJ!  üi  xwei  gruppun,  gUtrphiscbo 
id  uitatropbiBübe.  Die  tweitu  gruppe,  die  diühtung  im  i'eimiiaar,  bat  in  ihroui 
ndmnli,  in  den  formelo  vrie  auoh  in  syntaktiaeiien  verbindungeü  und  im  perio- 
.  eigenheiten,  die  uiif  der  eigeiiart  'ier  kurzoo  ruinipaaru  bembeii.  Dia  aiuun 
fügoii  Biob  mebr  dein  elastischen,  gleiuhmäaaigen  dradu  dieser  aietriacbon 
andre,  wiu  WoUram,  rebulliei-en  dagageo;  aber  zu  raohneo  baben  sie  doub 
mit  Ulrichs  gudi(^bt  gubürt  nun  troU  seiner  besonderheit  zu  dieser  grapi«.  Durch 
t  boEoichniing  strophc  würde  es  denimälem  formell  nahe  geatelt  werden,  mil  denen 
niclita  zu  tun  bat.  Nocb  äusserlicber  iat  es,  wenn  ich  die  bezeicbnung  der 
«okuitl«)  mit  lateinisobeu  siSeru  als  unliequeiu  anmerke.  Bai  Wolfrain  uind  wir 
m  die  zweifauben  arabisobcn  aift^rn  gewohnt. 

Neben  der  anerlienniuig,  die  dem  herausgeber  für  seine  anregende  und  beleb- 

mdc  arbsit  gobühri,  ilarf  an  dieser  stelle  aarh  dem  Voroin  für  geschlchte  der  duul- 

iheu  iu  Bijbmeij,   in  doGsou  auftrage  diese  atisgabe  veranstaltet  ist,    ain  wert  den 

IM  ausgusprucben  werden.     Wird   doch    beim   Etadiom    dieues   buches  eine  leeit 

v  lebendig,  tu  der  uzeobisoba  fnrsten  dentsobe  dtcliter  und  s&ugor  u!h  üborbriogor 

ven,  geistigeren  wl^seus  bereitwillig  ebrlon.     Braditen  ülrieb  und  seine  genossen 

iltiiin  auch   neues   und  friacbes   loben,    im    zuManunenbongo    der  deutscbou   litte- 

lur  gebort  er  in  diu  zeit  des  raschen  vorfols   nach  der  raschen  bliite.    Die  sweige, 

I  ain  majwintur  von  den  kaum  begrünten  bäumen  geiiHsen,  sammelt  er  auf  —  grün 

w,   aber  vom  lebendigen   stamme  gctront;   Dnd  »o  kanten  sie  weder  bliite  noch 

Lcht  geben! 


E  litteraturdenkmälor  des  XT.  und  XVI,  jahibunderts.  Her- 
ausgegeben von  Hax  Herrmaun  und  glcghrled  8zninKt6Isk1.  Heft  4  —  6.  Der- 
lin,  Speyer  &  Petei's,     1891  —  1H93. 

I)    Fbilippns   Melaiichthon,    Deelajnationes,      Ausgewählt   und   herauB- 

3  Karl  Hartfelder.     1801.    XXXIX  und  flö  s. 
In  der  ainleitung  entwickelt  der  bemusgelwr  den  begriff  der  declamation,    wie 
b  auf  HeUncbtbons  anlasG  seit  1523  an  der  Universität  Wittenberg  in  regelinüssigen 
jtabechnitten  abgebalten  wurde.     Hatte  die  declamation  als  eine  an  der  Universität 
0  lateinische  rede  zuoret  den  charaktor  einer  spracblioben  Übung  in  QuinÜlians 
,   so  wurde  der  name  sImSblicb  auf  alle  akademischen  gelegenbeitsreden,    pro- 
ns-,  grab-  und  leicbenreden  übertragen.     Die  meisten  der  im  Corpus  reforma- 
1  51  vmd  Xn  vereinigten  declantationes  sind  zwar  oboe  Molanchtbons  namen 
Ruhienen  und  von  anderen  vorgetragen;  aber  ihie  echtheit,  die  diirch  glaubwürdige 
logen  bewiesen  wird,  kann  ausser  bei  der  in  Padua  gehaltenen  rede  des  Ragiomun- 
ui  de  AJfragnua  nicht  bezweifelt  werden.    Der  neudruck  ist  durchaus  gerechtfer- 
^,  da  diese  reden  zwar  nicht  den  meistcrwerken  der  autiken  Schriftsteller  arj  die 
ijt«  £11  sielten  sind,    wie  es  Melanchthons  dankbare  schiUer  Lanrootius  LndoTicus, 
ind  Ch}trfius  nnd  Niuolaus  Gerbel  wollen,    wol  aber  als  moster  der  „proprietas 
dmplioilan  sui'QiOuls"  batraohlat  werden  hüuuen. 


Das  voriiegende  heFt  I 


g&Diote  doT  fflottgc^!^ 


redoD,  diu  moi»t  d 
angehöreD,  nämlich  1)  die  Bltesto  uns  orhalteoe  iixle  Melnnchthnm  de  ortibiiii  L 
libufi.  die  noch  aus  der  Tübbger  zeit  stamt  und  wo!  dorn  jähre  1517  oder,  wie  di« 
heranegeber  der  LLD.  ans  einem  Tcrmerk  der  von  HartfeldcT  uicbt  bemerkten  ddlil» 
princeps  HuhlieBsen  moobton,  deni  jähre  1616  angotiört  Der  junge  nniveniUUalelim 
behandelt  in  ihr  dm  hergebrachte  humanistische  thcma  von  den  sieben  rroioii  knii' 
Btsn,  die  im  Trivium  nnd  Quodrivium  in  die  otschebung  traleu,  donon  er  aher  nndi 
g«6ohiubte  und  dicbtkunst  aU  achte  und  neunte  muse  hintußgt.  Ei-  widmete  ilio 
rode  dem  berübrateu  Jehrer  du  mathematik  und  astrooomie  in  Tühinijun,  Jobanm 
Staffier  aus  Juatiiigeti.  Die  xweite  rede  ist  die  berühmte  Wittenliorger  antritannl« 
HelnnchthoDS  vom  S9.  nugust  1518  De  cotrigendis  adulosuentiao  ettidiig,  id  der  ef 
schon  aul  die  notwendigboit  der  erueuerung  der  Wissenschaft  ml  klassischer  bb4 
evangelisober  gruudlage  hiovios.  Dia  diittc  ist  das  Encomium  eloiineotiau,  diu  vierte 
ist  die  reda,  mit  der  Melanchthen  am  23.  mai  1530  das  i^yninastnm  xu  Nttrobatc 
erA&cte-  Die  lezte  bandidt  De  miserüs  |iaedag<igorum,  eine  akudemiachn  gi!lugiinheilii> 
rede,  die  Hehmchthnu  wahrsoh  ein  lieb  Tür  einen  bacCfllaaniandoD  oder  inagiatiUldM 
geflohrieben  hat,  Sie  bietet  ein  düsteres  hild  vom  schiüweson  dos  lö.  jahriinnderti, 
indem  sie  drastiaob  das  elend  des  lebrersUndes  sohitdert. 

Die  drm  ubdmok  der  reden  folgende  bib]iogra|>hiu  vialtt  K  von   iri'Jü  hngin- 
nendo  ausgaben  der  samlungcn  der  declaniationes  und  diu  verschiedenen  Gon<lf*riuia- 
gaben  der  auagowähllen  fünf  reden  nach,    von  denen  die  iwoito  tind  dritte  sich  io  ja 
11  aasgabeu  finden,   ein  beweis,    welohen  wert  man  ihueo  beilegte. 
gen   des  heraungebers   (b.  XSXV— SXXIX)   geben   ausser   den   vi 
bonnxton  stellen  antiker  Schriftsteller   auch  mannigfache  vrertvulle    belehrungm    Ab« 
sobolastificbe  lehrer  des  mittebtiterg  a.  a.  and  zeugen  von  seiner  vertrantheit  mit  dar  ' 
gesehichte  des  humacismas  und  der  reformation,  wie  er  diese  schon  durch  lahlrrttAo   ' 
Schriften  bekundet  bat     Zu  Buisson   (s.  XXXrV)  vennissl  man  uiigem  dun  titrf  d 
Werkes.     Übrigens  werden  wir  die  fraude  haben  uouh  ander«  aas  den  übrigen  gehjo-  - 
lou  Melanchthonsuher  dechtniadones  ausgewählte  stücke   in  weiteren  heßun   ilnr  >I|P 
lu  erhalten. 

2)    Enricius   Cordus,   Epigrammata.   (1520.)     Heraus  gegeben   ' 
Krause.  1892.    LH  und  III  s. 

Durch  seine  »eit  20  jähren  der  gcBobichte  des  humaiiismus  und  dem 
gewidmeten  titadien  war  Krause  wie  kein  anderer  geeignet, 
gramme  des  Eoricios  Cnrduä  za  vemDStolten.  Sehen  1863  gab  er  eine  blO) 
akiaie  dieaes  dichtars  Iteraus,  die  er  jeil  in  vieler  («xiöhung  vorvoUt 
erfahren  wir  den  bis  dahin  unbekanten  &)nilionuainen  des  dichlers, 
der  Erfurter  matrikel  findet,  wo  im  herbst  1505  Heinrich  Solde  auM  FnutUnlwK 
(dem  seinem  hoimatsdorfe  8imtahausi>n  nahe  gelegenen  aUiil'^henl  erscheinL  Jlach 
1507  wird  er  in  der  liste  der  boccalaurnon  (oder,  wie  Krause  sagt;  bakularieu)  mit  di»- 
Bern  nameu  aufgeführt,  während  er  15ÜÜ  als  diuhter  unter  dem  natneu  Ridiu  O-n- 
duB  Simesuains  (äimtshauson)  auftritt  und  xwar  iu  der  tlireDodio  auf  den  l«d  do 
landgtafon  Wilhelm  n.  Die  weiteren  isehickaale  dos  dichters  sind  bekant  KachdoD 
er  1516  in  Erfurt  magistet  geworden,  war  er  daselbht  lehrer  bis  1523,  dann  wtadl- 
snt  in  Braunscbweigi  1527  wurde  er  profesaor  der  inediuiu  an  der  n«u  ertiolitBl« 
Universität  Marburg.  Bin  die  berufan^  naoh  Marburg  btttnlTender,  an  awei  Ata  dot 
landgtafen  gericbtetu  brief  seiner  traa  (Kunigunde  ßalla),  mit  der  üt  Bohos  • 
Terheiistet  war,  gibt  den  wünschenswerten    nufschlai»    libcr  i 


heßun   dnr  1I,P 

>geb«n   vit&i^fl^l 

dernÜB^^^H 
ausgab«  4^^^H 
line  biopld^^^H 

,    wie  er  Ä^^F 


uwMariM|H 


[oideD,  wohlo  or  zu  iLTztüober  bebandJuiig  des  unheilbar  evkranktou  gntfen  Estknl 
ton  Ctet&iealand  berufon  war.  Seine  wirkBamkeil  in  Marburg  währte  bis  1534.  Im 
Ugondeo  jftbi«  gieng  er  nach  Bremen  als  orat  und  Inhrer  am  gjmaaiüum.  la  deiii- 
jihre  starb  er.  ^  Des  EuriciuB  Cordus  litterariscliti  tätigkeit  hat  ihren  höbe- 
in  der  epigremmeudiubtong  erreicht.  Bekantüch  verschmähte  selbst  Lessüig 
icfat  emo  reihe  von  singedichten  (im  ganzeu  12)  veo  ihm  zu  entlehnen.  Sein  voi^ 
Id  war  Maitial.  let  sein  stil  auch  niuht  gana  korrekt,  so  rerdient  der  tiefe  aitliche 
mat  seiner  muse  rtntsohiedenea  lob.  Die  beiJsn  arsten  büolier  der  epigramma  eut- 
■Iten  die  bittorsteo  klagen  über  das  traurige  loos  der  musen,  über  die  gleiuhgultig- 
rit  des  grossen  haufena  gegen  gediegenes  wissen  und  über  den  spärliehen  besuch 
itner  Terlesungen  m  Erfurt  Der  lifterariachft  streit  det^  Euricius  Cordus  mit  dorn 
poeten  Ühiloninos  Philymnus  wird  von  Crause  auaführlich  besprochen  und 
ibd  viel  neues  über  die  persöntiohkeit  dieses  hitzkopfea  beigebraoht 

Dem  neudruck  ist  die  ausgab«  von  1620  £u  gnude  gelegt.  Der  text  ist  dureh- 
ea  korrekt  Als  anhang  der  umfaogreichen  elnleitung  gibt  der  verfoäsei'  I)  eine  bibllo- 
ihia  der  epigramme  und  der  Defensio  in  malediciuu  Thiloninum  I'bilymuum-,  2j 
fnerkungen  zum  texte  der  ^pigiiunme;  3)  dia  abwoichungen  des  teiles  der  1.  sus- 
ib«  nebst  den  epigrammen,  die  ausschliesslich  in  der  1.  ausgäbe  enthalten  sind; 
einiges  zur  erkllining  der  epigramme;  5)  die  acbrirten  des  Thiioninus;  6j  eine 
laahl  von  cutlehnungen  aas  Mortial;  7)  ein  najueni'egister. 

3)   Jacobns  Wimphelingius,    Stylpbo,     In   der    ursprünglichen    fasHuug 
a  dem  Coi.  DpsaJ.  $87  harausgogeben  von  Hugo  Helatein.  1802.    XVUl  u.  lÜ  s. 
Der  Cod.  687  der  univereitatabibliothok  xu  Dpaala,    der  einst  von  Jakob  Wim- 
Reling  dem   berühmten   stottmeister  von  Strassburg  Jakob  Etnrm   geschenkt  wnrdo, 
pnthfilt  ausser  Bencblins  Scoomca  progymuasmata  und  einem  reichhaltigen,   für  die 
geec^chle  des  hunianiamos,    namentlich  des  Heidelberger  kreiaes  wichtigen  ijaellen- 
«ierial  aueh  Wimpholings  Stylpbo,  und  zwar  to  der  orsprüngliehea  faftsoog  von  1480. 
er  ätyljiho    ist   ein   gegen  die    Unwissenheit    der    mittclaltorlieheu    pCründenfresser 
pcichtetes,    in   eingehe    gesptgchBform   gekleidetes    lustspiel,   das  aber  Wimpheling 
machst  nicht  zum  «wecke  der  aufführoug  verfasste:    das  et  vielmehr  in  seine  bei 
>r  einennaug  von  magistem  der  philosophie  am  8.  m&rx  1480  im  grossen  soale  der 
ule   der  omveimtät  Heidelberg    als    dekan    der    RTtisteulakultät   gehaltene 
mnotitmarede  einschob.    Aach  diese  rede  bietet  der  uodei,  weshalb  sie  in  dem  neu- 
mcb  veiöäentliüht  wird.     Der  Stylpho    ist   daii  erste    in  Deutschland    entstandene, 
ich  dem  vorbilde  der  oeulateinischen  komiklie  in  Italien  und  unter  dem  einfluss  dos 
irac^ebraucha  des  Terenz  gestaltete  erzeagnib  der  humanistischen  dramatik.     Der 
üBle  druck  erfolgte  1494    und  zwar  durch  eiuen  sdiiUer  WimpheUngs,    Eucbarius 
HaUiparias;   aber  Wimpheling  unterzog  den  test  einer  nouen  redaktion  und  machte 
■Dch  manche  zusatze.    In  diesem  ersten  druck  war  aus  verseben  des  diiickere  das 
jabr  1470  als  das  jähr  der  abfassung  angegeben,    Jozt  ist  durch  Wimpheliugs  xeug- 
,  dass  der  Stylpho  im  jahro  14äÜ  outstanden  ist. 
whjulxshaveh.  hugo  hoi^tbin. 

Dlrichs  von  Uutten  deutsche  Schriften,  üntersuohnngoti  nebst  einer 
nachlese  von  SieirfHed  Szamab^laU.  [Quellen  und  fotsohungcu.  QT.  heft.] 
StrsBabutg,  K.  J.  Trübner.  1891.    4  m. 

Die  Huttenlorschong  hat  sich  seit  Strausa  und  BöokiDg  auf  den  von  diesen 

Irttdan   vorge zeichneten   pfadeu    bewegt   und  wesentlich   neues    nui    wenig   xu  tage 


424  tuirauR 

gebrachl;  di«  vorlingende  schrilt,  diu  sicli  auf  bisher  nnlKikantem,  tmi  i 

in  dem  StoiDbachor  luid  tlitkenfelder  tuvhiro  cntilocktea  uiAterial  >afl 

dert  anaai'o  koiitnis  von  Hatt«as  persGoliclikeit  um  oiii  bedeutende, 

«eine  iilttnu  und  die  nittol.  dereu  er  eiob  lui  erreichung  deradbcn  h 

gani  neuas  lidit  wirft,   die  bttitaulen  scJirifteD  roit  hilfe  der  luiuentdeaktan  n 

in  einen  widern,   und  wie  mir  subeiot  ihnen  zukonutunidcn   zosamtnoobu 

cadlich  und  vor  Atlom  dt^n  iiliorj^g  von  der  Uteinicchoii  lur  deatscheo  spr» 

uns  tiiuher  aus  maii|;o)  an  iirkaudlichem  material  als  ein  plüUliober  unil  uiivmdiSM- 

ter  eniclloini'n   niuste,    alti   i'iiioii   wolerwogenen   uiid   eorgOJtij;   vurbL-ruilclf^   untolit. 

Sudann  giht  eiu  'lurch  genaue  bcoliacbtungen  über  iluttons   spiMbn   wertvc 

trüge  Eiir  kontnis  der  entwicklung   Aea  dentschen   Stiles    im    anlnoi;«  dos    i 

liniidens.    Eine  kurxo  angäbe  dea  miuiias  wiid  diosos  urteil  rochtfertjgen. 

Dio  güÜMtisohe  betrachtnng  geht  aus  von  dem  dreilaclieo  verurteil,  i 
cbom  man  an  Huttsna  deataube  Schriften  heranzutreten  pttegt;  man  vntnliiii 
Bohwerfälliges  duutsoh  entweder  mit  Keinem  gawant^n  latnin  nder  mit  d 
Buhun  deutsch,  odor  man  glaubt  auf  die  deatsohen  Schriften  aU  auf  gültig 
sühriflen  geiingschütKig  horabbtii'kon  la  dürfen.  Dio  Untersuchung  i 
»or,  lu  einer  wirklichen  dai^stellung  von  flutteos  deutschem  stil  voriudrmgBn  durÄ 
empiriuüie  beubaubtuug  und  kriliaolie  vLTgleiubuiig.  Zum  gi'gentibuidc  niilüt  sie  diu 
ÜbersetxUDg  des  Vadisuus,  weil  dieso  sobrift  xugloidi  die  möglichkeit  gcwAlirt. 
Gut  gleichüeitiga  Übersetzung  Ulrich  Vnmbülera  int  vergU<ichiing  liNnuiiosobol 
Her  in  der  söhn  des  durch  Dürers  portrlit  Iwkanteu  protonotarius  gleioheB  1 
der  die  Übersetzung  irahraoheiiiUcb  in  8traBsbui^  auf  vetaiilaatung  ivroiur  t 
die  rufurmatien  lAUgon  niüuner,  Butxer  und  Capitu  angefertigt  iiat  Unter  fort 
der  gegenüberstcllung  dieser  Übersetzung  wird  der  stil  der  Hutten»:heti  ii 
ten  eingehend  untersucht.  Zunächst  wird  der  einflnss  unirturt,  den  die  kanalei 
spräche,  die  ritterspraohe  und  die  hofapracbe  auf  Uutten«  tti\  ax 
haben.  Zu  ersterer  »ind  auc;b  tu  roohnen  die  begrUTe  cler  kirohensptnchp ,  w 
die  hofspracbe,  in  dem  bestreben,  die  nocktheit  des  Uteiniäuben  zu  Tt-rhuUeu. 
da.  wo  OB  sich  um  bezeicbnung  von  unsitlicbem  bandelt,  entweder  Im 
gebraucht,  oder  eindeutige  Wörter  durch  oolcho  craeit,  welehe  im 
mubt  BUEHchlieaslioh  uu^ttiche  bedeutnng  haben  (x.  b.  scortari  durch  l 
mit  nlgemoiucn  reduuBarteu  hilft,  odar  endlinb  das  unsitlichc  wott  gani  B 
Ratten  steht  hier  ganz  deutlich  im  gegensatK  zu  Luther,  dem  Vertreter  der"« 
tümllchen  spreche,  die  jedes  ding  bm  seinem  namen  nont.  Biu^icbüidi  dca  gvbnm— 
choe  der  fromdwörter  verteidigt  der  Verfasser  die  huiuanistuo,  insonderboit  Hnttna, 
gegen  den  vorwarf,  dass  sie  das  eindringen  derselben  begünstigt  hatten;  vieUttchr 
bBngt  dasaelbo  mit  der  einführung  das  rornischen  roc-htes  zusaromen.  und  Hntton  irt 
eher  als  ein  gegner  derselben  zu  bezeichnen,  da  er  sie  nur  m  ironischer  uder  agita- 
tnrischer  abdoht  verwendet  fiuttens  fremdworterlist«  ist  nicht  grvsaer,  ab  diu  mms 
roodoruen  schriflstelleFsi  es  fehlen  sogar  bei  ihm  seltihe,  die  wir  hentt  nicht  mlbak 
ron  kiinnen,  wie  z.  b.  religion.  I.Atelaisiüic  wortsiiiKlo  werden  oft  sehr  glilokln^  w- 
doutscbt,  wo  Luther  die  fremdwörter  beibehält  B^dlich  hat  Hütten  liiin  üiiizirr- 
lateinisches  citat  AJs  ijoelle  des  im  16.  jahrhoudert  so  beliebten  . 
Synonyma  sieht  dar  vorfasset  mit  reubt  nicht  die  vulksspracbn.  »ori  . 
leisprache  an,  die  allerdings  volkstümliohe  Wendungen  mit  l>esonderer 
I>ie  Übersetzung  des  Vadiscus  enthalt  deren  gegen  300,  ohne  indw>  dviu 
ton  der  kanzleispracbe  zu  verfallen.     Violmehr  weiden  die  culoree  t 


425 

1  »n  bedeiitsaiuca  stellen  huÜero  liditor  aufzusetxea,  wekha  das  (-anxe  gemulde 
fcen.  Besondere  ist  (las  bei  seheltworten  gogoQ  Koni  der  fidl.  Kleiner  ist.  üu'e 
bl  bei  solchen  begriffcti,  die  oinei;  ton  der  Kiiueigung  iu  sich  schtiosseo.  Eitiiielne 
Bonyma  sind  von  ihm  neu  gesohaffeD,  —  Wenn  auch  Hütten  bei  wi<iergabe  dar 
tstrsots  oft  dem  oinflosso  dos  lateinischen  erliegt,  so  ist  t-r  doub  weit  davon  nnt- 
nt,  in  das  iibersetzerdeutsch  des  Niclas  von  Weil  eu  verfaUoii.  Er  eraext  in  den 
kn,  wo  das  abstriK'tum  niuht  beizubehalten  ist,  difBea  untwoder  durch  ein  verbum 
BT  atliectivnm.  —  Der  im  deutschen  oft  notweudigo  onutz  der  ptononiina  des 
ihen  ist  entweder  der  obje*:tive,  wenn  nümUch  der  doutUchkeit  halber  statt 
I  pronomons  das  entsprechende  nonien  gesozt  wiid;  oder  der  sulüelitivo,  wemi 
I  «objektive  urteil,  dcts  im  lateiniscbeD  pronomen  vielfach  nur  angedeutet  ist,  im 
itsüheo  in  tleatli(:he  wortu  umgeseit,  beispielaweiso:  nemo  arbitratur  übersezt  wird 
'ch:  das  närrische  volk  glaubt  uit.  Beide  aiißn  dee  ersatxea  sind  bei  Hütten  luige- 
tinli<^h  hfiuSg,  daher  für  seinen  stil  uharaktuiiütisoh,  —  Bilder  werden  einfach 
»rnommon  nur  iu  wenigen  fEIlen;  öfter  werden  dia  bildliuben  ausdrücke  wuiler 
■UfeTuhrt.  uft  fast  zu  einem  gleichuis  gestaltet  Ebenso  häutig  ist  der  ecsati  durch 
neues  bild.  —  Citati-  aus  klaasiaoheu  Schriftstellern  sind  Bohr  zalilreich)  inetrinche 
a  wird,  im  gegensatz  m  Vambüler,  stets  beibehalten.  Die  %'erdoutschung  ist 
ist  8^  geschickt;  der  iobalt  der  citate  ist  dem  Zusammenhang  genau  augepasal, 
ividuellea  stets  ausgemerzt,  während  sich  bei  Varabüler  in  dieser  boziahung  arge 
iverstätidnisae  finden.  Griechische  citate  sind  mit  grosser  Umständlichkeit  wider- 
^ben.  Anspielungen  auf  antike  vevhältDisse,  die  dem  gelehrten  leser  ohne  wei- 
ss klar  waren,  werden  für  das  gräs-sere,  deutsc;he  publiknm  orlfiutert.  Die  polo- 
k  ist  durchgehenils  verstärkt  durch  deu  gebrauch  von  synonymen,  des  dsminutivs, 
'  litolas,  durch  antitbetiaobe  beniusarbeitung  der  gegeueätze,  durch  gerades  aus- 
des  subjektiven  Urteils,  durch  Verwandlung  der  rhetorischen  fragen  in  aus- 
e-  oder  anffordeningssätze ,  durch  parenthetiEche  zusfitie,  endlich  durch  formall 
I  inhaltlich  selbständige  e'mschübe.  —  Aus  der  ayntas  kommen  nur  die  grüaseren 
igeföge  in  betracht.  Die  konstruktion  des  accusatives  mit  dem  infinitiv  ist  nicht 
ifigei,  als  bei  Luther;  bei  behandluug  der  pEuticipial-coustructioneD,  sowie  dM 
■hauiBB  überhaupt,  ist  möglichst  auf  einfachhait  und  Übersichtlichkeit  gesehen;  nir- 
ids  komt  sklavische  abhängigkeit  vom  lateinischen,  vielmehr  überall  lebendiges 
&fal  für  die  eigentiimhchkeit  der  deutschen  spräche  zum  Vorschein. 

Die  auf  solche  weise  gewonnenen  eigentiimUchkeilen  des  Huttenschea  Stiles 
nun  benozt.  am  zu  erweisen,  dass  eine  bisher  ungedruckte  anonyme  über- 
der  KlagHchrift  an  den  kurfürsten  Friedrich  von  Sachsen  Butten  zum  vorfas- 
'  hat,  wobei  eine  andere,  ihm  bisher  zugeschriebene  iiboraetzuug  derselben  schrift 
gleicher  weise  als  gegenbild  bennzt  wird,  wie  vorher  Tambülers  Verdeutschung 
I  Tadiscus  zu  Huttcns  eigner. 

Die  historische  betrachtung,  welche  den  zweiten  teil  des  buches  bildet,  hAt 
i  zweok,  einen  inneren  Zusammenhang  zwisdien  Hattens  deutschen  schritten  und 
I  einzelnen  phasen  Keiner  |K)litisuheu  ontwicklung  nachzuweisen;  sie  gelangt  mehr- 
li  EU  ganz  neuen  resnltaten.  Sie  gellt  aus  von  einem  ncuentdeokten  briefa  Haltens, 
n  ersten,  den  wir  haben,  imd  schliesst  mit  einer  ebenfals  bisher  unbektutteo 
trift,  die  wahrscheinlich  Huttt>ns  Icztes  werk  ist. 

Jener  dentecbo  brief  zeigt  aus  Hütten  am  Scheidewege:    auf  dar  einen    seile 
fct   eine   durch    die  projektierte  verheiratnng  mit  einem  CriUikischon  frünleio  sich 
ehrenvolle  und  friedliche  Uufbahn  am   Bamberger  hofe;   auf  der  andsRU 


i2i 

die  durch  einen  briof  Bidoiigonfl  in  sussivht  geetetta  ainSuasreleha,  ab«r 
lisf-iie  rollo  eines  ralgobera  bei  dem  «rzher»ig  Frieilrich,  dem  hnidur  dos 
RrÜBRel.  Hntten  folgt  der  einladung  an  den  hof  za  Brüssel.  Die  Wirkung 
Wendung  komt  auoh  litteronsch  zum  ausdniok  in  dem  Widmtingmchrotboa 
DoutBoben  und  in  dem  ersten  briefe  au  Luther,  wodurch  er  offen  atellang 
pabHt  und  für  die  refonnation  nimt.  Von  BcüsBel  reist  er  Judcwh  sofort 
als  er  die  geisUichheit  am  hofe  des  erzhoraoges  mili.'htig  «ieht,  uni  so  tnehr, 
nach  den  nensteu  vertiffentlichungen  aoa  dem  vatieoniHehen  arehive  —  tatdfUich 
unter  den  genossen  Luthers,  nach  denen  der  pabst  damals  —  angosl  1520  —  Mine 
hand  sasstreokte,  auch  Rutteu  war.  Dieses  oreignis  bringt  seine  revolutionllnja  |iUoc 
(,pbflenkrieg")  zur  ■'eife.  Damit  hfLngt  zusammen  der  Übergang  zur  deulschui  synAt. 
Der  Verfasser  erbringt  nun  den  beweis,  datis  dieser  Übergang  keineswegs  jilätslkfc 
erfolgt  ist.  Bs  geht  vorher:  Buttons  betoilignng  an  Juh.  Schwiirz«nliergs  iiborwtniag 
Cioeros,  die  anonyme,  aber  HtiHen  ziizuschreibunde  ühersetzong  der  hoideo  dialop 
Febris  und  Phalarismus,  ondlioli  die  abfassung  zweier  reimgedichte.  Liefern  dimt 
Bohriften  den  beweis,  dass  HntCen  sich  überhaupt  schon  vor  dem  bekeututa:  LaWn 
lob  vor  geschrieben  hab  .  .  .  (Clag  nnd  Vormanung)  auf  dem  fuldo  der 
spräche  versucht  hatte,  so  wird  das  Vorurteil,  als  sei  er  in  überhnxteter  eile  als 
scher  schriltsteller  aufgetreten,  zen;tdrt  durch  die  tatsaohe,  dass  vor  dem  eben  cttlor — 
ten  gedichte  bereits  zwei  andere  deutsche  sohriften  eischienen  waren 
ftlschlioh  sp&ter  datierte  überaetzung  der  Ktagschrift  an  alle  Doulsohen, 
der  erste  versuch  anzuseilen  ist,  dorn  vclke  zu  xeigen,  „welches  die  bmnt  Wj_ 
danimb  man  jm  lontzen  zägeinüt';  ferner  die  bisher  als  Huttenscbe  codi 
erkante  auonyme  somlung  von  übersctzongon  aller  5  klagschriflen,  voti  denon  die  an 
kurfünt  Friedrioh  bereits  betrachtet  war.  Die  zeit  des  erscheiuens  ist  anfang  navem— 
bei  1530,  während  die  Clag  und  Vormanung  schon  im  anguBt  und  soptumbor  niM— 
standen  sein  musa.  Jodesfals  gebt  aus  allem  hervor,  dasis  er  den  pUn,  doatsch  ni 
schreiben,  Borgfiütig  vorbereitet  hat.  Nach  der  v«rbr0nnniig  Lutlinrscher  Bohrinaa 
in  den  Niederlanden  schrieb  er:  Eyn  klag  über  den  Luteriselien  Brandt  an  Umla. 
Die  „Entschuldigung"  endlich,  als  dereu  erster  druck  die  kürzere,  vun  Bookittg  ab 
.entgtelte  omeueruiig "  bezeichnete  fassung  naoligewieaen  wird,  ist  schon  endo  1&3(l 
nicht,  wie  jener  anunlun,  miLrz  1521,  eisohienen.  Die  vom  13.  Januar  1621  dabvr- 
ten  Dialogi  novi,  welche  Sickingen  als  kriegerischen  Yorklmpfcr  der  refonnUtai 
preisen,  musten  in  verbindang  mit  der  vorrede  in  den  Gesprächbiiohlein  (31.  dnd* 
1530)  den  glanbon  erwecken,  als  stünde  ein  gewaltsames  losbrechen  Sickingnna  aai 
Huttens  unmittelbar  bevor.  Ein  bündel  ueuaufgefaudenor  zwischan  Huttvii,  SieUngcc 
und  andern  persöulicbkeiteii  gewevhstiltou  briefe  fdio  in  der  .nachleae"  mitgetnilt  w«. 
den),  klärt  das  bisher  ungelöste  problem  auf,  warum  jenes  lusbreohen  nicht  ocM|^ 
Sickingen,  dem  Hnttons  imgcsCüni  onbeiiuom  war,  empfiehlt  ihn  einem  onica  tnmi 
(graf  Robert  von  der  Hnii),  zu  dem  Button  kein  vortranen  bat;  gleicbzeitlg  hat  liA 
dieser  an  seine  familie  gewendet  mit  der  bitte  nm  Unterstützung  seiner  plüos.  Hatlr 
sieh  der  Zusammenhang  und  das  zusammenhalten  der  familie  gUuzend  buwiUirt,  A 
aie  rar  den  ermordeten  Bans  Hntteu  eintrat,  so  hielt  sie  doch  in  Huttens  hand«)  d* 
zeitpnnkt  dazu  noi^h  nicht  für  gekommen,  um!  Bernhard  von  Hnttan  bemUht  bM 
um  einen  Zufluchtsort  für  ihn,  erst  l>ei  Hans  FSag  von  Rabenstein,  dtr  bSflii4 
ablehnt,  sodano  mit  bessorm  erfoljEo  bei  Kaspar  Eilliegh  von  TmnaniL 
aicli  Hütten«  oft  getadeltes  verbalten  zur  zeit  der  eröfiinng  dos  ceictulagM 
Die  auäsluhtaloalgkuit ,  von  irgend  welcher  soite  untenrtützung 


aniL     8o  «4^^ 


i  auHiiouKi,  uunc-is  ä 


427 


lens  XU  finden,  verbnudeo  mit  der  niänsigung  de§  hnisers,  der  von  eiaem  Rofov- 
]  «nRchreilnn  gegon  Luther  varläufig  abseheo  will,  Icinkt  Hütten  in  friedlichere 
wo.  In  tfiosor  Stimmung  schrieb  er,  wio  der  vortasser  iiachwoist.  die  vorrede  zu 
m  hiiohe,  in  dom  er  eine  alte  schrift  aus  der  loit  dos  Basler  conoils  und  omo 
>  Toa  dem  Bamberger  vioar  Konr,  Zärtlin  bersusgab,  ans  welcher  herrorgeht, 
.  er  die  ntdikaleru  eutwiofcliuig  LutfaerB  niolit  mitmaoben,  »oedoni  auf  dem  bodeu 
alten  reTontialion  tttehen  bleiben  will.  Daher  seine  Tonlerniig,  dass  alle  lehn 
re  xtti  erledigung  Itirchlioher,  wie  BtaaÜioher  rrageo  coDcilia  uotei'  beteiliguug  das 
wtB  statfioden  müsHen.  liidesseD  trat  für  Liithei'3  und  Hutteus  sacho  eine  goßhr- 
a  «eodimg  dadurch  ein,  dass  der  pabst  beide  in  den  bann  tat.  (Bulle  vom  3.  jan.J 
die  auf  dem  reioh.iiag  versammelten  deutschen  füreten  die  berufimg  Lnthots 
er  siehurum  geleite  beantragtea,  verliielt  sich  Hütten  abwartend.  Am  10.  märz 
r  gehot  ein  kaiserliches  mandat  die  Buslioferung  aller  sclmften  Luthers.  Infolge- 
HeB  kündigte  Butten  aämtUeheD  geistlichen  und  den  nuntioii  iuBbeaondore  die  fehde 
Inod  drohte  mit  einem  pfaffen kriege  (Drei  invoctiTon*  Mahuselireiben  an  den  koi- 
t  ^.  mirz  1531);  wenn  man  auch  nicht  abaieht,  aufweiche  realen  machte  er  sich 
seiner  drobong  stufte,  machte  dieselbe  doch  in  Worms  eindruok,  offenbar,  weil 
1  noch  eine  Vereinigung  Siokingens  mit  Hutto^n  fürohtete.  Der  kaiscr  verhandelt 
;  Butten,  und  dieser  erklärt,  dass  er  duicbaus  nicht  in  allen  punkten  mit  Lathet 
reratamden  sei:  er  wolle  nur,  dass  die  priester  in  xucbt  genommen  würden  und 
poasen  reichtümer  lassen  solten  (=  programm  der  spanisclien,  d.  h.  katholischen 
mpartei);  endlich  ist  w  bereit,  Luther  zum  widerruf  eeinor  offenbai'en  und  vor- 
1  angriffe  gegen  den  glauben  zu  veranlassen.  Das  litterarische  ergebnis  dieser 
sdlung  bildet  die  Schrift:  AnzGig  usw.  (s.  103),  deren  entstehuog,  wie  eine  ver- 
ichung  mit  dem  inhalto  des  Mab  nach  reibons  lebrt,  nicht,  wie  Stmusa  nnd  Bucking 
oieti,  mitte  novbr.  1520,  soudeni  nach  dem  27,  mIrz  1521  Ott.  Diese  ttnde- 
l  der  Stellung  Huttens  zum  kniser  veranlasste  don  nuntiua  Aleander,  sich  statt 
'  bulle  vom  3.  janoar,  die  Hütten  mit  Luther  baute,  eine  zweite,  gleichlautende 
Enbitten,  in  der  Kutten  nicht  genant  sei.  Weini  auch  Luther  auf  Huttens  ver^ 
InagevoracUflge  nicht  eingieng,  nelmehr  gerade  an  den  aützen  Festhielt,  die  Hütten 
t  Terteidigte,  so  wurde  dieser  doch  durch  den  gang  der  ereignisse  auf  dem 
nnser  reiclistage  wider  auf  Luthers  seite  gedrüngt.  Er  gieng,  nachdem  er  die 
mhurg  verlassen,  angefeuert  durch  einen  lirjef  Hejinanns  von  dem  Busche  und 
ntabngeilicht  des  £ot«nus  Hesse,  zur  tat  über  nnd  legte,  wenn  auch  ohne  erfolg, 
I  ountien  einen  hinterhalt.  Zwar  unfernahm  er  darnach,  namentlich  diw;h  krank- 
t  gezwungen,  vorläufig  nichts,  hielt  sich  vielmehr,  aus  furcht  vor  der  nacbsteUung 
inr  feinde,  auf  Sictingens  bürg  Dürmstotn  versteckt;  doch  gab  er  seiner  Stimmung 
c  dnrch  das  berühmte  lied:  Ich  habs  gewagt,  welches,  wie  dar  Verfasser  sieh 
idrttokt,  den  scliluss  der  höhezeit  in  Huttens  bhen  bSdet  Die  fehden,  die  das 
B  }»iir  von  herbst  1521—22  ausfällen,  sind,  wie  der  Verfasser  nachweist,  teile 
grossen,  von  Hütten  angekündigten  [ifafTenkrieges,  bilden  also  die  ansfühi'ung 
planes,  den  er  nach  dem  ausgonge  des  reichstagos  gefasst  und  verkündigt  hatte.  — 
I  nane  puhlicistisohe  tfitigkoit  arSfoete  sich  Hütten  in  seiner  Ltterarisuhen  hetei- 
1g  tu  dem  kriege  des  rittertums  gegen  das  fiirstanlum,  in  welchem  Siokin gen  die 
«mlle  ER  übernehmen  tüoh  entschloBS.  Hütten  verfasste  zunSohst  im  sommer 
i  dlB  gedieht  An  die  freien  reichsstadte,  welches  in  zwei  faasungen  erhalten  ist, 
denen  der  Verfasser,  entgegen  Strauss  und  Böcking,  die  kürzere  für  die  urapriing- 
I  etkUUt.    Mit   diesem    gedicbte    musle   bisher  jede   daretellong  über  Hutteos 


428  MATTHIAS 

deutsche  Schriften  abbrechen.  Der  Verfasser  kann  sie  nun  zu  einem  abschloss  brin- 
gen, nachdem  es  ihm  gelungen,  das  verloren  geglaubte  werk:  Ein  gegenredt  usw. 
(s.  113  fg.)  widoraufzuiinden.  Die  Schrift  ist  für  Huttens  rechtsstandpunkt  sehr  bezeich- 
nend. Pfalzgraf  Ludwig  hatte  einen  diener  Huttens,  der  im  auftrage  seines  herm 
mehrere  übte  überfallen  hatte,  als  strassenräuber  hinrichten  und  Huttensches  eigen- 
tum  auf  pfölzischem  grund  und  boden  confiscieren  lassen,  also  getan,  wozu  er  als 
landesherr  nicht  nur  berechtigt,  sondern  verpflichtet  war.  Hütten  sucht  nun  in  jener 
Schrift  das  recht  der  Selbsthilfe  zu  verteidigen  und  den  pfalzgrafen,  einen  der  besten 
fürsten  seiner  zeit,  als  ty rannen  hinzustellen  (daher  auch  der  nebentitel  des  buchos: 
libellus  in  tyrannos),  der  die  froiheit  Deutschlands  vernichte  usw.  Damit  schliesst 
die  inhalt-  und  resultatreiche  abhandlung;  es  ist  ihr,  wie  schon  im  eingang  der 
besprechung  hervorgehoben,  gelungen,  mit  ziemlicher  Sicherheit  nachzuweisen,  warum 
Hütten  in  den  verschiedenen  phasen,  die  seine  politischen  und  religiösen  anschauun- 
gen  durchgemacht  haben,  so  gehandelt  hat,  wie  er  es  getan,  und  nicht  anders;  mei- 
ner meinung  nach  aber  wird  durch  sie,  wenn  auch  nur  indirekt,  auch  ein  zweites, 
und  zwar  mit  fast  noch  grösserer  Sicherheit,  als  das  erste,  erwiesen,  nämlich  die 
richtigkeit  des  bisher  über  Huttons  persönlichkeit  und  Charakter  geltenden  urtoilesi 
dass  ihm  zum  reformator  oder  auch  nur  zum  gehilfen  der  reformation  die  rücksichts- 
lose eutschlossenheit  gefehlt  hat,  das  einmal  als  richtig  erkanto,  unbeirt  durch  hin* 
demisse  und  einflüsse  irgend  welcher  art,  durchzuführen,  ebenso  wie  die  klarheit  de&. 
blickes,  zur  durchführung  die  rechten  mittel  zu  finden  und  im  rechten  augenblickc^ 
anzuwenden. 

Anhang  I  erweist  vier  angeblich  Huttensche  deutsche  briefe  in  ßöckings  brief- 
samlung  als  briefe  von  Huttens  gleichnamigem  vater. 

Anhang  U  stelt  eine  behauptung  Kluges  (Von  Luther  bis  Lessing)  richtig,  als 
ob  Huttens  wendung  zur  deutschen  spräche  die  folge  einer  mahnung  des  buchdmckeiB 
Jac.  Eöbcl  sei. 

Die  nachlese  endlich  enthält  das  neugefundene  material:  I.  Brief  Ulrichs  v.  Hüt- 
ten an  Bernhard  y.  H.;  H.  Ulr.  v.  H.  an  den  kurfürsten  Friodr.  y.  Sachsen;  UI.  U. 
V.  IL  an  die  Deutschen  aller  stände  (lesarten);  IV — VL  Spengler  an  Pirkheimer; 
Vni.  (soll  heissen  VH.)  H.  an  Luther  (losarten);  IX.  Conz  Leffel  (ged.);  X.  Mumor, 
Von  dem  deutschen  adel;  XL  H.  an  die  familie  v.  Hutton;  XII — XXI.  Briefe  Sickio- 
gens,  Roberts  von  der  Mark  usw.;  XXII.  Gegenrodt  oder  ausschreiben  usw.  —  Am 
ende  2  bibliographische  bemerkungen. 

BUBO   BEI  HAODEBÜBO.  1.  MATTHIAS. 


Schriften  zur  germanischen  philologie,  herausgegeben  von  dr.  Max  Roedlfer. 

V.  hoft:  Deutsche  Schriften  des  Albrecht  von  Eyb,  herausgegeben  und 
eingeleitet  von  Max  Herrmann.  IL  band:  Die  Dramenübertragungen.  Bac- 
chides.  Menaechmi.  Philogenia.  Berlin,  Weidmann.  1890.  XLTTT  and 
156  s.    7  m. 

Am  nei^jahrstage  1511  übergab  der  Eichstättcr  bischof,  Gabriel  von  Eyb,  der 
neffe  Albrechts,  das  von  diesem  druckfertig  hintcrlassene  manuscript  des  Spiegels  der 
Sitten  dem  domherm  Joh.  Huff  mit  dem  auftrage,  das  buch  „mit  allem  fleiss  zö 
übersehen  vnd  in  ain  gute  Ordnung  vnd  zö  end'^  zu  bringen.  Ende  September  des- 
selben jahi'es  erschien  das  work,  welches  ausser  dem  Spiegel  der  sitten  enthielt: 
comedien   Plauti   in   Menechmo   et   Baohidc  vnd  Philogenia  Vgolini.     Albrecht  voo 


Obkr  1 


<3ii 


hatte  drei  von  Ana  neiWDfgi'faiiileovu  flautas^oiDoeiüpn,  Menaechmi,  Baochldea, 
nlns,  1466  bei  d«in  professor  Balthasar  RaHimia  in  ?avia  gehört  uiid  aus  desBon 
,  ifair  ilnnth  vermitlung  eines  exemplnres  des  Antonio  Beccatdli  ans  Oraiuis 
t  stauitfl,  oigeohSudig  eine  abscluift  dar  drei  Glücke  angefertigt  Die  iiüuli 
lieti«  Bbschrifl  enthält  ausäerdeui  mehrei-e  neulateinische  uumödieii,  dainuitfi'  die 
oguiüa  des  Vgoliuo  PisaiiL  Nach  dieser  absoliiift  Btelto  er  1472  und  73  eins 
tni£UQg  der  Baocliides,  der  Menaoi:hmi,  der  Philogema  her,  weiche  <lio  vciiüe- 
t  ausgäbe  emeaert.  Seine  aibcit  ist  eino  Übertragung,  keine  Ubersot^uDg.  die 
etwa  streng  an  den  Wortlaut  der  vorläge  auscbläBse;  oft  bat  er  die  LTÜtuterimgeu 
»eine  beaibeitung  hineingezogen;  aus  dessen  vorlesuugeu  stammen 
1  aigumente  und  iahsltsBogabeo  des  ganzen  stücies,  sowie  die  ziüil- 
len  im  text  und  an  den  rändern  stobeuden  lateinischen  gtossen  und  schaben; 
,  sowoit  sie  auf  gestaltung  der  Eybschen  Übertragung  von  einiluss  gewesen 
,  ^bt  der  neuilruuk  b  aumerkungeo,  ebenso  die  abwelcbuDgen  des  Saainus-Eyb- 
1  taxtos  vou  der  2.  Hufloge  der  grossen  Eitscblsuhen  Fl&utusausgabe.  Aus  uiuer 
I  der  vorrede  zum  Spiugel  der  sitten,  an  welcher  sieb  der  verlasser  über  das 
n  der  Tüiuisehen  comödie  im  algomeiuea  auH^iiricht,  geht  bervor,  daas  er  als 
lag  zu  diesem  werke  nur  die  beiden  ^tüoke:  Menaeehmi  und  Fhilogeuia  geben 
tt;  die  Übertragung  der  Bocchides,  die  in  der  Alten  ausgäbe  (loa  beschlnss  macht, 
B  ab  älteste  im  ueudrucke  an  erster  stelle  steht,  ist  offenbar  erst  von  deui 
ittageber  HuS  aus  Eybs  nocblass  angefügt  worden.  Die  abkürxuiigen  des  alten 
s  aiud  meist  aufgelöst;  eine  tabelle  (s.  XXI  fgg.)  gibt  über  die  hauflgkeit  dir 
iiHi  auEtchlusa;  femer  ist  moderne  Interpunktion  ebgeführt,  endlich  sind  druck- 
Ur  verbessert.  —  Der  Spiegel  der  sitteii  (S)  bat  doo  neue  au&ago  nicht  erltibt; 
1  gibt  83  «ou  deu  tomÖdien  di'oi  widerliolungen ,  AI,  ein  Augsbuxgec  druuk 
i  jähre  1518  («u  den  btbhothekuu,  <üe  ihm  uach  s.  XXV  besitzen,  füge  ich  noch 
I  (ünilliüh  ätolbergsohu  in  Wernigerode);  A2,  eis  Steinerscher  nachdruck  davou; 
]  abdruuk  nacbS,  als  unhang  zu  der  1550  bei  Cyriaoo  Jacobo  in  Frank- 
orschieneoen  ausgäbe  von  Paulis  Schinipf  und  ernst  Indem  sich  der  heruus- 
I  Würdigung  der  Eybsch^n  verdeulächung  für  das  vorlezte  kapitel  seiner 
ngraphie  aubpait,  berichtet  er  noch  über  zwei  versuche  des  16.  Jahrhunderts, 
Ejrbscbeu  stucke  zu  erneuem.  1548  erscbien  von  Hans  Sachs:  Eine  oomeili 
iti  ...  heyst  Menechmo;  und  1552  omo  widerholung  der  Philogeoia  durch  Martin 
r  den  jüngeren.  Beider  Verhältnis  «ur  Eybsohen  vorläge  wird  eiuer  eiogohon- 
besprechong  unterzogen  (s,  XXVIH  — XXXV  und  XXXV  — XLIH).  —  Es  folgt 
I  auf  156  Seiten  der  aeudruck,  der  sich  für  die  Bacchides,  bei  wekbem  stück 
I  dachprüfong  erfolgen  kontc,  genau  erwiesen  hat  bis  auf  folgeode  stellen:  9.  3 
n  alten  druck  das  ich,  was  die  anmerkuug  als  fohlend  ergänzt;  14.  8  steht 
saudmck  i/eta»  für  geton  des  alten;  28.  17  ist  eine  zeüe  übergangen:  Nach: 
..  ist  nicht  das  mein  feinde  lentü?  steht  im  alten  drucke  noch:  deu  ich  da 
LentE.  ja  es  ist  cntz.  Entz.  ja,  es  ist  mein  feind  leutz;  53.  2  steht 
alten  dniok  pöss  (ndr.  poss);  59.  2  ist  naub:  überreden  ausgefallen:  Baohia 
ee  mit  mir  hinein  vud  strafe  deinen  sun  nach  deinem 
vonn  mir,  du  vergifftes  weybe.  —  15.  19  fehlt  wol  nach 
1  und  16.  29  nach  tecn  nin  fragoEeiaheu,  nach  nu,  24.  7,  ein  knmma;  ÖO.  12  ist 
D  Ar,  53.  14  y«  in  jm  stÜsebweigeud  verbessert;  44.  30  ay:  solte  dna  iijuht  eiu 
BT  des  alten  druckos  sein  für  sieh'^ 

Bum  Bii  MAOiiRBuiio,  ■.  Kiknaua. 


tat  lie 


XwchUttee  zu  den  „Luthei-ana^^  in  dieser  seitsthrift  (a.  30- 

1)  a.  n5.  D&ntaffo.  —  nerr  ilr.  Schlütter  in  Darjial  macht  niL-li  aubnerksun 
auf  den  au&aU  vun  P.  MJtKscKko  ^das  UnifaTchen"  in  doc  Ztsohr.  l.  ili.<ut8cli<i  hultui- 
gMohiiJite  (utiue  folge)  bd.  II  (Rorlin  1892)  s.  259  fg^  loh  eatnohmv  aiM  ilL^nuHllno 
in  kürca  folgcudos.  Eine  wirkliche  affenort  unter  liiesom  noraen  gibt  rs  niaht  Üit 
wort  aber  ist  joxt  noub  im  gebrauch  in  einigen  Büuhsischen  gegetiden  I.  tun  apM- 
leug  —  boi  den  händlem  (Springkästchen",  ,  springtonfel '  —  kleine  kobo1<lart)g* 
ßgorsa,  welche  inaanunongeprosst  in  einem  kästeben  hocken  und  liabD  lockern  -Ib 
vorscblnsses  durch  eine  feder  in  die  höhe  schnellon.  Noch  vor  100  jähren  gehün« 
das  tautätcheu  in  den  twlnstigiuigen  des  sächsischen  faore»  und  befand  sieh  anter  den 
Biilttka,  welche  im  lustschloase  Pillniz  vorhanden  waren;  2.  als  kosewort  (^»r  »ueh 
in  spöttisuhein  sinne)  für  kleine,  schön  angexogene,  drollige  jiersonen,  ln%t«aciit4em 
kindcr.  In  Dreeden.  Tergau,  Leipzig  sagt  man  r.a  einem  sok-hea  kiudo  ,dD  kleinee 
tantaff^hen ',  „da  sitzest  da,  wie  ein  tantSfchon".  3.  In  Btlicheii  sUidten  winJ  ui 
markten  ein  geliäok  unter  dieaem  namen  Teilgebotän,  von  bestirntem  t«ig  gebacken. 
Ulis  4  runden,  aneinander  hängenden  stücken  bestehend  —  rielleicht  ein  ront  ahhaid- 
iiisoher  kullur,  d.  h.  eine  ruhe  naclibilUnng  hoidnisohor  heiliger  tiere,  wie  ee  d#r" 
Ursprung  auch  anderer  noch  jezt  gebi^Ufblicher  backwerke  ist.  —  Für  das  ,taut^ 
Uge  am  nSflhateii  das  woft  „tanto",  welohoa  mundartlich  nocli  in  der  gugead  *c^ 
Saatfeld  und  Rudolsladt  gebraucht  wird,  und  sich  auch  im  isl&ndisdicn '  als  Barnim 
und  im  englisoben  als  diiady  vorfindet  =:  unbebolTene,  geistig  xurückslelipnde  inxnn»-- 
(leraon.  Dti8  mittel-  und  niiiderdcutni-he  ,.dat,  dutohen'  f^  ein  niedliche«  kJnnes 
kind,  Ircsse  sich  mit  dem  kosewort  „tnutfifcheu*  insammen stellen.  ICtuwlike 
tot  aber  folgenden  iirs|>rang,  .Taut*  künte  eine  besohOnigendi 
smn.  Oder  es  koote  darin  dsssi-dbe  wort  stecken,  wie  in  dem  eDglimhen 
»oblafle  kopfbedeckung,  nachtmütze.  Damit  kllmen  wir  Mif  Wodan.  B«i^ 
ütindiges  abdeichen  der  lilzhut  „  TautHfchen '  vrftm  =  teixtel  mit  dam  hx 
spiebeug  mit  dem  plötzlich  hervorspringenden  kohold  wllre  ein  abhtld  des 
tos  Wodau,  der  nnveisehens  mit  seinem  wütenden  beer  (d.  h.  'WodaudiMT)  dn 
roeuHohun  fibernut  Die  Qubige  bcUcidung  der  llgur  entspricht  dem  blauen,  boal- 
gespreukelten  mantol  Wodans.  Die  Übertragung  auf  lubbafte  kinder  und  gnxiert  tut 
tretende  (lerBOnen  ergibt  vch  von  selbst  &nch  der  mylhologisdte  ure|irung  4m 
gebScks  erklärt  sich  so,  wie  bei  manchem  audetun  gebicke,  k.  b.  ChriststnUen. 
Mitzschke.  —  Luther  sellier  hat  an  diesen  Ursprung  oatürlich  nicht 
ist  der  dautafie  eben  ^  narr,  oder  =^  maulaffe.  So  findet  sich  bei  üiin 
hauptwort  lulaffe  und  das  xeitwort  lulaffen  26,  125  (KtL 
menohler  zn  Dresdon  t.'ill)  ,Was  ist  nu  gesagt,  du  lieber  lülafle;  wo : 
rischeu  empörten  usw,'  —  kuri  vorber  heisst  es:  Lieber  Hansworst,  wai 
nicht?  ~  10,  Ü7I  (Kirvbenpost.)  .si«  mögen  lulafTen  und  alfenxou,  was  i 
LoUaife.  nach  Heyne  in  Orimm,  Wb,  =  kindisch  dammer  menstdi  — 
I.aUe  — ,  von  lullen,  saugen,  wie  ava  kjod  an  der  bruEt 

2)S. -IS.  Hatthiasch  —  Matthiaske.    Herr  prof.  dr.  Gideon  Pata  in 
teilt  mir  mit.  dass  Luthen  Bchreibuag  Matthiasch  der  ungansefaon 


WSCELLEN  431 

Wortes  onlspricht  [oDgarisch  MÄtyÄs  —  apriuh  Mätiftsch],  und  dnsa  dieser  umstand  wo! 
«n  beweis  dessen  sei,  dass  unser  reformator  den  namen  des  ungariscbeu  konigE  nicht 
aus  büohem  und  Schriften,  soodöm  auch  aus  der  lebendigen  spräche,  vom  hören- 
BBgen,  gefcant  haben  mochte  —  moglichenveiso  aus  dorn  oinnde  der  ungartäadischen 
Btudierendeu ,  deren  es  damals  in  Wittenbei'g  eine  nicbt  uiibüdcutende  anzahl  gab. 

3)  S.  5S.  schwilch  ist  nur  andere  form  =  schwelli,  landstibartliuh  ^  welk. 
Bohmeller  Et,  632  si-hwelk,  schwelch,  welfc:  müibe,  gebeugt;  schwolkeu,  »cliwel- 
^en  =  welken;  schon  mhd.  Mwrlhen  und  ahd.  nielfMn  =  martere.  Oraff,  Altbochd, 
^rachschatz  VI,  876. 


NotiE  ZD  Tfttlan. 


Wann  E.  Wonderllub  oben  s.  369  findet,  (lass  aich  in  dem  fehlen  einer  eingeheo- 
den  syiitaktiRch-RtilistiBoben  Untersuchung  „eine  gewiase  eiaseitigkeit  neuerer  beraus- 
^bcr  um  so  greller  widerspiegelt,  je  mehr  sicli  sonst  die  schliffe  verfeinert  babeu", 
tat  er  offenbar  meine  angäbe  s.  LXXIV  ontfin  üboraeheo,  wo  zu  lesen  ist,  daas 
gewünschte  unteisucbung  demnächst  von  ajiderer  aelte  vorgelegt  werden  wird. 
Pleae  untersuch ung ,  von  herm  Carl  Dietz  ans  Coburg,  war  benuts  in  angriff  genom- 
ehe  ich  meine  neubearboitnng  begann.  Sie  hat  mir  inzwischen  als  dissci-tation 
iforgelegen,  uud  ein  erster  teil  (das  Verhältnis  der  Übersetzung  zur  Itala  betreffend) 
wird  demnächst  im  druck  erscheinen,  während  die  stilistischen  partien  später  iu  den 
„Beiträgen"  folgou  sollen.  £s  ist  vielleicht  nicht  überflüssig,  hieran  i 
damit  nioht  etwa  jemand  durah  Wunderlit-hs  erürterungeu  dazu  angeregt  werde, 
arbeit  nochmals  zu  machen,  die  bereits  getan  ist. 

LEtpziB,  13.  JUNI  issa.  1.  srnrnis. 


Beriebtl^iuig'  z 


1.258,  IC  fg. 


Übersehen  wurde,  dass  das  blatt.  als  es  sich  noch  im  besitze  von  herm  A.  Cohn 
1  Berlin  befand,  im  Ooetho-jabrbuch  VJII,  143  als  ein  „fragmeat"  Goethes  gedruckt 
fwonlen,  und  da.ss  ich  (vgl.  daselbst  IX,  248)  bemerkt  habe,  die  i-erso  seien  aus 
i  ,Graf  I.irmagnala"  I,  2  übersezt,  was  ihre  zeit  näher  bestimt.  Mich  irte 
SS  das  blatt  ans  Schellings  besitz  stamt,  der  es  spat  erworben  haben  muss. 
I  Weimarische  ausgäbe  hfitte  im  vierton  bände  diesen  veranch  unter  den  über- 
9  Manzonis  dramen  bringen  müssen,  obgleich  das  blatt,  wie  so  man- 
ches, sich  aus  Goethes  eigentiicheni  nachlass  verloren  hatte  und  anoh  in  neuester 
Kflit  für  das  archiv  nicht  gewonnen  worden.  Aaffatlend  Ist  es,  dass  die  In  demselben 
gofandenen  Übersetzungen  aus  Maturiua  nBertram*^  nachträglich  im  elften  bände  unter 
der  abteiluQg  ,Aus  fremden  sprachen*  ^s  „dramatische  bruehBtücke "  stehen.  Ich 
habe  die  betreffenden  verse  naoh  einer  absohrift  des  jetzigen  beaitzera  gegeben.  Eine 
TBtgleiohung  wird  ergeben,  ob  Schelliugs  band  die  Verbesserung  ,Daa  entschied  den 
'  machte,  was  bei  der  jext  feststehenden  späten  zeit  des  btattea  sehr  onwahr- 
I  ist  Naoh  Cohu  hat  Goethe  die  werte  mit  bleistift  an  den  rechten  rand 
ieben,  Schelling  hat  nur  seinen  namen  ab  besitzer  rechts  am  rande  angebracht. 
kSlh,  am  20.  JUKI  \im. 


432  NEUE  EBSCHEINtrNOSN.   —   NACHRICHTKK 

NEUE   ERSCHEINUNGEN. 

Germanistisehe  abhandlungren  zum  70.  goburtstage  Konrad  von  Maurers  dar- 
gebracht.   Göttingen,  Dietrichsche  Verlagsbuchhandlung.  1893.    VIII,  554  s. 

Inhalt:   W.  Golther,    zur   Faereyingasaga.  —    K.  Lehmann,    das  bahr- 
gericht.  —   Derselbe,   kauffriede  und  friedensschild.  —   Ph.  Zorn,    die  staats- 
rechtliche Stellung  des  preussischen  gesamtministeriums.  —   Björn  Magnussen 
Olsen,  sundurlausar  hugleidingar  um  sijomarfar  Islendinga  k  |>j6dveldist]manum.  — 
A.  Petersen,   om   indmaning  i  Danmark   indtil  Christians  V.'s  Danske  lov.  — 
0.  Brenner,  die  Überlieferung  der  ältesten  Münchener  ratssatzungen.  —  C.  Ga- 
reis,   bemerkungen  zu  kaiser  Karls  des  grossen  Capitulare  de  villis.   —    V.  A. 
Secher,  nogle  meddelelser  om  skurdsmsend  eller  skursnaevninger  og  om  udmspl- 
delsen  af  ransnaevninger  pä  landet  i  Jylland.  —    E.  Hertzberg,  len  og  veizla  L 
Norges  sagatid.   —    F.  Dahn,    zum  merovingischen   finanzrecht.  —    E.  Mayer,, 
zoll,  kaufimuischaft  und  markt  zwischen  Rhein  und  Loire  bis  in  das  13.  jahrhun — 
dert  —   Finnur  Jonsson,   um  |)ulur  og  g&tur.  —    Valt^r  Gudmundsson^^ 
manngjöld  -  hundrad. 

Kaspars  Ton  Nostiz   haushaltungsbuch   des   fürstentums  Preussen.     1578 
Eiu  quellenbeitrag  zur  politischen  und  Wirtschaftsgeschichte  Altpreussens.    Im  auf — 
trage  des  Vereins  für  die  geschichte  von  Ost-  und  Westpreussen  herau8gegebei= 
von  Karl  Lohmeyer.   Leipzig,  Duncker  &  Humblot.  1893^    LXXX  und  421  s. 

Nicht  nur  als  geschichtsquelle,  sondern  auch  sprachlich  vielfach  intere6saot= 

TrSg^r,  J.,  rector  Manso  im  xenienkampfe.  Aus  der  festsohrift  zur  250jäh  - 
rigen  Jubelfeier  des  Magdalenengymnasiimis  zu  Breslau.  Breslau,  E.  Morgensten^Mi 
1893.    25  s. 

Kettner,  G.,  über  Lessings  Emilia  Galotti.  Gratulationsschrift  für  St.  Afra.  Nanim.  - 
bürg  (Schulpforta).  1893.    S.  5  —  32. 

Lambel,   Hans,    zur  Überlieferung   und   kritik   der   Frauenehre   des   Strickcrc». 
Abdruck  aus  „Symbolae  Pragenses''.    Prag,  F.  Tempsky.   1893.    4.     S.  82— 94. 

Riehemann,  J.,  die  dichtungen  des  Osnabrücker  dichters  Broxtermann 
[geb.  16./6.  1771,  f  14./9.  1800  zu  München;  vgl.  Goedeke»  s.  1112 J.  Abdruck 
au.s  den  Mitteilungen  des  historischen  Vereins  zu  Osnabrück  XVII,  l.  1893. 
S.  71  — 164.    Mit  büdnis. 


NACHRICHTEN. 

Am  3.  juni  verschied  zu  Magdeburg  der  geh.  regierungsrat  dr.  Albert  Schulz 
(San  Marte)  im  92.  lebensjahre  (geb.  zu  Schwedt  a/0.  18.  mai  1802).  Die  Zeitschrift 
betrauert  in  dem  verewigton,  der  als  gelehrter  namentlich  durch  seine  forschungen 
zur  Artus-  und  gralsago  und  seine  eng  damit  verbundenen  arbeiten  über  Wolfram 
von  £schenbach  einen  hochgeachteten  namen  sich  erworben  hat,  einen  ihrer  iltetiten 
mitarl^eiter. 

Dr.  H.  Wunderlich  in  Heidelbei^  wurde  zum  ao.  professor  emant 

Der  auTserordentl.  professor  dr.  Philipp  Strauch  in  Tübingen  wurde  in  glei- 
cher oigenschaft  au  die  Universität  Ualle  berufen. 

Au  der  Universität  Breslau  habilitierte  sich  dr.  Otto  Luitpold  Jiriczek 
für  germanische  philologie,  au  der  univei-sität  Gielsen  dr.  J.  Co  11  in  für  neuere  litte- 
raturgesehichte. 

Halle  a.  8.,  Bnchdrockerei  des  Waisenhauses. 


DER  NIBELUNGENlIANDSCHElIT  B. 
In  einer  früheren  abliandlung  dieser  Zeitschrift  (bd.  X_X,  217  fg.) 
tbe  ioh  über  das  verliältnis  der  phisstrophen  der  Nibeliingeuhand- 
:hrift  B  zum  ^iteearnttext  geliandelt  und  aus  dem  nachweis,  dass  die 
lehrzfthl  derselben  aus  dem  niaterial  des  übrigen  gedichtes  zusammen- 
esetzt  ist,  den  Rcliluss  gezogen,  dass  sie  jüngere  zusätze  sind.  Dafür 
ie  beurteilung  der  beziebungen  der  gesamten  hauptredaktionen  unter- 
linaader    gerade   die   auffassnng    dieser    stropbea    von    entscheidender 

eiitUDg  ist,  so  soll  im  folgenden  ein  weiterer  beitrag  zu  ibrer  kri- 
k  geliefert  werden.  Wenn  bierbei  manclie  sclion  längst  bekante 
Bobechtungen  widerholt  werden,  so  mag  die  rücksicht  auf  den  zusam- 
lenhang  nud  die  algemeinore  Verständlichkeit  dies  entschuldigen. 

Ich  sehe  davon  ab  atrophe  für  stropbe  der  reihe  nach  diircbzu- 
ehen  und  jede  einer  oinzelprüfung  zu  unterwerfen.  Mehr  als  ein 
olches  verfahren  dürfte  vielleicht  eine  zusammenfassende  belrachtiing 
lacb  algemeinen  gesicbtsp unkten  ein  urteil  über  den  Ursprung  und 
cbaraktor  dieser  Strophen  ermöglichen.  Hieibei  ist  es  nun  nicht  meine 
ibsJcht  möglichst  zahlreiche  ausgangspankte  Zugewinnen;  fürdiesaclie 
idttrfte  es  zweckdienlicher  sein  eine  auswahl  von  besonders  in  die  äugen 
fallenden  erscbeinungen  zu  treffen. 

Auf  eine  art  der  beurteilung,    die   man   bisher  gern  angeweudot 

it,  werde  ich  jedesfalls  verzichten.  Das  ganze  Nibelungenlied  ist,  in 
einigen  teilen  mehr,  in  anderen  weniger,  durchsetzt  von  überflüssigen, 
nnbede Uten  den  und  schlecht  stilisierten  Strophen.  Bei  einigen  lassen 
sieb  30gar  widereprüche  mit  anderen,  insbesondere  besseren  teilen  des 
Nibelungenliedes  nachweisen.  Ich  denke  hierbei  selbstverständlich  zu- 
nSchst  an  die  „unechten"  Strophen  Lachmanns.  Üass  nun  die  pluss- 
strophen  in  B  zum  allergrösten  teil  überflüssig,  oft  inhaltlich  unbedeu- 
tend und  gehaltlos,  zuweilen  auch  in  der  form  tadelnswert  sind,  ist 
Ton  denjenigen,  die  ihre  echtheit  vertreten  haben,  zugegeben,  z-  b. 
Tun  Holtzmann'  und  Wislicenus  *.     Mag  man  aber  auch  über  den  weJt 

1)  ITuters.  übet  d.  Nib.  a.  6  fg. 

2)  Boiträge  z.  Nib.  in  Baitsoh  Oerraau.  stud.  II  b.  20  fe. 
amciiiurT  r.  deutschi  pmiuii.ogik.    bu.  xivi,  28 


oder  unwert  der  Strophen  viel  schärfer  urleilen  wie  dioaf  ihre  Teitei- 
diger,  die  bei  ihnen  alles  von  der  günstigsten  seite  anzusehen  guuStt^t 
sind,  so  ist  docli  mit  allen  solchen  aiissetzuii^n  zunächst  noch  nichts 
gewonnen.  Ja  eine  solche  überwiegend  Ssthetische  kritik  wUrde  aJdi 
sogar  zur  rettung'  der  Strophen  anwenden  lassen.  Denn  warum  sötte 
üin  Schreiber,  der  sich  vielleicht  auch  seine  arbeit  etwas  beniaeitj 
machen  wolto,  hei  oiner  fülle  wertloser  Strophen  sich  nicht  dazu  rot- 
schlössen  haben,  diejenigen  zu  übergehen,  deren  weglassung  den  ziian- 
menhang  nicht  störte?  Gerade  Lachmanns  viertes  und  fünftes  lied  tut 
besonders  reich  an  „interpolationen",  d,  h.  geringwertigen  mtrojdHia; 
und  gerade  auf  diesen  teil  komrot^n  55  von  der  gesamtzahl  der  63  pln*- 
strophen.  Freilich  dürfte  ein  so  verfahrender  Schreiber  nicht  so  gedw- 
keulos  und  aerstreut  gewesen  seiu  wie  nach  Burtschs  urteil  der  recU- 
tor  A,  der  es  nicht  merkt«,  wenn  sein  äuge  von  einem  rerse  in 
dem  älinlich  lautenden  einer  anderen  stroplie  über  mehrei«  iteitei 
hinüberirte'. 

Also  man  kann  soweit  gijhen,  dass  man  behauptet:  die  plastiQ- 
pben  sind  aSmtlich  entbehrlich,  sachlich  und  formal  Kehr  minig.  ji 
zum  teil  entschieden  schlecht  —  und  dennoch  kann  man  mit  dta« 
behauptung  ihre  Zugehörigkeit  zu  der  ältesten  uns  vorliegenden  Ubtff- 
Ueferung  nicht  verneinen. 

L     Der  Inhalt. 

Ein  grosser  teil  der  Strophen  trägt  in  der  beschreibung  des  gogeo- 
ständlichen,  des  aussehens  der  personen,  der  beschutfenheit  der  vnSoi 
und  kieider,  in  der  Schilderung  konventioneller  Vorgänge  einige  WCtÜf^ 
oft  recht  ausdruckslose  zttge  nach.  Oder  es  werden  Situationen  wdW 
aiisgi'malt  tlurch  genauere  angäbe  einzelner,  gewöhnlich  sobr  nnW^ 
geordneter  und  gleichgiltiger  momente;  es  wirtl  hierbei  die  beteiligUDI 
der  handelnden  personen  hervorgehoben  durch  ihnen  in  den  BWM 
gelegte  belanglose  reden.  Oder  es  werden  reden  und  handlungeo  "»> 
bereitet  und  verknüpft  durch  reden,  die  zuweilen  eine  gesuchte  nn»*"* 
vierung  geben,  meistenteils  aber  nichts  weiter  beibringen,  als  wa»  J" 
leser  sich  selbst  sagen  kann.  Einige  Strophen  enthalten  aach  nV 
reflexionen,  die  ebenso  überflü^ig  wie  störend  sind. 

1.  Die  erste  frage,  die  an  uns  herantritt,  vrürde  sein:  komtisi 
in  diesen  so  beschaffenen  stniphcn  Widersprüche  der  art  vor,  daas  wi' 
ans  ihnen  auf  eine  abweichende  auffassung  und  demgemitss  auf  uineD 
anderen  Verfasser  schliossen 


1)  unters,  ülwr  d.  Nib.  a  3 


rfüfe 


nuBsnopsn  am  mBELUNantHS.  b  ©5 

Durchaus  berechtigrt  erscheinen  beim  ersten  blick  die  verae  338, 
12.  Siegfried  erklärt  auf  Giinthers  frage  eine  zahlreiche  beteiligung 
bei  der  fahrt  zu  Brunhild  Für  zwecklos  und  für  allein  angemessen  eine 
fahrt  zu  vieren.  339  gibt  er  diese  vier  teilnehmer  an.  Wenn  nun 
•ber  vSiegfried  338,  5—7  sagt  swie  ril  wir  volkes  füeren  —  dw 
fnäeaen  doch  ersterben,  so  widerspricht  dieser  bedächtigen  yoreicht  die 
kecke  Zuversicht  339,  4  tüscnt  man  mit  strite  geturren  nimmer  nns 
(»ier)  besldn  (ttns  endurfen  ander  täsejit  m.  s.  n.  b.  B.).  Und  doch 
fcitt  diese  verschiedene  autfassung  des  Charakters  und  der  Verhältnisse 
nicht  so  störend  hervor,  dass  sie  etwa  «inen  Schreiber  zur  weglassnng 
bestirnt  haben  könte.  Diese  kritik  betrift  freilich  zunächst  nur  338, 
i;  da  sowol  Konr.  Hnfniann'  wie  v.  Muth'  nicht  abgeneigt  sind 
für  338,  9  — 12  einen  ausfatl  in  A  an^.unehmen,  so  trage  ich  noch 
bedenken  sie  auch  auf  diese  str^iphe  auszudehnen. 

Nachdem  die  ankunft  und  der  empfang  ßunthers  und  seiner  genos- 
sen in  Brunhilds  bürg  erzählt  ist,  beisst  es  weiter: 

392,  5   I)u  wart  vrowen  Prünhilde  gesaget  mit  maereji, 
dax  tmkunde  recken  da  körnen  waerm 
in  h&ltcher  loaete  gevloxx&i  ilf  der  fluot. 
dd  von  begundf  vrägeti  diu  maget  sc/ioene  ufide  gtwt. 
Was  soll  hier  die  in  der  form  an  1D53  erinnernde  umständliche  ankiin- 
digußg  und  anmeldung  der  gaste  durch  die  dienerschaft?     Alles  hat  sich 
ja  in  die  fcnster  gedrangt  und  den  fremden  in  fast  unziemlicher  weise 
seine  aufmerksamkeit  zugewendet;    schon   hat  man  sich  über  die  gaste 
längereu  unterhalten,    denn  soweit  nähert  sich  das  schiff  der  bürg, 
auch  von  den  ankommenden  die  mit  den  anderen  frauen  oben  in 
den  fenstern  stehende  Brunhild  erkant  werden   kann!     Der  redaktor  B 
bat  hier   offenbar  den  bei   den   besuchen   in  Worms   (80  fg.    1115  fg. 
1370  fg.)    sich     stets    widerholenden    vorganp    einschalten    zu    müssen 
geglaubt,    ohne  zu  bedenken,    dass  dort  jedesmal   die  Situation   eine 
^anz  andere  isL     So  ist  z,  b.  80  fg.  Siegfrieds  ankunft  in  der  bürg  selbst 
so  vrenig  bekaut  geworden,  dass  Günther  erst  nach  Hagen  schickt  und 
dieser  dann  vor  ihn  mit  der  frage  tritt:  tcaz  stn  der  künie  icolde. 

Fast  überflüssig  könte  es  scheinen,  auf  die  bereits  mehrfach  he- 
aprochene'  merkwürdige  stelle  432,  5  —  8  einzugehen,  wo  Siegfried 
mit  dem  umgekehrten  ger  auf  Brunhild  schieset     Doch  gibt  die  stelle 

1)  ZoT  textkritik  der  Nib.  b.  6. 

2)  Eni.  io  die  Nib,  s.  127. 

3)  Von  Müllenboff,  Z.  gesch.  d.  N.  N.  i 
stschr.  XXU  ä.  465. 


02;  noch  kürKÜcl  vou  Martin  in  diespr 


'.  tribe  drr 

übcnfli^n 


49S  URtinn 

einen  so  schlnguDden  beweis  der  unochtheit,  enthält  einfln 
widerBpnich ,  das«  man  immei'hin  ^ut  tut  ihn  sich  in  seinen 
2u  verdeutliclten.     Nicht  der  nämliche  dichter   kann   znerst  sagen 
achöx  da  hin  widere  des  starken  Sifrides  iumt  (432,  4)   und   dtmul 
Er  däkie,    ich  lüil  niht  schiexen  usw.    (432,  5  fg.).     Nur   der  dichtf-r. 
der  die  schneide  dos  geres,  nicbt  der,  der  das  stumpfe  ende  aufprallen 
Hess,  konte  fortfahi-en  Dm  fiwer  sloup  üx  ringen,  als  ob  ex  tribe  drr 
vnnt   (433,  1).     Dass  also  432,  5  —  8   zugßsezt  ist,    steht  ausser 
zweifei.     Wie  unglauhltch  gedankenlos  aber  dieser  ziisutj;  gomi 
verdient  doch  noch  hervorgehoben  zu  werden.     Brunbild  trügt 
schJld,   und   was  für  einen!     Das  hat  der  redaktur  B  ganz  Ul 
Jh  er  bat  nicht   einmal    das   allernäcliste   mit   einiger   aufmerknanilieit 
abgeachricben,  sonst  hätte  er,  nachdem  er  431  Des  starkni  ijfres  sntdc- 
at  durch  den  schilt  gebrach,   dax  man  dax  (iwer  laugen  äx  den» 
ringen  sack  gelesen  hatte,  sich  doch  die  fra^  vorlegen  luUäsou,    wie« 
denn  das  stumpfe  ende  durch  den  bünenschild  BnioliildB  liütte  di 
kommen  sollen. 

637  spricht  Siegfried  seinen  eutschluss  auä,  die  heimreise 
treten:  liep  was  ex  sinem  wibe,  iti'i  et  diu  vrowe  rt-hte- ervant. 
dem  äussert  sie  637,  6  dax  ich  so  tiarle  gühf,  dax  heix  ich  tvot 
mir  Silin  e  mtne  brüeder  teilen  mü  diu   lant.     Wa»  sie   637   erfrenl, 
ist  nicht  die  ausBiobt  auf  die  abreise  überhaupt  (die  versteht 
selbst!),  sondern  nur  auf  den  baldigen  aufbruch;  mit  dieeer  ihrer 
verträgt  es  sich  also  nicht,  wenn  sie  gleichzeitig  zum  au^hub 

Nicht  folgen  möchte  ich  &tüllenhoff  in  der  beurteilung  einer 
der  er  ein  ganz  besonderes  gewicht  beilegt  1614  hat  Volkor  an  Rö- 
deger  gesagt:  wenn  ich  ein  fürst  wäre  und  kröne  trüge,  wünacbte  idi 
mir  eure  tochter  zur  gattin.  1615  darauf  Gornot:  auch  ich  möcbte 
sie,  wenn  ich  freie  wähl  hätte,  gern  nehmen.  1615,  5 — ^8  Büdegw: 
wie  sollte  ein  könig  dazu  kommen,  meine  de«  elenden  tochter  heiratM 
^^^^^L  2U  wollen?  Als  aber  darauf  Hjtgen  sie  als  braut  für  Giselher  empGt^l 
^^^^^B  1616,  ist  Rüdeger  Über  diesen  Vorschlag  hocherfreut  1617.  Ütu"  wider- 
^^^^r  eprucb  zwischen  der  1615,  5  —  8  ausgesprucheueu  zughalt  bescheidenen 
^P  zorückbaltnng    und  der  freudigen    zusage    1617   gehört  zu   denen,   du 

H  man  sich  gefallen  lassen  kann;  wenn  es  überhaupt  ein  Widerspruch  ift 

^1  und  niclit  vielmehr  ein  solches  umschlagen  der  durch  Volkera  hyp»- 

^1  thedsche  bemerkung  hervorgerufenen  Stimmung  beim  eindruck  dw  W- 

^P  sächlich  sich  darbietenden  glütJies  als  natürlich  erscheint     Setbstrcr- 

^V  st.tndlich   soll    mit   diesen    einwenduugen    nicht   gesagt   sein,   «Iws   dil 

■  Strophe  echt  sein  mUste. 

^^ - 


437 

An  diese  Widersprüche  einfacherer  ort  schliessen  sich  einige  ans- 
fUhrungeti,  in  denen  der  Verfasser  der  plusstrophen  eiiie  eigentümliche 
Vorliebe  füi'  gewisse  züge  zeigt  und  diese  mit  einer  umständlictiteit 
behandelt,  die  Verwicklungen  mit  dem  Inhalt  des  gemeinsamen  textes 
herbeiführt 

2.  Hierher  gehört  vor  allem  eine  mehrfach  hervortretende  neigung 
den  gegensatz  von  schein  und  Wirklichkeit  möglichst  klar  zii 
machen.  Dieser  gegensatz  ist  vorhanden  in  Siegfrieds  dienstbarkeit 
gegen  Günther  und  seinem  sieg  über  Brunhild.  Und  beidemal  handelt 
es  sich  um  eine  täuschung  Briinhilds. 

Seinen  genossen  gegenüber  betont  Siegfried  aufe  nachdrücklichste, 
(lass  er  Günther  durchaus  nicht  zu  irgendwelchen  diensten  verpflichtet 
Ut  Gleich  nachdem  er  sie  aufgefordert  hat  ihn  als  Günthers  mann  zu 
behandeln,  hebt  er  hervor: 

376,  5  Jane  lob  ichz  niht  sd  verre  durch  die  liebe  din, 
so  durch  dine  stvesier,  daz  scoene  magedin. 
diu  ist  mir  sain  min  sele  und  so  min  selbes  Hp: 
ich  vnl  dae  gerne  dienen,  dax  si  werde  min  wtp. 
Mit  stolzer  ablehnung  nimt  er  Günthers  bitte  um  ausrichtung  der  bot- 
flchaft  entgegen: 

499,  5  Des  ger  ich  an  iuch,  Sifrit:  nu  leistet  niinen  muot, 
dax  ich  ex  iemer  diene,  sprach  der  degen  guot. 
dfl  widerredete  ex  Siprii,  der  vil  kUfme  man, 
unz  dax  in  Ounther  sSre  vlegen  began. 
Umgekehrt  mnss  die  dienstbarkeit  Brunliild  gegenüber  sich  recht 
bandgreiflich  darstellen.     383,  5 — 16  wird  ausführlich  geschildert,  wie 
Siegfried  Günthern  als  Stallmeister  bedient,    und   der   Verfasser  schärft 
dabei  widerbolt  ein,   dass  Brunhild   und   ihre   trauen   dieses  alles  auch 
nirklich  sahen.  Dieses  bestreben  ist  nicht  aul  die  plusstrophen  beschränkt, 
Bondem  greift  auch  in  die  gemeinsamen  Strophen  hinüber.    B  geht  in 
ilier   darstellung   di«6es  dionstverhültnisses   über  A   hinaus.     In  A   wird 
£ser  375  noch  399.    401,  4.   402,  1   davon  gesprochen.     In  B  komt 
iBoch  dazu   400,  4  min  hirre   erldxet   dich  es  niht  statt   A  er  crläl 
'"  '   ain  niht.     Femer  401,  3  B  jd  gebÖt  mir  her  ze  vorne  der  recke 
getdti  :  mSht  ich  es  im  geweigert  hdn,  ich  hei  ex  gerne  verlän 
A  durcJt  dich  mit  im  ich  her  gevam  htm:  waerer  niht  min  herre, 
•4eh  hetex  nimmer  geUhi.     Man  sieht,  wie  der  Redaktor  B  sich  bemuhte 
r  saohe   einen  möglichst   scharfen    auadruck    zu   geben.     Nun    könte 
allerdings  auch  ein  schreiber  an   dieser  so  weitgehenden  Unterwür- 
figkeit des  haupthelden  anstoss  genommen  und  demgemiiss  abgeschwächt 


oder  geRtrichen  haben,  Waram  hat  er  dann  aber  nicht  376,  5- 
499,  5-7-8  stehen  iaason,  wo  ja  Siegfried  Ounthern  seine  unab&l 
keit  sehr  deutlich  zu  verstehen  gibt?  Und  dasa  wir  ea  hier  i 
znsatzen  zu  tun  haben,  dafür  ist  vor  allem  376,  5  —  8  entscheidend. 
Die  Strophe  ist  zunächst  an  ihrer  stelle  ganz  unhaltbar.  376  ist  mit 
seinem  reflektierenden  und  anticipiei-euden  inbalt  ein  scharf  marbiertfr 
BchiuBs,  wie  solche  am  ende  liedartiger  abschnitte  so  sutilrcich  sind, 
gewöhnlich  auch  zusammen  mit  der  Überschrift  der  neuen  avoDtian, 
Tgl.  z.  b.  3*23.  495.  Es  müste  also  376,  5—8  mindestens  an  37B 
angehängt  werden.  Aber  auch  das  ist  nicht  üulässig.  Der  anechlnn 
ron  376  au  375  ist  so  tadellos,  dass  man  sich  nicht  noch  etwas  doziri- 
schenstehendes  denken  kann,  und  weiter  hat  Siegfrieds  wort  jane  M 
ichi  keine  beziehung  auf  das  vorhergehende.  Was  er  seine  bereitet 
376  loben  küx,  ist  klar,  nämlich  immer  zu  sagen,  Günther  sei  sein 
herr  und  er  sein  mann.  Was  er  selbst  gelobt,  kann  nur  sein,  sich 
immer  wie  Günthers  mann  zu  benehmen.  Davon  ist  aber  noch  gar 
nicht  geredet  Es  schwebte  tiier  dem  redaktor  B  das  bild  vor,  das  a 
nachher  (383,  5  — 16)  auszumalen  gedachte,  und  unter  dorn  eioflntt 
dieser  Vorstellung  (lichtete  er  376,  5  —  8  hinzu. 

Mit  <üesen  Strophen  gehören  nun  eng  zusammen  dio  aus  deiBcl- 
bea  tendenz  erwachsenen  plusstrophen,  in  denen  die  andere  tüuschung 
Brunhilds,  die  unsichtbarkeit  Siegfrieds  und  der  scheinbare  sieg  Gon- 
tbeni  behandelt  wird. 

428.  5  —  8.  429,  5  —  8.  [Günther  erwartet  Brunhilds  wurf,  Sieg- 
fried tritt  heran  und  berührt  ibn.]  Erstaunt  umherblickend  fragt  sich 
Günther,  was  ihn  angerührt  hal>e.  Siegfried  giebt  sich  zu  orkt'uncn 
und  spricht  ihm  mut  ein:  [er  solle  ihm  den  schild  geben  und  di« 
arbeit  überlassen  und  nur  die  gebärden  dos  kämpfenden  machun;]  doch 
solle  er  niemand  von  dieser  täuschung  etwas  sagen ,  so  werde  dar 
königin  ihr  wnnsch  über  ihn  zu  triumpliieren  nicht  erfiilt  wordön.  - 
437,  5  —  8  enthält  die  Versicherung,  dass  man  nach  dem  warf  DBd 
dem  Sprung  nur  Günther  sah  und  dass  Siegfrie<l  ihn  gerettet  hotia, 
dazu  eine  bemerkung,  die  zu  Brunhild  überleiten  soll.  —  442,  B  — 16, 
Vom  scliitf  zurückgekehrt  stelt  Siegfried  fragen,  dio  seine  günzltohe 
unkcntnis  von  dem  hergang  der  spiele  zeigen  sollen.  Brunhild  dräokl 
darüber  ihre  verwnndonmg  aus,  und  Hagen  gibt  schliesslich  ( 
kl&rung. 

Hsn  hat  durchauB  ein  recht,  mit  dieeen  atrophen  m 
wie  mit  denen,  die  jenen  verwauten  gegeni«tand  behandeln, 
wirklich  zusütze  sind,  geht  abor  aucli  aus  gewissen  einzelbeiten  1 


tfi« 


139 

jondora  widerstreben  428,  5  —  8.  429,  5—8  der  Terbindung  mit  ihrer 
ebung.  Oimther  weiss  zum  mindesten  das  reotit  gut,  dass  Sieg- 
I  irgend  eine  wunderbare  list  beabsichitigt  —  wie  woit  eine  genauere 
"ubredung  statgefimden  hatte,  wird  nicht  gesagt  — ;  und  da  soU  er 
l  einmal  die  plötzliche  berührung  so  ganz  unerklärlich  finden!  Und 
vergegenwärtige  man  sich  die  weitere  Situation!  Brunhüd  steht 
zum  wurie  schim  ausholend,  da  ist  Siegfried  zu  Günther  heran- 
i  noch  ein  paar  rascli  geflüsterte  worte,  das  ergreifen  dos  schiJ- 
8,  der  ger  fliegt  und  trift.  Wo  ist  da  noch  zeit  für  das  iimherbÜcken 
nthers  und  die  ermahnung  zur  Verschwiegenheit,  die  noch  dazu  fiir 
Ken  augenblick  sehr  überflüssig  ist?  Ein  unbegreiflicher  zufall, 
IDD  hier  durch  wenige  leichte  verftnd&rungen  und  durch  Streichung 
reier  Strophen  sich  ein  guter,  glatter  text'  und  eine  klare,  höchst 
isprechende  handlung  hatte  herstellen  lassen. 

Die  Strophen  102,  5  —  12  und  394,  5  —  20  enthalt«n  eine 
[cn  tum  liehe,  mit  einer  teichoskopie  sich  Torbindende  Schilderung  des 
sseren  und  des  Charakters  von  personen.  Einen  ansatz  zu  einer  sol- 
cn  darstellung  haben  wir  sonst  Nib,  86 ,  3.  87,  4 ;  eine  ganz  kurze 
Isführung  1690.  1691,  an  einer  stelle,  die  Thidr.  c.  375  entspricht, 
alte  Überlieferung  ist.  Die  scJiilderung  der  plusstrophen  geht  in 
baillierung  der  die  erscheinung  und  das  nesen  der  beiden  betreflfen- 
1  angaben  nicht  bloss  über  die  kürzere,  sondern  auch  über  die  tän- 
B  stelle  des  gemeinsamen  textes  hinaus.  Ich  will  hier  nicht  geltend 
■chen,  dass  394,  5  —  20  im  nusdruck  so  eigentümlich  mit  1690  fg. 
lereinatimt*,  dass  man  daraus  auf  eine  nachbildung  schliessen  kann, 
von  anderen  formalen  kriterion  zunächst  absehen.  Schon  eine 
«rfigung  Bachlicher  art  nötigt  uns  der  zweiten  stelle  die  echtheit  abzti- 
chen.  Liesae  man  sie  gelten,  so  würde  der  erregte  ausnif  BrunhJlds 
,  ihr  ent.whlusB  Siegfried  sofort  entgegenzutreten  n;ich  der  über  die 
br  Strophen  ausgedehnten  schildernden  und  charakterisierenden  nia 
•  dienerin   seine  eigentliche   kraft  verlieren  und  unmotiviert  ( 

Mit  diesen   Strophen  fält   aber  selbstveratändlich   auch   di«  | 
tfdiartige  ausfübrung  102,  5  —  12. 


I)  In  etr.  428  bat  v.  4  nur  ebe  untergeorilnute  bedcutiing.     Q 
iter  ftrrtftthreD:  Er  sprach  mit  beziehimg  auf  die  Iiaupti«rson  der  « 
3anE  ebenso  601.    G02,  1.      Au<-h   hier   hat  das  Er  tpnuk 
aus  vglUf;  leerom  gerede  bestehenden   gtrophe 


)  Vgl.  Ijd.  XX  8.  219. 


i 


440  ntnu 

4.  Es  bleibt  noch  übrig  auf  eini^  wenige  sachlichen  oinscW 
heiten  aufmerksam  zu  machen,  die  im  Nibelungenliede  sonst  gv 
nicht  oder  nur  sehr  selten  roricommen. 

385,  5.  Guntlier  und  seine  drei  genossen  sind  mit  s})€m  ni»<r- 
differi  ausgerüstet  Das  wort  sper  findet  sich  im  übrigen  Nib«lun{roa— 
Hede  nur  dreimal :  1315,  3.  1548,  1.  1826,  3;  sonst  stets  schaff.  Hai 
gebraiioht  die  speere  nur  beim  buhurt  oder  im  eigeatlich  ritlerlichei 
rossekamjife.  Siegfned  und  seine  mannen  (74:),  die  auch  in  recket^ 
weise  einherziehen,  führen  gere. 

102,  11   wixxe  krist.    Diese  formel  ist  wie  überhaupt  der  m 
krist  dem  Nibelungenliede  fremd;  got  u-eiz  findet  sich  einigemale. 
ganzen  kommen  solche  formein  mit  religiösen  beziehungen  nur  in  «eiLs* 
Variationen  vor. 

Gere  erscheint  zweimal  bei  konveationelleD  handlungen  S26.  | 
und  540,  5;  nnd  zwar  jedesmal  als  genösse  Ortwins.  Im  übrigen  Xib. 
wird  er  zwar  mit  den  anderen  aufgeführt  in  der  einleitung  9,  tritt  aber 
handelnd  erst  6S4  auf.  Er  iet  etetä  markgraf,  während  er  640,  5  bar 
zog  gonant  wird.  Diese  abw«ichung  ist  um  so  auBaJliger,  als  der 
titel  herzog  sich  nur  noch  zweimal  findet:  bei  Ramung  12S3  und  b«l 
Sigdstab  2195. 

n.    Der  Stil. 

Es  ist  bereits  beobachtet  worden  —  ich  dünke  besondere  «n 
v.  Uuth,  Einl.  8.  127  fg.  — ,  dass  einzelne  stellen  mit  andereu  nolie 
stehenden  stellen  sowol  dieser  plusstropben  wie  auch  des  gemeinumin 
tcxtes  auffallende  übereinstimmungon  zeigen.  Sollen  nun  für  deren 
vorkommen  sich  gewisse  regeln  oder  eine  gewisse  liäufigkeit  Dacliwtj- 
sen  lassen,  und  ein  unterschifld  von  dem  im  übrigen  Nib.  hunKhen- 
den  Sprachgebrauch  sich  heraiisstedlen ,  so  würde  dies  zu  dem  scblun 
führen,  dass  sie  auf  einen  Verfasser  zurückgehen,  vielleicht  au«^  eiofr 
bestimten  stilgattung  angehören.  Üb  solche  Übereinstimmungen  ^ch 
auf  die  plusstrophen  beschränken  oder  zwischen  diesen  imd  dem  geiDois- 
samen  texte  bestehen,  tut  nichts  zur  sache:  ein  veri'asser,  der  geneifCt 
ist  sich  selbst  zu  widerholen,  entsohliesst  äzh  auch  leicht  zur  nit^ 
ahmung  Iromder  dichtung. 

1.    Eine  widerholung  stellt  sich  zunächst  da  ein,   wo  UbcK 
selben  gegenständ  entweder  von  derselben  person  wideriiolt  odei" 
verschiedenen  personen  gesprochen  wird:    die  variatioD  de»  aui 
ist  dann   durch   die  verschiedene   beidehung,    in   die  der 
gesezt  wird,  bedingt     Über  die  fahrt  «u  Brunhild  heisst  es  in 
auf  Günther: 


328  Dö  aprodi  der  voget  von  RPne:  ich  ufil  an  den  tte 
hin  xo  Prünhilde,  Ä^ut'e  ex  mir  ergc. 

329  Dax.  wil  ich  tridemileri,  sprach  da  Stvrit, 
ß  höt  diu  kiineginru!  s3  vreisbcJic  sU. 

Über  denaelbea  gegenständ  in  beziig  auf  das  gefolge: 
338,  5  Smie  vil  wir  volhes  fiwren,  sprach  dA  Sivnt, 
es  pfligel  diu  küneginne  sO  vreisltcher  sit. 
11  selbe  vierde  degene  vam  wir  an  den  sS, 

sC  erwerben  wir  die  frouwen,  siricx  uns  dar  ndvh  (o-gS. 
Ouothei'  äuseert  KriemfaÜd  gegenüber  das  bedUrfnia  nach  schünon  klei- 
ilera  345  algemeiner,  348,  5 — 8  specieller: 

345,  3,  4  tcir  wellen  hübschen  rften  verre  in  fremdiu  laut. 

wir  sohlen  luo  der  reise  haben  xierlick  fftwanl, 
348,  7      trir  wellen  latrxtvilen  in  Prünhilde  lant. 

da  bedurften  wir  xe  haberte  vor  frowen  hirlicb  gciranL 
'Dann  Krieraliilds  zusage  widor  in  zwiefacher  beziohung: 
348,  10.  II  sv'ax  der  minen  helfe  dar  an  kan  geain, 

des  bring  ich  iuch  wol  imien,  dax  ich  iu  bin  beniL 
15  3waz  iu  von  mir  gevalle,  des  bin  ich  iu  beieit. 
Kocli   charakteriätiscber   ist   die  voraufgehende    übereinstimiDiiiig  tob 
anrede  und  erwiderang: 

348,  5  Do  sprach  der  künic  rtche:  eil  UcMu  smester  min, 
äne  dine  helfe  kund  ex  niht  gesin. 
9  D6  sprach  diu  juncvrouwe:  vü  lieber  Irruoder  wIm, 
swax  der  minen  helfe  dar  an  kan  geain. 
Der   umfong  dieeee  ui   einem   so    bosdiränhten    miinm  bcniMMmlMi 
paralleliBmuE   wie   auch    dessen   form    ist   äo    auffallend,  ^m  Bn  tn 
diesen  widerholungen  ein  mit  bewasster  absicJit  anguwendlta  M8mitii:\ 
sehen  muss. 

Durch  übereinstimmenden  ausdruck  wird  uucb  dt  AoMMtini- 
mnng  zwischen  einer  handlung  und  einer  sich  dmaähmttmhn  n-'U: 
hwTOi^ehoben.     Über  Günther  wird  eiziihlt: 

589,  5  sine  rtwhte  »'te  im  uttere,  wnnt  ai  vil  tm^^ 

dort  muosl  er  aüex  kangeti  die  naht  imt  €t  4m  tat- ' 

l)  Hollzmana  und  WiBlic«Dua  htilteD  ü"  stitiiilsi.'  ISr  ^m  ^m^^r- 
Mao  scheint  bei  der  kritil:  liieam-  (tl-.'Ili<  iminor  d>fa  M^^Kf..r.  / 
s  iM  btguniU  jUyen  als  unmittelbar  auf  die  ftiNstilun^  Vfm^  MkI.t.   ■ . 
in  aber  in  dem  Dö  eiuo  gaun  unbestimte  Zeitangabe  D^pii  M.  <.  k  ^ 
Nldila  bindert  also  anKunehuiju ,    da£3  die  scene  &9B~NtX^A  an",  ^-y-  * 
'~  'a  der  uaciit  abspielt. 


442 

Günther  selbst  berichtet  darüber: 

600  Da  hieng  ich  angestlichen  die  naht  unx  an  den  iac, 
e  [dax]  si  mich  enbunde.  wie  sanfte  si  dö  Iac! 
Oomot  ordnet  554,  6  an:   man  lasse  die  rosse  für  den  heimritt  ste- 
hen,  unx  ex  beginne  kuolen.     556,  3  und  ex  begunde  kuolen:   man 
bricht  auf. 

Diese  erscheinung  zeigt  sich  femer  bei  vergleichenden  Schilderun- 
gen von  personen  und  umständen  oder  bei  beschreibungen  verwanter 
gegenstände: 

394,  5  Der  ander  der  gesellen  der  ist  sd  lobeltch, 
9  Der  dritte  der  gesellen  der  ist  sÖ  gremelich. 
13  Der  jungeste  darunder  der  ist  sd  lobeltch, 
607,  5  Der  kiinic  in  gtLotem  tcäne  dö  vroeltchen  sax. 
609,  1  Stvrit  der  herre  vil  minneclichen  sax. 
384,  3.  4  ir  schilde  wol  getan  die  Whten  von  den  hafiden  den  waet- 
liehen  man.     388,  5.  6  mit  swerten  wol  getan y   diu  üf 
di  sporn  giengen  den  wctetlichen  man. 
432,  7  er  schöx  Üf  ir  gewant,  dax  ex  erklanc  tdl  lüte.     435,  4  du 
spranc  si  mich  dem  wvrfe,  ja  erclanc  ir  aUex  ir  gcicani 
[A  dax  lüte  erklang  ir  gewant], 
383,  7  dax  sähen  durch  diu  venster  diu  wastltchen  ivip. 

16  dax  säfien  durch  diu  venster  di  vrowen  schoen  utute  her. 
385,  8  dax  saeh  aUix  Prünhilt,  diu  vil  hirUche  meit. 
Dieser  zug  wird  den  einzelnen  vergangen  bei  der  landung  vor  Bnin- 
hilds  bürg  hinzugefügt 

Auf  solche  weise  lässt  der  dichter  auch  den  gegensatz  schärfer 
hervortreten: 

637,  4  liep  was  ex  sineni  uHbe,  dd  ex  diu  vrouu^e  rehte  ervant. 
637,  8  leit  tcas  ex  Sifride,  dö  erx  an  Kriemhilde  ervanU 
Hierher  gehört  auch  eine  stelle,   wo  nicht  bloss  der  gegensatz  hervo^ 
gehoben,  sondern  auch  ein  Übergang  geschaffen  werden  soll: 
582,  5  Dö  der  herre  SifHt  bt  Kriemhilde  Iac 

und  er  so  minnecUche  der  juncfroutaen  pflac 
583        Ich  sage  iu  nüit  mere,  tvie  er  der  vroutaen  pflac, 
nu  hoeret  disiu  maere,  wie  Günther  gelac 
bi  vroun  Prünhilde. 
An  allen  diesen  stellen  wird,   indem  die  gleichartigkeit  des  ausdmcks 
das  gleichartige  des  gegenständes  bezeichnet,  durch  die  formale  abwei- 
chung  um  so  mehr  die  aufmerksamkeit  auf  den  sachlichen  unterschied 
gelenkt 


443 

Als  solche  widerholungen,   die  nur  aus  der  bequemüchkeit  oder 
auct  aus  der  yerlegenheit,   eiuen  passenden  vers-  niid  stropheuscbliiss 
zu  finden,  hervorgegangen  sind,  dürften  folgende  anzusehen  sein: 
341,  9"  mit  herlichen  siten   =   348,  14''. 

9tf3,  3"  wax  Opfers  man  dß  truoe!     999,  7"  wax  man  in  Opfers 
405,  3  gege?i  der  künegirine-;  er  sold  an  angest  sbi.  \truoe! 

428,  8   vor  der  hüneginne  soUu  gar  an  angest  sin. 
519,  3  $i   welltet  schiere  komen.     si  hete    in    nianegen    xiien  sd 
Ueber  maere  niht  vemomen.     519,  7  diu  rr  dd  wären 
komen.    dd  wart  ir  michel  trüren  unt  ir  weinen  be- 
tumien. 
348,  3   er  tntoc  si  in  dem  herzen,  si  was  im  sd  der  lip. 

Sit  wart  diu  schoene  KriemhiU  des  küenen  Sifrides  wip. 
376,  7   diu  ist  mir  sam  mtn  sele  und  sd  min  selbes  Up: 
ich  wU  dax  gerne  dienen,  dax  si  werde  min  wip. 
583,  8  ja  was  ix.  nodi  unnähen,  S  si  wurde  stn  wip. 
582,  7  si  wart  im  sd  s!n  lip: 

er  naeme  fiir  si  eine  niht  ti^sent  anderiu  wip. 
601,  7  mir  ist  dtn  swesier  KriemhiU  Heber  danne  der  lip. 

et  muox  diu  vrawe  Prünhilt  twch  hlnie  werden  dttt  wip. 
Diese  in  den  plusstrophen  bis  zum  überdruss  widerholte  wendiing,  die 
schon  der  epik  des  11.  und  12.  jahrh.  eigen  ist,  begegnet  im  geiueinsa- 
men  text  nur  zweimal:  ausser  348  nur  noch  1340  si  was  im  sd  sfn  lip. 
2.    DasB    die   widerholungen    meist    unter   beobachtung   gewiaser 
regeln  gebildet  sind,  dass  sie  in  den  plusstrophen  auffallend  häufig  yot- 
kommen,  werden  diese  xusammenstellungen  erwiesen  haben.     Um  aber 
jeden  zweifei  an  deren  bedeutung  zu  beseitigen  werden  wir  ims  der 
forderung  nicht  entziehen  können,  das  übrige  Nibelungenlied  zum  ver- 
gleich heranzuziehen  und  wenigstens  eine  art  Stichprobe  vorzunehmen. 
Wählen  wir  zuerst  das  fast  die  haltte  der  plusstrophen  um&ssende  stück 
325  —  443  (Lachmanns  viertes  Med),  aber  ohne  berücksichtigung  dieser 
Strophen,  also  nach  dem  text  Ä.     Hier  habe  ich  folgende  Wiederholun- 
gen  bemerkt.     Am   auffallendsten   ist  vielleicht  434,  3  si  wände,   dax 
r  «rc  hete  mit  siner  kraft  getan.     439,  4   si  toäntlen,   er  Acte  mit  siner 
\  kraft  diu  apil  getan.     430,  4  dax,  fium-  spranc  i^on  stäle,  sam  ex,  leäte 
r  4er  wint.     433,  1   Dai  fiwer  stoup    liz   ringen,   als  ob  ex   tribc  der 
\  XBint.    Schon  entfernter  und  ohne  beziehung  auf  einander  393,  4  und 
uies  liehe  die  itelde  her  gevam  Mn.     400,  2   durch  dine  liebe 
1  wir  gevam  her.     Andere   stellen  416,  4  den  ir  kameiaere  selbe 
Y'm^rde  küme  getruoc.     419,  3  den  truogen  käme  drte  Priinhilde  nutn. 


425,  4  in  iruogen  kihne  vu-vlfe  der  küetien  fielde  unde  »fiel.  Dk  (■ 
sich  hier  um  die  erzählung  eines  gleichen  uiustaiides  handelt,  wir  du 
widerholmig  kaum  zu  umgeheu.  Eine  formelhafte  häufung  von  e{»the- 
ten;  418,  3  stare  und  tingefiiege,  michel  unde  breit.  425,  3  gHix 
und  ungefiiege,  niiekd  unde  mel.  Rein  formelliaft  sind  diu  maere  wetx 
ich  gerne  340.  1.  344,  2.  me  e%  (tu,  umh  . . .}  stät  330,  4.  344,  4. 
Eine  niir  sachliche  widerholung  ist  417,  4.    426,  4. 

Ich  lasse  einen  von  pliisstrophen  freien  abschnitt  folgen  721  — 
819  (avent.  XHI.  XJV.  AB).  Formelhaft:  729,  4  da  icart  vä  michd 
grüexen  die  iiebeti  geste  getan.  739,  4  mm  in  wart  michel  dienest 
den  liehen  gesten  getan.  775,  2  dd  wart  i-il  wol  gexieret  manic  rrouire 
unde  meit.  4  dö  icati  oueh  avol  gexieret  der  Slowenen  Kriemhilde  Up. 
Wesentlicher  762 ,  2  dax  icJi  in  äne  schulde  nikt  gelobet  hän.  763,  2 
ican  ich  äne  schulde  niht  die  rede  hdn  getan.  Ähnlich  806,  3  daxex 
erbarmen  muose  die  Gunthercs  man.  807,  3  dot  ex  eramcn  müese 
Kriemhilde  man.  Weniger  bemerkenswert,  weil  zu  einfach  und  sadi- 
lich,  sind  folgende  widerholungen  in  den  mehrfach  auf  dasselbe  eurtick- 
kommenden  streitreden:  770,  3  sd  miiexen  läute  kiesen  (nu  tnüeim 
hiute  kiesen  B).  771,  1  Du  nitiost  dax  hiute  sehouwen.  i  du  »olt 
noch  hinte  kiesen.  767,  2  erst  tiwerr  danne  si  0.  771,  2  utul  dai 
min  man  ist  tiwerre  danne  der  dhi  st.  772,  2  ich  wil  tvescjt  tiuvm 
danne  .  .  {selbe  t.  w.  B).  Entfernter  und  ohne  bezichung  auf  «iuuuler 
788,  4'.    798,  2'  htit  ct-  sichs  gerüemel  (810,  3). 

Solto  von  diesen  stellen  sich  die  eine  oder  die  andere  visUeüU 
mit  jenen  aus  den  pluastropben  vergleichen  lassen,  so  ist  doch  Av 
parailelismus  dieser  ganzen  abschnitte  im  Verhältnis  zu  dem  der  ptas- 
Strophen  so  spärlich,  geringfügig  und  regellos,  dass  er  nirgends  als  gil 
beabsichtigter,  einer  Gtilistischen  manier  entsprungener  erscheinL 

Das  urteil  zu  fallen  sind  wir  also  wol  berechtigt:  der  TerfiuHi 
der  plusstrophen ,  d,  h.  der  redaktor  B,  steht  gegenüber  als  ein  andew 
dem  lezten  dichter  unseres  Nibelimgealiodes,  oder  als  Vertreter  taoK 
anderen  stUgattung  den  dichtem  des  Nibelungenliedes, 

3.  Im  Nibelungenliede  hcrecht  trotz  aller  formelhaftigkeil  im  ti^ 
meinen  ein  streben  nach  mannigfaltigkeit  des  ausdrucks.  Komt  dv- 
selbe  daiin  auch  keineswegs  den  höüschon  epen  gleich,  so  l&Bot  sA 
doch  die  durchgehende  absiebt  nicht  verkennen,  widerholungen  ea  va- 
meiden.  Der  Verfasser  der  plusstrophen  aber  hat  sich  vor  widerhi^DB- 
gen  nicht  nur  nicht  gescheut,  sondern  sie  vielmehr  gesucht.  Dasabtf 
ist  die  weise  der  spielmannsepik,  die  teils  zum  erziele 
poetischer  Wirkungen,  teils  zum  zwecke  der  erloichterung   der 


PLUSSTROPHEN  DES  NIBELüNQENHS.  B  445 

solche  übereinstimmende  ausdrucksweise,  oft  von  formelhafter  algemein- 
gültigkeit,  in  weitestem  umfang  anwendet.  Ich  führe  zum  vergleich 
einige  stellen  aus  zwei  ebenfals  strophischen  spielmannsepen  an,  aus 
Salman  und  Morolf  und  aus  dem  Wolfdietrich  D,  von  denen  das  erste 
dem  Nibelungenliede  ungefähr  gleichzeitig,  das  zweite  mindestens  ein 
halbes  Jahrhundert  jünger  ist. 

Zu  345.  348,  5  fg.  (auch  zu  328  fg.  338  fg.): 
Mor.  283,  3  so  drinkent  üx  diseii  tvln: 

ex  ist  win  von  Apperlant, 

mir  Uex  in  di^  edele  kunigln, 

284,  2  ir  solnt  iix  drinken  disen  win, 

»tt  mir  dax  gut  nit  xn  staten  kan  ko79ien 
geilt  der  vil  edelen  kunigln. 

285,  3  stt  mir  dax  gut  nit  kan  gewegen, 

sd  drinken  üx  disen  tain, 
3Iorolf  spricht  hier  einen  im  wesentlichen  einheitlichen  gedanken  aus, 
dessen  dreifach  verschiedene  beziehungen  in  jeder  strophe  mit  überein- 
xnenden  Umschreibungen  angegeben  sind. 
Zu  348,  5.  6  und  9.  10: 
Mor.  532  Dd  sprach  die  froutve  wolgetän: 

warumb  hilfest  du  nit,  kunig  Salmün? 
533  Dd  sprach  der  heideniscJie  tnaii: 

warumb  s^v igest  du  nit^  froutve  tvolgetdn? 
Wolfd.  D  V  75,  1  Heltj  swax  ich  dir  gebiete,  (ks  soltu  volgen  mir, 

76,  1  Stvaz  du  mir  geMutest,  des  wil  ich  volgen  dir. 
Zu  589,  5.  6.    600,  1.  2  beispiele  häufig 

Mor.  739,  3  „wwd  solt  vähen  den  kunig  Privciän 

und  manigen  argen  heiden, 
den  läx  ex  an  dax  leben  gdn^, 
745,  3  er  ving  den  kunig  Priiiciihi 
und  manigen  argen  heiden, 
den  müste  ex  an  dax  leben  gän. 
Zu  394,  5.  9.  13.     384,  3.     385,  5.  6: 

Wolfd.  D  V  6  Der  ander  schächaere  der  hiex  WidergrfiL 

7  Der  dritte  schäehaere  was  Beteivin  genant 

8  Biterolf  der  w^^rde  schäehaere  geheixm  fOK 

9  Isenhart  der  fünfte  schdchacre  wo» 
III  2  Man  lerte  die  drt  fürsten  lop  reinen 

3  Man  lert  die  jungen  fürsten  mamie 

4  Man  lert  die  jungen  fürsten  die 


i 


Mur,  \l  dö  ging  .  .  .  »tauig  stoher  degen  in  ritterlicher  itdfe 
12  Dl)  ging  ...  t>il  mantg  diensiinan  in  ritlerUcher  w^ltt. 
Zu  637,  4.  8: 

Mor.  27  mix  einer  dax  wort  ie  vol/eapracb, 
der  kunig  von  zorrie  nld^  saeh. 
30  Sitx  er  dax  wort  ie  vollesprach, 
der  kunig  ron  freuden  üf  saeh. 
Wolfd.  D  TU  59  Vfl  Hugdieteriche  der  jungen  rede  vernam, 
er  sprach  gexogenltche  der  tugcnthafte  man, 
60  Dd   Wolfdieteriehe  siiis  iialer  rede  vernam, 
dö  sprach  er  xomiclieh^;,  der  üxerwelte  man. 
Solcher  stelle»  liessen  sich  leicht  noch  mehr  aus  diesen  und  andern 
spietmaoDsepen   sammeln,    doch   schon  die  angeführten  dürften  ui»  li 
einem  urteil  über  den   stilcharakter  der  plusstrophen   und   die    litten- 
rische  Stellung  ihres  Verfassers  befähigen.     Diese  und  jene  stcltea  sind 
im    wesentlichen  gleichartig,  und  der  unterschied  ist  nicht  ein  qualita- 
tiver, sondern  nur  ein  quantitativer  oder  gradueller,  insofern  als  dvr 
Schematismus  in  der  spielmänulschen  darstellung  schärfer  ausgepra^  ist 
und  auch  —  was  natürlich  aus  unseren  Zusammenstellungen  nicht  bor 
vorgeht  —  einen  breiteren  räum  einnimt    So  stehen  die  plusstrophen 
in  der  mitte  zwischen  dem  freieren,  individuelleren,  mehr  künstleriscbea 
Stil   der  Nibelungen   und   dem  gebundeneren,    mehr  traditionellen  und 
band  Werks  massigen   stil  der  spielmaunsepik.     Und    dos    ist    auch  gani 
begreiflich.     Der  interpolator  muste  zunächst  darauf  bedacht  sein  —  den 
ton  des  Nibelungenliedes  zu  treEfen;    dessen  darstellungsweise  war  also 
für  ihn  vorbildlich,    und  wie  selir  er  von   ihr   boeinflusst  ist,   läfist  i\t 
parallel ensamtong  in  der  früheren  abbandlung   erkennen.     Ausserdem 
aber  ist  er  abhängig  von  der  technik,  die  er  gelernt  bat,   und  koDle 
&ich  dem   einfluss   dieser  spielmänuischen   darstellungswetse  nicht  ent- 
ziehen. 

in.  Der  Verfasser. 
Wenn  uns  also  diese  stilistische  Untersuchung  darauf  geführt  M 
dass  der  redaktor  B  dorn  kreise  der  spielleute  angehüiie,  so  vonalHll 
uns  dieses  nach  weiteren  autschlüssen  über  seine  dichterische  penüs- 
licbkeit  uns  umzusehen,  namentlich  auch,  wie  weit  in  seinen  stroptrto 
und  textesänderungen  die  seinem  stsnde  eigentümliche  gescbmadBiici- 
taug  zum  ausdruck  komt. 

Wenn   er  G34,  3  statt   manegen  küenen  man   schreibt  numigm 
varnden  man,  attu)  bei  der  algemeinen  boscheukung  die  rittur  znrOct* 


itelt,  die  spiolleute  aber  in  den  Vordergrund  schiebt,   m   xehen   wir 
teuUich,   wie  er  seineD   stand  zu  vertreten  siob  bemlibte. 

Nioht  zu  verkennen  mt  der  spiulmännisclie  zug  zum  wunderbaren, 
Rl  Verstellung  und  täuschung,  der  deu  redaktor  B  bt«IJntU\  bei  den 
ULI  der  unsicbtbarkeit  Sieghiodü  sich  ergebenden  Situationen  länger  zu 
rerweilen  und  sie  wirkungsvoll  anszumulon. 

Spielmänniscber  gestbmack  ist  es  ferner,  Avenii  er  in  der  behund- 
inng  des  Verhältnisses  zum  weihe  das  sinliche  Clement  geflissentlich 
lervorkehrt  607,  5  —  8  schildert  er,  »ie  (luntber  di«  nacht  nicht 
Vwarten  bann:  der  eine  tae  in  dnhte  woi  (Irixic  läge  tanc.  028,  5—8 
^aubt  er  den  gegenständ  noch  aiwmak'n  7.a  müssen:  vrrn  siner  hnn- 
tche  &i  mart  ein  UiixU  bleich.  In  den  warten  er  hmtiw  für  *»'  eiiw 
nht  tiiaent  mtderiu  uHp  582,  8  schäzt  er  den  wert  des  weibes  nach 
nnem  massstabe,  der  eine  ziemlich  niedrige  au^ssung  verrät  Diese 
[esiDDung  bekundet  er  auch,  wenn  er  Günther  über  seine  gattin  sich 
lusäeni  lässt:  599,  2  ich  hdn  den  iihehi  H«vel  heim  ce  käse  mir  geh- 
len, statt  lasier  unde  schaden  hdn  ieh  an  miner  vrouumi  xe  hüae 
\eim  geladen  k.  Vgl.  hiensu  Salmans  worte  über  sein  ungetreues  weib 
Bor.  718,  4.  5  sie  hol  dem  lilvel  gedienet,  der  mux  ouch  ires  Ultes 
ifiegen.  Es  kenzeichnen  somit  die  niedrigere  anschauung,  die  grössere 
lentlicbkeit,  die  drastiäche  darstcllung  den  redaktor  B  als  einen  spiel- 
mann  gewöhnlichen  scldagea  Damit  steht  nicht  in  Widerspruch,  wenn 
BT  zuweilen  einen  mislungenen  versuch  gemacht  hat  zu  zeigen,  dass 
ta-  auch  etwas  von  hötischer  galonterie  verstehe.  Diese  abacht  bat  ilni 
Wf  den  wuniiorlicben  einfall  gebracht,  Siegtiied  mit  umgekehrtem  ger 
Ulf  Brunhild  achiessen  «u  lassen.  Dieses  bestreben  zeigt  sieb  femer 
n  der  Umständlichkeit,  mit  der  die  mit  jeuer  handlung  in  Verbindung 
tebende  anfertigung  der  kleiiler  eingeleitet  wird.  Schon  das  original 
kitt  diesem  unbedeutenden  Stoffe  eine  mehr  als  genügende  ausführung 
[^eben.  Der  redaktor  B  dichtet  noch  6  Strophen  dazu.  Dabei  hat  er 
lie  stdle,  wo  Günther  seiner  Schwester  ihre  ohne  ihr  wissen  volziigene 
rerheiratung  mitteilt  (566.  567),  erweiternd  und  steigernd  nachgeahmt, 
Us  ob  es  sich  auch  hier  (341  fg.)  um  ein  ansinnen  handelte,  mit  dem 
Innther  seiner  Schwester  gar  nicht  zu  kommen  wagte!  Eret  Hagen  muKS 
Im  an  Eriembild  weisen;  dann  bogint  er  mit  Umschweifen,  und  nicht 
liier  aU  bis  Eriemhild  ihm  gesagt  bat:  ir  sidt  mich,  rtler  edek,  niht 
torgende  bitcn ,  ir  srät  ndr-  gebieten,  spricht  er  unumwunden  sein  anlie- 
fen aus.  Gerade  dieses  Ungeschick  in  di^r  entwickluug  fa&fischcr  galau- 
IBiie  beweist,  dass  dies  sonst  nicht  des  verätasers  sacbe  vfar.  Das« 
kber  audi  andere  Spielleute  darin   zuweilen  gem  etwas  besondere 


1 


448 

leisten  wünschten,  ersieht  man  z.  b.  aus  dem  ceremoniell,  mit  wel- 
chem im  Rosengarten  Rüdeger  als  böte  vor  EJiemhild  auftritt  (Roa.  Or. 
947  fg.). 

Der  spielmännische  Charakter  zeigt  sich  weiter  in   der  voriiebe 
für  humoristische  eflfekte.    In  der  erzählung  von  der  erwerbung  Brun- 
hilds  ist  in  A  nur  Hagen  humoristisch  behandelt     Dies  genügte  dem 
redaktor  B  nicht     Er  dehnt  dieses  auch  auf  Ounther  aus: 
419,  5   Er  dähie  in  sinem  muote:  wax  sol  ditxe  wesen? 

der  tiuvel  üx  der  helle  wi  kund  er  da  vor  genesen? 
waer  ich  xe  Burgonden  mit  dem  lebene  min, 
st  viiieste  hie  lange  vri  vor  miner  mtnne  sin. 
Vgl.  auch  599,  2  B.     Die  humoristische  rolle,   die  in  A  Brnnhild  mit 
ihrer  Sparsamkeit  spielt,  ist  in  B  noch  erweitert  worden 
486,  5  Er  gtt  sd  riche  gäbe,  ja  waenei  des  der  degen, 

ich  habe  gesant  nach  töde,  ich  tvüs  noch  langer  pflegen, 
otich  irüwe  i'x  wol  versüßenden^  dax  mir  min  vater  lie. 
so  miUen  kameraere  gewan  noch  küneginne  nie. 
Die  pointe  ist  ungefähr  dieselbe  in  dem  witz: 

882,  5  Do  spräche7i  sine  jegere:  miigez  mit  fuoge  wesen, 
so  lät  ufis^  her  Sifrit,  der  tier  ein  teil  genesen, 
ir  tuot  ufis  hiute  laere  den  berc  und  ouch  den  teali. 
des  begonde  smielen  der  degen  küene  u/nde  baU, 
Der  sinn  ist  das  erste  mal:  er  schenkt  so  viel,  als  ob  ich  sterben  wolte, 
ohne  mir  für  mein  weiteres  leben  etwas  übrig  zu  lassen.     Das  andere 
mal:  ihr  erlegt  so  viel,   als  ob  der  ganze  berg  und  wald  leer  werden 
solto,  ohne  uns  für  spätere  Jagden  etwas  übrig  zu  lassen. 

Dass  es  ein  spielmann  war,  der  als  redaktor  B  das  Nibelungen- 
lied erweiterte,  wäre  an  sich  noch  nichts  merkwürdiges;  scheint  es 
doch  schon  in  der  redaktion  A  eine  solche  erweiterung  erfahren  zu 
haben.  Dass  er  aber,  indem  er  die  ausgestaltung  eines  ritterlichen 
volksopos  versuchte,  die  spielmännische  geschmacksrichtung,  denk-  und 
anschau ungsweise,  die  spielmännische  technik  so  wenig  verieugnen  konte, 
ist  sehr  zu  bi^achten.  Vielleicht  wurde  er  im  verlauf  seiner  arbeit 
sich  selbst  über  die  Schwierigkeit  klar.  Und  so  könte  man  es  erklären, 
warum  er,  nac^hdem  er  sich  mit  bestimtheit  für  eine  erweiterung  ent- 
si^hiedon  und  ilbor  800  Strophen  hindim'h  an  diesem  vorhaben  fest- 
gehalten iiatto,  es  doch  wieder  aufgab  und  im  algemeinen  davon  abstand. 

MrilUlAl'SKN    IN    THrRlNO.KX.  EMU.   KETTNKR. 


ZUM  OEENDEL. 
die  8tarke  und  streitbare  Jungfrau  Bride  ihr  analogoQ  in 
Brunhild  hat,  Ist  leicht  wahrzunehmen  und  widerholt  bemerkt  worden 
(vgl.  MülienhofF,  Deutsche  altertumskunde  I,  s.  38;  Vogt,  bd.  XXII 
dieser  Zeitschrift  s.  474).  Zunächst  wird  man  hierbei  mehr  an  die  Brun- 
hild der  sage  als  an  die  unseres  Nibelungenliedes  denken-  Es  scheint 
indes,  als  ob  auch  der  hierhergeborige  text  des  Nibelungenliedes  und 
der  text  des  Orendel  sich  berühren.  "Wenn  über  Bride  gesagt  wird 
205  fg.:  nun  enwcix  ich  keine  frowven  ...,  die  dir  mitge  geliehen,  ... 
ican  eine  künegin  . . .  gesesxen  vil  verre  über  des  trilden  s&wes  fluot 
(210  %.  Nib.  325  B);  wenn  Orendel  sich  eine  gattin  wünscht:  die  mir 
vol  gexeme  xtio  der  minne  über  dax  lant  xuo  einer  kihteginne  (196  fg. 
Nib.  Z.  49,  4.  50,  3)  ^  so  sind  dies  freilich  «och  anderwärts  vorkom- 
mende motive,  vgl.  Mor.  38  fg.;  Roth.  64  tg.;  Bergor  zu  Or.  196.  Erheb- 
licher dagegen  ist  folgende  stelle.  Orendel  nähert  sich  Brides  palast, 
'  wendet  sich  an  seinen  begleiter: 

859  Hclt,  7iu  sage  mir  durch  got, 
wclchex.  ist  die  niaget  kere 
über  dax  lant  und  btirg  xtto  JerusaUme? 
Er  sprach:  sikestu  an  den  xinnen  stän 
iwelf  megte  ivolgetän? 
die  mitten  under  in  stät 
und  einen  xobeln  mantel  umbe  hat, 
dax  ist  die  maget  ht're  usw. 
Günthers  schiff  nähert  sich  Bi-unhilils  palast: 
60,  4  Saget  mir,  frinnt  Sifrit,  durch  den  icilkn  mtn: 
bekennet  ir  die  frouwen  und  auch  die  magedin? 
60,  6  53  sihe  ich  under  in  (hs)  eine  in  jenem  venster  sidn 

in  snhetter  toaeie:  diu  ist  sd  tvolgetän. 
60,  7  ez  ist  diu  starke  Prünhilt,  dax  schoene  magedin. 
Diese  übereinatiramung,  die  in  G  am  genauesten  ist,  dürfte  doch  schwer- 
lich nur  Zufall  sein.     Eher  Hesse  sie  sich  verstehen  als  ein  traditioneller 
zng  innerhalb  des  beliebten  motivs  der  brautfabrt    Aber  die  stelle  im 
Nibelungenliede  ist  sieher  nur  eine  Variation  und  unikehning  des  hier 
I  Bo  oft  begegnenden  motivs:   mustening  der  fremden  gaste  und  nmt- 
hnuflsUDg  über  ihre  Persönlichkeit,  wie  es  am  ausfuhrlichsten  80  fg.  vor- 
P'komt;    somit  dürfte  es   nicht  als  entlehnt  zu   betrachten  sein,    und  es 
müste  hier  eine  beeinflussung  des  Orendel   durch    das   Nibelungenlied 
angenommen  werden. 

ZUTSCSBirT   F.    CKUTBCHR   FIOLOLOOIK.     BD.  XXVI.  29 


4fiO  xxmm 

2.  Im  Saal  des  königs  Minold  befindea  sich  Orendel,  Ise,  AdiiDi 
und  Bride.  Da  Minold  seine  feinde,  Orendd  und  Ise  erkent,  so  goik 
ten  sie  iu  lebensgefalir.     Orendel  springt  an  die  tür: 

3626  ml  likte  rief  er  in  (lax  häs: 

Icünig,  hie  gäl  ein  enge  tür  -(Ix, 
die  hän  ich  lür  verstanden. 
An  seiner  statt  übernimt  Bride  die  wacbt  an  der  tür: 
3714  sd  stemd  ich  üxen  für  daz.  tor, 
ich  enläz  nieman  iJt  noch  tor. 
Ähnlich  ist  die  Situation  d(^r  Nibeluage  in  Etzetg  saal 
1916  der  küene  videlaere  rief  über  die  menetje: 

der  sal  ist  wol  besBxxen,  vriwit,  h^r  Hagenei 
jd  ist  also  verschreiütei  die  Etxelen  iure. 
1915,  1  Iktnctrart  der  sneUfi  stumit  üzerhalp  der  Iure. 
1910,  4  Bancivart  liet  ir  deheiiien  die  stiegen  tif  noch  xeiaL 
An  zufallige  Übereinstimmung  wird  man  hier  wol  noch  weniger  alsu 
der  ersten  stelle  denken ;   für  via  episches  motiv  ist  die  baodtun^  ilwr 
schon  zu  Singular. 

3.  Dass  der  ^^ve^g  Albau  eine  wJderholung  von  Alberich  ist,  W 
sich  nicht  bezweifeln;  die  änderung  des  namens  entspringt  der  verliebe, 
die  der  dichter  des  Orendel  und  andere  spielleute  für  die  bequem  rei- 
mende endung  an  bei  eigennanten  haben.  Seine  behandlnng  dur<:h  Bride 
2439  fg.  entspricht  der  Alberichs  durch  Siegfried  zum  teil  bis  auf  den 
Wortlaut  N.  466.  467.  Der  gleiche  Vorgang  und  gleiche  wortkut  findet 
sich  aber  auch  bei  der  bchandlung  des  kämmerers  1614  fg,  Deutlicher 
ist  Albans  verwantschaft  mit  dem  Alberich  im  Ortnit  £s  betest  in 
der  zur  ergänzung  des  druckes  und  der  hdschr.  zuweilen  verwendbann 
prosabearbeitung  des  Orendel  (Berger  nach  2500):  Damaeh  sprach  das 
xwergUn  Alban  xü  dem  grauen  Rock:  .  .  .  nnl  ich  dir  noch  heyndt  i« 
disrr  nacht  die  fnirg  geivinnen.  Hieniil  gieng  es  liynweg  in  die  barg 
vnd  au/f  die  maur,  da  xerhi-ach  es  alle  schloax  (?)  vnd  ivt'ir,  so  üt 
hayden  litten.  Alberich  sagt  Ortn.  367.  368  ich  ntadie,  dai  wä 
hinte  ir  schalienn  wirt  geawigen  .  .  .  urlmip  namx  xuo  dem  käiUft 
Ufid  huop  sich  üf  den  berc.  äö  suadtte  ex  ilf  der  müre;  xwat  et  gt- 
schoxxes  vant,  dax  brar:h  im  gar  mitalle  und  warf  ex  von  der  mml 

Wenn  man  die  abhängigkeit  des  Orendel  vom  MlbelungeDUed*' 
and  etwa  auch  vom  Ortnit  für  diese   stellen   zugibt,    so  fragt  es  sick 

1)  Änf  80  formelhftfte  ül*reiiisHiiiinungQn  wit>  Or.  872  fg.  mit  N.  1873,  3  *. 
Or.  1112  mit  N.  2L'13,  1,  Or.  1021  fg.  mit  N.  IfiüS.  2.  3,  Ür,  l»»«  mit  N,  475,  J 
und  tkhnliohe  will  ich  hior  niclit  eingehen. 


^B^K 


ich,    ob   man   sie  zum  original    (Borger:  c.  1160,    Vogt:  gegen  12001 

kIct  zu  der  umformiing  desselben    {Berger:   gegen    1300,    Vogt:  grös- 

Itentetls  apiiter)  rechnen  will.     Die  stelle  858 — 867  kann  man,  wenn 

man  will,  für  interpoliert  halten.     Die  stellen  3626    uew,  würden   sich 

pber  schwerlich  aus  der  ganzen  erzUhhing  jenes  absclmittes  wegdenken 

Hier  heraiiBlösen  lassen.    Die  tat  Albans,  die  ja  nur  in  der  prosa  vor- 

Scomt,  künte  unberücksichtigt  bleiben ,  wenn  nur  nicht  gerade  ein  Albe- 

orich  im  Ortnit  dasselbe  täte,  und  also  der  we^all  diesei*  handlung  auch 

nicht    die   ausscheidung   der   ganzen    porson   nach  sich  ziehen    könte. 

Ä'Ui   man  dies  alles  mit   der    nraformung    in  Terbindung   bringen,   so 

Tirde  man  <len  wert  der  frage  nach  dem  original  erheblich  venuin- 

Schriebe  man  es  aber   dem  original  zu,  so  hätte  man  dessen 

ibfnssung  etwa  nach  1230  anzuset^Kou ,   also  ungefähr  in  die  zeit,  die 

Eeinzcl  (Über  das  gedieht  vom  könig  Orendel  1892  s,  10,  Sitzungaber. 

Id.  Wiener  akad.  bd.  126)  unnimt     Doch  solche  Vermutungen  weiter  zu 

■verfolgen,  verbietet  die  geringfiigigkeit  iles  beigebrachten  materials. 


lll7BI.BAnSEK    ly    TuCk. 


ESnr.   KETTNEB. 


ZJJ  WALTHER  i 


1- 


n    (Die  gedichte  Walthers  von  der  Vogelweide,    anm.  zu 

1)  beweist  au»  ihrer  abweichenden  form,  dass  die  Strophe  Nietnan 

Hier  K'(»c/i  mac  nicht  zum  liede  87,  1  —  40  gehöra     Indeeeen  auch 

Jbst  dann,  wenn  diese  strophe  in  der  form  genau  mit  den  vorauf- 

ihendea  übercinstimte,  knnto  keiner  mit  anspruch  auf  wahrscheinlich- 

leit  behaupten,  dass  sie  mit  ihnen  ein  zusammengehöriges  ganzes  bilde. 

licd  Niema»  kan   mit  gerleti   ist  in   sich    völlig  abgeschlossen: 

,  1  —  8  einleitung,  9  — 32  ausfiUirung,  33  —  40  schluss.     Was  soll  bei 

leo  emmhnungan  an  die  Jugend,  zungon,  äugen  und  obren  in  acht  zu 

^hmen,   der  völlig  heterogene   hinweis   darauf,   dass    kein  mensch   es 

bushalte  über  die  zeit  der  Verjährung  hinaus  ritter  zu  sein,  ohne  dass 

:  an  mut,  kraft  und  vermögen  einbusse  erleide? 

Unwilkürlich  drängt  sieh  nun  aber  die  frage  auf;  wie  korat  denn 
di«  »truphe  ^8,  1  hieher?  Lachmann  meint,  sie  sei  aus  Freidank  57,  6 
:  beigefügt  Diese  annähme  ist  mir  nicht  wahrscheinlich.  Was  hatte 
ni«n  Schreiber  von  C  oder  seine  quelle  bewegen  können,  vier  verse 
1  späteren  denkmale,   deren    Inhalt  mit  dem  voranstehenden  liede 

29* 


ch  in     I 

4 


nichts  zu  tun  hat,  hieherzusetzen P  Ebenso  unniögUcb  ist  es  naclizu- 
weisen,  wodurch  derselbe  schrsiber  dazu  gebracht  wurde,  aus  den  vier 
verson  Freidanks  durch  umkehrung  eine  strophe  herzustellen,  welcl»' 
den  Walther&chen  ähnlich  ward.  Lag  ihm  daran  zu  zeigen,  dase  der- 
artige küusteleien  leicht  zu  luacheu  seien,  bu  hätte  er  im  Freidank  tu 
diesem  zwecke  genug  zweckmussigeres  material  gefunden,  z.  b.  gan£ 
der  nähe  56,  9  —  12: 

Nieman  wolle  sinen  muot 

gerne  wechseln  umbe  gitot. 

Swer  richel  an  detn  giu>le, 

der  armri  an  dem  inuotc. 
Vielleicht  führt  eine  andere  erwägung  auf  einen  richtigGren 
Lachmann  selbst  erwähnt,   dass    diese  verse   sich    auch   noch 
einer  spruchsamlung  des   16.  Jahrhunderts  finden.     Dort  haben 
innerhalb  eines  längeren  Spruches  —  folgende  fassung: 

Vnd  doch  niemand  geleben  mag 
Drdssig  jar  vnd  einen  tag, 
Ihm  gebricht  Ucbs  oder  guts, 
Darxü  weisxheyl  oder  nutxK 
Die  form,  in  der  dieser  Spruch  hier  auftritt,  weist,  wie  Lachmann  rich- 
tig bemerkt,  darauf  hhi,   dass   er  ohne  vermitteluDg  des  BrantisdieD 
Freidanks  widergegeben  sei, 

H.  E.  Bezzenbergor,  der  lezte  heraaggeber  der  Bescheideiibat, 
führt  in  seiner  einleitung  8.43  fg.  45  den  beweis,  dass  Freidank,  »« 
als  Spruch  im  volke  umhef,  auETasste  und  benuzte,  uud  das»  er  teils 
aus  eigener  erfahrung,  teils  aus  der  Weisheit  des  rolkes,  teils  aus  sei- 
ner für  die  damalige  zeit  beträchtlichen  litteraturkentnis  sprat 
sprucli  reihte. 

Damach  ist  mir  nicht  zweifelhaft,  dass  die  beiden  in  etwas 
chender   gestalt    überlieferten    spräche    aus    einer   gemeinsamen    qadlB 
stammen.     Es  ist  eines  Versuches  wert,  dieser  quelle  nachzuforschen. 

Das  scheint  zunächst  sicher,  dass  Froidanks  verse  der  urspriinp- 
lichen  fassung  näher  stehen  als  die  des  Frankfurter  druekes,  in  dua 
mit  zeitgemässer  änderung  vom  menschlichen  leben  überhaupt,  nicht 
bloss  speciell  von  dem  (damals  nicht  mehr  im  Vordergrund  stehenden) 
ritterlichen  leben  die  i-ede  ist  Ferner  ist  klar,  dass  Freidank  diea» 
Spruch  seinem  werke  nur  in  der  absiebt  einverleibte,  auf  die  vergiB^ 


1}  Vgl  auch  Adelbert  Eollor,  Alte  guto  subwänke*  nr.  52  mit  uiineripatf' 


Bohkeit  des  irdischea  besitzos  btnzuweis«D.  Es  kam  ihm  besonders  aiif 
^7,  8  an.  Aber  in  dem  Spruche  liegt  mehr,  wie  jeder  auf  den  ersten 
»lick  erkennt  Es  sind  die  übermässigen  anfordeningen  hervorgehoben, 
Jwelcbe  das  rittcrloben  an  den  mann  stelte. 

Der  Verfasser  dieser  vier  ?^ilen  ist  gewiss  nicht  in  ritterlichen 
'treisen  zu  suchen.  Es  wird  ein  mann  gewesen  sein,  welcher  voll  neid 
■tlber  die  Vorrechte,  die  der  ritterstand  genoss,  zu  seinem  eigenen  tröste 
*nd  zum  tröste  vieler  auf  die  aufreibende  Wirkung  des  lebens  der 
■edlen  hinweisen  wolte  und  aus  dieser  Stimmung  heraus  sang: 

Nioftan  rilter  rceisen  mac 

drixee  jär  wid  einen  lac, 

im  gebreste  muotes, 

Ubes  alder  guoles. 

Pas  gefiel  und  verbreitete  sich  schnell  im  volke.  Wie  es  nun  aber 
;|;ebräuchUch  war,  kurze  poetische  ausspriiche,  um  ihren  inhatt  den 
llörern  noch  eindringlicher  ans  herz  zu  legen,  durch  umkobrting  der 
«eilen  (vgl.  Carmina  Burana  136*)  zu  vriderholen,  sn  machte  man  es 
.ftDch  hier,  ohne  zu  beachten,  daes  diese  umkehrung  keinen  gnaz  kla- 
fen  einn  ergab.  Jeder  versfand  sie  ohne  weiteres,  der  den  anfang  ver- 
kommen hatte. 

Diese  gewiss  viel  verbreiteten  verse  hrirto  auch  Walther.  Er 
konte  ihrem  Inhalt  nicht  widersprechen.  Aber  von  liebe  erfilllt  für  den 
Btand,  dem  anzugehören  er  sich  zur  ehre  schäzte,  richtete  er  mahnun- 
gen  eindringlichster  art  an  die  edle  Jugend,  uro  sie  dadurch  zu  rittem 
heranzubilden,  auf  welche  jener  ausspruch  nicht  mehr  passte.  Er 
wählte  dieselbe  strophenform  mit  kleiner  abändernng  in  der  Stellung 
der  reime  und  begann  sein  lied  mit  demselben  werte,  mit  welcliem 
4er  Spruch  anfieng.  Einer,  der  den  Zusammenhang  ahnte  oder  kante, 
schrieb  neben  Walthers  lied  die  Zeilen,  welchen  es  seine  entstehung 
verdankte. 


LtBECK,    IM   APRIL    1893. 


HEINRICH   GtSKE. 


NOCH  EßOfAL  DER  ZWEITE  MERSEBÜRGEE  SPBUCE 

■Während  Johansson  (Gütt.  f^l  anz.  1890,  767),  Bteinmeyer  (M8D 
II,  47),  Goltlier  (Geschichte  der  deutschen  littoratur  s.  39),  Kelie  (Ge- 
schichte der  deutschen  lill«ratur  a,  66),  Mugk  (Pauls  Gnindr.  I,  llO-lfg) 
die  von  mir  vertroteno  auflassung  des  zweiten  Marseburg^r  sauber' 
^rucbcs  zu  der  ILrigoii  gcmaclit  haben,  sind  lulr  in  Martin  {Q6lt  t^l 
anz.  1893,  128),  Erdraann  (Ztschr.  f.  d.  phil.  XXVI,  115)  und 
(ebd.  XXVI,  1-15)  drei'  gegner  gegeilübergetreten,  von  denen 
genante  mir  Veranlassung  gibt,  noch  einmal  das  wort  zur 
nehmen.  —  In  seiner  Eddaübersetzung  s.  9  hat  es  Gering  woni 
gefunden,  dass  überhaupt  noch  eine  Übereinstimmung  des  deal 
und  nordischen  götterglaubens  sicher  erkenbar  ist.  Zu  diesen 
derbaren"  Übereinstimmungen  rechnet  er  liuhUr,  Illöäijn  -  Hl 
und  die  „untergeordnete  gestalt"  einra  „kamraermädchenB"  wie 
Wäre  es  unter  solchen  umständen  noch  wunderbnier,  wenn  anch 
Sunna  sich  entsprächen?  Denn  dass  Syn  zu  deu  jürigstwn  scböpfuf^;«* 
der  skandinavischen  niythologie  gehöre,  hätte  ich  nicht  von  demjenigi^ta 
gelehrten  zu  hören  erwartet,  der  belege  des  nehnten  jahrttundertS' 
bei  skalden  gesammelt  bat,  deren  dichtungen  anerkautermassen  va  Atxm 
wertvol3tcn  denkmälern  einer  mythologischeii  auffaissung  hu  rechnen 
sind,  die  mit  der  der  sogenanton  Eddalieder  niclit  in  stilf^oBioinselunflM 
steht  und  als  unabhängige  parallel  Überlieferung  zu  gelton  hat  (ArkiT  föi 
nord.  tilül.  IX,  1  fgg.).  Warum  verscJiweigt  Gering,  daf>8  für  Syn 
linsero  zeugnisti«  günstiger  sind  als  für  FuUa  oder  Qnä'f  Es  bat  mii 
indessen  fem  gelegen,  mit  jener  identttätHerklÜning  „um  jeden  pi«iE 
etwas  nouea  und  noch  nie  dagewesenes  erklügeln  zu  wollen"',  ich  bir — s 
gar  nicht  derjenige,  welcher  in  der  deutschen  Sunn  die  nordische  .S'yj 
erkant  hat,  sondern  trete  nunmehr,  da  es  ein  Prioritätsrecht  zu  wuhn-r 
gilt,  gerne  das  verdienst  der  entdeckung  an  den  ab,  dem  es  gebbbrt 
in  Holtzmanns  Mythologie  s.  146  wird  Gering  die  identitAt  längst  ^aus- 
geklügelt"  finden.  MüUenhofT,  dessen  surgßütig  durchgcdaclite  werk*-  ' 
uns  von  Gering  so  beredt  als  inuster  vorgehalten  werden,  steht  a»i 
aber  —  was  Gering  gleichfals  entgangen  zu  sein  iiieheint  —  mit  Boltz 
mann  und  mir  wenigstens  so  weit  im  bunde,  als  er  Sinikgimth  in  de 
nordischen  Gnd  widergefunden  zu  haben  glaubte  (!!tschr.  f-  d.  a.  3( 
218).  Gering  wird  nicht  umhin  können,  mir  wenigsteuB  aine  i  m  Iiliil^  r 
berechtigung  zuzuerkennen,  wenn  ich  mit  Holtzmann  eine  entspr«f^b^f»^ 

I)  V^.  neoerdings  vmA  aoob  Ztsobr.  f.  d.  a  37,  2T3;  Anz.  It»,  J" 


NOOS   ELVilAL    DER    ZWMTK    «EHSBBOBGBH   SFBUCH  4EB 

aufrecht  erhalte,  die,  wie  er  jezt  nicht  mehr  bestreiten  kann,  nicht 
neaerungesüchtig,  sondern  sogar  Müllcnboffs  grundanschauungen  nicht 
entgegen  ist.  Denn  wenn  ein  Müllenhoff  Siuthgunth  in  (hid  wider- 
findet, gibt  uns  die  wortverwautschaft  ein  besseres  recht  bei  Suntia 
an  Syn  zu  denken.  Nun  ist  eine  göttin  der  Bonne  weder  von  Gering 
noch  von  sonst  jemand  auch  nur  entfernt  erwiesen  oder  wahrschein- 
lich gemacht  worden.  Ich  habe  schon  früher  gesagt,  dass  einer  femi- 
ninen Vorstellung  das  mascuUnum  (ahd.  siimio,  mhd.  sunne)  und  das 
neutruna  got  sauit,  ags.  si^el  entgegen  ist.  Gering  möge  sich  der 
Worte  Jacob  Grimms  (Gram.  III,  348)  erinnern  und  bedenken,  welche 
Schwierigkeiten  darin  liegen,  gerade  iu  einem  ausgesprochen  bai- 
rischea  denkmal  eine  feminine  Siiima  anzunehmen,  während  gerade 
für  Baiern  der  masculine  snnno  hohes  alter  und  weiteste  Verbreitung 
beansprucht,  wie  mit  rocht  längst  von  Heiuzel,  Notkers  psalmen 
8.  XXXVIII  hervorgehoben  woi-den  ist  (vgl.  neuerdings  auch  Weede, 
Wirheit  s. 26 fg. ;  Bruinier,  Krit  Studien  s.  156;  Schlüter,  Untersuchungen 
zxir  gesch.  der  as.  spräche  s.  87).  So  lange  eine  so  gewichtige  tat- 
sache  nicht  beseitigt  ist,  bestreite  ich  Gering  und  allen  anderen  das 
recht,  aus  ihrem  götterschöpfenden  hiiu.pt  eine  göttin  Sonne  auf- 
steigen KU  lassen.  Soll  ich  noch  mit  Uliland  (Sehr.  III,  292)  auf  das 
rätsei  vom  schnee  verweisen  {MSD.  I.  21.  II,  59),  wo  die  sonne  als 
masc.  fiomo  erscheint  und  wo  man  an  atliteration  zwischen  man  und 
mttnt  gedacht  hat?  Nichtsdestoweniger  möchte  ich  Gering  bitten,  aus- 
einanderzusetzen, mit  welchem  „fug  und  rechf  er  an  eine  göttin 
onno  glaubt.  Es  entsprach  also  ganz  und  gar  der  aidTassung  Mül- 
iho&,  wenn  ich  behauptet  habe,  die  frauennamen  des  Zauberspruches 
1  uns  in  die  drött  der  Fri^g,  denn  Sinihffunlh-  (hui,  VoU- 
SuTiH-Syn  setzen,  wie  ich  nach  Gerings  eigenen  worten 
lehmen  darf,  einen  kreis  um  Priia  voraus,  der  dem  der  nordischen 
igg  enteprochen  haben  muss.  Auch  dieses  argument  übergeht  mein 
gestrenger  gegner  mit  stilschweigeu.  Mit  andern  worten,  Gerings  pole- 
mik  lässt  eine  meiner  hypothoson,  bezw.  die  Holtzmannsche  hypothese 
g&nzlich  unberührt  beetoben. 

_  W,  Scherer  hat  in  der  Ztsehr.  für  Österr.  gymn.  1870,  49  (=  Kl. 

pchr.  I,  189)  für  den  Merseburger  Spruch  die  Situation  ungefähr  richtig 
gezeichnet.  Die  eigontüche  Zauberformel  iivird  für  den  gläubigen  dadurch 
wirksam,  dass  die  erzahlung  eines  typischen  falles,  der  im  moment 
gerade  als  realfall  sich   widerholt,    vorausgeschickt  wird.     Die  zauber- 

E' — ft  wird  bezogen  von  einer  in   der  epischen  erzählung  citierten  gott- 
t,  die  beschworen  wird,  auch  jezt  hilfreich  emzugreifen.     Wir  haben 



4H  SÄjartLum 

es  also,  wie  nooh  aiemand  bezweifelt  bat,  in  der  ergteu  bSUta  Sk 
epruches  mit  einem  epyllioa  zu  taa>.  Nud  ist  es  eine  bekant«  sUlfbiB, 
dass  die  erzählung  erst  bei  der  epischen  handlung  einsezt  und  die  T0^ 
Bussetzungen  niuht  exponiert  ^'erden.  Unseru  alten  beidnischen  sin- 
bersprücbo  unterscheiden  sich  dadurch  etilistiscb  sehr  deut- 
lich von  den  christlichen  (vgl.  z.  b.  MSD.  n,  303).  Daraus  litlgt, 
dass  wir  nicht  wissen  können,  was  mit  vuoiiin  xi  holxa  gemeiot  ist 
Wegen  der  jüngeren  parallelen  (wie  z,  b.  Germ.  8,  Ö3)  denkt  tnaa  wol 
zumeist  an  einen  jagdausflng,  der  schon  deswegen  unwahrscheinlich  bt, 
weil  die  christlichen  sprüche  gar  nichts  mit  unsei'en  heidnischen  zu  schaf- 
feo  haben.  Ein  auderes  bild  Hesse  sich  aus  einer  stelle  wie  Notkor  I, 
597  und  wieder  ein  anderes,  vermutlich  das  richtigste,  aus  einer  stell« 
wie  Kaisercbronik  v.  12185  gewinnen,  die  mit  Skfrnism.  v.  30  u.  i 
beweiskräftig  wird,  Wtiodan  war  mit  Ffila  und  derim  drött  aalge- 
brochen, um  bei  huldon  oder  imholden  im  walde  irgend  ein  anlieg«! 
zu  erledigen.  Ich  habe  nichts  davon  gesagt,  doss  man  im  altertum 
die  galant^rie  so  weit  getrieben  habe,  einen  weiblichen  eigonnamen 
dem  des  mannes  voranzustellen,  die  Situation  hat  man  sieb  vielmi^r 
so  zu  denken,  dass  Vol  und  Wuodan  von  den  übrigen  sich  gctnnl 
hatten  und  dass  unterwegs  dem  schlachb'oss  des  gottes  (das  bedontet 
bekantlicb  vuh  [vgl.  Janicko  zu  Biteralf  2784J,  und  diese  bedeutoog 
scheinen  diejenigen  nicht  genügend  gewürdigt  zu  haben,  welche  üti 
beziehung  auf  Wuodan  bestreiten)  ein  iinglück  zustiess,  wie  bei  ande- 
rer gelegenheit  den  bocken  des  pötT  {Hyraißkv.  37)  und  bei  widet 
anderer  gelegenheit  dem  streitross  des  Hartmuot  (dö  sack  man  ouck 
strücli^n  lUs  künee  Hartmuotes  voln  Qudrun  1408,  4).  Dass  der  naiue 
der  güttin  vomngestelt  ist,  erklärt  sich  einfach  daher,  dass  die  oiiu' 
von  den  andern  sich  getrent  hatte,  dadurch  in  augenfälligen  gegeosatz 
zu  den  Übrigen  weiblichen  teilnohmem  der  fahrt  geraten  war.  Ich  sebc 
keine  andere  moglichkeit,  wie  der  dichter  solchen  inhalt  anders  in 
kürze  hätte  andeuten  können  als  dadurch,  dass  er  das  augenfalhp' 
zuerst  sagt  und  das  ausnahmsweise  verhalten  der  Phol  schon  durch 
die  Wortstellung  kenzeichnet.  Übrigens  ist  es  nicht  richtig,  dass  nur 
die  Stellung  mascuHmun  -f-  femininum  belegt  sei  (vgl,  Hyndlidj.  IT 
32),  man  könte  spociell  auch  an  eine  scene  wie  Helgakv.  Hjijrv.  35 
denken;  Gerings  „niemals"  wäre  also  jedesfals  zu  streichen! 

Gering  erklärt  nun  aber  Pliol  für  Apollo.     Ich   fürchte,   er  »rini 
auch  hei  freunden  damit  nicht  mehr  glück  haben   als  Julius  Zidier, 

1)  Vgl.  joit  auch  E.  Schröder,  Zteclir.  f.  d.  a,  37,  258  fß., 
deuteoUe  beueanttog  des  epyllioD  erksnt  hat. 


der  In  jflfeH 


uiM  457 

d«!;i^Q  Phol- Apollo  man  lüagst  zur  tage^ordnuDg:  übergegan- 
eo  ist.  Apollo  hat  mit  eiuem  itaaginären  „  g^rtuamschen  liditgott" 
lalder  nichts  zu  scliaffen  (vgl.  je^t  z.  b.  auch  Bezzenbergeis  Beitr.  19, 
)),  jenes  kann  folgiich  nicht  als  intcrpretaUo  romana  dieser  aufgefasst 
irerdoo.  Zweitens  ist  gar  kein  anhaltspimkt  dafiir  vorbanden,  dass 
ipoUn  in  den  volkstümlichen  spraclischatz  aufgenommen  worden  sei. 
Ilir  die  gelehrte  litteratur  kont  den  fremden  namen,  und  wo  er  auf- 
ritt, zeigt  der  nanie  eine  form,  die  von  Phol  sehr  weit  absteht:  Äp- 
Mlles  MSD.  I,  ai8,  25;  AbolUn  MSD.  I,  38,  59;  eine  form  P/iäl  für 
Lpollu  hat  alsu  geringeren  wert  ab  eine  gänzlich  unwahrscheinliche 
lypothese.  Dieser  hypothoso  wird  aber  jeder  grund  und  boden  ent- 
Eogeti,  wenn  die  von  Gering  u.  a.  für  Apollo-  Phol  angezogenen 
inamen  anders  zu  erklären  sind.  Seltsamer  weise  beruft  sieh  auch 
loriog  darauf,  dass  die  betreffenden  ortsuameu  bis  ins  Thüringische 
rfareitet  seien!  Er  citiert  PhoUsbrunnen  in  provintia  Thurinffiae  (es 
:  das  heutige  Ffuhlsborn  in  der  nühe  von  Apolda,  das  aus  Urkunden 
6  14.  Jahrhunderts  mir  als  PfoUxhorn,  Phalsbom,  PftUsborn  bekant 
It).  J.  Orimm  hat  selbstverständlich  niemals  daran  gedacht,  dass  bis 
wh  Thitringen  der  name  des  Apollo  gewandert  sein  solte,  bis  nach 
Bern  landstrieb,  wo  von  rümischor  provincialbevölkorung  noch  keine 
lur  entdeckt  worden  ist  (über  das  von  J.  Grimm  angeführte  Pölde 
indet  sich  das  richtige  bei  Schottin,  Die  Slaven  in  Thüringen  s.  10  u.  ö.). 
»  richtet  sich  die  annähme  Geriogs  selbst  Wie  und  wann  sollte  jemals 
ne  „römische  kultursphäre "  solcher  potenz  bis  an  die  Saale  gereicht 
aben!  Wie  solt^en  die  obd.  Ortsnamen,  die  zum  teil  gerade  an  der  teufels- 
latior  gelegen  sind,  irgend  anderer  herkunft  sein,  als  dass  sie  nach  dem 
bhlgraben  benant  sind',  büdungen  sind,  wie  das  von  Amm.  Marcel- 
I1U8  18,  2,  15  überlieferte  ad  I'alas,  wozu  man  Mommsen,  Rom.  Gesch. 
f,  111.  141  anm,  vergleiche.  Phalsaiava  hat  also  ö,  und  so  steht  denn 
Mon.  Boica  IV.  519  Pfoalsoica.  Hätte  unser  Phol  mit  diesem 
rtanamen  (vgl.  auch  Phitala  Würt  Urkbuch  III,  417  u.  ö.?)  etwas  zu 
chaffen,  so  müste  "Phuol  überliefert  sein.  Damit  hoffe  ich  den  aber- 
tauben an  die  mythologische  bedeutung  jener  oi-lsnamen  vernichtet  und 
eu  pbontaaien  von  einem  Balder-ApoUo-ölüasi  au  den  ufern  der  Saale 
der  in  den  nrwaldern  Thüringens  und  am  Limes  eine  ende  gemacht  zu 
laden.  Dann  talt  aber  auch  die  von  Gering  behauptete  beziehung  zwi~ 
eben  Phol  und  BaUler- Apollo.  Bugge  hatte  sich  gleichfals  schliess- 
[eh  d^iir  erklärt,  dass  baUkres  auf  Phol  zu  beziehen  sei,  nachdem 
L  Kock  auf  die  von  C.  Ohlson  Arcadius  veröffentlichten  segenformelu 
1)  Vgl.  hiurau  büoU  J.  Grimm,  Mytliol.  e.  654  fg. 


456  KAumum 

rerTallen  war.  Dieselben  gtanimen  aus  kirrhenburhem  von  BohtuUn, 
gokäreo  den  jähren  1629  und  1672  an  iind  sind  wol  für  die  9cfail<lo. 
ningen,  die  Arcadius  von  don  kyrkliga  ßrhällandm,  kfnaissätl  oeh 
«öder  (diss.  s.  117  fg.)  gibt,  interessant,  orgeben  aber  nicJits  für  die 
löstuig  der  frage:  Vnr  Balder  äfvcn  im  iysk  gitd?  (Srunska  laudsm.  VI 
[1888|  CXLTl  fgg.)  Oering  ist  ja  wot  derselben  ansieht,  sonst  hÄtte  er 
sich  sicherlicli  darauf  berufen;  ebenso  fem  liegen  die  Strophen  bei 
Landstad,  Norske  Folkeviser  nr,  IX  v.  48  fgg.  nebst  tillfpg  v.  V, 
(B.  127)  u.  a. 

Überrascht  hat  mich  die  behauptung  Üerings:  demo  balderes 
stn  VU07,  sei   nicht  anders    zu    fassen  als  wenn  geschrieb« 
demo  balderes  volon  der  vuox.     Das  ist  eine  aofFassung,  die  x 
nimt.    Ich  habe  seinerzeit  gesagt,   in  v.  2  liege  ein  „entsprech 
Vulgarismus  vor  wie  in  den  folgenden  versen.     Meine  gegner 
daraus  den  vorwiu-f  gemacht,    ich   hätte  den   dativ  nicht  zum  vi 
constniiert  (Beitr.  15,  570)   oder  ich  „verstehe  nicht  verechiedcni 
auseinanderzuhalten",  als  wenn  ich  von  demselben,  dem  gleichsB 
Vulgarismus  gesprochen  hätte.    Auch  ich  construicre  wie  Behaghel  uiid^ 
wie  Erdmann -Oering  de7no   volon   zu  birenkit,    halte  »in   für  das  pcw — 
sossivpronomen ,   sehe  aber  immer   noch   einen   dem  folgenden  entspre — 
chenden   Vulgarismus   darin,    dass  eben   nicht,    wie  Gering  meint,   der~ 
Bondera  das  poasessivum  steht,  dem  eine  ganz  entsprechende  rückbcxie — 
hung  auf  den  unmittelbar  vorhergehenden  bogrifT  zu  gründe  Ue^.  wi^ 
den    folgenden  pronominibus  der  dritten  person.     Ich   habe  diflse 
der  riickbeziehung,  bezw.  der  wideraufnuhme  einen  vulgarismuü  genant^-« 
weil  ein  derartiger  pleonasmus  Dach  modemer  anffassung  den   ton   vul — ■ 
gär   färbt   und    von   einer  ausdrucks weise  wie  hirex  ninrta  hintiin  tp- 
dax  öra  (MSD.  nr.  VI)    charakteristisch  sich   unterscheidet   (vgl  aii»^: 
der  von  Erdmaun   beigebrachten  Otfridstelle  1,  5,  36    noch  NotktT  K 
12,  28.     22,  24.     300,  26  fg.  25   und  MSD.  zu  Judith  3,  8j.   — 
nen  ausgaogspunkl  bildet  die  orwägung,  dass  die  halbverso 
sin  vuot  birenkit 
Sunrta  era  suisler 
Volla  era  svt'ster 
in  dieser  form  nicht  altertümlich  sind,  sondern   der  xprecb' 
10-  Jahrhunderts  augohöreu,  als  mundartliche  fortbildungen 
durch  die  metrik  nah^elegter  halbverse 
voz  birenkit 
Suttfta  suister 
Volla  stäslcr 


mm 


ftufzufassen  sind.     Als  modern  haben  natürlich  auch  die  einleitenden 
ttft,  thü,  der  ersten  halbverse  und  die  enclitiscbeu  -en  zu  gelten  (Ztschr. 
fc  d.  phil.  2,  12fi).     Wir  dürfen  kühnlich  als  originalform  betrachten: 
''  jvard  baldres  tv!on         aüx  birenkit 

b/'gdl  Sinlkgttnik         Stinna  suister 
"'  bigöl  Friia        Volla  suister 

*  bigöl   Wodan        so  wola  conda  .... 

Die  pronomina  der  dritten  person  dienen  wie  das  Possessivpronomen 
einer  art  der  rüekbeziehiuig,  wie  sie  der  älteren  epischen  spräche  nicht 
l^gen    ist,   vgl.  Musp.  10   dcnne  der  man  in  pardisu    pü  kiwinnit; 
ffn  muot  Musp.  19  ist  ebenso  modern  wie  die  bekanten  dar  und  denne, 
Jrelcbe  den  dii,  thii  des  Spruches  correspoudieren  (vgl.  klienfun  40  ohne, 
'iu  kösa  40  mit  artikel  u.  a.);  auch  auf  stn  lip  v.  82,  sino  viiina  25: 
io  virina  98    im   gegenaatz   zu  iälo  deheina  95    wäre    zu  verweisen. 
fuD  wird  man  vielleicht  eher  einsehen,  inwiefern  sin  vuox,  doch  nicht 
fisselbe  ist  wie  der  vuox,,    man   wird  mir  zugeben,   dass   sin   genau 
en    pronominibus    der  dritten   per&oo    in    v.  3.  4   des    sprucb^  zur 
Seite  geht 

Das  psychologische  und  grammatische  prädikat  des  satzes  in  v.  2 
1^  birenidt;  ich  habe  nirgends  behauptet  demo  baldercs  rolon  sin  vuot' 
Wide  das  subjekt.  Vielmelu'  betrachte  ich  als  psychologisches  Subjekt 
des  Satzes  demo  baldcres  volon  und  die  übrig  bleibenden  sazteilo  als 
bindeglieder  zwiscben  dem  psychologischen  subjekt  und  dem  psycholo- 
gischen prädikat  Die  jüngere  sülform  verwendet  bekantlich  derartige 
bindeglieder  in  ausgedehnterem  masse  als.  dieültere,  und  je  völliger  die 
psychologischen  beziehungen  zu  sprachlichem  ausdruck  gelangen,  um 
•uo  freigebiger  sind  wir  mit  der  annähme  eines  sog.  pleonasmus.  Der 
fariderspruch  zwischen  grammatischem  untl  psychologischem  subjekt  hat 
l^e  umständlichere  ausdrucksweise  zur  folge.  In  unserem  fail  ist  „rose" 
IHychoIogiscbes  subjekt;  um  das  ross  dreht  sich  handlung  und  erzah- 
^g.  Tritt  wie  in  unserem  sprueh  der  fall  ein,  dass  das  psychologische 
jRibjekt  nicht  in  der  form  des  grammatischen  Subjekts  (d.  h.  im  nomi- 
HkUv)  erscheint,  so  ist  veranlassung  vorhanden,  die  be/aehung  »wischen 
ijpammatischem  und  psychologischem  subjekt  durch  einen  Vertreter  des 
iesteren  bei  dem  ersteren  zu  maikieren,  dem  grammatischen  subjekt 
l'iöu  rückbezügliches  pronomen  beizugesellen.  Diese  meine  auffassung 
Jißtt  V.  2  dürfte  uun  keinem  misversländuis  mehr  ausgesezt  sein;  ich 
allerdings  zu,  dass  meine  werte  Beitr.  15,  208  anlass  zu  einem 
^cben  werden  konteii. 


460 

Für  die  verse 

biijäl  Sintiiyunth         Sunna  suistcr 
biifdl  Friia  Volkt  suister. 

will  ich  gern  das  aayndeton  zugestehen,  wenn  es  Gering  gelingt,  eine 
aufzöblung  dieser  art  in  den  alten  epischen  gedichten  nacbznweisec  -• 
nur  verschone  er  uns  mit  berufungen  auf  tnemorialverse  und  SholidllB 
raaterial,  wie  es  schon  Ztschr.  f.  d.  n,  2,  190  citiert  worden  war.  ft 
gehört  nur  Skfrnism.  38  hierher: 

Heyri  jqtnar  keijri  hrlmpw 
Suthittga  synir. 
Was  darunter  zu  verstehen  ist,  wissen  wir  aus  Hijvam.  v.  103  fQj 
anaphoron  heyn  —  Aeyn'  hat  noch  niemiind  als  asyndeton  aufgebsst 
und  dass  Snituiiga  synir  nichts  anderes  als  Variation  zu  krimpursar 
darstelt,  geht  ganz  unbestreitbar  daraus  hervor,  dass  hq/ri  nicht  zum 
dritten  mal  wideraufgenoramen.  worden  ist  {vgl.  R.  M,  Meyor,  Alferm. 
poesie  a.  315  fgg.).  Nicht  asyndetische  anftigung,  sondern  Variation  liegt 
vor.  Aber  auch  bei  aufzählungen  suche  man  ein  paar  wie  das  MQ1]«d- 
hoff- Goringsche  —  es  wird  voi;gebIich  sein.  Es  gibt  keine  aiifz&hlang, 
bei  welcher  das  gemeinsame  prädikat  nur  dem  zweiten  teil  angtbäogl 
wäre,  vielmehr  verfährt  die  autzählnng  in  der  regel  so,  dass  jedem 
glied  deraelbe  nmfang  gegeben  und  das  gemeinsame  dem  einzelnen  vor 
ausgeschickt  wird  (vgl.  Hei.  4013  fg.).  Auf  unsem  fall  augerwendet 
könte  das  asyndeton  passieren,  wenn  gesagt  wäre:  *lng6Utn  auMfer 
Sinihgtmtk  Sunna  oder  ähnlich.  Eine  aufeählung  Sinthgunth  -f-  schtce- 
ster  Smina  gibt  es  nicht,  sie  darf  als  stilwidrig  bezeichnet  werden 
(über  die  entwicklung  des  asyndeton  in  späterer  zeit  vgl.  G.  Roetiu^, 
Reinmar  von  Zweter  s.  317  fgg.). 

Trotzdem  will  ich  noch  auf  HiJdebrl.  v.  20  eingehen.  Hieno 
muss  ich  allerdings  gleich  bekennen,  dass  ich  die  polemik  gegen  d« 
asyndeton  längst  eingestelt  hätte,  wenn  ich  nicht  —  es  ist  schon 
lange  her  —  die  Überzeugung  gewonnen  hätte,  dass  an  jener  Hilde- 
brandsliedstelle  ein  asyndeton  nicht  vorliegt.  Auch  Gering  ist  mir 
antwort  auf  die  entscheidende  frage  schuldig  geblieben,  was  denn  Arf- 
tila  pri'it  bedeute.  And.  Mtil,  ahd.  hixsil  heisat  nun  oben  eimn^ 
nichts  anderes,  als  pnrvm,  parwlua  (Hei.  381-  740;  Tatian  114,  I; 
IsidorO,  4;  Kaiserchronik  1638  u.a.)  und  wird  nie  und  nirgends  in 
Übertragenem  psychischem  sinne  gebraucht,  und  luxUax  folch:  ttJgui 
verträgt  sich  mit  unserer  stelle  erst  recht  nicht  Kurz  —  was  Höh»- 
mann  vorgebracht  hat,  ist  auch  durch  Gering  noch  nicht  beeeitjgt 
Diese  bedenken  Holtzmanns  gegen  das  asyndeton  verstärken  sich,  wenn 


l 


man  die  worte  LaehmanDB,  El.  sehr.  1,  425  liest  und  beobachtet,  wie 
weit  sich  der  scharfsinnige  mann  durch  dos  besoi^gniserregendo  asyn- 
deton  Lat  in  die  irre  führen  lassen.  Wenn  das  betreffende  epithetoo 
sich  auf  pnit  bezöge,  müstc  bätilihi  stehen.  Wenn  aber  laosa  zu  bam 
gehört,  darf  schon  der  grammatischen  fonn  wegen  luttila  gar  nicht 
anders  construiert  werden.  Auch  in  der  neuen  aufläge  der  Denkmäler 
ist  „das  schwache  iaosa  auffallend'^  geblieben.  Die  erwähnung  der  frau 
tiB  beklagenswertem  Schicksal  überlassen  bringt  einen  fremden  zug  in 
die  heroische  sage.  Was  wir  erwaiteii,  steht  bei  Saxo  I,  358,  7  mit  den 
Worten:  unteua  hie  7iobis  haeres  erat,  una  palerni  cura  animi, 
auperoqiie  datiis  solamine  matri.  pnit  in  büre  ist  wie  fiireo  in  folche, 
fokhes  at  enie,  soeoiaatero  in  fok  zu  construieren,  prAt(i)  als  genetiv 
zu  fassen,  prüt  in  hilre  hat  mit  in  lanle  zu  variieren.  So  talt  also  auch 
diese  leztc  säulc,  und  das  asyndeton  wage  ich  jezt,  wie  ich  denke,  mit 
guten  gründen  nicht  bloss  als  stil-  sondern  geradezu  als  sprachwidrig 
lU  bezeichnen.  Falle  wie  Muspilli  v.  87  fg.;  Notkerl,  252,  23  {vgl 
J.  Grimm,  Ztschr.  f.  d.  a.  2,  190);  Kaiserchronik  t.  14185  fg.  gehören 
nicht  hierher. 

Aber  Gering  selbst  hat  ja  all  diesen  einwänden  nicht  die  ent- 
scheidende bedeutung  beigemessen,  wie  dem  umstände,  dass  VoÜa  das 
einmal  mit  v-,  das  andere  mal  I'hol  mit  p)t-  geschrieben  sei.  Das  ist 
iOr  Gering  ein  beweis,  dass  ein  laut  widergegeben  werden  solte,  der 
Ton  dem  deutschen  v-  wesentlich  verschieden  und  doch  widerum  nicht 
so  weit  verschieden  war,  dass  er  nicht  auf  v-  hätte  alliterieren  können. 
Apollo  wäre  in  Baiern  etwa  zu  bol,  wie  episcopus  zu  Inscof  geworden; 
dass  Pfol  (etwas  anderes  konte  doch  wol  Gering  mit  ph-  nicht  meinen?) 
hätte  daraus  werden  können,  ist  gar  nicht  wahrscheinlicU  zu  machen 
und  alliterationen  auf  b-  rcsp.  pf-  waren  doch  zu  beschaffen.  Trotz- 
dem solte  auf  V-  alliteriert  worden  sein  —  das  glaube,  wem  der  glaube 
g^eben  ist  ächliesshch  gebe  ich  Gering  noch  eines  zu  bedenken.  In 
unserer  )is.  Überlieferung  steht  ja  nicht  bloss  das  einzige  pk-  den  fet^ 
seren  f-,  sondern  ganz  analog  ein  einziges  dii  ferneren  Um  gegen- 
ftber.  Vermutlich  wird  d  für  th  ebenso  wie  ph-  für  v-  dem  bairi- 
Beben  Schreiber  des  10.  Jahrhunderts  angehören  —  wie  man  in  Baiern 
damals  auf  ph-  für  v-  verfallen  ist,  weiss  ich  nicht,  erlaube  mii*  aber 
trotzdem  noch  einmal  auf  die  von  mir  gesammelten  bairiaoheD 
belege  für  ph-   -=  v-  zu  verweisen. 

Was  aber  den  einwand  betrift,  die  von  mir  behauptete  konstnik- 
tion  „der  Sunn  ihre  Schwester"  sei  im  ahd,  unerhört,  so  liat  miob 
derselbe  nicht  überrascht     Wenn  ich  sie  ti-otzdem  für  unsere  stelle  in 


4dS  armsQ 

ansprucL  genommen  habe,  so  folgte  ich  dem  dnitig  der  grOiide,  dw 
ich  im  vorstelieDden  noch  eindringlit^her  zu  entwickeln  veisuctrt  lube^ 
Anders  kann  die  Btf?Ue  gar  nicht  erklärt  werden.  Vf»»»  ea  «n  Bidi  köl 
verbrechen  ist,  einen  in  den  mundarteu  so  weit  verbreitet«  mil  » 
tief  eingewurzelten  vulgarismiLs  —  der  meineR  wissenn  fibtT  das 
gebiet  germanischer  spräche  sich  erstreckt  —  gleich  »ndero 
nungen  des  miindarliichen  spracblebens  ins  10.  jahrhnndert  Kti 
datieren,  dessen  glaube  ich  mi<'h  versichert  halten  zu  dürfe», 
erlaube  mir  nur  no«?h  auf  könig  Rother  v.  2035  fg,  aufmerlnfta^ 
miichen  und  die  wni-te  äcs  erhläpcrs  Rtickert  zu  eitleren,  nuch  di 
in  der  Umgangssprache  der  zeit  die  falle  nicht  selten  gewesen 
möchten,  wo  zu  dem  genetiv  des  besitzes  noeh  eine  besondere  bewich-  -~ 
nnng  durch  jiron.  person.  oder  possess.  hinzutritt  Ich  verweise 
Brünhüde  ir  iip  Nib.  806,  2  A  ==  der  Priinkililf.  llp  BC;  Hagemmm 
stn  gewant  1992,  3  AB  u.  n.  Trotz  der  unsichcm  Überlieferung 
ich  auch ,  mich  auf  den  anfang  rjes  sprnchs  ad  pesinn  eijui  zu  bemfei 
(MSD.  U,  304);  wir  kiinnen  nicht  vormuten,  was  und  wie  rieJ  i 
ergänzen  ist,  aber  die  grammatische  form  weist  docli  darauf  hii 
dasi*  Faks  sin  s»n  und  Sumta  era  sut'uhr  sich  aufe  geiuiuosto  etil — -^■ 
sprechen:  got  Marjins  jah  Mttrpins  su-istrs  ixna:  Marjion  jak  m 
izos  Joh.  XI,  1.  5  weicht  auch  in  der  Stellung  von  hos  ab:  ebmi 
Tatian  13i>,  3  Marlkttn  inti  ira  .tiiesler  Mariini  in  der  Stellung 
üwetten  namens. 

.TENA,    2-   JULI    1893,  PHIWRIiriT    KitTTMAXU. 


Auf  die  vorstehenden  ausführungen  EaiifTmauns   habe  ich  fal 
des  zu  erwidern: 

1.  Meine  behauptung  über  die  Verbindung  mänlicher  und  woll 
lieber  eigennanien  will  ich  dahin  prücisieren,  da»  der  algem«in  gilttgeE-' 
regel  nach  dem  mftniiehen  die  erste  stelle  gebührt  und  dasa  nur  ii 
nahmsweise  in  pneti^chen  denkmiilern,  und  dann  stets  aus  mothscl 
gründen,  hiervon  abgewichen  wird,  j-o  erklärt  sich  die  erste  von  Kai 
mann  citierte  stelle  di^r  Hvndluljr'jl'  (str.  17  Bugge)  ^  S<th(m*ings 
ok  Si'iifH  wäre  kein  richliger  langvers  — ;  während  die  zweite  (.«tr.  3Ä 
aus  dem  «piele  bleiben  muss,  d»  es  nicht  aitsgentMcht  !^,  üb  IIt*fm 
hier  wirklich  ein  fraiiennatne  ist  (Sveinbj.  Egitsson  317"  erklärt  ihn 
ein  masculinum).  Dagegen  bann  ich  eine  zweit»  ansnahm^»  «uo 
ags.  Andreas  beibringen :  während  im  Holland  die  liimmetdtnnigin  Mar^* 
es  sich  gefallen  laitsen  muss,  stets  liinter  Joseph  zurllrkluistoben,  d^ 
Joseph   eiuii  Maria  die  allein   llberliofertc   forniol   ist    (458,   532, 


Uk 


2.   Z^_ 


^^  ccH  463 

ß),  stoben  die  nameti  in  der  Andreasstelle  (ßS8)  in  umgekehrter 
üieofolge,  da  die  zwei  allitprierendeE  >n  der  ersten  vershälfte  die 
lanuDg  der  ihlaria  an  erster  stelle  gebieterisch  verlangten.  Ein  sol- 
«e  metrischer  zwang  lag  aber  in  dem  ersten  verse  des  zweiten  Mer- 
kbarer sprucbös  nicht  vor:  wäre  Pfwf  wirklich  ein  frauenoamii,  so 
tte  BB  dem  dichter  nicht  die  geringste  Schwierigkeit  gemacht,  ihn 
die  zweite  stelle  zu  bringen.  Er  konto  etwa  sagen;  Wö(hin  enti 
wl  II  tcaUle  tmorun.  Was  KaiiiFmann.  über  die  „Situation"  des  sprii- 
lea  vorbringt,  am  die  auffallende  nennnng  der  unbedeutenden  göttin 
■  WodMn  zu  erkläi'en,  sind  lediglich  phantasien;  wer  nicht  gewaltsam 
ras  in  unser  Jenkmal  hineininterpretieren  will,  sondern  es  unbefan- 
I  heh'ftchtet,  wird  sich  der  uieinting  anschliessen ,  die  kürzlich  von 
,  il.  Meyer  (Anz.  f.  d.  alt.  19,  210)  ausgesprochen  ist,  „dasa  für  einen 
tgermanischen  dichter  die  nennung  einer  göttin  vor  einem  gott  (und 
r  vor  dem  hauptgott!)  einfach  eine  stilistische  Ungeheuerlichkeit  wäre," 
t  diese  bemerkung  unzweifelhaft  richtig  ist,  so  sehe  ich  keine  mög- 
tfakeit,  der  von  Meyer  mit  recht  gezogenen  schlussfolgerung  auszu- 
Bichen,  „dass  Phol  ein  gott  und  zwar  ein  dem  Wodan  au  bedeutung 
thestehender  gott  sein  müsse".  Ich  sehe  ferner  keine  möglichkeit, 
st  göttemamen  mit  dem  ungermanischen  anlaut  für  etwas  anderes  zu 
USren,  als  für  *ine  Verstümmelung  von  Apollo':  dieser  anlaut,  bei 
I  der  Schreiber  geschwankt  hat,  ob  er  dmch  p  oder  ph  ihn  wider- 
ibrai  solle,  kann  unbedingt  nicht  das  germanische  f  sein',  das  in  den 
liden,  von  derselben  band  aufgezeichneten  Sprüchen  im  anlaute  durch- 
t3  fest  ist  und  nicht  einmal  nach  dem  praefix  in(t)  zu  p/'sich  verhär- 
t  hat  {inrar  I,  4).  War  in  Sttddeutschland  der  römische  Apollo  mit 
alder  combiniert  worden  (Kaufimann«  äusserung,  dass  Apollo  mit  dem 
hnaginären "  germanischen  lichtgotte  Balder  nichts  zu  schaffen  habe, 

1)  Eaaffnianii  meint,  üass  Apotlo  im  bairischen  xa  Bol  bätte  nerdeo  müs- 
,  and  deutet  aunh  Gonst  mehrfach  an,  ilass  er  die  anrzeiobtinng  der  beiden  Sprüche 
1^  einen  bairischen  ai'JireiboF  für  mna  ausgemanbt«  Baoho  luisiebt  leb  linde  in 
I  «procbeo,   die  Braune  mit  recht  als  oslfränluHoli  beteichnet,   kein  eincigea  siahe- 

fcritetium  bairlKoher  provenienz,  denn  pft  für  ft  ist  auch  im  fränkischea  uoch- 
liesen  (Braune,  Ahd.  gramm.*  |  139,  anm.  T).     Die  erweichung  des  intervojfaliscben 

dte  dfts  deutacbe  scbon  ttus  dem  roman.  ül>erknm,  ist  auch  keiooswegs  überall 
vgl,  pfeffer  <  P'pff,  luffinn  <;  luptna,  auch  poBtul  <;  aposlotus 
LU6,  4. 

2)  Der  umstand,  Am&  der  sulireibor  der  Meraeburger  Sprüche  zwischen  th  und 
ttkwaolct  (wie  dies  z.  b.  auch  der  ochreibor  y  des  Tntian  tut),  itft  noch  kein  beweis 
Qr,  daas  er  auch  in  der  bozelclinnug  des  /'-lauten  geschwankt  haben  müsae,  Oerin. 
naterlng  ja  der  iantvei'schiL'ljung,  gpiiu,  f  abej-  nicht. 


46i  anmiG 

ist  ^e  bebuuptiing,  aber  kein  beweis),  so  sehe 
solieiDiicIies  in  der  Biinahme,  dass  die  kentuis  der  frcaudeii  not 
P(h)ol  über  die  Mainlinie  bis  nach  Thüringen  vorgedriiug&ii  i 
lasse  mich  auch  an  dem  glanbeu  an  dio  beweisende  Icraft  dai 
deutschen  und  thüringischen  Ortsnamen  durch  KaufTmanns  erört 
(trotz  ihres  überlegenen  und  aiepesgewisBen  tones)  nicht  irre  machCit« 
Pfuhlsbom  bfi  Apolda  und  Pfulsdori'  bei  Uolha  sind  sJchfrlich  nicht 
nach  dem  Pfahlgraben  benant,  und  wenn  neben  Pholesoutca  sich  dio 
form  Pfvalsov>a  findet,  so  ist  dadurch  die  ursprüngliche  lünge  lies  o 
nocli  lange  nicht  bewiesen,  da  die  vc^rmutung  nahe  liegt,  dass,  nadi* 
dem  der  name  des  gottes  längst  verschollen  war,  die  voilutfitymoliigie 
nnlehnang  an  ein  ihr  bekantes  wort  gesucht  und  gohindtm  habe. 

2.  Dass  bereits  Holtzmaun  die  Sunna  unsres  Spruches  i 
nordischen  Syn  hat  identiÜcieFen  wollen,  war  mir  unbokaiit; 
manns  einfall  bat  also  nicht  einmal  den  ,reiz  dor  neuheit"  fil) 
Eeinesfals  gewint  er  durch  dieses  zusammentreffen  an  glaubwdi 
Ich  bestreite  nach  wie  vor,  dass  die  persunification  eines  so  abst 
begriß'es,  wie  die  rechtsgillige  einspräche  oder  entschuldigung  < 
in  urgermanischer  zeit  erfolgt  sein  kann.  Überdies  ist  die  j 
des  got  «unja  im  ahd.  niclit  vorhanden.  Wie  ferner  Kaufiinann  dazu 
komt,  die  existenz  einer  germanischen  sonnengöttin  zu  Icu^es,  ist 
mir  unvei'staodlich,  da  anerkaatermassen  die  Brynhild  der  heldensagä 
nichts  anderes  sein  kann  als  eine  hypostase  dieser  güttin.  Dass  man 
daneben  sich  die  sonne  znweileti  auch  niänlich  vorgostelt  hat  ode^ 
neutrale  form  brauchte,  wenn  man  das  gestim  selbst  nnd  nicht  i 
lenker  bezeichnen  wolt^,  Ist  mir  natürlich  uiciit  neu;  bei  der  i 
der  Germanen  für  gleichnamig«  götterpaure  sind  Sujatn  oud  ^ 
nicht  auffallender  als  Frcyr-Kreyja  und  Nj<irpr-Nertkus.  J(j 
trat  aber  die  mänliche  sonneagotheit  ftüh  in  den  hintet£ 
norden  kent  sie  gar  nicht,  und  in  Dentschland  bat  die  auflassui 
Bomie  als  eines  weiblichen  weseiis,  die  sicherlich  immer  die  i 
sehende  war,  schliesslich  die  alleinherscbaft  t-rlajigt  Das  Reid 
ratsei  (MSD.  VII,  4)  anzuführen,  hiitte  Kanffmann  sich  sparen  1 
da  es  für  die  frage,  ob  in  Baieiii  oder  sonstwo  die  mSnUcl 
weibliche  namcnsfomi  beliebter  war,  schlechterdings  nichts 
auch  wenn  in  der  deutschen  vorläge  ntagad  stand,  niust«  > 
Setzer,  da  lat  Sol  und  Titan  masculina  sind,  in  i;.  3  ein  i 
homo  oder  vir  verwenden.  Übrigens  hat  MüIIenhoff  Uhlands  ' 
tung,  dass  man  und  munt  im  original  die  rcirasUibo  gewtt 


m  466 

iieclit  abgewiesen,  da  in  z.  6  das  büßionymon  munt  (os)  gestanden 

3.    Üni  das  von  mir  aus  dem  Hildebrandsliede  beigebrachte  asyn- 
Eu  beseitigen,    hat  KaufiCinaiin  einen   zweiten   einfall  Hoitzmanns 
[egrabeii,   der   so   unwahrscheinlich   ist,   dass    die    herausgcber   der 
kmäler  ihn  nicht  einmal  der  erwähniing  M-ert  gefunden  haben.    Holtz- 
ins  erklärung  der  verse  20  fg.  (Germ.  IX,  293)  sich   anzuschliessen, 
rietet  schon   die  durch  sie  bedingte   unnatürliche  Wortstellung,   die 
lern  gaozen  iiede  nicht  ihres  gleichen   fände,    und   grammaüsch  ist 
e  auSassung  geradezu  unmöglich.     Den  genet  (oder  dativ?)  (»•üt 
priiti)   kunte  man,    obwul   er  im   ahd.   äusserst  selten   bezeugt  ist 
lune,  Ahd.  gramm.^  §  218,  anm.  2],  allenfals  passieren  lassen;   aber 
Ua   kann   nur  auf  prät,    nicht  auf  barn   bezogen   werden,    da   für 
prüdtcative  adjecür  die  starke  form  obligatorisch  ist    Kaulfmanns 
lAuptung,  dass  das  adjectiv,  wenn  es  zu  pnH  gehörte,  lultüün  hätte 
Ben  müssen,  schlägt  der  von  J.  Grimm  gefundenen  und  durch  zahl- 
te  beispieie   gesicherten    regel    (Gramm.  IV,  577  fg.)    geradezu    ins 
eilt.     Wenn  er  femer,   um   die  möglichieit  der  schwachen  form  üu 
rten,    auf  arbeolaosa  verweist,   so  muss  ich,   zu  meinem  bedauern, 
Torwurf  widerbolen,    dass  er  es  nicht  versteht,   verschiedenartige 
e  auseinanderzuhalten.     Das  nacbgestelte  arbeolaosa  ist  nicht  mehr 
[icat  wie   luttila   und  unwaiiaun    (nach   Kauffmanns  theorie   müste 
fi  die  zweite  form  auch  in  unwahi-mta  emeudiert  werden!),  sondern 
Osition.     Die  form  wird  für  denjenigen  nichts  auffallendes  haben, 
sich  von  dem  Vorurteil  frei  gemacht  hat,  dass  die  schwache  llexion 
tvrendig  an  den   artikel  gebunden  sei,    da  natürlich  jene    das  prius, 
hinzutritt   des  artikels  das  secundäre  ist.     Es  ist  daher  zu   über- 
,er  liess  im  lande  elend  zurück   die  frau   im   hause,    das  kind 
lühsen,    das  etbloae".     Wäre  das  kind  schon  vorher  als  „klein" 
let  worden,   so  wäre  es  geradezu   albern  gewesen,   es  nochmals 
,\ui erwachsene"  zu  nennen;  dass  ein  kleines  kind  unerwachsen  ist 
>ht  sich  von  selbst.     Um  es  plausibel  zu  machen,  dass  die  erwäh- 
der  frau   einen    „fremden  zug"   in   die   sage   bringe,    wird   Saxo 
laticus    citiert,    wo    nur   von    dem    söhne   die   rede   ist     Als  ob 
ilelberichte,   die  Jahrhunderte   weit  auseinander  liegen,   in  jedem 
len  detail  übereinstimmen  müsten!    Wer  das  jüngere  Hildebrauds- 
'beizielien  weite,  das  uns  doch  nöht^r  steht  als  Saso,  würde  den 
igeeezten  beweis  führen  können,   da  dort  in  der  ersten  atrophe 
ikehrende  recke  des  „Alebrant"  gar  nicht  gedenkt,  sondern  nur 
la*  sich  beklagt,  dass  er  seit  zweiunddreissig  jähren  frau  Ute  nicht 

30 


466  «EBINO,    NC.H    f INHAL    HER    i 

gesehen  habe,  —  Duss  der  bedeutungsübei^niig  von  „klein"  «u  | 
„ärmlich",  „beklagenswert"  ein  sehr  leichter  ist,  leuchtet  «in  (d 
z.  b.  die  dänische  redensart  nt  lere  i  umno  hiar  „in  Srmlicj 
hältnissen  leben*^),  iid<I  ijass  die  Ton  MUlleriholT  itDgezogene  gloi 
Ui'z  vole  —  valffus  „sich  mit  unserer  stelle  niclit  vertrage", 
subjektive  tinsicht,  die  ich  nicht  teilen  kann.  Ich  muss  dtn 
der  meinung  festliBlIen,  dass  wir  c«  tatsächüch  mit  einem 
zu  tun  haben.  Aber  selbst  wenn  es  Kauffmann  gelungen 
gegenteil  zu  erweisen,  so  wäre  „die  lezte  s&ule"  noch  nicht  J 
das  asyndeton  des  Hildebrandsliedes  int  nur  ^in  beispiel  vnn  ' 
denn  die  belege  aus  der  altD.,  ags.  und  alts.  poesie  wird  Kattl 
beim  besten  willen  nicht  fortescamotieren.  Er  verlangt,  dasa  ich  ihu 
,mit  benifungen  auf  memorialverse  und  ähnliches  matcrinl  verschone*  - 
ich  möchte  bitten,  mir  zu  sagen,  wo  ich  einen  „memoriulvprs"  in) 
feld  geführt  habe.  Bin  stellen  aus  dem  Be('iwutf,  dem  H61iand  uml 
der  Edda  sind  doch  wo!  nicht  dazu  zu  rechnen.  In  der  stmphe  "Iw 
SklrnismQl  (34)  erklärt  KauiTEnann  die  Suthiinja  synir  nur  fiir  aine 
„Variation"  der  hrivipjirsar  —  dann  müssen  wol  seiner  meinung  nwli 
auch  die  dslipar  %Yider  nur  eine  weitere  „Variation"  desselben  begriÄ« 
seini'!  Alles  andere,  dekretiert  Kaulfmann,  gehi^re  nicht  hierher  Ab» 
auch  nicht  die  stelle  der  Pryraskvit)»  (23),  wo  die  exn  ala^^artir  tsite- 
detisch  an  die  guflhifmpoT  k^  angereiht  werden?  Ich  sehe  in  Ai«if 
behauptung  nur  die  pure  wilkür  und  stelle  meinerseits  getrost  und  ia 
vertrauen  auf  aller  unbefangenen  beifall  die  ihese  auf:  sind  ajiyodiO 
wie  das  der  I'rymskvi[)a  oder  das  des  Beöwulf  fhim  of  dyde  isemhff' 
nan,  heim  of  hufeUtn)  weder  „sül-"  noch  „sprachwidrig",  so  risd  • 
die  des  2.  Merseburger  epruclies  ebensowenig. 

4.  Die  Insinuation,  ein  „x  für  ein  v**  gemacht,  alsa  eine  HÜt> 
sdiung  oder  Verdrehung  versucht  zu  haben,  mnss  ich  auf  dus  eatadu»- 
donste  zurückw«>isen.  Meine  worte  solten  natürlich  nur  sagen,  dw 
die  Verbindungen  ffn  tnitn  und  dvr  vuoz  grammatisch  gleidtwert^ 
seien,  dass  sin  ebensowol  nominativ  sei  wie  det-  —  und  wona  Ku^ 
mann  jezt  erklärt,  dass  dies  auch  immer  seine  meinnng  g«>we6ea  ^ 
(was  aus  dem  Wortlaute  seines  ersten  urtikels  nicht  zu  en^oheti  wtfh 
so  ist  die  sache  damit  abgetan.  Kauffmann  sieht  wol  mit  recht  io4 
gebrauch  des  possessivums  in  z.  2  einen  „Vulgarismus";  woon  1 
meint,  dass  dieser  „Vulgarismus"  die  von  ihm  für  z.  3.  4  i 
raene,  ganz  abweichende  konstruktion  wahrscheinlicher  mache,« 
ich  dies  bestreiten.  Ich  konstatiere  mit  g«nngthuung,  dta 
dioee  konstniktion  ans  dem  iibd.  nicht  m  belegen  rennug. 


tfOTH,    DRUCKE    DBS    IG.    VSD    IG.    IkUNS.  407 

lichkeit,  dass  sie  älter  ist,  al»  die  ersten  litterarischen  Zeugnisse  aus 
dem  mhd.,  lässt  sich  natürlich  nicht  ableugnen;  methodisclier  aber  igt 
es  jedesfals,  mit  dieser  müglichlteit  nicht  zu  reebnen,  vielmehr  ein  alid. 
deukmal  aus  dem  ahd.  üiprach^^ehrauche  zu  erklären.  Daher  ist  auch 
der  scliluss  unzulässig,  dass  volo,  weil  im  mhd.  volksepos  vole  „streit- 
Toes"  bedeutet,  schon  im  ahd.  lediglich  diese  bedeutung  gehabt  haben 
müsse.  Ich  habe  indessen  gar  nichts  dagegen,  wenn  Kaufmann  das 
wort  in  unserem  sprucbe  so  übersetzen  will  —  nur  wird  er  mich  doch 
nicht  glauben  machen  wollen,  dass  Wödaji  allein  vou  den  germanischen 
göttern  ein  solches  tier  besessen  habe.  Dass  auch  Balder  den  aord- 
leuten  als  ein  kühner  held  und  reitet  galt,  brauche  ich  ja  einem  fach- 
genossen,  der  in  der  Edda  und  im  Saxo  so  wulbelesen  ist,  nicht  erst 
nachzuweisen. 

KIEL,   26.  ADOÜST    1S93.  HUGO    OERDJO. 


ZUE   LITTERATUR   DEUTSCHER   DRUCKE   DES   15.  UND 

IC.  JAHRHUm)EETS. 

EIii  nachtrag  zu  den  repertorieu  von  Hain  und  IVeller. 

I.  Jte  disz  buch  ist  genant  der  siuber  Jngang/  der  hyrael.  Die 
Torredde.  [DjJsz  buch  gibt  zu  uerstehen  vnd  lernet  /  manche  susze 
Dotzbarliche  vnd  wol  /  smackende  lere  vnd  vnderrachtung  /  wye  geist- 
liche closterlute  vnd  ander  gude  /  mentsche  dye  gutes  lebens  geacht 
▼od  ge-  /  halte  sin,  dem  handt  von   der  helle  dem  blosze  /  geiste,  ic 

ScMiesst:   dar  zu   mir  vnd  /  dir  vnd   auch  allen  guten  kin- 

dem  helff,  der  /  vater  vnd  sone  vnd  heilige  geist.     Amen.  / 

Quaito,  ohne  blattzalUen,  custoden  und  Signaturen.  116  blätter, 
deren  leztes  leer,  zu  21^—30  zeileu  auf  voller  seite  umfassend.  Ohne 
angäbe  des  druckorts,  Jahrs  und  einer  'firma,  die  type  ist  jedoch  die 
von  J.  Fust  und  P.  Schoeffer  zu  Mainz  in  der  grammatica  vetus  rbyt- 
miea  1468  angewendete  und  gehört  der  druck  demnach  dieser  druckerei 
an.  Die  drucktechnik  ist  unbeholfen,  die  Zeilen  erscheinen  nur  links 
ausgeschlossen,  sind  ungleich  lang  und  an  zahl  verschieden.  Die 
eiBcheinungszeit  des  buchs  lässt  sich  aontthernd  feststellen.  Dasselbe 
,  ist  mit  der  type  der  1468  erschienenen  gnunmatica  gedruckt,  aber  jeden- 
[  Ua  vor  derselben  erschienen,  da  man  für  das  umfangreichere  buch: 
-  Ingang  der  himmel  eher  eine  neue  type  gefertigt  haben  mag.,  als  für 
die  kleine  grammatik.  Die  erscheinungszeit  dürfte  etwa  das  jähr  1466 
SGÜi,   al»  Fust  bereits  gestorben   und  P.  Schoeffer  noch  nicht  die  firma 

30' 


I 


nnter  seinem  naroeii  allein  angeben  mochte.  Bas  buch  ist  das 
gedruckte  andachtsbuch  in  deutschar  spräche  und  bis  jezt  dM 
deutsche  druckwerk  überhaupt,  es  blieb  den  forschern  Hain  und  Goi«- 
deke  unbokunt  Panzer,  Zusätze  zu  den  annalen  s.  8  kante  das^br 
(Tgl.  „Allgemeine  deutsche  hibliothek"  92,  b.  535),  gibt  abiT  falfdi 
113  geKilhlte  blätter  umfang  an,  welche  angäbe  Hain  rop«rt  il  9185 
widerhglte.  Ein  exemplar  bot  der  nntiquar  A.  Colin  zu  Berlin  im  kaU- 
log  n.  198  aus.  Dasselbe  stAiute  aus  der  Carthäuserabtei  Hnxheim  and 
wurde  von  H.  Klemm  zu  Dresden  erworben.  Klemm  beschrieb  d»- 
selbe  in:  Bescbreihender  katalog  des  bibliographischen  museums.  Dife- 
den.  1884.  8.426—427  kurz  und  hielt  dasselbe  für  unicunt.  Allafl 
die  Darmstodter  hofbibliothek  besizt  das  buch  ebenfab,  wenn  avcta 
defekt,  mehrere  lagen  eines  dritten  exemplars  befinden  sieb  in  eiiar 
handschrift  des  15.  Jahrhunderts  der  Stadtbibliothek  zu  Hlünz.  Xndi 
einem  eintrag  in  Klemms  excmplar  (jezt  im  buchgewerbemuseiun  tu 
Leipzig)  ist  Florentius  Horlemius  der  Verfasser  des  buches,  womit  auch 
die  eigen tti milche  spräche,  ein  gemiscb  von  hochdeutsch  und  ^ilH)e^ 
deutsch  (jenes  auf  den  druckort  Kaiiiz,  dieses  auf  die  heimat  Aet 
Verfassers  weisend),  Ubereinstimt.  Nach  Klemm  besass  die  abfei  Praell 
bei  Regensbwi^  eine  lateinische  Übersetzung  dos  buohes  gefertigt  tob 
Laurentius  Surius,  dem  Übersetzer  TaulerB. 

Vgl.  Ontralbl.  f.  bibliotbekswesen  ed.  Hartwig  I,  e.  64  —  85. 

II.    Gerson,  Büchlein  von  den  geboden  und  der  belebt 

Blatt  1  vorseite  z.  1:  Die  vorredde  in  das  bucheün  von  den  (!»■/ 
bodde.  von  bichte.  vnd  bekentuiss  zu  sterbe  ge-  /  dicht  von  dem  boci- 
gelerte  meistcr  Johan  ger-  /  son.  kanczler  bu  parijs.  / 

[l>]er  Cristeheyt.  ich  etlicher  maiss  ernst-  /  lieber  liebhaber.  wün- 
sche zu  neme  in  / 

Blatt  1  rückseite  zeile  1 :  setz,  vnd  mgenugsam  vndenrieflg  ^ 
eyfiilti-/ 

BlMtSS  rückseite  zeile  1:  VVant  dick  dorch  eynfi  sotiria  ri^ 
vnd  falsen  / 

Sohliesst  zeile  20;  zu  parvs  lobliche  wirt  gehalfen./  Zeil«  31  IW- 
Zflile  22:  Hie  endet  sich  diss  drigedeilt  werck.  vn  den  /  czehen  geboJ^ 
vD  der  byeht.  vnd  vfi  der  kuiisl  /  2U  etcrbe.  dorch  den  v«£ni«ligA  Ira« 
der  heilige  /  schrifft  Meister  Johan  vn  gerson  Cantzeler  der  /  hriUf* 
hoen  schule  zu  parys.  /   Blat)  Üi  leer. 

Quarte,  27  durchlaufend«  zeilen  auf  33  blättern,  coUatioii:  3  t* 
gen  zu  je  5  und  einmal  7  lagen  (I  =  5,  3  °-  6,  3  »  7).     HAhc  ^ 


textspiegels  15  cm.  Breite  9,3  cm.  Gut  gedruckt  und  gut  im  register. 
Br  Bchwaradruck.  Wasserzeichen  des  papiers  ist  der  ochsenkopf  nebst 
Stange  mit  kreuz.  Im  satze  erscheint  nur  das  runde  kleine  d,  das 
verschlungene  grosse  S  und  eckige  grosse  M  sowie  die  eine  form  des 
grossen  D.  Diese  merkmale  wie  die  type  überhaupt  eignen  den  druck 
^r  Marientlialer  kloaterdruckerei  zu;  sie  lassen  das  buch  als  eins  der 
•fitesten  erzeugnisse  derselben  erscheinen  und  zwischen  1470  und  1472 
•osetzen. 

Erste  ausgäbe  dieser  schrift  Gersons  als   Übersetzung  oder  deut- 
sche bearbeitung   des  opusculum    tripartitum  de  preceptis  decalogi  de 
de  arto  moriendi.     0.  j.  ehenfals  zu  Marienthal  gedruckt 
Das   einzige   bekante    exemplar    besizt    die    seminarbibliothek    zu 
nz  (Incunabel  824). 

Weder  Hain,  Panzer  noch  Goedeke  bekant  gewordener  druck.  — 
■gl.  Gpffken,  der  bilderkatechisnius.     Anhang  s.  29.  —  Falk,  die  presse 
!U  Marienthal  im  Rheingau.     Mainz  1882.  S.  22.  —    Brück,  der  reli- 
i  Unterricht  seit  der  zweiten  hälfte  des  15.  Jahrhunderts.     8.  33. 

in.   Lupi,  Anleitung  zur  beichte  1478. 
Blatt  1  vorseite  zeile  1 :   Vor  die  anhebenden  kynder  vnd  ander  / 
zU  bichte  in  der  ersten  bycht  / 

Blatt  1  riickseite  zeile  1 :    Widder   das  Tierd   han   ich  zwey  male 
'iffieder  my  eidern  ge  / 

Der  text  begint:  Ich  amier  sundiger  mensche  ich  bekSnen  mich 
3em  allemechti  /  gen  gode  vnd  vnser  lieben  firauwe  vnd  allen  gotes 
ieylige  /  vnd  vch  priester  an  gotis  stat  dasa  ich  leyder  vil  gesQdiget  / 
I  czu  dem  erste  widder  die  hoylige  czehen  gebot.  /  (Blatt  1  vorseite.) 
Blatt  25  rückseite  unten:  Hoc  opusculum  industria  7  arte  impres- 
■oria  fieri  ordinauit  et  /  ostituit  venerabilis  vir  magister  iohfines  lupi 
lappellanus  /  cappelle  sc!  petri  in  suburbio  franckfordensi  p  suos  manu- 
fde-  /  les  dirigi  sie  vt  perpetuo  maneat  sine  aüenacöe  vbicumqz  di-  / 
fecta  fuerit  apud  parrochias  sediü  diocesis  magütinens'.  Sic  /  qz  vt  p 
tfma  3stituetis  sedula  pce  proqz  suis  bafactorib'  ore-  /  tur  Quod  opietä 
est  Anno  dni  M  cccc  IxxvÜi  7t  /  Die  rückseite  dieses  und  das  fol- 
le  blatt  leer. 
Quarto,  26  blatter,  deren  leztes  leer,  36  zeilen  einspaltig,  nur 
Bchwarzdruck.  CoUation  1  =  5,  2  —  5,  3  =  3  lagen  -=  26  blatter. 
IFasserzeicIien  der  ochsenkopf  mit  stange  und  kreuz,  bogen  2  hat  jedoch 
ein  anderes  Wasserzeichen.  Der  druck  stamt  ebenfals  aus  der  Marieq- 
iialer  druckerei  und  ist  in  type  3  hergestelt  , 


470  ROTH 

Exemplare  sind  vorhanden  in  der  Seminarbibliothek  zu  Mainz 
(Incunabel  n.  825,  das  oben  beschriebene),  Giessen,  univ.-bibl.  (V21, 
810)  und  Kassel,  landesbibl. 

Der  druck  blieb  Hain  und  Goedeke  unbekant 

Ygl.  Münzenberger,  das  Frankfurter  und  Magdeburger  beichtbüch- 
lein.  Mainz  1881.  —  Moufang,  Mainzer  katechismen  s.  7.  —  Geffken, 
der  bilderkatechismus  s.  26.  —  Janssen,  Geschichte  des  deutschen  Vol- 
kes. VII.  aufläge.  S.  45.  —  Brück,  der  religiöse  Unterricht  S.  36.  — 
Falk,  die  druckkunst  im  dienste  der  kirche.  S.  99.  —  Grotefend,  Chri- 
stian Egenolf,  der  erste  ständige  buchdrucker  zu  Frankfurt  a.  M.  usw. 
S.  3  und  24. 

IV.    Arnoldus  de  villa  nova  Weinbuch.   1481. 

Blatt  1  vorseite :  Hienach  volget  ein  löblich  tractat  eines  fürne-  / 
men  doctors  der  erzney  mit  namen  Amoldi  /  de  noua  villa  d'  ein  arczt 
des  k&nigs  vö  franck-  /  reich  gewesen  ist  Diser  tractat  haltet  jnn 
von  berey t  /  tung  vn  brauchung  der  wein  zu  gesuntheyt  d'  mensche  / 
wölichs  bfichlin  der  subtil  vnd  sinnreich  Wilhalm  vö  /  himkofen  genannt 
Renwart  zu  lieb  vnd  geuallen  den  /  Fursichtige  Ersamen  vtl  we}'sen 
Bürgermeistern  vfi  /  Bäte  d'  lobliche  stat  Mremberg  von  latein  zu 
teutsch  /  transsferiert  vnd  beschriben  hat  also  anfahend.  /  Am  ende:  Ge- 
druckt vnd  vollendet  von  Johanni  B&mler  zu  Augspurg.  An  Mäntag 
nächst  /  nach  sant  Peter  vü  Paulus  der  zweyer  zwSlflf  /  boten  tag.  Anno 
düL  M.  cccc.  Ixxxj.  jaren.  / 

Folio,  21  n.  gez.  blätter.    Ältester  deutscher  druck  über  weinbe- 

reitung.    Fehlt  bei  Hain. 

In  meinem  besitz. 

1504. 

Almanach  fürs  jähr  1504.  Am  ende:  Galculatum  est  presensAl- 
manach  in  laudabili  ac  mercu-  /  riali  opido  Merheymensi  ducatus 
Montensis  pro  simplicibus  /  ac  vtilitate  totius  communitatis.  Finitqne 
feliciter  /  Merheymensis.  /  Geprent  tzo  Coellen  vp  dem  Alden  mart  jn 
dem  wilden  man.  / 

Folio.     Einblatdruck.     Mit  holzschnitten  und  randeinfassung.  Kö- 

nigl.   landesbibliothek   zu  Wiesbaden,    verklebt   an   einer   ausgäbe  d^ 

Alphonsus  de  Spina. 

1507. 

Dises  buchs  Inhalt  ist  die  Gül  /  den  Bulle  Kayser  Friderichs  refor- 
matiö.  des  reichs  /  Landtfridden  vnd  Camergerichts  ordnüg  auff  gemei- 
nen /  gehalten  reichstagen  zu  wormbs  Freiburg  In  Preisgaw  /  augspuiS 
Lindaw  vnd  Costetz  auflFgericht  vnd  beschlossen  /  Wappen  in  holzschnitt/« 


Am  ende:  ...  Nachmals  getruckt  vnd  vollen  /  det  in  dem  Fiinfil- 
jehflhundertsten  vnd  Sybenden  jar  /  vff  Montag  nach  dem  Sontag  Letare. 
der  Faste./  Folio,  161  gezählte  blötter. 
In  meinem  besitz. 

1509. 
Form  vn  wesen  sumarie  /  begriffea,  der  handliing  zwischen  Rfl- 
loiscber  Kayserlichor  mayestat  etc.  vnnserm  aller  /  gnedigsten  herii  / 
fdorch  jrer  Kayserliclien  maiestat  verordeot  rate  /  vn  den  Cburfürsten 
Fürsten  /  vnd  Stenden  des  haitigen  reichs  auff  dem  yetzerachinen  reichss- 
teg  za  Wormbs  gehalten.  /  Reichsadler  in  holzachnitt.  / 

Am  ende  der  urknnde  kaiser  Max  I:  Triennt  . . .  Anno  ic.  nono. 

reichs  des  B&müichen  im  vierundtzwaintzigaten  Jare. 
Folio,  8  blättor.     0.  o.  u.  j.  n.  f. 
In  meinem  besitz.     Andere  ausgaben  Weller  n.  487  —  489. 

1520. 
Warumb  des  Bapsts  vü  seyner  /  Jüngern  bücher  von  Doc.  Mar- 
,no  Luther  vor-  /  brant  seyn.  /  jc,  /  Wittenberg.  /  1520,  /  Quarto,  8  n. 

gez.  blätter.     In  meinem  besitz. 

1521. 
Von  der  freyheit  /  eins  Christc  men  /  schon:   Von  Mar  /  tino  Lu- 
Blher  /  selbs  dütsch  /  gemacht.  /  Zu  Wittenberg  /  Im  .XXI.  iar.  / 
Am  ende:  Gedruckt  zu  Basel  durch  /  Adam  Petri.  /  1521.  / 
Quai-to,  15  n.  gez.  blätter  und  leeres  blatt.     In  meinem  besitz. 

1522. 

Beformacion  der  Stat  /  Nüremberg  /  (ohne  punkt)  /  Cum  Gratia  et 
3^uilegio  /  (ohne  punkt).  Titel röckseite  holzschnitt.  —  Am  ende:  Hie 
toidet  sich  die  Beformacion  der  /  Stat  Nürmberg  mit  eins  Erbern  /  BatB 
Iflaselbst  endrungen  vnd  besserungen,  durch  Jm  Bur  /  ger  Frideriehen 
5'feypus  /  gedruckt,  Anno  Domini  /  Fßnfftzebenhundert  /  vnnd  im  Zwey- 
^ind-  /  zweyntzigislon.  /  Rückseite  dieses  blattes  leer. 

Folio.     In  meinem  besitz. 

1523. 

Handlung  des  Bi  /  schofEä  von  Merssburg,  /  mit  den  zwayen  Pfar-/ 
Ikhi  vö  Schonbach  /  vfl  Buch,  geschehe  /  am  Üinstag  na  /  ch  Bartholo  / 
a>ei,  An-  /  no.  /  M.  D.  XXiij.  /    Mit  Titeleinfassung. 

Quarto,  7  n.  gez,  bl. 


472  ROTH 

In  meinem  besitz.  Panzer,  Annalen  n.  1940.  Vgl.  Seckendorf^ 
historia  Lutheranismi  s.  49. 

Eyn  kurtze  antwort  einer  Ordens  /  Schwester,  jrem  natürUchen 
bru-  /  der  Kartheuser  Ordens  zage-  /  schickt  vber  seyne  Christ-  /  liehe 
vü  Ewangelische  /  leer  vnd  ermanung.  /  Im.  1523.  Jar.  / 

Quarte,  4  n.  gez.  blätter. 

In  meinem  besitz.    Ob  Panzer,  Annalen  n.  1819? 

An  diese  nachtrage  reihe  ich  an  eine  Zusammenstellung  deutscher 
drucke  von  1526  bis  1550. 

1526. 

GRundt  vnnd  vrsach:  /  aus  der  heyligö  schrijBft,  wie  Tnbillich/ 
Tnd  vnredlich,  das  heylig  lobsangk  /  Marie  Salue  regina,  Oeweicht  saltz/ 
vnd  Wasser,  Metten  vnd  Complet,  in  etlichen  /  Stetten  wirt  vnderlasseo, 
verspott  /  vnd  abgestellt  /  D.  J.  Dietenberger  /  Anno.  M.  D.  XXVL  / 
Paulus  IL  Thessa.  11.  Act  XVI.  /  Bruder,  yr  solt  stan,  vnd  halten  die/ 
Satzung,  so  yr  gelernt  habt  /  von  den  alten.  / 

Duodez,  32  n.  gez.  blätter,  Signaturen  An  —  Hm. 

In  meinem  besitz.  Andere  ausgäbe  als  Wedewer,  Dietenbeiger 
tafel  1  und  von  demselben  nicht  gekaut 

1527. 

Anzey-  /  gOg  warumb  /  Gott  die  weit  so  lan  /  ge  zeyt  hab  ver- 
plendet  /  vü  irrfien  lassen.  /  Durch  Andream  /  Alihamer.  /  M.  D.  XX VE/ 
Quarto,  12  n.  gez.  blätter.    Mit  titelein&ssung. 
In  meinem  besitz.    Panzer,  Annalen  n.  3029. 

1528. 

Furbereytung  zum  /  Concilio,  wie  alle  recht  Gotszfortigen  /  von 
beden,  yetz  fürnemen  theylen,  so  man  alt  vnd  new  gleu  /  bige,  Bipfit- 
tische, vfi  Lutherische  nefiet,  Zu  einigkeit  Christ  /  lieber  kirchen  komen, 
vnnd  sich  darin  vnbewegt  hal-  /  ten  mögen,  etliche  freundtliche  Oote- 
fSrchtige  /  gespräch,  von  fümemen  stucken  Christ  /  lieber  lere,  dereo 
halb  man  yetz  /  im  missuerstand  ist  /  Zu  end  des  bächs  findesta  dise 
stuck  noch  /  Ordnung  vorzeychnet  /  Getruckt  zu  Strassbuig  durch  M»- 
thiam  /  Apiarium,  Im  jar  /  D.  M.  XXVIII.  / 

Qnarto,  58  n.  gez.  blätter,  Signaturen  A,  —  Qj. 

In  meinem  besitz. 

WAs  der  Durchleuchtig  hoch  /  gepom  Fftrst  vnnd  Herr  Herr 
Philips  /  Landtgraffe  zu  Hessen,  Graffe  zu  Katzen  Einbogen,  zu  Dieto,/ 
zu  Zigenheyn  vnd  zu  Nidda,  als  eyn  Christlicher  FArst  /  mit  den  Ci(^ 


terperetinen ,  Pfarrherrn,  vnd  AbgJ^  /  tischen  bildouesen,  in  seyner  gna- 
len  FÄrsten  /  Üiümbe,  aiisz  Göttlicher  geschrifif.  /  fiirgeniimmen  hat  / 
Ohne  ort  und  jähr.  (1528)     Quarto,  ö  blätter.     In  meinem  besitz, 
Aaff  Martin  Lu  /  thers  SchandbfirhUn  /  An  die  ChristS  von  /  Halle 
[BscUri-  /  ben,  /  Antwort  /  Jo.  C'ocleus  Doctor  etc.  /  Ein  kurtzer  Aiiss  / 
lg  von  beydcr  gestalt  /  des  liochwirdigeu  /  Sacraments,  /  M  DXXVUI.  / 
;it  titeleinfassung.     Titelröcksolte  leer.     Ohne  ort  und  jähr  (1528). 
Quarte,  20  n.  gez.  blätter,  Signaturen  An  —  Eid. 
In  meinem  besitz. 

1529. 
Eyn  guyt  nützlich  ver-  /  manung  Joannis  Coclei  doctor  in  der 
Byli-  /  gen  geschrvfft  tzu  allen  Frommen  stanthaffti-  /  geo  Christen  vnd 
1  d'  oberkeit,  wie  man  sich  /  htitten  soll  vur  verf'oerischeD  leren  vnd 
rois-  /  sem  verdriess  vnd  schaden  die  dar  vss  kummen.  /  M.  D.  XXIX.  / 
lückseite  leer.    Ohne  ort  und  jähr. 

Duodez,  16  n.  gez.  blätter,  Signaturen  Am  —  Bv.  Mainzer  stadt- 
bibliothek  (a  1). 

Die  beleger-  /  ung  der  Statt  Wien  in  Oster  /  reich,  von  dem  aller- 
grawsam  /  esten  Tyrannen  vnd  verder-  /  ber  der  Christenheit,  genant  / 
der  Türgkisch  Keyser,  New  /  lieh  beschehen.  In  dem  Mo- /  nat  Sep- 
tembri  des  /  M.  D.  XXIX.  /  Mit  titeleinfassung. 

Quarto,  8  n.  gez,  blätter,  deren  leztes  leer.  Signaturen  Au  — 
B  m.    Mainzer  stadtbibüotbek. 

1530. 
GBrichts  Ordnung  /  vnd  Procesz,   ietiläufßger  fibun-  /  gen.  Mit 
Becfatmissiger  deren  Griind  vnd  klarer  anzeyg,  in  Eeyserli  /  eben  vnnd 
jBeystlichen  Recbttin,  /  Holzschnitt 

Am  ende:  7A  Strassburg  bei  Chrietian  Egeaolphen,  /  Im  Hewinon. 
Des  M.  D.  vnnd  /  DroJsaigsten  Jars.  / 

Quarto,  4  n.  gez.  blätter  (II— III)  und  blatt  I  — XUU  und  I  lee- 
H  blatt.     Mainzer  stadtbibüothek.     (Incun.  &'dO.) 

Rbetoric    vn  Teütsch  /  Formular,    In    allen    Gerichts  /  H&ndlen.  / 

onst   vnd    Kegel    der   Notarien  /  vnd    Schreiber.  /    Titel   vnd   Cantzlei 

Bftchlin.  /  INstruction   Wie  gegen   trefflichen   per  /  soneo ,    vnd   mt-hrm 

Oberkeit,  Als  Keys.  Maiestat,  Pursten,  Herren,  Ed  /  len,  oder  ReiA- 

0D  K.  eich  einr  Bottschafft  oder  Gesandten,    In  /  Werbung,   Ha»*' 

:,  Bed  vnnd  Antwort,   Emphahuug,  /  Dancksagung,  Sclm-iicke,  Bf- 

ietong  w.  zuhalten  sei.  /  Holzschnitt  /  Zä  Frankfurt  am  Hcn^ML 

Egenolphen.  /  ^^^H 


474  BOTE 

Am  ende:  Zä  Franckfort  Im  Christmon.    Anno  M.D.XXX./ 

Quarte,  52  gez.  blätter.    Mainzer  Stadtbibliothek. 

Ein  neüwes,  /  fast  hübsch,  vnnd  nutzliches  /  Fflantzb&chlin,  Von 
man-  /  cherley  artiger  Pflantzung,  /  Impffung,  vQ  Beltzung  /  der  Bäum./ 
Gene.  IL  /  Gott  der  Herr  Fflantzete  einen  garte  /  in  Eden  gegen  dem 
morgen,  vnnd  /  setzet  den  menschen  drein,  /  den  er  gemachet  /  hatte./ 
M.  D.  XXX.  /  Mit  titeleinfassung.    Rückseite  des  titeis  leer. 

Octavo,  24  n.  gez.  blätter. 

Mainzer  Stadtbibliothek.    Verfasser  ist  Johann  Domitzer. 

1532. 

DAs  B&ch  zu  Distilieren  die  z6sa  /  men  gethonen  ding:  Compo- 
sita  genant:  durch  die  einzigen  /  ding,  vn  das  bäch  Thesaurus  paupe- 
rum  genant,  für  die  armen  yetz  von  neüwem  wider  ge-  /  truckt  vnd 
von  vnzalbarn  irrthumen  gereynigt  vnnd  gebessert,  für  alle  voraus»- 
gangen  trucke  etwan  von  Hieronimo  Brunsschwick  auff  geklaubt  Tnd 
geoffenbart  zu  trost  vnd  /  heyl  den  menschen,  nützlich  yr  leben  daraoss 
zu  erlengern  vnd  yre  /  leib  in  gesundtheyt  zu  behalten.  /  Grosser  holz- 
schnitt/. 

Am  ende  blatt  CClxxx:  Hie  endet  sich  disz  buoch  seligklich  ge- 
truckt  /  vnnd  volendet  in  der  loblichen  stat  Strassburg  durch  /  Bartho- 
lomeü  Grüninger  vff  Sant  Adolfis  /  tag  In  de  Jar  so  man  zalt  nach  / 
Christi  geburt  M.  /  ccccc.  xxxij.  / 

Folio,  8  n.  gez.  blätter  und  cclxxx  blätter.     Mainz,  stadtbibl. 

1533. 

Von  ankunfit  der  Mess  /  vnnd  der  Wandlung  brots  vnnd  /  weins 
im  hochwurdigon  Sa-  /  crament  des  Altars.  /  Ain  disputation  Sebastian! 
Fran-  /  cken ,  mit  antwort  Johannis  Coclei  auff  /  88.  artickeln  auss  der 
newen  Chronica.  /  Anno  M.  D.  XXXIII.  /  Titelrtickseite  register. 

Quarte,  Signaturen  An — Im.     In  meinem  besitz. 

1534. 

Ein  brieff  /  D.  Mart  Luth.  /  Von  seinem  /  Buch  der  /  Winckel-  / 
messen,  an  einen  /  guten  freund./  Wittemberg,  Hans  Lufft,  /  1.5.34./ 
Mit  titeleinfassung.     Quarte,  12  n.  gez.  blätter.    In  meinem  besitz. 

VOn  der  heiligen  Eucharisty  o-  /  der  Mess,  nach  anweysunge  der 
Schrifft,  vnd  der  Elti-  /  sten  schrifft  verstendigen  heyligen  /  Lerer./ 
Durch  Georgium  Wicelium.  /  Auf  der  titelrückseite  vorwort  datiert:  Bs- 
leben.    Egidij.  /  1534.  / 


DBUCXE    DES   IS.    UMI    IG.    iJÜSBÜ-  476 

Am  ende:  Gedruckt  zÜ  Freyburg  im  Breissgaw,  durch  /  Joannem 
Fabnim  Emnieuin  /  Juliacensom.  / 

Quxrto,  Signaturen  an  — qn.     In  meinem  besitz. 

Von  der  Win  /  ckelmesse  vnd  /  Pfaffen  Wey-  /  he.  /  Wittemberg, 
Kicolaus  Schirlentz,  /  1534.  /  Mit  titelein fassung  aua  L.  Cronachs  schule. 

Quarto,  56  n.  gez.  blätter.  Verfasser  Dr.  Martin  Luther.  In 
meinem  besitz. 

1538. 

Das  sieben-  /  zehend  Capitel  /  S.  Johannis,  /  vnd  dem  Gebete  / 
Christi.  /  Gepredigt  vnd  ausgelegt  /  durch  /  D,  Mart.  Luth.  /  Wittemberg. 
1538.  /  Mit  titeleintassung. 

Quarto,  78  n,  gez.  blätter.     In  meinem  besitz. 

Wurer  vnd  Chrietlicher  /  vntorricht,  aus  Göttlicher  scbrifft,  wider/ 
den  ertichten  Tnd  vorfürischen  Catechi-  /  smum  Ambrosij  Moibaai  voi^/ 
meynten  Pfarherr  zu  /  S.  Elizabeth  zu  /  Breslaw.  /  Durch  Micbaelem 
Hillebrandt  Minor  Ordens  ic.  /  I.  Tinioth.  I.  /  Sie  wollen  der  scbrifft 
meyster  seyn,  vnd  vorste-  /  hen  nicht^  was  sie  sagen,  oder  was  sie 
HKtüen.  /  II.  Tim.  III.  /  Es  seyn  menseben  von  vorkerten  synnen,  eines/ 
freuelicben  vnd  falschen  glaubens,  Aber  Bie  wer-  /  dens  nicht  ausfören, 
denn  jhr  torheit  wirt  offen-  /  bar  werden  jederman,  gleich  wie  auch 
jhener  wardt.  /  Gedruckt  zu  I^yptzigk  durch  /  Nicolaum  Wolrab.  / 
H.  D.  XXXVIII.  / 

Quarto,  Signaturen  An  —  Miin.     In  meinem  besitz. 

Warhafftiger/  bericht  Änthoui  Sche-/nitz,  wie  sich  die  sachen 
'Ewischea  /  dem  Cardinal  von  Mointz  etc.  vnd  /  seinem  Bruder  Hansen 
Sehe- /  nitz  zugetragen,  vnd  er  vom  /  Cardinal,  on  recht  getöd- /  tet, 
Tud  seine  Güter  mit  /  gewalt  eingezogen,  /  vnd  zur  vnbillig-  /  keil  ge- 
hem-  /  met  wer-  /  den  etc.  /  Gedruckt  zu  Wittemberg,  /  durch  Hans 
-Lufft,  /  1.  5.  38.  /  Mit  titeleinfassung. 

Quarto,  32  n.  gez.  blätter.     In  meinem  besitz. 

1539. 

Chronica.  /  Des  gantnen.  Teutseh- /  en  lands,  aller  Teütschen  v6l-/ 
cker  herkomen,  /  etc.     Durch  Sebastian   Francken  /  von  Werd.  / 

Am  ende:  Getruckt  zu  Bern  inn  Vchtlandt,  by  /  Mathia  Äpiario, 
vnnd  vollendet  vff/ den  ersten  tag  Martij.     Anno  /  M.  D.  XXXIX.  / 

Folio.    Mainzer  stadtbibliothek. 

1541. 

Vermanunge  /  zum  Gepet,  /  wider  den  Tiircken.  /  1541.  /  Mit  titel- 
einfassung. 


476  ROTH 

Quarto,  18  n.  gez.  blätter.  Yer&sser  dr.  Martin  Luther.  In  mei- 
nem besitz. 

PROPHE-  /  TICVS  SEK-  /  MO,  /  2.  Petr.  1.  /  Hundert  vnd  mehr 
belli-  /  ger  Lection,  aus  allen  Pro-  /  pheten,  zur  besseruug  der  /  Chri- 
sten ge-  /  samlet  /  Durch  GEORG.  VVI-  /  CELIVM.  /  ANNO  M.  D.  XLL/ 
1.  Tlmoth.  4.  /  Attende  Lectionl.  /  Llndenblättchen.  /  Rückseite  des 
titeis  leer. 

Vorseite  64  unten:  Gedrückt  zu  S.  Victor  /  bey  Mentz,  /  Durch 
Franciscum  /  B6hem.  /  Rückseite  leer. 

Duodez,  64  gez.  blätter.    Mainzer  seminarbibl.    (N.  48  —  53.) 

ONOMASTI  /  CON  ECCLE-  /  SIAE.  /  Die  Tauffnamen  der  /  Chri- 
sten,  deudsch  vn  /  Christiich  aus-  /  gel^,  /  Durch  GEORGIVM  /  VVI- 
CELIVM.  /  Lucae  Gap.  1.  /  Innuebant  autem  patri  eins,  quid  /  uellet 
uocari  eum  etc.  /  Cum  gratia  et  Priuilegio  Gaesareo.  /  M.  D.  XU.  /  Mit 
titeleinfassung. 

Specialtitel  blatt  66  rückseite:  DICTA  S.  AN- /  THONH  ANA-/ 
GHORITAE.  / 

Am  ende:  Gedruckt  zu  S.  Victor/  bey  Mentz,  /  Durch  Francis- 
cum /  Behem.  / 

E[leinquarto,  67  gez.  blätter  und  1  n.  gez.  blatt    Mainzer  stadt- 

bibliotiiek  (a  134). 

1542. 

Llndenblättchen  Ein  kurtze  Ghristliehe  /  Ermanung,  wie  man  inn 

disen  geferlich- /  sten  zeitten,    sich  zu  Gott  keren,  vnd  den  Türeken/ 

obsigen  m6ge,   einem  jeden  Christlichen  Re- /  genten  vnd  Eri^sman 

nützlich  /  zu  lesen.  /  Kleeblättchen  /  ANNO  XLII.  /  Auf  der  titelrück- 

Seite  begint  die  schrifL 

Am  ende:  Soli  DEO  Gloria.  /  Llndenblättchen  / 

Quarte,   10  n.  gez.  blätter,  Signaturen  An — C.     Mainzer  stadt- 

bibliotiiek  (a89). 

1543. 

Theolo  /  gia  Teutsch.  /  Diss  ist  ain  Edels  /  vnd  kostiichs  büchlein,/ 
von  rechtem  verstandt,  was  Adam  vnd  Chri  /  stus  sey,  vnd  wie  Adam/ 
in  vns  sterben,  vnd  /  Christus  ersteen  /  soll  jc.  /  Augspui^,  dnickts 
V.  Ottmar,  /  1543.  /  Mit  titeleinfassung. 

Quarte,  76  n.  gez.  blätter,  Signaturen  A, — 14.  Mit  vorrede  dr. 
Martin  Luthers.    In  meinem  besitz. 

Des  Durchleuchtigen  Hochge-  /  bomen  Fürsten  vnd  Herrn,  herm/ 
Albrechts  Marggrauen  zu  Brandenburg,  zu  Stettin,  /  Pomem,  der  Cas- 
suben  vnd  Wenden,    Hertzogen  :c.  /  Burggrauen   zu  Nfirenberg,  ^^^ 


J 


DRUCKE   DES    IS.    1 


4« 


Irrsten  zu/  Rügen,  Hof  viid  Ober  Hofgericlits  Ord- /  nung  aufm  Ge- 
birg. /  Holzschnitt  /  M.  D.  xliii.  / 

Am  ende:  Joh.  Petreius  /  imprimebat  / 

Folio,  28  n.  gez.  blatter,  deren  leztes  leer,  signatureu  au  —  gm. 
Uainzer  stadtbibliotbek  (a  157). 

Ordenung  von  Oots  gnaden,  /  Vnser  Philipsen  Landtgrauen  zu 
Hessen,  gra- /  uen  zö  Catzonelupogen ,  Dietz,  Zigenbain  vnd  Nidda  jc. 
Inn  ettliuhen  Notwendigen,  zft  /  erhaltung  /  Christlicher  Zöcht  vnd  Er- 
barkert.  Auch  gü-  /  ter  PoHicei,  dienlichen  Puncten  /  vnd  articuln.  / 
VERBVM  DOMINI  MANET  IN  /  AETERNVM.  /  Wappen  in  bolz- 
Mhnitt  /  M.  D.  XLIU.  / 

Am  ende  vorseite  des  lezten  blattes:  Getruckt  zu  Marpurg.  /  im 
jar  M.  D.  XLIU.  / 

Folio,  6  n.  gez.  blätter.  Signaturen  Air  —  Aim.  Mainzer  stadt- 
bibUothek  (a  157). 

1544. 

VErthedigung  ynaers  /  Priesterthambs  vnd  opffers  ira  Newen  /■ 
Testament  wider  zwo  Predig  Wolfgang  /  Meusslins  Predicantens  zÖ  / 
Augspurg.  /  Item  ain  kurtze  antwort  auff  fünlf  sprü-  /  che  mit  güldenen 
Buchstaben  geschriben,  /  Durch  D.  Johan  Cocleus.  /  Druckermarke  Weis- 
Benhoras  /  M.  D.  XUIII.  / 

0.  0.  (Ingolstadt).  Quarte,  Signaturen  An  —  Od.  In  meinem 
iwsitz. 

yOn  altem  gebrauch  /  des  Bettßns  in  Chrichlicher  (aic)  Eircben  / 
zehen  Tndersehaid.  /  Druckermarke  Weissenhoms  /  Getruckt  zft  Ingol- 
atadt  durch  Alexan-  /  der  Weissenhorn.  /  M.  D,  XLIIU.  /  Titel rückseite 
leer.  Quarto,  Signaturen  An  —  Km.  Verfasser  Johann  Cochlaeus.  — 
In  meinem  besitz. 

1545. 

Abschyd  des  Reyche  /  tags  in  der  Stadt  /  Würmsz  ge-  /  halten.  / 
Holzschnitt,  links  und  rechte  je  eine  randleiste,  mitten  reichsadler  /  Im 
Jar  /  als  mau  zalt  nach  Christi  vn-  /  sers  Herren  gebürt  /  M.  D.  XLV,  / 

0.  0,  Quarto,  6  n.  gez.  biätter,  die  lezte  seile  leer.  In  mei- 
nem besitz. 

1545. 

Drey  predig  von  dem  /  Hochwürdigen  Sacrament  /  des  Altars.  / 
I.  Von  der  einsatzung  und  /  Empfahung.  /  II.  Das  der  WarhaStig  leyb 
Christi  /  Jhesu,  ausserhalb  der  niessung  in  der  /  Consecrirten  hosti  sey/ 
vnd  bley b.  /  III.  Von  der  anbettung,  Eltrerbietung,  /  Processionen,  vnd 
andern  Ceteraünien  /  des  Zarton  Fronleich-  /  nam  ChriatL  /  Durch  Doc- 


478  BOTS 

tor  Paulsen  Hirspecken,  /  Thumbprediger  z&  Begenspuiig;,  den  Ca-/ 
tholischen  Christen  zu  nutz  /  vnd  trost  gestelt  /  ANNO.  M.  D.  XLV.  / 
Titelrückseite  leer. 

Quarte,  mit  den  Signaturen  Au  —  Om.    Dem  pfalzgrafen  Ludwig 
bei  Rhein  gewidmet.    Regensburg  im  XLIÜI. 

St  Pauiusmuseum  zu  Worms,  ehedem  in  meinem  besitz.  Auf 
dem  titelblatt  autographon  Hirspecks:  „Reverendo  ac  eximio  domino 
doctori  Geoigio  Ruecker  canonico  Wormaciensi  hospiti  suo  charissimo.*^ 

Lindenblättchen  Hexefi  Meysterey.    lindenblättchen  /  Dess  hoch- 
gebomen  Fürsten,   Hertzog/  Sigmunds   von  Osterreich   mit  D.  Vlricbrm 
Molitoris  /  vnd  herr  Gunrad  Schatz,  weilandt  Burgermeister  z&  /  Costenl 
ein  schön  gesprech  von  den  Onholden,  Ob  /  die  selben  bisen  weybe] 
hagel,  reiffen,  vnd  ander  /  ongefell,  den  menschen  zAschaden,  machen 
k&n-  /  nen.     Auch  sunst  ihrem  gantzen  Hexen  han-  /  del,  waber  d< 
kumpt,  vnd  was  dauon  /  z&halten  sey,  Ynd  zäm  lotsten,  das  /  sie  ai 
R.  Rechten  abzü-  /  thun  seyen.  2c.  /  Weitleuffiger  mit  mer  Exempel 
der  Alten,   dann  vor  nie  /  kains  aussgangeu.    Nottwendig  vnnd  nutz 
aller  Obeigkeyt  züwissen.  /  Holzschnitt,  gastmahl   darstellend  /  Ann 
M.  D.  XLV.  / 

Quarto,   mit  Signaturen  Au  —  Hm   und  mehreren  holzschnittc       n. 
St  Pauiusmuseum,  ehedem  in  meinem  besitz. 

Das  der  Allerheilig  /  ster  Vatter  der  Papst,   vnnd  die  Heilige^s/ 
Mutter  die  Römische  Erich  (sie),  mitt  jhrer  al-  /  1er  getrewester  Docs—  i- 
ter  der  Stadt  051  /  len,  inn  sachen  des  Glaubens  /  nicht  Diren  konnei^  ./ 
Eine  Vorrede  an  den  Ersamen  weisen  /  Radt,   vnnd  Fromme  Oemei^Eii, 
der  /  Löblichen  Stadt  Collen.  /  Doctor  Gerhart  Westerburg  /  von  OftUen  —  / 
Aussgangen  im  jar  des  Herren.  /  M.  D.  XLV.  / 

Quarto,  36  n.  gez.  blätter.    In  meinem  besitz. 

1546. 

Ein  Schrifft  /  D.  Johann  Bugenhagen  /  Pommerani,  /  Pastoris  der 
Kirchen  zu  Wittemberg,  /  an  andere  Pastom  vnd  Prediger,  /  Von  der 
jetzigen  /  Eri^rästung.  /  Wittemberg,  /  Oedruckt  durch  Hanss  Luffl;-  / 
1546.  /    Quarto,  4  n.  gez.  blätter.     In  meinem  besitz. 

1547. 

Vom  Gotsdienst  der  /  Synagog,  nach  dem  Gesetz  Moysi,  /  aiis^ 
dem  ersten  theil  der  Annota-  /  ten  Georg.  Wiceüj  in  die  new-  /  ver- 
deutschte Bibel  ge-  /  schriben,   Anno  /  1536.  /  Gedruckt  zu  S.  Victor 
durch  /  Franciscum  Behom  bey  /  Meyntz.  /  ANNO  M.  D.  XLVIL  / 


DRDCKG   DKB    IS.    mo    16.    ItOB-B.  479 

Vorseite  des  vorlezten  blattes:  In  kosten  vnd  verlag  /  des  Acht- 
baro  Hrren  (sie)  Johan  Quen-  /  tel  zu  C61n.  Truckts  Frantz  Behem  / 
zu  Meyntz,  /  Auf  der  rückseite  des  lezten  biattes  Bebems  dmckermarke. 

Qiiarto,  12  n.  gez.  bJätter,  mit  Signaturen  Aj  — Cu.  Mainzer 
8tadtbibliothek  (al3ti). 

Antwort  auff  Mar-  /  tio  Luthers  letzt  bekennete  Arti-  /  ekel,  vnsere 
gantze  Religion  vnd  /  das  Concili  belan-  /  gend.  /  Georgij  Wicelij.  / 
&  PAVLVS  TIT.  PRIMO.  /  Vt  potens  Bit  eüani  exbortari  per  doctri- 
aam  sanam,/  &  contradicentes  arguere.  /  ANNO  M.  D.  XLVII.  /  Titel- 
rückseite leer. 

Vorseite  des  lezten  blattes:  In  kosten  und  vorlag  /  des  Achtbarn 
Herrn ,  Johan  Quen-  /  tel  zu  CÖln.  Truckts  Frautz  Behem  /  zu  S.  Vio- 
tor  bei  Meyntz  /  Anno  1547.  /  Rückseite  dieses  blattes  Bebems  drucker- 
marke. 

Quai'tü,  mit  aiguaturen  Au  — L.     In  meinem  besitz. 

1548. 

Von  der  Hailigisten  /  Messe  /  Füiiffzehen  Predige,  zA  Augspurg 
auff/  dem  Reiebsztag,  im  Jar  M.  D.  /  XLvilj.  gepredigt  /  Gemert  mit. 
ainer  Predig  von  der  Hailigisten  Eueharistia,  am  Grienen  Donnerstag 
KÖ  Aug-  /  spurg  gethon.  Anno  1548.  /  Durch  Michaeln  Bischoff  zÜ  Si- 
donien,  /  Meintzischen  Suffraganeen.  /  1.  Joan.  2.  /  lESVS  CHBISTVS 
ist  aiu  versSuung  für  vnse-  /  re  sünden,  vnnd  nit  allain  für  vnsere, 
■onder  für  der  /  gantzen  Welt,  /  Mit  Kayserlicber  Freyhait  auff  Sechs 
Jar,  /  nit  nach  zütrucken,  /  Getruckt  aü  Ingolstat,  durch  Alexander 
Weissenhorn.  /  M.  D.  XLVUI.  /  Titelrück  seile  leer. 

Qnarto,  Signaturen  Au  —  Yn.     In  meinem  besitz. 

Predig  auff  den  Grie-  /  neu  donnerstag,  von  der  Heyligisten  / 
Sucbaristia  ic.  /  Durch  Michaeln  Meintzischen  Suffraganeen  /  Auff  dem 
Beiclisstag  zu  Augspurg  gethon.  /  Anno.  1548.  /  Mit  Eayserücher  Frey- 
hait Begnadet  /  nit  nach  zfttrucken.  /  Getruckt  zu  Ingolstat,  durch 
Alexan-  /  der  Weissenhorn.  /  M.  D.  XLVUI.  / 

Quarte,  10  gez.  Blätter,  Signaturen  Aaij  —  C.  Verfasser  Michael 
Eelding.     In  meinem  besitz. 

1549. 

Ordenung  ettUcher  Pobeei  /  Arückel,  Vermöge  des  Jüugsten  Augs- 
pnrgischen  /  Reichs  Abschiedts,  In  des  Hailigen  Reichs  /  Statt  Uailprunn, 
öffentlich  verkündt  /  Wappen  in  holzsc-hnitt  /  M.  D.  XLIX.  / 

Folio,  9  n.  gez.  blätter,  mit  Signaturen  Au  —  Bii.  Mainz.  Stadt- 
bibliotbek  (al57). 


4S0  mit 

Bestendige  Ant-  /  wort  wider  der  Luterischen  /  Theologen  Beden- 
cken,  /  welehs  sie  widere  /  Interim  /  geschrie-  /  ben,  /  GEOR.  VICEUI 
FACCHENSIS.  /  GednVkt  zu  Cöln  durch  Johan  Quentel,  /  im  Mertz 
des  Jars  1549.  /  Cum  gratia  &  Priuilegio  Imperiali  /  ad  Quadrieoniuiu.  / 

Quarto,  mit  Signaturen  Au — P.     Mainzer  stadtbibliotbek. 

Ausschreiben  /  Des  Hochwirdigen  Fürsten  /  vnnd  Herrn  Henn 
Melchiom  Bischoffen  /  zu  Wjrtzburg  vnd  Hertzugen  zu  /  Francken.  / 
Etlipher  Artickel  halben  auff  jöiigst  zu  Augspurg  /  M.  D.  XLviij.  gehal- 
tem  Reichs-/  tage  beschlossen.  /  Vnd  von  Römischer  Kay:  May:  aasz- 
gehen  /  zu  lassen  befolhen  worden.  /  Holzschnitt  Wirzburger  wappen,/ 

Vorseite  des  lezten  blattes:  Gedruckt  zu  Wyrtzburg  /  bey  Hans 
Myller.  /  Rückseite  leer. 

Folio,    8  n.  gez.  blätter,    Signaturen    Au  —  Av.      Mainzer   i 
bibliothek  {al57). 


OELSENHEIU. 


JOHAim  EÄSSEES  SPIEL  VON  DEE  KINÜEEZÜC] 

Dem  Ensisheimer  pfarrer  und  dichter  Johann  Rasscr  hat  Ernst 
Martin  in  der  Aigemeinen  deutschen  biographie  bd.  27,  s.  332  fg.  eine 
zwei  selten  umfassende  notiz  gewidmet,  aus  der  wir  erfahren,  dasa 
Rasser  wahrscheinlich  1558  seine  Wirksamkeit  als  pfarrer  in  Ensisheim 
begann  und  vor  dem  13.  uov.  1597  starb.  Das  geburtsjahr  dieses 
mannes  ist  unbekant,  sein  geburtsort  vermutlieh  Ensisheim.  Die  deut- 
sche litteraturgeschichte  interessiert  ßasser  insofern,  als  wir  ihn  ak 
Verfasser  zweier  Schauspiele  kennen,  eines  spiels  von  der  kinderzucht 
und  einer  komödie  vom  könig,  der  seinem  eohn  hochzeit  machte  (Basel, 
Apiarius  1574). 

Das  erete  dieser  beiden  stücke  ist  verschollen;  unsere  künde 
davon  beruht  auf  Weller,  Das  alte  volkstlieater  in  der  Schweiz,  dw 
s.  103  aus  dem  WiUerschen  herbstkatalog  von  1574  den  titel  in  folgen- 
der fassung  anführt:  „Ein  christlich  Spiel  von  der  Kindemacht,  darino 
angeneigl  wirdt,  wie  die  Kinder,  so  wol  erzogen,  zu  großen  Ehren, 
die  aber,  so  übel  erzogen,  vielmal  verderben  vnd  schendlich  sterben. 
Oespielet  durch  junge  Knaben  zu  Bern  im  Jahre  1573.  Gemadit 
durch  J.  Rassern,  1574.  4*."  Merklen  in  seiner  Histoire  d'Ensis- 
heim  2,  193  berichtet,  ohne  ober  Inhalt  und  gang  des  verlornen  stQckeü 
näheres  mitzuteilen,  dass  dasselbe  am  9./10.  augitst  1573  ku  Ensisheim 


w 


n«i  97  scfafUera  gespielt  vrorden  und  dem  erzherzog  Ferdinand  gewid- 
met sei.     Gödeke'2,  390  folgt  in  seinen  angaben  uSenbar  nur  Weiler, 
glaubt   aber  darans,   dass  das  spiel  roa  der  kinderznclit  in  Bern,   das  1 
andere  in  Ensisheim  aufgefiüirt  worden  sei,  auf  eine  gewisse  vielseitig-  1 
leit  d^  für  reformierte  und  katholiken  arbeitenden  Verfassers  sclUiesseu  ( 
zu   dürfen.     Martin  hingegen  steht  der  angäbe,  dass  die  „Kindenmcht" 
in   Bern  zur  HufTülu-ung  gekommen    sei,  sehr  mistrauiscb  gegenüber,  1 
tnd   zwar,  wie  wir  sehen  werden,  mit  vollem  rechte. 

Ein  vor  kuizeui  gemachter  fund  nämlich  ist  ganz  geeignet,    tins 
'enaue  kentnis  des  verschoUeneD  Schauspiels  und  damit  auch  nähere  einxi^I- 
leiten  über  das  leben  seines  Verfassers  zu  bringen.    Bei  der  neidtatalogl- 
iening  der  Basler  universitatsbibliotkek  haben  aich,   wie  das  bei  alten  1 
lüchem  nicht  selten  vorkomt,  manche  bände  gefunden,  deren  dockul  I 

[(offenbar  aus  augenblicklichem  mangel  an  papdeckel)  vom  buchbinder  1 
«^durch  hei^estelt  sind,  dass  eine  anzahl  von  papierblättero  aufeinander  1 
geklebt  wurden,  bis  sie  genügende  festigkeit  boten.     Man  weiss, 

auf  diese  weise  bandschriften ,  aber  auch  alte  drucke  auf  uns  gekora* 
sind,    von  denen  sich  sonst  keine  spur  mehr  erhalten   hat;    iii&u- 
cdiee   darunter  von   höchstem   werte.      Unter  vielen    anderen   derartigen 
znebr  oder  weniger  bedeutungslosen  bücbereinbänden  befinden  äch  niuvfl 
luch  Tier,    wie  sich  aus  dem   aufdrurk  JCEB  1597   ergibt,    aus   duta 
^tthre    i  597    stammende   doppeldeckel    von    verschiedenen    werken    deefl 
^vönüscb-rechtlichea  abteilung,  die  mit  der  gan/.en  kostbaren  bibUotbtJ^J 
bekanten  Juristen  Remigius  Füsch  eigentum   der  universitätsbibliOrl 
'Uek   geworden    sind.     Zu   diesen    bänden    sind    nun    miudostenB    fllltffl 
■«xanplare  des  vermissten  Stückes  von  Johann  Rasser  vom  buchbinder,  \ 
wie  es  scheint,   eine  anzahl  von  abzügen  als  makulatur  eratandai  1 
,  zusammengeklebt  woi-den.     Es  ist  gelungen,  den  grosten  teil  d«f  1 
l>l2tter  80  von  einander  zu  lösen,  dass  fast  alles,   was  darauf  gedmckt 
ist»  noch  gelesen  werden   kann;    leider  sind  aber  die   ausgebrcitetea  ^ 
blätter,   damit  sie  zum  format   der  zu  bindenden  bücher  faMtn,   luf  | 
der  einen  seite  abgeschnitten,   und  da  einzelne  bogen  nur  räUMi  Tor- 
hutden,    von  anderen  alle  axemplare  auf  der  gleichen  seilo  abgtwiuiit- 
ta  sind,    so   entstanden   mehrere    kleinere    unterbrcchungeo,   liitt  aber 
tine  erkentnis  des  zusammenhangos   und  ganges  der  hiodliiDg  kein» 
m^  hindern.     Mag  diesem  eben  geschilderten  funde  «tcli  ketno  bcsuii- 
den  grosse  bedeutung  beizumessen  sein,  so  dürfte  er  docti,  da  er  ünr 
usfSliung    einer   kleinen    lückc   in    der   deutschen   Uttentorgeschi'liN 
dieuiai  kann,  einer  eingehenderen  anzeige  in  dieser seitBcbrift  wert  •■.'•. i\ 
Vit  werden  uns  aber  darauf  beschranken,  eine  ausfDlirliclw  bMcfar>;il>ui.^ 

XXVI.  31 


482  iiNi 

des   inlinlls   de«   biiches,    Damentücli    des  ganges  iler  tmndhingi 
legen. 

Der  wahre  titel  des  Stückes  lautet:  ^Ein  Sclifin  Christlich  1 
Spil  von  Kinderzucht  mit  figuren  gezie]|ret/  vnd  wie  die  kinder/i&u 
wol  ernngöti  /  zfl  grossen  Ehren  |[  vnd  Ehrlichen  Btando  koöipo  /  t» 
diirgegen  nodore  ||  die  vbel  erzogen  /  vilmalen  verdorben  /  vnd  |1  imm 
schandtlirhen  todts  sterben.  ||  7A  Enstshuim  in  Obern  EluaS  /  iarA 
jun  II  go  Kjiaben  /  welche  Herren  M.  Jncobi  Mp&fhen  jetzigen  I|  Schul- 
meisters daselbsten  Schüler  vnd  lohrjungen  /  jc     Aiitf  den   9.  vnd  10. 

tag  Augstninnats/  ||  Anno  1573.   gespilet  |'   Ephes.  H /  [hnliscbaittj 

Gemocht  durch  Herrn  Johao  I^sem  FfarrherrCii  l|  daselbsten  /  vnd  iM 
vor  niemaln  gespilot  worden." 

Gedruckt  ist  das  hufh  1574  zu  Strassburg  bcy  Thiobolt  Bwger 
zum  Ti-enbel  am  Wynmarck;  das  aus  sonstigen  drucken  bekante'  wi- 
chen Bergers  ziert  die  lezte  seite.  Doch  ist  zu  bemerken,  dass  ouT 
einem    der  vier   erhaltenen    si-lilussblatter  als  dmckort    angpgebon  ist: 

Gotruckt  in   der  ....  Statt  Fr[ibuig  im]  Uris!^|au]   MDL TVpcn. 

dmckanordnung,  papier  stimmen  aber  mit  dem  Stmssbnrger  druck  «4- 
Vommen  überein,  eine  erscheinung,  für  die  ich  eine  einleachtoode 
crkliirung  nicht  habe  finden  können.  Hern  äusseren  nmfang«  rmIi 
zählt  das  buch  von  bogen  A  bis  Z  und  von  Aa  bis  Oo. 

Der  genaue  titcl  lehrt  uns  also,  dass  auch  dieses  spifl.  wi«  ilu 
zweite,  in  Ensisheim  aufgeführt  worden  ist,  und  wenn  damit  schon  die 
richtigkeit  der  angäbe  in  Willcrs  horbstkatalog  sehr  zweifelhafl  gewor- 
den ist,  so  wird  sie  es  noch  viel  mehr,  wenn  wir  sehen,  dasH  d 
faeser  ein  guter  katholik  ist;  richtet  er  doch  seine  vorrede 
christliclien  katholischen  lescr,  und  auch  im  laufe  des  stUckee  i 
beispiel  einmal,  da  ein  elt«irnpaar  seinen  sehn  auf  die  hohe  sdiid 
den  will,  hervorgehoben,  diins  er  geschickt  werden  solle  „in  ein 
da  es  den  rechten  Glauben  hat,"  Freilich  drangt  sich  sonst  dei 
lioisiims  des  Verfassers  nicht  besonders  auflällig  hep>'or.  Aber! 
doch  kaum  anzunehmen,  dass  in  einer  der  rofonnierten  Hache  { 
getanen  Stadt,  wie  Bern  das  spiel  eines  sich  so  offen  und  denUi 
katholischeu  kirctie  bekennenden  verfa&scrs  hätte  xur  auffiihnini 
gen  kjinnen,  während  es  andrerseits  sich  reclit  gut  bngrpifpn  l 
dasselbe,  wie  Bächtold  Litteratiirgesch.  anm.  s,  tiO  hi'li'(;t,  1577  1 
katliolischcn  Kheinfolden  dargeutelt  wonlen  ist. 

1)  Hüilz,  BlüüsBisälu!  lirichonnurk'»]  liat  all(<nliiigB  nur  vm  hsw. 
gen  marke  g«a»thi-n. 


—  ■^- 


Wie  schon  oben  erwähnt,  hat  Ragser  sein  spiel  dem  erzherzog 
Ferdinand,  sowie  vogt,  schuitheiss  und  rat  von  Ei^isheim  zum  neujahr 
(1574)  gewidmet;  an  diese  widmung  scbliesst  sich  eia  namentliches 
TCrzeichnis  der  regiorung  und  kammer  des  erzherzogs  an.  Fol.  Ä, 
begint  die  vorrede: 

Sowol  Römer  als  beiden  haben  den  gemeinen  und  löblichen 
brauch  gehabt,  komödien,  tragödion  und  dergleichen  lustige  spiele  auf- 
zuführen, damit  jung  und  alt  dadurch  zu  ebrenhaftigkeit  und  männ- 
licher tapferkeit  angefeuert  würde.  TTnisomehr  gebühre  ea  sich  für 
Christen,  derartige  beraühungen  wieder  aufzunehmen  „vnd  Christliche 
Spil  aus  Gottes  "Wort  für  alle  andere  kurzweil  auff  erden  anzöricliten". 
Auch  die  Juden  hätten  diese  Übung  gepfl^t  und  es  sei  ganz  glaublich, 
dass  die  historien  von  Judith,  Tobias,  Susanna,  Hiob  „von  wegen  ihrer 
färtrefFIichkeit  in  der  lehr  vnd  exempel  zu  aufforbawung  der  men- 
schen" an  die  band  genommen  worden  seien.  Die  beliebtheit  dieser 
Stoffe  für  dramatisieningen  im  16.  Jahrhundert  erfährt  also  durch  diese 
stelle  indirekt  eine  allerdings  kaum  mehr  nötige,  neue  bestStigung. 

„Da  ich",  fahrt  Rasser  fort,  ^damoben  auch  gewar  worden,  das 
sich  die  junge  knaben  alle  Schöler  alliie  zu  Ensisheim  auff  Ascensionis 
Domini  nechsthln  sich  zft  dem  Actu  damals  so  lieblich  vnd  anmätig 
gehalten  vnd  erzeigt,  hat  mich,  wie  wo!  gantz  vngeschickten  vnerfah- 
renen  ...  gleichsam  die  natiir  und  die  Hebe,  so  ich  zä  einer  vnschul- 


digen   Jugend   . 


vnd    dinier  Statt  Ensisbeim  als  meines  geliebten 


^tterlandts  trage,  bewegt,  das  ich  .  .  ,  solche  vnd  dergleichen  erbare 
'Cbristenliche,  besserliche  Spil  aus  Gottos  Wort  und  der  heil.  Schritft 
dichten  vnd  mit  ermelter  Jugend  fürnemmen  sölte".  Nur  auf  dringen- 
des verlangen  vieler  statlicben  personen  habe  er  sich  bewegen  lassen, 
dieses  spiel  von  der  kinderzuoht  an  den  tag  zu  geben,  und  bitte  nun 
Beine  herren  und  gönner,  dieses  zeichen  der  dankbarkeit  von  ihm,  der 
seit  etlichen  jähren  Seelsorger  und  pfarrer  in  Ensisheim  gewesen  sei, 
freundlich  anzunehmen.  Datiert  ist  die  vorrede  Ensisheim  den  25.  Okto- 
ber 1573. 

Daraus  erfahren  wir  zweierlei:  1)  dass  Ensisheim,  wie  schon  Mar- 
tin vermutet  hat,  wirklich  der  gehurtsort  Rassers  ist.  2)  dass  das  spiel 
von  der  kinderzucht  der  erste  versuch  des  Verfassers  auf  dem  gebiete 
des  dramas  ist.  Er  kann  somit,  wenn  er  in  der  vorrede  zu  der  1574 
gespielten  und  gedruckten  komödie  vom  könig,  der  seinem  söhne  hocli- 
Mit  macht,  von  etlichen  komödien  spricht,  die  er  „mit  der  allhieigeu 
Jugend  geliabt"  habe,  nicht  eigene  erzeugnisse  im  äuge  haben,  sondom 
nur  spiele  anderer  Verfasser  meinen,  die  auf  seine  anregung  und  unter 

31* 


seiner  leitimg  aufgeführt  worden  waren.  Deno  die  annähme,  dass 
zwischen  die  kinderzucht  und  die  hochzeit  des  königssohnos  noch  äa 
anderes,  tinbekantes  stück  fiele,  wüi-de  doch  eine  ungewöhnlich  reiche 
Produktivität  unseres  diebters  voraussetzen,  für  deren  Vorhandensein 
sich  uus  sonst  kein  anhält  dar'bietet 

In  einer  zweiten,  gereimten,  über  16  seilen  sich  erstreckenden 
vorrede  wendet  sich  sodann  der  Verfasser  an  den  christlichen  katho- 
lischen leser,  alle  eitern,  vorgesezten  und  zuchtineister,  um  ilinen  in 
sechzehn  pnnkten  den  hauptsächlichsten  Inhalt  einer  auf  nctijahr  1573 
im  anschluss  an  Ephes.  6  gehaltenen  reihe  von  predigten  über  kinder- 
erziehung  vorzuführen.  Damit  sich  nicht  begnügend,  sezt  der  vorsich- 
tige und  gewissenhafte  Seelsorger  für  die,  welche  die  reime  nicht  ve^ 
stehen,  noch  einmal  in  ktb'2ender  prosa  die  ui'sache  auseinander, 
warum  er  gegenwärtiges  spiel  fürgenommen  habe. 

FoL  Fg  v"  folgt  sodann  das  Verzeichnis  der  pereonen  des  spielm: 


1)  Heroldt 

2)- — 6)  Der  1,- — 5.  Argumentator. 

7)  Thobias. 

8)  Elisabet. 

9)  (  kleiner  j 

10)  der  j  mitler    l  Joannes. 

11)  I  elter      ) 

12)  Jezabel. 

13)  Narr. 

14)  Schaimcister. 

IB)   ,      r  kleiner  \    ,,    ^ 
1  ai  "ö""  {f.         i  ■ÄJeatur. 

16)  t  grösser  ) 

17)  Claus    1  „ 

18)  Heintz  J  ^^'^^ 

19)  L>ix,  der  erst         y^^^^.^^^ 

20)  Clawm,  der  ander; 

21)  Ülniau  Jud. 

22)  Mätz  oder  Dim. 

23)  Wechsler. 

24)  Wechßlerein. 

25)  StattVügt 

26)  Schultheis. 

27)  Stattschreiber. 

28)  — 42)  der  1.  -15.  Rhatsherr. 


43)  der  erst     )  „,  ^,        . , 
.   '    ,  ,     J  Stattknechl 

44)  der  ander  j 

45)  König. 

46)  Königin. 

47)  Cantzler. 

48)  (  erst 

49)  der   {   ander 

50)  l   drit 

51)  Secretarius. 

52)  — 63)  der  1.- 
64)  der  Bot. 


;ht^^H 

itueÄte       I 
iath. 


66)  ""  \  ander  /  -"l'l"'^-- 

67)  — 78)  das  1.-12.  HofQun- 

Irewlin. 
79}  j.^  r  erst      »    Hoffjung- 

80)  ^   ander  /      frawen. 

81)  Ho^ungkherr. 

82)  der  Priester. 

83)  — 106)   der   1.— 24.  Richter 

und  urtheilspi-ccher. 
107)  l  erst 


108)  der  { 
109) 


ander  [ 
drit     I 


FürspreciH^H 


110)  ,       f  erst       Kt    t   ■  u.       I   112)  Henkersniätü. 
, , , .    der  i       ,       J  Nachnchter.      ,,„-,„    „  , 

111)  {  ander   i  \   113)  Teutfol. 

Auch  namen,  alter  and  herkunft  der  97  bei  der  aufführuDg  mit- 
irkendun  schaler  erfahren  wir  ganz  genau. 

Mit  bogcu  H  begint  das  stück  selbst,  das  in  zwei  tage  zerfall, 
1  denen  jeder  wider  in  fünf,  unter  sich  sehr  ungleiche,  akte  geteilt 
Eingeleitet  und  abgeschlossen  wird  jeder  tag  in  der  gewöhnlichen 
so  vom  herold;  ebenso  werden  die  einzelnen  akte  mit  wenigen  aiis- 
iihmen  von  einem  argiimentator  eröfnet,  der  auf  die  kommenden  dinge 
inweist  und  die  moral  daraus  zieht 

Nachdem  nun  zu  anfung  dieser  hcrold  eine  mehr  in  aigemeinen 
ideutungen  gehaltene  Übersicht  über  den  inhalt  doa  spieäes  gegeben 
nd  einige  gute  lehren  über  die  erziehung  der  kinder  daran  geknüpft 
,  tritt  der  arguraentator  primi  actus  auf,  um  uns,  mehr  auf  einzel- 
Siten  eingehend,  auf  die  ereignisse  des  ersten  aktes  vorzubereiten.  Als 
robo  der  dichterischen  begabung  und  sprachlichen  gewantheit  des  ver- 
iers  mögen  seine  werte  liier  einen  platz  finden. 


Hort  zu  jhr  Herren  ynd  Frawen 

3  jhr  disem  Spil  zä  schawen  / 

itz  kommen   zwey  ehemenschen 

grecht 

ie  erziehen  die  Kinder  recht  / 
it  fleiß  betrachten  vnd  dencken 
le  sie  die  dem  Herren  schencken  / 
idem  sie  mm  htevon  reden 
le  sie  gesinnet  alle  beden/ 
ft  kompt  ein  freches  Weib  herbey 
^il  wBsen  was  jhr  meinung  sey  / 
»  bald  sie  dann  von  jhn  verstot 
B  jhr  Kind  zum  Herren  Got  / 
irlstlich  aufferzieheu  solteii 
□d  zAr  Schäl  jetz  schicken  wolten/ 
i  sagt  sie  es  wer  noch  zä  frey 
Feil  er  noch  jung  /  nicht  alt  gnüg 

hd  laßt  dieweil  den  jhren  Sou 

it  spilen  auff  der  gassen  gon  / 

ea  jhren  wurd  vudersagt 

Lt  sie  ob  sie  der  ritte  jagt/ 


Das  frorab  weib  mit  dem  jren  Son 
Sanibt  dem  man  zfi  der  Schäle  gon  / 
Und  bitten  den  Schulmeister  g&t/ 
Das  er  an  jm  nicht  spar  die  rät/ 
Sondern  den  aufferziebe  fein 
Zur  Zucht  vnd  forcht  des  Herren 

Der  Schulmeister  erklärt  sich  boldt 
Wie  das  ers  billich  tlifln  jetz  solt/ 
Bald  kam   auch  das  frech  Weib 

gangen 
Und  mit  werten  angefangen  / 
Dom  Schftlroeister  erzelen  boldt 
Das  er  jhr  kind  nicht  straften  sohlt 
Weil  es  noch  jung  »nds  nicht  ver- 

stiend 
DraufF  sie  auch  ein  hader  anfieng/ 
Dai'umb  das  man  jhren  knaben 
Nicht  wolt  lassen  gassen  jagen/ 
Gab  jhm  den  seckel  gar  vol  gelt 
Und  schickt  jhu  damit  vberfelt/ 
Das  er  seines  gfallens  leben  solt 


Als  dergloich  offt  thät  gschelien/ 
Darumb  so  schweigend  jt^tziind  stj] 
Weil  man  alsbald  aofangon  wü 


486  I 

Wie  ers  gern  allweg  haben  wolt 
Sarzä  auch  sahen  jhr  zwen  säur 
Ein  junger  ?nd  ein  alter  Baur  / 
Wie  ilir  diß  werden  jetz  seliea 

Nach  dem  abgaiige  des  nrgumentators  tritt  Tobias  mit  seiner  freu 
Elisabeth  auf.  Diese  hat  in  der  {leider  schwach  besucliten !)  Idrcbe  vnm 
pfairer  eine  predigt  über  kinderzueht  gehört  und  ist  dadurch  auf  den 
gedanken  gekommen,  dass  es  nun  an  der  zeit  eei,  ibreu  kleinen  sobu, 
Hänslein,  namentlich  damit  er  vor  böser  geselachaft  bewahrt  bleibe, 
zur  schule  zu  bringen.  Der  vater  Tobias  ist  damit  ganz  einverstan- 
den; nicht  so  die  hinzutreteade  naclibarin  Jezabel,  die  meint,  man 
müsse,  da  ja  der  knabe  noch  ein  kleines  kind  sei,  damit  noch  wsrten; 
die  eitern,  die  nicht  überflüssig  reich  seien,  soicen  ihr  geld  für  nötigere 
dinge  sparen;  auch  sie  behalte  ihren  älteren  und  grösseren  söhn  nocli 
zu  hause.  Während  dieser  roden  läuft  dieser  leztere,  Aleator  mit 
namen,  mit  würfeln  über  die  bühne,  seine  kameraden  zum  spiele  rei- 
zend. Elisabeth  ist  über  diese  frühe  Verdorbenheit  des  jungen  entsert, 
Jezabel  aber  nimt  die  sache  nicht  so  tragisch.  Die  Unterhaltung  der 
weiber  wird  unterbrochen  durch  den  dazwischen  tretenden  narren,  der 
sie  beide  heimtreibt.  Kurz  darauf  sehen  wir  Tobias  und  Eiisaheth  mit 
Hänslein  beim  Schulmeister  erscheinen  und  ihn  bitten,  an  ihrem  sahne 
nötigenfals  die  rute  nicht  zu  sparen.  Der  Schulmeister,  erfreut  über 
so  vernünftige  eitern,  verspricht,  sein  bestes  zu  tun.  Ganz  anders 
henimt  sich  Jezabel,  die  nun  cbenfals  mit  Aleator  anrückt;  sie  verlangt 
für  den  jungen,  der  sich  mit  bänden  und  füsscn  gegen  die  schule 
sträubt,  eine  nachsichtige,  sanfte  behandlung.  Zwei  bauern,  Eeintz 
imd  Claus,  welche  diese  scene  mit  ansehen,  geben  in  ihrem  meinungs- 
austausch  darüber  der  befürchtung  ausdruck,  dass  Aleator,  von  der 
mutter  verzärtelt,  noch  schlecht  ausfallen  und  zum  diel«  werden  wwdp. 
Dem  heftigen,  groben  weibe,  das  seinen  mann  ganK  unter  dem  pantof- 
fel  hält,  getrauen  sie  sich  aber  nicht  eine  bemerkung  zu  machen.  Bald 
nachher  kommen  Aleator  und  Hanslein  mit  einander  aus  der  schule; 
unterwegs  will  Aleator  seinen  gefatirten  zum  spiele  verleiten;  der  Schul- 
meister, der  dies  sieht,  züchtigt  ihn  dafür,  wird  aber  darin  durch  die 
auf  das  Jammergeschrei  ihres  eohnes  herbeieilende  rautler  gestört;  sie 
nimt  ihm  unter  den  gröbsten  schimpEreden  ihren  söhn  wider  weg. 
Schulmeister  und  nachbarn  vei-sprechen  sich  von  einer  solchen  enoe- 
hung  böse  folgen  für  Aleator,  der  noch  am  galgen  enden  werde.  Am 
schluss  des  ersten  aktes  sehen  wir  den  Aleator  mit  einem  seckel  voll  gAi 
wegziehen,  seine  mutter  gibt  ihm  mit  trommeln  und  pfeifen  das  gelMtb 


ä  KiaDSRHuuai  487 

Der  Kweite  akt  bildet  völlig  i1a&  gegeustilck  zum  ersten.  Hiins- 
1  BoU  jezt  nach  raeiiijahrigem ,  orfolgreicbem  scbulbesncb  auf  den  rat 
l  lehrers  zur  fortsetzung  seiner  Studien  auf  die  holie  suhulo  gesi-liiekt 
irden  und  zwar  „in  eine  Statt,  da  os  den  rechten  Glauben  bat". 
ährond  Tobias  und  Elisabeth  ins  haus  gehen,  um  die  Vorbereitungen 
■  abreise  ihres  solines  zu  treffen,  komt  Jezabel  herbei  und  hiitt  eine 
flätige  rede,  des  Inhalts,  sie  wolle  ihren  söhn  den  nacübarn  ziun 
>tz  wider  beim  kommen  lassen,  niemand  habe  ihr  etwas  drein  zu 
i.  Offenbar  hat  der  dichter  die  rolle  dieses  weibes,  trotzdem  er 
I  uosympathiscli  als  möglich  darzustellen  sucht,  mit  einem  gewissen 
ilgelallen  bebandelt  und  sich  niit  ihrer  Charakterisierung  hesgudero 
Qhe  gegeben;  das  ist  ihm  auch  so  weit  gelungen,  dass  wirklich  gerade 
igui-  zu  den  lebenendsten  und  natürlii.:hsten  des  ganzen  stuekes 
hört.  Als  beweis  dafür  möchte  icJi  gerade  die  eben  angeführte  rede 
sehen: 

Ich  liab  ein  mann  der  bleibt  zu  bauß 
Drutz  das  er  mir  jetz  kern  heniuQ 
Solt  er  jnir  vil  darzü  sagen 
So  müßt  er  auff  der  nasen  haben  / 
Die  schllissel  /  vnd  die  lauste  mein 
Wol  auff  der  hoylgen  gesehen  sein/ 
Neüt,/  noiit/  neiit/  ich  wil  meister 

sein 
Vnd  kost  08  mir  das  leben  mein". 


bin  ein  weih  vnd  nicht  ein 

mafi 

;fich  nur  keiner  was  ich  kan  / 

U  jhm  dermassen  dnasen  wüschen 

ob  jbn  het  der  ritt  beschisseu/ 

t  mir  /  vnd  auch  mit  meinem 

Sohn 
ieii  Bie  vnser  nicht  müssig  gohn/ 


Meister  Lux,  Jezahels  schwager,  beklagt  das  Schicksal  seines 
idere,  der  an  ein  solches  weih  gefeMselt  sei.  Ratsherr  Stefan  stimt 
i  bei,  aber  sie  finden  beide  den  mut  nicht,  dem  bösen  weihe  vor- 
illungen  w(^n  seines  benehmena  zu  machen.  Der  zweite  schmied 
lelt  sich  ihnen  bei.  Ihre  betraehtungeii  werden  aber  jäh  unterbrochen 
roh  Jezabel,  die,  wie  von  einer  ahnnng  herausgetrieben,  sich  mit  ofen- 
}el  und  hulzscheit  auf  sie  stüi'zt  und  sie  in  die  flucht  jagt  Nach 
er  lärmenden  soene  bringen  Tobias  und  EUsaboth  ihren  söhn  heraus 
.  nehmen  mit  eindiinglichen  ermahniingeu  zu  einem  guten  lebons- 
pdel  von  ihm  abschied.  Da  zog  Uänslein  sein  hütlein  ab,  gab  dem 
■  und  der  mutter  die  band,  mit  dem  gelöbnis,  alzeit  ihre  geböte 
lt6n  au  wollen,  so  dass  sie  nur  gutes  -von  ihm  hören  sollen.  Nach- 
I  die  eitern  ins  haus  zurückgetreten  sind,  fäit  Hänslein  auf  die  knie 
bittet  Gott  um  seinen  beistand  und  senduug  seines  heiligen  gei- 
Widorum  treten  Heintz  und  Claus  auf,    diesmal   aber  freuen  sie 


sich   über  doQ  wolgeratenen  kuaben,   an   dem  die  oltorn    und   freunde 
nocb  ehre  erleben  werden.     Gesang  und  saitenspiel. 

Im  dritten  akt  kehrt  AJeator  heim,  begleitet  von  seiner  mStz.  Der 
Jude  Ulman  bringt  seiner  niutter  die  erwünschte  künde  von  seiner  rück- 
kulir.  Freiindlieli  bewilkomnet  Jczabel  ihren  söhn  und  auch  seine  beglei- 
terin,  die  ihn  in  einer  krankbeit  gepflegt  hat,  und  hürt  mit  befriedigung 
den  erzählungen  Äleators  zu,  der  manche  lander  durchzogen,  manche 
gefalir  bestanden  hat.  Nicht  lange  aber  hält  er  es  im  mutterhaus  aoB, 
seine  leidenschaft  treibt  ihn  zum  Juden,  mit  dem  er  spielt;  das  glGck  ist 
ihm  aber  nicht  hold,  er  verliert  all  sein  geld.  Vergebens  versucht  «, 
mehr  aus  seiner  mutter  herauszupressen;  sie  hat  nichts  mehr.  Aleator, 
untröstlich  (ibcr  seinen  Verlust,  entscbliesst  sich,  einer  eingebung  des 
Juden  folgend,  einem  Wechsler,  der  an  seinem  tische  eingeschlafen  ist, 
das  ihm  fehlende  geld  zu  stehlen.  Doch  sein  versuch  mislingt,  der 
Wechsler  erwacht  rechtzeitig,  erhebt  ein  grosses  geschrei  und  so-hickt 
seine  frau  zum  schultheiss,  damit  er  des  Juden  haus,  wohin  Aloatot 
geflohen,  umstellen  und  die  beiden  verhaften  lasse.  Der  schultheia» 
gibt  sofort  die  nötigen  befehle  und  ruft  den  rat  zusammen,  dem  dano 
der  Stadtschreiber  den  fall  vorträgt  Naciidem  der  stadtvogt  eine  stelle 
aus  dem  Jus  civile  zur  wegleitung  vorgetragen,  wird  in  namentlicher 
abstimmung  mit  grosser  mehrlieit  beschlossen,  die  beiden  Verbrecher  seien 
ohne  Verzug  ins  loch  zu  werfen,  „wo  sie  hin  kören".  Dem  beschlu» 
gemäss  werden  Aleator  und  der  Jude  ins  gefangois  geführt.  Jezabel 
komt  vor  den  rat  und  bittet  mit  demütigen  werten  um  freigebung  ihres 
Sohnes.  Der  stadtvogt  muss  ihr,  die  mit  ihrer  Verzärtelung  selbst  schuld 
ist  am  niisrateu  ihres  sohues,  oinon  abschlägigen  bescheid  geben.  Da 
bricht  Je/^bel  in  heftige  klagen  aus  über  ihre  eigene  schwäche,  hott 
aber,  es  werde  ihr  in  der  am  nächsten  tag  statfindenden  gerichtever- 
handlung  doch  noch  gelingen,  den  sohu  freizubitten.  Dann  gebt  der 
rat  auseinander.     Saitenspiel. 

4.  akt  Acht  trabanten  gehen  vor  dem  „losament"  des  könig« 
spazieren  und  reden  von  den  lezten  vorfallen.  Alle  gönnen  Jenbel 
das  Schicksal  ihres  sohnes.  Sie  brechen  ihre  Unterhaltung  ab,  da  m 
vom  neunten  trabanten  zum  könige  gerufen  werden.  Nach  ihna 
erscheinen  acht  hoffräulein,  die  sich  beraten,  ob  sie  noch  länger  sp*- 
zieren  gehen  oder  zur  königin  zurückkehren  sollen;  endlich  siegt  dio 
pflicht  über  das  vergnügen.  Zwei  andere  hofdamen,  welche  die  Ing«^ 
ereigoisso  besprechen,  werden  von  einem  hinzukommenden  hoQunkw 
in  nicht  sehr  galanter  weise  zur  königin  geschickt: 


Erspacieren  vnd  spüen  wellen         i  Wann  jhr  euch  mutzen  niauigfalt/ 
Woltjhp  alweg  vor  jungen  gsellen/     Jungbirawen  gehfiron  ins  haus/ 
Boniit  aiu  st'lipn  ewer  gstalt/  I  Ob  sie  schon  etwan  mflssen  drauß. 

Die  königin  tritt  auf,  zwei  an  sie  sich  wendende  Supplikanten 
verti'fjstet  sie  auf  die  ankauft  des  kenigs.  Dieser  verheisst  ihnon,  siuf 
dem  wege  zur  ratevereamlung  begriffen,  prüfung  ihrer  angelegen  heilen. 
In  dieser  Sitzung  handelt  es  siph  darum,  für  eino  lüebe  in  dem  per- 
sönlichen rate  des  königs  einen  passenden  ersotz  zu  finden.  Der  kanz- 
1er  empfiehlt  mit  warmen  worten  den  söhn  des  Tobias,  der  eben  doctor 
gewiirden  sei.  Der  zweite  rat  verwahrt  sieh  zuerst  gegen  den  vei^ 
dacht,  dass  er  sich  bei  seiner  enipfehlung  von  verwantschaftlichcn  rück- 
sichten  leiten  lasse,  und  nnterstüzt  den  antrag  des  kanzlers  lebhaft. 
Der  dritte  rat  tritt  für  möglichste  heschleunigung  dieser  bemfung  ein. 
So  wird  denn  der  kanz]er  beauftragt,  dem  doctor  Johannes  zu  schrei- 
ben, wozu  man  ihn  ausersehen  habe,  während  der  vierte  rat  die  eitern 
berholen  soll,  damit  sie  vom  entschluss  des  königs  in  kentnis  gesczt 
id  veranlasst  werden  können,  ihren  söhn  zurückzurufen.  Etisabotli, 
den  rat  in  abwesenheit  ihres  mannes  empfängt,  ist  von  tiefeter 
oücbarkeit  für  die  ihrem  söhne  zugedaciite  ehre  erfüll,  fürchtet  aber, 
»ä  noch  zu  jung.  Tobias,  bei  seiner  rückkelir  von  der  sache  unter- 
jlitet,  eilt  sofort  zum  könig,  um  ihm  zu  versprechen,  doss  er  seinen 
"3hl  so  rasch  als  möglich  zur  ausführung  bringen  wolle. 

Während  der  rückkehr  des  königs  von  der  ratssitzung  zu  seinem 
iment,  die  den  Übergang  vom  vierten  zum  fünften  akt  bildet,  ertönt 
ier  gesang  und  saitenspiel.  Hierauf  ruft  Tobias  seiner  frau  und 
uftragt  sie,  den  boten  zu  holen.  Dieser  folgt,  nachdem  er  sich 
semer  reise  durch  eine  murgensuppe  gestärkt  hat,  dem  rufe  und 
ipfängt  den  schleunigst  zu  bestellendeH  brief  an  den  söhn,  zudem 
llfges  geld  auf  rechnung,  damit  sein  eifcr  gesteigert  werde.  Nach- 
"  der  böte  abgezogen,  komt  der  herold  und  zeigt  an,  „weil  es  zö 
lg  werden  wil,  auf  einen  tag  die  Comoedi  oder  Trageedi  außzühalten, 
weiten  Sil}  jetzunder  zu  hauß  gehn,  uud  morgens  umb  zwSlff  uhren 
ideramb  anfangen,  Und  derhalben,  wer  das  ende  sehen  wolte,  der 
ge  sich  umb  genante  zeit  widerumb  h^rzö  verfügen". 

Den  zweiten  tag  erötnet  der  herold  mit  einem  dank  an  die  anwe- 
.den  für  ihr  erscheinen  imd  einer  erruahnung  an  alle  eitern,  sich 
I  bcispiel,  das  ihnen  diese  komödie  von  der  kinderzucht  vorführe, 
lerseits  zur  warnung,  andrerseits  zum  muster  dienen  zu  lassen. 

Atich  Rasser  kann  sich  der  verliebe  seiner  zeit  für  gerichtsver- 
idlungen  auf  der  bühne  nicht  entziehen.    Uusten  wir  am  ersten  tage 


die  weitschweifigen  verhandluiigeD  des  stadtrstoa  über  die  veriiaftunfr 
der  beiden  diebe  mit  anhören,  so  werden  wir  jezt  im  orst«n  akte  des 
zweiten  tages  in  das  eigentliche  gprichtshaus  vereezt.  Mit  einem  wol 
bis  in  die  eiiizelheiten  der  goricbtliclien  praxis  nachgebildeten  ceremo- 
nieil  wird  uns  die  beralung  und  urteilsfäüung  vorgeführt  Der  schiüt- 
heiss  eröfnet  die  Sitzung  mit  einer  umfrage,  ob  er  jezt  recht  halten 
dürfe.  Für  diese  24mal  widerholte  frage  und  antwort  bat  der  dichter 
natürlich  die  nötige  abwechslung  nicht  finden  können.  Da  alles  ein- 
verstanden ist,  übergibt  der  stadtvogt  als  kläger  seinem  fürsprech  iaa, 
wort  zur  erzählung  des  tatbestandes.  Der  lursprech  schliesst  mit  dem 
antrag,  Aleator  und  der  Jude  seien  zu  hängen;  dabei  kann  er  sich 
nicht  versagen,  auf  kriUtige  weise  seinem  jiidenhass  luft  zu  machen: 


Zum  Land  aus  wurd  man  mit  jn 

trollen  / 
Ynd  difi  sol  gschehen  in  eim  jar 
Das  sag  ich  gwiß   vnd   ist  ancb 

war/ 
Danck  hab  Ertzhertzog  Ferdinand 
Der  in  der  Welt  ist  weit  bekant/ 
Vnd  von  der  Kiifhon  hochgeehrt 
Weil  er  niemand  das  sein  zerstört/ 
Sondoru  den  vnderthan  zfi  gfit 
Außtreiben  laßt  das  Juden  blüt 


„Von    wegen   jrs    sehenden    vnd 

schmehen 
Solt  man  kein  Juden  lassen  leben 

Sie  verfluchen  gleich  frfl  vnd  spot 
Vna  Christen  /  so  erhSrts  nicht  Got/ 
Dann   es    nicht   änderst   dann    ob 

hund 
Bellen  wollen  /  man  machs  gleich 

kund 
Allen  den  die  jhn  wol  wollen 

Nachdem  der  verleidiger  des  Aleator  dessen  schuld  auf  einen 
geringeren  unifang  zurückzuführen  gesucht  bat,  tritt  die  frau  des 
Wechslers  mit  ihrer  magd  al»  zeugin  auf;  ihre  Umständlichkeit  und 
schwatzhaftigkeit  ist  gar  nicht  übel  charakterisiert  Nochmals  bittot 
Aleators  ftirsprech,  in  ansehung  der  Jugend  seines  klienten  und  seiner 
bereitwilligkeit,  den  schaden  zu  ersetzen,  um  ein  gnädiges  urteiL  Der 
anwalt  des  Juden  erwartet,  dass  man  seinen  kUenten,  den  er  nicht  als 
Vorführer  gelten  lassen  will,  nicht  strenger  bestrafe  als  den  anden 
angeklagten.  In  einem  sehlussvotum  hält  der  öffentliche  anklüger  an 
seinem  antrag  auf  tod  am  galgen  fest.  Nun  folgt  die  wenig  variierte 
namentliche  beratung  und  abstimmiing  der  24  lichter.  Hit  23  gepst 
1  stimme  wird  beschlossen,  Aleator  sei  am  balse,  der  Jude  an  den  fassen 
aufzuhängen ;  doch  sei  dem  Christen  noch  zuvor  die  Unterweisung  eijis 
ksplans  zu  gewähren,  Nachdem  der  stadtschreiber  das  urteil  v^'leeeo 
hat,  ruft  der  Schultheis  den  henker,  meister  Streckboin,  herbei  ond 
übergibt  ihm  die  beiden  diebe  zur  volziehuug  des  urteils.     Die  bta- 


iasaBBs  ai-iEL  von  ma  kinbkmüciw  4Ü1 

tkoechto  führen  ^e  darauf  unter  rohen  apSssoQ  gegen  don  Juden 

i  gefongnis.    Da  wirft  sich  Jezabel  vor  die  richter,  ganz  vernichtet, 

oienid,    sich    selbst,   nnklagend    als    Ursache   des    Unglücks  Aieators, 

sie  nie  seine  unarten   gewehrt,   all«  seine  gelüste  befriedigt  hat. 

Ohnmacht  fiilt,   eilt  ihr  der  schnlmeister  zu  hilfe;    die  sich 

lam  erholende,  die  nun  ilire  frühere  unfreiuidUchkoit  gegen  den 

ihulmeister  tief  bereut,  führt  er  in  ihr  haus.    Mit  einigen  Worten  dos 

,    wie  er  immer   gesagt,    bei   einer   solchen    erziehuog 

tcht  anders  gehen   könne,   schliesst   der    ei'ste  akt  des  zweiten  tages. 

jÜ  tonspiel. 

Der  zweite  akt  ist  sehr  kurz.  Drei  ratsherren  spazieren  auf  und 
It',  im  gesprRch  begriffen  über  die  Verurteilung  der  beiden  diebe,  deren 
ibicksal  sie  bodanern.  Zwei  neu  hinzutretende  ratsherren  fragen  auf 
Iftteinisch  nach  dem  gegenstände  ihrer  Unterhaltung  und  bekommen 
ebensolche  antwort  Alle  zusammen  werden  sodann  zu  dem  stadtvogt 
Dtboten. 

Im  dritten  akte  sehen  wir  den  von  Tobias  an  seinen  söhn  geschiek- 
I  boten  zurückkehren  mit  der  von  den  eltem  freudig  aufgenommenen 
bldtuig,  dass  dr.  Johannes  in  einer  stunde  eintreffen  werde,   freilich 
'  dem  befehle  gehorchend,  nicht  dem  eigenen  wünsche,  der  ihn  zu 
arm  fernen  fürsten  als  rat  geführt  hätte.     In  längerem  Zwiegespräche 
ibon  die  eitern  mit  demütigem  danke  gegen  den  gütigen  gott  ihrer 
Bade  ausdruck  über  die  ehre,  die  ihrem  söhne  und  ihnen  widerfahren 
Da  kernt  Johannes  an  und  begrttsst  seine  eitern  mit  der  frühei-en 
SUDdlichkeit  und  ehrerhietung.     Saitenspiel. 

Der  anfang  des  vierten  aktes  entspricht  ganz  demjenigen  des  vior- 
l  aktes  dos  ersten  tages.     Wider  spazieren  die  trabanten  auf  und  ab, 
(  tageaoreignisse  besprechend,   namentlich   die  künde   von  der  boru- 
'  des   Sohnes   des  Tobias  zum   rate  des   königs;    wider   werden   sie 
^lÖet  von   den    acht  hof&äulein,    die    sogar  wörtlich    die  gleichen 
ipräche  führen   wie  am   ersten  tage.     (Solte  das  etwa  satirisch  die 
dankenarmut  der  hofdameu  ausdrücken?)     Wider  gehen  köiiig   und 
[ligin  mit  ilirem  hofgeainde  auf  und  ab  und  legt  die  königin  fürbitte 
i  für  die   beiden  Supplikanten,    die   der  könig  auf  die  dritte  stunde 
die  kanzlei  befiehlt,    wo  sie  gewähruug  ihres  gesuches  erhalten  sol- 
Darauf  begibt  sich  der  kiinig  widar  in  die  ratssitzung,    wo  ihm 
^teUt  wird,    dass   der  gesuchte   ratgebcr  in   das  eltemhaus  zurück- 
kehrt sei-     Ein   sekretär  erhfilt  den   auftrag  (lateinisch,   so  auch  dos 
retärs  antwurten,  wie  nachher  sein  gespräch  mit  Johann)  den  doctor 


mit  aeinon  eitern  lierbeiaaholen'.  Sie  folgen  iltn  und  wenlon,  i 
der  könig  noch  von  anderen  rechtsgesdiMten  in  anspriich  i 
ist,  vom  kanzler  begrüsst  und  unterhalten,  der  ebenfale 
neuGBten  moldungea  aus  Holland  sich  erkundigt  Tobias  dankt  fOr  die 
Beinern  soline  erwiesene  gnade»,  dio  der  kanzler  als  eine  wol  verdient«) 
bezeichnet  Dann  werden  sie  vor  den  könig  gerufen,  der  Jobann  p«- 
Bönlicfa  seinen  wünsch  oröfnot,  ihm  dip  pflichten  und  rechte  smuof  «tpl- 
hing  auseinandersezt  und  als  zeichen  seiner  anerkennung  ihm  eine 
goldene  kette  um  den  hals  hängt  Johann  nimt  die  berufung  mit  dank 
an.  Tobias  verabschiedet  sich  und  dankt  mit  frommem  geb(?t«i,  in  du 
er  alle  eitern  einschliesst,  Qott  für  die  ihm  gezeigte  güto.  In  der»'l- 
ben  weise  gibt  nach  ihm  Elisnbeth  ihrer  dankbarkeit  ausdruck.  Oc^ac^' 
oder  saitenspiel. 

5.  akt  Aleator  wird  aus  dem  gefängnis  herausgeführt,  begleitet 
von  einem  priester,  der  ihn  auffordert,  bnsse  zu  tun,  und  ihm  gast- 
lichen Zuspruch  spendet.  Aleator  nimt  abschied,  voll  reue  über  sein 
bös  angewantes  leben,  und  beschwört  die  Zuschauer  eindringlich,  sieb 
durch  sein  scbtchsal  warnen  zn  lassen.  Dann  wird  das  urteil  an  ihm 
volstreckt  Der  henker  ermahnt  die  anwesenden  kinder  zu  einem  ell^ 
baren  leben,  sonst  gehe  es  ihnen,  wie  dem  Aleator.  Noch  einmal  triit 
AJeators  mätz  auf  mit  ihrem  hündlein,  imd  klagt  über  ihre  Verlassen- 
heit Nun  gibt  der  ratsherr  den  nachrichlern  den  bofehl,  Aleator,  der 
auf  besondere  fiirbitte  doch  begraben  werden  soll,  vom  galgen  henb- 
zunehmen  und  den  Juden  Ulman  an  seine  stelle  zu  hängen.  In  ilot 
behandlung  des  Juden  liisst  der  dichter  die  rohheit  der  henhersknecbte 
besondere  grell  zu  tage  treten.  „Sie  schleiEften  den  Juden  etlich  mal 
Idn  und  wider  /  und  da  sie  ihn  hanckten,  sprach  dar  erst  oachridBpt  | 
und  hat  ein  trinckgeschlrr  in  banden: 

Ulman,  Ulman  bist  mir  worden? 

Het  ich  deiner  mehr  biß  morgen/ 

So  wolt  ich  sie  aiiff  knipffen  fein 

'At  dir  an  dJsen  galgen  dein/ 

Streckbein  /  es  gilt  disen  gar  auH. 
Meister  Streekbein;  Trinck  /  so  wirt  ein  volle  ganß  dnuU).] 
und   zur  erhöhung  der  Wirkung   tritt  sogar  noch  des  henkets  1 
teilnehmerin  an  diesem  saufgelage  unter  dem  galgen  auC 


])  Dos  gespritch  des  HokretArs  mit  Johann  dreht  sich  tcülweiae  um  i 
Disso.    Secr.  tRIgt:  NihÜDo  aoranun  rerom  adfertar  »  Battvia? 


4fö 

Alstlaoii  dankt  eiuer  der  8ohiUer  als  orator  den  zuschauera  für 
■  erscheinen  und  ihre  teilnähme  niid  auch  für  ihre  materielle  unter- 
itzung  bei  der  auffuhrung;  wenn  diesmal  vielleicht  an  ihrem  spiele 
icht  alles  gut  gewesen  sei,  so  könne  er  versprechen,  dass  es  ein  ande- 
I  mal  damit  gewiss  besser  aussehen  werde.  Zum  schluss  resümiert 
r  berold  in  längerer  rede  die  moral  des  Stückes,  indem  er  als  das 
izige  heilmittd  gegen  die  Verderbnis  der  zeit  eine  gute  erziehuug 
.pfiehlt  und  einige  praittische  winke  und  regeln  dafür  erteilt 

Sobald  der  herold  ausgeredet  hat,  erscheint  der  teufel,  nimt  den 
iden  vom  galgen  und  trägt  ihn  zur  höUe,  wo  noch  viele  tausend 
len  braten,  indem  er  ihm  quälen  verheisst,  dass  ihm  das  herz  im 
ib  mnss  krachen. 

Dou  absi-hluss  des  buches  bildet  eine  rede  des  Verfassers  au 
vaigo  Ijiaterer  und  schelter  dieses  gedichtea;  ein  tor  und  narr  sei, 
IT  den  sinn  diesca  kinderspieles  nicht  verstehe  oder  nicht  vorstehen 
die. 

BASm,.  GUSTAV    UIKZ. 


NACHTRAGE   ÜOT)   ZUSATZE   ZU  DEN   BISHEKIGEN 

EEKLÄEUNGEN  BÜHGEESCICEK  GEDICHTE. 

1.    Nachtfeier  der  Venus. 

Die  arbeit  an  diesem  gedichte  begleitet  den  dichter  auf  seinem 
iDzea  lebenswego.  Ibr  aafang  geht  bekantlich  auf  eine  anregung  von 
lotz  zurück,  der  1767  einem  manne  von  Gleimischem  geisto  die  ver- 
latsuliung  des  Pervigilium  Yeneris  empfohlen  hatte.  Bürgers  erster 
mloser  versuch  hielt  sich  nahe  au  das  original,  dessen  schlecht  über- 
iferten  text  er  mit  glücklichem  griffe  in  Ordnung  brachte,  und  suchte 
sherlich  eben  in  Gleimischem  geisto  die  anakroontischen  seittni  ans 
i  ziehen.  Der  späteren  freieren  nachdichtimg  gab  erst  der  reuu, 
,  dem  Boie  (walirschoiolich  durch  die  gereimte  Übersetzung  des  Per- 
^ium  durch  den  den  Göttinger  diditern  wol  bekanten  Thomas  Par- 
i^  beeintlusst)  riet,  und  die  gehobene  spräche  den  Charakter  der 
ierlichen  hymne  zum  preise  der  liebesgöttin. 

1)  Thomas  Pumell,  Poema  on  sever«!  ORCoainns,  publ.  by  Pope  1700  s.  44: 
a  Tipl  of  Venus"  in  goroiinten  SfüsBigen  jwiihon.  —  Bürger  uitiert  Parnoll  in 
Torrede  za  seinor  Homerüba.  in  ElotxONS  bjbt.  IT71;  .Adelina"  uud  ,Ua5  harte 
Idhen"  siml  na«h  Parnell  yediobtot;  Hülty  uutlehnt  aus  iler  bibl.  Pamella  l'oeius 
V.  71. 


494  Bomo 

Bilrgera  bekantschaft  mit  Boie  datiert  vom  herhste  176 
erst  nach  der  riickkehr  Boies  von  Berlin  im  frühjahr  1770 
veitrauter.  Das  erste  Bürgereche  gedieht,  das  er  kennen  lernt,  i 
„Stutzerballftde",  die  er  im  decbr.  1769  Gleim  vorliest  und  von  der 
er,  ais  es  sich  um  die  chronolO'gische  Ordnung  der  gedichte  in  der  am^ 
samlung  (1778)  handelt,  bemerkt,  dass  sie  sehr  verändort 
miiste,  wenn  sie  an  der  spitze  stehen  soll.  [Strodtnmnn ,  Br. 
Bürger  II,  250.]  Boie  lüsst  zuerst  nur  das  paiwIisHsohe  talent  ! 
gellen;  er  begünstigt  die  „Europa"  und  nimt  aus  einer  roihe  Ton*g^ 
dichten,  die  uns  noch  beschäftigen  werden,  nur  das  trinklied  „Herr 
Bacehns"  in  den  musenaimanaeh  von  177t  auf.  Wir  kiinnen  Bmts 
aufforderung  zur  gereimton  nachdichtung  des  Pervigilium  und  seine  teü- 
nahmo  daran  nicht  über  das  Jahr  1770  zortickvereetzen ;  und  schwerliob 
wird  Bürger  swn  gedieht  im  oktober  1771  vollendet  haben,  als  er  u 
Gleim  schreibt:  „Wenn  die  snmUing  ntieh  nicht  so  geschwind  he^ 
auskommen  wird,  so  kann  ich  herrn  Uicbaelis  ein  slück  verspreche 
das  nicht  ganz  schlecht  sein  soll.  Es  ist  das  verdeutschte,  aber  frei 
verdeutschte  Pei-vigilium  Veneris,  Ich  habe  mir  vorgenommen,  in  die- 
sem stücke  don  wolklang  nnd  die  korrektlieit  so  weit  zu  treiboD^ 
in  meinen  kräften  steh)".  [Strodtm.  I,  :18.]  Mehr  u\s  die  hloi 
wird  damals  noch  gefehlt  haben*. 

Erst  am  2.  märz  1772  kunte  Boie  das  gedieht  durch  Knebelti  i 
lung  an  Ramler  gelangen  lassen,  der  es^  freilich  nicht  Bürger  zu  danke— 
einer  gründlichen  korrektur  unterwarf.  Da  aber  die  samlung  der  „Lifr- 
der  der  deutschen",  wo  ea  seinen  platz  erhalten  sollo,  nicht  erHchien, 
wurde  Bürger  im  Bommer  des  niioheten  Jahres,  als  er  iuDiilt«n  eiiwr 
ganz  anderen  poetischen  woU  lebend  mit  Lenoro  sich  beschäftigte,  dnrdi 
Übersendung  der  Ramlerschen  korrektur  von  Boie  aufgefordert,  die  redak- 
tion  des  gedichtes  für  den  Musenalmanach  des  Jahres  1774  vorzuneh- 
men. Während  die  beiden  freainde  in  diese  arbeit  sieh  teilten,  kam 
ihnen  das  aprilheft  des  Deutschen  Mercur  (1773)  vor  äugen,  in  dem  diu 
Nachtfeier  abgedruckt  war.  Sie  liessen  sich  nicht  abhalten,  der  frel- 
buuterei  die  rechtmässige  ausgäbe  im  Göttingor  almanaoh  (1774] 
gegenzuselzen. 


en,  in  oie- 
reiben,  iti  m 

3els  T^Q|^ 


1|  Allonlines  suhraibt  Boie  vieneba  Ugr'  'tpütor  Ori  Eih^IhiI  (in 
heratugobeni  Büi^r»  stark  voniaohlüMi^oo  littornmcbMi  uflcbbss  Kjtebeb  9,  i 
Kin  fraonil  mn  nitr  tiat  itu  FttrTJ);.  Veo.  HO  UberRutt,  «las»  ich  en  Si 
miua,  sob&Id  eS  ganit  überfoilt  ist  AVr  am  30.  dofK'mber  1771  |UÜt| 
gedieht  noch  nicht  wünlig  vor  die  HUgen  Hnmlora  stii  Irotf-u  ((•bomU  8.  111).   i 


Bürger  machte  für  die  -widerrechtliche  veröffeDtlichimg  seines 
»dichtes  —  ßreüich  auf  die  blosse  nachricht  hin  und  ohne  sie  noch 
1  zu  haben  —  Gleim  verantwortlich,  dem  or  am  20.  sept  1772 
die  Nachtfeier  aus  dem  gedächtnisse  und  mit  annähme  einiger  Ramler- 
schen  korrekturen  abschrieb  [Strodtmann  I,  72  u.  13-t].  Mit  unrecht! 
Der  Deutsche  Merkur  erhielt  das  gedieht  aus  dem  Berliner  kreise  selbst 
in  der  fassung,  die  ihm  Kamler  gegeben  hatte.  Bürgere  abschrift  aber, 
die  (unter  den  briefen  Bürgers  au  Gloim)  im  Gleimstift  noch  aufbewahrt 
wird,  weicht  von  den  beiden  gedi-uckten  fassungen  des  gedichtes  im 
D.  Merkur  und  Göttinger  almanach  nicht  unbeträchtlich  ab;  sie  zeigt 
uns  die  ursprünglichere  und  den  Veränderungen  von  fremder  hand 
gegenüber  einzig  echte  gestalt  dieses  Bürgerschen  gedichtes.  Da  8trodt- 
mann  I,  72  nicht,  wie  sonst  in  ähnlichen  fallen,  angemerkt  bat,  das» 
das  gedieht  noch  im  Gleimstift  zu  finden  sei,  so  hat  auch  Berger,  der 
jüngste  herausgeber  der  Bürgerschen  gedichte  [Leipzig  und  Wien.  Bibl. 
inst.]  diese  älteste  erreichbare  fassung  unberücksichtigt  gelassen,  wäh- 
rend er  sie  nach  den  kritischen  grundsützen  seiner  samlung  hätte  in 
den  text  aufnehmen  sollen. 

Ich  wilJ  die  zahllosen  Varianten  der  Nachtfeier  nicht  überflüssiger- 
weise vermehren,  sondern  nur  einige  stellen  herbeiziehen,  die  zeigen 
sollen,  wie  Bürger  schon  im  herbste  1772  von  den  Kamierschen  kor- 
rekturen sieb  emancipiort  und  an  ihre  stelle  eigene  ältere  lesarten  wider 
einsezt,  auf  die  er  ein  jalir  später  bei  der  redaktion  des  gedichtes  für 
den  Almanach  zurückkomt,  Uubeachtet  lässt  Bürger  in  seiner  abschrift 
für  Gleim  die  Raralcrsche  Veränderung  ia  II,  v,  11,  12: 

Und  sie  spricht  [samt  üirera  söhne 

Unverletzlich!  recht  heral); 
doch  braucht  er  schon  hier  die  verao,  die  er  später  als  neue  lesart  für 
den  Almanach  vorschlug: 
[Strodtm.  I,  123] zu  straf  und  lohne 

Gütevotles 

Das  Ramlersche:  Mit  siogprangendem  geleite 

Werden  wir  ihr  huldigen  (II,  29) 
Bürger  durchaus  nicht   leiden    [Strodtm.  1,  123];    er   zieht   seine 
Utere  lesart  vor  (an  Gleim); 

Unser  prangendes  geleite 

Wird  am  thron  ihr  huldigen, 
mit    leichter  äodorung   („feierndes"  für  prangendes)    im  Almanach 


496  HOKNia 

erscheint  Bei  der  atrophe:  Dich  auch  lüde  sie  zur  feier  usw.  war 
Bürger  mit  den  Veränderungen  Banüers  um  so  unzufriedener,  als  das 

Dürftest  du  nur  jubel  hören 

Und  drei  wache  nachte  lang  usw.  (11,  89  ff.) 

einen  ganz  anderen  sinn  herausbrachte  [Strodtm.  I,  123].  Unbeküm- 
mert um  die  fremde  korrektur  hatte  er  schon  an  Gleim  geschrieben: 

Laute  festgcsänge  hören 

Würdest  du,  bei  zymbelklang 

Und  in  wonnetrunknen  chören 

Drei  vergnügte  nachte  lang, 

Bei  des  tanzes  flügelschritten 

Die  umkränzten  locken  wehn 

Und  auf  moos  in  grünen  hütten 

Uns  vom  taumel  ruhen  sehn. 

Auch  hier  ist  es  Bürgers  unzweifelhafte  absieht,  diese  ältere  lesart  für 
den  druck  im  Almanach  durchzusetzen;  aber  Boie  gefiel  sie  nicht  Um 
ihm  entgegenzukommen,  teilte  Bürger  eine  dritte  Variante  mit  benutzung 
Kamlerscher  korrektui-en  mit  [Strodtm.  I,  124],  so  dass  Boie  nunmehr 
für  die  v.  85  — 100  die  wähl  hatte  zwischen:  1.  der  ursprünglichen  les- 
art Bürgers  (handschr.  an  Gleim),  2.  der  Ramlorschen  korrektur  (D. 
Merk.  apr.  1773)  und  3.  der  jüngeren  Variante  für  den  Alm.  (Strodtm. 
I,  124).  Bürger  hatte  seinem  freunde  widerholt  volmacht  gegeben, 
nach  eigenem  geschmacke  zu  verfahren;  er  erklärte,  der  ton  seines 
gedichtes  sei  ihm  so  fremd  geworden,  dass  er  sich  kein  urteil  darüber 
zutraue.  Wir  wollen  es  also  Boie  nicht  verübeln,  wenn  er  die  verse 
im  Almanach  folgendormassen  zusammensezt: 

V.  85 — 88  jüngere  Variante  Bürgers. 
89  —  96  Ramlersche  korrektur, 
97  — 100  ursprüngliche  lesart  Bürgers. 

Ramler  wolte,  von  der  absieht  geleitet,  die  Nachtfeier  der  Venus 
zum  liede  für  deutsche  mädchen  zu  machen,  die  allerdings  in  dieser 
hinsieht  nicht  passenden  verse  I,  21  fgg.:  Lieb  und  gegenliebe  paaret 
usw.  und  III,  11:  Wie  sie  zeug'  und  wie  gebähre  usw.  auslassen.  Bür- 
ger sträubte  sich  dagegen,  denn  er  glaubte  den  Charakter  seines  reli- 
giösen gedichtes  gefährdet  Seinem  kategorischen  verlangen:  „die  müs- 
sen unverändert  bleiben"  muss  sich  Boie  fügen.  Ursprünglich  folgten 
aber  diesen  versen  noch  4  zoilen,  die  Ramler  endgiltig  beseitigte:  in 
keiner  der  folgenden  redaktionen  erscheinen  sie  wider.  Sie  lauten  in 
Bürgers  abschrift  für  Gleim: 


zu    BtiBöilltS    QBDIOHIES 


493 


H^  nnoh  III,  12:  Vom  beginn  da  Cliaos  bette 

V  Tellus  sicli  Teijiingt  entrang 

Reihet  sie  der  wesen  kette  J^l 

Bis  zu  erden  Untergang.  ^^M 

[Vgl.  Strodtm.  I,  124].  —  * 

Die  Ursprung! iclie  lesart  der  v.  III,  27  fgg.   lautet  in   der   iiand- 
schrift: 
■  . .  Feuchte  Rosenknospen  npaltot 

H  Um  das  frührat  ihre  hand. 

^^K^  Ton  dem  lehor  ihrer  wnnde 

^^HB^^  FSrbte  sich  ihr  silberlaub, 

^^^^^^^r  Odem  aus  Dionens  nannde 

^^^^^^^  Würzt  der  purpumelke  staub. 

Die  verse  III,  53  fgg.;  Sie  befreit  Anchises  I^ren  usw.,  die  er 
als  Beine  lesart  der  Ramlerscheu  gegenüberhält,  finden  sich  schon  in 

»der  handscbrift  Er  lässt  Boie  wider  die  wähl:  „Nehmen  Sie  lieber 
meine  lesart.  Doch  —  wie  Sie  wollen!"  [Strodtm.  I,  125.]  Boie  nahm 
sie  auf  und  wüste  geschickt  das  hysteroii  protoron,  das  in  diesen  ver- 
seD  lag,  zu  umgehen. 

Wir  sahen  schon,  auf  welche  weise  Boie  das  gedieht  zum  Alma- 
nachdrucke  redigierte:  er  wolle  es  mit  niemand  verderben.  Gar  vor 
Ramlers  korrektur  beugte  er  sich  ehrfurchtsvoÜ ;  er  gieng  von  dem 
grundsatze  aus:  passt  es  auch  nicht  ganz  hinein,  so  ist  es  doch  immer- 
hin eine  grosse  ehre  [Stiodtm.  I,  57].  Auch  Boies  eigener  anteil  ist 
nicht  gering  zu  schätzen.  Er  schreibt  einmal;  „ich  will  studieren,  ob 
ich  Dinen  nicht  noch  einige  neue  lesarten  vorschlagen  kann".  [Strodtm. 
I,  128.]'  Bürger  ontschloss  sich  im  sommer  des  jahros  1773  nur  schwer 
zur  revision  der  nachtfeier. 

Fassen  wir  die  geschichte  dieser  drei  fassungen  des  grösten  gedicli- 
tes  aus  Bürgers  Jugendzeit  zusammen,  so  können  wir  1.  den  druck 
im  Almanach  auf  1774  als  redaktion  Boies,  2.  den  im  D.  Mercur  vom 
april  1773  als  korrektur  ßainlers  und  3,  die  Bttrgerische  handscbrift 
im  Gicimai-chiv  als  die  früheste  und  wahrste  gcstalt  bezeichnen. 


1)  Vgl.  besonders  doo  brief  Boios  an  Knolie!  vom  20.  septoinlwr  1T7'3  (vgl. 
Knobels  Ijtt.  nacbloss  a.  n.  o.):  Auch  in  der  nachtfeier  IinKo  ich  ein  paar  gRUKU 
seiteD  so  veriindcrt,  wie  Kainler  sie  nachher  wotte  geleson  haben.  —  Von  einem 
anderen  geiliuhte  Bürgera  aus  dem  Alniftnach  schralbt  Kamler  nn  Knebel:  Der  «unler 
hitta  vorher  sdioa  an  einer  Strophe  gekünstelt. 

«VI.  32 


498  BOENta 

3.   Xndcruiigcn  und  chronologische  Ordnung  der  Jugendgedtcht« 

In  der  ersten  ausgäbe  rom  Jahre  1778. 

Diejenigen  gediolite  der  Jugendzeit,  welche  in  dieser  ausgäbe  zum 
orstenmale  erschienen,  haben  gegenüber  der  ältesten  fassung  manche 
änderungen  und  zusätze  erfahren.  Das  datum  der  entstehungszeit  aber 
bleibt  ihnen  gewahrt;  so  korat  es,  dass  die  folge  der  gedichte  in  dieser 
gestalt  kein  ganz  reines  bild  der  entwicklung  von  Bürgers  verskunst 
bietet  Indessen  lässt  sich  das  neue  vom  alten  durch  mancherlei  kri- 
terien  scheiden. 

Die  chronologische  Ordnung  ist  überdies  nicht  streng  eingehalten. 
Bürger  gesteht  es  selbst  in  einem  briefe  an  Boie  [U,  268]:  „Du  wirst 
manchmal  über  das  datum  lächeln,   das  über  jedem  stücke  steht.     Ich 
konte  mir  nicht  helfen;  ich  muste  bisweilen  lügen,  oder  nach  blossem 
ohngefiihr  dasselbe  bestimmen,   weil  ich  die  stücke,   wovor  kupfer  zu 
stehen  kommen,  verhältnismässig  durch  das  ganze  werk  verteilen  musto. 
Indessen  sind  sie  doch    ohngefähr   gröstentoils   in   der   Ordnung 
verfertigt,   wie  sie  da  stehen''.    Die  Verteilung  der  7  kupferstiche  aber 
(von  denen  übrigens  bei  nr.  48  und  50  dennoch  zwei  fast  unmittelbar  auf 
einander  folgen)   ist  nicht  der  einzige  grund  der  Verschiebung.     Mehr 
noch  spielt  die  eitelkuit  eine  rolle,    wie  bei  voranstell ung  der  Nacht- 
feier;  ferner  ein  gewisses   kokettieren  mit  den  zu  erwartenden  histo- 
rischen Untersuchungen  über  die  entwicklung  seines  geistes,  und  schliess- 
lich auch  die  notwendige  rücksicht  auf  häusliche  Verhältnisse.     Büi^r 
besass  ausser  einem  hefte,    in   dem   er   alle   seine   gedichte    ins   reine 
einschrieb,  ein  zweitos  zur  kladde,  in  dem  jeder  vers  seit  seiner  Jugend- 
zeit verzeichnet  war.     „Dies  buch",   schrieb  er  am  5.  febr.  1781  an 
Philippine  Gatterer,  ist  mir  teurer  und  werter  als  irgend  ein  anderes*"; 
es  erlaubte  ja  ihm  sein   eigenes  fortschreiten  zu  verfolgen!     Sicherlich 
diente  es  ihm  auch  zur  datierung  seiner  gedichte  in  dieser  ersten  aus- 
gäbe.    Bei  Bürgei-schen  gedichten  aber  ist  der  anfang  mitunter  recht 
weit  vom  ende  entfernt;   manche  sind  kompilationen  von  sti'ophen,  die 
zu  vei-schiedener  zeit  und  zu  vei^schiedenem  zwecke  entstanden  waren. 
In  einigen  fällen  erweist  sich  nun  Bürgei's  datierung  bestimt  als  die  zeit 
der  conception  und  der  ersten  Strophen.     So  wird  „Der  bauer  an  seinen 
fiirstc'n"  von  Bürger  in  den  sonimer  1778  gesezt,  obgleich  das  gediclit 
(»rst  am  Dl.  juli  1775  zu  Boie  gelangte.     Gewiss  ist  die  datierung  rich- 
tig, denn  es  verdankte,  gleich  dem  „Wilden  jäger*',  der  begeistern ng  für 
Goethes  ^Götz"*   seinen  Ursprung.     Wir  werden  noch  sehen,   dass  die 
ballade  „St.  Stephan'',  die  Bürger  vom  april  1777  datiert,  auch  damals 


4H 

rirklicih  entstanden  ist,  cibzwar  sie  erst  ein  jaltr  spater  vom  dichter 
btloüson  wird.  Von  hior  aus  ^Ird  es  erlaubt  sein,  auf  andere  gedichte 
shlüsse  zu  ziehen.  ,  Wir  wollen  —  immer  mit  vorbehält  freilich  der 
Dckeichtou,  die  don  verariiiebungen  zu  gründe  liegen  —  Btlrgei*  eigiv 
I  datiernngen  doch  mehr  folgen,  als  dies  bisht^r  g(>scliehi-n  ist. 

Dass  das  gedieht   „Lust  am   Liebchen"    im  sept.  1771   OleJm 
lorgelegt  wurde,    ist  kein  anlas);,   seine  entstehung  im  juni  1769,   wie 
[e  Büi^r  angibt,    zu  bezweifeln.     Die   bekantschalit  mit  Gleim  datiert 
]  juli  desselben  Jahres,   und  Bürger  kann  seinem  gilnner  sehr 
rol   ältere  godichte  zur  ansieht  gesaut   haben.     Die    erste   fassung   ist 
i  übrigens  nnbekant,  und  der  erste  druck  in  der  ausgäbe  vom  jähre 
,778  weist  nach  Boies  zeugnis  änderungen  und  zusätze  auf     "Wir  kön- 
nur  vermuten,   dass  dies   „minneUed"   mit   der   parodiornng    des 
[eiBtlicIicn  lietles  als  kräftigem  Schlager  sehloBs: 

Er  ist  in  seinem  gott  vergnügt, 
Und  Amor  ist  sein  gott. 
)enn  die  folgenden  atrophen: 

Durch  seine  ädern  kreiset  frisch  .  .  . 
ifs  zum  schluss  tragen  inhaltlich  wie  formell  den  Stempel  der  Bpaterm~ 
Kit  Im  Inhalte  mit  der  „Männerkeuschhoit"  verwant,  die  zur  selben 
toeit  wie  die  Veränderungen  der  gedichte  zur  ersten  ausgäbe  (im  märz 
1778)  entstand,  heben  sich  die  zusatzstrophen  zwar  durch  gefälligere 
Yersltikatiou ,  aber  auch  durch  ihren  etwas  philistiösen  ton  von  den 
Ibermutigen  ersten  Strophen  ab.  Ein  untrügliciies  zeichen  der  späte- 
|en  entstehung  sind  die  forraoln,  die  Bürger  durch  die  balladenpoesie 
geläufig  wui'den,  wie  in  dieser  strophe: 

Ib  götterfreuden  schwimt  der  manu, 
Die  kein  gcdauke  misst, 
Der  singen  oder  sagen  kann 
Dass  Um  sein  liobchen  küsst 
jährend   der  dichter  im   iirsprünglichem  licdo   von    seiner  fröhlichkeit 
{pid  aorgloBigkeit  singt,  fügt  er  spiitcr  iiinzu,  dass  die  lust  am  liebchen 
lUOh    das   körperliche   wolbefiuden,   gute    Verdauung   und   angenehmen 
acbl&f  bewirke;   äussorungen  also,   die  mehr  an  die  Mäunerkeuschheit 
irinDerti. 

unter  Bürgers  frühesten   gedichten  finden  wir  eine  gruppe  von 

Bnf  stücken,  der  wir  den  titel:  „Verschmähte  liöbu"  geben  kün- 

sie  ist  deutlich  von  Büiger  selbst  durch  die  datierung  in  der 

i  BDsgabo  abgegronzl.     Es  sind  die  gedichte:  Adeiine,  Huldigungs- 

32" 


M 


500  RORNIO 

lied,  Das  harte  mädchen,  An  den  traumgott,  und  An  die  hofi&iung 
vom  Januar  bis  august  1770.  Das  kurze  gedieht  An  Arist  ist  nach 
Adeline  offenbar  des  kupferstiehes  wegen  eingeschoben;  das  lied:  Herr 
Bacchus,  das  mitten  in  diese  gruppe  fält,  ist  ausgeschaltet  und  erst  in 
den  Oktober  gesezt,  um  dann  wider  eine  glücklichere  Stimmung  zu 
bezeichnen.  In  der  zweiten  ausgäbe  vom  jähre  1789  stehen  diese 
5  gedichte  unmittelbar  hinter  einander,  und  es  geht  nicht  an,  ihre 
kontinuitat  in  den  neueren  ausgaben  durch  eine  datierung,  die  aus 
dem  briefwechsel  ei-schlossen  wird,  zu  zerstören.  So  folgt  Sauer  bei  der 
datierung  von  drei  gedichten  dieser  gruppe  Bürgers  angaben,  während 
er  die  beiden  anderen  zwei  jähre  später  entstehen  lässt  Er  hat  das  „Hul- 
digungslied" einzig  deshalb  erst  in  den  herbst  1771  gesezt,  weil  Bie- 
ster es  vor  seiner  abreise,  die  in  dieselbe  zeit  falt,  noch  kante  (Kürsch- 
ner, D.  nat-litt.  bd.  78,  s.  32);  aber  dies  ist  für  mich  kein  grund, 
Bürgers  eigene  datierung  zu  ignorieren.  Der  herbst  1771  ist  allenfals 
ein  terminus  ad  quem,  der  uns  erwünscht  ist,  weil  wir  sonst  in  den 
neueren  ausgaben  als  zeit  der  entstehung  den  2.  august  1772  lesen 
könten,  an  welchem  tage  erst  Bürger  sein  gedieht  Boie  für  den  Alma- 
nach  antrug;  wir  sehen  daraus,  dass  er  längere  zeit  das  gedieht  bei 
sich  behielt.  Dass  er  in  späterer  zeit  eine  oder  die  andere  Strophe 
hinzugefügt  haben  kann,  ist  nicht  ausgeschlossen.  So  verhält  es  sich 
in  der  tat  mit  dem  gedichte  „An  die  hofnung",  das  von  den  neueren 
herausgebern  nach  seinen  schlussstrophen,  die  allerdings  erst  im  juli 
1772  unter  dem  einflusse  der  frau  Listn  entstanden  sind,  datiert  wird 
[vgl.  Sauer  s.  38],  während  es  doch  seinem  hauptgedanken  nach  viel 
früher  fält.  Auf  Boies  veranlassung  erfolgt  die  Verbesserung  und  Ver- 
setzung der  Strophen  im  juli  1772.  Bürger  war  damals  4  monate  in 
Gelliehausen  und  obzwar  die  briefe  keine  orwähnung  dieses  gedichtes 
enthalten,  war  es  Boie  sehr  wol  bekant;  offenbar  ist  es  noch  in  Göt- 
tingen entstanden.  Ferner  sezt  Boie  in  seinem  briefe  an  Althof  [IV, 
259]  (las  lied  An  die  hofnung  mit  der  Nachtfeier  in  dieselbe  zeit:  also 
nach  Göttingen.  Und  wenn  Boios  erinnerung  von  „den  Ungeheuern 
erhabenen  produkten**,  die  Bürger  den  freunden  vorgelesen  haben  soll, 
nicht  völlig  trügt,  so  wüste  ich  sie  nicht  anders  als  durch  einzelne 
Strophen  dieses  gedichtes  zu  erkläi-en^ 

1)  Kino  angunohmo  l»estätiguug  meiner  obigr'ii  vennutung  gibt  uns  wider  Kuebels 
J.itter.  uacliljiss  L*,  s.  11«)  und  118).  Boie  legt  seinem  briefe  vom  30.  Januar  1772 
(k'H  g»'sang  An  dio  hof'nuug  bei,  dessen  autor  aueb  das  Miunelied  und  Das  di'>rf<-liOD 
gfsrlirifbi-n  liat.  (ilei<'bwol  gidn^n  Sauer  wie  Berger  dem  gedichte  die  Jahreszahl  177- 
mit  der  aiunerkung:   Juli  1772  an  Gleim  gesaut.     Das  angeführte  Zeugnis  lieft'rt  don 


Zu    BÜRGERS    OEDIGUTEN  501 

Bei  den  anderon  der  erwähnten  gedichte  folgen  auch  die  neuen 
herausgeber  der  datiening  Bürgers.  Umsoweniger  ist  also  an  ihrer 
richtigkeit  zu  zweifeln;  vorausgesezt  natürlich,  dass  sie  die  zeit  der 
conception  und  der  ersten  gestalt  bedeutet.  Der  Zusammenhang  der 
gruppo  ist  so  deutlich,  dass  auch  von  hier  aus  auf  gleichzeitige  ent- 
stehung  geschlossen  Y^erden  muss. 

Wenn  uns  dieser  Zusammenhang  recht  anschaulich  erscheinen 
soll,  müssen  wir  bei  denjenigen  gedichten,  die  sehr  verändert  in  der 
ausgäbe  vom  jähre  1778  zum  ersten  drucke  gelangen,  zu  der  ursprüng- 
lichen gestalt  zurückzudringen  versuchen.  Dies  ist  besonders  beim  Hul- 
digungsliede  der  fall.  Hier  leistet  uns  der  briefwechsel  die  besten 
dienste.  Bürger,  mit  den  Veränderungen  zur  ausgäbe  beschäftigt,  teilt 
Boie  am  23.  märz  1778  die  verse  77  —  95  mit,  worauf  Boie  erwidert: 
„Die  neuen  Strophen  aus  dem  Huldigungsliede  sind  herlich.  Ich  bin 
b^ierig  zu  sehen,  wie  sie  mit  den  alten  verbunden  sind".  Diese  vei-se, 
in  denen  in  Sentenzen  über  die  leichte  täuschung  der  sinne  gesprochen 
wird,  sind  im  märz  1778  gedichtet.  An  ihrer  stelle  stand  früher  etwas 
anderes.  Boie  hatte  schon  einmal  die  erste  fassung  kritisiert,  [am 
6.  aug.  1772.  Strodtm.  I,  62  tg.]  und  machte  eben  an  der  stelle,  wo  jezt 
die  verse  77  fgg.  einsetzen,  den  einwand:  „Quaeritur,  ob  der  dichter 
gut  tue,  so  einen  wink  zu  geben,  dass  er  schöner  gewesen  sei".  Aus 
Boies  anderen  bemerkungen  kann  man  auf  starke  änderungon  schliessen. 
Str.  6  — 11  der  älteren  fassung  scheinen  ganz  gestrichen  zu  sein.  In 
Str.  5  traten  die  launen  des  mädchens  stärker  in  den  vord^jrgrund,  bei 
str.  9  fgg.  die  sinlichkeit  des  dichtei-s.  Str.  IH  rief  or  gottes  strafe  auf 
das  harte  mädchen  herab.  Die  ältere  fassung,  um  si(j  zuHannnenfass«?nd 
zu  charakterisieren,  soweit  dies  ans  den  HpiirlicIuMi  z<MigriisH(;n  möglich 
ist,  enthielt,  aus  dem  erlebnis  hervorgegangiMi  ISinnltin.  11,  272|,  indi- 
viduellere Züge  der  geliebten  wie  des  (liciliters  seihst.  Sie  ist  launenhaft, 
er  heftig  und  leidenschaftlich,  da  er  sich  i'wwxw  HclioiM^run  vorgezogen 
sieht  Der  ton  der  neueren  fassung  ist  ruhignr,  aber  mwU  vnrKchwom- 
mener;  er  fält  in  die  konventionelle  anukreontik  zurürk,  die  das  (;rieb- 
nis  glücklich  durchbrochen  hatte.  Kine  pliilisiroHn  lelirlial'tigk«jit  dringt 
ein,  die  sich  in  algemeinen  sentenzen  rjlwus  brnil  niarlit.  Die  H|)ra(!he 
ist  auf  den    klang  gearbeitet   und   diintli   n^iinlUlln  (!|iurakteriHi<rt  (man 

evidenten  l>ewebi,  .ia.-,-»  ^ias  '^f:(\'\<:\it  --  h"i  'Ur  ljifij/\vi«'ii|'.«Mi  f«'il<i  inirnl<'Ht«.'iis  I77I, 
weuu  nicht  fnih^-r  *;nU*JtJri*-n  r-t-Än  rmiHi".  VVn  ii;iIimiii  uiih  uIm«)  wi«i<truin  lJiirj5«!rM 
eigenen  angaUrn  \j-AfriVrjA ,  nwl  v.aiijin  ).o|firi  v. ii  lUwh  iimIiI  rolj.M?ii,  wonn  wir  nur 
im  auge  behalten.  »Ks-t  Uir;'"!-'.  'Uo'u-.nun'  >\\f^  /»'ii  iloi  iioii<u*|»tlon  und  dor  orHton  Stro- 
phen bedeutet? 


502  HOENIO 

beachte  die  reime  in  den  versen  77  fgg.:  lüge  :  gnüge,  spiel  :  gefiel; 
dünste  :  künste,  die  :  sie  usw.).  Formeln  weisen  auf  späteren  Ursprung: 
Sei  es  liebes  oder  leides!  (v.  49).  Selbst  wenn  Bürger  Boies  erste  kri- 
tik  gleich  beherzigt  haben  solte  (Strodtm.  I,  70),  so  ist  doch  das  meiste 
(und  ohne  zweifei  v.  77 — 92)  im  märz  1778  entstanden. 

Die  gedichte,  die  sich  zu  dieser  gruppe  zusammenschllesseD, 
sind  ein  verspiel  der  Mollylieder;  sie  sind  die  ersten,  in  denen 
ein  erlebnis  zum  ausdrucke  komt  „Im  jähre  1769  und  70  ist 
auch  der  anfang  einer  liebe,  die  zuerst  unglücklich  gewesen  und  her- 
nach erst  gekrönt  geworden  zu  sein  scheint"  schreibt  Boie  [II,  272]. 
Es  irre  uns  nicht,  dass  sie  einige  stellen  aus  englischen  dichtem  ent- 
lehnt haben.  Bürger  hat  nicht  zu  viel  gesagt,  wenn  er  in  der  vorrede 
zu  den  gedichten  (1778)  behauptet:  „Es  ist  aber  immer  auch  möglich, 
dass  sie  ganz  mein  eigen  sind".  Das  harte  niädchen  z.  b.  hat  mit 
Parnells  Love  and  innocence  nur  den  gegensatz,  der  sich  im  titel  aus- 
prägt, und  die  ersten  zwei  Strophen  gemein.  In  der  Schilderung  der 
frohen  unschuldigen  tage  folgt  Bürger  dem  fremden  gedichte;  allein  die 
gegenwärtige  unglückliche  liebe  ist  erlebt  Von  eifersucht  weiss  das  ori- 
ginal nichts;  denn  „the  fair  I  love  is  kind"  heisst  es  da,  wälirend  die 
unerbitlichkeit  des  niädchens  den  Inhalt  des  Bürgerschen  gedichtes  dar- 
stelt.  So  rankt  sieh  seine  dichtung  an  fremden  stücken  auf.  Eigene 
leben  begint  in  sie  zu  strömen  und  in  ihr  zu  wirken.  Mit  dem  gedichte 
An  Adelino  verknüpft  diese  gruppe  der  name,  der  in  An  den  traumgott 
wider  erscheint.  Es  bezeichnet  violleicht  den  beginn  der  bekantschaft.  Der 
dichter  ist  liebeskrank  und  findet  keine  erhörung.  Er  klagt  bald  resig- 
niert, bald  leidenschaftlich,  bald  elegisch.  Er  sieht  sich  von  einem 
schöneren  verdrängt,  und  in  der  ersten  fassung  des  Huldigungsliedes 
gibt  er  zu  verstehen,  dass  auch  er  schöner  gewesen  sei  als  jezt,  da 
ihn  der  kuniraer  bleiche.  Er  ist  matt  und  krank  und  siecht  dahin  (das 
harte  mädchen).  Er  bittet  den  traumgott,  seine  von  gram  verzehrte 
gestalt  der  geliebten  im  träume  erscheinen  zu  lassen:  das  müsse  sie 
rühren!  Nichts  erhält  ihn  als  die  hofnung,  die  auch  verschmälite  liebe 
mit  Zukunftsbildern  zu  trösten  w^eiss. 

Ich  schliesse  diese  betnichtungen  mit  dem  hinweis  auf  Bürgers 
eigenes  wort  (an  die  hofnung  vers  81): 

Das  hat  mein  herz  erfahren! 

3.   Mlnncllcdcr. 

Ehe  noch  Bürger  die  minnelieder  in  die  lyrik  der  Göttinger 
freunde  einführte,    hatte  er  sich  an  der  spräche  der  alten  minnesinger 


zu    BÜRGERS   QKDICHTKN  503 

zum  Homerübersetzer  geschult  Die  lektüre  der  Homerischen  gc- 
dichte  erweckte  den  unauslöschlich  tiefen  eindruck  wider,  den  Bürger 
in  seiner  Jugend  von  der  Lutherischen  bibel  empfangen  hatte,  indem 
sie  eine  analoge  Wirkung  übte.  Das  griechische  Originalgenie  erweckte 
das  deutsche,  und  dieses  suchte  in  der  altertümlichen  spräche  den  aus- 
druck  jener  unvergleichlichen  kraft  und  einfachheit  des  griechischen 
Sängers.  Dass  eine  deutsche  Übersetzung  Homei-s  nach  altertum  schmecken 
müsse,  war  Bürgers  unerschütterlicher  glaubenssatz  schon  in  seiner 
probeschrift,  die  er  der  Deutschen  geselschaft  zu  Oöttingen  am  14.  febr. 
1769  vorlegte.  Während  er  aber  hier  nur  auf  Luthers  Schriften  hin- 
weist, deren  spräche  allein  ihm  den  inhalt  erhabener  und  göttlicher 
erscheinen  lässt,  ermahnt  er  in  der  vorrede  zu  den  Proben  einer  Ho- 
merübersetzung, die  er  auf  grund  jener  ersten  schrift  für  Klotzens 
D.  bibl.  d.  seh.  wiss.  VI  im  jähre  1771  verfasste,  den  Übersetzer  zum 
genauen  Studium  auch  der  minnesinger,  der  dichter  bis  zu  Opitz,  und 
der  Überbleibsel  der  älteren  spräche  und  dichtkunst.  Der  Zeitpunkt 
der  ersten  bekantschaft  Bürgers  mit  den  minnesingern  liisst  sich  noch 
genauer  bestimmen.  Am  23.  august  und  zum  zweiten  male  am  9.  Sep- 
tember 1769  entlehnt  Biester,  der  geliebte  Arist  Bürgers  und  sein  ver- 
trautester freund  jener  tage,  den  Züricher  codex  aus  der  bibliothek^; 
und  wenn  wir  von  dem  nachhaltigen  Interesse,  dixs  er  Bürgern  gegen- 
über noch  acht  jähre  später  bekundet  [Strodtm.  H,  136J,  auf  das 
gemeinsame  Studium  beider  schliessen  wollen,  so  wird  es  uns  um  so 
eher  erlaubt  sein,  als  wir  Bürger  selbst  gerade  in  jenen  tagen  mit 
Schilters  Thesaurus  antiquitatum  theut.  und  mit  Ooldast  beschäftigt 
sehen-.  Er  beherzigt  vorerst  jenen  teil  der  Bodmerschen  vorrede,  der 
von  rehabilitierung  veralteter  machtworte,  verklungener  redensarten 
und  Wortfügungen  spricht,  und  mit  dem  sich  seine  eigenen  ausführun- 
gen  schon  in  der  probeschrift  vielfach  berühren.  Denn  die  alte  spräche 
ist  ihm  nur  das  mittel,  zum  deutschen  originalgenie  durchzudringen. 
Bald  zieht  auch  seine  dichtung  aus  den  neuen  bildern  ihren  nutzen. 
Wir  finden  ihre  spur  in  dem  beginn  der  Nachtfeier,  wo  der  her  Meie 
glänzenden  auges  seine  Strasse  tahrt,  und  in  der  huldigung  vor  der  lie- 
besgöttin, die  im  haine  thronend  gericht  hält. 

1)  loli  ^mtiiohnie  dio  datoii  don  ausleihe  -  büthern  dor  Göttiugcr  bibliothek.  — 
Lange  vorher  kante  Boie  die  niinncsiu^'or;  am  8.  decbr.  17G7  schreibt  er  an  Gleini, 
dass  er  so  glücklich  gewesen,  die  samlung  der  minnesinger  mit  allen  dazu  gehörigen 
stücken  zu  bekommen.     (Weinhold,  11.  Ch.  Boie  s.  268.) 

2)  Schiltor  entlehnte  lUirger  am  8.  juli  und  1.  September  1769,  Goldast  am 
17.  november  17G9. 


504  HOENIQ 

Schou  im  Oktober  1771  behauptet  Bürger  ein  dutzend  minnelie- 
der  vorrätig  zu  haben  [Strodtm.  I,  38],  doch  sind  sie  (gewiss  kein  gan- 
zes, auch  kein  halbes  dutzend)  minnelieder  im  sinne  Gleims.  Gerade 
ein  jähr  früher,  ehe  die  saat  im  Göttinger  haine  so  reich  aufgieng, 
dichtete  Bürger  sein  erstes  und  bestes  minnelied,  das  als  Winterlied 
in  die  ausgaben  übergieng.  Es  ist  im  beginne  des  Jahres  1772  und 
noch  in  Göttingen  entstanden  ^  In  das  frühjahr  dieses  Jahres  sezt  die 
samlung  von  1778  das  gedieht:  Der  mirinesingor  imd  mit  recht, 
wiewol  die  schlussstrophen  erst  im  juli  hinzukamen.  In  diesem  monate 
sante  Bürger  das  gedieht  an  Gleim,  unter  dessen  briefen  im  archiv 
zu  Halberstadt  diese  erste  fassung  zu  finden  ist  Sie  hätte  in  der 
neuesten  chronologischen  ausgäbe  von  Bürgers  gedichten  [von  Borger, 
s.  37]  berücksichtigt  werden  müssen,  was  freilich  nicht  einmal  in  den 
lesarten  geschah.  Der  Varianten  sind  nicht  viele,  doch  sind  die  Stro- 
phen versezt.  Ich  merke  nur  an,  dass  „lied  und  lob*'  in  der  3.  und 
4.  Strophe  für  früheres  „süsses  lob**  und  „liederchen'*  eingesezt  ist, 
um  Bürgers  gefallen  an  volkstümlichen  Wendungen  hervorzuheben 
[Strodtm.  I,  58  und  61]. 

Eine  einzelne  minnestrophe,  die  uns  erhalten  ist  [Sauer  s.  316; 
Berger  s.  74],  führt  uns  zu  den  Mollyliedern;  denn  sie  ist  der  keim 
des  Hohen  liedes.  Daraus  aber,  dass  Boio  im  märz  1778  anlässlich 
der  samlung  der  gedichte  zur  Vollendung  mahnt,  kann  man  nicht  auf 
gleichzeitige  entstehung  schliessen  [s.  bei  Sauer  a.  a.  o.].  Es  wäre  der 
einzige  fall,  dass  der  dichter  in  einem  Hede  an  Molly  der  minnesiin- 
gerischen  terminologie  sich  bedient  hätte.  Auch  mit  Berger  [s.  413  fg.] 
kann  ich  nicht  übereinstimmen,  wenn  er  sagt,  dass  Bürger  diese  Strophe 
am  1.  december  1774  an  Boie  mit  den  werten  sante:  „Der  geist  der 
lioder  ist  endlich  widergekehret;  noch  aber  hat  er  sich  nur  geräuspert 
und  sein  räuspern  ist  hier  miteingeschlossen^.  Denn  man  wird  zugeben, 
dass  sich  Bürger  am  1.  december  nicht  also  äussern  konte: 

Denn  der  winter  ist  entwichen, 
Maienhist  mit  wolgerüchen, 

1)  Dio  erste  envähnung  im  Briofwochsol  ist  freilich  vom  6.  august  1772  (Ber- 
gor  s.  404);  aber  schon  am  29.  märz  desselben  jahres  santo  es  Boio  an  Knebel  (litt 
nachlass  2,  s.  124  und  126)  mit  den  Worten:  Ich  8chreil>e  Ihnen  ein  lied  ab,  das 
Ihnen  gefallen  muss.  Dass  unser  gedieht  gemeint  ist,  geht  aus  dem  folgenden  briefe 
vom  1.  mai  henor,  in  dem  das  alte  „lebt  und  webt**  gelobt  wird.  —  Boio  selbst 
hat,  wie  Ramler  an  Knebel  schreibt  (Litt,  nachl.  2,  s.  40),  an  der  lezten  Strophe 
dieses  liedes  gekünstelt  und  statt  der  imwesentlichen  bänder  die  locken  hingt»sozL 
Doch  auch  damit  ist  Ramler  nicht  zufrieden. 


zu   BÜRGERS   GEDICHTEN  505 

Maienvvonn'  ist  aufgeblüht. 

Lieben,  öffnet  eure  sinne; 

Mai  erwacht 

Minne  lacht, 

Mai  hat  minne, 

Minne  sang  wo!  angefacht. 

Das  gedieht,  das  Bürger  am  1.  december  sendet,  ist  vielmehr  Das 
neue  leben,  nach  seiner  hochzeit  entstanden.  Im  brautstando  aber 
im  frühling  17  74,  ist  die  minnestrophe Doretten  zugesungen^;  leider 
verlor  Bürger  die  lust,  damals  das  gedieht  zu  vollenden.  Was  Doret- 
ten bestimt  war,  erhielt  MoUy.  Die  Strophe  mochte  entstanden  sein 
ungefähr  um  die  zeit  als  Bürger  schrieb:  „Der  schönste  frühling  um 
mich  her  fangt  an,  meine  lebensgeister  auf  zu  kochen.  Noch  ist  alles 
blosser  dunst;  ich  bin  aber  neugierig,  welch  ein  schnurriges  fixum  an 
der  retorte  hangen  bleiben  wird".  [Strodtm.  I,  205:  12.  v.  74].  Es 
war  schliesslich  Das  hoho  lied. 

4.  Lieder  an  MoIIy. 

Es  ist  nicht  meine  absieht,  aus  den  MoUyliedern  Bürgers  leiden- 
schaftliche liebe  im  zusammenhange  zu  entwickeln.  Wio  im  vorher- 
gehenden und  folgenden  haben  diese  blätter  nur  den  zweck,  durch  eine 
reihe  von  datierungen,  lesarten,  quellennuchweisen  und  beziehungen 
von  gedichten  zu  einander  die  erklärungen,  die  neuere  herausgeber 
der  Bürgerschen  gedichte  gaben,  zu  berichtigen  und  zu  ergänzen,  wäh- 
rend die  zusammenhängende  dai'stellung  des  lebens  und  dichtons  einer 
biographie  G.  A.  Bürgei*«  vorbehalten  bleibt. 

Nur  zur  kurzen  Orientierung  erwähne  ich,  dass  Bürgers  und  Mol- 
lys  liebe  vor  ihrer  Vereinigung  im  sommer  1785  drei  schwere  krisen 
zu  überwinden  hatte.  Drei  gedichte  bezeichnen  sie.  Das  erste  ist  die 
Elegie,  als  MoUy  sich  losreisseu  wolte,  im  jähre  1777:  leidenschaft- 
liche Überredung  des  dichtei-s,  um  ihren  entschluss  „sterben  oder  sie- 
gen'' zum  w^anken  zu  bringen.  Sie  bleibt.  Das  geheimnis  der  lieben- 
den wird  offenbar,  Dorette  dringt  auf  trennung,  die  im  juni  1779  zur 
tatsache  wird.  „Untreue  über  alles  ^,  um  Johannis  desselben  Jahres 
gedichtet,  bedeutet  den  abschied:  die  liebenden  schwören  einander  ewige 
treue.  Dazu  vergleiche  man  den  brief  Bürgei-s  an  Goeckingk  vom 
12.  november  1779  [Vierteljahrschr.  f.  d.  lit.  3,  42G  fg.]:    MoUy  ruft  bei 

1)  Sie  lioisst  in  seinen  briefen  j,'(.Tade7Ai  „die  ni innigliche**  und  so  begint  denn 
auch  die  strophe:  Hört  von  meiner  minni^; liehen  «8W. 


506  HOENIO 

jenem  abschied  dem  dichter  zu:  „Mistrauischor,  fordere  von  mir  ein 
zeichen,  das  teuerste,  heiligste  zeichen!  nimm  von  mir  alles,  was  ich 
dir  geben  kann,  was  du  mir  bisher  durch  nichts  hast  abdringen  köu- 
nen ;  und  wenn  ich  dir  alsdann  jemals  ungetreu  werde  und  mich  einem 
anderen  manne  ergebe,  so  will  ich  als  eine  ehebrecherin  dereinst  vor 
gott  erscheinen".  Damit  war  die  ehe  geschlossen.  Der  dritten  krise 
waren  sie  nicht  mehr  gewachsen.  Ihrer  widervereinigung  im  jähre  1781 
folgte  Mollys  entbindung  zu  Langendorf  im  mai  1782.  „Mollys  abschied'' 
in  dieser  zeit  verfasst,  bezeichnet  Bürgei's  trennung  von  ihr,  deren  werte 
selbst  —  vielleicht  aus  einem  briefe  —  nach  Amarants  beispiel  in  verse 
gebracht  sind. 

Wenn  Sauer  (cinleitung  zu  seiner  ausgäbe  s.  XXI)  ohne  rücksicht 
auf  Bürgers  eigene  datierungon  das  Schwanenlied,  das  im  Januar  1776 
gedichtet  ist,  an  die  spitze  der  Mollylieder  sezte,  so  Hess  er  sich  von 
der  Vermutung  leiten,  dass  die  liebe  zu  Molly  nicht  früher  begonnen 
haben  könne,  da  sichere  nachrichten  uns  das  glück  der  jungen  ehe 
verbürgen.  Allein  wenn  wir  auch  jener  beichte  an  Elise  Hahn  nicht 
vollen  glauben  schenken  wollen  —  dem  ofiTenen  geständnis  in  dem 
briefe  an  Goeckingk  vom  12.  november  1779  können  wir  ihn  nicht  ver- 
sagen: und  hier  spricht  er  von  einer  fünfjährigen  liebe!  Freilieh 
war  sie  anfangs  nicht  so  heftig  und  leidenschaftlich  wie  später;  sie 
nahm  ihren  Ursprung  in  leichter  tändelei  und  Zärtlichkeit,  die  er  dem 
schönen  kinde  zutrug.  Diesen  charakter  haben  die  ei*sten  gedieht«  an 
Molly:  Trautel  und  das  Ständchen,  die  wir  mit  Bürger  in  den  april 
und  juli  1775  setzen  wollen.  Sie  sind  durch  den  namen  verbunden 
und  beinahe  gleichzeitig  entstanden,  wenn  auch  das  ei'ste  der  beiden 
gedichte  ein  jähr  später  an  Boie  gesant  wird.  Bürgers  eigene  datie- 
rung  wird  nicht  widerlegt  durch  die  tatsache,  dass  er  am  15.  juli  1776 
dem  briefe  an  Boie  mit  den  werten:  „Hier  übersend  ich  dir  einige 
kleinigkeiten  für  Voss^ :  die  gedichte  „Abendphantasie  eines  liebenden", 
„Die  Weiber  von  AVeinsberg^,  das  „Schwanenlied''  und  „Trautel''  an- 
schliesst  Wir  sahen  ja  schon  zu  verschiedenen  malen,  dass  er  manche 
gedichte  einige  zeit  zurückgehalten  liat. 

Das  Schwanenlied  ist  allerdings  von  Bürger  in  den  herbst  1776 
gesezt,  während  wir  aus  dem  briefwechsel  erfahren,  dass  Boie  schon 
ende  januar  1770  bei  einem  besuche  in  AVölmei-shausen  es  abschreiben 
konte.  Gleichzeitig  lernt  er  die  Umarmung  kennen,  die  nicht  ganz 
vollendet  ist  [Strodtm.  I,  272].  Es  geschieht  erst  im  august  desselben 
Jahres;  und  da  dieses  datum  in  die  samlung  gesezt  wird,  so  erhält  es 
auch  das  Schwanenlied.     Denn  beide  gedichte  gehören  zusammen,  wie 


zu   BÜRQKB8   GEDICHTEN  507 

sie  denn  noch  in  der  zweiten  ausgäbe  von  1789  auf  einander  folgen. 
In  dem  einen  heisst  es: 

Aus  deinem  süssen  munde 
Lass  saugen  süssen  tod! 

in  dem  andern:  Sterben  wollt'  ich  im  genusse, 

Wie  ihn  deine  lippo  beut, 

um  hier  einem  neuen  gedanken  räum  zu  geben,  dem  des  gemeinsamen 
todes,  um  in  den  getilden  der  seligen  weiter  zu  leben.  Der  plötzliche 
Umschwung  im  tone  von  der  heftigsten  leidenschaft  zur  elegischen  Sen- 
timentalität lässt  das  gedieht  in  zwei  teile  zerfallen  [s.  Bergers  ausgäbe 
s.  421].  Zu  dem  vergleiche  mit  der  rebe,  der  bei  Bürger  häufig  ist 
[s.  bei  Berger  s.  421],  füge  ich  ein  beispiel  hinzu,  das  ihm  nicht  fern 
lag,  und  das  mit  der  ersten  strophe  seines  gedichtes  grosse  ähnlichkeit 
bietet:  in  den  Scottish  songs,  2°**  edition,  Edinb.  1776,  in  denen  der 
englische  name  Molly  sich  häufig  findet,  steht  auf  s.  73  folgende  strophe: 

As  round  the  elm  th'enamour'd  vine 
Delights  wi'  wanton  arms  to  twine, 
Sae  rd  encircle  theo  in  mino. 
And  show  how  much  I  lue  thoe. 

In  demselben  monate,  in  dem  die  leztgenanten  gedichte  entstau- 
den  sind,  sucht  sich  der  dichter  über  die  grosso  Veränderung  seiner 
neigung  in  der  ballade  Schön  Suschen  rechenschaft  zu  geben.  Die 
innige  liebe  zu  Dorette,  die  in  dieser  gestalt  auftritt,  ist  gewiss  keine 
blosse  fiktion.  Ob  die  Abendphantasie  eines  li(?benden,  die  Bür- 
ger ins  frühjahr  1774  sezt,  wirklich  damals  -  -  wenigstens  zum  teile  — 
verfasst  sei,  oder  ob  sie,  die  mit  den  anderen  gedichten  am  15.  juli 
1776  an  Boie  gesant  w^urde,  in  der  g(idichtsamhing  mit  rücksicht  auf 
häusliche  Verhältnisse  vordatieit  sei,  diese  fragci  möchte  ich  offen  las- 
sen, wiewol  ich  mir  nicht  vcrfujhlc^,  dass  das  erstiMo  viel  wahrschein- 
licher ist  Es  entspräche  der  analogie  b(»n*its  <M'wähnter  falle,  dass 
Bürgei*s  datierung  die  zeit  der  (jonception  hiulrutef;  und  (^s  läge»  nahe, 
ein  so  algemein  verbreitetes  motiv  der  anakreontik  nicht  mit  einem 
liede  an  Molly  in  Verbindung  zu  setzten,  wcaui  da«  gedieht  ui*sprüng- 
lich  an  Dorette  gerichtet,  dann  aber  im  somnu^*  1776  mit  der  ganzen 
glut  der  sinlichkeit  auf  ilolly  Ixjzogen  wurde. 

Wir  kennen  Bürgei-s  prochiktionswciHo,  die  stürmisch  zum  ziele 
auffliegt,  bald  ermattet,  und  dann  was  glückliche  augenblicke  geschaf- 
fen, mit  mühe  zum  ganzen  fügt.  Unter  den  Mollyliedern  sind  die 
kurzen  die  besten,   denn  sie  enthalten   die  reinste  Stimmung.     Bürger 


508  UOBNIO 

gefiel  sich  aber  in  prachtstücken,  die  aus  einzelnen  Strophen  kompiliert 
sind,  welche  wie  gegen  einander  schlagende  wogen  unsere  betrachtiing 
hin  und  her  werfen.  So  sind  in  der  Elegie,  die  Bürger  im  jähre 
1785  mit  der  Jahreszahl  1776  veröffentlichte,  sicherlich  einige  sti*ophen 
zugleich  mit  dem  plane  eines  grösseren  ganzen  1776  entstanden;  allein 
was  ihren  eigentlichen  inhalt  ausmacht,  nämlich  die  furcht  vor  tren- 
nung,  kann  unbeschadet  späterer  zusätze  erst  im  folgenden  jähre  hin- 
zugekommen sein.  Denn  soweit  wir  mit  hilfe  des  briefwechsels  die 
häuslichen  Verhältnisse  des  dichtci-s  übei-sehen,  war  im  jähre  1776 
diese  trennuug  nicht  zu  fürchten.  Molly  wohnte  im  väterlichen  hause 
auf  der  Niedeck,  von  wo  ein  reger  verkehr  nach  dem  eine  halbe  stunde 
entfernten  Wolmei-shausen  statfand.  Die  familien  besuchten  einander 
tage-  und  wochenlang;  Bürger  führte  seine  gaste  hinauf.  Zweimal 
finden  wir  Molly  als  hausgenossin  Bürgei-s,  im  april  und  im  oktober. 
Sein  eigenes  Schicksal  will  sich  im  beginne  dieses  jahres  hofnungsvol- 
ler  gestalten.  Heimgekehrt  von  einer  reise  nach  Aschersleben -Halber- 
stadt, wo  er  eine  reiche  erbschaft  nach  seiner  mutter  zu  ordnen  hatte, 
empfängt  ihn  der  zuruf  der  Weimaraner,  der  ihn  dem  deutschen 
vulke  als  berufenen  übeisetzer  Homei-s  verkündet.  „Ich  freiuo  mich 
dieses  lebens  und  dieser  fülle",  ruft  er  im  märz  Boien  zu  [Strodtni.  I, 
285];  und  14  tage  später  schreibt  er  an  Goeckingk:  „Um  meinen  haus- 
frieden  steht  es  auch  so  ziemlich''.  Leider  erlahmt  die  neu  erwachte 
arbeitslust  bald  unter  der  last  der  geschäfte,  im  juli  gesteht  er:  Nicht 
um  mein  leben  wäre  ich  jezt  im  stände,  was  erträgliches  zu  kompo- 
nieren [Strodtm.  I,  326J.  Er  verfält  in  hypochondrie,  die  sich  nur  im 
verkehre  mit  Sprickmann,  der  im  nahen  Benniehausen  wohnt,  und  im 
gemeinsamen  ausspinnen  von  projekten  und  phantomen,  im  ausmalen 
von  bildern  ländlicher  einsamkeit  und  weltvergessen heit  erleichtert.  Das 
ende  des  jahres  ist  von  den  Homerischen  kämpfen  mit  Fritz  Stolberg 
erfült.  In  den  ersten  monaten  des  jahres  1777  spricht  Bürger  in  den 
vertrautesten  briefen  an  Sprickmann  nur  von  der  eigenen  Sehnsucht 
nach  befreiung  —  noch  nichts  von  wirklich  bevorstehender  trennung. 
Von  einem  ausfluge  nach  Hannover  ende  märz  heimgekehrt  fühlt  er 
sich  woler  und  freier  und  fasst  neue  plane  und  hofnungen,  die  ein 
Unglücksfall  grausam  zerstört.  Am  25.  april  stirbt  sein  Schwiegervater 
Ijoonhart,  und  l^ürgor  fält  die  ganze  sorge  um  das  kinderreiche  haus 
anheim.  Er  bewirbt  sich  um  das  amt  Niedeck;  seine  hofnung  winl  zu 
nichte;  die  trostlose  ftiniilio  soll  haus  und  hof  verlassen.  Molly,  unter 
dem  eindrucke  des  todes,  scheint  mit  ihrer  Stiefmutter  ziehen  zu  wol- 
len.    IDer,   glaube  ich,  sezt  die  Elegie  ein,   eben  zur  zeit,   da  Büi^r 


Zu  BÜROERS  GEDICHTEN  509 

an  Sprickmann  schreibt  [30.  juli  1777.  Strodtm.  11,  103]:  „Mir  steht 
nun  bald  trennung  von  der  geliebten  meines  herzens  bevor.  Was  wird 
ans  mir,  nnd  was  aus  ihr  werden?"  und  das  bild  der  weltverlorenen 
insel  Robinson  Cnisoe's  vor  seinen  blicken  auftaucht. 

Der  Elegie  am  nächsten  verwant  ist  das  lied,  das  zuerst  im  Göt- 
tinger alm.  1779  erschien  und  später  An  die  menschengesichter 
betitelt  wurde.  Es  geht  in  der  ausgäbe  von  1789  der  Elegie  unmittel- 
bar voraus.  Mit  denselben  gründen,  die  bei  der  geliebten  siegreich 
waren,  sucht  er  den  Widerspruch  der  weit  zu  bannen:  nicht  mit  dem- 
selben erfolge.  Wie  dort  sind  die  liebenden  kranke,  die  liebe  eine  ele- 
mentare gewalt     Wie  er  dort  die  geliebte  bittet: 

0  so  lass  es  denn  gewähren. 
Da  genesung  nicht  gelingt! 
so  hier  die  menschen: 

Drum  lasst  uns  gewähren  und  quält  uns  nicht  melir, 
0  lasst  uns  gewähren  allein!  — 

Volkers  Schwanenlied,  das  im  Göttinger  Musenalmanach  1785 
erschien,  werden  wir  aus  inneren  und  äusseren  gründen  nicht  mit 
Reinhard  in  das  jähr  1784  setzen.  Das  gedieht  scldiesst  sich  so  eng 
an  das  französische  muster  an,  dass  die  abweichenden  stellen,  die  sich 
aus  der  Situation  Bürgers  erklären,  umsomehr  auffallen.  Das  ist  der 
nicht  übersezte  vers: 

Toi  qui  jadis  me  fus  aniie 
imd  eine  zusatzstrophe  mit  den  vei-sen: 

Die  Volker,  der  verlorne  mann, 
Vom  Schicksal  nicht  erseufzen  kann. 

Tristan  klagt,    dass  er  die  geliebte  verloren,   Bürger,  dass  er  sie 
nicht  erlangen  kann.     Das  flehende  „Vergiss  nicht,   ach,    vergLss  nicht 
mein!"  (v.  IG)  wäre  gleich  dem  früheren  im  jähre  1784  übel  angebracht 
Das  gedieht  ist  im  sommer  oder  herbst  1779  entstanden,  als  abschieds- 
lied  an  MoUy.     Äussere  gründe  kommen  hinzu.     Die  quelle,    die  Bibl. 
univ.  des  romans  avril  1776,  aus  der  auch  der  stoff  zur  bailade:   „Das 
lied  von  treue"  stamt,  erhielt  Bürger  durch  vermitlung  der  Phil.  Oat- 
terer  im  sommer  1779.     Die  ballade  ist  freilicli  erst  lange  nachher  vol- 
lendet worden,    schwerlich  aber  das  kurze,   genau  übei-sezte  lied.     Die 
apostrophe  an  Fritz  Stolberg  erklärt  sich  aus  dieser   zeit    am   besten. 
1779  erschien  die  erste  samlung  .seiner  gedichte,  im  selben  jähre  wurde 
die  Homerische  fohde  dun.h   Burgtors  offen   erklärten   rückzug   beendet 
An  freundschaftsbeweisen  fohlt  es  nicht     Am  22.  august  schreibt  Boie, 
dass   die   beiden    Stolborgo   ilire   liilfe    zu    der   von    Bürger    geplanten 


510  BOSNtG 

Ossianübersetzung  angeboten  haben  und  bemerkt  [Strodtm.  II,  360]: 
Beide  sind  deine  freunde,  und  wir  haben  oft  mit  aller  wärme  der  Hebe 
und  freundschaft  von  dir  gesprochen. 

5.  Balladen. 

Bei  den  bailaden  will  ich  nur  einzelne  punkte  herausgreifen,  die 
zur  ergänzung  des  an  anderen  orten  bereits  gesagten  dienen  mögen. 
So  zunächst  bei  der  Lonore  die  frage  nach  der  quelle,  soweit  das 
Volkslied  in  Des  knaben  wunderhom  und  das  SuflFolk  miracle  in  be- 
tracht  komt. 

Aus  untrüglichen  Zeugnissen,  aus  Versicherungen  Bürgers  selbst 
wie  denen  seiner  Zeitgenossen,  erhelt,  dass  Bürger  das  deutsche 
Volkslied  nicht  gekant  hat  Allen  nachforschungen  zum  trotz,  die  er 
ja  nach  dem  alten  „spinstubenliede"  anstolte,  gelangte  er  nicht  weiter 
als  zur  kentnis  des  Inhaltes  und  einiger  vcrso  eines  liedes,  das 
im  vergleich  mit  dem  des  Wunderhomes  mehr  episch  gewesen  sein 
muss.  Dieses  lied  ist  ein  ableger  des  weitverbreiteten  volkstümlichen 
Stoffes,  wie  andere  lieder,  sagen  und  märchen  mehr;  und  wie  der  ganze 
Sagenkreis  seit  Bürgers  gedieht  den  namen  Lenorensage  erhielt,  so 
wurde  auch  das  lied  im  Wunderhorn  (sei  es  vom  samler,  sei  es  von 
den  herausgebern),  „Lenore"  betitelt  Dass  es  Bürger  nachts  in  einem 
nebenzimmer  gehört  habe,  ist  nur  eine  wilkürliche  kombination,  die 
auf  der  von  Weltmann  in  den  Zeitgenossen  berichteten  anekdote  beruht, 
wornach  Büiger  sein  eigenes  gedieht  in  der  nachtherberge  auf  einem 
dorfe  vortragen  hörte.  Wenn  wir  etwa  —  freilich  aus  keinem  besse- 
ren gründe  als  bei  Lonore  —  jedes  unglückliche  mädchen  der  Volks- 
dichtung, das  verführt  und  verlassen  ihr  kind  tötet  und  der  irdischen 
strafe  entgegensieht,  „Des  pfarrers  tochter  von  Taubenheim**  nennen 
wollen,  so  müssen  wir  dieses  recht  auch  den  herausgebern  des  Wun- 
derhomes zugestehen  [s.  die  ausg.  bei  R^clam  s.  446].  Nur  haben  sie 
durch  Versetzung  dieses  titeis  dem  volksliede  einen  bezug  zu  dem 
Bürgerschen  gedieh te  gegeben,  den  es  in  Wirklichkeit  nicht  hat  Ks 
ist  weder  seine  quelle,  noch  ihm  nachgedichtet;  beide  haben  viel- 
mehr nichts  als  den  stoff  gemein,  der  dem  leben  des  Volkes  entnom- 
men und  volkstümlich  angeschaut  ist  Dass  Bürgers  gestalten  der 
ganzen  gattung  den  namen  geben,  verbürgt  uns  ihre  grosse  popularität; 
sie  tauchen  in  der  tat  in  das  elemcnt,  aus  dem  sie  emporgi>stiegen, 
doch  von  des  dichters  hand  künstlerisch  und  individuell  gestaltet,  zurück. 

In  einem  anderen  falle,  wo  ebenfals  der  titel  eines  Bürgerschen 
gcdichtes  einem  volksliede  vorge^ezt  ist,  tritt  der  irtum  der  herausgeber 


Zu  bDbGERS  GEDICHTES  511 

desselben  noch  stärker  hervor.  In  den  „Weltlichen  und  geistlichen 
Volksliedern  und  volksschauspielen",  die  Pröhle  gesammelt  hat  [Aschers- 
leben 1855],  heisst  nr.  23:  Der  wolgesinte  liebhabor  und  stamt 
aus  der  gegend  von  Herzberg  bei  Göttingon  [s.  a.  a.  o.  s.  XX  fg.].  Wenn 
wir  nicht  wüsten,  dass  Bürgers  gleichnamiges  gedieht  [bei  Sauer  s.  354] 
aus  dem  englischen  und  zwar  beinahe  wörtlich  übersezt  ist,  so  läge 
nichts  näher,  als  eine  beziohung  zu  jenem  volksliede  anzunehmen. 
Dass  dies  in  der  tat  der  einsender  oder  samler  getan  hat,  lehrt  uns 
der  titel,  der  infolge  der  ähnlichkeit  in  der  dargestelten  Situation  von 
Bürgers  gedieht  entlehnt  wurde.  Schliesslich  ist  aber  das  Volkslied 
a.  a.  o.  nur  fragmentarisch  abgedruckt:  in  seiner  um  drei  Strophen 
erweiterten  gestalt  in  Des  knaben  wunderhorn  [a.  a.  o.  s.  667],  wo  es 
„Bildchen"  betitelt  ist,  und  in  Simrocks  Volksliedern  [nr.  181],  wo  es 
„Nächtlicher  besuch"  heisst,  komt  auch  der  wahre  sinn  des  ganzen, 
der  himmelweit  von  der  frivolität  des  Bürgerschen  gedichtes  entfernt 
ist,  zum  Vorschein.  Dennoch  ist  das  fragment  ein  echtes  Volkslied; 
nur  der  ungeschickt  erfundene  titel  sezt  es  in  ein  falsches  licht.  Und 
so  verhält  es  sich  auch  mit  „Lenore"  und  „Des  pfarrers  tochter  von 
Taubenheim". 

Zur  frage,  ob  das  erste  ein  echtes  Volkslied  sei,  verweise  ich  auf 
Erich  Schmidts  anmerkungen  zu  seinem  aufsatze  in  den  Charakteristi- 
ken und  füge  hinzu,  dass  die  drei  lezten  Strophen  des  liedes  [bei 
Reclam  s.  303]  im  parodistischen  gegensatze  zu  dem  echten  kerne  spä- 
ter angefügt  zu  sein  scheinen.    Unmittelbar  nach  dem  Spruche  des  toten : 

Es  scheint  der  mond  so  hell  usw. 

erfolgt  seine  abweisuug  mit  den  worten: 

Ach  Gott,  was  hast  gedacht, 
Wohl  in  der  finstern  nacht? 

Dem  gegensatze  von  mondheller  und  finsterer  nacht  folgen  andere: 

Dein  bottlein  ist  nicht  breit, 
Der  wog  ist  auch  zu  weit. 

Ich  erinnere  daran,  dass  auch  die  schottische  ballade  „Sweet  Williams 
ghost"  eine  schlussvarianto  hat,  in  der  Marjorie  den  toten,  statt  ihm 
ins  grab  zu  folgen,  kräftig  zurückweist;  denn  seine  falschheit  komt  zu 
tage.  Die  schlussstropho  aber  kCmnon  wir  der  unseres  deutschen  lie- 
des an  die  seite  setzen: 

Allein  leg  du  dich  nieder, 

Herzallerliebster,  schlaf! 

Bis  an  den  jüngsten  tag! 


51 2  &OBMO 

[The  Ballad  Book  ed.-  by  AUingham  London  1864  s.  335]: 
And  she  took  up  her  white,  white  hand 

And  Struck  him  on  the  breast; 
Saying,  Have  there  again  thy  faitli  and  troth, 
And  I  wish  your  soul  good  rest 

Wie  die  züge  der  Bürgcrschen  gestalten,  so  giengen  auch  ihre 
reden  auf  die  der  volksdiclitung  über.  Es  ist  möglich,  dass  in  Wen- 
dungen wie:  „Weit  bin  ich  her  geritten"  oder:  „Dort  drin  im  ünger- 
lande"  der  einfluss  der  Lenore  auf  das  Volkslied  begint 

Im  Monthly  magazine  vom  September  1796  waren  zum  beweise, 
dass  Bürgers  Lenore  nicht  völlig  ursprünglich  sei,  drei  Strophen  aus 
dem  angeblichen  muster,  der  ballade  vom  Suffolk  miracle,  zur  ver- 
gleichung  herausgehoben  [s.  die  anm.  bei  Pröhle:  G.  A.  Bürger  sii.  103 
fgg.J.  Für  Bürger,  der  sich  gegen  den  zweifei  an  seiner  Originalität, 
der  ihm  zeitlebens  der  bitterste  war,  nicht  mehr  verwahren  konte,  tra- 
ten die  freunde  Althof,  A.  W.  Schlegel  und  Biester  lebhaft  in  die 
schranken.  Sie  beriefen  sich  auf  mündliche  mitteilungen  Bürgers  und 
wiesen  mit  recht  darauf  hin,  dass,  selbst  wenn  sich  Lenore  mit  dem 
SuflFolk  Miracle  im  stoffe  berühren  solte,  das  verdienst  des  dichters 
nicht  geschmälert  sei ;  denn  es  liege  in  der  behandlung  dieses  algemein 
bekanten  Stoffes.  In  der  tat  hatte  der  englische  kritiker,  der  Büi^r 
eine  nachdichtung  jener  ballade  vorwerfen  konte,  keine  ahnung  von 
den  deutschen  sagen  und  licdern;  auch  bemerkte  er  nicht,  dass  Lenore 
weit  mehr  verwantschaft  mit  jenen  englischen  balladen  zeigt,  die  in 
Percy's  samhmg  stehen.  Ihn  veranlasste  zur  annähme  der  abhängig- 
keit  lediglich  der  umstand,  dass  im  Suffolk  miracle  der  tote  mit  der 
geliebten  reitet,  während  er  sonst  zu  fusse  geht  Der  englische 
kunstrichter  glaubte  seiner  nation  den  beweis  schuldig  zu  sein,  dass  es 
in  diesem  punkte  einen  vorrang  des  deutschen  geistes  nicht  gebe  — 
was  ihm  denn  auch  gelang,  aber  nicht  die  Zurücksetzung  des  deutschen 
gedichtes.  Denn  die  drei  angeführten  Strophen,  die  zugleich  die  ein- 
zigen der  umfangreichen  ballade  sind,  die  überhaupt  zur  vergleichung 
herangezogen  werden  können,  überzeugten  niemand.  Man  bemühte 
sicli  damals  vergebens,  an  den  text  dieser  ballade,  die  in  der  ersten 
englischen  samlung  vom  jähre  1723  abgedruckt  ist,  zu  gelangen.  Die 
samlung  war  so  selten,  dass  man  sie  nicht  auftreiben  konte,  wo  doch 
die  neugior  darauf  gerichtet  war  [s.  Neue  Berliner  monatsschr.  1799, 
II,  389  fg.].  Die  Göttinger  bibliothek  besizt  ein  exemplar  dieser  sel- 
tenen Colleetion  of  old  ballads  (London  1723)  in  3  bänden;  und  es  ist 
nicht  unmöglich,  dass  Bürger  dieses  buch  in  die  bände  bekam,  obgleich 


2Ü  BthlGKBS  GSOlCHtCM  5l3 

in  den  ausleihbüchem  kein  vermerk  darüber  zu  finden  ist  Da  diese 
bailade  so  selten  ist,  wird  ein  abdruck  nicht  unerwünscht  sein.  Wenn 
er  auch  nicht  nötig  ist,  um  Bürger  vom  verdachte  des  plagiates  zu 
befreien,  so  wird  er  doch  die  geschichte  des  Stoffes  ergänzen.  Im 
ersten  bände  der  genanten  samlung  s.  266  steht:  The  Suffolk  Miracle, 
Or,  a  Relation  of  a  Young  Man,  who  a  Menth  after  his  Deatli  appear'd 
to  his  Sweetheart,  and  carry 'd  her  on  Horseback  behind  him  for  forty 
Miles  in  two  Hours,  and  was  never  seen  after  but  in  his  Grave. 

To  the  Tune  of,  My  Bleeding  Heart  usw. 

1.  A  Wonder  strauger  n'er  was  known 
Than  what  I  now  shall  treat  upon. 
In  Suffolk  there  did  lately  dwell, 

A  Farmer  rieh,  and  known  füll  well. 

2.  He  had  a  Daughter  fair  and  bright, 
On  whom  he  placed  his  whole  Delight; 
Her  Beauty  was  beyond  compare, 

She  was  both  Virtuous  and  Fair. 

3.  There  was  a  young  Man  living  by, 
Who  was  so  charmed  with  her  Eye, 
That  he  could  never  be  at  rest 

He  was  by  Love  so  much  possest: 

4.  He  made  Address  to  her,  and  she, 
Did  grant  him  Love  immediatly; 
But  when  her  Father  came  to  hear, 
He  parted  her,  and  her  poor  Dear: 

5.  Forty  Miles  distant  was  she  sent, 
ünto  his  Brother's,  with  Intent 

That  she  should  there  so  long  remain, 
Till  she  had  chang'd  her  Mind  again. 

6.  Hereat  this  Young  Man  sadly  griev'd, 
But  knew  not  how  to  be  reliev'd; 
He  sigh'd  and  sob'd  continually, 
That  his  true  Love  he  could  not  see. 

7.  She  by  no  Means  could  to  him  send 
Who  was  her  Hoart's  espoused  Friend; 
He  sigh'd,  he  grievM,  but  all  in  vain 
For  slie  confinM  nuist  still  romain. 

zmacBBin  p.  dkutschk  puiloloqik.     bi>.  xxvi.  ^'^ 


614  fiOBNl« 

8.  He  moum'd  so  much,  that  Doctor*8  Art 
Could  give  no  Ease  unto  bis  Heart, 
Who  was  so  strangely  terrified, 

That  in  short  time  for  Love  he  dy'd. 

9.  She  that  from  him  was  sent  away, 
Kuew  nothing  of  his  Dying-day, 
But  constant  still  she  did  remain, 
And  lov'd  the  Dead,  altho'  in  vain. 

10.  After  he  had  in  Qrave  been  laid 

A  Menth  or  more,  untho  tbis  Maid 
He  came  in  middle  of  the  Night, 
Who  joy'd  to  sce  her  Heart's  Delight 

11.  Her  Father's  Horse,  which  well  she  knew, 
Her  Mother's  Hood  and  Safe-Guard  too, 
He  brought  with  bim,  to  testify, 

Her  Parents  Order  he  came  by. 

12.  Which  when  her  üncle  understood, 
He  hop'd  it  would  be  for  her  goo<l, 
And  gave  Consent  to  her  straitvvay, 
That  with  him  she  should  come  away. 

13.1  When  ^]^q  ^yas  got  her  Love  bebind, 
They  pass'd  as  swift  as  any  Wind, 
That  in  two  Hours,  or  little  more. 
He  brought  her  to  her  Pather's  Door. 

14.  But  as  they  did  tbis  great  Haste  make. 
He  did  complain  his  Head  did  ake, 
Her  Handkerchief  she  then  took  out. 
And  ty'd  the  same  bis  Head  about. 

15.  And  unto  him  she  thus  did  say, 
Thou  art  as  cold  as  anv  Clav: 

When  we  come  Home  a  Firo  we'll  have; 
But  little  dream'd  he  went  to  Grave. 

11).  Soon  were  tliey  at  bor  Father's  Door, 
And  after  she  n'er  saw  bim  more: 
I'll  set  the  Horse  up,  then  he  said, 
And  there  be  left  tbis  iiarmless  Maid. 

1)  Str.  13  —  U)  im  Montbly  niagazino  s.  Pröhlc  a.  a.  o. 


2ü  bDbQEBS  GKDtCHTXN  515 

17.  She  knock'd,  and  strait  a  Man  he  cry'd, 
Who's  there?     Tis  I,  she  then  reply'd, 
Who  wonder'd  much  her  Voice  to  hear, 
And  was  possess'd  with  Dread  and  Fear. 

18.  Her  Father  he  did  teil,  an  then 
He  star'd  like  an  aSnghted  Man; 

Down  Stairs  he  ran,  and  when  he  see  her, 
Cry'd  out,  My  Child,  how  cam'st  thou  here? 

19.  Pray  Sir,  did  you  not  send  for  me, 
By  such  a  Messenger,  said  she; 

Which  made  his  Hair  stare  on  his  Head, 
As  knowing  well  that  ho  was  dead: 

20.  Where  is  he?  then  to  her  he  said, 
He's  in  tho  Stahle,  quotli  the  Maid. 
Go  in,  said  he,  and  go  to  Bed, 
I'U  see  the  Horse  well  littered. 

21.  He  star'd  about,  and  thero  could  he 
No  Shape  of  any  Mankind  see, 

But  found  his  Horse  all  on  a  Sweat, 
Which  made  him  in  a  deadly  Fret 

22.  His  Daughter  he  said  nothing  to, 

Nor  none  eise,  tho'  füll  well  they  knew, 
That  he  was  dead  a  Menth  before, 
For  fear  of  grieving  her  füll  sore. 

23.  Her  Father  to  the  Father  went 
Of  the  Deceas'd,  with  füll  Intont 
To  teil  hini  what  his  Daughter  said. 
So  both  came  back  unto  this  Maid. 

24.  They  ask'd  her,  and  she  still  did  say, 
Twas  he  that  then  brought  her  away; 
Which  when  tliey  heard,  they  were  amaz'd, 
And  on  each  other  strangely  gaz'd. 

25.  A  Handkorchief  she  said  she  ty'd 
About  his  Head;  and  that  they  try'd, 
The  Sexton  they  did  speak  unto, 
That  he  the  Grave  would  then  undo: 

26.  Affrighted,  then  they  did  behold 
His  Body  turning  into  Mould, 

33* 


516  tiOKNia 

And  though  he  had  a  Month  been  dead, 
This  Uandkerchief  was  about  liis  Head. 

27.  This  thing  unto  her  then  they  told, 
And  the  whole  Trnth  they  did  unfold; 
She  was  thereat  so  terrified 

And  grieved,  that  she  qiiickly  died. 

28.  Part  not  true  Love,  you  rieh  Men  then, 
But  if  they  be  right  lionest  Men 

Your  Daughtors  love,  give  tliem  their  way, 
For  Force  oft  breeds  their  Lives  decay. 

Niemals  kann  Bürgers  Lenore  bewundernswerter  erscheinen  als 
nacli  lesung  dieses  mit  acli  und  krach  versificierten  biinkelsi4nges!  Es 
ist  ein  muster  jc^ner  art,  die  (Jlcini  durch  da«  gewüra  der  ironie  (»incm 
gebildeteren  publikum  schmackhaft  machen  wolte.  Wir  sehen  daraus, 
auf  wie  schmalem  stege  Bürger  zur  ernsten  ballade  gelangt  ist.  Ihn 
füliiie  die  begeisterung  hinüber,  die  nur  den  wahren  dichter  ergroif(?n 
konte,  während  doch  in  jener  zeit  der  ton  dieser  ballade  leicht  hätte 
in  possierliche  traurigkeit  imischlagen  können.  Man  vergleiche  mit  der 
10.  Strophe  der  voranstellenden  ballade  Bürgei's  Schilderung  der  ankunt't 
des  toten,  mit  den  folgenden  die  des  nächtlichen  rittes,  wenn  bei  so 
ungleichen  Wirkungen  von  vergleichung  die  rede  sein  kann!  Dem  hörer 
des  einen  wird  mit  hilfe  eines  niedrigen  rationalismus,  der  unglaub- 
liche dinge  in  die  mitte  altäglicher  ereignisse  nimt,  und  einer  unbehol- 
fenen naivität,  die  glauben  erwecken  will,  grus(^ln  erregt,  indes  dem 
hörer  Tx^iorens  die  tiefen  der  seele  bewegt  werden. 

Vielleicht  liegt  dem  Suffolk  miracle  eine  ältere  ballade  zu  grumle, 
die  modernisiert  und  (wie  gewöhnlich)  einem  bestimtem  falle  angeknüpft 
wurde;  vielleicht  nur  der  aberglaube,  den  das  volk  erzählt.  Es  intert*s- 
siert  uns,  diesen  herauszuheben,  um  zu  sehen,  dass  er  einer  an<Ieren 
gruppe  des  Sagenkreises  angehört  als  der  in  der  liCnore  vorgeführte. 
Nicht,  wie  hier,  die  Verzweiflung  des  mädchens,  sondern  das  heftige 
begehren,  dtis  unbefriedigte  verlangten  des  toten  selbst  stört  seine  ruhe. 
Kr  komt  nicht  um  räche  zu  üben;  sein  ziel  ist  nicht  das  grab,  sondern 
das  elterliche  haus  des  mädchons;  eben  wie  in  den  Versionen  des  ser- 
bischen liedes  von  Jovan  und  Jelica,  wo  es  sich  allerdings  um  bruder 
und  Schwester  und  ein  unerfültes  versprechen  handelt  [s.  Wollner,  der 
I^Miorenstoff  in  ik'r  slavischen  volkspoesie.  Archiv  f.  slav.  phil.  VI|. 
In  anderen  slavischen  fassungen  fin<len  wir  zwei  züge  unseres  gedick- 
tes wider:    in  einem  mährischen  volksliede  verlangt   der  tote,    sie  solle 


Zu   BÜRQBRS   OBDICHTIEN  517 

ihm  nach  dem  köpfe  sehen,  er  tue  ihm  wehe;  und  im  polnisch -raasu- 
risclien  raärchen  findet  man  im  frisch  aufgewühlten  grabe  das  gelbe 
tuch  Kasias  [s.  Wollner  a.  a.  o.]. 

A.  W.  Schlegel  fragt  bei  gelegenheit  der  Verteidigung  Bürgers 
gegen  jenen  artikel  im  Monthly  magazine,  ob  denn  das  gedieht  mehr 
als  die  fabel  mit  Lenore  gemein  habe?  es  scheine  nicht,  fügt  er  hinzu; 
wir  aber  gehen  weiter  und  behaupten,  dass  beiden  gedichten  auch  die 
fabel  nicht  gemeinsam  ist 

Lenardo  und  Blandine  ist  nach  Bürgers  eigenem  zeugnis  (an 
Goeckingk  vom  9.  april  1776)  an  einem  tage  entstanden  —  bis  auf 
die  ei'sten  zwei  oder  drei  Strophen,  die  schon  früher  fertig  waren 
[Strodtmann  I,  298].  Die  erste  anregung  bot  ihm  ein  „histörchen", 
das  R.  Köhler  in  dieser  Zeitschrift  VIII,  s.  101  fgg.  als  das  deutsche 
Volksbuch  Eine  schöne  historia  von  des  fürsten  zu  Salerno  schönen 
tochtcr  üismunda  nachwies  [wider  abgedruckt  bei  Simrock,  Volksb.  VI, 
153  fgg.].  Bürger  wüste  nicht,  dass  diese  gering  geschäzte  quelle  eine 
treue  Übersetzung  von  Boccaccio's  erzählung  (Decam.  IV,  1)  war,  und 
er  tat  sich  viel  darauf  zu  gute,  ihre  schlichte  darstellung  so  sehr  geho- 
ben zu  haben,  dass  sie  niemand  in  seiner  romanzo  wider  erkennen 
solte.  Das  gedieht  ganz  als  werk  seiner  phantasio  hinzustellen,  war 
eine  um  so  grössere  Übertreibung,  als  er,  bis  auf  ein  einziges  motiv, 
der  handlung  in  seiner  quelle  treu  folgt,  und  dieses  motiv,  das  man 
bisher  ihm  allein  zuschreiben  konto,  einer  publikation  Eschenburgs  im 
februarhefte  des  Deutschen  museums  (1776)  verdankt.  Die  Beiträge  zur 
alten  deutschen  litteratur,  die  dieser  aus  der  Wolfenbütteler  bibliothek 
ans  licht  zog,  und  die  Bürgers  interesse,  wie  aus  den  briofen  an  Boie 
hervorgeht,  in  hohem  masse  erregten,  waren  sogar  die  veranlassung, 
die  arbeit  an  der  bailade  wider  aufzunehmen;  sie  schloss  sich  unmit- 
telbar an  die  lektüre  des  februarheftes  an. 

Zu  derselben  zeit  beschäftigte  sich  Bürger  theoretisch  mit  ziel 
und  zw^eck  der  dichtkunst.  Als  Daniel  Wunderlich  zog  er  gegen  die 
klassischen  schulfuchsereien  zu  felde  und  verspottete  alle  druck-  und 
Pumpwerke,  die  den  mitten  durch  das  land  wandelnden,  alle  kreaturen 
erquickenden  ström  auf  umnebelte  bergkastelle  leiten  wollen.  Wie  Sir 
Philipp  Sidney  fühlt  er  beim  klänge  der  alten  lieder  sein  herz  durch- 
schauert und  träumt  davon,  ein  deutscher  Percy  zu  werden.  Die  Volks- 
dichtung nent  er  die  magische  kunst;  ihre  geheimnisse  aufzudecken, 
müsse  von  den  segensreichsten  folgen  für  die  poesie  begleitet  sein.  Ihr 
Studium  sei  dem  wahren  dichter  des  volkes  unerlässlich  und  immer 
lohnend,  fände  sich  auch   unter  dem  wusto  des  unechten  und  unsin- 


518  HOKNIO 

lügen  nur  ein  pinselstrich  des  magisch  rostigen  colorits;  sie  lehrt  ihn 
aber  mehr  als  das,  die  phantasie  und  die  ^fühlbarkoit^  des  Volkes  ken- 
nen, die  eine  in  den  bildom,  die  andere  im  ton,  im  wort  und  dessen 
bedeutung.  Da  Bürger  in  seiner  Übersetzung  Homers,  der  in  dieser 
periodo  auch  als  volkssänger  unter  die  deutschen  trat,  für  die  fuhlbar- 
koit  seines  volkes  „das  rechte  kalibor "  trefifen  wolte,  so  entnahm  er 
den  Volksliedern  alte  und  volkstümliche  worte  und  Wendungen  der  rede; 
und  da  er  in  seiner  episch-lyrischen  dichtung  der  phantasie  des  volkes 
zu  begegnen  wünschte,  so  wob  er  alte  vertraute  muster  in  seino  Stoffe, 
stimte  er  den  ton  seiner  bailaden  nach  dem  klänge  jener  alten  lieder. 
Diese  sind  die  wahren  echten  Stückchen,  die  Wunderlich  meint,  rief 
Bürger  aus  imd  als  beispiel  für  Wunderlichs  lehren  solte  in  demselben 
hefte  des  Deutschen  museums  Lenardo  und  Blandine  folgen.  Wie 
Bürger  den  „ganzen  phantastischen  apparatus"  seiner  ballade  an  Boie 
sendet,  spricht  Daniel  Wunderlich  von  dem  „apparatus  der  phantasie 
und  enipfindung",  der  vom  zauberstabe  des  epos,  den  man  in  den 
Volksliedern  finde,  belebt  imd  in  aufruhr  gesezt  werden  solle. 

Abgesehen  von  der  Wandlung  der  Charaktere  beruht  die  wichtigste 
änderung  in  Bürgers  ballade  gegenüber  seiner  quelle  darin,  dass  der 
fürst  die  liebenden  nicht  zutiillig  überrascht,  sondern  durch  einen  Ver- 
räter, der  sie  schon  im  garten  belauschte,  von  ihrer  Zusammenkunft 
erfahrt  Da  dieser  zugleich  der  vorschmähte  nebenbuhler  ist,  so  kön- 
nen wir  an  die  englische  ballade  vom  Little  Ikfusgravo  [bei  Percy  (1767) 
III,  s.  63  fgg.]  nicht  denken;  dort  kann  der  page  aus  Pflichtgefühl  für 
seinen  herrn  die  untreue  der  trau  nicht  vorhehlen.  Dagegt*n  erzählt 
Konrad  von  Würzburg  in  der  von  Kschenburg  im  auszuge  mitgeteilton 
„Schönen  historia  von  Engelhart  aus  Burgunt,  .  .  und  Engeldrut, 
des  königs  tochter  aus  Denmark*',  wie  Engelhart,  der  der  prinzessin 
liebe  gewann,  am  liofo  wolgelitten  sei,  und  niemand  zum  feinde  habe, 
als  einen  schwestersolm  des  königs,  Ridschier  von  England,  der 
ihn  mit  eifersüchtigen  äugen  betrachtet  Die  prinzessin  vembredet  eine 
nächtliche  Zusammenkunft  mit  ihrem  geliebten  im  garten.  Dieser 
abschnitt  ist  überschrieben:  wie  die  schöne  königin  Engeldrut  Engel- 
harten unter  ihrem  mantel  empfehet,  und  ihn  an  ihre  brüst  tnicket 
Zum  Unglücke  muss  Ridschier  in  den  garton  kommen  und  iiiro  Umar- 
mungen stören.  Er  hinterbringt  dem  könige  die  nachricht,  die  ent- 
scheidung  soll  ein  gottesurteil  fällen.  Die  erzählung,  die  auf  der  sage 
von  Amicus  und  Amelius  beruht  und  mit  einzelnen  motiven  der  hel- 
densage  durchsezt  ist,  hat  in  ihrem  weiteren  verlaufe  mit  dem  stoffe 
unserer  ballade  keine  berührung.     Es  ist  aber  klar,   dass  Bürger  diese 


zu  BÜRORRS  QEDICHTKN  519 

episode  heraushob,  um  einerseits  ein  volkstümliches  motiv  zu  verwenden, 
andererseits  die  dramatische  Wirkung  seines  gedichtos  zu  erhöhen.  Die 
haupthandiung  sezt  geschickt  nach  dieser  episode  ein.  Wir  finden  in 
ihr  die  scene  im  garten  und  besonders  die  gestalt  des  verräterischen 
molches,  des  hochstokierenden  prinzen,  vorgebildet.  Deutlich  weisen 
überdies  die  namen  in  Bürgers  bailade  nach  diesem  Ursprung.  Schon 
das  alte  deutsche  Volksbuch  wird  Bürger  den  plan  nahe  gelegt  haben, 
die  gescliichte  zu  „verdeutschen'',  noch  mehr  vielleicht  die  erzählung 
Konrads  von  Würzburg.  Aus  dieser  holt  Bürger  den  namen  des  lan- 
des,  in  dem  er  seine  ballade  spielen  lässt,  Burgund,  zugleich  ein 
berühmtes  deutsches  land  der  Vergangenheit  Das  versmass  hätte  Bür- 
ger nicht  hindern  können,  die  namen  der  liebenden,  wie  sie  die  quelle 
bot,  zu  gebrauchen;  der  anfangsvers  wäre  nicht  schlechter,  wenn  es 
hiesse:  Gissmunda  sah  her,  Guiscardo  sah  hin.  Die  altdeutsche 
erzählung  scheint  ihm  den  deutschen  namen  Engelhart  angenehmer 
gemacht  zu  haben,  der  sich  jedoch  in  Leonhart  wandelte.  Und  wie 
Eonrad  von  Würzburg  erzählt,  dass  Engeldrut  Engelhart  zum  liebsten 
wählte,  weil  sein  name  der  wolklingendste  war  und  zu  dem  ihrigen  am 
besten  passte,  so  holte  Bürger  aus  dem  kalender  zu  Leonhart  die  benach- 
barte Blandine,  wie  uns  R.  Köhler  gezeigt  hat  [im  XVI.  bd.  dieser 
ztschr.  s.  362].  Da  sich  der  name  Leonhart  aber  dem  rhythmus  nicht 
fügte,  so  ward  er  in  Leander  und  dieser  endlich  in  Lenardo  geändert 

Von  den  bailaden,  zu  denen  Bürger  die  quelle  in  Percy's  be- 
kanter  samlung  fand,  wollen  wir  nur  zwei  hervorheben:  Der  kai- 
ser  und  der  abt  und  Die  entführung,  um  durch  die  bisher  nicht 
geübte  und  doch  notwendige  prüfung  des  originales  den  richtigen  mass- 
stab  zu  ihrer  beurteilung  zu  gewinnen.  Ihr  absoluter  wert  steht  ja 
fest:  die  erste  der  genanten  nachdichtungen  gilt  als  die  beste,  die 
andere  als  die  schlechteste  dieser  gruppe.  Die  analyse  der  englischen 
mustor  wird  an  diesem  urteil  nichts  ändern  können;  sie  wird  aber 
erklären,  wie  Bürger,  der  beide  male  aus  getrübter  quelle  schöpft,  in 
dem  einen  falle  von  seiner  eigenen  begabung  getragen ,  in  dem  anderen 
wesentlich  durch  die  schuld  des  führers  gesunken  ist 

Bei  der  ballade  Der  kaiser  und  der  abt  haben  wir  ausser  der 
von  Percy  noch  zwei  andere  englische  balladen  heranzuziehen,  von 
denen  die  eine,  der  landläufige  druck  (A)  nach  Percy's  werten  (Reli- 
quies  1.  ed.  II,  s.  302)  eine  gekürzte  und  modernisierte  fassung  der 
anderen  viel  älteren  (B)  sei,  die  er  in  seinem  folionis.  bewahrte.  Über 
das  Verhältnis  von  A  zu  B,  von  denen  mir  im  gegensatze  zu  Percy 
B  als  jüngere   launig   ausmalende   bearbeitung  von  A  erscheint,    wie 


520  HOKNIO 

über  Porcy's  ballade  selbst,  die  auf  A  (also  auf  der  nach  der  meinung 
des  herausgebers  gekürzten  und  modernisierten  fassung!)  beruht,  mit  B 
stark  vermengt  und  an  eigenen  Zusätzen  reich  ist,  habe  ich  an  anderem 
orte  ausführlicher  gehandelt  als  ich  es  hier  hätte  tun  könnend  Ich 
habe  auch  darauf  hingewiesen,  wie  Bürgers  ballade,  deren  unmittelbare 
quelle  doch  P  (=  Percy's)  ist,  merkwürdige  Übereinstimmungen  sowol 
in  der  darstellung  wie  in  der  Charakteristik  mit  B  zeigt,  einer  fassung, 
die  uns  erst  bei  der  herausgäbe  von  Percy's  foliomanuscript  durch 
Haies  und  Fiirnivall  [London  1868,  I,  s.  508]  bekant  wurde.  Wie 
diese  Übereinstimmungen  einen  grund  mehr  für  die  annähme  einer  spä- 
teren entstehung  von  B  geben,  so  erlauben  sie  auch  für  die  Bürgersche 
ballade  und  deren  Stellung  im  stofkroise  Schlüsse  zu  ziehen. 

Was  zunächst  die  darstellung  betrift,  so  erweitert  Bürger  an 
stellen,  wo  Porcy  A  folgt,  seine  quelle  instinktiv  bis  zur  beinahe  wört- 
lichen Übereinstimmung  mit  B.  B,  v.  47  fgg.:  bei  Bürger  und  in  B 
treffen  sich  schäfcr  und  abt  in  der  einsamkeit,  die  der  leztere  aus  grani 
aufsucht;  in  A  und  bei  Percy  begegnet  der  abt  dem  schäfcr  auf  dem 
heimwege  vom  könig.  —  B,  v.  51  fgg.:  teilnahmsvolle  frage  nach  «lern 
befinden  des  abtes,  wie  bei  Bürger  (v.  61  fgg.);  in  P  und  A:  blosse 
erkundigung  nach  neuigkeiten.  —  B,  v.  75  fg.:  spricht  der  schäfcr 
ebenso  geringschätzig  von  der  Weisheit  des  gelehrten,  wie  bei  Bürger 
in  V.  89  \'^g.  • —  Schilderung  der  freude  des  bischofs  B  151  und  Bürger 
V.  93.  -  B  erzählt  von  der  ausrüstung  des  schäfers  mit  den  insignien 
des  prahlten  in  derselben  weise  wie  Bürger,  während  in  P  und  A  der 
bischof  spricht.  —  B  124  ff^^j:;.  stimt  genau  mit  Bürger  (v.  125  fgg.) 
darin  überein,  dass  die  Überraschung  des  königs  durch  die  le])hafte 
Unterbrechung  der  woi1e  des  schäfers  dargestelt  wii'd,  was  weder  in  P 
noch  in  A  geschieht.  —  Andeix^  gemeinsame  stellen  dienen  der  cha- 
nikteristik,  so  besimders  der  schluss,  wo  bei  Bürger  und  in  B  der  text 
von  I^  und  A  zu  gunsten  des  schäfers  bedeutend  eweiteit  winl.  Wo 
ferner  P(Tcy  einen  eigenen  zusatz  bringt,  oder  in  freier  weise  sowol 
A  als  B  veräudei-t,  weicht  Bürger  instinktiv  von  seinem  luuster  ab. 
Die  bemerkuiig  dc^  kaisers  nach  der  zweiten  antwort  dos  schäfers 
ist  von  Bürirer  frei  erfunden,  wie  bei  Percv.  —  Die  beantwortunj: 
dvT  <lritten  frage  hat  Percv  konstruiert,  während  Bürger  B  f«>lgt!  - 
Beispit^le  für  fälle,  wo  Percy  den  ton  <ler  ballade  verfehlt,  vgl. 
a.  a.  o.  Wenn  Percy  schliesslich  B  folgt,  geht  Bürger  niemals  auf  A 
zurück. 

1)  En^'l.  Studien  1803,  s.  307  fgjj. 


zu   BÜRGERS   OEDICHTBN  521 

Aus  den  angeführten  beispielen  geht  auch  schon  hervor,  dass  B 
der  Büi^erschen  ballade  in  der  Charakteristik  der  personen  sehr 
nahe  korat  Beide  nehmen  das  gröste  interesse  an  dem  schäfer,  dem 
naturmenschen  mit  mutterwitz,  dem  Vertreter  des  untersten  Standes.  In 
den  Schlussversen  (B  157  fgg.)  wird  er  zu  könig  David  in  den  liimmel 
erhoben.  Auf  erden  aber  braucht  er  nicht  mehr  die  schafe  zu  hüten, 
erhält  geld  und  gut  vom  könig  wie  vom  bischof.  Die  verse  fehlen  bei 
Percy  und  in  A,  und  kehren  bei  Bürger  in  anderer  form  wider.  —  In 
B  ist  der  bischof  entschieden  komisch  gehalten,  was  in  A  und  P  (der 
Verfasser  ist  selbst  bischof!)  nicht  der  fall  ist.  B  hat  zu  diesem  zwecke 
den  text  gegen  A  erweitert,  und  so  tat  Bürger  gegen  Percy.  Durch 
den  schärferen  gegensatz  zum  schäfer  wird  die  figur  in  B  und  bei  Bür- 
ger komischer,  und  zwar  geht  Bürger  hierin  noch  weiter.  Die  rivali- 
tät  zwischen  weltlicher  und  geistlicher  macht,  die  in  aller  schrofheit 
in  A  (und  darnach  in  P)  besteht,  ist  in  B  durch  die  neigung  zum 
schwanke  abgeschwächt.  Hier  nähert  sich  die  gestalt  des  King  John 
dem  Bürgerschen  typus  des  guten,  gerechten  und  seiner  kraft  bewus- 
ten  kaisers.  Er  lacht  herzlich  über  den  schäfer  (nicht  in  A),  und 
durch  den  schluss  gowint  auch  er.  Die  ernsten  züge  des  königs  in  A 
erheitern  sich  zusehends;  seine  froigebigkeit  tritt  licrvor.  Bürger  hat 
auch  diese  gestalt,  auf  lieimische  tradition  gestüzt,  zum  typus  aus- 
gebildet. 

Wie  B  die  alte  ballade  A,  so  erweitert  Bürger  sein  muster;  beide 
schlagen  die  gleiche  richtung  ein:  von  der  ballade  zum  behaglicher 
ausmalenden  volkstümlichen  schwank.  Durch  diese  coalition  zweier 
urwüchsiger  verwanter  talente  erscheint  die  Percysche  ballade  in  dem 
rechten  lichte  als  kompilation  eines  liobhabers. 

Anders  steht  die  (luellenfrage  bei  der  ballade:  Die  entführung. 
Während  Percy  im  ersten  falle  doch  das  ganze  mehrerer  volksballaden 
vorlag,  verarbeitete  er  in  dem  200  verse  fassenden:  The  Child  of  Elle 
(Roliques,  1767,  I  s.  107)  ein  fragmcnt  von  89  Zeilen,  die  sein  folio- 
manuscript  bewahrt  (I,  s.  132  fgg.)-  ^^^J'  müssen  Percy  den  autor  der 
ballade  nennen,  die  Bürger  übersezte,  wiewol  sein  fragment  noch 
einige  zeilen  mehr  enthalten  zu  haben  scheint,  als  uns  jezt  bekant 
sind^.  Denn  er  muste  die  entwicklung  und  den  schluss  der  handlung 
ergänzen,  da  das  fragment  nur  die  exposition  bot.  Es  begint  mit  dem 
gesprächo  der  liebenden.  Mein  vater,  sagt  das  mädchen,  hat  ein  gelübde 
getan,  dich  zu  erschlagen  (v.  1-6).     Ich  kümmere  mich  um  ihn  nicht, 

1)  Es  fohlt  eine  halbo  seile  im  foliomanuscript. 


522  UOKNIQ 

erwidert  der  ritter,  sobald  ich  nur  zu  pferde  und  ausserhalb  der 
mauern  bin  (7  — 14).  Sie  küssen  sich  unter  trähnen  (15  — 18),  reiten 
von  dannen  (19  —  22),  und  werden  vom  vater  der  entführten  und  ihren 
sieben  brüdem  verfolgt  (23  —  28).  Der  ritter  rüstet  sich  zum  kämpfe 
(29  —  39).  Hier  bricht  das  fragraent  ab.  Am  beginne  desselben  fehlen 
vielleicht  nur  zwei  zeilen;  die  fortsetzung  ist  mit  hilfe  verwanter  bal- 
laden  mögUch.  Es  gehört  einer  der  im  nördlichen  Europa  am  meisten 
verbreiteten  balladcn  an.  Child  erwähnt  mehr  als  30  gedruckte  Ver- 
sionen [s.  Porcy's  folioms.  a.  a.  o.],  von  denen  ich  nur  zwei  heraus- 
greife. The  Douglas  tragedy  [W.  Scott:  Minstrely  of  the  Scottish  Bor- 
der, Edinb.  1806,  II  s.  207]  begint  mit  der  aufforderung  des  alten 
Douglas  an  seine  söhne,  den  flüchtigen  nachzusetzen.  William  hört 
die  Verfolger  hinter  sich,  steigt  ab  und  lässt  die  pferde  von  Margret 
halten.  Der  kämpf  entspint  sich,  in  dem  die  sieben  brüder  fallen. 
Auch  Douglas  unterliegt,  die  tochter  bittet  für  sein  leben  und  trocknet 
seine  wunden.  Die  liebenden  reiten  davon,  kommen  zu  einem  wasser 
und  steigen  vom  pferde,  um  zu  trinken.  Während  sich  William  herab- 
beugt, entströmt  seinen  wunden  das  blut  und  färbt  das  wasser.  Si«> 
kommen  zu  seiner  mutter.  William  stirbt  in  derselben  nacht,  Marga- 
ret folgt  ihm  nach.  In  der  kirche  St  Mary  werden  sie  begraben.  Aus 
ihrem  grabe  wächst  eine  rose,  aus  dem  seinig(»n  der  dorn  so  hoch,  bis  sir 
au  der  decke  des  gewölbes  sich  ineinander  verschlingen.  (Wie  bei  den 
giäborn  der  unglücklich  liebenden  desselben  namens  in  anderen  schot- 
tischen balladen.)  Doch  der  alte  Douglas,  unversöhnlich  über  das  grab 
hinaus,  reisst  den  dorn  aus  und  wirft  ihn  in  den  see.  —  In  der  andt»- 
ren  hierher  gehörigen  bailade:  Eibolt  og  Ouldborg  (W.  Grimm,  Alt- 
dänische heldenlieder,  balladen  und  märchen,  1811,  s.  74  fgg.:  Tod  aus 
der  liebsten  mund)  wird  die  Vorgeschichte  der  entführung  ausführlicher 
berichtet.  Ribolt  liebte  die  tochter  des  feindlichen  hauses  schon  da  sio 
noch  kind  war;  er  entführt  sie  den  ihrigc^n  und  ihrem  bräutigam.  Von 
einem  freunde  ihres  vat(?i"s  verraten,  werden  sie  verfolgt  und  angegriffen. 
Kibolt  tötet  den  vater,  den  bräutigam  und  den  bruder.  Für  den  jüng- 
sten bruder  bittet  Ouldborg;  allein  da  sie  den  namen  Ribolts  ausspricht, 
emptangt  dieser  die  todeswunde.  Sie  reiten  zur  bürg  seiner  mutter 
und  sterben  daselbst. 

Schon  aus  der  Inhaltsangabe  geht  hervor,  dass  unser  fragment 
(liesein  stof kreise  ang('hr»rt.  Die  übereinstinmuiugen  im  texte  gehen 
über  den  gebrauch  der  volksballade,  gleichen  Situationen  denselben 
wiu-tlicheu  ausdruck  zu  geben,  weit  hinaus.  Die  abweichungen  beleh- 
ren uns,  dass  das  fragment  einer  erweiterten  dai*stellung  angehören  mag. 


zu   BÜROERS   QRDICHTKN  523 

Zärtlichkeit  und  trähnen  schwächen  den  Charakter  nicht  (v.  15  — 18), 
und  gerade  die  andeutung  vom  ausgange  der  begebenheit,  die  das 
fragment  in  diesen  versen  besizt: 

The  teares  that  went  them  2  betweene 
were  blend  water  and  blood  — 
schliesst   die   möglichkeit   aus,   dass   das  gedieht  ursprünglich   wie  bei 
Pcrcy  mit  dem  segen  des  vaters  endet. 

Wie  hat  aber  Percy  dieses  fragment  ergänzt?  Aus  einer  tragödie 
unversöhnlichen  hasses  und  alles  überwältigender  liebe  in  der  rauhen 
und  starken  vorzeit  entstand  ein  rührstück  im  geiste  des  empfindsamen 
Zeitalters.  Wir  werden  W.  Scott  nicht  zustimmen,  der  die  grösten 
Schönheiten  dieser  bailade  „to  tho  poetic^l  taste  of  tho  ingenious  editor" 
zuschrieb  und  hinzufügte:  „They  are  in  the  truest  stile  of  Gothic  embel- 
lishment"  (a.  a  o.,  II,  s.  197).  Viel  mehr  behagt  uns  das  urteil  der 
herausgeber  des  folioms.:  „That  worthy  prelate,  touched  by  the  beauty 
of  it  —  he  had  a  soul  —  was  unhappily  moved  to  try  his  band  at 
its  completion.  A  waxdoll-maker  might  as  well  try  to  restore  Milo's 
Venus**;  umsomehr,  als  Herders  treffende  bemerkung  (Volkslieder  her- 
ausg.  von  Redlich  s.  159)  auch  auf  diese  ballade  passt.  Denn  wenn 
irgendwo  hat  Percy  hier  einzelne  töne  in  einen  gcsang  eigener  art  ge- 
flickt, und  es  ist  kein  wunder,  dass  der  läppen  das  tuch  zerreisst.  Nicht 
alle  39  zeilen  des  fragmentes  erscheinen  in  den  200  versen  Percy's; 
auch  nicht  ohne  Veränderung  und  in  einer  folge.  Dreimal  unterbrechen 
eigene  stellen  das  fragment,  das  in  den  v.  77  — 136  eingeschlossen  ist. 
Die  herausgeber  des  folioms.  nennen  diese  Vereinigung  der  echten  imd 
unechten  zeilen  eine  solche  mesalliance,  wie  nur  die  im  gediohte  selbst 
den  äugen  des  vaters  erscheinen  mag. 

Wie  weit  sind  die  Pcrcyschen  zutaten,  besonders  die  botschaft 
der  geliebten  mit  den  zärtlichen  andenken,  die  empfindsamen  und  ge- 
schwätzigen Unterhandlungen  des  entführenden  und  kämpfenden  ritters, 
die  entwicklung  der  handlung,  die  darstellung  wie  die  Charakteristik 
der  personen  von  dem  düsteren,  knappen  ton  der  fragmentarischen  bal- 
lade entfernt!  Und  doch  hat  Percy  alle  Voraussetzungen  seiner  vor- 
läge aufgenommen!  Die  Unwahrheit  und  der  innere  Widerspruch  sei- 
nes gedichtes  liegt  zu  tage,  besonders  in  der  Charakteristik.  Indem 
Percy  die  beteuerungen  dos  unversöhnlichen  hasses  mit  den  werten  des 
fragmentes  dem  vater  in  den  nmnd  legt  und  schliesslich  ihn  doch  seine 
tochter  samt  seinem  segen  dem  entfülirer  übergeben  lässt,  schaft  er 
aus  einer  gestalt  wie  der  des  alten  Douglas,  der  die  liebenden  im 
grabe  trent,  einen  gutmütigen  polterer.     Fair  Emmeline,  seine  tochter, 


524  HOENIG 

liebt  ihren  ritter  gerade  nicht  übermässig.  Wenn  es  nicht  wc^n  des 
unausstehlichen  bräutigams  gewesen  wäre,  so  hätte  sie  den  vater  nicht 
verlassen.  Auch  fürchtet  sie  die  nachreden  der  bösen  weit  Die  raube 
und  kräftige  gestalt  des  ritters,  der  sich  wenig  um  die  räche  des  vatere 
kümmerte,  wandelt  sich  zum  gefühlvollen  Jüngling,  der  es  vorzieht,  im 
frieden  seine  sache  zu  verfechten.     Auch  liebt  er 

But  with  such  love  as  holy  kirke 
Hath  freely  sayd  we  may. 
Percy's  feiügkeit  in  der  nachahmung  des  volkstümlichen  tones  beschränkt 
sich  auf  äusserlichkeiten,  denen  auch  Bürger  viel  von  seiner  manier  ver- 
dankt.    Hierher  gehört  das  dreimalige: 

Fair  Emmeline  sighde,  fair  Emmelino  wept  — 
oder:  The  boy  he  tripped,  the  boye  he  ranne 
He  neither  stint  no  süiyd  — 
Tho  baron  he  wokc,  the  baron  ho  rose  u.  a., 
während  er  den  wahren,  rasch  auch  in  Sprüngen  vorwärts  dringenden 
ton  der  ballade,   dem  Herder   das   dramatische    und   lebendige    dieser 
lieder  zuschreibt,   durch  die  ausgeführte  darstellung  sowol  der  entfüh- 
rung  wie  der  Verfolgung  vernachlässigt 

So  beschaffen  war  Bürgers  quelle;  und  da  sie  nicht  ursprünglich 
und  einheitlich  ist,  so  ei*scheint  in  ihr  das  leidons(»haftliche  temperament 
des  dichters  bis  zur  karrikatur  verzert  Die  einzelnen  töne  stimten 
schon  im  originale  nicht  zusammen,  und  es  ist  nicht  Bürgers  schuld 
allein,  wenn  ihre  Vereinigung  in  der  nachdichtung  zur  völligen  disiiar- 
monie  wird. 

Die  gesteigerte  wut  des  vaters  im  beginne  der  ballade  lässt  uns 
seine  übergrosso  Zärtlichkeit  am  Schlüsse  dei^selben  um  so  gezwungener 
erscheinen.  Er  droht  anfangs  dem  ritter  das  herz  auszui*eissen  und 
es  seiner  tochter  nachzusc^hmeissen ;  und  bald  darauf  will  er  vor  wun- 
dersüsson  wehen  und  vor  glück,  ihn  zum  Schwiegersöhne  zu  bekom- 
men, schier  vergehen!  iSo  wird  der  alte  Douglas  ein  bramarbasieren- 
der ritterpapa,  den  das  fräulein  tochter  um  den  finger  wickelt  Und 
doch  spricht  sie  von  schmerzen  und  tod,  und  sträubt  sich  so  lange, 
bis  sie  dem  entführer  in  aller  liobesglut  an  den  hals  stürzt  Der  held 
selbst  schwelgt  in  widerstreitenden  gefühlon,  die  zu  einem  ganzen  zu 
vereinigen  dem  leser  oder  hör<T  imi  so  schworer  wird,  als  sie  lebendig 
und  anschaulich  geschildert  sind.  Bürger  bedient  sich  hierzu  der  direk- 
ten rede  auch  im  munde  des  dritten,  wo  Percy  bloss  berichten  lässt 
und  erweitert  seine  darstellung  um  mehr  als  100  Zeilen.  An  drei  stel- 
len verdoppelt  er  die  versanzahl  Percy's,  in  den  v.  105  —  20,  d.  L  i 


Zt7  BÜROltRÖ  OfiDlCHtlSt^  525 

gesprach  der  liebenden  vor  der  entführung,  in  v.  145  —  76,  d.  i.  den 
Vorbereitungen  zur  Verfolgung,  und  in  v.  249 — 80,  den  bitten  der 
tochter  und  der  umstimmung  des  vaters.  Unmittelbar  an  diese  lezten 
schliessen  sich  12  verse,  denen  nur  4  im  originale  entsprechen.  Dem 
Schlüsse  der  erzählung  also,  der  unerwarteten  auflösung  aller  Schwie- 
rigkeiten wendet  sich  Bürgers  hauptinteresse  zu.  In  stil  und  darstel- 
lung  erhielt  die  ballade  einen  vom  englischen  muster  völUg  verschie- 
denen Charakter:  sie  wurzelt  in  den  tendenzen  des  sturmes  und  dranges. 
Von  allen  gedichten  Bürgers  steht  dies  in  der  masslosigkeit  des  gefühls, 
das  die  personeu  umherwirft,  in  den  kraftausdrücken,  wie  buhlerin, 
Schurke,  grobian  u.  dgl.,  und  auch  in  der  grausamen  behandlung  der 
spräche  den  produkten  jener  pcriode  am  nächsten.  Wie  der  tragische 
Stoff  unter  Percy's  bänden  zum  rührstück  w^urde,  so  wandelt  er  sich 
hier  zum  ritterdrama  weiter,  dessen  niotive,  wie  liebe  zwischen  kindem 
feindlicher  geschlechter,  streit  zweier  männer  um  eine  frau,  weiberraub, 
erzwungene  ehe,  schwur,  heimliche  beobachtung  von  vergangen  (vgl. 
0.  Brahm,  Kitterdrama  des  XVUI.  jahrh.  QF  XL  s.  70  tgg.)  sämtlich 
aufgenommen  sind.  Bürger  aber  vermehrt  sie  noch  —  ganz  im  sinne 
seiner  darstellung  —  um  das  des  kerkers,  wo  molch  und  unke  nistet 
Er  kann  sich  dem  einflusse  jener  gewalttätigen  dramen,  wie  Sturm 
und  drang  von  Klinger,  nicht  entziehen,  wiewol  er  sie  nur  widerwillig 
liest  imd  sie  verabscheut.  Auch  in  dem  leztgenanten  stücke  begegnen 
wir  der  liebe  zweier,  deren  väter  sich  tötlich  hassen,  einem  balkon- 
gespräche,  dem  plane  einer  entführung,  und  dem  ebenso  unerwarteten 
glücklichen  ausgange.  Des  alten  Berkley's  wort:  ich  hass  und  hasse, 
lieb  und  liebe!  charakterisiert  auch  den  vater  in  unserer  ballade,  und 
wie  hier  bittet  auch  dort  seine  tochter,  die  auf  der  gegenseite  steht: 
vergebet,  mein  vater,  vergesst!  „Balladen  will  ich  drüber  absingen  in 
Londons  Strassen,  sobald  die  mordgeschichte  zu  ende  ist",  nift  in  dem 
5.  auft.  des  IV.  aufz.  desselben  Stückes  Wild  aus;  aber  ehe  sie  noch 
begonnen  hatte,  war  der  stoff  vielfach  in  bailaden  gefasst.  Bürgern 
selbst  mag  Christian  Stolbergs  ballade  P^liso  von  Mannsfeld  (im  februar- 
heft  d.  D.  mus.  1776),  deren  herliche  strophon  er  rühmt  |Sti-odtm.  I, 
290 J,  veranlassung  oder  forderuug  seines  planes  gegeben  haben.  Die 
Übereinstimmungen  im  einzelnen  mit  Bürgers  gedieht  sind  sehr  gross; 
im  ganzen  aber  nimt  die  Stolbergscho  ballade  eine  andere  Wendung. 
Auch  fehlt  ihr  das  Hauptmotiv  der  familienfeindschaft  Der  glückliche 
ausgang  ist  gewahrt,  aber  der  tod  des  vaters  der  entführten  geht  vor- 
her. Trotz  der  übereinstunmungen  aber  wird  man  nicht  mit  G.  B.  Maury 
[G.  A.  Bürger  usw.     Paris  1889  s.  21 3|    Elise  von  Mansfeld  unter  die 


526  UOfLHtQ 

pälos  imitations  de  Bürger  rechnen  können,  da  doch  die  Entfuhrung 
zwei  jähre  später  gedichtet  wurde  als  Elise;  man  muss  vielmehr  die 
gemeinsamkeit  der  quelle  annehmen  und  andererseits  auch  ihren  ein- 
fluss  auf  Bürger. 

Stolbergs:    Nun  geht's  zu  meiner  Schwester  hin 
da  soll  die  trauung  sein 

ist  ebenso  wie  Bürgers: 

Risch  geht's  nach  meiner  mutter  fort 
Das  Sakrament  vereint  uns  dort 

die  wörtliche  übereetzung  der  Percyschen  vcrse: 

To  my  ladye  motlier  I  will  theo  bringe, 
Whero  marriage  shall  make  us  one. 

Andererseits  dehnt  Stolberg  die  jungfräulichen  bedenken  gegen  die  cnt- 
führung  ebenso  aus  wie  Bürger;  und  wenn  wir  z.  b.  bei  Stolberg  lesen: 

Der  alte  schäumt  und  üucht  und  schwört  usw. 
und  später:  Er  fordert  seine  sassen  auf, 

so  können  wir  an  eine  einwirkung  auf  Bürger  glauben. 

Es  sei  ein  zusanmienfassendes  urteil  über  die  beiden  besproche- 
nen bailaden  gestattet.  Während  in  der  ersten,  unbekümmert  um  ein 
muster,  der  geist  wirkt,  der  in  deutschen  komödien,  fastnachtspielen 
und  schwanken  allerlei  art  diesen  stoft*  verarbeitet  hat,  gerät  der  dich- 
ter bei  der  nachbildung  einer  fremden  anekdote,  die  keine  einheitlichen 
Züge  trägt  und  zum  volksieben  keinen  bezug  hat,  in  tagesströmungen, 
in  denen  er  —  vier  jahni  nach  der  dichtung  Lenorens!  —  schifbruch 
leidet 

Das  Lied  vom  braven  manne  und  die  ballade:  Die  kuh  erzäh- 
len von  der  rettung  verzweifelnder  menschen  durch  menschliche  hilfe, 
die  der  dichter  zu  preisen  sich  berufen  fühlt  Er  sagt  es  selbst  in  dem 
einen  falle:     Gottlob!  dass  ich  singen  und  preisen  kann: 

Zu  singen  und  preisen  den  braven  mann, 
wie  in  dem  anderen: 

Mir  deucht,  ich  wäre  von  Gott  ersehn. 

Was  gut  und  was  schön  ist,  zu  preisen. 

Daher  besing'  ich,  was  gut  ist  und  schön. 

In  schlicht  einfältigen  weisen. 

Hier  fügt  er  noch  hinzu: 

„So,  schwur  mir  ein  maurer,  so  ist  es  geschehn!*' 
Es  handelt  sich  um  eine  maurerische  guttat,   die  gleich  der  Vorsehung 
im  dunkeln  waltet;  und  wie  der  name  des  gebei's  uns  verborgen  bleibt^ 


Zu  BüttOEltS  QEDlCHtEK  527 

SO  auch  der  des  bauern,  der  im  augenblick  der  höchsten  not  erscheint, 
hilft,  und  dem  danke  sich  rasch  entzieht.  So  erscheint  auch  er  gewis- 
sermassen  als  abgesanter  einer  höheren  macht,  die  im  verborgenen 
lebensfäden  der  menschen  spint,  und  solche  taten  zu  singen  und  zu 
preisen  fühlt  sich  Bürger  nicht  nur  als  dichter  des  volkes,  sondern 
auch  als  redner  seinen  brüdern  in  der  löge  verpflichtet 

In  der  tat  ist  das  lied  vom  braven  manne  die  rede,  die  Bürger 
am  Johannisfeste  des  Jahres  1777  (24.  juni)  in  der  löge  zum  goldenen 
Zirkel  in  Göttingen  hielt.  Es  ist  zu  diesem  zwecke  gedichtet,  nicht 
etwa  bloss  benuzt.  Die  erste  erwähnung  im  Briefwechsel  findet  sich 
erst  einen  monat  vorher  (19.  mai  1777),  und  am  23.  juni,  dem  tage 
vor  dem  feste,  schickt  es  der  dichter  an  Boie  mit  der  Versicherung, 
dass  es  in  einem  ströme  hervorgestürzt  sei,  wie  es  auf  dem  papiere 
stehe  (Strodtmann  II,  90).  Bürger  fand  die  geschichte  in  der  Poetik 
des  Marmontel  erzählt;  das  geheimnisvolle,  rechtzeitige  auftauchen  des 
retters  stelte  ihm,  wie  ich  schon  bemerkte,  den  Zusammenhang  mit  den 
maurerischen  bestrebungen  her.  Gewiss  hatte  er  auch  von  anfang  an 
die  absieht,  sie  rhetorisch  zu  verwerten.  Allein  es  gieng  ihm,  wie  er 
es  selbst  beschreibt  (an  Boie  17.  Oktober  1776.  Strodtm.  I,  345):  „Es 
wogen  jezt  vier  grosso  bailaden  in  dem  meere  meiner  phantasie  umher 
.  .  .  (diese  dichtungsart)  drängt  sich  mir  überall,  auch  wo  ich  sie  nicht 
rufe,  entgegen;  alle  meine  poetischen  ideen  verromanziercn  oder  ver- 
balladieren  sich  wider  meinen  willen.  So  ists  denn  wol  am  besten, 
dass  ich  mit  dem  ströme  schiffe".  —  Die  balladische  form  dieser  hand- 
lung  aber  wurde  durch  das  Verhältnis  des  dichters  zu  seinem  publikum 
modificiert.  A.  W.  Schlegels  heftiger  angriff  gegen  das  so  ganz  unvolks- 
raässige  hervortreten  des  dichters,  das  preisen  des  liedes  und  der  guten 
tat,  die  für  sich  selbst  sprechen  solle,  sind  gewiss  berechtigt.  Aber 
diese  fehler  haben  darin  ihren  grund,  dass  der  dichter- redner  seine 
Zuhörer  und  den  zweck,  zu  dem  sie  sich  vei*samraelt  hatten,  nicht  aus 
den  äugen  verlor.  Wir  stehen  nicht  an  der  seite  des  zölners,  noch 
unter  den  neugierigen  am  ufer,  wir  sehen  vielmehr  die  ganze  hand- 
lung  von  derjenigen  seite,  die  zur  anknüpf ung  der  ethischen  raisonne- 
ments,  die  die  hauptsache  bilden,  am  vorteilhaftesten  ist.  Sie  ist  nur 
ein  beispiel,  nicht  Selbstzweck;  und  gerade  auf  ihrem  höhepunkte  (in 
der  17.  strophe)  unterbricht  das  abwägen  der  motivo  ihren  gang: 

Der  bauer  wagt  sein  leben  dran: 

Doch  tat  er's  wol  um  goldesklang? 

Denn  spendete  nimmer  der  graf  sein  gut; 

So  wagte  der  bauer  vielleicht  kein  blut 


528  HOKNta 

Dieso  deduktion  dient  der  gegenüberstellung  des  grafen  und  des  bauen), 
deren  handlungsweise  geprüft  wird:  die  dos  ersten  ist  gut,  die  des 
zweiten  ist  besser.  Nach  den  gesetzen  der  monschlichkeit  muss  der 
logonreduer  diesen  fall  entscheiden: 

Bei  Gott!  der  graf  trug  hohen  sinn.  — 
Doch  höher  und  himlischer,  wahrlich!  schlug 
Das  herz,  das  der  bauer  im  kittel  trug. 

über  die  entstehung  der  bailade  Sankt  Stephan  werden  die 
folgenden  briefstellon  neues  licht  verbreiten  können.  Bürgers  studien- 
genosse  und  rivalo  unter  den  Göttinger  lyrikern,  J.  M,  Miller,  schickt 
am  12.  Januar  1777  einen  brief  von  Pfenninger  ein,  den  Bürger  erst 
im  april  erhält  und  sofort  beantwortet  [Strodtmann  II,  10  u.  61  fgg.]: 
„An  Pfenninger  habe  ich  mit  der  heutigen  post  geschrieben  .  .  .  werden 
Sie  auch  geistliche  liedor  machen?  wenn  Sie  es  tun,  so  werden  Sie 
wol  uns  übrigen  aufgeforderten  allen  das  ziel  ablaufen.  Ich  habe 
mir  mehrere  von  den  historischen  sujets  gewählt,  weil  diese,  wegen 
meiner  romanzierenden  anläge,  sich  am  besten  für  mich  zu  schicken 
scheinen''. 

Joh.  Konr.  Pfenninger,  Lavaters  fi*eund  und  herausgeber  de« 
Christlichen  magazins,  dessen  erstes  heft  1779  ei-schien,  wante  sich 
also  auch  an  Bürger  mit  der  bitte  um  beitrage.  Welcher  art  diese  sein 
selten,  lehrt  uns  der  titel  der  Zeitschrift  und  die  anderen  poetischen 
stücke,  die  wir  darin  linden.  In  dem  ersten  hefte  tritt  Fr.  L.  Stol- 
berg, der  Homer  Übersetzer,  mit  der  erzählung  David  und  Goliatli  im 
heroischen  versmasse  auf,  und  im  zweiten  hefte  des  zweiten  bandes 
bringt  er  die  vorse  1  —  IG  des  17.  kap.  des  l.  buches  der  könige  unter 
dem  titel  Elia  und  die  witwe  in  Tarpath  ebenfals  in  hexanieter.  Biur- 
ger  brachte  aus  der  Apostelgeschichte  die  stelle  kap.  7  v.  54  fgg.  in 
balladische  form. 

Es  ist  deutlich,  dass  Bürger  zu  seiner  ballade  von  Pfeuninger 
angeregt  wurde;  durch  die  datirrung  schwindet  jeder  zweifei.  In  der 
chronologisch  ge<>rdneten  gedichtsamlung  vom  jähre  1778  wird  sie  in 
den  april  1777  gesezt,  also  in  jenen  Zeitpunkt,  wo  Bürger  lYennin- 
gei*s  aufford(;rung  erhielt.  Aber  erst  im  anfange  märz  des  folgt}nden 
Jahres  (ein  datum,  das  die  neueren  hemusgeber  für  die  entstehung  des 
gedichtcs  acceptiert  haben)  wird  St.  Stephan  an  Boie  geschickt  Nichts 
desto  weniger  bleiben  wir  bei  dem  ei^sten  datum  als  <ler  zeit  der  con- 
ception  und  der  ei*sten  Strophen.  Der  feuiTeifer,  mit  dem  Bürger  jeden 
neuen  plan,  jede  idee  ergreift,  erkaltet  bald,  das  gedieht  bleibt  liegen, 
bis  die  äussei-ste  not  zur  Vollendung  drängt     Dies  war  im    märz  1778 


Lfler  hü,  denn  zu  ostern  sollen  die  gedictite  erscheinen.  In  Pfenningpre 
^mtschrift  erschien  kein  Bürgersches  gedtclit.  Die  idee  zu  mehreren 
Sholichen  verlüsst  ihn  nicht;  er  entwickelt  sie  Bolen  [Strodtm.  II,  244]. 
In  seiner  chauvinistischen  art  wird  Bürger  Im  ersten  angenblicke  daran 
gedacht  haben,  die  ganze  bibel  oder  grosse  teile  darans  zu  roman- 
zieren. 

Der  wilde  Jäger  ist  nicht,  wie  immer  behauptet  wird,  aus  ver- 
schiedenen sagen  kombiniert  und  frei  gestaltet,  Die  person  des  wild- 
tmd  rheingrafen  ist  Überhaupt  nicht  sagenhaft,  vielmehr  von  modern- 
stem leben  ertiilt  Sein  Schicksal  aber  erfüll  sich  in  volkstümlichem 
I  äDne. 

Ich  kann  mich  hier  nur  auf  kurze  andeutungen  beschrfinken, 
sage  selbst  ist  in  beständiger  bewegiing.  Sie  erhält  ihr?  nahrung 
kaus  dem  leben  des  volkes,  das  an  stelle  des  entfernten  gottes,  der  den 
mm  gespenstern  umgewandelten  göttei-zug  führte,  eine  näher  liegende 
petsöntichkeit  sezt.  Es  lebt  z.  b.  ein  gutsherr,  der  leidenschaftlich  jagt, 
Sie  bauorn  schindet,  selbst  am  sontage  gott  lästert  u.  dgl.  m.  Ein 
Oifall  auf  der  jagd  macht  seinem  leben  ein  ende.  Das  volk  hat  ihn 
rardamt,  versezt  ihn  unter  die  ruholnson  gespenster,  und  In  seiner 
eigensehaft  als  Jäger  in  das  wilde  beer.  Diese  Vorstellung  besizt  es 
seit  nralten  zeiten.  An  der  spitae  reitet  Hackelberg,  d.  i.  Wodan.  Allein 
■  herr  reitet  nicht  in  seinem  gefolge.  Als  die  wichtigste  und  bekan- 
}  gestalt  dieses  zuges  wird  er  an  die  spitze  gesteh:  er  wird  zum 
bckelberg,  tritt  dessen  erbe  an,  behält  aber  dabei  seine  eigene  vor- 
jcbichte.  Diese  wechselt,  das  übrige  bleibt;  denn  immer  neue  gestel- 
I  werden  vom  volke  zum  wilden  Jäger  geschaffen.  Ebenso  verfahrt 
Er  promoviert,  um  seinen  eigenen  ausdrnck  zu  widerholen 
(Archiv  für  litt.  XIV,  63  fgg.)  seinen  wildgesellen  zum  wilden  Jäger, 
Indem  er  die  geschichte  dieses  tyrannen  wahrhaft  volkstümlich  in  jene 
grosse  naturerscheinnng  münden  lässt  Diese  erscheinung  ist  aber  das 
bleibende  und  In  allen  sagen  gleich.  Es  ist  daher  ein  hauptfehler  des 
Bürgerschen  gedi^ihtes,  dass  es  hier  modificiert  ist.  Die  volkstümliche 
Anschauung  muste  der  zügellosen  politischen  leidensehaft  des  dichters 
eioben.  An  dem  grafen  wird  die  räche:  aug  um  äuge,  zahn  um 
i  erfüll  Die  bezeichnung:  „der  wilde  Jäger"  kann  jezt  nur  noch 
F  den  lebenden  grafen  bezogen  werden,  wodurch  sie  mit  der  ganzen 
boUcstümlichen  tradltion  in  Widerspruch  gerät. 

Der  tvlid-  und  rheingraf  ist  ebenso  aus  dem  gegenwärtigen  leben 
rnSen  wie  Lenorens  geliebter,  der  Im  siebenjährigen  kriege  gefal- 
lu  seinen  ädern  stürmt  zwar  Wodans  blut,  allein  er  ist  nicht 
,  XXVI.  34 


530  HOENia 

Hackelberg,  sondern  einer  jener  fürsten,  gegen  die  die  Stürmer  und 
dränger  oder  auch  die  Göttinger  dichter  zu  felde  zogen.  ^Da  war  ein 
Rixinger!"  ruft  der  wütende  Metzler,  „wenn  der  kerl  sonst  auf  die 
jagd  ritt,  mit  dem  federbusch  und  weiten  naslöchem  und  uns  vor  sich 
hertrieb  mit  den  hunden  und  wie  die  hunde!  . .  hasch!  den  spiess  ihm 
zwischen  die  rippen,  da  lag  er,  streckt  alle  viere  über  seinen  gesellen*'. 
Bürgers  graf  erleidet  dieses  Schicksal  nicht;  dort  wird  er  von  wahrhaf- 
tem Volksgericht  getroffen:  sein  unglückseliges  gespenst  lebt,  von  him- 
mel  und  höUe  gemieden,  in  der  luft  fort  Wir  sehen,  wie  diese  gestalt 
in  der  zeit  des  dichters  wurzelt;  sie  ist  dieselbe,  der  sich  der  bauer 
in  den  markigen  werten  an  seinen  durchlauchtigen  tyrannen  (Saueis 
ausg.  s.  65)  entgegenstelt,  dieselbe,  gegen  die  freiheitstrunkene  junge 
Brutuse  die  deiche  zücken  und  deren  blut  stürmisch  verlangt  wird 
Aus  diesen  zeittendenzen  gieng  auch  Bürgers  Wilder  Jäger  hervor. 

Goethes  Götz,  der  Bürger  mit  Stimmungen  und  motiven  auf  jähre 
hinaus  versorgte,  bot  auch  hiezu  die  erste  anregung.  Nebst  den  eitler- 
ten  Zeilen  komt  die  zigeunerscene  in  betracht,  in  der  die  erscheinuog 
selbst  über  die  bühne  jagend  gedacht  ist  (D.  j.  G.  11,  364).  Und  an 
Goethe  wendet  sich  Bürger  im  sommer  1775,  um  von  seinem  gedichte 
zu  sprechen  (Strodtmann  I,  230).  Allein  die  ausführung  lässt  lange 
auf  sich  warten.  „Das  vollenden  ist  eine  höchst  fatale  sache'',  gesteht 
er  selbst.  Er  sieht  das  ziel  vor  äugen,  kostet  im  voraus  die  wirkuog 
und  scheut  die  arbeit.  In  der  dritten  phase  der  entwicklung  dieses 
gedichtes,  im  winter  1776  auf  77,  ist  er  erst  beim  anfange  (an  Boie 
19.  decbr.  1776).  Wenige  tage  vorher  recensiert  er  seinem  freunde 
den  Göttinger  almanach  (Strodtm.  I,  370)  und  lobt  Goeckingks  Parforce- 
jagd, deren  einfluss  er  sich  nicht  entzieht  Auch  hier  finden  wir  eine 
fürstliche  jagd  mit  ihrem  gefolge,  dem  gehezten  wilde,  zertretenen  saa- 
ten,  verwundeten  treibern.  Die  hörner  tönen,  hunde  bellen,  pferde 
wiehern  und  im  stürmischen  zeitmass  der  jagd  auf  Cheviat  wird  das 

wild  verfolgt: 

Seht  da!  dort  ist  er  schon!  seht  da! 

Wie  fliegt  er  wild  voran! 

Fort  über  stock  und  stein!  sa,  sa! 

Rasch,  rasch!  was  folgen  kann! 

Ein  bauer  klagt: 

Der  gnädige  fürst  hat  das  getan? 

Ach!  Gott!  erbarm  dich  meiner! 

Ein  piqueur  bricht  sich  den  arm,  der  fürst  lässt  sich  nicht  aufbaltea 
Vielleicht  verdanken  wir  dieser  anregung  Bürgers  verse: 


3  düeokus  oBDigims 


531 


Und  Bieh!  bald  hinten  und  bald  vorn 
Stürzt  einer  tot  dahin  vom  tross, 
mn  Bürger  diesem  gediclite  vorwirft,  dass  es  zu  wenig  uu! 

so  gescbflli  es  nur  im  hinblick  auf  sein  eigenes  werk.  Denn  die 
hforcejagd  ist  eine  aatire  und  .je  Schürfer  darin  die  gegensälze  auftre- 
,  desto  besser.  Der  schlusschor  mit  dem  lebehoch  für  den  gnädigen 
tdesfiirstEiD  und  sanften  monscheafreund  wirkt  höclist  aufreizend,  wie 
l)Q  dos  ganze  einem  deutschen  liofe  zur  autTuhrung  am  Bartbolomana- 
!  empfohlen  wird.  Bürger,  der  vielleicht  Ton  diesem  gedichte  einen 
ir  Vollendung  des  Wilden  .iagers  und  vielleicht  einige 
Kgung  empdeng,  wirkt  versöhnend,  indem  er  der  poetischen  gerech- 
l^eit  genüge  tut. 

Im  februar  und  märz  1777  weilt  Bürger  in  Hannover,  wo  er  Bei- 
nern freandeskreise  von  seinem  gedichte  mitteilung  gemacht  haben  wird. 
Am  22.  märz  1777  schreibt  Brockinann:  „Machen  Sie  doch,  dass  ihr 
Wilder  Jäger  bald  fertig  wird";  und  Bürger  teilt  in  seiner  antwort  vom 
6.  april  1777  die  erste  stropho  seines  gedichtes  mit;  es  war  die  jetzige 
zweite.  Bürger  wolte  also  ui'sprünglioh  mit  den  feierlich -friedlichen 
^en  der  kirchenglocken  eröfnen;  aus  gründen  der  Symmetrie,  die  wir 
igen  müssen,  Hess  er  dem  gellenden  jagdruf  des  hornes  den  vortritt 
:  seine  eigenlieit  verdient  angemerkt  zu  weiilen:  er  tritt  gerne  lär- 
I  auf  die  bühne^. 

Die  allegorischen  gestalten  der  beiden  ritter  gehören  dem  Stoffe 

Sit  wesentlich  an,   tragen  aber  »u  seiner  forniung  bei.    Ihre  gegen- 

lerstfillung   ist  ein   poetisches  element,   dessen  sich  die  phantasie  dos 

Ikes  oft  bedient.     Ich  erinnere  an  die  liimmelstaube  und  das  hollen- 

1  im  deutschen  Volkslied,  wie  an  den  red  und  gray  cock  der  schot- 

balladen.     Der  ruf  der  ereteren   mahnt  zur  rückkehr,   der  der 

reo  bedeutet,   dass  es  zu  spät  ist,     Wie  hier  Warnung  und  reue 

sich    in    den  dramen  Lopas  und  talderons  gewissen    und   ver- 

■ung  in   weissen   und  schwarzen  personen,   in   stimmen  von   rechts 

l  links  gegenüber;  so  der  gute  und  böse  genius  in  Voltaire's  erzäh- 

'  Le  blanc  et  le  nuir.     Hans  Sachs  gibt,   indem   er   auf  die   eine 

I  warner  und  freund,  auf  die  andere  den  Verführer  und  sophi- 

L  ratgebor  stell ,  dem  inneren  kämpfe  seines  beiden  einen  naiven 

)  Fftr  die  balladen  boUarf  ea  keiner  beispielo.  luaa  vgl,  aber  aucb  (Iva  bi^gjnn 

I  Stacke,   t.  b.  Ad  einen  frouad  über  die  deatGche  Ilias  in  Jamben 

.  177S.  4,  s.  46).    Sie  haben  also  für  meine  jambische  Ilias  gcatrittenV    Qot- 

'  Oller  ffigen  ilea  faüuliemachdruclc  (im  november  d.  D.  mus,  1777): 

D  aber  tlocli  mit  dem  t ....  1  zugehen  usw.  wie  auch  im  andereo  orteu. 

34* 


ftusdruck.  A.  W.  Schlegel  lobt  Bürgers  erfindiing,  den  gatea  ood 
den  bÖBen  engel  in  geetalt  zweier  reiter  auftreten  za  lassen;  allein 
Fröhle  hat  schon  auf  eine  sage  aufmerksam  gemacht,  in  der  die  bei- 
den zu  Hackolbergs  Sterbebett  treten  (a.  a.  o.  s.  126).  Vi«I  oiihiv- Ktimt 
aber  zu  Bürgers  gedieht  die  fassung  einer  sage,  die  in  dem  an 
der  Hannoverschen  grenze  gelegenen  <iyrfe  Wndekatb  ensfifait  wW 
(Ad.  Kiihn,  Mürkischc  sagen  und  märchen.  Berlin  1843  nr.  17).  Dw 
Hackeubcrg  war  ein  reicher  edolmaiin,  welcher  die  jagil  tiber  «IIa 
liebte,  so  dass  er  sogar  einmal  des  sontagä  hinaus  in  d«u  wald  tog, 
und  alle  bauem  seiner  gemeinde  zwang  mit  ihm  zu  jagen.  Aber  dts 
ist  ihm  übel  bekommen,  denn  wie  er  nun  so  draussen  umbertobt, 
kommen  plötzlich  zwei  reiter  ihm  an  die  seite  gesprengt,  die  jagen 
gewaltig  mit  ihm  fort  und  jeder  von  beiden  fordert  ihn  auf,  mit  Uun 
zu  zichn.  Der  reiter  zur  rechten  aber  sab  wild  und  grimmig  aus,  „and 
seinem  pferde  sprühten  feuer  und  flammen  aus  nase  und  niaul,  dige- 
gen  sah  der  zur  linken  ruhiger  und  milder  aus:  da  war  denn  dtf 
Hackenberg  schnell  gefasst  und  wante  sich  zu  dem  reiter  zur  rockten; 
darauf  sprengten  sie  fort  und  so  mnss  er  nun  mit  ihm  bis  zum  jüd£- 
sten  tage  jagen".  Burger  weiss  dieses  poetische  element,  das  ihm  nidil 
aus  diesem  Sagenkreise  zugekommen  sein  muss,  künstleriach  ausKubüda; 
sein  verdienst  ist  darum  nicht  geringer,  weil  er  es  nicht  erfunden  bat 
Ob  die  angeführte  erzählung  nicht  von  Bürgeis  gedieht  beoinftusst  iä, 
will  ich  dahingestelt  lassen.  Wir  haben  ein  Zeugnis,  dass  ein  alter 
mann  aus  dem  volke  in  diesem  lezteren  den  sicheren  tieweis  der  wtiuv 
heit  seines  glaubens  an  den  wilden  Jäger  fand  (Strodtm.  IV,  74).  Weldie 
autorität  hatte  Bürgers  gedieht  bei  dem  volke  und  welche  gewalt  üb« 
seine  Vorstellungen!  Und  wenn  wir  immer  diesen  einfluss  auf  jene 
erzälilung  ausdehnen,  so  macheu  wir  die  Wahrnehmung,  dass  das  viilk 
dennoch  bei  seiner  Vorstellung  des  wilden  Jägers  verblieb  und  ihn  nicht 
von  der  höUe  gejagt  werden  Hess.  Ist  aber  jene  erzähluug  utsprUtif^ 
lieh,  so  wird  uns  andererseits  der  Zusammenhang  der  pluintasie  Bfir- 
gera  mit  der  des  Volkes  recht  deutlich. 

Des  pfarrers  tocliter  von  Taubenhain  hält  PrÖhlo  —  es  ut 
seine  unglücklichste  koi^ektur  —  für  ein  gedieht  auf  Bürgers  jugood* 
freundin  Johanna  Margaretlie  XutxbacJi,  von  der  eine  familientnditioo 
encählt,  dass  sie  nach  dem  todo  ilires  vatcrs  von  einem  Asseburg  füf 
führt  worden  war,  und  nach  mehr  als  20  jähren  eines  üiedsamen  tod« 
starb  (a.  a.  o.  s.  l-HÖ  fg.,  ferner:  Ooetiie,  Schiller,  Büi;gor  1689  8.183), 
und  duch  muss  er  selbst  sagen:  Nicht  allein  die  näcbtlichoD 
garten  zu  Tanbenhain  fehlen  in  der  Wirklichkeit,   es  fehlt  aidil. 


Zu  nÜHaKHB  aKDi-;HTEN  53S 

der  pfairer,  der  den  leib  der  tüchter  blutig  schlägt,  sondern  es  fehlt, 
wie  getsagt,  sogar  der  kindesmord!  und  dennoch  ist  die  pfarrerstochter 
Bürgers  Jugendfreundin.  Obgleich  man  femer  von  Pansfelde  den  Fal- 
kenetein  nicht  sehen  kann,  und  Pansfelde  niemals  Taubenhain  hiess, 
erkante  man  dennoch  leicht  (?)  in  Taubenhain  Fansfelde  (a.  a.  o.  s.  133). 
Seine  positiven  beweisgriindö  sind  nicht  besser.  Plätzchen,  wo  kein 
gras  wächst,  kein  tau  und  regen  Mt,  gibt  es  viele  hunderte  in  üeutsch- 
Und.  „Das  Weizenfeld  hinter  dem  garten"  ist  vorbanden,  aber  der 
^.^rten  feh!t!     Und    auch   eine  laube  gibt  es  im  pfsrhause.     Auf  die 

■  «TählungeQ  der  leute,  die  auf  die  volle  walirheit  der  begebenheit  schwö- 
,  darf  man  nicht  zu  grosses  gewicht  legen '. 

Wir  werden  zugeben  können,  dass  im  laufe  der  jähre,   während 

en   sich  Bürger  mit  dem   gedichte    beschäftigte,    die   erinnerung  an 

i  Falkenstein  geweckt  wurde  und  dem  lokale  seiner  boilade  manche 

irbe  verlieh;  der  gegensatz  von  falke  und  taube  erscheint  in  ähnlicher 

feise  auch  im  Volkslied  und  konte  bei  Bürger,  da  zum  mindesten  der 

p-rei^gleich  des  mfidchens  mit  der  taube  in  seinen  quellen  gcläu&g  ist, 

■  leicht  wachgerufen  werden.  Der  ganze  stofF  aber  der  Verführung  und 
Ldes  kindesmordes  ist  litterarischen  Ursprungs.  Erich  Schmidt  hat  sei- 
ksen  ausgangspunkt,  die  entwicklung  und  Wirkung  auf  das  ganze  gei- 
Lfitigo  leben  erörtert  (H.  L.  Wagner  1879  s.  89  fgg.).     Mir  bleibt  einiges 

t  ergUnzen  und  auf  Bürger  zu  beliehen.  Was  das  Volkslied  in  Des 
kinaben  wunderhorn  betriff,  so  sahen  wir  schon,  dass  seine  lyrische 
f  ireise  zu  Bürgers  gedieht  keine  andere  beziehung  hat,  als  eine  verwante 
[' Yolkstümliche  anschauung.    Der  unterschied  der   aktion  ist  zu  gross, 

I  dass  es  eine  zusammenziehung  aus  der  Bürgei'schen  ballade  genant 
Pirerden  kßnte;    slamt  vielleicht  von  liier  der  zug  des  Volksliedes,    dass 

1  blut  des  kiudes  in  dem  bächlein  fliesset?     Wir  begegnen  ähnlichen 

^n  und  bitdem  genug  beim  volke,  z.  b.  dem  vergleich  mit  der  hilf- 
I  taube  in  dem  Hede:  Die  entehrte,  aus  dem  Kuhländchen  [s.  Mei- 

rt,  der  Fyelgie  1817  s.  172]: 


1)  Mir  erzählte  eine  bewoUi 
r  dichter  dieses  dörfohen  in  den 


i!8  Bürgetli&uBes  i 
den  Versen  gepriesen  habe: 
ScbSa  ist  die  Aar, 
Allein  EliGe 


Wulmershauseii ,    dass 


Hauht  sie  mir  aar 
Zum  parodieiiQ. 
jabro  1T71,  wo  Biirgor  Das  döifchen  ans  dorn  franz.  dos  Ifernaril  üliorsezle, 
I  er  uocb  nichts  von  Elise  Hahn,   auch    nichts  von  dem  Alten gleichner  imra- 
s,  —  Leooren  geboren  tu  haben,  streiten  sieh  die  7  dorfer  seines  gerichtsbezirlies. 


534  BOENIO 

's  raet't  dar  Hannsl'  [der  jiinkor]  ai  a'm  schriet 

ar  schos  noch  aner  taube, 

ar  schos  dar  taub  a  faderlain  aus 

onn  lus  se  wieder  flige^ 

Die  verführte  wird  von  ihrem  vater  oder  bi-uder  grausam  geschlagen, 
wie  in  der  bailade :  Graf  Hans  von  Holstein  und  seine  Schwester  Ann- 
christine [Müllenhofe  Sagen  v.  Schleswig-Holst.  Lauenburg  1845  s.  494]: 

Er  schlug  sie  so  sehre,  er  schlug  sie  so  lang, 
Bis  leber  und  lunge  aus  dem  leibe  ihr  sprang. 

[Vgl.  auch  Des  knaben  wunderhom:  Der  pfalzgraf  am  Rhein.]  Die 
grossmut  des  Junkers  hat  auch  ihre  parallele,  im  liede:  Der  ritter  und 
die  magd  [Des  knaben  wunderh.  s.  37]: 

Ich  will  dir  geben  den  reitknecht  mein, 
Dazu  fünfhundert  thaler. 

Dem  Stoffe  begegnet  Bürger  frühe  in  englischen  bailaden;  besonders 
die  schon  genante  seltene  Collection  of  old  ballads  vom  jähre  1723  ist 
reich  an  klagen  verlassener  mädchen,  die  verführt  oder  schon  mit 
einem  kiude  zurückbleiben,  z.  b.  nr.  44  des  1.  bandes  Jockey  and 
Jenny.  Die  schottische  ballade  (1.  band  s.  275):  Benny  Dundee  or 
Jockey 's  deliverance  handelt  von  der  Verführung  der  pfarrerstochter 
von  Dundee.  Ihr  vater  aber  will  Jockey  zur  heirat  zwingen.  The 
Scotch  lass's  lamentation  for  the  loss  of  her  maidenhead  (II,  258) 
schliesst  mit  der  Warnung  an  die  mädchen,  Versprechungen  nicht  zu 
trauen.  Eine  andere  ballade:  The  lovers  tragedy:  or,  the  wronged 
lady's  lamentation  and  untimely  death  (III,  nr.  39)  mit  den  anfangszeilen: 

Sir  William  a  Knight  of  six  thousand  a  Year, 
He  courted  fair  Susan  of  Somersetshire  usw. 

und  ihrer  folge  von  liebe,  Verführung  und  treubruch,  tod  aus  gram 
und  heimsuchung  als  gespenst,  schliesslichem  dahinsiechen  des  Verfüh- 
rers, leitet  uns  in  das  gebiet  des  bänkelsanges,  wo  wir  Hölty's  nach- 
dichtung:  Adelstan  und  Röschen  begegnen.  Hier  fehlt  noch  das  ent- 
scheidende motiv  des  kindesmordes,  das  in  den  produkten  der  stürm - 
und  drangperiode  in  den  Vordergrund  tritt.  Es  herscht  in  allen  dich- 
tungsarten.  Ich  halte  mich  nur  an  Bürger.  Er  ist  der  erste,  der  an 
eine  dramatische  fassung  denkt.  Im  herbste  1773,  nach  dem  grossen 
erfolge  der  Lenore,   inmitten  innerer  krisen,   denen  er  unter  dem  ein- 

1)  S.  dagegen  Uhlands  abbaDdlung  über  die  volksl.   (in  der  neuen  aosg.  bei 
Cotta  8.  282)  und  in  den  anmerkungen  dazu  nr.  221 ,  s.  23(5. 


r  pietistin  Listn  widerstrebend  verfalt,  geht  er  hu  die  ausfiili- 
mes  büi^rlichen  dramas,  in  dorn  alles  angebracht  worden  soll, 
was  die  nnttir  in  schrecken  setzen  kann.  Zur  zeit,  als  ihm  Wagneis 
bindermürderiii,  in  der  er  seine  idee  nicht  ansgedriicit  fand,  nod  die 
Soldaten  von  Lenz,  der  hingegen  nach  Butlers  werten  viele  Situationen 
■US  Beiner  seele  abschrieb,  bckant  wurden,  drängte  sich  ihm  jeder  stotf 
in  die  balladische  form,  und  zur  selben  zeit  fragt  Boie  (27.  septbr. 
1776):  Wie  steht  es  mit  der  ballade,  die  kindermörderin?  Durch  die 
lektQre  der  almanache  und  des  Deutschen  niuseums  wini  er  an  diesen 
tielverarbciteten  stoff  immer  wider  gemahnt;  so  durch  Sprickmanns 
lila  (D,  mus.  febr.  1777),  den  junker  Franz  von  G»eckingk  (Göttinger 
musenalm.  1777),  zwei  gedichte  von  Meissner  (D.  mus.  april  1779:  Lied 
einer  gefallenen,  und  Die  mörderin)  und  eine  erzählung  von  Bchz 
[Buciihottz]  Bettina  im  septemberhefte  des  D.  mus.  1777,  zu  der  Bürger 
die  bemerknng  macht,  sie  wäre  ein  gutes  snjet  zu  einer  ballade  [Strodt- 
nann  II,  146j.  Bettina,  so  beisst  es,  blüht«  in  ihrer  zier,  und  Unschuld 
war  ihr  gut.  Froh  und  frei  lebte  sie  unter  ihren  gespielen.  Sie  war 
Terlobt  mit  einem  jungen  manne  des  dorfes,  der  sich  der  sitte  gemäss 
ftuf  ein  jähr  in  fremdes  land  begab.  „Ach!  noch  verliess  er  sie  keusch, 
nopJl  war  es  das  mädchen  mit  taubentreue*'.  Übers  jähr  ist  Bettin- 
ohen  verführt;  „ein  Wollüstling  aus  der  Stadt  hatte  um  eingang  gewor- 
ben in  ihr  junges  herz,  und  — ".  Sie  slirbt,  ihr  totes  kind  zur  seite. 
„Wir  wollen  sio  mit  dem  jungfernkranz  begraben",  sagt  der  pfarrer. 
Kurze  zeit  <larauf  begegnet  uns  zum  ersten  male  der  name  der  Biirger- 
ichen  ballade;  am  29.  märz  1778  fi-agt  Boie:  Wird  des  pfarrei-a  tocli- 
?on  Tnubenheim  (sie)  nicht  fertig?  (Strodtmann  U,  265). 
Eine  stelle  aus  der  rede  einer  kindermörderin  an  ihre  richter  von 
Btnrz  ist  Bürger  in  den  vortragen  über  deutsehen  stii  an  der  Universität 
a  Götlingen  gegenwärtig;  er  citiert  sie  als  ein  beispiel  von  schönem 
wthos:  0,  verachtet  mich  nicht  nach  meinem  tode,  ihr  ungefallenen! 
j^edenket  meiner,  wenn  ihr  könt,  in  der  slunde  der  leideuschaft,  wenn 
Bas  herz  hoch  aufschwilt  \md  die  zunge  stammelt,  in  der  ein- 
amen  laube,  wenn  ihr  gegen  den  feurigen  mann,  den  ihr  liebt, 
keine  waffe  als  ohnmächtige  trähnen  ßndet  Kettet  dann  euere 
Unschuld,  wenn  euch  ein  gott  tiilft!  ich  rettete  sie  nicht;  und  nun 
ww  der  friede  des  lebens  dahin  .... 

Diese  rhetorik  reicht  au  die  Wirkung  des  poetischen  ausdruckes, 
m  Bürger  für  den  augenblick  der  verfühi'ung  gefunden,  liinan  und 
lenso  im  folgenden,  wo  bei  beiden  die  verzweiflungsvolle  tat  im  wahn- 
jmi    begangen   erscheint.     „Eent  ihr    den    zustand  eines  gebärenden 


geschändeten  weibes?  wenn  immer  wachsende  fliartcr  wütet  und  IioT- 
nungstose  Verzweiflung  zugleich,  ist  dann  licht  im  Teratande; 
handle  ich  frei  auf  der  fnlter  der  natur  und  des  gewissens?  0,  Mh 
tegt  du  nicht,  pfand  des  Unglücks!  i-ief  es  tief  ans  meiner  aad«. 
0  schopfpr  nimm  es  hin,  dies  unschuldige  kind !  ...  Und  so  erwttisb! 
ich  mein  kind"  (Bürgers  lehrbuch  des  deutst^'licn  stitcs,  Berlin  18S0 
s.  464).  Auch  vor  dem  richter  von  Altengleichen  stand  im  Januar  1781 
eine  kindesmörderin,  die  zwar  so  flammende  worte  nicht  fand,  dercs 
Jammer  aber  groas  und  eindringlich  genug  war,  Uüiitsm  die  vollenduop 
seiner  ballade  nahe  zu  legen.  Die  inquisition  wider  Catharine  Elisabeth 
Grdmann  von  Bonniehausen  ist  nicht  nur  legal,  sündoni  auch  buiuan 
geführt.  Freilich  stand  Bürger  die  entscheidung  Über  ihr  Schicksal  nicht 
zu,  es  ist  uns  auch  nicht  bekant.  Aber  Bürger  vermutete  wol  mit 
recht,  dass  die  kindesmorderin  „ubngeachtet  der  clirist-münscbcntreund- 
liehen  luft,  die  alleweile  über  den  erdboden  weht,  dennoch  mit  dem 
Schwerte  vom  leben  zum  tude  gebracht  und  ihr  körper  auf  diu  nd 
geflochten  werden  dürfte*  (an  Phil.  Gatterer,  18.  jan.  1781). 

Der  process,  der  4f>  aktenstücke  mit  250  Seiten  fält,  hat  nwt> 
cherlei  be^ehungen  zu  unserom  gedichte.  Zwar  wird  in  den  meistai 
f^len  die  täterin  in  augeiiblii'klicher  eiugebung  und  ohne  sich  reoiwn- 
schaft  zu  geben,  handeln,  nm  später  tiefe  reue  zu  empfinden;  genug 
daran,  dass  es  auch  hier  so  geschah  und  der  dichter  diesen  unmittd- 
baren  eindruck  empfieng.  Da3  kiud  wurde  auf  der  scbwcllu  des  hau- 
ees  in  der  winternacht  geboren  und  in  derselben  minute  von  seiner 
mutter  in  die  wenige  schritte  entfernt  fliessende  Garte  gewortcn.  Kauin 
dass  ihr  vater,  der  oben  ein  kind  schreien  hüi-te,  zum  feuster  hinan»- 
sah,  war  sie  zurück.  Sie  läiiguet  und  weigert  sich,  trotz  der  Lautm 
drohungen  und  scbeltreden  des  alten,  sich  der  mutter  zu  zeigen.  Als 
der  amtmann  am  frühen  morgen  des  6.  Januar  der  firdmanniscbon  wob- 
nung  sich  näherte,  vernahm  er  schon  von  aussen,  „wie  gar  boftig 
dieser  Erdniann,  welcher  an  sich  ein  ungestümer,  dem  brantwein- 
trunke  ziemlich  ergebener  mann  sein  soll,  ...  mit  scholtredisn  auf 
seine  tochter  lostobte.  Sie  selbst  sass  weinend  liinter  dem  ob» 
und  dem  gütigen  zureden  Bürgers  gelingt  es,  sie  zum  geständnis  ku 
bringen.  Als  beweggrund  ihrer  tat  gibt  sie  furcht  vor  dem  vater  an, 
der  von  allen  seilen  als  überaus  gewalttätig  geschildert  wird.  Es  liegt 
nahe,  ilin  zu  dem  harten  und  zornigen  manne,  dem  vater  Ittisettciis, 
in  beziehung  zu  setzen,  obgleich  der  betrunkene  scfaustcr  von  Bennie- 
hausen  sein  kind  so  roh  nicht  behandelt  wie  der  pfamir  von  TaobM- 
hain.     Die  Situation  der  gebürondun  iüt  ähnlicii:  in  der  wintemaoW'. 


dem  räterlicheti  hause,  uod  im  freien.  Die  unscbiild  Rosettens  wird 
in  der  Wirklichkeit  grnusam  als  dumheit  gekenzeichnet  Auch  hier  ist 
der  Verführer  mit  Versprechungen  nicht  sparsam  gewesen.  Das  mädchea 
ist  voll  reue,  als  Bürger  drei  wochen  später  mit  einer  feierlichen, 
smstUchon  und  doch  sanftmütigen  rede  das  verliör  erijfnet  Die  lange 
VäUrende  beschäfUgung  mit  diesem  taile,  der  anblick  des  tatortes,  der 
Blutspuren,  aller  beteiligten  porsonen  und  umstände  förderten  seinen 
ilten  plan  zur  reife. 

An  intimeren  erlebnissen  dürfen  wir  nicht  vorbeigehen.  Ich 
Kgnüge  mich  mit  einem  citat  aus  dem  briefo  Ooeckingks  vom  13.  okto- 
■  1777,  der  eben  vom  besuche  Bürgers  zurückkam  und  bedauerte, 
mf  der  Niedeck  sich  niclit  besser  umgesehen  zu  haben:  „Meine  frauens- 
jute  haben  nicht  ein  mal  den  garten  und  die  stelle  gesehen,  wo  der 
mtmann  Bürger  —  —  und  dabei  hätte  sich  doch  jeder  so  viel  ange- 
lehmes  denken  können!"  Gocckingk  wüste  sehr  wol,  dass  Bürgers 
Drätos  kind  ein  halbes  jähr  nach  der  hochzeit  ziu'  weit  kam. 

Dem  stofib,  der  durch  innere  und  äussere  erfahrung  gewonnen 
liegt  keine  sage  zu  gründe.  Das  ist  das  wesentliche  der  volks- 
tümlichen behandlung,  die  der  stofF  durch  Bürger  eifährt,  dass  die 
Büge  daian  geknüpft  wird.  Der  dichter  stell  uns  ein  ereignis  aus  dem 
leben,  das  heute  ebenso  gut  geschehen  kann  wie  morgen,  als  längst 
'Vergangen  und  vom  sagenbildenden  sinne  des  volkes  bereit-^*  aufgenom- 
■men  dar.  Von  dieser  Popularisierung  im  ganzen  sind  die  mittel  volks- 
tümlicher dnrstellung  des  einzelnen  zu  untenscheiden ,  die  Bürger  .aus 
^dem,  Sprichwörtern  und  anderen  ausfierungen  der  volksphantasie 
f[ewint 

Dies  sind  die  beinerkungan,  die  ich  zu  den  bailaden  zu  machen 
'batte.  Tolständigkeit  und  Zusammenhang  wird  man  da  nicht  suchen, 
wo  es  sich  nur  um  ergänzungen  und  zusatze  zu  den  arbeiten  zahl- 
feicher  Vorgänger  handelt 

VI.    Machlicht  von  priaplsvhcti  gedlchten. 

Bürger  wehrte  sich  bekantlich  in  späteren  jähren  gegen  die  zh- 
iIQUtang,  an  dem  priapischen  wetstreite  teilgenommen  zu  haben.  Indes- 
iBen  wird  man  sich  nicht  wundern,  wenn  sich  wirklich  anzeichen  einer 
tolchen  beschäftigung  finden. 

In  einer  angesehenen  Gelliehausener  familie  erhielt  sich  bis  vor 
reo  jahreil  ein  heft  mit  30  seiten  in  8",   in  welchem  gedichte  von 
Mbigers  hand  veraeiclmet  waren.    Sein  name  war  nebst  einer  bemer- 


538  HOKNXO 

kuDg  von  iremder  band  dazu  geschrieben.  Yon  sehr  vertraaeDSwär- 
diger  seite  wurden  mir,  da  das  heft  vernichtet  ist,  einige  angaben 
gemacht  Einzelne  gedichte  waren  überschrieben,  z.  b.  das  erste:  „Mein 
ideal*';  andere:  „Der  wechselgesang  in  der  schäferstunde;  Amor  und 
Psyche;  An  Rosette''  u.  a.  Ein  gedieht,  das  sich  in  der  erinnerung 
ziemlich  erhalten  hat,  stelt  uns  eine  unflätige  götterparodie  dar.  Die 
dreihobigkeit  des  verses  gibt  den  romanzenartigen  leierton  an. 

Es  handelt  sich  für  uns  um  die  zeit  der  entstehung  dieser  Ter- 
suche.  Sind  sie  auch  nicht  in  späteren  jähren  gedichtet,  so  ist  doch 
die  Sorgfalt,  die  Bürger  diesen  höchst  unsauberen  produkten  durch  sam- 
lung  und  reinschrift  und  durch  die  darbietung  als  geschenk  an  seine 
freunde,  zugewendet  hat,  ein  zeugnis  mehr  für  die  haltlosigkeit  seines 
poetischen  Charakters.  Sind  sie  (wie  ich  annehme),  in  den  ersten  jäh- 
ren seines  aufenthaltes  in  Gelliehausen  gedichtet,  so  bilden  sie  ein 
kräftiges  gegengewicht  gegen  das  neue  und  unbefleckte  harfenspiel,  das 
er  im  dienste  der  frau  Listn  schlug.  Vielleicht  sind  es  „adlerpossen^, 
die  der  adler  in  den  felsritzen  der  alten  Gleichen  mit  seinen  brüdem 
im  Göttinger  haine,  die  auch  nicht  immer  im  sonnenmeere  steuerten, 
trieb,  und  an  deren  erinnerung  noch  sich  die  genossen  gütlich  taten! 

YII.   Redaktion  des  GQttingcr  mnsenalmanaehs. 

Schon  Weltmann  in  seiner  biographischen  skizze  in  den  Zeit- 
genossen (2.  bd.,  2.  abt.  s.  99  fgg.)  hat  Bürgers  verfahren  als  herausgeber 
richtig  dargostelt.  Er  bemerkt,  dass  Bürger  mit  besonderer  verliebe 
die  gedichte  seiner  (so  sehr  gohasston)  nachahmer,  zu  denen  ja  auch 
Weltmann  gehörte,  aufnahm  und  so  lange  daran  hämmerte  und  puzte, 
bis  sie  ihm  selbst  nicht  übel  schienen.  Schliesslich  trug  der  ganze 
almanach  sein  gosicht.  Wie  gewaltsam  er  mit  den  produkten  seiner 
mitarbeiter  verfuhr,  hat  Sauer  gezeigt,  indem  er  die  von  Bürger  bezeich- 
neten gedichte. dos  ersten  vi>n  ihm  besorgten  almanachs  seiner  ausgäbe 
ansi^hloss.  Die  Bürgei-schen  zutaten  und  änderungen  aus  dem  ganzen 
herauszuheben,  ist  oft  unmöglich,  da  sie  spräche,  vers  und  reim  betref- 
fen. Auch  lässt  die  Sorgfalt  der  ersten  zeit  merklich  nach.  In  den 
folgenden  stücken  aus  dt m  almanach  von  1780,  die  nachweislich  durch 
seine  feile  gegangen  sind,  wird  man  Bürger  wol  erkennen.  In  der 
3.  Strophe  des  gedichtes  Lydia  (vv>n  Meyer): 

Mich  erstii*ken  wut  und  räche! 
Hai  wie  mir  der  busen  sohwilt! 
Eh  ich  seiner  mich  erbanne  —  — 


Sieb,  er  stürzt  ihr  in  die  arme: 
Mir  geschehe,  wio  du  wilt 
3ie  lebhaftigkeit  des  ausdruckes,  die  durch  interjectionen,  unter- 
breohungen  uud  besonders  durch  den  unterschied  von  den  früheren 
Strophen  verstärkt  ist,  wie  die  alte  sprachforni  an  den  meister.  Kudy- 
mion,  nach  demTassoni,  auf  s.  120  desselben  almauachs  hat  nach  Bür- 
gers eigenen  werten  ihm  viel  zu  danken.  In  der  tat  ist  die  12.  stropbe 
Bürgeriseh  im  besten  sinne  des  wortcs.  Ein  hauiig  gebrauchtes  bild 
kehrt  wider,  dem  auch  wir  schon  begegneten: 

Rund  um  den  stamm  der  hohen  ulme  stricket 
So  brünstig  ihre  ranken  nicht  die  i-ebe; 
Tief  in  der  flehte  grünen  busen  drücket 
Dei'  epheu  nicht  so  innig  sein  gewebe; 
ats  innig  sich  die  liebenden  umfangen, 
Als  wollustvoU  sich  arm  in  arm  verstricket, 
Als  brünstig  busen  sich  an  busen  drücket, 
Und  lippen  sUssberauecht  an  lippen  hangen. 
Neben  gedichten,  die  ein  formlicher  abktiitsch  seiner  eigenen  sind, 
nimt  er  willig  verzückte  Schmeicheleien  auf^.  In  der  fehde  gegen 
Schiller  treten  Schlegel  und  Bouterweck  ihm  als  knappen  zur  seite. 
Übrigens  hat  Bürger  auch  seine  liebe  not  mit  den  versballadenkrämem, 
und  er  persifliert  sie  ganz  hübsch  in  knittelversen ,  die  wie  eine  andere 
.gereimte  epistel  vom  21.  november  1779  an  Philippine  Gatterer  in  einer 
kflnftigen  ausgäbe  seiner  gedichte  nicht  fohlen  werden  (Conservative 
.monatsschr.  46,  s.  79). 

Anhang:  BHrgitrs  reden  in  dor  log«. 

Die  gute  eines  verehrten  Göttinger  gönners,  der  hier  meinen 
geziemenden  dank  entgegennehmen  möge,  sezt  mich  in  den  stand,  Bür- 
,gers  tiitigkeit  in  der  frei  mau  rerloge  zum  goldenen  zirkel  in  Göttingen 
kurz  zu  skizzieren.  Am  3.  märz  1775  in  den  bund  aufgenommen,  am 
\3.  joni  1776  in  den  2.,  und  am  1.  aov,  1770  in  den  3.  grad  belfir- 
dert,  gelangte  er  bald  zum  rodneramte,  das  er  vom  2.  februar  1777 
mit  einer  dreijährigen  Unterbrechung  (1783  —  86)  bis  zur  Schliessung 
der  lüge  nm  5.  novbr.  1793  inne  liatto.  In  seiner  antritsrede  wählte 
zum  thema  die  feier  des  Stiftungsfestes,    ^och  fünfmal  sprach  er  im 


I)  Einem  gowisspti  Bührer  ist  Bürger  (Ahn,  1702  s.  211)  der 
„Mit  dps  Weissesten  liungara  gier  vcrechlungne " 
fiebliugaliarfuer. 


540  BRAKKT 

ersten  jähre  seiner  würde;  auch  hier  liess  später  sein  eifer  nach.  Am 
16.  april  über  die  erhabenen  pflichten  der  redner  in  den  logen;  am 
4.  juni  über  das  betragen  der  freimaurer  gegen  fremde  und  unterein- 
ander; am  24.  juni  das  Lied  vom  braven  manne;  am  20.  august  über 
die  notwendigkeit  und  den  nutzen  der  maurerischen  verschwi^enheit 
Die  gegenstände  der  reden  vjom  20.  november  und  vom  8.  februar  des 
folgenden  jahres  sind  uns  nicht  bekant.  Am  11.  november  1778  sprach 
er  über  die  einigkeit;  am  24.  juni  1779  über  die  freude  und  die  bedeu- 
tung  des  Johannisfestes.  Bei  derselben  gelegenheit  hielt  er  1780  und 
dann  erst  wider  1787  die  festrede.  Die  drei  lezten  reden  sind  bekant: 
den  3.  febr.  1788  über  die  Zufriedenheit,  den  1.  febr.  1791  über  den 
moralischen  mut  und  am  5.  febr.  1793  über  freiheit  und  gleichheit  — 
Am  24.  juni  1877  fand  in  der  löge  zu  Göttingen  die  gedächtnisfeier 
des  Liedes  vom  braven  manne  statt. 

WELLEN   IN   BOnHEN,   IM   JULI    1893.  B.   HOENIG. 


VULGÄENAMEN  DER  EULE. 

Der  deutsche  Volksglaube  hat  sich  von  jeher  mit  der  eule  sehr 
viel  zu  schafTen  gemacht.  Was  ist  diesem  vogel  nicht  alles  schon 
angedichtet  worden!  Wie  viele  seltsame  fabeln  laufen  nicht  über  ihn 
von  mund  zu  mund!  unter  solchen  umständen  ist  es  begreiflich,  dass 
man  im  Sprachschätze  unseres  volkes  eine  bedeutende  anzahl  von  bei- 
und  vulgämamen  dieses  tieres  antrifl;,  die  bald  geringere,  bald  weitere 
Verbreitung  gefunden  haben,  und  von  denen  ein  teil  die  gattung  ken- 
zeichnet, der  andere  auf  die  verschiedenen  arten  dieser  interessanten 
vogelfamilie  sich  bezieht  Was  ich  in  dieser  hinsieht  aus  dem  volks- 
munde  vernommen  und  bei  der  lektüre  aufgefunden  habe,  sei  an  die- 
ser stelle  mitgeteilt. 

A.   Namen,  die  sich  auf  die  ganze  gattnng  beziehen. 

Die  eule  nent  man  klag,  die  klage,  die  klagfrau,  die  klage- 
mutter,  die  weheklage,  die  leich,  das  leichenhähnchen,  die 
leicheule,  die  toteneule,  den  totonvogel,  den  leichenvogel,  das 
loichhuhn  (Herm.  Hartmann,  Bilder  aus  Westfalen,  s.  128),  die 
nachtoulo.  Konr.  v.  Megenberg  (Pfeiffers  ausgäbe  173)  bezeichnet 
sie  mit  auf  und  hau\  In  Bayern  hört  man  hu  eule,  hu  eil  (Panzers 
Beiträge  11,  170.  172).    Eule  bedeutet  aber  noch  andere  wesen,  so  dwi 


Bgel,  blutegel,  woher  dann  die  naroen  bluteule,  pferdseule  stsm- 
leu  (Frischbier,  Preuss.  wtb.  I,  178);  auch  bezeichnet  das  woä  einige 
:hmetterUnge ,  wie  die  bomposita  gold-,  gninma-,  saat-,  bartoffel-, 
ohl-,  kiefer-,  pfeil-,  haseu-  und  psieule  dartiin.  Das  platte  ul 
edeutet  den  nachtschmetterling  (Friachbier  a.  a.  o.  und  Schiller  und 
.übhen  VI,  286). 

Colems  gibt  in  seinem  Calendario  oeconomico  {Wittenberg,  1603) 
bebet  den  ganz  bekanten  formen  wie  nl,  eiil  u.  dgl.  noch  die  namen 
echufut,  schufaus,  schuffeule  an. 

Im  geisterglaiiben  unseres  volkes  gelten  die  eulen  als  verzauberte 
tond  verwünschte  menschen.  Das  ahd.  hohnma,  hohmvja  bedeutet 
einen  vogel,  der  im  walde  miüiend  vernommen  wird,  woraus  später 
der  ausdrack  klagemuhme  für  eule  entstanden  ist  Grimm,  Myth.' 
950.  In  dieser  hinsieht  ist  auch  eine  bemerkung  W.  Slannhardts 
(Germ.  myth.  198)  von  interesse:  „holxmuoja  übersezt  in  ahd.  glosson 
die  eule,  was  auf  einen  Zusammenhang  dieses  tod-  und  unheiWerkün- 
len  Vogels  mit  den  riesinnen  deutet  Skrikia,  die  schreierin, 
vird  unter  den  namen  der  riesinnen  aufgezahlt  und  widenim  heisst 
aereeehowl  die  toteneule". 

Am  Lechrain  fuhren  eule  und  käuzel  den  bezeichnenden  namen 
holzweibl.  „Wenn  sie  schreien,  muss  eines  sterben;  sie  sind  arg 
hiechen;  aber  vom  holzweibl  der  eule  bis  zum  holzweibl  dem 
nnhold  ist  wenig  oder  kein  unterschied.  In  der  eule  denkt  man  sich 
meist  nur  den  unhold,  der  jezt  gerade  die  gestalt  dieses  wilden  vogels 
angenommen  bat".    {Leuprechting ,  Aus  dem  Lechrain  s.  82.) 

Die  eulen  gelten  auch  als  verzauberte  hexen.  Ein  name,  der 
das  bestätigt,  ist  die  heuelschneiderin  (Rochholz,  Sagen  £1,  165); 
weist  auf  die  nacbteule  und  zugleich  auf  ein  weib  mit  zerzausten 
faaaren.  —  Das  bewegte  abergläubische  gemilt  des  menschen  glaubte 
im  geschrei  dieser  vögel  die  werte;  „komm  mit!  geh  mit!"  zu  venieh- 
men,  daher  das  kommitchen,  der  gehmitvugcl  als  eulennamen. 

In  Siebenbürgen  ist  die  eule  neben  dem  hunde  der  gefürchtetste 
todesbote.  In  Bekokten  heisst  sie  daher  der  totenvogel,  in  Tartlau 
der  Sterbevogel,  in  Bulkesch  der  leichenvogel,  an  anderen  orten 
auch  der  tschuwik  (Zur  Volkskunde  der  Siebenbürger  Sachsen  8.293), 
ein  name  der  an  tscbuk  gemahnt,  wie  nämlich  dieser  vogel  in  Käm- 
teo  and  Krain  genant  wird,  wo  sich  bereits  der  germanische  mit  dem 
isloveniscben  volkemund  berührt,  Hermann  Rollet  nont  die  eule  das 
exen-,   zauber-  und   nacbttier   (Blatter  des  veiwins  f.  landeskunde 


642  BBAinnr 

V,  Niederöstr.  1877,  s.  66).  Im  Strassburger  vogelbuche  vom  j.  1554 
erscheinen  die  namen  waldeul,  nachteuien,  kirch-  und  ohreulen. 
(Ernst  Martin,  Jahrb.  f.  geschichte,  spräche  u.  litt  in  Elsass  Lothiin* 
gen  IV,  54.) 

Die  dem  wütenden  beere  vorauffliegende  eule  hat  auch  verschie- 
dene landschaftliche  namen.  In  Schwaben  heisst  sie  tutosel,  tntur- 
sel,  tutarschel  (Meier,  Schwäbsch.  sag.  s.  34).  Die  Tiroler  nennen 
sie  den  vugel  vom  Röschner  (J.  V.  Zingerle,  Schildereien  II,  72) 
eine  bezeichnung,  die  auch  mit  der  wilden  jagd  zusammenhängt  Rösch- 
ner bedeutet  so  viel  wie  f uhrmann,  rossknecht,  und  wagen  und  wagen- 
lenker  erscheinen  ja  auch  im  gefolge  dieses  abenteuerlichen  zuges.  Auf 
ist  niederösterr.  eulenname;  das  zeigt  der  volksreim  aus  dem  wald- 
viertel : 

Wan  der  Auf  jugaixt  toid  der  Eulin g  schreit, 
So  is  da  Teufl  a  uet  tvdt 

(Jahresber.  des  Kremser  gymn.  v.  j.  1869,  s.  29).  Bim  Heuel,  bim 
Aveheuel!  beteuert  man  in  der  Schweiz,  und  dieser  heuel ^  dieser 
nachtkauz,  hat  mannshohe,  tellcrgrosse  feueraugen  und  zwei  federbüschel 
am  köpfe,  die  gleich  feurigen  hörnern  starren.  Er  geht  des  nachts 
horchend  an  den  häusem,  um  böse  kinder  abzufangen.  (E.  L.  Roch- 
holz, Der  deutsche  aufsatz  s.  206.)  Im  Baselland  heisst  eine  der  eulen 
Phuluss  (Ders.,  Schweiz,  sagen  II,  165).  Die  bewohner  von  Wolf- 
passing  und  Greifenstein  a.  d.  Donau  in  Niederösterreich  nennen  die 
eule  die  nachtfledermaus  und  das  eigentliche  flattertier  kurzweg 
fledermaus.  Als  nachtgespenst  erscheint  die  eule  in  einer  von  Les- 
sings  fabeln  (I,  101,  ausgb.  v.  Laehmann);  in  einer  der  Daniel  Holz- 
mannisehen  (A.  6.  Meissner,  Leipz.  1782,  s.  16)  wird  sie  diebische 
nachteule  und  bösewicht  gescholten.  Der  schwarze  erdteil  erblickt 
in  der  eulo  gar  das  kannibalische.  Die  bewohner  von  Dahome  heissen 
sie  axa-chi\  und  das  ist  so  viel  als  kannibale,  der  die  feinde  tötet 
und  verzehrt  (Dr.  L.  Hopf,  Tierorakel  und  orakeltiere,  s.  108). 

B.  Namen,  die  sieh  aaf  die  arten  der  enlen  beziehen. 

a)  Namen  des  uhu. 

Die  gri>sste  der  eulen  ist  der  uhu,  die  grosse  ohrcule,  der 
repräsentant  der  houleulen,  der  monarch  der  eulen  (s.Lichtwers 
feboK  der  uhu  und  die  len*hen),  der  grossherzog,  weil  er  nach  Aristo- 
teles die  Wachteln  auf  ihrer  reise  im  herbst  begleitet  oder  gar  anführen 


Gewöhnlich  gilt  die  Wiesenralle  als  die  antuhrerin  der  wachtein, 
ihr  namo  wachtelkÖDig.     (Ctyi  Pliaü  Bücher  und  Schriften,  Frank- 


furt 1600.)  Der  uhu  ist  der  verdriessiiche  und  ärgerliche  ktioig 
der  nacht  (Töchteralbum  d.  Th.  v.  Gumpert,  jnhrg.  35,  s.  36),  der  rau- 
her, der  dem  jagdrecht  zu  überantworten  ist  (Herr  v.  FrauenfeM  in  den 
blättern  des  Vereins  für  landüskuude  von  Niederösterreich  IV,  89),  der 
Bchuhu  (Foret-,  fischer-  und  jagdloxikon,  s.  643),  der  huhu  (Monogm- 
phie  des  scblosses  Hemstein  in  Niederöstorr.  I,  083),  der  a-uhl  (in  Franz 
Höfers  manuBcript  der  volksnamen  von  den  in  Niederösterreich  vorkom- 
inendeu  tieren),  die  adlereule  (bei  Nemnich,  wo  sich  auch  eine 
^ostie  anzahl  fremdländischer  beinameu  findet).  Die  Steirer  kennen 
den  uha  als  buhalm,  buhvügel  (im  Mürz-  und  Ennsthal),  habergaie 
[zu  Kottenniann),  wildejaid  (in  Admont),  und  als  auf  und  stockuuf 
(Stef.  V,  Washington  im  X.  bd.  d.  Mitt.  des  oruith,  Vereins  in  Wien). 
}n  Hans  Sachsens  schwank  „Das  regiment  der  anderthalb  hundert  vögel" 
t  es:  Der  auff  war  thorwart  httt  der  thür  (Bibl.  d.  littr.  vem. 
CV,  280,  V.  31),  worunter  auch  der  uhu  zu  verstehen  ist  Er  ist  auch 
als  buuchhahn    (M.  Höfers   wörtb.  I,   125),    in   Schlesien    als  puhuy, 

erghu,  huhu,  puhu  (Ornithl.  jahrb.  1891,  s.  53),  als  horneule 
(Grimm,  Wh.  IV',  sp.  1825),  als  schubuteule,  berghu,  huhay  (Jac. 
Th.  Klein,  Verbesserte  u.  volst  historie  der  vögel  1760,  s.  53),  als  huw, 
hlirn  und  berghuw  (Oessners  Tierbueh,  Frankfurt  MDC,  s.  338),  als 
buhin  und  gorhin  (J.  V,  Zingerle,  Sitten  s.  78),  als  heuel,  schu- 
derheuel  und  puvugel  (Waekemagels  Voces  var.  animantium,  s.  24) 
tekant.  In  der  Schweiz  gilt  er  noch  als  huivoge!,  zu  Werdenberg 
als  faulenz,  im  Appenzell  als  steineuSe,  im  Luzemischen  als  Stein- 
kauz und  puivogel,  in  Bera  als  guutz,  in  Bünden  als  huher 
iTschudi,  Das  tierleben  der  Alpenwelt,  s.  179)  und  überdies  wird  er 
noch  autgefasst  als  ein  dieb  (Hoffmann  v.  Fallersieben,  Kinderlieder, 
Berlin  1877,  s.  187),  als  gesell,  den  kein  vogel  mag  (Voces  var.  anim. 
8.  120),  als  ein  öffentlicher  sünder  (v.  Megenberg  a.  173),  ein  armer 

'icht  (Prakt,  wegweißer  Wien,  152),  In  vater  Gieims  launigen  fabeln 
ißt  er  einmal  ein  spöttischer  philosoph,  ein  andermal  eiu  arra- 
seligor  denber  nnd  kuustrichter.  Die  mfichtige  kokokoho,  eine 
enle  der  neuen  weit,  dürfte  auch  nichts  anders  sein  als  eine  uhuart 
jMSrchen  und  sagen  der  nordameiikanischen  Indianer,  Karl  Knortz, 
L  197).  Boikusch  ist  ein  tartarischer  und  lonron  ein  talyscher  eulen- 
Dune,  womit  der  uha  bezeichnet  wird.  lu  deutscher  spräche  bedeuten 
diese  nanien:  unglücklicher,  familienloser,  armer  (G.  Radde,  Ans  Titlis 

l  rV.  jahi'g.  der  Ornis  s.  431). 


b)  Namen  des  kleinen  ahn. 
Der  kleine  uliii  (otus  vulgaris)  erfreut  sich  aueh  einer  niunj 
beinamen.     Zum   unterschiede    vom   grossen   uhu   nent  man 
gemeine,    dip  mitlere,    die    kleine   ohreule,    den   ohrkau^ 
bcirneule,  die  hörncroule  (DWb.  IV*  1823),  den  kleinen  scfl 
den  waldnaf,  die  Waldohreule.     Bei  Richard  Müller  (Die  kena^ 
der  vögol  8.  29)  begegnen  die  nainen:    fachs-,  knapp-  und  '. 
horneiile;   hei  Klein  a.  a.  o.:    kleiner  schubut,  rotgelber  | 
but;    bei  freiherrn   von  Washington    a.  a.  o,t    stockeile,    eilk 
kleiner  buhn,  kleiner  auf;  bei  Nemnich:  katzen-,  uhr-  und  i 
oule.    In  Tirol  heisst  dieser  vogel  die  habergois  (.1.  N.  v.  Alpenß 
Uytben,  s.  385).    Man  schildert  da  die  habergeis  als  ein  wosen,  wel- 
ches  halb  vogel   und   halb  geis   ist.     Das   nachahmen    ihres   ge^n 
straft  sie.    (Tgl.  Ztschr.  f.  d.  d.  mytb,  I,  236.)  —    Die  federbü*    ~ 
den  obren  sind  Ursache,    doss  mau  den  kleinen  uhu  ancb  kirnlj 
heisst,  wobei  kirnt)  so  viel  aia  hörn  besagen  will.     Was  den  i 
stockeule  anlangt,  so  Endet  sich  der  bereits  bei  Haus  Sachs. 
redet  er  von  den  furchtsamen  stock-ewlcn;  ein  andermal  meldt 
Des  stutid  die  schlat/reul  mit  schäm, 
Die  stockeivl  thet  sich  auek  sehr  mewlen. 

(A.  a.  0.  2:58.  284.) 


c)  Die  namcn  der  waldohreulo. 
Die  Waldohreule  («yrnium  aluco,  L.)  führt  die  namen:  waldH 
gemeiner  kauz,  bubu,  wilder  Jäger  (H.  sUcbs.  jahreeb.  «.  39)^0 
grosse  waldkauz  (Bitler  v.  Tschudis  Omtb.  jabrb.  I,  222),  b« 
kauz,  grosse  baumeule,  knarr-  and  schuarcheule,  nachtl 
brand-  und  knappeule,  gemeiner  auf,  stockauf.  Als  gei^ 
eule  zälUt  sie  J.  Baumanns  Naturgcsch.  s.  480'  auf  Die  rotbid 
Spielarten  sind  es,  die  mau  als  braud-  oder  fuchseulen  bezcnel 
(Schmarda,  Zoologie  II,  561).  Die  Waldohreule  ist  der  eitkoder  and 
glurvogel  der  Steirer.  In  Schlesien  kent  man  diesen  vogel  untor  des 
namen  grau-,  puscbeule,  niilcbsauger,  ktndcrraelker  (On 
Jahrb.  II,  s.  53),  und  Dombrowekis  Encyclop.  Y,  410  unter  waldkK^ 
katzenetile,  kalzenkupf.  Im  Olarnerlande  heisst  diese  eule  i 
gerli  oder  wigesser,  im  Leberberg  wiggle  (Der  UrogsStti  ani 
Leherhei^  s.  124),  wiggli  |E.  L,  Rochbolz,  Alm.  kiudei^cl  s,  7fl 
noch  andere  Schweizernamen  sind:  hanri,  huri,  tschotlQreiU'l 
Rochbniz,  Schweiz,  sag.  11,  MiTi).    Von  den  ntunen,  die  ] 


Dm.    KX!UC  546 

immengeetelt  hat,  seien  angeführt:  brauna  eulo,  rote  oule,  grau- 
qId,  graue   waldeiile,  grauo   buscheule,    mauseule,   grabeule, 
schealo,  weale,  hurrn,  uaehtrapp,  nachtram,  nahram. 

d)  Die  numen  des  steiiikaiizes. 
Der  Bteinkaaz  (Ätiiene  noctua)  heiset  auch  steinauf,  steineule, 
bscheiilo  {Christoph  V.  Heüwigs,  lOOjährig.  haus-kalonder  f.  d,  j.  1807, 
,  158),  wiehtel  (bisonders  in  Wien  und  Niederösterr.  sehr  geläufig, 
,  TA.  Blaas,  Oerm.  XX,  353),  im  Sti-assburger  vogelbncbe  kautü, 
Jugen,  Wald-  und  steinkutzen.  Andere  weitverbreitete  namen  die- 
vogels  sind:  kauz  schlechtweg,  dann  käutzl,  grosser  kanz. 
Dtenvogel,  ieichhiihn,  leichkauz,  haborgeiss  (um  Ädmont  in 
teiermark).  Washington  a.  a.  o.  erztUilt  vom  unbeimtichcn  geschrei 
'ogels:  Bei  den  bäiierinnen  ist  es  brauch,  um  sich  gegen  den 
inheilverkündendeii  ruf  der  habergeiss  zu  schützen,  ein  gericht  aus 
Rfermehl,  sog.  hafer-  (oder  habor-)  talken  zn  bereiten.  Diese  opfei^ 
ftbe  stellen  sie  vor  die  bausfliir  und  bringen  damit,  wie  sie  versichern, 
1  unhold  zum  schweigen. 

In   Sachsen   ist  der  Steinkauz  der  gehmitvogel,   dos   komrait- 
rhen,  in  Schlesien  das  leichenhubn,  der  totenvogel,  die  tudeule, 
ie  haus-  und  stockeule  und  die  wehklage  (Ornith.  jahrb.  II,  s.  53), 
Schmardas   Zoologie  11,  561    das   steinkäuzchen,   der   minerva- 
ogel.     Konrad  v.  Megenberg  meint  mit  den  namen  wutsch,  eäu- 
zitrmr,   zandklaffer,  nähtleich  und  amerinch  gewiss  auch 
wu  vogel.    Die  bewohner  UähreuB  nennen  ihn  kuliaek,    weil  sein 
f  so  ähnlich  klingt 

Die  namen  fausthöberl,  hugerl  bezieht  M.  Höfer  (Etym.  wb. 
I  74)  auf  die  kurze,  dicke  oder  gedrungene  gestalt  dieses  vogels,  — 
riageule,  kiagvogel  heisst  diese  eiile  bei  Dombrowski  (Encycl. 
,  438),  Würgengel  im  Forst-,  tisch-  und  jagdlesikou  I,  654  uud 
ller  wihrscheinliclikeit  nach  ist  auch  die  tudail  des  Kuhländchens 
jer  vogel.  (Mitt  d.  omith.  ver,  jahrg.  1889  nr.  4.)  Klein  a.  a.  o, 
int  diese  eule  als  stock-,  haus-,  kleino  wald-  und  als  scheuer- 
ule,  bei  Nemnich  ist  sie  die  braune,  die  heulende,  die  kirch- 
lad  buscheule,  der  kutz  und  die  turmeule.  Kauz  ist  auch  weit- 
Brbreiteter  geschlechts&ame.  Älter  als  kauz  ist  der  zuname  kuz  oder 
l&z,  den  Fedor  Becli  in  den  formen  Cimradum  dictum  kuiz  und 
pnrado  diclo  kuze  (öerm.  XX,  45)  belegt  hat 

Die  namen   tschiavitl    (EUenchua  v,  W.  H.  Kramer,  Wien  1756, 
"324),   schofittl  (Ornis  Vindobonensis   von  Marschall   s.  26),   schaf- 
X  XXVI,  35 


5i6  BBiJIKT 

hitU  (so  spricht  der  volkBmiind  iim  Admotit  ia  Obersteier),  das  i 
fickl  (HaDR  Sachs  h.  a.  o.)  liabeti  alle  ähülicbkeit  mit  dem  UoJ 
lein,  wie  C.  Gesauer  i.  a.  tierbuclie  die  zwE-rgobmule  boxeichael 

e)  Die  Mamon  der  scliieicraule. 
Die  scbletereiile  (strix  üuminoa,  L.)  koiit  mau  noch  nis  »ctaleUi^ 

kftuz,  perloule,  bei  Nemnicb  als  busch-,  rauz-  und  kobleule,  aia 
geflatnte  eule  iind  als  feurige  nncbleule,  bei  Klein  ala  kircb- 
und  raiitzoiile.  Sie  ist  diu  guldeulo  (Wiirttemberfc),  vielleicht  auch 
die  kaappeulB  des  Nützlichen  nttd  volständigen  laubtmbacbea  (Ulm 
1790,  s.  231).  Sie  ist  der  scbleierauf  {in  Franz  Höfers  mtuiuBcriptJ, 
das  schnarchtil,  doa  scbnatzol  und  dor  eilkudur  der  Steirur  (Wu- 
hington  a.  b.  u.).  '^^  harx-,  thurm-,  kircb-,  rantz  und  grosse  tod- 
oulo  dt^r  8diles>ier  (Ornith.  Jahrb.  II,  53),  die  scbluj'L-r  O}-!  dor  El- 
säseer  {£.  Martin  a.  a.  o.),  die  schlayreul  HansSachseoe  (a.  a.  o.),  und 
nach  dem  witiimermlen  uelirej  wird  sie  in  der  Schweix  gwiggli,  wichsi, 
kloewit  und  kivvit  genant.  (E.  L.  Riwhhcjlz,  Deutscher  };laubi>  und 
brauch  I,  155.)  Müllers  KcnKoichen  der  vögel  bezeichnen  sie  norh  als 
Schläfer-,  klag-,  fener-,  flammen-  und  galdeute.  Auf  don  aanm 
Hans  hürte  eine  gezähmte  schlcierenle.  (A.  Treichel,  Altpreusx. 
Schrift  SXIX,  154.) 

Das  wort  tlammea  wird  oft  auf  die  tlnnim«  brnfigen.  aber 
mit  unrecht;  denn  bedeutend  nllhor  liegt  ilainntcnni  (der  bmutschlrie^ 
mit  welchem  flammea  verwechselt  sein  mag  (H.  T.  Salvador!,  Ibis,  vqL* 
3.  377),  und  mit  einem  derartigen,  zarten  ^ewebe  hat  der  giinzu  haMtns 
der  Schleiereule  viel  mehr  ähnlichkeit  als  mit  der  riitlichen  ftirbo  man- 
cher flamme.  Auf  poetischem  wege  erklärt  Rudolf  Baumbat-b  (öum- 
Riennärchen ,  s.  82)  den  namon  schleiDreule. 

f)  Die  namcn   der  sperlingseule. 
Die    sperlingücule    (Athene  passerina)    heisst   noch   auf,   klein 

auf,  äuferl,  das  weibchen  sog:ar  äufin.  In  Kranz  Höfors  manuisortpt 
enäch«int  sie  als  tuteuvogel,  als  au,  öla,  tschiaTitl,  achofitl,  Nc| 
nich  kent  sie  als  kleinen  kau2,  als  kleine  eulo,  klnine  I 
Wald-  und  acheunreulu,  als  spatzeneule  nnd  lercbenkfiaij 
Müller  a.  a.  o.  s.  33  als  zwergkäuzcbon,  zwergeule,  tannon^ 
küuzchen,  arkadische  eulo,  J.  M.  Bechstein  (Natui^scb, 
benvüfrel.  Gotha  1800,  s,  41)  iient  »io  bauseule,  totenhühnpheii, 
toden-  nnd  leicheneitla  Bei  alemannischen  sehrii^telleru,  ^ 
Übcrftdder  (Idiotikon,  h.  l'J),    konit  sie   uiiktv  den  namen  haf. 


NAMEN  DXB  lüLB  547 

uwo  und  bei  schwäbischen  als  weule  Yor.  Eugene  Rolland  (Faune 
populaire  n,  56)  bezeichnet  sie  als  perleule;  das  ist  allerdings  ein 
name,  der  besser  auf  die  schleier-  als  auf  die  sperlingseule  passte.  Der 
vogelfanger  und  vogelwärter  von  D.  J.  Tscheiner  (Pesth,  Hartleben 
1820  s.  278)  erklärt  sie  als  die  beste  eule,  als  die  sog.  vichtel,  die 
man  zum  Vogelfang  verwenden  kann. 

g)   Die  namen  der  zwergohreule. 

Die  zwergohreule  (ephialtes  scops)  ist  strenggenommen  der  eigent- 
liche totenvogel.  Bei  Müller  heisst  sie  kleine  ohreule,  kleine 
baumeule,  posseneule,  bei  Washington  tschukeile,  eiferl,  tscha- 
fittel,  schmalzel,  tschibik,  tschubik,  tschiwik,  bei  Nemnich 
Stockeule,  posseneule,  aschfarbiges  käuzchen.  In  Wallis  nent 
man  sie  jokkein,  im  Tessin  civetta  cornuta  (Tschudi,  Tierleben  in 
der  alpenweit,  s.  100),  und  mit  civitta  nottola  bezeichnet  der  Italiener 
das  gefalsüchtige  frauenzimmer. 

h)   Die  namen  des  rauhfüssigen  kauzes  und  der  sumpf- 

ohreule. 

Der  rauhfüssige  kauz  (nyctale  tengmalmi)  führt  im  Riesengebirge 
den  namen  puppereule  oder,  wie  andere  wollen,  puppeneulc.  In  Steier- 
mark unterscheidet  man  diese  eule  vom  Steinkauz  nicht  Mit  dem 
namen  katzenlocker  bezeichnet  man  die  eine  wie  die  andere  spe- 
cies.  —  Die  sumpfohreule  (brachyotus  palustris)  ist  die  kohle ule 
(Aug.  Reichenow,  System.  Verzeichnis  der  vögel  Deutschlands,  s.  31), 
die  brülleule  (Washington)  und  bei  Müller  die  wiesen-,  bruch-, 
moor-  und  brandeule,  die  kurzohrige  eule,  die  schnepfeneule. 

Wenige  vulgämamen  fand  ich  für  die  schnee-,  sperber-,  bart- 
und  habichtseule,  und  diese  wenigen  sind  teils  algemein  bekant, 
teils  sind  sie  von  ganz  unbedeutendem  sprachlichen  Interesse. 

WIEN    1892.  FRZ.    BRANKY. 


35 


r»* 


BERICHT   ÜBER    DIE   VERHANDLUNGEN    DER   BüMaNISCHKS 

SECnON    DER   KXXXII,  VEBSAMLUNö    HEUTSCHEK    ["HJLOLOOKS    DSU 

SCHULMÄNNER  IN  WIEN. 

Da  dia  in  dieser  soction  geholtonsD  vortrage  teilweise  auolt  für  germaiült« 
von  interesso  sind,  so  werden  niu'hstaheade  kiirie  mittoilungen,  insoweit  kIb  ilie  vnr- 
handluQgen  von  diesem  bsBOndereu  gesichtspunkte  nus  dustellnti,  hier  nialit  muri)- 
koraiuea  sein'. 

1.  Tor  alleo  war  der  vorti^  pi«f.  Adolf  Toblors  (Berlin)  über  die  nnbxlin- 
tivische  Verwendung  des  adjeutivs  durch  seiDen  reblitum  an  scharfeiiwig«) 
bemerkungHD  über  diese  fanktioD  des  adj,  in  den  romani^beo  Bpradien  nicht  B«r 
innarbalb  dicsea  forecbungsgebietes  in  hohem  maase  anregend  und  belelimnd,  somleni 
durch  seine  algemeioen  gesichtspDnkto  ood  die  vergleinhung  mit  lthnhuh«D  endiM' 
nungeu  iiD  griechiscbea  und  dautscbeci  auch  aoaserhail;  des  engen  kreiww  dnr  tUaaa^ 
nisten  liöchst  beoehteusvrcrt  Da  es  nielit  möglioli  ist,  dun  t^ii'beu  inhalt  auf  ta 
engem  räume  auch  nur  flüchtig  anzudeuten,  so  muss  Riub  referuDt  hier  lUraat 
beschränken,  die  hauptsSohtichstcn  vorwondungsarten  der  substanli vierten  ai)i«cttfa 
bei  ihrer  aloiählichoa  entreroncg  von  der  einstigen  rnuktion  kun  aiifxnuhlon  ud 
nur  für  das  dentsoho  einige  wenige  l>eispielo  xu  biingen. 

Das  sahstanliv,  dessen  determinierender  bvgleilür  das  atüeetiv  orsprUnglioh  Isl. 
tritt  zunAuhat  in  den  hintet^und  und  schwindet  zulexl  gJlnKlioh  aus  der  rede,  wodurah 
das  adj.  in  seine  funktion  tritt  EUn  woiteier  schritt  gesebieUt  dadurch,  das»  ein  a4l- 
welches  eine  nur  an  porsonen  deukbare  eigeescbaft  bezeichnet,  zum  für  sieh  allön 
genügenden  nauion  einer  männlichen  oder  weiblichen  peraon  wird.  Während  <«  in  dia- 
Ben  beiden  Täilen  noch  möglich  ist,  ein  Substantiv  binzuzudenken,  eutforut  sich  das 
adj.  dort  schon  weiter  von  seiner  unpniii glichen  funktion,  wo  in  ihm  iilmrbaupt  ollea 
gegeben  wird,  was  für  den  sprechenden  die  verstcUnng  eines  seienden  auuiucbL 
Davon  zu  sondern  ist  der  gebrauch  dsa  substantivierten  adj'^'tivs  als  betcichnun^  il« 
mit  einer  cigeuschaft  behafteten  teilos  eines  grösseren  bestandes  oder  teilee  aller  dings. 
Die  durch  ein  adjeotiv  zu  bezeiobtiende  eigensohart  \äast  aber  innerhalb  ihn* 
gesamtlwi'eicbes  noch  unterschiede  bezüglich  des  gnules,  des  masses  usw.  zu,  weldie 
in  näheren  (meist  genetiv.)  bestimmungeu  maDnigfachater  nrt  ausdmck  finden  kSnnan. 
Im  deutschen  ist  aber  dieser  gebrauch  nur  selten  anzutreffen  (vgl.  farbenl>ezetQbnan' 
gen  wie  z.  h.  ,das  grüne"  verschieden  von  „das  grün  des  meerea^),  Ein  soIchM 
Bobst  adJ-  bedeutet  nicht  nur  die  art,  wie,  sondern  auch  die  tatsache,  d&ss  eino 
ägenschaft  hier  oder  dort  verwirkliolit  ist  In  aUaa  diesen  flUlen  mit  auüuabme  der 
beiden  zu  aofang  besprochenen  haben  wir  es  mit  geschlochtslosem  aeiimdon  zu  tun, 
weshalb  dieses  subst  adj.  im  deatsoben,  lateiniacben  und  griechischen  gennris  iwu- 
triufi  ist  Im  deutschen  komt  zu  den  besouderheiten  der  romanisoben  s]ir>diBa  nooh 
die  weitere  Unterscheidung  hinzu,  welctic  mit  der  Verschiedenheit  oder  den  (eUai 
der  flexiou  zusammenhängt,  vgL  „ein  wilder'^  und  ,das  wild".  Zu  brbenbuzatob* 
nungen,  aber  im  deutschen  nor  zu  diesen,  tritt  auch  eine  nrtl>cstimmung  (i.  k  an 
helleres  blau).  Steht  bei  dem  subat.  ueutrum  ein  genetiv  (i.  b.  .dos  witzig«  i<tr  ant- 
Wort"),  so  ist  Zweideutigkeit  öftere  nicht  ausgH«ohlosHen ,  in  welchen  fällen  „in*  mIot 
.an"  als  eisatz  für  einen  genetiv  |mrtitiven  Hinnes  |j:utc  diensle  It^isten.  Ohne  beetlBi- 
roendeo  zusati  wird  das  substantivierte  ncutrum  im  deutschen  nur  *Bllun  im  tiaat 
der  abstrakten  subst.  auf  -kmt  oder  -AeiV  gebraucht 

I)  Bcrickln  soi  im  |cermanitU9<rh»n 


2,  Priv.-dou.  dr.  R.  Zonber  (Wnniburg)  teilte  vorläaüg  die  houptcrcioh Diese  soi- 
itersnohtiiig  über  die  historisuhu  gmudlage  und  entwicbtung  der  sage 
forrnuad  and  Isembard  mit,  welcho  d«a  gegenständ  des  gleiclmomigen ,  nur 

/ragDienlitrigch  erhalteneD  ftltfranxösischen  epo»  bildet.  Über  den  inlialt  desselben 
pbt,  Bowait  uns  daa  frogment  im  stiobe  lasst,  die  reimchroDik  Philipp  Moaskets 
aMhere  Busktuifl,  während  die  in  dem  deulscben  ritterromau  des  XV.  jabrbunderts, 
Loher  und  Maller,  enthaltene  Übersetzung  einer  verlornen,  aus  dem  XIV.  Jahrhundert 
stammenden  cbansoo  die  oreprüngliehe  Tassnng  bereits  vielfach  bis  eiit  iinkontljulikeit 
antstelt  xeigt.  Die  schlaoht,  welcho  das  altfranzösisohe  epou  schildert,  und  von  deren 
mfichtigem  eindruok  auf  die  seitgunossen  auch  das  dentsohe  Ludwigslied  zeognis 
gibt,  ist  die  achlacht  bei  Baucourt  (3.  aug.  861),  in  welcher  Ludwig  III.  die  Normui- 
scbiog.  Der  Anführer  des  feindlichen  heeres,  Gormund,  ist  zweifellos  mit  dem 
sehen  seekonig  Outhcrm  identisch,  der  87^  von  Alfred  dem  Grossen  besiegt  und 
naob  der  taufe  mit  OstangUen  belehnt  wurde.  (Aus  der  abgekürzten  namensform 
Gorm  entstand  franzdaisoh  Oormon,)  Auch  der  kern  der  ganzen  sage  wurde  bis  in 
die  neueste  icit  als  geschichtlich  begründet  angesehen;  indessen  können  die  im  alge- 
damit  übereinstimmenden  berichte  des  Chroniuon  C^ntolense  (abg«isch]08«en 
1088)  nnd  dca  bei  Albericb  Ton  Trcisfontaines  citierten  Guido  von  Bazoche  (f  1303) 
licht  als  geschichtsquellen  gelten,  da  sie  selbst  auf  dem  opos,  welchem  unser  frag- 
-Bieut  entstarat,  oder  doch  auf  der  volksssge  fussen.  Die  zeitgenössischen  gescbiobts- 
Rchniiber  wissen  uüinlioh  von  den  fiiigliclien  ercignissen  nichts,  nnd  die  iinfuhrer  des 
Norman nanheeres  werden  nicht  genant;  Outhorm  aber  war  siaherlich  nicht  an  der 
schlaoht  von  Saucourt  beteiligt.  Vielleicht  liegt  eine  rei-weebslung  mit  einem  anderen 
nordischen  häuptliug  namens  Wurm  {Vumio)  vor,  der  als  einer  der  anführer  dea  dSni- 
■cben,  von  Karl  III.  im  jahro  683  an  der  Maos  belagorten  hoeres  genant  wird;  da 
eben  dieses  beer  im  jähre  zuvor  die  schlacht  bei  Saucourt  geschlagen  hatte,  so  könte 
Kuoh  Wurm  (französisieit  Gonnon)  daran  teilgenommen  und  eine  hervorragende  rolle 
in  derselben  gespielt  haben.  Die  Identität  des  namens  hütte  dann  dazu  geführt,  dass 
ihn  mit  Gönnen  =  Guthorm  identificieite.  Zu  einer  identificierong  Isümbords 
tiner  historischen  [lersönlichkeit  dieses  namens  bieten  sich  keine  aDhalts|>unkte, 
dagegen  besteht  eine  merkwürdige  Übereinstimmung  zwischen  der  dem  epos  zugrundo 
sage  und  einer  hei  Dado  von  St.  Queotin  (anfang  des  XI.  Jahrhunderts)  auf- 
bowahrten  alten  normannischen  tradition  über  den  ersten  Normannen  herzog  ßoUo 
(Hrolf).  Diese  Übereinstimmung  macht  es  sehr  wahrscheinlich,  das«  die  betroffende 
tradition  entweder  von  Rollo  auf  den  beiden  des  epos,  Isembard,  oder  umgekehrt 
fibartiagen  wurde.  Somit  würde  dann  die  erzihlung  Dudos  von  Rollos  jugendschick- 
dio  iUteste  fassung  der  sag»  von  Gormund  und  Isembard  darstellen. 

3,  Bealschul-dir.  Job.  Fetter  (Wieu)  sprach  über  die  fortschritte  auf 
dem  gebiete  des  fr&nzosisoheo  Unterrichts  an  den  doutscb-Österraicbi- 
sehen  reslschulen. 

4,  l.,andesscbulinspektor  dr.  Job.  Huomer  (Wien)  erörterte  eunltchst  die  not- 
idigkeit  einer  volstSndigon  aamluog  der  vulgär-lateinischen  wortformen, 

teilte  dann  mehrere  interessante  ergebnisso  eigener  forschungen  mit  und  bezeichnete 
BoUiossliob  mittel  und  wege  zur  erreicbuog  des  bisher  erfolglos  angestrebten  Zieles. 
.Seine  in  diesem  sinne  ahgefasste  resoluUon  und  ein  konkret  Vorschlag  von  ho&at 
Hnssafia  wurden  einstimmig  angenommen. 

&.  Boferenl  sprach  schlie&stich  über  schwierige  fragen  bei  der  text- 
[SstaUnng  altfranzüsisoher  dichterwerke,     Dieselben  Schwierigkeiten  betrofa 


550  F.   YOOT 

der  widerherstellung  des  inhalts  und  der  sprachlichen  urform  begegnen  aber  aach 
dem  heraosgeber  altdeutscher  dichtungen.  Referent  unterzog  zunächst  die  mannigfiKh 
verwickelten  Verhältnisse  der  Überlieferungen  im  algemeinen  und  jener  des  fraoz. 
Tvain,  des  Meraugis  von  Portlesguez  und  Eneas  im  besonderen  einer  kurzen  bospre- 
chung  und  versuchte  zu  zeigen ,  wie  eine  annähernd  treue  widerherstellung  des  Origi- 
nals in  vielen  fällen  schwierig,  ja  unmöglich  werden  könne,  und  wie  gross  die  n^e 
sei,  welche  das  subjektive  urteil  des  herausgebers  und  selbst  der  zuüedl  (neue  hss.« 
funde)  bei  der  textgestaltung  spielen;  er  wies  an  konkreten  fällen  nach,  wie  auf 
gleicher  handschriftlicher  grundlage  zwei  von  einander  abweichende  Cassungen  auf- 
gebaut werden  können,  ohne  dass  es  immer  möglich  sei,  die  eine  gegen  alle  einwürfe 
zu  verteidigen  oder  die  andere  mit  stichhaltigen  gründen  abzuweisen.  Was  die 
widerherstellung  der  ursprünglichen  lautgestalt,  der  vom  dichter  gebrauchten  sprach - 
und  schreibformen  betrift,  so  liegt  die  Schwierigkeit  nicht  nur  in  dem  umstände,  dass 
die  kopisten  gerne  änderten,  ja  ihre  vorläge  oft  in  eine  andere  mundart  übertrugen, 
so  dass  nur  metrum  und  reim  ursprünglichem  gut  einigen  schütz  vor  schreiberwilkür 
gewährten,  sondern  in  erhöhtem  masse  darin,  dass  schon  die  Verfasser  selbst  es  bis- 
weilen unternahmen,  in  einer  anderen  als  der  eigenen  mundart  oder  in  der  werden- 
den Schriftsprache  zu  dichten,  ohne  indessen  ihre  provinzielle  herkunft  ganz  veriäog- 
nen  zu  können.  Wenn  in  diesem  falle  zu  den  schon  ursprünglich  vorhandenen 
mundartlichen  Widersprüchen  noch  andere,  von  den  ersteren  nicht  mehr  unterscheid- 
bare durch  die  Schreiber  hineingetragen  wurden,  so  ist  die  beantwortung  der  frage, 
ob  imd  wie  eine  uniformierung  des  textes  durchzuführen  sei,  keine  leichte.  —  So 
wurden  in  sprachlicher  hinsieht  alle  theoretisch  möglichen  falle  der  reihe  nach  durch- 
gegangen und  das  verfahren  bei  der  herausgäbe  derartig  überlieferter  denkmaler 
algemein  und  im  besonderen  kritisch  beleuchtet.  Zum  sehluss  folgten  einige  bemer- 
kungen  des  referenten  über  die  einrichtung  des  kritischen  apparats  und  der  glossare. 
6.  Nachdem  noch  hofrat  Mussafia  eine  akademische  feier  des  100.  geburts- 
tages  von  Friedrich  Diez  an  allen  deutschen  Universitäten  angeregt  hatte,  schloss 
die  romanische  soction  ihre  Sitzungen. 

WIEN.  11.   FBIEDWAONMR. 


LITTBRATÜR 

Die  kaiscrchronik  eines  Regensburger  geistlichen,  herausgegeben  von 
Edward  Sehrdder.  Mit  einer  handschriftentafel.  (Monumenta  Oennaniae  histo- 
rica.  Deutsche  Chroniken  band  I  abt  1.)  Hannover,  Hahnsche  buchhandlung. 
1892.    441  s.    4.     18  m. 

Es  ist  ein  ergebnis  jahrelanger,  gründlicher  Studien,  welches  in  diesem  längst 
erwarteten  und  angekündigton  werke  dem  germaniston  und  dem  historiker  nunmehr 
vorliegt  Seit  dem  jähre  1874  hatte  sich  Rödiger,  seit  1881  hat  sich  Schröder  dieser 
ausgäbe  gewidmet,  und  6  jähre  ist  sie  im  drucke  gewesen.  Mancherlei  äussere 
umstände  haben  ihre  voUenduDg  gehemt,  vor  allem  aber  wol  die  natur  des  zu  bewäl- 
tigenden Stoffes,  der  eioe  fülle  von  fragen  aufdrängt,  zu  deren  eriedigung  er  verhält- 
nismässig wenig  sichere  anhaltspunkte  bietet  So  erklärt  es  sich  denn,  dass  sich 
manche  ansichten  des  Verfassers  noch  während  des  druckes  geändert  haben  und  dass 
er  in  einem  nachworte  ausführungen  der  einleitung  in  nicht  unwichtigen  punkten 
modificiert,   wälirend  er  die  abschliessende  erörterung  und  begründung  seiner  ansich- 


551 


(m  äboT  rinige  der  «iitlitigslun  tn^a  auf  eiii«  aus^lm  'lur  Cirscadtin  uiu]  auf  imi 

für  lUa  lauteDde  jiilir  in  nussicbt  gosleltes  biti'li  ,  Konrad  Ton  Begenebut^,    UuUi^ 

vSOchnngriD  über  die  liairianhu  litterahtr  des  jcwülften  jahrhimderla"  veraparL 

■  Tor  nllem  bietet  ans  ilns  vorliegendu  wor'k'  jezt  einen  luvorlllssi^n  kridachen 

Btext     tiPä  wertvt'rbiiltnjs  aud  der  stambauin  dor  uherliefiiniDgQn  wird  in  der  ejnlet- 

Ftang  klar  und  ül)«rtet%'«nd  eutwickoll.     Die  Vomner  hondBohrift  (1)  ist  danncli  dlo 

den  original  au  altiT  und  weit  ain  nücbsititi   xtehendu  verU«lt'rin  der  uinsn  haufil- 

gnifipe  (X);  an  d(;r  spitxn  der  andern  (Y)  steht  dio  von  HasKinann  xu  grunda  i^legta 

Hnidrlborger  handschrift  (4),  dio,  auf  einer  alten,  gaten  vorlag?  fosiiend,  selbst  doiih 

violfooh  modomiH&rt  ist    Was  Etrischen  Innden  gnippen  üboTOiistimt,   ontstumt  dorn 

Arcdictypns;    im  iibri)i;<!D  J8t  sieta  die  VoraiiiT  hs.  In  oreter  linjo  tu  befblgcm;   an  sin, 

diu  dem  ort^nal  auch  in  dar  mnndäil  am  inaistoii  entspiiclit,   sohliesst  sieb  natiir- 

fSBrnilaa  dio  sdimbwuiBe  der  auHgabo  im  woBumlllvIiäu  au.    ßui  allodani  ist  ducb  der 

trert  der  Ki3idclbe:^er  ha.  nicht  unterscbüit:   nur  in  dneni  punkte  M^re  or  meince 

encblons  noch  biiher  nnxnsdilafon.     Ibr  und  ollor  wnbiSL'heinliuhki'it  nanh  scbun  ihror 

Vorlage  (Y)  fclileo  die  verse  395  —  454  und  I)2tl — 5U0.     SchrAiler  varmutüt,  doas  hier 

Y  «ttra  durch  daa  anascbneiden  vnn  2  hl&ttem  Terstiimnielt  gowesmi,    die  Incke  also 

lodi^ch  aaoho  das  Kofals  am,  und  or  meint,   dass  dio  aus  Y  goBosaoneD  pTosan,    in 

danen  die  läuke  sich  noch  weiter  eratrei'.kt,    ,liel)er  (am  geüamre  [lartie  sualieasau, 

9  wie  4  sioh  mit  dem  stüükwerk  liegnü^u'.    Aber  es  ist  ja  kJcinDHwegB 

von  i  üborlioFart,  sondern  oiu  tcxl,  der  an  dur  ctslcn  stelle  nidit  scdUech- 

r  zweiten  weit  besser  zusammenhängt  als   in  X,   und  der  in  beiden   Tällun 

>  gegensntz  zu  X.  mit  der  iiueUe,   n&mlJoh  dem  Amiolicde,  iibcreijtstimt     Die  vorso 

r.  52ö  nod  5dl  folgen  in  4  genau  so  auf  oinander,    wie  dio  enUpreuhendeu  472 

ä  473  des  AnooliedsB.    Was  in  der  Kehr,  X   dnzwiseben  steht,   ist  dio  stellenweia 

srbalUiornte  erzOblung  von  Daniels  träum,   welohe  im  Anooliedo  an  ganz  ricbtif^ 

175  —  2lJÜ  überliefert  ist,    hier  dagegen   so  türiuht   wie   müglich  den   borlcfat 

,  nas  Cäsar  nach  seiner  heimkohr  an  den  Deutschen  getan  bat,  untei'briebt.  — 

I  vurw  Kehr.  3U5 — 404  enthalten  eine  auf  die  Gesta  Troviroram    zurückgehende 

oa  der  eroberung  Triers  duruh  Cäsar,   von  der  daa  Annoliad  uiubts  weiss 

jBi  die  entgegen  der  Vermutung  SdinklerK  auch  einer  iUteren  fa^sung  dessellien  niubt 

I  angehört  haben  kann,   da  sp&tor  im  Annoüede  v.  500  fg.,    wie  solion  WilmaDus 

t  recht  betonte,  Trier  entsi-hiodeu  iu  einer  weise  erwähnt  wird,  als  wenn  von  ihm 

1  nicht  die  rode  gewesen  würe.     Da  abiT  eben  diese  verso  auuh  von  der  Kaisor- 

Tonik  nachher  ubomommen  werden  (653  fg.)<    so  verdient  das  fehlen  dar  zu  ihnen 

t  Htimmendeu  verso  395—454  in  4  (Y)  unisoiuehr  beavhtung.    Ich  batt«  es  für 

t  gut  wie  ausgescblostieu ,  dass  in  beiden  fdllea  ein  xurolligor  lilatverliist  in  Y  gegen 

L  die  üboreinatimmong  mit  der  quelle   hergt^stelt   haben  solte.     Y,    webbes   überdies 

1  ainiebon  lasarten  dem  Anuoliede  nXhoi  steht  ola  X,    wird  in  dioaer  pnrtie 

10  nrsprüngliuhoro,   X  auf  eine  mit  naohtTügeu  voraehene  fassung  surückgehen. 

Ingilicb  änd  in  einem  späteren  teile  der  Kehr,  einige  dem  träume  l)iuiieis  entvtani- 

«   (52(17  —  70)   auch  in  Y  überliefert;   und  wenn   auch  einer  von  ihnen 

i)  im  Wortlaute   mit  dem  entspn^uhendi'n  vei-se   des  Annuliedes   (1M4).    nicht  der 

Dhr<  (&74j,  iibereinatimt,  so  finden  doch  dio  beiden  folgondon  nur  in  der  Kohr.  577— 

,  Bicbt  im  Anno  ihre  parallele.     Aber  mag  man  nun  hier  für  Y  eiue  andere  vor- 

e  vorausBclEen  als  im  ersten  teile,  oder  mag  man  sieh  die  sache  scnstwio  zuiecht- 

in,  dla  bedeutung  joner  beiden  .lüuken"  in  Y  für  die  kritik  wird  durch  diese  voree 

dit  Bncbüttert. 


Du8  iiiaji  Dicht  HcJtou  suhwftDkeD  kaoo,  trelolie  von  d«D  beideti  rw 
der  auUsra  dua  vorzag  vcrdieai-,  ist  ielbstverständliub.  So  hat  dann  dor  b«ni 
seilst  in  eiuxeloen  deraitigoD  (iiUim  m  Bemeni  texte  eine  andere  eotavlundung  | 
tea  nie  io  d«'  eitileitang;  aiaht  nur  in  dem  a.  439  erwülmteD  toll«.  Diu  loHtt  ihr 
gruppc  Y  zu  9665,  wotcho  e.  31  als  Dme  ändenmg  hezeiniinDt  mrä,  dio  au  mamm 
todolDSwei'toD  ntisvcratäridnis  entsprungen  sei,  wird  nacUher  ab  dio  riohtitco  ia  da 
t«xt  gesoKt.  Dio  reimzeile,  welolie  i  zu  11819  biotut,  ist  niulit,  wie  B.  33  snifeklbi- 
digt  wird,  auTgononimau '. 

Jedesfala  hat  der  berausgeber  bei  der  herstellung  des  taxtua  nberoll  wiisAt- 
tige  orwagiuig  wallen  Lkssea;  insbesondere  hat  er  gegenüber  Baflülligon  uiul  ungnwSlifr 
Heben  RrscbeiDUngeii  eine  löbliche  EurackliBltuDg  beobachtet  Die  scbmibwstM  te 
hanpthandscbrift  ist  in  einer  vorsiohügcu  weise  geragelt,  der  ich  : 
kaoD.  UsD  mag  Ja  streiten,  ob  night  in  diesem  oder  jonum  punkte  eiu  noch  i 
aosoliluss  an  sie  vorsuziuhoa  gewesen  vrite;  aber  da  diu  Vorauer  lis.  in  li 
gstreuem  abdruuke  vorliegt,  so  ist  das  unwesentlicb. 

Zu  einxeinen  versen  sei  folgendes  bemerkt 

7.951!  uiolte  got,  turfre  tu  t'Ai  dcale  bax  wird  in  der  aniuorknn^  öbnwil 
^wolte  Uott  es  w&re  etwtu  besseres  für  enoh  da":  aber  ilit  detle  bat  knim  dodk 
unmöglich  elieaa  bauemi  beiason,  aoudom  nur  irgend  (oder  irgnnii  tlwa$)  um  m 
btaser;  also:  ^eäre  forh  nur  irgend  besser  dailurrk  in  dem  sinne  von  voin  «  atrk 
nur  riunu  hülfe. 

T.  1360  ist  paukt  xu  setEen. 

V.  1295/98  81  aprivh:  areigeenl  tt  iinurr  niiUjei  \fieii  lelimu  tetrdat  wir  ämt. 
und  atvUr  Römare.  ix  uirl  in  fU  ateart.  Tiaza  bumorkt  Suhrikltir,  dosn  dor  «na 
der  leetan  »eile  nicht  besser  werde,  wenn  man  die  beiden  vorhor^beoden  luustaltei 
die  stelle  sei  dutoh  eine  gedankenlose  retniniscenz  au  v.  11634  Ig.  eotstelt  Aborwii 
hrauobeu  dioso  sehr  entfernt  verwsnton  verse  nicht  erst  xur  hülfe  tu  liolun;  an  du 
stelle  ist  nichts  ausiusetzon,  wenn  wir  binter  RonuBm  nicht  punkt  Mnndoru  kooim« 
setzen.  Wir  liaben  dann  nur  die  alte]iisc-ho  dnrchschliugung  pnmllcler  siUae  od« 
Satzglieder  in  gleich  massiger  Verteilung  auf  die  oinielnFoi  veise  mit  der  forin  a  b  ak 
Dieselbe  form  haben  wir  12415/18  ilti  fricl^n  »i  di  burgetrt  (a),  wann«»  ««  un«rr  (li>, 
den  hertogrn  dicnettman  (a),  od«r  itar  ai  iroUe  wallen  (b),  wo  jedoch  din  ■!»• 
draoksweiso  durch  die  syntaktische  vorbiodnug  dw  beiden  b-gliedor  für  »i 
stilgeTübl  nur  noch  fremdartiger  wird.  In  dem  absuhnitt  von  der  Crnsrontia  b 
det  Schröder  dm  der  entsprccbt^em  flgur  angohörnnden  voise  11523  fg,  «ö  Anis  dir 
t  geunnmn  (n)  da%  tiurr  gettainc  (b).  rtrniut  tear  ich  da%  maims:  (c)  ».ia^iarmam 
kC  nprrhe  (b).  ainen  tum  an  tfmhe  (dj  den  eolt  du  tnirrJuii  alleriritt  (e)  —  «< 
tuoH  ich  dax  dir  lieb  ist  (t)  —  höhen  unde  wi/m;  (d)  dd  üffe  suln  vir  btlm  (1). 
Dia  bterpnuktion  läast  aueh  hier  do-n  parellelismus  der  botreflendon  von  mir  doieh 
buchstaben  beioiohncten  glieder  nicht  genügend  hervortreten.  Hiulsr  b'  gehört  am 
«in  komma,  o  ist  parentbese;  f  ist  schon  elxinsogiit  nschaalz  lu  «  wSo  f  m  ad. 
Statt  dessen  nimt  Sobrfidei'  enIstoUung   durch   iater|ialationen  au:   t 


I)  I>w  ungib»  n  ron  3&GS  iil  entwodui 

:  dort  ».  31)  vinl  Bbsrrinitiiiimenil  i 
••  in  i  Mil».  In  «Io  «nlt  Bläh  •olcho  ' 
ta;  Ich  Ua  abvnangt.  da»  Ihm  niaht 


rfrt 


M3 

,  waliwuhyiiiliuli  auch  et'.  Oerade  in  der  l.Irusoeiitia  flndt'ii  sirb  Urne 
atiimuidergesabobuDeii  parallelglwdor  oicbrfftch;  so  haben  vtir  11600^11603  wider 
j  form  ab  ab;  nnd  v.  I1U64  fosse  loh  abweicband  von  der  intorpunktion  des  hor- 
nsgoberg  ptilex  unde  kurxeboit  als  paraUelgüed  zu  111)60  (woa  »oltc  mir)  geirmiiit, 
rfthrend  eq  dont  dazwbclien  stellenden  sntze  11963  fg.  eine  pamltele  bieten.  Eine 
udoni  form  babuu  wir  11668  fg.  harte  rekolte  st  i>  muol,  da*  herxe  in  ir  tibe 
rn  eil  luissamen  tcibe  um  ir  liebrn  hrrreit,  wo  der  «weite  uiid  dritte  vom  mir 
I  beiden  leiteu  Worte  dea  ereten  vaniorea,  ehe  der  sntx  en  eods  gebracht  wird; 
■bei  wecbaelt  die  koiiatniktion  im  dritten  verse,  als  wenn  es  im  ersten  nicht  st  »lou- 
frn  »ih  hiesse.  Schröder  besmtigt  hior  wider  die  Variation,  indem  er  vers  2  und  3 
B  einsohiebael  betraohtet', 

V.  2266  wird  der  reim  erde  :  gare  als  anorhört  bezeioboot  nnd  doshaih  dar  in 

[  überlieferte  vers  2286*  beanstandet    Aber  oa  ist  doch  aofHilüg,  dass  in  demselben 

fc§chnitte   (Faustiniiinus)   v,  2533    dor   reim    ni-nea  :  gaitles    gleithfaLi    als    unerhört 

egetchnet  und  v.  3Ü9?  dor  reim  bettet :  »tele  durch  einsetzung  des  nur  in  4  gegen 

I  übrigen  handai^hrifton  überlieferten  »leite  beseitigt  werden  muate.    Derselbe  fall 

lagt  attch  11402  in  genmme  :  man«  vor  nnd  in  rmarfe/rt  :  haken  15434  var.     Über 

ntsprocbemie  reime  in  der  Wiener  Genesis  vgl.  PBB  U,  247  fg.;   vgl.  auch  M8D 

LIV  (Summa  theologiae)  16,  3. 

V.  3113  leitet  Clemens  die  frage  uacb  der  berkunft  s«nes  nooh  onerkanten 

Stara  mit  den  werten  ein;  ja  »priektt  der  Mrr^  Pldlö:  »icax  ron  gotf  itt  entsprim- 

,  de»  ial  »elien  xervnnen.    Wie  paast  dm  in  den  zafiaminenbang?  eher  würde  das 

[ich  der  (all  sein,   wenn  man  üt^tt  des   in  den  hss.  4—7  überlieferten  gote  nach 

I.  1 — 3  g^e  läse.     Aber  in  der  quelle  (Clementis  Born.  Heeognitionos  ed.  OendorC 

lTIH  c.  2)  beisat  es:  bene  enim  ait   quidavt^  quia  gui/d  &r  aliqno  nalum tut ,  etiam 

i  fftullo  tempore  nbfiierit,  mmquam  tarnen    g/rinUlla  propivqiiitatit   exlinguitur. 

aob  werden  die  beiden  leaartun  auf  gcburte  zuruckxuführeu  sein. 

y.  6596  der  bäbcsc  uiurditn  xehctte  soll  douh  wol  beissen,  dasa  in  Maximians 
Bgierungaieit  die  labl  der  pttpste  sich  acfaUosslich  auf  zehn  boliof,  weil  einer  nach 
lern  andern  ein  opfer  der  cbristenverfolgong  wurde.  Oder  stand  im  original  mir- 
Sonst  wird  vom  martyrium  zweier  päpste  and  einer  vietjährigen  sediava- 
isni  berichtet 

Bieter  820O  setze  ich  komma  und  hinter  8291  punkt:  ao  erfordert  es  die  fiibol- 
Wl0|  »t  die  Rieh  die  verse  doch  offenbar  anlehnen,  Jea.  64,  4.     I.  Cor.  2,  9, 
y.  11555  genäten  verstehe  ich  nicht,  nur  gtmoxten.   • 

V.  11744  sotae  ieh  komma  statt  dea  kolon  und  beziehe  das  folgende  aö  relativ 
knf  diu  gote  verde  :  qua  ntinquam  exslitit  yi-atielarior. 

Der  pnnkt  hinter  11767  ist  wol  nur  ein  druckfehler. 

y.  11770  kann  icii  nicht  mit  Sobröder  für  interpoliert  halten.     Wenn  die  hel- 

Bur  geloben,  ilir  leben  nicht  zu  schonen,  um  Dietrich  an  der  königin  zu  rftchen, 

nas  man  anoehmeo,   dosa  sie  eine  gewalttB,t  ausfuhren,   nicht  dasa  sie  lediglich 

s  ablegen  sollen.     Auch  im  folgenden  ist  dies  niuht  gesagt,    und  doch 

t  11810  fg.  vorauägesezt,  dass  die  beiden  pnau  wissen,    was  sie  tun  sollen.    Die 


"Zi^ 


l)  Dvm  jivnllelfBniia  mit  knnznnK 
hirL  i>iQht  gonSRond  roclm 
lumiui^^ter  dm  v«ne  des 


ler  BÜtis  odDr  «BbeliedBr  in  dtv  lUloilon  mhd.  dlchtung  tut 
ne  t^Dtngen,  Qaai  entilelt  elnd  i.  b.  dniub  dio  Uiteipank- 
123  (g.  Ber  umiHoiU  tcHU  unN  iptt  {■)  —  da  IdMi  wu 
-  jrt  gart  r  >äi  et  ilwwu  |b|  —  die  Mni  itaKn  MrH  (nj 


554  F.   VOGT 

ganze  stello  wird  unklar,  wenn  dio  mannen  nicht  11770  geIol)en,  alles  ausznsageii^ 
was  Dietrich  von  ihnen  verlangen  würde;  eine  solche  bestirnte  beziehung  sezt  auch 
das  des  11771  voraos;  sonst  würde  man  dax  erwarten. 

y.  11896  lässt  das  kolon  für  das  folgende  me  nur  die  temporale  aoffusnng 
zu.  Ich  halte  diese  nicht  für  möglich,  setze  vielmehr  komma  hinter  11896  und  &8se 
den  satz  mit  wie  als  inhaltssatz  zu  mare;  wie  ist  also  hier  mit  dass  oder  etwas 
freier  mit  nämlich  zu  übersetzen. 

y.  12110  wird  auf  die  absieht  desyitztum  zu  deuten  sein,  Crescentia,  dio  ihm 
jezt  in  dem  veiirauen  des  herzoges  den  rang  abgelaufen  hat  (12100 — 3),  dadurch  am 
ihrer  Stellung  zu  verdrängen,  dass  er  sie  durch  ein  liebosverhältnis  ins  gerede  bringt 
So  wird  denn  gesagt,  „er  wolte  sie  zur  hure  machen,  damit  er  hörte  (d.  h.  damit 
er  dann  selbst  wahrnehmen  würde,  wie  das  geiücht  auskäme  —  oder  damit  der  herzog 
hörte?),  dass  man  die  frau  mit  minne  versorge*^  (d.  h.  dass  sie  im  konkubinat  lebe). 

y.  12178  fg.  halte  ich  weder  die  einkkmmorung,  noch  die  meinung,  die  verse 
seien  interpoliert,  noch  den  anstoss  an  dem  folgenden  conj.  prät.  für  berechtigt.  Der 
yitztum  sagt:  „er  (mein  herr)  wüste  nicht,  was  er  wolte  mit  dieser  unholdio  (d.  h. 
er  handelte  ganz  unbesonnen,  dass  er  sie  zu  sich  nahm);  er  solte  sie  an  seinem  hofe 
nicht  mehr  dulden'*. 

Für  die  echthoit  von  v.  12375  fg.  lässt  sich  geltend  machen,  dass  12382  doch 
wol  die  antwort  auf  12376  ist. 

V.  12578  — 12581  sollen  „sicher  ein  zusatz*  sein.  Ich  weiss  nicht  weshalb. 
Die  verse  haben  nichts  anstössigos.  Dagegen  wird  durch  ihre  ausschoidung  1.  ein 
reim  {sere  :  wellest)  hergestelt,  wie  er  sonst  in  der  Crescentia  nicht  vorkorat  und  2. 
fallen  mit  v.  12581  zugleich  dio  werte  fort,  auf  die  sich  sin  in  v.  12582  bezieht 

Zu  13732  muss  doch  auf  den  sehr  störenden  druckfehler  der  st.  oder  hinge- 
wiesen werden. 

y.  13750  fasse  ich  auch  noch  als  objekt  zu  sageten,  sodass  die  direkte  rede  erst 
mit  dem  folgenden  verse  begint 

Fast  alle  erwähnten  ausscheidungsversuche  betreffen  die  erzählung  von  der 
Crescentia;  dazu  kommen  andere  in  demselben  abschnitte,  gegen  die  sich  weniger 
einwenden  lässt,  die  aber  doch  noch  zum  guten  teile  besser  begründet  werd^i  müs- 
ten ,  che  ihnen  diejenigen  beistimmen  können ,  welchen  intcrpolationen  nur  da  annehm- 
bar scheinen,  wo  sich  nicht  allein  die  entbehrlichkeit,  sondern  auch  die  Unvereinbar- 
keit der  betreffenden  stellen  mit  ihrer  Umgebung  dartun  lässt.  Die  angekündigte 
ausgäbe  der  Ciescentia  wird  diese  nachweise  zu  erbringen  haben. 

Den  versuch  eine  quelle  der  Kaisorchronik  oder  wenigstens  ein  stück  einer 
solchen  lediglich  aus  der  überlieferten  dichtung  herzustellen,  macht  Schröder  auch 
V.  8550  fgg.  (vgl.  Einleitung  s.  62).  Er  meint  hier  zwei  neunzeilige  Strophen  herstel- 
len zu  können,  indem  er  ein  reimpaar  ausscheidet,  welches  zwischen  den  beiden  steht 
und  durch  den  Zusammenhang  mit  dem  vorhergehenden  und  mit  dem  folgenden  die 
strophische  gliederung  unmöglich  machen  würde.  Gegen  das  reimpaar  führt  er  nur 
an,  dass  es  ungeschickt  eingekeilt  sei;  aber  diese  Vorstellung  gewint  man  doch  nur. 
wenn  man  vorau.ssozt,  was  erst  zu  beweisen  ist,  dass  der  Chronist  es  zwischen  zwei 
Strophen  eingeschoben  habe;  sonst  lässt  sich  gegen  dio  beiden  verse  nichts  sagen. 
Für  die  gliederung  der  umgebenden  verse  in  zwei  Strophen  spricht  nur,  dass  die 
beiden  gruppen  —  jene  ausschoidung  vorausgesezt  —  in  derselben  verszahl  und  mit 
übereinstimmendem  anfange  einmal  zum  glauben  an  Christus,  dann  zum  glauben  an 
den  wahren  Gott  auffordern;  ausserdem,  dass  sie  beide  mit  einem  dreireim  abschlieasen. 


Ü8BR    KAUEROltROrilK   E 

r  im  SUvester  ist  nümbtufUDg  nichts  seltenes,  auch  der  dreiraim  koint  in  diosoin 
leobuitto  noch  auderwiriÖB  vor  ivgl,  9241  —  ^8,  10172—74,  10677—70),  uotl  iaaä 
I  [tsturliube  auTTurderung  bd  Christus  und  an  Oott  zn  glunlion  in  paraUoiloimoei 
oichgeführt  wird,  ist  ddit  Koaderlluh  aufllülig.  Die  individuelle  bezieliuag,  woluho 
die  ifftnzt)  atellf  nitt  Uirer  Umgebung  VOTliindet,  ist  mit  der  auasnudcriiug  jenes  mim* 
furee,  woloh«8  die  norede  fto  eino  fraa  (die  kfuserin  Eleleua)  enthält,  nur  teilweiae 
beseitigt;  bestohoD  bleibt  die  anrede  ao  eine  heidnische  personUubkeit,  und  sie 
Biaobt  ee  SQbvrar  eich  TorKosteUtin,  was  denn  eii^eutlidi  dar  Inhalt  jenes  selbständigen 
■trophiscben  liedes  gewesen  sein  so!!.  Sellistündiif  würde  e«  jedonfals  das  tlieina,  am 
8  sich  die  beiden  Strophen  drehen,  nicht  l>ehandelt  liaben  können;  die  beiden 
qtroi^en  könten  vielmehr  auch  nur  wider  teil  einer  cpbchen  dichtnng  sein,  in  der 
iis  ftufforderung  an  einen  heiden  oder  eine  bcidiii  zur  annähme  de«  cbrietüchon  glau- 
ifcena  rorkäme;  sie  mosten  also  BchliesBlich  doch  wider  ans  einer  ähnlichen  amgebung 
Itammon  wie  die  in  der  wir  sio  vorfinden.  Alles  das  ist  ja  wot  möglich;  aberbowie- 
Q  ist  es  durchaus  nicht. 

Immerhin  steht  e>s  mit  diesem  „liede"  in  der  Eaiserchronü-  wdt  besBer,  *Js 
it  einem  anderen,  seinerzeit  von  Bädiger  auf(^|jürten  und  von  HüUenhoS  in  die 
Bsenechaftlidia  weit  eingeführten,  Bcluhoe  ich  zu  meiner  Verwunderung  auch  bei 
iirüder  wider  vorfinde,  wenn  es  auch  hier  in  ein  otwae  ungewisseros  licht  gurüclrt 
.  Das  stück  gehört  auch  lam  Silvester,  steht  bei  Schröder  v.  9369—9399  und 
l  von  ßädiger  Ztschr.  t  d.  a.  18,  157  auf  vier  seebszeilige  atrophen  gebraoht,  deren 
Ifl  mit  einem  daktyliaohen  verspaar  schliesaen  seit  Die  erste  Strophe  handelt  von 
c  Verkündigung  der  gehurt  Christi  duroh  die  pnjpheten  iBraeis;  die  folgende  luutet 
oh  Bödigers  herstellung,  mit  der  iuh  miuh  xunücliat  besuliäftigen  muss,  relgcndoi- 
lesen:  (2.)  Er  itl  inxer  dmne  der  »ne. 

er  brdht  un»  aine  niiee  e. 
dö  tcarl  er  beaniten 
näeh  dfri-iBelumi  »ilr. 
dö  6r  tieh  nicht  länger  iie  leolte  lungcii, 
er  neKÖll  ainen  goteltthen  f/etcalt  üugmt. 
1  rnnss  bekennen,  dasB  es  mir  niemals  gelungen  ist,  mit  diesem  to^tte  einen  ertrüg- 
heu  ainn  za  vorbinden.     .Christus  brachte  un«  ein  neues  gusotx.    Da  wurde  er  — 
ulinittcn  nach  bebräisobem  brauch".    In  der  tat  eine  merkwürdige  batütiguag  des 
Den  gesetze&l  Die  gedanken  sind  so  unvereinbar,  dass  man  cdnen  fehler  der  überliote- 
ig  annehmen  müste  —  wenn  nicht  die  lücke  erst  dni'ch  die  textkritik  in  den  tadellesen 
aomroenhang  des  ütierlieferten  binoingorisHen   wäre.     In   allen   handsobrirtuD   steht 
ieohen  dem  dritten  und  vierton  verse  der  notwendige  vordersatE  zu  v.  3,  der  den 
r.  2  enthält :  i^i  wil  er  in  der  allen  i  vaa ,  (xticäre  sagen  ich  dir  da  ^) ; 
atrophe   zu  erlialten  hat  Rödiger  ilu  unter  Müllen- 
I  znstimmnng  gestrichen.    Ganz  zufrieden  ist  fKÜiuli  auch  MüllenhofE  mit  dum 
9  2,  ä  des  Rodi^rsuben  textes  nicht;    aber  das  wesenüidie  ist  für  ihn,   dass  er 
Mnsch  äusserst  besoh Verlieh"-  sei;  nm-  ,ei-wiinsohtor  wate  sclion  ein  bedeutsamerer 
Udrnck  wie  bei  Ek»o  10,  5  er  verdoUe  daa,  ci  m  battiilBn;    vielleiobt  abci-  hiesa 
■  M  dar  allen  6  tcarl  er  beaniltm'^.    Hit  dicsam  , vielleicht*  würde  also  durch  ein 
aitürohen  wenigstens  das  notwendigste  von  dum  inhalt  des  so  eben  ohne  jede  sach- 
B  b»gründung  horausgeworfenon  vorses  wider  hinein  gebrach  i     Da  ist  es  doch  wol 
sdischer  sich  mit  der  tatsache  zu  begnügen,   dass  die  bandscb ritten  einen  tadel- 
t  nberliefem,  der  keine  aussoheidungen  vertrügt 


556  F.  vooT 

Abor  näher  als  das  vorhergehende  ist  mit  vers  3  und  4  ja  das  folgende  nach 

Rödigers  interponktion  verknüpft:    „•  •  •  •  ^^  vraxd  er  beschnitten  nach  hebrftiachein 

brauche,   als  er  sich  nicht  länger  verbergen,   vielmehr  seine  göttliche  gewalt  zeigen 

wolte*^.    Was  kann  das  andei-s  heissen,   als  dass  Christas  seine  bis  dahin  verborgeoe 

gottheit  dadnrch  offenbarte,   dass  er  sich  beschneiden  liess!    Es  ist  wider  gerade  das 

gegenteil  von  dem  was  [man  erwarten   muss.    Wenn  Christas  sich   dem  jüdisoheo 

gesetze  wie  jeder  Israelit  unterwarf,   so  verbarg  er  doch  darin  seine  göttliche  gewait 

xmd  natur  vielmehr,  als  dass  er  sie  offenbarte.     Hören  wir  zunächst  Rödigers  text 

weiter; 

(3.)  Als  in  der  vater  her  heU  gesendet, 

dd  was  der  alten  e  ende, 

81  was  chomen  an  da%  trum, 

dd  ehom  [uns]  sanetus  sanetarum, 

f  dö  tuvalte  itoer  salbe  sdme  in  IsrahU 

und  gesdmenet  sich  hinnen  vur  niemer  mir. 

Über  das  e^  in  v.  2  bemerkt  Müllenhoff  nichts;  da  aber  nach  der  von  ihm  angenom- 
menen interpunktion  der  satz  mit  dd  den  nachsatz  zu  dem  Vordersatz  mit  tUs  bildet, 
so  muss  er  annehmen,  dass  seine  bedeutung  hier  im  gründe  auf  die  des  dd  hinaus- 
läuft (vgl.  die  anmerkung  unten).  Also:  „als  ihn  der  vater  hergesant  hatte,  da  war 
des  alten  gesetzes  cnde*^.  Der  Zeitpunkt,  der  hier  gemeint  ist,  könte  nur  die  mensch- 
werdung  Christi  sein.  Dass  schon  mit  dieser  das  alte  gesetz  zu  ende  gewesen  sei, 
kann  aber  doch  unmöglich  derjenige  sagen,  der  eben  hervorgehoben  hat,  dass  Chri- 
stas die  Vorschrift  des  alten  gesetzes  an  sich  volziehen  liess. 

Der  sonderung  in  Strophen  zuliebe  ist  hier  durch  die  wähl  der  interpunktion  der 
gedankcnzusammenhang  nicht  minder  gestört  worden  als  zuvor  durch  jene  unglückliche 
aussoheidung.  Jones  angeblich  daktylische  verspaar,  welches  den  schluss  von  2  bil- 
den soll,  ist  vielmehr  von  2,  3  — 4  ganz  zu  trennen  und  als  Vordersatz  zu  3,  2 
mit  dem  anfang  dieser  „strophe**  auf  das  oogste  zu  verbinden.  Dann  kann  aber  von 
einer  strophischen  gliederung  natürlich  nicht  mehr  die  rede  sein.  Nachdem  die  versa 
zwischen  2,  1  und  2  wider  eingosezt  sind,  lautet  also  nun  das  ganze:  „Christas 
brachte  uns  ein  neues  gesetz.  In  der  zeit  da  er  noch  unter  dem  alten  gesetz  war  — 
das  vorsichere  ich  dir  —  da  wurde  er  beschnitten  nach  ebräischer  sitte.  Als  er  sich 
aber  nicht  länger  verbergen,  vielmehr  seine  göttliche  gewalt  zeigen  weite,  so  wie 
ihn  der  vater  gesendet  hatte,  da,  an  diesem  punkte \  war  das  alte  gesetz  zu  ende, 
es  war  aufs  lezte  gekommen.  Da  kam  für  uns  der  heilige  der  heiligen,  da  verblieb 
hingegen  euer  schmutziges  gcschlecht'  im  Judentum  und  wird  sich  fortan  niemals 
wider  zusammenraffen*^. 

Was  nun  der  dichter  bei  dem  neuen  gesetz,  welches  Christus  brachte,  im  sinne 
hat  und  was  er  sich  unter  dem  Zeitpunkte  vorstelt,  wo  das  alte  gesetz,  dem  sich  der  Hei- 
land seinerzeit  durch  die  beschneidung  unterworfen  hatte,  aufhörte,  und  wo  er  sich  nicht 
länger  verbergen ,  sondern  sinen  gotlichen  gewalt  ougen  weite  —  das  kann  nicht  zweifel- 
haft sein.  Es  ist  Christi  taufe  und  die  mit  ihr  verbundene  Epiphanie.  Wir  wissen  ja 
insbesondere  aus  Usenors  religionsgeschichtlichen  Untersuchungen,  wie  sich  nach  der 
ältesten  christlichen  tradition  erst  bei  der  taufe  die  gottheit  auf  Christus  niederliess, 


1)  Dem  dichtor  ist  der  räumliche  begriff  von  ende  und  tmm  so  lebeadif  g«genwirtig, 
hier,  trotz  der  imgenaaen  anknüprong  an  den  Tordorsatz,  dd  yerwendet. 

2)  Ob  salbe  same  so  mit  Scherer  za  erklären  sei ,  mag  zweifolbaft  sein ;    der  gedankengang ,   auf 
den  es  hier  ankomt,  wird  dadurch  nicht  anders. 


ecmiüDKR  557 

und  wie  dio  wnrte  rlsr  himmlischen  stimme  nrsprÜDglich  lauteten:  vldg  fiou  tlaC-  tyä 
a^ftf^ov  ytyfnijxii  Ol,  Annb  nachdem  die  lezten  weite  durch  die  liekanten  tr  aoi 
ti'Söxijaa  ersezt  waren,  bli^b  die  feier  der  Epi}>1i&uie  bestehen.  Sie  geil  der  eigent- 
Ijuhsn  ersuheiniing  Christi,  der  offenbarang  aeiner  götlicben  nutur  durch  die  taufe  tmd 
durch  den  beginn  seiner  wandeitätigkeit  Auf  diese  beiden  momenta  beacbränken 
sieh  noch  die  Eiiiphaniasptedlgten  des  Ambroaius.  Dann  trat  als  erster  akt  der  Epi- 
phanie  die  anbetung  Cliristi  durch  die  drei  kÖDtgo  hinzu;  man  vereinigte  seine  feier 
mit  der  der  beiden  anderen  okte,  indem  maa  annatim,  duss  alle  drei  ereigoiSRe  an 
demselbim  Jahrestage  geschehen  seien.  So  wird  non  die  anbetung,  die  taufe  und  der 
be^'nn  der  wunder  neben  einander  orürtert  in  den  Epiphanias  predigten  z.  b.  des  Hil- 
debert  von  Tonre  (Migne  ITl,  4I0fg.|,   des  Honorius  von  Aatuu    (Spec.  occL  Migne 

843  fg.),  dos  dentschen  Anonymus  in  HofFm an ns  J'nnd gruben  1,  85,  In  den  kreis  . 
solcher  kirchlichen  traditioncn  flllt  der  inhall  ntiserer  Strophen.  Mit  der  boziehung 
auf  die  altlestamontliche  prophetie  und  mit  der  hervorliobiuig,  dass  es  nun  mit  dem 
alten  bände  zu  ende  sei,  begint  Hildohert  seine  Epiplianiaspredigten.  t>en  gedanken, 
Utas  Jesus  sich  eine  zeit  lang  dem  alten  gesetz  unterwarf,  dosa  er  sich  damak  und 
deshalb  beschneiden  liess  (dir  itU  er  in  der  alliyn  S  «a»,  dS  aart  er  br^nilm},  daas 
aber  seine  taufe  das  ende  des  alten  und  den  beginn  des  neaen  gesetzeH  hezeiuhnet, 
epiiubt  z,  b.  Ambrosius  in  Calat  4,  4.  Ij  aus  (Migne  17,  ap.  359):  {fHlim  Dei)  aiUffi- 
eians  k  legi  usqut  ad  lempus  bapti»mi  und  salraXor^i  aulem  aemsie  erat 
fitri  stA  lege  quasi  fUium  Ahrnhae  jfixta   ^am«m,    ui   eiraimoiim»  apparerel  it 

qvi  promitftis  Ahrahae  etc.  Aber  ideo  tittro  nemirtem  opartuit  cireumeidi, 
^ia  lamdiu  mrurrit  aigiium  quoadusque  ttnirti ,  qiit  prominsug  fueral  Texia/umm 
qua  juslifiealu»  M<  Ahrahatn  in  prarpulio,  ul  rrrdi^libua  non  ojiun  ail 
&\a  die  erscheinung  Christi  bezeichnet  alier  Ambrueins  die  taufe  und 
den  beginn  der  wundertHtigVeit:  ergo  quia  tune  primum  apjHtmit  Salratur  in  mundo 
ipga  dlt»  evdi^n  roralmlo  f!pip/iania  nuneupata  est  .  ..  Etsi  prtus  natva  ex  F*V- 
9*Ne  oeulin  eamaliliuit  vidibutur.  tarnen  non  apparebal  (er  laugenle  nih),  qutmiam 
virtulem  eftu  adhuc  fidci  acics  ignarabal;  ..  .  postea  enim  qttam  dirinilaUm  suam 
miraSüibuB  declnranil,  (er  voll  Hiirn  goleliehen  gewalt  ougen)  kumanis  mentUtut 
toMquam  novttg  el  inopinatut  apparena.  Ambroaius  sei'mo  VTII  de  aauuta  Epipha- 
1  (HIgne  17  sp.  019).  Vgl.  Rildebort  am  Epiphaniastage:  dical  eeeietia:  ^do- 
10  Jmu,  in  fiatali  ttto  inrenlus  et  kabitun  ul  homo  . . .  appare  ergo  hodie  aeoi»t- 
Atm  quod  fedes  etiam  super  Cherubim*,  et  sie  factum  est  Migne  171  sp.  410.  In 
deutschen  ijnellen  wird  der  gediinke  teilweise  mit  denselben  werten  wie  in  der 
Smaerchronik  ausgesprochen,  sc  in  jener  Epiphaniaspiedigt  Fdgr.  1,  85:  da  macht 
*r  da*,  vaxuer  xe  wine;  itax  aas  si»  erstex,  xeifhen  .  .  .  dii  er  bredigen  begmuU, 
damit  er  sinen  gotlXehen  geieall  eroffenle;  und  mit  besonderer  hervor- 
bebang  der  taufe  als  des  entscheidenden  Zeitpunktes  Ezzo,  Aneg.  15,  1  »ä  duo  näh 
d»r  toufa  diu  gotheil  sih  ouota. 

In  die   reihe  dloaet  gedanken  fügt   sieb    dann  weiter  bei  Ambrosius  wie  in  der 
Küserohronik  der  gedanke  an  die  vorbildliche  bedeutung  der  taufe  Christi:  praeodit 

Christus  per  baplistnum,    ul    Christiani  post  tum   confideater  populi   tubse- 
fuanlur  serni.  de  E|jiphania  V  (Migne  17  sp.  627),  und  in  teilweise  wörtlicher  über- 
tinstimmung  damit  der  schlass  unseres  „liedes' 
(4.)  Alle  di  nu  Christen  sint, 
di  lutixerti  alle  gottet  chtnt. 
rv7i  diu  suln  im  sine  holden 


in  der  [hiren]  taufe  näeK  »olgen. 

»utlhe  litt  rfww  gefe)(A»N  lietmf  rollextfrU 

di  hetitwfU  di  tp^ne  diu  tiiemtr  xtrySI, 
Aber  auch  der  bUhar  nuuh  uielit  erkliirto  ve«  2.  1  er  int  witvr  aU  4tr  *tti  üi  • 
die  Uure  xu  tlriulen.  Er  ist  ein  biMleulDanies  biDd<i{;lits(J  iwiMthen  itm  luamn  «tf 
die  mcssianlRcbo  weissagoDg  in  Rüdigers  erster  straphe  ddiI  drm  gedankcn  d«r  ük» 
gen,  dans  Chriotiis  mit  dor  tntife  das  neue  gesotz  begrünilet  hnbo.  Du  rem  bosiilit 
sich  auf  Psalm  &0,  S  lavalri»  me  et  »uptr  nitem  dtalbabtir.  Er  Wa^  ^m  (die 
aooeot  istaaffr  tu  Ionen):  „düi^Miige,  rou  dem  David  propbeseila,  dann  er  welaHrni 
werde  al»  der  aohoou,  ist  uiumand  aiidcts  als  Cliristus'^.  Diesü  dnutung  * 
bosondcre  auf  Uatth.  \7,  2  el  tratufiguraiuB  eil  ante  eo*.  El  raplmduit  fi 
tiieut  »ol,  Tenlimetila  aiitem  etun  facta  »unl  nifia  »ifut  nur.  Das  weim  wiin 
lugleidi  auf  dJo  reinigung  durch  dio  taiiro  Reutet.  8o  »agt  ÄmUrusins  de  n 
VIU  (Migne  Itj,  3!I0  fg.)  voo  der  taufe:  Aceeinafi  poxt  Imee  reaHntenia  ei 
ftw%iw  ijixiV  l^ophda  .  .  .  larabi*  tim  et  aaper  nivm  dealbn/i/yr.  Qiti  i 
iixalur  ...  ridettir  cant  muHdatus  .  ..  teevtidum  Eeangelium,  tjuia  l 
Candida  vettimenta  *ii^jtt  nix  usw.  Dbku  vargleiche  man  Orcgoriii»  in  Cantso.  Ow* 
tio.  V,  15  Spcfit*  fju»  ut  Lihani.  Inlerprttatur  avltm  Lihrattc»  d«albatirf  »Mrai»- 
didalio  .  .  .  per  eiim  eredente»  deathamur  uud  elNOda  li  IV,  B  Libama  ^ipft 
deatbatio  inlerprelatar.  Quid  ergo  jicr  Libamim  aigi  baplisma  inleUiffilir:  Dod 
IV.  ITi  in  baplitmo  quippt  dnaUtamitr.  David  bat  also  Christua  in  imina  w>»1«d 
:(ugluicli  als  den  begränder  der  taufe  prophozeit  nnd  der  vera  gohbrt  dniniiacli  mit 
dam  folgenden  er  bräht  utm  ein  ui'uue  r  auf  das  engste  lusaramen. 

So  behandeln  denn  nnn  die  ßödigers  liedo  entaprochoDdeo  venm  in  dandiaiiB 
oogeinesBoner  gedankenfolge  doxcliweg  ein  ganx  liwtinit  li(;gn>niloji  tliiima:  OtriaÜ 
begrnndnng  des  neuen  gesotzes  doroli  die  taafe  im  Verhältnis  aum  judontuiu  aJ*  deta 
alten  gasetz  nnd  besonders  im  vorhiilt^ia  lur  b«<KRhnpiduug.  .Die  jüdiaohoa  pnipliaka 
selbst  haben  Christus  gewössagt;  eine  wüsaagung  Davids  beiiuht  sich  sogar  auf  CluutW 
als  begrüDder  der  tanfe,  mit  dar  er  das  neue  getieti  gebrauht  hat.  In  der  leil  wo  Qbti- 
stns  aoiAt  anter  dem  alten  gesotx  war,  hat  er  aiofa  hextiluieiden  lassen.  Ala  «r  ^«i 
mit  seiner  göttlichen  gowolt  ofTen  heirortrat,  da  (mit  dem  aug<mbliuk  Hiincr  »piphanit) 
war  anch  das  ende  des  alten  gosctzcs  gekommen.  Für  uns  kam  da  dor  h««ljge  dar 
heiligen,  itir  atMr  bliebt  beim  Judentum  und  soid  dafür  für  allo  Seiten  ler^tivaL  Dia 
Christen  sind  nnn  Uottes  kinder;  danun  sollen  ihm  ulle.  diu  ihm  ergt-liun  Hind,  iu  der 
tanfe  Dai^hfblgeu;  das  bringt  ewiges  Istten".  Dieee  duruhwog  dnn  jüdisuhun  ntandponkt 
berücksichtigenden  ausfühmngen  sind  als«  an  einer  stelle  in  dirvkto  anradn  aa  üa 
Juden,  ja  in  dem  fibon  bolinndelten  tone  ttiwäre  nitgri*  ieh  dir  dax  in  dimkt»  adnidti 
an  einen  einzelnen  jndeu  gebracht.  Wie  soll  man  sieh  denn  ein  selbständiges  IM 
vorstellen,  dem  dieso  «^rteningen  angehörten?  Sie  passen  elien  nar  ii 
besttmte  sitnatiun  hinein  —  uud  diese  ist  duruh  die  in  der  Kaisaroliruuik  «or« 
dtn  Tenie  gegeben.  In  d«r  disputatian  iwisuhen  judnu  nnd  nhrivtjin  hat  ä 
der  Jade  Didnscali  anf  die  eJnsotxuDg  das  gceetGca  der  liexrhncidnng  dorck  ( 
frni.  I>ie  patriarohen  und  Hoaes  hoben  es  orftilt.  Jesus  salbst  habe  i 
hflbitisuber  mtte  besofaneiden  Isswn,  Wer  dies  gesetz  muht  hall«  sei  verloren.  Utmf  ' 
die  sntwbrt:  „gewiss  haben  siuh  nlle  Isrsreliteu  besehneiden  lassen,  von 
seifen  bis  auf  alle  dio  iirophcten,  die  aber  Bulien  L!bristus  verkündigten"; 
gehl  GS  in  den  mitgeteilten  nnsführangeu  weiter,  die  eine  ganx  gunaai.-  c 
anf  diA  hehnoptnngen  des  Juden  enthalten.    Dieser  gniixo  pa.'QUs,   dnasoo  \ 


ÜBER    EllBKBCUROnK   I 

[Iwdenuig  sich  snhon  als  □nmöglich  erwies,   ist  also  offeubar  von  Tornberoiu  für  den 
SUsammeDhaDg  gedichtet,  in  dam  er  vorließ 

Ich  denke,  das  ollae  wii'd  genügeu,  um  dies  „lied  in  dur  K«iBerchrouik'",  wel- 
les  adjou  in  den  aeu^aten  auflagen  von  Ooedckea  und  tod  Kobi-i'steioK  gruodrisB 
lUkt,  ans  der  dKutsohen  litteraturgesohichto  za  beseitigou. 

Nar  erwartet  mso  viellmcht  Doeh  eine  erUämaf;  der  „dnktyliHuheD"  vei'se. 
US  sie  tUr  di«  ab'opbiaohe  gUederung  nichts  beweiaeo,  da  siu  in  einem  falle  gac 
ebt  an  das  ende,  eondera  iu  den  aofon^  der  strophe  fallen  miisten,  int  schon 
uoerlcL  Dass  bei  d«a  meiwUui  von  ihnen  die  daktylen  niüht  elms  iwangsmittel 
hetuaskuininen,  davon  kann  sieh  jedf-T  bftim  skandieren  der  mitgeteilten  verse  über- 
leugen.  Zn  ihnen  kernt  nur  nauh  doa  nttrbt  bessere  verspaar  am  sdJusse  der  eisten 
Itmph«:  vii  der  yolef  fttm  von  himel  an  die  erde  ckom,  eon  einer  magede  mart  er 
•NA  u  trdiU  gebom,  wo  Rödigur  um  des  inetnuns  willen  trart  er  streicht,  Heusler. 
'Zw  gesch.  dei'  nlld,  verskunet  s.  72,  liut  si^bon  mit  vollem  roohtu  bemerkt,  dasa  diese 
verse  keine  metrisuhe  Sonderstellung  einnebmüu.  Die  Kaiaei'uhronik  n-immolt  von 
iuben,  bei  denen  iiii^ht  selten  ein  daktylischer  rhythmus  viel  besser  durclixufiih- 
lea  wire.  So  ficdeo  siob  in  ntichgter  Umgebung  unseres  possus,  auch  no<:h  in  der  dis- 
potatiou  mit  Didascali  verso  wie  die  folgenden:  dU  rede  uiU  ich  dir  IxLt  wtderteai- 
Vttti  diu  ixt  ain  süle  vor  gute  koI  gehaHel,  xtiner  itärhaiU  teirt  er  ««  jdngast 
<tHr  brdht  du  svlUsl  dich  der  rede  bd*  fiän  beddht.  tnU  du  in  36  grö*e>n  sunderi 
'  ■nattcrben.  du  »oll  oueh  min  rede  noch  pax  verstau,  sä  uas  oueh  Abraham  i  goU 
Ktp  »6n»ckom  1«  von  der  beamdunge  niel.  und  na  uiitsen  Hoch  nekakier  hesnf' 
niet;  oder  sonst  im  Silvester;  düneuttUft  dick  ton  der  irügehail  keren  aö 
ti  lifm  Ihiriielifn  hirren  (8240  fg.).  lidi  dir  dax  tt4t»nan  getägen  tiemäe 
t&i&l).  noch  viinnivken  herxe  redintea  nemde/t  (8290).  vü  münigiu  uünder  er 
iurh  dii  wörhte  (8631),  d^  über  güiucel  ir  bä»iu  geträe  (8634).  da  »er- 
ir  minee  irehlinea  tehüre  (8Ö3T).  durok  däx  sprach  er  lirahel  habe  mich 
an  8(t50  usw,  usw.  Ja  wörtlich  dieselben  veme,  welehe  Itödigers  daktylischen 
Stropbenaa3gäiigi.'ii  angelioren  sollen,  kehruo  auch  anderswo  in  der  Eaiserchrouik 
wider.  Die  beiden  losten  der  3.  atrophe  finden  sieh  nach  889/90  in  der  form  iirer 
{aalbt  fehlt  1.  2)  filme  in  ürahiie  engcuamenöt  eih  niemer  mire,  wo  doch  von  dak- 
^lisehem  rbythmiis  gar  keine  rede  ist.  Und  docb  soll  da  dieselbe  stropheaform  eu 
gründe  liegen,  und  891  —  96  sollen  eine  stroiihe  bilden,  obwol  891/92  syntaktisch 
sieht  sam  folgenden,  soadem  zu  889/90  gehöi'OQ.  Dass  dieser  stelle,  welche  Christi 
die  töchter  von  Jerusalem  im  tuisctiliisB  an  die  bibel  bebandelt,  vollends 
Aüht,  wie  MüllenhoIT  meinte,  dasselbe  gedieht  zu  gründe  gelegen  haben  kann,  von 
mitgetoilten  Strophen  konstrnierto,  geht  aus  den  obigen  ansfüh- 
nngan  Aber  deren  inlialt  E»*eifBtlo8  hervor.  Übrigens  bat  fiödigei  im  Rolandahede 
dieselbn  cbarakteriatische  vienduug  nsc^h gewiesen  («o  ne  gesamnet  »ieh  der 
trÜiiMheii  fre  hintie  rure  nimir  tnfre),  was  nauh  Bchrüders  hypothese  über  den 
verfosaer  der  Kaiserclironik  widcvum  dafür  spricht,  doas  die  fraglichen  verae  dieeem 
Ibet  luiuweiseii  sind.  Niuht  bemerkt  luiben  RöiLiger,  Mülletüioff  und  Schröder,  dasa 
leh  die  beidrn  leiten  veise  der  leiten  atrophe  Itijdigera  sich  schon  früher  in  der 
ihronik  finden.  Die  ointige  wirklich  ganz  daktylische  zeile  des  ,liedee''  4,  0 
0  der  feiTU  der  benixtet  di  antnne  diu  nienirr  xvgäi  sehen  8859;  4,  5  bildet 
Tonn  ici7  du  an  dem  gelouben  denne  rollealiin  don  v.  2973;  strophlauhe  glie- 
komt  beidemalit  nicht  in  belrarJit.  In  allen  ^en  handelt  es  sich  einCanh  um 
widmliolung  der  eigenen  verse,  wie  sio  bei  dem  dichter  der  Kaiserohrouik  in  so 


soo 


'.   TWT 


xablreichea    beispieleo    naohgewiesen    ist,   und  die  trt,    win  nr  sin  widarkcdl 
dtma  Hie  ilini  nicht  als  t^standtoile  oioer  BtrophiBchea  form  Kttlten 

Ww  tob  Bolion  andeutete,  bat  äolirüder  oicht  soblecbtw^g  Rödigara  i 
lUgeDominon.  Die  berstelluDg  der  beiden  ersten  bexeiobnHt  er  als  UDijicbflr  niid  08" 
nuHsRhoiduugen ,  mittels  deren  Bmligor  zn  ibneo  gebuigte,  nimt  nr  nicht  vor.  Atwr 
die  dritte  und  vierte  stropbe,  meint  or,  seien  deutlich  erhalten.  Da  "t  abxT  nach 
B«iuer  inteT|junl[tion  den  vura  3,  1  tu  Rödigers  tweit«r  stroiibe  siciht,  während  nr  ihn 
durob  pnnkt  vom  fiilgenden  trent,  sa  veratebe  ich  nicbt,  wie  sr  in  3,  1  überhaupt 
einen  stropbenanfang  selten  Icann,  geschweige  denn  einen  duutikuhen.  Dbri|;eoa  eet- 
spricbt  auch  seine  intcrpunlition  nicht  den  nnfoTÜcrnngen,  die  sich  ans  iem  i>bea 
öMsgoführten  ergeben,  Die  veree  dif  trU  iv  in  rfw  altm  f  wa»  usw.  ninht  «r  in  tr 
brdMI  uns  ame  niat  f.  sbklt  zu  dti  wart  m-  be»ftiltn,  and  die  verw  M  rr  »iek  nAt 
langer  usw.  sind  weder  Tom  vorberfehendon  aubarf  getrent  noeh  als  * 
da  uoM  der  alten  i  tniU  gefasst 

Andere  dichtungen  als  die  Crescentia  nnd  die  beiden  Üeder  aus  dor^ 
cbronik  herniwuuichäleu  untemimt  ttelifnder  nicht,  wenn  er  auch  x  _ 

dasB  in  deiu  leisten  teile  des  weiteB  widenim  EWei  kleinera  gedichto  bonuct  ■ 
Die  aelbatündigkoit  dea  FanstäDionus  lelint  ot  luit  tvoht  gegen  Scberor  ab,  ebauo 
natürlich  die  des  Silvester,  dessHn  Bugehorigkeit  xur  cbronih  inzwiauheu  durch  iia 
Trierer  frngniente  erwiesen  war.  So  bleiben  von  erkenbnren  spuren  aelbatäodiear 
L  der  Eaisercbronik  nur  annh  die  aus  dem  Annolicile  und  die  an*  dOB 
18  priester  Arnold  stammundon  stiicke.  Aber  auch  da.'«,  waa  von  von- 
herein  fiir  die  chronik  gedichtet  war,  stamt  nach  Schröders  darlegnng  nir'ht  vod  ainar 
band.  Ein  ftlterer  Regeni^burger  geistlicher  hat  die  eiiil«itung,  den  Tiberius  und  den 
Silvester  gedichtet,  auch  den  plan  des  ganzen  werkea  ratworfsn.  län  jiingvrur,  pMh 
Konrad,  der  dichter  des  Rolandsliedes,  hat  sich  schon  la  lebxeiten  des  Utenn  i 
dem  werkä  beteiligt  und  nach  dem  todo  denselben  die  grosse  dichtung  zu  «ode  |j 
Die  auf  a.  03  rg.  bofiirwortete  annähme  eines  dritten  mitarlwiters  lieht  8abr0 
ter  (b.  439)  xurUck. 

Von  grijstem  Interesse  wäre  es  natüi'lieh,  wenn  sieh  von  der  arbeit  d 
dichteis  noch  etwaa  in  einer  alteren  Taasung  nachweisen  llesne.  DuriJi  ein«  oingo- 
bende  vergleiohung  der  Silvosterbraohi^cke  mit  der  Kaiserohronik  nnd  der  latM- 
nisohen  qUL'Ue  hatte  Bödiger  Ztsolii'.  f.  d.  a.  22,  162  Tg.  lu  etweiaou  gesuohl,  dias 
EWisoben  deti  deutschon  dic^htungen  kein  unmittelbaros  abbängigkuitsverhültuiB  bwlidia, 
dass  sie  vielmehr  beide  auf  eine  lUtcre  dtmtxoiic  relmdminik  xurüukxutühnui  nuton. 
Für  die  uDabbfingigkeit  der  Trierer  fj-agmente  (S)  von  der  Kaiiorobronik  (KJ  Kinlelit 
nach  Küdigon  ausföhrungen  iusbesoodere  der  umstand ,  daxs  S  vielfach  im  gegaiuali 
an  E  mit  der  lateinischen  qaello,  dar  bei  Mombritius  widergegebenen  venimi  itar 
SilrcBterlegende,  übereinstimt.  Dem  entsprechend  bvxeiuhuut  denn  auch  ScArCilar 
8.  43  (vgl.  Öl)  die  Trierer  ftvgmonte  geradezu  als  ein  ittück  von  K  I,  d.  h.  von  den 
werk«  des  ältesten  dichter«.  Dagngen  erklHrt  er  in  der  aumerkung  xu  7W(),  daaa  tr 
aicb  inxwisuhen  von  der  nnhaltharlioit  der  in  dnr  sinleitDng  angcnomminian  oniudil 
Rüdignrs  überxongt  bitbo:  .Dichta  üi  diesen  brnchslüok'.-n  weint  uImjT  die  Raisereliraoik 
hinaus  rackwArts,  es  ist  mir  vielmehr  itarofaaus  wahrauheinlicb, 
Ctoe  (rreilich  »ehr  gute  und  alle)  tiandsubnft  der  fbronik  vor  eich  halle  and  a 
dieaer  di«  quelle  der  obronik,  di»  AuU  8.  Silvestri  (btn  Uombritina  U,  s 
•enwündig  neu  benoate".    EH  wKro  xn  wünstdum  gnweson,   i 

a  hillte,  was  ihm  gI^g^n  RJldigers  sehr  beaobtengwatto  p 


gvrur,  pMh 
«ran  oaHMB  J 

t  ümWIH 


661 


I  leider  stim- 
,    streicht  das   trider, 


Hob  entsobeidend  gewesen  Rei.    So  maas  man  schon  selbst  die  ganze  verglr-ichuag  der 
1  vornehmen.     E^o  solche  hat  mich  allerdings  auch  in  der  hanpt- 
'feacho  xa  Sohröders  nener  außaäsuug  bekehrt.   leb  luinD  hier  Datürlioh  nicht  die  frage 
in  allen  einseinen  punkten  bebandeln;   con  besonderer  Wichtigkeit  ist  tür  mich  der 
folgende.    In  der  Kaiserchronik  gilt,    was  Rodiger  entgangen  ist,   Helena  vor  ihrer 
taufe  doitihweg  nicht  als  Jüdin  sondern  als  heidin.    In  dem  biiefe,   den  sie  an  ihren 
a  Constatitin  nach  seiner  bekehning  Bchreibt,  heisst  es: 
du  «Ott  virier  an  imger  gole  jtken, 
diene  den  tnil  trimen. 
Die  handschrift  2  liest  una(mi  ^l.   I.  6.  6  haben  dem  st,  den; 

a  handsoliriften  übercin.    Rodigor  seit  den  singolür 
ndcm  er  es  für  ganz  verkehrt  erklart,  und  nachdem  er  so  die  auffordcnuig  zum  hei- 
ratom  innicitzukehren  in  die  zum  Judentum  üt«rzutreten  verwandelt  bat,  tadelt  er, 
}  Helena  im  weiteren  inbalt  ihres  schräbens  gar  kebo  gründe  für  den  vorxug  des 
disclien  glaaboas  geltend  eq  machen  wisse,  dass  sie  den  Conslantin  dagegen  auf  das  hei- 
kel seines  heidnischen  vaters  Coostantius  hinweise.    Aber  die  Kniserchronik  sagt  eben 
lirgends,  dass  Helena  Jüdin  gewesen  sei;  sie  bbxI  überall  voraus,  dass  sie,  die  Triererin, 
t  ihrer  bekehrung  keinen  anderen  glauben  als  den  heidniacheD  ihres  gatten  und 
s  Bobnee  gehabt  habe.     8o  spricht  denn  auch  aas  dem  ganzen  briefo  an  den  söhn  die 
entrüstoDg  darüber,  dass  er  diesem  glauben  nntrea  geworden  sei;  und  als  der  söhn  sich 
dagegen  rechtfertigt,  droht  sie  ihm,  als  eine  echte  übele  heidin,  sein  ganzes  reioh  zu 
3  der  obristlichcD  bctrngerei  lassen  wolle.     In  8  dagegen 
ihreibt  Helene  sehr  vereohnlich.    Sie  freut  sich,  dass  Constantin  dem  gotzendienst  sei- 
r  vorfahren  entsagt,  dem  glauben  an  einen  gott  sich  zugewendet  habe;  nur  mbge  er 
a  statt  des  Christentums  das  Judentum  bekennen;  dann  werde  er  werden  wie  Balomon 
d  David.  Von  Constantins  antwort  und  der  darauf  (olgenden  drohung  der  matter  Qndet 
]  S  nichts.    Alles  dies  entspricht  im  gegensatze  zur  Eaiserchranik  bestens  der 
heischenden  tradition,  nach  welcher  Helena  Jüdin  ist,  nnd  es  wird  deshalb  von  Bödigar 
r  ursprünglicher  gehalten;  es  stimt  auch,    wie  ßödiger  zeigt,  mit  der  lateinisohen 
qaeUe  nberein,  und  das  fiUt  natürlich  an  sich  für  S  in  die  wage.     Gleicbwol  Ifisst  sich 
nachweisen,  dass  S  hier  die  fassung  E  vor  sich  gehabt  und  geändert  hat.    Auf  Helenaa 
Arohnng  sehreibt  ihr  Constantin  in  E  einen  briof,    in  dem  er  ihr  alles  liebe  entbietet, 
in  eohn  seiner  mutter  entbieten  solte,   wenn  sie  von  ihrem  zorne  ablas- 
'olte.    Hiervon  weiss  die  quelle  nichts,  and  auch  S  solte  nichts  davon  wissen, 
I  es  ja  ebensowenig  wie  die  quelle  Helenas  zornige  drohung  berichtet  hat;  trotzdem 
t  auch  8  diese  verse;   es  muss  also  hier  den  text,   der  die  Voraussetzung  fiir 
Belben  enthält,    d.  h.  eben  E,    zur  vorläge   gehabt   haben.     Und   ebenso   ist   es  im 
gendeo.    Auf  gnind  der  annähme,  dass  Helena  heidin  sei,  fasst  E  den  streit,  der 
hrischen  ihr  und  Constantin  zum  austrag  kommen  soll,    ganz  nach  dem  vorbilde  des 
genwSrtigen  gi-ossen  kampfes  zwischen  cliristeatum  und  hoidenliun,    ganz  nach  dem 
voibilde  der  kreuzzüge  auf.    Dass  schliesslich  bei  der  dispntation  gegen  die  Christen 
nur  das  Judentum  zum  warte  komt,    hindert  ihn  nicht,  Helena  ihr«  disputatoren  aus 
nsd  Juden  zusammensetzen  und  sie  ein  grosses  heidnisches  beer  zusainmon- 
Eu  lassen,   gegen  welches  denn  nun  die  gewaltigen  christlichen  scharen  Cou- 
,  olle  mit  dem  roten  kreuz  bcxeichnet  und  nach  den  Für  die  lu^uzfahrer  gel- 
1  gesetzen  ausgemustert,    über  das  meer  beerfahrten;    und  zwar  geht  der  zug 
h  Tumz,   wo  die  dispntation  statSnden  scU.     Alles  das  ist  natürlich  widerum  der 
)  fremd;  es  findet  sich  aber  in  S,  das  doch  Helena  für  eine  Jüdin  hielt,  ebenso- 


wol  wi«  in  K,  jft,  obwol  S  hier  uftch  der  qaelle  ein  in  K  fshlendes  sdiroib 
BliotinB  eiofliutit,  naub  velobem  di«  disputation  ia  Koin  sUtiiniiaD  eoü,  : 
nuhber  ebenso  wie  in  K  Torax  der  ort,  wo  üu  abgohalten  wird.  Alloin  wird  4 
die  kroDe  dadurdi  nafgenezt,  doss  Helaon  nach  ei-ufnung  liet  vi'te&mlujif;  ilurcb  mu» 
der  quelle  wider  feblendo  rede  des  Silvester  nickt  nor  in  K,  sonili^ru  auch  i, 
nrnahat  wird,  dio  verelining  der  goldenen  und  nlbornen  giitter  nnfaugebna  — 
die  uaoli  S  zuvor  den  CouBtaathi  begtiickwünacht  batte,  daas  er  meh  von  d«n  fcoltai 
dieser  abgötter  dem  des  öineu  gutlea  »Qgvwant  hubel  —  In  8  stehen  hier  aUn  an 
widerstreitende  auflasBungeo  nubeu  oiaander,  wie  aie  unmegllob  dorn  köpfe  ^iiie»  <lidi> 
tera  ents[iniiig:en  äeiu  kennen.  %e  urklüren  sieh  über  aebr  einbob  dadurub.  4asa  6 
eine  wenentlicb  mit  K  übereinstimmende  vorlag«  aas  der  labiinisuben  quelle  tu  argto- 
sen  und  au  berichtigen  suclite,  ohne  doch  dabei  nlie  konsequi-nzMi  au  licbvn.  ^ 
bei  einem  durcbaua  einsichtigen  und  soi^fiUtigeu  verfabreu  bMten  gntogett  ) 
müaieu.  Ibt  aber  einmal  □  aehge wiesen ,  da«s  8  die  lAt«inii«che  nuvüe  und  I 
einander  bcuu;ite,  ho  beweist  seine  überüinatimmuug  nut  der  eHtunoi  g 
haupt  nicbt»  mehr  fiir  da»  olbir  von   6. 

leb  mu3a  es  mir  vomngeD,  auf  alle  anafiibrungen  der  godiegenim  tdnWtMfT  I 
einiugehen.  Von  bwoodernm  interaase  fiir  die  deutsche  UUeraiuigeecbichtn  aind  did 
amleutungen  über  dat  vuiliältnis  der  EaiserohronLk  tum  Rolandslied.  die  SchrMv 
anr  stütze  seiner  bebanten  hyputbeae  vuu  der  idoutiUt  des  verbssers  dm  baid« 
dicbtungcn  schon  bier  gibt.  Ibre  weitere  ousführung  wird  anoh  die  frage  nkdi  iar 
ansammcDüeteung  der  KniKcrchronik  wie  die  naeb  dem  ausaninicnhaug  wiebügm  l/f- 
(«Tarischer  erseheinuiigen  des  12.  Jahrhunderts  wider  aufnehmen 
mehr  in  seinen  einzeüieiten  beleuubten  und  dsj'slelluu.  So  aehen  wir  dem  b 
Konrnd  von  Bdgensburg  mit  s{i&uiiuDg  und  mit  guten  erwarlungen  a 
aueb  schon  für  das  vorUegende  werk   gebührt  Sabrödcr  der  dank  aller  Uahga 

BRESLID.  F,    VOOt. 


1  Juli  UM  Sebmedes. 

dluug  fusst  nuf  der  scbrift  roD 


Uutersuehuugen  über  den  »til  der  open  ßother,  NibeUnganli^ 
r  disHortation  1803. 
D  Heinzol  übvr  den  stil  der  tUg 
poesie  (1875)  und  sucbt  die  dort  (iiv  dio  alliterierende  possie  nachgewiM 
regeln  in  de>u  divi  hervorrageuddlen  volksepen  der  mhd  (■eriode  te^tzustellwi. 
gegenständ  beschränkt  sieh  daher  auf  die  epiafben  tugentümlicbkäiteu  im  gebnudb 
des  e)utbelons,  dee  pronem^ns,  der  npiKtaition  und  der  in  {farallden  satttKileu,  attaoa 
und  satzverbindnogoD  erscheinenden  varialion  der  auasage.  Dur  vurfauer  hat  den 
auch  bei  dieser  boBchrttokung  immer  noch  reiobeo  stolT  methodisch  geaicbtet  und  mit 
Sorgfalt  lusammeogeatelt  (g  IT  ist  N  "19,  2  irtänüich  mit  anfgenonimi 
lung  ODtbtilt  eine  reihe  iuterosaantei  und  für  die  erklürang,  xuweileu  aauh  tbi  dJa 
textkritik  brauchbarer  beobaublungen.  In  der  aulliuisung  jedoch  iJbiit  uuh  der  vuCm- 
aer  tu  aohr  dureb  Heinzele  auf  noch  andoron  voraussetiunguu  banibundvs  urtcal 
bostimmeu.  Die  vorliebo  für  malerischen  und  paütetischoo  ausdruck  kann  t 
die  Ursache  gewesen  sein;  eine  bis  in  die  filtere  periode  hinaufiaic-heiado  t 
teobuili  ist  aiebur  noch  teilweise  wirksam  gewesen  und  l&ast  sieh  n 
suobungen  niobt  in  abrede  stellen.  An  rein  formelle  gründe,  die  < 
poasie  erst  hervorgebracht  waren,  denkt  der  ver&sser  aueh,  hat  ihnut  ■ 
geringe  bedeutung  beigelegt     Das  r«imbediit&iiB   an  sieb  muslo  >■  b.  ) 


iisbQo  Tunrcndtmg  der  mit  fnaH,  telp,  meil,  degsn,  rieh,  guet  gebildeteo  epftheta 
radexu  heratisrordeni.  Wenii  daher  der  Verfasser  an  den  „iDterpolBtoren"  des  Nibe- 
ngenliedes  lobt,  dass  eis  jene  eigentümttchlceiten  nix'h  in  beträehttichem  amfang 
^pn,  90  wird  daa  nur  ein  scheinbarer  vorzng  sein,  lumal  die  Verlegenheit  wegen 
Dang  des  versee  oder  der  strophe  oft  zu  ersiohtlicb  ist.  Ühntich  wird  man  über 
las  ei^ebnis  nrteilea,  dass  die  drei  redaktiooen  in  bezog  auT  diese  altertüniÜehkeit 
tfes  »tils  sich  etwa  glaiehstehen;  man  wird  di^ahalti  audb  den  rolgeruogen  b  hezug 
■nf  die  grösser«  Originalität  in  A  oder  in  B  niobt  zustimmen  können. 

TBÜB.  KMIL   S£TTmR. 


Das  drama  dos  inittelalters.  Herausgegebäa  von  dr.  R.  Fronlng.  [Kürsctmars 
üeolwJw  nalional-littorator.  14.  band,]  StuttRart,  Union.  (1892.)  VUI  und 
1008  a.     7,50  m. 

Das  droma  des  mittelalters  in  einer  gesaniiübersicht  anter  widergalu  der  besten 
.  wichtigsteD  erzeugnisse  sur  darstellung  zu  bringen,    wiir  eine  sehwierige  aber 
inkenswerte  aafgabe,    deren  läsung  bisher  noch  nicht  gegtüufct  war.    Zwar  war  der 
Benhaftis  steif  duroh  eingebende  anteisuahnngen  über  einzelne  spiele  nnd  spielgat- 
ngen  und  durch  herausgäbe  von  spielen  vorbereitet;  alleiu  die  kritische  sichtang  und 
lEWshl  des  2U  erstannlicber  höhe  angewachsenen  materials,   wozu  sich  dann  noch 
odeohriftliche,    bis  dahin  kaum  bennzte  oofzeicboungen  geselten,    erforderte  eineu 
IMDeDen  nnd  nachdenkeudeu  forscher,    dem  gleichzeitig  ein  grosser  zeitiaum  nnd 
iche  ninsse  für  die  bearbeitnng  zur  verfügang  stehen  muste.     Dr.  Froning  hat  sich 
mr  sohwierigen  aofgabe  mit  lobonswertem  eifer  und  bowondernswertcr  ausdauei 
mdmet  nnd  sie  zur  voUeo  befriodtguDg  aller  beteiligten  kreise  gelöst.     Er  bat  dem 
I  der  Eürsohnerschen  samlung  entsprechend  zunächst  dem  grossen  gebildeten 
niblilnuH  das  Verständnis  des  mittelalterlichen  dramas  vermittelt,  indem  er  in  der  Tor- 
i  ausgäbe  die  spiele  in  ihrer  dramatischen  bedeatung  vorführte;   er  hat  aber 
l>  den  fbrderungen  der  gelehrten  kreise  reohaung  getragen.     Denn  die  einleitungen, 
9  den  betreffenden  abschnitten  und  spielen  vorangeschickt  sind,   geben  den  wfln- 
lehaaswerten  auAiihluss  aber  die  entstehung  untl  Verbreitung  der  spiele,   sowie  über 
B  handachriften  nnd  die  vorhandenen  ausgaben ,  und  die  texte  sind  faßt  durchgängig 
r  Zugrundelegung  der  bandschriltlichen  Überlieferung  nach  den  besten  ausgaben 
Dazu  kommen  sehr  sorgfältige   wort-    iind   sinerklärungen ,   die   in   die 
imerkungen  verwiesen  sbd. 

Auf  den  folgenden  blättern  werden  wir  eine   Übersicht  über  dsn   iobalt  des 
nfangreichen  Werkes  geben  und  daran  einige  bemerkungen  ansuhliessen. 

Wie  es  natürlich  war,  geht  der  rerfasser  von  dem  gedanken  aus,  dass  das 
amatisch  angelegte  ritual  der  mittelalterlichen  kircbe  der  aosgangspunkt  für  das 
ama  gewesen  ist.  Der  kurze  Wechsel gesang  zwischen  den  drei  Marien  und  den 
Bgdn  am  grabe  bildete  die  gruediage  für  dio  lateinischen  osterfeiern,  mit  denen 
^  verbsser  naturgemäsa  sein  werk  begint.  Hier  war  das  feld  durch  Miluhsaoks, 
Inges  and  Wiiths  Untersuchungen  geebnet.  Nach  einer  sehr  ztveckmIfSGigen ,  die 
DtwichluDg  der  osterTeieru  ie  Deutschland  darlegenden  einleitung  werden  naub  Langes 
t  eeohs  lateinische  osterfeiei'n ,  nümbch  die  St  Oaller,  Bamberger,  Strossburger, 
,  Augsburger  und  Nürnberger  zum  abdruck  gebracht.  Tjan  blieb  jedoch  bei 
Br  tdnfaobeu  osterfeier  nicht  stehen ,  sondern  man  löste  sie  vom  gottesdienats 
M  erwnterte  sie  in  einem  ostetspiel,    führte  die  deutsche  spräche  ein  and  fügte 


i 


weitere  aoauna  kinxu,  uaineutlioh  die  krämeracönu.  Als  den  värtroter  daa  oiu  dM 
osterfeieru  hiirvorgegtuigeaeo  ilramu  bat  der  Verfasser  das  im  13.  jabrtinndatt  MiMn- 
doDB  Trierer  oatarspiel  natih  der  vielioicht  dum  14.  jabrhtuulort  angshöroodaa  liuid- 
fichrift  der  Trierer  Btadtbibüotbek  abgedniokt,  I>&  jedooh  dioeem  osterspiole,  «fawid 
es  diu  ^^rundlage  für  allo  ostorsiiiele  der  ersten  gattung  bildet,  nichtig«  eueneii  feblwi, 
HO  bat  der  vurfasser  die  kr^mervi^ecie  aus  dum  Wulfen büttler  uud  dem  3.  Eriaa« 
spiele  (die  deB  lexteron  eaUiült  allein  942  verse),  Boduin  die  Tbonms-  and  apoMUl- 
BCene  aus  dem  lunabrucker  und  WisDer  osterspiel  und  die  spostelscebe  aue  dem  Stw- 
zinger  OBterspie!  hinzugeriigt.  Sodann  folgt  s.  107  —  198  dar  abdmck  des  Redeatiiwr 
osterspiots  als  dos  vertrotere  des  in-eitee  eatscbieden  volketü  milch  gehaltenau  CMet- 
dramas,  dessen  handlung  b  gewissem  sinne  wirklieti  dramattM^h  duruhgsfubrt  wurdn 
itit.  In  der  eialeituDg  eu  diesem  B|iiele  spricht  eieh  dar  berauagcber  libur  dio  IM- 
denz  des  dem  eigentlichen  ostenspiel  ongefttgtea  teufelsspielee  so  aus,  das*  M  Tom 
bösen  abschrecken  und  dem  zasehatior  die  mittel  in  erinnemng  bringen  solle,  mit 
denen  man  deu  teufelu  begegnen  könne,  während  das  oeterspiel  oder  oigejiülob  da« 
spiel  von  der  aofervtehong  Christi  sur  naohfolge  Cbrtsb  ermutiguo  doUd.  leb  kaoa 
dieenr  ansiebt  nicht  beistimmen.  Wie  in  allen  oeterspielen  der  uweiten  art  dio  tanM, 
die  durch  die  darstellung  der  höUenCahrt  Christi  eingeführt  worden,  xu  ciliar  fae4«D- 
tungsvollea  aktlon  gelangen,  so  gescbieht  es  aucb  im  Bedentiner  spiele,  nur  dass  üb 
teufel  hier  in  einem  besoodern  t«ila  des  Spieles  uud  in  grösserem  xusvntnAnhaajia 
als  in  den  andern  oeterspielen  aoflrelen,  während  ihre  einfüguDg  mit  gleiuhem  swoeta 
wie  sonst  geschieht.  —  Zur  herelellung  des  textes  bat  heir  Fronisg  die  Kvlmite 
handschrift  benoEt,  nod  die  zaUreieben  abweichangon  von  Mone  wagm  Ten  te 
ausserordentlichen  Sorgfalt  in  der  benutinng.  Die  litteratumacb weise  über  lUa  BmUs- 
tiner  spiel  u^beiuen  mir  jedoch  nicht  vulatändig  zu  sein.  Es  febli.<&  lAtnndurfli  gat 
Woestes  aufelftze.  Interessant  wäre  d«r  nachweis  des  franzosischen  uinfloesm  giituwii, 
worauf  Ooedeke  hingewiesen  hat. 

Als  anhtuig  zu  den  ostorspiolen  wird  das  Tegemsoeer  drama  vom  rStniaclMB 
Kaisertum  deutscher  nation  und  vom  antichrist  nach  Zezschwitz  und  das  cuttaf^pid 
von  Muri,  das  älteste  deutsche  osterspiel  aus  dem  anfug  des  13.  jabrfaundarti,  aank 
Bartsch  gegeben.  Das  erstete,  den  Ltidus  pasohaUs  de  adventu  et  iutarita  AotiohlVti, 
kann  man  doch  nur  insofern  ein  oatersplel  nennen,  als  die  darin  angedeutete  wUm- 
kunft  Christi  zu  ostem  erwartet  wurde.  Nichts  desto  weniger  mOohten  wir  linmi 
gedankenreiche  symbolisierende  erzDuguis  der  frühsten  litteratorpehod'j  in  dem  tnf- 
liehen  werke  Fronings  nicht  entbehren. 

Der  dritte  abschnitt  behandelt  die  passionsspiele.  Ünl«  diesen  namon  wortai 
nicht  nur  diigouigen  spiele  begrifFeit,  die  das  leiden  l?hri*ti  mit  der  vor^MohkUa 
verbunden  aohildoro,  sondern  auch  die  frouloichnamsspiele  uud  di^enigun  spleJe,  di* 
sieh  mit  der  himmelfabrt  befassen.  Auch  worden  die  Marieukloge  und  da*  Moni- 
Magdalena -spiel  In  die  passiooespiele  aufgenommen.  Die  18  vcrsikel  dc4' Uari«DUi(i 
werden  s.  249  mitgeteilt  und  daran  s.  251 — 3ü6  passend  die  Li«chteDthnlor  Mailfa 
klage  angeschlossen.  In  den  urhalteni'u  passlonsspielen  zeigen  sich  drei  eDtwlekliU0> 
stufen.  Die  erste  stelt  das  Bunodictbenrer  dmma,  das  bächst  wahraclMinli^  fiM 
13.  Jahrhundert  gehört,  dar;  die  zwoite  das  Wiener  spiel,  dos  rielleicbl  noeh  4^ 
13.  Jahrhundert  angehört,  und  das  Frankfurter  s|>iel  des  kanouilnu  am  Baitlmlimfw 
Stift  Baldemor  von  PeterweS,  von  dem  nur  die  dirigierrolle  erhalten  ist  Den  Ahw- 
gxng  zur  dritten  stufe  bddet  das  SL  Ooller  spiel,  die  dritte  selbst  stellen  dm  qAm 
Fnnkfuittr  spiel  von  1493,   das  Alsfsider  und  dis  Heidelberger  <Ui.    An  in  ^■— 


t>66 


i  werden  die  Terscbiedeuen  entwioXlaogBstafeD  tretTend  iiaob  gewiesen.  Auch 
B  bühii  eil  Verhältnisse  werden  bei  diesem  abschnitte  erörtert  imd  die  bühne  des  Als- 
r  passioDSSpisles  abgebilüot  und  erläutert  Femer  wii-d  eine  □oclibildiing  des 
laueschinger  bülinsn|]Iaiiea  gegeben.  Sodann  folgt  der  abdnioli  des  Benedictbeurer 
aiotiBspieles  nach  der  handschrift  der  Munchenor  hof-  und  gtaatabibliethek.  Der 
;eigt.  doas  der  sonst  gerühmte  Scbmelierscbe  t«xt  der  Llaciuina  Bunna  durch- 
■na  fehlerhart  ist;  das  lehren  die  8.  300  und  301  gegebenen  nbweicliungen  Sclimellera. 
Za  den  fünf  vorhandenen  drucken,  die  der  Verfasser  8.283  anm.  2  anführt,  komt 
noch  der  Goedekes  in  der  Deutschen  dicbtung  des  mitteklterB  s.  9TI— -97G.  Eine 
ioteroaptote  beigäbe  ist  das  facsimile  einer  aeita  der  handschrift  (s.  288).  Au  zweiter 
stelle  wird  das  Wiener  paasionsspiel  mit  vielen  emendationen  des  Haaptsubon  toxles 
BbgednickL  Gans  besonderes  verdieost  bat  sloh  aber  diT  verfaas^r  durch  die  heraus- 
s  dar  beiden  Frankfurter  spiele  erworben.  Die  einleitung  verbreitet  sich  in  muster- 
ter  dorat«llung  über  die  der  Frankfurter  stadtbibliotbek  nugehörige  hsndaobrift  der 
'igierroUe,  ihr  alter  and  ibren  Verfasser,  über  den  aufbau  des  spieU  und  die  bejiu- 
lagen  tu  anderen  dichtnugen.  Dasselbe  gilt  von  dem  zweiten  Frankfurter  spiel  -von 
das  bisher  noch  nicht  veröfTentliobt  war  aod  dessen  bandsobrift  von  dem  &ü- 
i  Stadtarchivar  zu  Frankfurt,  jetzigen  ai'chivdirektor  in  Schwerin  dr.  Grotefend 
I  Stadtarchiv  zu  Fi'aukfurt  a.  H.  aufgefundeo  worden  ist.  Diesem  drama  ist  eu 
a  gnippen-  nnd  figurenreiches  bild,  eine  krouzigung  aus  dem  15.  Jahrhundert, 
Btädtiachen  muscum  zu  Frankfurt  in  abdruck  boigegebeu.  Im  anbacg  xa 
Frankfurter  passionaspielen  werden  nachriobten  über  aufführungen  geistÜeher 
n  Frankfurt  aus  der  zeit  von  H5Ö — 1515  gebracht,  die  zum  grossen  t^ile  aus 
rgermeister-  und  Btadtrechnungsbuebem  stammen.  Sie  sind  ausserordentlich 
Eihtig  für  die  kulturgescbichte  Frankfurts  und  ei'gänzen  wesentlich  die  darüber 
uf«ii  ootizeD,  beaoaderg  E.  Menzels  mitteitaagen.  —  Es  folgt  sodann  das  Alsfel- 
dv  passionsspiel ,  dessen  eiste  auffübrung  mtchweisUcb  im  jabrs  1501  statfaud.  Wir 
baötiea  zwar  schon  die  trefliohe  ansgabe  von  Grein,  allein  die  vergieichong  der  in 
Kuwl  befindlichen  bandschrift ,  die  bekantlicb  ein  zu^  vor  dem  Untergänge  rettete, 
müMt  «ine  reihe  von  lesefeblam  anf,  die  nuninebr  beiicfatigt  sind.  Aach  hier  fehlt 
dia  ehankteristik  des  Stückes  nicht.  Der  toxt  des  8095  verse  zählenden  Spiels 
it  die  Seiten  562—657. 

Der  vierte  absohuitt  behandelt  die  weibnavhts-  und  dreikönigaspiele.    Es  wer- 

1  1)  Ordo  Rocbelis  nach  Weinbold,    2)  das  Benedict beuror  weihnaohtsspiel   nach 

r  Ufinuhener  bandschrift,  3)  das  hessische  weihnaohtsspiel  nucb  der  Kasseler  haud- 

t  und  4)  das  Erlauer  dreikcnigsspiel  nach  Summer   mitgeteilt.     Herr  Froniog 

t  die  entstehung  des  hessischen  Spieles,   das  wir  in  einer  mangelbattcn  ausgäbe 

tzen,  nach  Alsfeld  und  scbliesst  aus  nianuigfacben  ahnlichkeiten  mit  dam 

IsTsIdtr  passionsspiel  in  sprauhe  und  in  der  art  der  einführung  der  teufel:    dass  es 

1  Alsfeld  entstanden  ist.    Dazu  kernt  oocb,   dass  in  Alsfeld  im  jalire  I51T 

t  wnhnacbtBspiel  aufgefühtt  worden  ist 

Im  lezteo  abschnitte   er&breo  wir   etwa»  von  den  fastnachUpioien  (s,  Ö55— 

¥1],  aber  leider  wird  uns  nichts  erschöpfendes  gegeben.    In  der  einleitung  wird  die 

eittstaliong  der  fastnacbtspielo  besprochen,   auch  der  volkstümliche  Charakter  derseU 

bwi  barvorgehoben  und  auf  ihre  kulturhiatorisahe  bedeutmig  hingewiesen;  zum  abdruek 

'     wardan  5  spiele  des  15,  jahrhunders  gebracht,  und  zwar  drei  von  Bons  Rosenblüt,  eins 

CFdIz,  und  eins  von  einem  uubeksoten  Verfasser  (es  ist  das  spiel  vom  kaiser 
i  kbt);   allein  ich  meine,  dass  aus  der  grossen  fülle  des  mateiials  der  fast- 


J 


f)86  HACJffiHl.,    ÜBSB    NOSTTR,    PREDSS.    HAL-StULTDtO    Bl.    LIIUMKTU 

naohtspiele  zu  wenig  geboten  wird,  um  dem  leaer  ein  genügendes  bild 
gattiing  des  mittel&lterliohen  dramas  xo  liefern.  Offenbu  haben  faiei  äaecre  r4tt- 
riohten  obgewaltet,  da  der  umfang  dea  nerbes  achoa  m  uiMhnliaher  ausdehnut 
godiehen  war.  Ee  würde  noob  meiner  ansieht  ricbti^ror  gewi-sm  sein,  für  die  IM* 
nacbtspielo  einen  bceanderao  band  Eti  bi?stiinmen  and  die  übrigt^n  ri^r  abaohnitta  ta 
einem  werke  mit  dem  iitel:  pD&s  geistliche  drama  de»  nüttelalters"  xn  vereiiiigen.  la 
diesem  falle  wäre  aueh  den  übngeu  vielen  andern  geistlioben  dnunen,  die  nch  oiH 
einem  platte  in  einer  anm'Ttung  ta  b.  Ü55  haben  begnügen  müsseo,  n>chnan|;  ptn- 
gen  worden,  nnd  -vielleicht  hfttte  Suhemborks  spiel  toq  frau  Jutteo,  daa  lane»  lät 
für  das  berühmteste  stück  des  mittelalter«  gegolten  hat  nnd  das  wir  in  ihir  vodis- 
genden  samlong  nur  ungern  vermifisan,  eine  verdiente  aufnähme  gefunden. 

Die  am  ende  a.  998—1004  gegobeue  vergleichende  tabello  über  renddedtoo 
spiele  gibt  über  das  abbfingigkeitsverbSltnis  der  rerglicbeoen  stnvke  in  den  Impt- 
sachen  eieen  überraschenden  aufschluss. 

Wir  küunen  dieae  besprechung  nicht  schlioasen,  ohne  dorn  verdientan  hmw- 
geber  unter  anerkonnong  seines  gewissenhaften  fleisaea  nnd  »einer  gruesen  Bor^^fiA, 
die  er  sowol  auf  die  berstellung  eines  kritisch  gesichteten  textes  alH  auf  die  «ialai- 
tnngen   und   die  wort-    und   sinerklBrungon  vorwunt  hat,   unsera    aufricbtigoo  dnk 

wnjnaÄSiuyes.  huoo 


Kaspar  von  Noslitz,  HaushaUangsbuch  des  fürstentnm»  Preussen.  1,178. 
Kin  queDenb^trag  lur  politischen  und  wirtsobansgeaohicIitA  Altpreassons.  Im  ant- 
trage  des  Vereins  für  die  geschichtc  von  Ost-  und  Wnstpfpnssen  herausgegebn 
1  Karl  Lohmejrcr.    Leipzig,  Dunokor  und  Uumblot.  1B93.    ULXX  und  420  l 

„Haushaltungsbuoh'^  des  Kaspar  voa  Noslitx  besteht  ans  mehreren  tdbo. 
I  der  erete  eine  beschreibtuig  der  wirtaeh alllichen  xuKtdnde  in  den  hettog- 
i  imtem  und  gutem  Preosscns  enthalt,  verbunden  mit  angaben  des  verfaiMn 
darüber,  was  er  seilst  för  erhöhung  dar  ertragEffibigkeit  dieser  guter  getan  habe, 
sowie  mit  ratschlagen  für  eine  iweckroässige  administration  auch  in  dor  inkmA. 
NostitK  war  als  rat  der  herzoglichen  rentknmmer  auch  mit  der  an&icht  obtr  die  aio- 
aelnen  wirtschafcsämter  betraut;  sein  buch  ist  entstanden  auf  grund  regetmSaa^a 
Dotizen,  die  er  bei  seinen  viaitationsreisen  machte,  und  tragt  daher  den  cbarakUrdH 
DTsprünglichkeit  nnd  der  Zuverlässigkeit;  es  gewührt  interessante  einblicke  ia  dto 
(Qretliohe  domünen Verwaltung  jener  zwt,  besonders  auch  nach  dur  tAChsiitchea  mIH 
hin.  Auf  die  beschreibung  der  ämter  folgt  ein  abschnitt  .künigspergtach«  hin** 
haltung*,  oHmlich  eine  Schilderung  der  Organisation  der  hofvarwaltoiig,  ««lefco  Ja 
damals  noch  identisch  war  mit  der  landeeoentral Verwaltung;  sodann  folgen  anbctd^ 
mmgen  über  heraog  Albroobt  und  seine  zweite  gemahlin  Anna  Maria  von  Brana* 
schweig.  Aber  misstinde  in  der  Verwaltung  und  endlich  «ine  eingehende  kritik  vna 
persotten,  die  damals  in  Prenssen  rine  hervorragende  Wirksamkeit  ansübten,  and  vn 
denen  Nostitx  nachtuweisen  sncbt,  doss  ihre  amtsKhrin^  eine  schlechte.  Kr  du 
tastinde  der  damaligen  Verwaltung  verderbliche  gewesen  sei.  Die  —  dnrchaiu  Liv 
rekto  —  ausgäbe  ist  von  tahlreicbon  anmerkungen  begleitet,  in  denen  zumal  fflr  die 
lokale  fursuhung  ein  reiches  materiol  enthalten  ist  Für  etoen  künSigvo  bcartaHo 
einer  den   modemitn   wiseensehaftliuben  anfonloruogen   «ntspRoboodon 


vwrwaltungsgesohichte  wird  die  Lölimfyereche  pnbliiiBtion  von  der  grösteu  bedoutung 
werden. 

Voraasgesohiekt  ist  der  ausgäbe  eine  ausführliche  einleitung,  welche  einige  — 

gtlioh    Dor  kurze  —   bemerhnageD   über   daa   preussieohe   finaanwesen  jener  leit, 

inptaäoUlioh  aber  eine  eingehende  qaellenmässige  lebensgaschidile  des  Karl  von  No- 

itz,    Bowio   eine    daistcUuog  der  bneni  verb-iiJtaisse  des  berzogtoms  Prensseu  im 

.6.  Jahrhundert  gibt.    No.stitz  wurde  1500  ia  Schlesieu  geboren,  studierte  zu  Erokau, 

fien  ond  Wittenberg,    trat  1634   in   preussische   dieoate,    indem  er  Jahrzehnte   lang 

W  amt  eines  kammeiTates  bekleidete,  und  starb  I58B.    In  erster  reihe  schildert  der 

anuageber  die  verdieoate  des  Nosäta    um  die   hebung  der  heraoglichen  kammer- 

irtsobaßen,  besonders  der  teichwirtsobafl,  ferner  seine  vom  streng  lutherischea  stand- 

unkte  ausgebende   Opposition   gegen  Oslander,   sowie  seine  haltung  in  den   portei- 

Preussens  nm  die  mitte  des  16.  Jahrhunderts,    Bemerkenswert  sind  Lohmeyers 

wisfuhruDgen  über  den    1573   erfolgten  ausbmuli  der  geisteskraukhcit  von  Albrecbt 

IKedrich,  zumal  dar  abdiniok  eines  darüber  aofgenoramenen ,  jezt  im  Berliner  archive 

Bofbewabrten  protokelles.    Den  beschloss  des  bandes  bildet  ein  anhang  von  akton  und 

Urkunden,    beamten Verzeichnisse    und   sehr  genau   gearbeitete   persouen-,    ort-  und 

BBobregisteT;   das  saehropater  kann  der  forBohor.  der  sich  mit  vrirtschafts-  oder  ver- 

Wilttingsgeechiolito  des  16.  Jahrhunderts   beschäftigt,    für  die  erklärung  zahlreicher, 

Bamenlüch  technischer  ausdrücke  mit  nutzen  zu.  rate  ziehen.     Auch  uach  der  spracb- 

seite  bin  ist  also  aus  der  pnblitation  vielfache  belehmng  zu  gewiimen. 


MISCELLEN. 
Anfrage. 

In  der  Peregrinatio  des  Wilbrand  von  Oldenburg  (cd.  I,aurent  in  Quattuor  pere- 
ines  medii  aevi,  Lipsiao  1873,  166),  welcher  1211  das  heilige  land  besuchte, 
sich  eine  stelle,  welche  bis  jezC  nicht  hat  erörtert  werden  kounon.  W.  reist 
der  küste  entlang  von  Äccon  über  Tyrus  und  Sidon  und  erzählt  hierauf:  „proce- 
ab  illa  transivimus  tlumen  amoris  et  quoddnm  casale  bonum  Slaudie 
iooatnm,  de  <juo  natus  est  Hospinel  uocatus,  uir  bollicosus,  de  quo 
pclta  nirilia  facta  leguntur  et,  ut  ijuidam  uolunt,  maximas  il!e  poeta- 
rnm  Uirgilius,  qui  postmodum  iu  Longobardiam  et  Apuliam  transfreta- 
Laurent  wie  der  unterseichnete  haben  sich  bisher  vergeblich  bemüht,  die 
^eepert  gedruckten  sütze  zu  erklären;  vielleicht  ist  einer  von  den  lesern  dieser  Zeitschrift 
gfintsgt  und  in  der  löge,  dies  zu  tun.  An  den  hei  griorhischen  autoreu  Hapsiual 
tenwiten  moslimischen  fürsten  ist  ohne  zweifcl  wol  nicht  zu  denken  (Reo,  des  htst 
aut  arabes  t,  257). 

BUS. B.    FÖHHICHT, 

—-  „„^ 

NEUE  ERSCHEDfTINGEN. 
inuBSKnapiulBche  fraginente  (Cod,  AU.  650.  4to  HI— Tni;  238  fol.  U;  201,  4to 
IT.  1.  2)  ein  supplement  ku  den  Qeilagra  manna  sögur  berausg.  von  Gnst  Uoi- 
ganstorn.    Leipzig  und  Kopenhagen  1803.     VIU,  Ms.    3m. 

Em  Borgföltiger  literaler  abdmck  mehrerer  pergamentbruchstücke  des  13.  nnd 
14.  Jahrhunderts,  altnordische  üborsetzungea  lat  legenden  enthaltend,     Das  buch. 


568  NKUK  SB8CHEIXUNQIN. 

das  nur  in  100  ezemplaren  gedraokt  ist,  war  grösser  geplant,  dooh  hmt  der  bm* 
ausgeber  bedauerlicher  weise  keinen  Verleger  für  dasselbe  finden  können  und  daher 
nur  einen  teil  auf  eigene  kosten  drucken  lassen. 

Böhm,  Wilhelm,   Englands  einfluss  auf  Georg  Budolf  Weckherlin.    Gdt- 

tiugen,  diss.  1893.    80  s. 

Flnnnr  Jönsson ,  den  oldnorske  og  oldislanske  litteraturs  historie.  Ferste  binds  andet 
h»fte.    E0benhavn  1893.    0.  £.  C.  Gad.    6.241  —  480. 

Das  heft  behandelt  die  heldenlieder  der  poet  Edda  und  die  älteren  skalden 
(bis  I^ormödr  Trefilsson).  Wir  behalten  uns  vor,  nach  Vollendung  des  ersten  hau- 
des  das  höchst  verdieustliche  werk  eingehend  zu  besprechen. 

Junghans,  Friedrieh,   Die  mischprosa  Willirams.    Berlin,  diss.  (In  comm.  bei 

Mayer  und  Müller).  1893.    41  s. 

Die  einroischuDg  lateinischer  ausdrücke  und  Wendungen  bei  Williram  fuhrt 
der  ver&sser  teils  auf  traditionelle  einwirkungen  (besonders  Notkers  und  der  damals 
üblichen  gelehrten  Sprechweise),  teils  auf  besondere  dialektische  und  stilistische 
neigungen  Willirams  zurück. 

Kelle,  J«,  Die  quelle  von  Ezzos  gesang  von  den  wundem  ChristL  [Sitzungsbericht» 
der  Wiener  iJ[ademie,  philos.-hist  klasse,  bd.  129.]  Wien,  F.  Temsky  in  komm. 
1893.    42  s. 

VgL  den  berioht  auf  s.  404  dieses  bandes. 

Kraeger,  Heinrieh,  Johann  Martin  Miller.  Ein  beitrag  zur  gesohichte  der 
empfindsamkeit    Bremen,  M.  Heinsius.  1893.    X  und  165  s.    2,80  m. 

Der  Verfasser  hat  mehrfach  neues  handschriftliches  material  benutzen  kön- 
nen. Er  gibt  zuerst  eine  ziemlich  ausführliche  darstellung  des  äusseren  lebens 
Millers,  das  freilich  bei  genauerer  kentnis  immer  mehr  als  ein  „lebenslauf  in 
absteigender  linie*^  erscheint;  es  folgt  eine  Charakteristik  nicht  nur  der  gedieht« 
Millers,  sondern  der  gesamten  Göttinger  lyrik;  endlich  eine  besprechung  des 
„Siegwart*^  mit  kurzen  bemerkimgen  über  die  späteren  romane  Millers,  an  welche 
sich  eine  litterargeschichtliche  erörtorung  einzelner  poetischen  motive  und  neigun- 
gen der  empfindsamkeitsperiode  anscbliesst. 

Die  Schrift  gibt  über  manche  fragen  belehrenden  au&chluss;  doch  ist  es  dem 
Verfasser  nicht  überall  gelungen,  aus  seinen  excerpten  eine  leicht  lesbare  und 
abgerundete  darstellung  herauszuarbeiten.  Stil  und  interpunktion  lassen  manches 
zu  wünschen  übrig.  o.  k. 

Welnhold,  K.,  Rede  bei  antritt  des  rectorates.  Berlin,  Julius  Becker  (8.  Blü- 
oherstr.  35).  1893.    16  s.    4. 

Die  gehaltvolle  rede  beleuchtet  die  Stellung  der  deutschen  phüologie  zq 
den  anderen  geisteswissonschaften  sowie  ihre  eigentümlichen  aufgaben  für  die 
gegenwari 

Wolff,  G.  A.,  Diu  halbe  bir,  ein  schwank  Konrads  von  Würzburg.  Erlangen, 
diss.  1893.    CXXXV  und  208  s. 

Der  horausgeber  (assistent  der  Universitätsbibliothek  in  Erlangen)  verteidigt 
auf  grund  eingehender  Untersuchungen  die  autorschaft  Konrads  Ton  Würzbarg.  Vk 
vorzüglich  ausgestattete  ausgäbe  ist  in  250  gezählten  ezemplaren  gedruckt 


NAOlmtCBTEN  - 


NAOHMCHTEII. 

Ad  der  inÜTersitAt  Wien  habilitierte  siab  dr.  ßudolf  Mauh  für  gennaoische 
I  spmohgeBohichta  und  altertumstuiide-,  an  der  univemt&t  Oiessen  dr.  Adolf  Btrftck 
B  litteratorgoschichte;  an  der  univereitit  Dorpat  dr.  W.  Schlüter  fiir  dent- 
I   soha  tmd  vergleicheoda  Bpracbrorschoog. 

0.  profeasoiea  dr.  J.  SeemüUer  iu  Innsbruck  and  dr.  L.  Tobler  in 
'  Zflrioh  Bind  zu  Ordinarien  befQrdert  tranlen. 

.  üOTember  19D3  verschied  zu  Fr«ilniTg  j.  B.  dr.  Friedrich  Wilhelm 
Pfeiffer  (geboren  am  27.  aprÜ  1827  io  Breehu,  1855  ebenda  privatdocent,  später 
a.  0.  profeasor  und  stadtarchiTar;  187S— 19S4  ordentUohtir  proteasor  für  deutsche  phi- 
loiogio  in  KjoI). 


I 


BeriebüguiiK' 

8.  285,  K.  50  Ues  fragä,  g.  298,  a.  105  fiimga,  b.  302,  %.  17  »onJ,  b.  303, 
X.  21  radur,  a.  308,  z.  3  adra.  Ferner  macbt  mich  Finnur  Jönsson  ^rauf  aa(- 
merkaam,  dasa  s.  298,  z.  4  die  leaart  der  handacbiiRen  BC'D  d  t>äg  at  feera  ,auf  die 
wsgschale  eu  briogen"  den  Vorzug  verdient,  sowie  dass  s.  302,  z.  17  die  varimite  aus 
C  fyrirlatr  hann  ttk  allenfals  sich  verteidigen  ISsst.  b.  o. 


I.   SACHEEG-ISTER 


Aberglauben  siehe  volkstümlichea.  —  aber- 
glSubischo  formeln  in  vera  und  prosa 
es  fß. 

alemonnisahe  lauteotwicklung  139, 

allitteratiDn  im  Heliand  149  Fg. 

althochdeutsche  glossan  70.  —  Talian, 
accentuatien  117;  Verhältnis  zur  latei- 
nischen vorläge  269  fgg.    vgl.  Ezzolied. 

altnordiach.  Drauma  -  Jona  aaga,  band- 
achriften  289  fg.  inhalt  290  fgg.  vor- 
faaeor,  quelle  292.    text  293—309. 

altsächGisch  siehe  metrik. 

»Todeton  148.  460  fgg. 

balladen.  quellen  deutscher  b.  siehe  Bür- 
ger, Schiller. 

Beroaldus,  Fhilippus.  schrift  de  Septem 
sapieutium  sentoDtiis  Ü9  fg. 

Bürgers  gedicbte.  verhlUtnis  der  Lenore 
lU  Günthers  gedieht  80  fg.  —  Lenoren- 
sage  &10  f^g.;  daa  angebliche  englische 
Vorbild  512—17.—  Nachtfeier  der  Ve- 
nus 493 — 497.  andenmgen  und  chro- 
nologische Ordnung  der  ausgäbe  von 
1778.  498—602.  niiunelieder  502— 
505.  Ueder  an  Molly  506—510.  — 
Lenardo  und  Blandina  517  fgg.  Der 
'~'--'T  uud  der  abt.  Die  untführang  ver- 
mit  Peruys  ballailen  518—526. 


Das  lied  vom  braven  manne,  Die  kub 
Ö26  fgg.  SL  Stephan  528  fg.  Der  vrilde 
Jäger  529—532.  Des  pfarrera  tochter 
von  Taubeuheim  532 — 537.  —  spuren 
priapeiacher  gedieht«  537  fg.  —  redak- 
tion  des  Göttiüger  museoalmutoobes 
538  fg.  —  reden  in  der  log«  539  fg, 

CLcaara  bericht  über  die  Oennaneu  317  fgg. 

Dionya  von  Halikamass.  Widersprüche  in 
seinem  berichte  über  Coriolan  234  fg. 

drsma.  protestantische  moralitHten  von 
Alexander  Scitz  72—77.  —  Bassers 
spiel  von  der  kinderzucht  481  —  493.  — 
vgl.  H.  Sachs.  —  it.  des  ma,  563  fgg. 

Drauma-Jöna  saga  389  fgg. 

drucke  des  15.  Jahrhunderts:  Ingang  der 
himel  467  fg.  Oerson,  Büchlein  von 
den  geboden  und  der  beicht  468  fg. 
Lupi,  AoleituDg  zur  beichte  469  fg. 
Amoldus,  Da  villa  uova  Weinbuch  470. 
—  des  16.  Jahrhunderts  470—480. 

erbauungsachriften  66 — 69. 

eale,  vulgämameu  auf  die  gattung  be- 
züglich 540  fgg.;  auf  die  arten  beziig- 
üche:  nhu  542  fg.  Waldohreule  545  fg. 
Steinkauz  546.  Schleiereule  546.  sper- 
Jingaeule   546  fg.      awergohreul«  &47. 


I 
I 


570 


I.     BACHREOISm 


rauchfüssigor   kauz    und   sumpfohreole 

547. 
KxEuliod  112.  404. 
Friedrich  von  Hosson- Homburg,  geistliobe 

Hodor  62. 
Uermanou.    deutung    des   namens    bei 

Strabo  311  fg.;   bei  Tacitus  312  —  316. 

doutüohe   abkuuft   dos   namens  316  fg. 

(^leMar8  anwondung  dee  namens  auf  die 

5  Maas  Völker  317  —  330.     deutung  der 

§i«rmamsohen  urform  *  Garm  -  aus  330 — 
42. 

gosangbuchslieder    des    Hessen -Hombur- 
gisi'hen  g^sangbuohee  61  fg. 

glosson,  althiK'hdoutsoho  70. 

Uonnund  und  Isombard,  entwicklung  der  ! 
8ap>  549. 

Got»thi\    opilog  zu  S^'hiilers  Glocke  81  — 
U>^.  —    bonutzung  mütterlicher  briefe  t 
für  die  cam^xagne  iu  Frankreich  375  fgg.; 
für  die  Annaleu  oiier  T^-  und  Jahres- 
hefti»  377  4q^.;  (ur  Hermann  und  Doro- 
thea 379  —  ^7.    bezug  auf  kriegerische 
zeiteivi^isse  3i»4  —  87 ;  darstellung  der- 
s^^lben  lu  den  briefen  der  mutter  £tS  fg. 
zug\>  der  mutter  bonuzt  für  die  lowen-  ' 
Wirtin  389—35)2»   für  ander«  gei$talten 
;^  ^.    ansjpielungen  auf  das  voüen- 
dote  gedieht  in  den  briefen  der  mutter 
^^^2  ^.  —  b^ziehungen  auf  Frankfurt 
und  das  eltemhaus  397  ^.  —  remiiü»-  . 
vvnz  an  Günther  79. 

gramuatik»  neuhochdeutsehe.  («vHKWiea 
<Nt   «itterv^ltiettd  27(x     f^    ISO— ISS. 

1S9  ^.  lifritflSf^  ^IrrsMiiff.  sei^. 
**<>iyrr  lÄ)  5:.  rriativpnHKHDBeii  192 
— 197.  iatenwatiTmai  197  fsc.  fem^md, 
mifmtami  19S  fjQC.  mkr.  Jiftttrtd^r  2».0 
Ic.     \mikwmmmM  201.  —  ne^^tt^diae  stit 


kuMtiv  Kii  imnm  2?^     oaüv  27d  — 
a^.'^'^^^Jt^  ^ubv^caittiTiscii  MS.    s^*Il*i3^ 

W^re  I>J9  5c. 
v«ULSt\er,  Jv'^  Chr.,  .aöenB^  eciseLi«^ 
j^rcvJlft»  TT  ^   2:;^  ^.     v'^röJteaj  :&«.- 

:$c^<a  leqcrv  t^'*  ^.  —   ir^tl'i  Äcl-i?- 
»>jw    Becocrv  JjkAaLiaa    22?.  —  T-rr- 

Fax:!^   Ä;r^ri:*:c   4104.   v-c^«i:ii    z:.- 

TTwue  H-fiancft,  ^'JC*hib'*?Tir>  wr   :55s  !•* 
—  *  ^ 


Hessen -Homburgisches  gesangbuch  61  fg. 
—  Volkslied  auf  Philipp  den  grossmn- 
tigen  63  fgg. 

Hütten,  Ulrion  von,  Charakter  428. 

Isländisch,  mittelisl&ndische  Volkskunde 
5  fgg. 

Kaiserehronik.  Überlieferung  551  fg.  aus- 
scheidung  der  Cresoentia  554.  zweier 
anderen  lieder  555 — 562.  einzelne  stel- 
len 552  f^. 

Konrad  von  Fussesbrunnen,  kindheit  Jen, 
besprechung  einzelner  stellen  2S4.  342 

lanuehre,  alemannisohe.  Chronologie  der 
diphthon^erungen  139  fg. 

Lesung,  em  Widerspruch  in  Emiliji  Ga- 
lotti  229  —  235.  —  Das  horoekop  401. 

lieder.  deutsches  Marienlied  60^.  —  latei- 
nisches Mahenlied  61  fg.  osterÜed  61 : 
Verfasser  beider  landgi^  Fiiednch  von 
Hessen  62.    siehe  Mumer. 

mirchen  siehe  volkstümlichesw 

Merseburger  zaubersprach,  zw^xter. 
Pkoi  145  fgg.  456  fgg.  462  f^.  ^Uer 
147.  untersdieidung  von  4  sottzsa« 
147  ^.  Smma  149.  454  %.~4t»  Ux, 
situatioo  des  Spruches  455. 

raetrik.  im  Heliand  reimt  d^&pelnso- 
nanz  am  liebsten  auf  d'M>f«lk:cSi'iLCii. 
1.  nachweis  aus  der  steüoir  iza  T»r5«* 
153—160.  2.  lautphysei':«dsi:hitr  bie- 
grdndung  164  f^.  3.  ■:iLr:Diil:^cst^ 
KenzrönduDe  165  (?.  —  tkrthm^  «ad 
nelodik  des  neohoch^infisdun  «DRch- 
Verses  401  fe. 

moralitil.    piotestanüscbe.    Tim  A.  Stfctz 

Mumer.  Thomas,  tinje  ä.  saaea  tbcii* 
tuB^cen:  iLtx*hersb*rr£«r  31«.  zraDnoraz 
llXSk     Jfsoi^iBclein  2>l!&  ^     Püxiia>fr 

p£iiMifesohwaax  2iJ<  tz^    b«cfi9taiis  :ä.'b. 

zei-eü  Äfcit  -^J?  ic.   2i:€i  — 

IC  T^rlüliei^r   aC^— 22-L 

)Eckael  ScvM  uz&i  am^n,  ilT^: 


Iieces^eii    Msisaxs 
224.  —  brefcvntt 


"ifn  xni  JOL 


r  ■» 


n?aj«.vi  ^?^I2^dx*?*  prroL-icfs    siro«^   Äram- 
♦  ^    — '^-w.     -"^rciHCttanir  3i.r  :- 


.."i-  -t 


'ercj 


lordisch  siehe  iallliidisch. 
imeiii  siehe  Tolkstümitches. 
rendel.    Verleihung  der  ritterschaft  am 
heiligen   graba   406  fg.     heiiiiRclimuuk 
407,     zeit  der  eulslahung  407  fg.    kom- 
position  408  fgg,     urBiMiing  des  Stoffes 
410—415.  —    abhängigkait  vom  Nibe- 
luDgenliede  449  fgg. 
Dtbid.    ocoente  117.     quelleu  118.     stil 
118  fe. 
«sicinnl.     teil  eines  p.  58  tga. 

'ercfs  bailaden,  yorbild  für  Bürget  512. 

leisr,  der.  Oarel,  handschrifüiche  über- 
liefsruDg  123.  tnetrik  122  fg.  eutleh- 
nungCD,  ^emi^1S(^enz0□  123  fg.  erklA- 
niDg  eiDielDer  stellen  124  fg.  kompo- 
Bition  125. 
onoDien,  neulia.'hdeuteches  Stahe  grain- 

BBRCT,  Jub.,    von  Ensishelm,    Spiel  von 

der  kindensuclit  481—483. 
tie«CD  üeha  vollü^tümlivheH. 
Bachs,  Haas,  fastoachtspiel:  Der  naerset- 

licfa  geichnoger  273  fg. 
gs.  Drauma-JüDssaga  siehe  altoordisch- 
thillers  Glocke,    antführuDgen  81  — 
84.     Ooethes  epilog  dazu  8t  fg.  —  Der 

bmcber  105  fgg.     Kampf  mit  dem  dra- 

ehea  107.    Gang  oauh  dem  Eisealiam- 

mer  107. 

libs,  Alexander,  Schriften  71  fg. 

irich Wörter  siehe  volkatümliches. 

;rahos  beliebt  über  den  niuiien  der  Ger- 


l^itus  übor  den  oamen  der  Germanen  312. 

tanz  bei  Monier  205  fg. 

Tation,  aoLientuBtion  117.  —  veriifiltnis  xur 

lateinischen  vorläge  289.  431. 
tiaohleindeokdiofa  aiebe  volkstümliches. 
tröU  siebe  volkstümüuhes. 
Ulrich  von  dem  Türlin,  Willelialm.    ent- 

«tehung  der  fabel  419  fg. 
vulkflieder.     trinklied,   wäcbterlied   usw. 

62  (g.   —    lied  anf  Philipp  den  gross- 

niiitigen  63  fgg.  ^  Miimers  Verhältnis 

Kum  Volkslied  209  fgg. 
volkstümliches,    zur  mittelisländischen 

Volkskunde:  troll  5— 9.    iwerge9— U. 

nomen  14  fg.    B^upusögur  15  fgg,   wer- 

wolTsage  17—22.    Vermischtea;  fjöregg 

23.  widerbeleben  toter  23  fg.     waSen 

24.  Siegender  mantel  (tischleindeakdich) 
24  fg.  ^  vgl.  volkatieder.  —  abergläa- 
blsclie  formelo  65  fg.  Msrseburger  zan- 
bereprüche  145.  455.  —  Sprichwörter 
in  Günthers  gedicbten  229.  —  vulgär- 
nomen  der  oule  540. 

Weisse.  Chr.  Fei.,  Verhältnis  seiner  Amalia 
lu  Wycherleys  Countrywife  405. 

wer  wolfsage  siobo  volkstümliches. 

Wycherleys  Countrywif,  Terhältnis  eu 
Weisses  Amalia  405. 

Zaubersprüche,  Mocseburger  145.  455. 

Zwerge  siehe  Volkstum lichea. 


n.     VERZEICHNIS  DER  BESPROCHENEN  STELLEN. 


Altnordisch, 
liederedda  (EUdebrond) 
Y<tl  ß8»8.2G. 
Hym.  4"  s.  25  fg. 
Vafjff.  12'  a,26. 
Belsakv.  Huiid.l,  IT*  fg. 

42»  s.  26.      52 '  B.  28 

amn. 
Grip.  e*-*  8.  26.     28" 

8.  26  anm. 
Fifa.  6'  B.Zflfg. 
"■     Ir.  25 's.  27. 
ÄtWtv.  22',  28'  s.27fg. 

30».  33-35  8.28. 
Atlam^l  2  ■  a.  28  fg.    21 '. 

32>.  9B  8.29. 
Onbrünarkv.  22^  s.  30. 
Hamli.  21' 8.30. 


110, 


AlthoehdeutiKib. 

Wessolininner  gebet  8. 

116, 

Oeorcslied  b,  111  fg. 
EiioTied  s.  112  fg. 
Memeatn  mori  s.  113. 
2.  Morseburger  zanbereprucb 

s.  115  fg.  454-467. 

Altniederde  ntsch. 

HilJebrandsl.  20S.460.  465, 
46  fg.  8.  111. 

Mlttelh  ochdeutseh . 

Kaiserchronik  (ed.  Suhrödorj 


8550  %g.  a.  5H. 
9369  fgg.  s.  555. 
11535.    11744.    11767%. 

11896.  '  12110.      12178. 

12375-61  B.  654. 

Konmd  von  Fussesbrunneo 

Kindheit  Jesu  s.  284.  343 
'KB- 
Koorad  von  Würzburg 

Engelhard  2730fgg.  8.  281. 
Melker  Marianljed 

MSD.'  39,  6,  1  S.285. 
Pfaffe  Amis  2013  s.  286. 
Fleier,  Oarel  (ed.  Walz) 

s.  124  fgg. 
WaltherSS,  1—8  s,  451  fg. 

148,  1  a.282. 
Wolfram,  Parzival  147,  28 


572 


PoBgnnatio  des  Wilbimnd 
TOB  Oidenlmig  8. 567. 

MlttelAMeitartiek. 

Mnd.   gedicfate  ed.  Labben 

(Oldeabug  1868)  &  167— 

172. 
Van  dem  holte  des  hiUigeQ 

crozes  8.172—177. 
Läbisch  -  BeTilscher    toten- 

tinz  s.  177  — 18a 
Sondeofidl  1524  f^-   >•  174 

anm. 


Eyb,  Albrecfat  t.,  Drameo- 
übeitzBgmigen  (ed.  Heer- 
mmn)  8.429. 

Lather  (Wemiarer  waagßbe) 
Vra,  278,  26  1.31. 

Job.  Chr.  Gfiother,  Die  selbst- 
znfiiedeoheit  (213  der  aus- 
gäbe T.  1746)  datienmg 
8.77%. 

An  heim  von  Beocbel  (474) 
Abendlied  (75)  8.79. 


Gbuibe  und  haibaa^ 
^Goethe.   Ejnlogza 
Slocke  8.84—105. 
Fanst,  proL 
(310)  8. 141. 
n,  2, 5  3189  (7801) 
Bnefe  Weimarer 
XI  8.261—263. 
Hebbel,  Agoea 
DI,  8  8. 14a 
lY,  4  8. 140. 
SimtL  weike  1891 
n,  72  8. 283. 
¥,  120  8.  283. 


8L 


141. 
bd. 


*Oarm-ans(Oermam)  8.337 
—342. 

Kehiaeh. 

gannani  8.3341gg. 


ail«'  s.  1. 
asaeis  &  1. 
tibr  s.1. 

AltlMdi4e«t8eh. 

berg  S.116. 
Inzzfl  s.  460.  466. 

MittelhMMevtsck. 

Ein  (Imndeoaroe)  s.  284  fg. 
stiip  8.  2. 


ansbrJnnen  s.  51  %. 
ansboit  a.  56  fg. 
aoswerfen.  mit  langen,  dreci, 

lumpen  s.  32  fg. 
bed  idas  b.  ra  weit  werfen) 

S.45  fg. 
berösten  s.54fg. 
beulen  s.33. 


m.    WORTREGISTER. 

j  blinel,  Menel,  wascbbleoel 

8. 38  fg. 
bnmt  heimführen  8.42%. 
brautmuUer  8.41  fg. 
dantaife  s.  55.  43a 
deod,  banen  8. 79. 
eone  8.58. 
entrockt  8.43. 
ewerisch  8.57. 
Oefael  (fechel)  s.  44  %. 
Hasche  8.50. 

fasB,  gespaltener  s.  51.  281. 
geckein  8.56. 
geldkntzen  s.  39  fgg. 
habersack  ivom  h.  singen) 

s.  52.  281. 
hamerstetig  8. 50  %. 
hänfen  a.  134. 
hess  S.47. 

haschhaschen  s.  134. 
Jakob,  halb  J.  werden  a.  49 

kaom  Sw33%. 
Ketschbefgv(wein)  8.36. 
korb.  Wasser  geht  über  die 

körbe  a.36^. 
koresbeia  s.51. 
krat^kräUigkeit  s.  261. 
lamber  singen  Sw57. 
Haren  hör^n  osw.  s.  43fg. 
loelein  s.  57. 
malkalb  Sw  55  ^. 
Matth^shochzeit  s.  42. 


f  Hatthiasch.  ein 
i     8.481^  430fg. 

maalperen  8.4S. 
'  maderei,  matterei  s^  46  ^ 
1  notwendig  a.  134. 
;  pemer  s.  57. 

;  pfoCen,   die  pt  taika  8.56^ 
)     281. 

•  Pilatos.  dem  P.  opÜHB  s.  57. 
!      281. 
i  pips  8. 35  fg. 

raofen  s.34. 

in  r.  8.5& 


reim. 

robuDten  s.  34  fg. 
schaolen  s.  33. 
scheren,  stehen  wi 

miniein  8.50. 
schwüch  s.  58.  431 
söcker  s.  52. 
spalten,    eina 

haben  s.51. 
spielen   tragen 

S.31f£- 

stirp  s.  2  and 
stziofa,   streichen 
kaoz,  Cilben  hes^  sl  d>r 


warmloch  s.  2S1  (g. 
ziefer  &  1  anm. 


mOst  s.  138. 


H«::«  a.S..  BackiTKJL 


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